1847 / 166 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Daß ih jedenfalls vorbehalten müßte, daß zu jeder derartigen Veränderung der Besteuerung die Zustimmung der Provinz Westfalen nur vorbehaltlih einer allgemeinen vorherigen oder gleichzeitigen Steuer=Ausgleihung gegeben werden könne. L

__ Marsqhall: K et Reihefolge der Redner, welche sich über e Sage pe eins gemeldet haben, würde nun der Abgeordnete Dittrich er nächste sein.

(Inzwischen war die Rektifizirung des Protokolls von dem Se- cretair Naumann bewirkt worden, und nahdem auf Anregung der Ab- geordneten Möwes und Schauß eine kleine Berichtigung erfolgt war, ward diese Refktifizirung für genehmigt erklärt.) i

Abgeordn. Dittrich: Die hohe Versammlung hat durch die Entscheidung der gestrigen Frage festgestellt, daß sie die Einkommen- steuer in der proponirten Art nicht annehmen will. Es soll als wei- tere Frage der erste Saß der verehrten Abtheilung Seite 4 des Gut- actens gestellt werden. So weit ih die Diskussion verstanden habe, hat si allgemein herausgestellt, daß eine Erleichterung der unteren Steuerstufen- der Klassensteuer nothwendig ist; es hat si ferner her- ausgestellt, daß diese Erleichterung erfolgen müsse insbesondere durch höhere Belastung der oberen Stufen und durch Bildung von Zwischen= stufen; es hat sich endlich herausgestellt, daß die Frage über die Mahl=- und Schlachtsteuer getheilte Meinungen herbeigeführt hat. Jn Bezug auf die zweite Frage, nämlich auf die Erhöhung der Klas- sensteucrstufen, hat der geehrte Redner, der vor mir hier stand, ge=- sagt, daß dies nicht zweckmäßig sei, darum, damit wir niht, nah Hause kommend, eine Erhöhung der Steuern mitbrähten. Mir scheint gerade durh das, was er gesagt hat, widerlegt, was er be- haupten wollte, denn er spra von einer Ausgleichung der Steuer; eine Ausgleichung aber liegt hierin. Es is ferner in Bezug auf die Steuersäße gesagt worden, daß die Bildung von Zwischenstufen überall nur zu niederer Besteuerung führen würde. Dagegen erlaube ich mir zu bemerken, es is der Fall derselbe, wie er bei einem Rich- ter is, wenn er höhere Strafen erkennen soll, als sie ihm dem Ver=- brechen angemessen erscheinen; er fürchtet sie anzuwenden. So it es auch bei den Steuerstufen, die gegen einander zu hoch springen. Außerdem hat eine derartige Ungleichheit auch bei der Gewerbesteuer stattgefunden, die zweckgemäß ausge= glichen i. Die dritte Frage in Bezug auf die Mahl= und Schlachtsteuer führt mih zu dem, was darüber gesagt worden is, daß der Stand der Städte einen Staat im Staate bilde. Fch muß mich in Bezug auf das vorliegende Geseß dagegen insoweit verwah= ren, als ih nicht glaube, daß der Stand der Städte, wo es sich um allgemeine Lasten handelt, einen Staat im Staate bilde, sondern nur in Bezug auf das Kommunal-Vermögen. Jch glaube, daß wir hier niht einzeln als Stände dastehen, sondern als Vertreter unseres treuen preußischen, unseres biederen deutshen Volkes, das wir Alle im Herzen halten. Jn Bezug hierauf erlaube ih mir, die hohe Ver- sammlung um einen Beschluß zu bitten, der zu einer baldigen Erle-= digung der Frage führt, denn es scheint mir doch, daß, wenn diese Frage mit der Einkommensteuer vermischt wird, noch Zweifel herbei- geführt werden, weil man eingewendet hat, man wisse nicht, in wel- cher Art die Einkommensteuer eingeführt werden solle. Ju dieser Beziehung hatte ih ein Amendement gestellt, in der Art:

„Se. Majestät zu bitten, 1) die Mahl- und Schlachtsteuer aufheben,

2) zu deren Ersaße und zum Zwecke der Erleichterung der in den

unteren Klassen der Klassensteuer Steuernden mehrere Klassen an-

ordnen zu wollen, und zugleich solche, welche den jeßigen höchsten

Steuersaß übersteigen.“ /

Jch glaube nicht, daß, wie der geehrte Redner vor mir gesagt hat, Zweifel darüber obwalten können, ob die hohe Versammlung sich über die Verwandlung der niederen Klassensteuerstufen in höhere Steuer- stufen aussprechen könnte, inwieweit diese Stufen zu ändern sein würden. Das würde sih erst ergeben, wenn die Versammlung der- gleichen Stufen annimmt. Jh kann mi deshalb niht dem Amen- dement anschließen, was ein verehrtes Mitglied der Herren - Kurie gestern gestellt hat, weil erstens die Entscheidung über die Mahl- und Shlachtsteuer darin niht enthalten is und der jebige Uebel- stand, daß reichere Personen nah den mahl- und schlachtsteuerpflih= tigen Städten ziehen, dann unbediugt ferner auch noch fortbestehen würde und der Zweck desselben also niht erreiht werden fönnte. Zweitens darum nicht, weil ih die Steuerstufen für die höher zu Besteuernden zu gering finde und höhere Säße angemessen sein dürf ten, um die so sehr gewünschte Ausgleichung zu bewirken. Deswegen bitte ich den durhlauchtigen Marschall, das Amendement ebenfalls zur Abstimmung zu bringen und darüber entscheiden zu lassen, ob die Mahl=- und Schlachtsteuer aufgehoben werden und ob das Prinzip der Erleichterung der in den untersten Klassen Steuernden durch Er- höhung der oberen Klassen in Anwendung gebraht werden soll ?

i Marschall: Der Vorschlag wird eventuell zur Abstimmung ommen.

Abgeordn. Milde: Meine Herren! Die uns vorliegenden Amen- dements zerfallen in zwei Kategorieen; das erste Amenrement, wel= hes der Herr Referent gestellt oder vielmehr modifizirt hat na ei- nem Vorschlage, der gestern gemaht worden is seitens der Minister- bank, und das Amendement, welches das verehrte Mitglied für Aachen gestellt hat. Diz?se beiden Amendements ges von der hohen Versammlung eine Erklärung über ein Prinzip. Das lebte Amende- ment, was seitens eines hohverehrten Mitgliedes auf der Fürsten= bank gemacht worden is, beschränkt sich darauf, eine Steuer-Ausglei- chung der Klassensteuer dadur eintreten zu lassen, indem die höhe- ren Klassen sich höher besteuern und mit patriotishem Gefühle vor- angehen sollen, um den beiden leßten Klassen derselben Steuer da- durch eine Erleichterung zu gewähren. Bevor ih indessen auf die Erörterung dieser Frage eingehe, muß ich mir doch erlauben, da ih bei Erörterung der allgemeinen Frage uicht dazu gelangt bin, meine Ansichten über die Gesebesvorlage auszusprechen , den Standpunkt anzudeuten, von welchem aus ih überhaupt eine Umwandlung der Schlacht- und Mahlsteuer oder, was gleich gilt , eine Umwandlung der indirekten Steuer in eine direkte betrachte. -

Fch muß au den Standpunkt andeuten, um weshalb ih voll- fommen das Gefühl derjenigen theile, die in diesem Saale gesagt haben, daß es allerdings etwas Odióses habe, daß die ersten Susten- tations-Bedürfnisse des menschlihen Körpers , wie Brod, Fleish und Salz, einer Besteuerung unterworfen sein sollen. Jh gehöre auch zu denen, die diese Art der Besteuerung in der Theorie als etwas sehr Odióses, sehr Uebles betrachten; aber bevor ich mich in finanzwissen- \chaftliher Beziehung für den Wegfall einer Steuer aussprechen kann, um eine andere Steuer anzunehmen, scheint es mir, daß man mit größter Sorgfalt prüfen müßte, wie weit eine solche neue Steuer in die ganzen Lebensverhältnisse derjenigen, die sie treffen soll, einwirke. Jch sage, es is von größter Wichtigkeit, daß man si vergegenwär- tige, daß die Aufbringung der Steuer, der Modus derselben von eben.

so großer Wichtigkeit is, als die Auflage, die Umlage der Steuer -

selbst. Das Verlangen nah Aufhebung der Mahl- und Schlacht- steuer i} indessen in neuerer Zeit so vielseitig und so dringend her- vorgetreten, daß ein Zweifel an der Zweckmäßigkeit dieser Maßregel allerdings der Gefahr yreisgiebt, daß man von der einen Seite des Undanks gegen die Bereitwilligkeit der Staats-Regierung und auf der anderen Seite der Lieblosigfeit gegen das Volk seitens der soge-

nannten Philanthropen beschuldigt wird. Aber, meine Herren, man

regiert niht durch das Gefühl, sondern yon dem praktischen Gesichts- punkte der Volksbedürfnisse und der Gerechtigkeit àus, und man fann von diesem Standpunkte aus fragen, wie und auf welche Weise soll

‘die Steuer erhobên werden, die am wenigsteu-drückend, am we-

nigsten fisfalisch und am wenigsten demoralisirend auf diejenigen ein- wirken soll, die sie zu prästiren haben? Die Haupt -Vorwürse, die sowohl seitens der Wissenschaft als seitens des Bolkes oder auch der- jenigen gemacht werden, die in öffentlihen Blättern diese Seite des Volks=Jnteresses vertreten haben, die gewiß aus den allerehrenwerthe- sten Motiven ih betone das besonders aus den allerehren- werthesten Motiven si für die Aufhebung der Mahl - und Schlacht- steuer erklärt haben, sind zweierlei Art. Nämlich, man sagt prin- cipaliter, daß die Mahl- und Schlachtsteuer den Verbrauch der noth- wendigsten, zur eigentlihen Lebens-Nothdurft erforderlichen Nahrungs- mittel treffe und diese sona vertheure. Dieser Vorwurf wird noch durh den Beisaß ershwert, daß sie aus dem angeführten Grunde vorzugsweise die untersten und an den Vortheilen des Staatslebens ohnedies am wenigsten partizipirenden Klassen der Bevölkerung be- drücke und insofern eine Ungleichheit hervorrufe. Jch kann diesem Vorwurfe nicht beitreten, und zwar aus Gründen, die Jeder, wenn er die Sache näher ins Auge faßt, als richtig finden wird. Es is erweislih, daß die unterste Klasse in großen Städten mehr von Kar- toffeln als von Brod und Mehl - Fabrikaten lebt; es is ferner er= weislih, daß die unterste Klasse ausschließlich von der Erlaubniß Ge- brauch_ macht, kleinere Quantitäten in shlaht- und mahlsteuerpflich= tige Städte steuerfrei einzubringen, und es is erweislich, daß bei dem Preise weit mehr die Handels - Konjunkturen und die shlechten Aerndten einwirken, als die Mahl- und Schlacht= steuer, und daß namentlih die Einwirkung der leßteren von einem sehr geringen Momente is. Meine Herren! Nehmen Sie an, daß der Scheffel Roggen 30 Sgr. kostet und die Steuer dafür 5 Sgr. beträgt, so würde circa der Aufschlag den 6ten Theil betragen, oder; der Scheffel Roggen zu 85 Pfund Gewicht gerehnet, würde guf das Pfund Brod 1 Pfennig geben. Js das Getraide wohlfeil, so ist die Steuerlast gering, i} das Getraide theuer, wie z. B. jebt, so beträgt der Zuschlag den 26sten Theil auf den Preis des Scheffel Roggen. Es ist also in dieser Steuer etwas gefunden, was bei allen anderen Steuern nicht vorliegt, nämlih daß die Steuer si vollkommen der Prästations - Befähigung anschließt, während die direkte Steuer zu aller Zeit, in trüber wie guter Zeit, gleichmäßig trifft, gleichviel, ob die Nahrungsmittel wohlfeil sind oder nicht. Meine Herren! Dies vorausgeschickt, habe ih allerdings darauf nur hindeuten wollen, wie man jeßt auf einmal Empfindlichkeit gegen in- direkte Steuern zeigt, während man sie gegen direkte Steuern nicht zeigt. Wer einen Rock an si trägt, bezahlt auch eine indirekte Steuer in der Gewerbesteuer, welhe er dem Fabrikanten mit zahlen hilft; wer aber denkt daran, um deshalb die Gewerbesteuer anzu- greifen? Jch muß ferner bemerken, daß alle Staatslasten, die wir aufbringen, mehr oder weniger diesen Charakter haben ; ih weise aber überdies auf alle indirekten Steuern, wie Kaffee, Zucker u. st. w., welhe zum. Theil auch Bedürfnisse der niederen Stände geworden sind, und daß, wenn wir zuleßt darauf hinausgehen wollten, uns alle diese Steuern als verwerflih bezeichnen zu wollen, bei denen wir diesen oder jenen Nachtheil herausfinden, wir dahin kämen, daß die ganze Staatêmaschine zum Stillstande käme, denn man würde zuleßt keine Steuer mehr zahlen wollen.

Meine Herren! Jch habe ganz im Allgemeinen dies ausgespro= hen, ih habe nur von dem Standpunkte aus, auf dem ih mi be- finde, andeuten wollen, wie -ih die Sache ansehe. Denn §. 12 des vorliegenden Geseßes sagt:

„Wenn größere Städte, mit einer Bevölkerung von mindestens

30,000 Einwohnern, die zur Bestreïtung ihrer Gemeinde-Bedürf=

nisse erforderlihen Geldmittel lebiglich durh Zuschläge zu den di=

reften Staatssteuern nicht füglih beschaffen können und die mit

der Einziehung der Klassensteuer in großen Städten verbundenen

Schwierigkeiten zu vermeiden wünschen, so können auf ihren An-

trag nah den örtlichen Verhältnissen besondere Steuern und na-

mentlich anch auf Verbrauchsgegenstände durch ein mit Unserer

Genehmigung von dem Finanz-Minister und dem Minister des

Junern -zu erlassendes Regulativ angeordnet werden, sofern diese

Steuern nicht eine unverhältnißmäßige Belastung der ärmeren

Volksklassen zur Folge haben und nicht den Bestimmungen der all=

gemeinen Steuer-Geseße entgegen oder der Freiheit des inneren

erkfehrs hinderlich sind.“

Jch sage, dieser Paragraph, den der Geseßgeber in dem proponirten Gesebe aufgenommen hat, zeigt ganz deutlih, daß demselben hon bei dem Entwurfe des Gesebes klar gewesen is, daß es eine Kategorie von Städten geben muß, wo die prästationsfähigen Perjonen durchaus niht in der direkten Steuer zu treffen sind, und wo die große Menge niht zu überkfommender Schwierigkeiten, die vorhanden sind, vollkom- men eine direkte Besteuerung ausschließen, wo sogar man zuleßt mit dem direkten Steuersystem bei gewissen Klassen der Einwohnerschaft vis - à - vis von nichts fommt. Dieses also vorausgeschick(t, shweben mir in diesem Momente und natürlicher Weise die größeren Städte, wie Berlin, Breslau und Köln, vor, und der Geseßgeber hat offen- bar diese Städte gemeint und im Auge gehabt, Es wird also von meinem Standpunkte und von dem Standpunkte meiner Kommitten= ten ans gar nichts dagegen zu erinnern sein, wenn man in irgend reine Art und Weise ein Prinzip, wie es in dem Amendement des geehrten Mitgliedes für Aachen und in dem Amendement, welches der Herr Referent aufgestellt hat, annehme und befürworten sellte, indem diese Städte vorläufig gar nicht von einem solchen Beschlusse tangirt werden würden. Dies vorgusgeschickt, werde ih mich jeyt näher darauf einlassen, meine Bedenken gegen diese beiden Amendements, welche ih hier folleftio zusammennehme, auszusprechen, Man hat, meine Herren, auf das Beispiel von England verwiesen, man hat gestern ge- sagt, und ein hohverehrtes Mitglied der preußischen Ritterschaft hat gesagt, während die Klassensteuer auf die Kopfzahl abgenommen habe die Einnahme aus der Schlacht- und Mahlsteuer zugenommen, Ih fann aus dieser Erscheinung und somit aus den Konsequenzen, die das hochverehrte Mitglied hieraus gezogen hat, nicht zu dem Schlusse fommen, den er daraus genommen hat, und zwar um so weniger, als nicht zu verkennen is, daß der Verkehr, der si durch die Cijen- bahnen und dur das in Folge derselben häufigere Reisen, in der leßten Zeit namentlih in den größeren Städten, sich vermehrt, auch wesentlich dazu beigetragen hat, die Einnahme aus dieser Steuer zu vergrößern, Doch ich werde keinesweges den gezogenen Konsequenzen weiter folgen. Man hat ferner mit England exemplifizirt und ge= sagt und darauf ein besonderes Gewicht gelegt, daß das freieste Volk der Erde \sich selbst eine Steuer nah den Prinzipien des uns vorge- legten Entwurfs auferlegt habe. Meine Herren ! Jh erinnere daran, und ih will gar niht provoziren, auf die Geschichte der englischen Gesehgebung tiefer einzugehen, sondern ih will blos auf die Zeilungs- na ritten referiren, ich erinnere also die geehrten Mitglieder, welche zur Zeit der Debatten über die Einführung der Einkommensteuer die öffentlichen Blätter b air haben, daran, mit welchem sck{weren. Her- en die englishen Minister an die Einkommensteuer egangen E ih erinnere daran, wie die ausgezeichnetsten Schriftsteller, die aller- eminentesten Leute beider Parteien, sowohl Whigs wie Torys, sich mit der größten Energie gegen die Einkommensteuer verwahrt ha-

* si solchen inquisitorishen Steuern zu entziehen.

ben, und ich erinnere daran, daß man nie darauf eingegangen wäre, eine Einkommensteuer, deren Aufbringung man übrigens nur auf drei Jahre bei Einbringung der Bi festseBte, einzuführen, - weun nicht der Krieg von-“ Kabul die Staatsmittel in hohem Grade beansprucht hätte, und weil man mehrere Consumtionssteuern, die unter der nnmittelbar vorhergehenden Verwaltung des Lord Mel= bourne revozirt worden waren, nicht wiederum einführen fonnte, in= dem man die Unzufriedenheit befürchtete, die daraus hervorgehen würde, Da nun also ein Defizit von nahe an 4 Millionen Pfd. St. vorlag und keine Aussicht vorhanden war, dasselbe durch die lau- fenden Staatseinnahmen zu decken, so führte man die Einkommen-= steuer ein, und zwar mit {werem Herzen. Wenn es sich ferner darum handelt, hier auf andere Beispiele zu provoziren, \o erlaube ih mir auf das Beispiel der Vereinigten Staaten zu provoziren, eines Landes,- über dessen außerordentlihe Entwickelung und praktisch gesunde Verwaltungs- und Regierungs-Maßregeln kein Mensch einen Zweifel haben wird. Dort regiert der positive Grundsaß, daß alle Staatslasten mögen sie Namen haben, welche sie wollen im in- direkten Wege aufgebraht werden, während alle direkten Steuern nux für den engeren Kreis, sür Kommunal= oder Staaten-Bedürf= nisse gebrauht werden. Man hat in Amerika vollkommen eingesehen, und es haben dies namentlich die in den Vereinigten Staaten publi= zirten bedeutenderen Zeitschriften zur Zeit der Einführuug der Ein- kommensteuer in England sehr klar hervorgehoben, daß die Einfüh= rung einer Einkommensteuer, sobald es sich darum handelt, für das Allgemeine, für die res publica zu sorgen, von den außerordentlih- sten Schwicrigkeiten begleitet sein muß, weil von jeder Seite, in ]e- dem einzelnen Kreise man mehr oder weniger darnah trachten wird, Man is daher von der Jdee ausgegangen, daß das, was im Mikrokosmus, wenn ih mich dieses Ausdruckes bedienen darf, gut ist, im Makrokosmus kei= fesweges anzuwenden is, und das ist das, worauf ih ein besonderes Gewicht lege. Die Einkommensteuer is im Theorem eine vortre}ff- lihe Steuer, sie is das uralte deutsche Geschoß, das Gs B, und ih würde der Erste sein, der zu einem solchen Erbgeschosse wie- derum seine Hand gebe, wenn ih zu gleicher Zeit aber auch diesel- ben Rechte hätte, dieselben Pflichten erfüllen könnte, die mit der Aufbringung eines solchen Erbgeschosses vereinigt sein müssen, Der jeßt gegliederte Staat, der Staat, wie er sih bei uns herausgebil= det, is aber keinesweges ein solcher, bei dem wir uns in jene vor- treffliche Jdee, in das vortreffliche Theorem jenes alten, deutschen Erbgeschosses denken können, und ih muß mih meinerseits deshalb ganz positiv gegen beide Amendements verwahren, weil sie ein sol- hes deutsches Erbgeshoß einführen möchten, ohne die ganzen Konse= quenzen, ohne die Kontrolle über die Ausgaben, welche das Gemein- wesen damals hatte, zu gleicher Zeit mit zur Annahme bringen zu können, /

Jch muß mi meinerseits ferner um deshalb gegen beide Amen- dements erklären, weil es mir höchst bedenklih scheint, daß in volkfs- wirth chaftliher Beziehung eine so große Versammlung, wie diese, zu Prinzipienfragen hingerissen werden soll ; ih sage hingerissen wer- den soll, deun wenn es sich darum handelt, die Prinziptenfrage auf- zustellen und zu beantworten: ist eine direkte oder eine indirekte Be- steuerung in der Totalität für das Volk besser? s#o könnten wir bei dèr Wichtigkeit der Frage 6 Monate hier sißen, und wir würden sie nicht erledigen können,

(Bravo.) E

Bedenken Sie, daß Alles dies tief in die Verhältnisse unseres ganzen staatlichen Lebens eingreift; wir müßten nicht allein historisch entwideln, wie diese oder jene Last entstanden sei, sondern wir müß= ten uns auch in die Jdee hineinverseßen, wie 1n den einzelnen Lan= destheilen die Steuerleistungen gegründet guf alte und noch bestehende Rechte und glle etwaige Reelamationen erörtern und erwägen, Es ist nichts \{wieriger , nihts unheilvoller für eine solche Versammlung wie diese, als sie auf das Feld der Theoremen zu führen und sie zu Prinzipienfragen hinzureißen. Jh fomme nun, meine Herren, noch mit zwei Worten die Gründe anzuführen, weshalb ih dieses Feld der Theoremen nicht beitreten will, weil nichts schlimmer is in einer praktishen Staats-Verwaltung, als die Konsequenzenmacherci, (Viele Stimmen: Geradeaus sprechen, noch einmal den Sab.)

Jch erlaube mir zu bemerken, daß ih um deshalb das Feld der Theoremen nicht betreten möchte, weil ih allerdings Gefahr darin sehe, wenn theoretische Grundsäße ausgesprochen würden, daß man nachher aus bloßer Konsequenzenmacherei dahin geführt werden möchte, zu falschen Maßregeln zu schreiten. Man weiß niemals, wo- hin ein solches Theorisiren führen wird, und um deshalb möchte ih mich energish gegen beide Amendements verwahren, / |

Es bleibt mir noch übrig, das Amendement zu besprechen, welches das verehrte Mitglied zu meiner Linken am gestrigen Tage gestellt hat, und welches dahin geht, so viel ih mich erinnere, daß in den ersten zwei Hauptklassen der Klassensteuerpflichtigen sich die Steuer verdoppele oder zu 33!, oder 25 Prozent erhöht werde, (ih fenne es im Augeublick nicht genau), um nachher den beiden untersten Klassen eine Erleichterung gewähren zu können. Jch kann nur ge= stehen, daß ih einen solhen Vorschlag mit wahrhaft freudigem Ge-= fühl “htgegen enem habe; ich lasse dem verehrten Antrag= steller alle Gerechtigkeit widerfahren, daß dieser Vorschlag aus den lautersten vortrefflihsten Motiven hervorgegangen is. Jch muß aber bitten, in finanzieller Fragen sich niht vom Gefühl, nicht vom Augenblick hinreißen zu lassen, sondern genau zu erwägen, welche Folgen aus einem solhen Amendement kommen können, welche Fol= gen es haben und wohin eine solhe Erleichterung führen kann, welhe der geehrte Antragsteller den ärmeren Klassen geben will, Wenn nun durch die Steuer=Geseßgebung vom Jahre 1820, mit welcher die jebige Klassen- und Mahl = und Schlachtsteuer eingeführt wurde, es keinesweges in der Jdee des Gesebgebers lag, die Städte höher zu belasten durch die Mahl=“ und Schlachtsteuer, als das flache Land dur die Klassen= steuer und dessenungeachtet, wie die Praxis dahin geführt hat, daß auf der einen Seite eine Aufbringung von 52 Silbergroschen erfolgt, während auf der anderen Seite nur 18 Groschen auf den Kopf gehen so glaube ih, ist allerdings eine Bevölkerung da, welche in noch hó- herem Grade die Berücksichtigung des verehrten Mitgliedes auf der Fürstenbank für sich in IA nehmen könnte, als die leßte Klasse der klassensteuerpflihtigen Bevölkerung, ih meine die arme Bevölke- rung in den mahl=- und \hlatsteuerpflihtigen Städten. Wenn wir also dahin kommen wollen oder darauf eingehen wollen, den ärme- ren Klassen eine Erleichterung zu geben, so möge man darauf ias daß, wenn die Erleichterung eintritt, sie eine gerechte, eine gleihmäßi

e ist, Nicht id eine Prämürung den ärmeren Klassen, welche an fla}-

sensteuer pee gen Ortschaften, im Gegensaß zu denen, welche in mahl- und \lachtsteuerpflihtigen wohnen , gegeben wird. Jeder von uns wird mit mir einverstanden sein, daß in einem wohlgeordneten Abgaben=- Systeme die Práästations - Fähigkeit der Grundsaß sein muß, nah welchem der Staat das Einkommen , seine Bedürf= nisse durch seine Staats - Angehörigen ergan soll; und bin ih ferner überzeugt, daß der oft in dieser Debatte gusge= sprochene Bren daß die wohlhabenderen Staatsbürger mehr zu den Staatslasten beitragen wollen, im Sinne der Majorität liegt, nur werden wir doch darauf sehen müssen, daß, wenn wir dies ers

flären, die Abbürdung au gleichmäßig allen gedrüdten Staatsbür- gern und den -ärmeren Klassen im Allgemeinen zu gute fommkt. Hüten wir uns um deshalb, auf das Amendement einzugehen, hüten wir uns, darauf einzugehen, wie es gestellt is, Jch würde mich sehr gern einem Vorschlage anschließen, der dahin ginge, dieses Amende- ment der Abtheilung zurückzuweisen, um es dort gründlich zu erörtern, damit die Last, welche den ersten beiden Klassen der Klassensteuer=- pflichtigen auferlegt werden soll, der Allgemeinheit der ärmeren zu gute käme. Was aber jeßt vorgeschlagen i, kann ih nicht, als zu diesem Zweck führend, erklären, Zum Schluß wollte ich mir nochch eine persönliche Bemerkung erlauben. Es hat, ih gestehe es ehrlich, mir in der vorliegenden Frage Mühe gemacht, ja \{merzlich berührt, daß ih mit denen, mit welchen ih sons immer politisch, prinzipiell übereingestimmt-habe , die meine politischen Freunde sind, diesmal diver= gire. Auch mein Herz schlägt wie das bre bei jedem Gedanken, welcher die höheren Jnteressen der Menschheit oder deren sittliche und mora- lische Verbesserung im Auge hat oder solhe Mängel in den staatlichen Einrichtungen aus dem Wege räumt, die zur Hebung der Lage der unteren Volksklassen beitragen. Aber ih habe geglaubt, meine An- sichten um so mehr aussprechen zu müssen, weil in keinem der vorge- \hlagenen Amendements ih eine wahre materielle Verbesserung für die Gesammtheit unserer Arbeits= und Erwerbs = Bevölkerung erblicke, und weil keines dieser Amendements nämlih die Steuer nah der Prästations-Fähigkeit aufzulegen ausspricht und ih dies für die ein= zige Art und Weise, wie jede Steuer aufgelegt werden sollte, wie sie am wenigsten drückt und am wenigsten demoralisirt, erklären fann,

Zu diesem Behufe werde ih mir erlauben, ein Amendement ah= zugeben.

(Der Abgeordnete Hansemann meldet sich um das Wort.)

Marschall: Jh habe den Abgeordneten Hansemann notirt und werde fortfahren, die Redner in der Reihe aufzurufen, in welcher sie sich gemeldet haben ich muß aber bemerken, daß die leßten bei- den Redner zum Theil in Einzelnheiten zurückgegangen sind, so daß es mir jeßt um so mehr nöthig scheint, daß die Diskussion sowohl über die Hauptfrage, als auch über alle vorliegenden Vorschläge, auch den des Abgeordneten Hansemann, fortgeführt werde, bis sie in bei= derlei Beziehung für geschlossen erklärt werden kann. Es ist kein Vorschlag da, auf den sih die Diskussion gestern und heute nicht hon bezogen hätte. Mir scheint dies das nothwendige Verfahren zu sein.

Referent von Manteuffel 1: Wie ih äußerlih vernommen habe, soll das Amendement, welches gestern von einem Mitgliede der Herrenbank gestellt worden is, eine Aenderung erlitten haben, Dasselbe ist aber in der veränderten Form noch nicht vorgelesen worden; ich glaube aber, daß dies uöthig ist.

__ Marschall: Dies wird geschehen, sobald der Graf von Ar- nim in der Reihe der notirten Redner aufzurufen ist,

Abgeordn, Hansemann: Jch habe über den Gang der De- batte einige Worte zu sagen. Es scheint mix, daß diejenigen Amen= dements, die darauf hinausgehen, was geschehen soll, wenn das Ge= seß völlig abgelehut wird, auf jeden Fall zuleßt vorkommen müssen. Es is, wenn das Amendement, welches der Abgeordnete aus der Ritterschaft der Provinz Preußen gestellt hat, angenommen würde, das Geseß nicht ganz abgelehnt; es würde dadurch nur ein Grund= saß anders, als im Gesebe vorgeschlagen is, angenommen. Man fann dann mit dem Geseß weiter vorgehen, und es bleibt Sache des Gouvernements, ob es das Gesebß, wie es hier amendirt wird, gut=- heißen will oder nicht.

Marschall: Was eben gesagt worden, is dem nicht entgegen, daß die Diskussiou fortgeführt werde, und zwar über alle Vorschläge, welche gemacht worden sind. Der Vorschlag des Abgeordneten von Auerswald steht insofern niht im Widerspruch mit den weiteren Amendements, als dieselben zur Abstimmung gebracht werden können, auch wenn der Vorschlag des Abgeordneten von Auerswald angenom= men werden sollte. Der Abgeordnete von Vincke hatte si bereits gestern um das Wort gemeldet, er hat aber heute darauf ver= zichtet. 6 Abgeordn. von Vincke: Jch wollte mir nur erlauben, die Bitte an Ew. Durchlaucht zu richten, bei der großen Divergenz der Ansich= ten und Meinungen über die einzeluen Amendements, die zwar in einzeluen Beziehungen verwandt sind, aber anderentheils wieder aus= einandergehen , und theils sich auf die Mahl= und Schlachtsteuer, theils die Klassensteuer erstrecken, zuerst die verschiedenen Amendements, um bestimmte Vorschläge zu Wege zu bringen, an die Abtheilung zu= rückwiesen. Die Abtheilung hat sih zudem vorbehalten, die verschie- denen Anträge in Bezug auf Zwischenstufen oder höhere Stufen der Klassensteuer, oder überhaupt auf Alles, was nicht direkt in Ver= bindung steht mit der Allerhöchsten Proposition, für den Fall, daß die allgemeine Frage verneint würde, besonders zu erörtern; also hat die Abtheilung das Recht, da die Frage verneint is, darauf zu be- stehen, daß dieser Weg eingeshlagen wird, und daß alle Amende- ments, die so zu sagen das Gerippe für alle folgende Beschlüsse bilden, der Abtheilung zurückgegeben werden,

Referent von der Marwiß: Wenn alle Amendements an die Abtheilung zurückgehen sollten, um näher erörtert zu werden, dann würde die Abtheilung allerdings dazu das Recht haben, aber ob sie den Wunsch hat, das ist eine andere Frage, und deu möchte sie wohl nicht haben; indeß, wenn ein Amendement zurückgegeben wird, so müßte dessen Erörterung freilih geschehen, wobei ih indessen bemerke, daß es der Abtheilung an Zeit gebrehen würde, die Sache möglicher Weise zu einem angemessenen Schluß zu bringen, denn wenn wir auch auf die Verhältnisse der Klassensteuer eingehen wollten, um sie in den verschiedenen Stufen zu verbessern, so würde uns manche Vor= lage dazu fehlen. Wir würden allerdings wissen, was von den un- tersten Stufen bei einer Entlastung derselben verloren ginge, aber niht, wie viel durch eine Erhöhung der oberen Klassen wieder auf- E R an A

geordn. von der ulenburg (vom Plaß): Jch glaube aus dem, was der Referent sagte, geht T o über- nehmen, wenn wir auf die bestimmten Propositionen eingehen, die im Amendement: enthalten sind. Jch glaube, es ist unmöglich, und ih mag mein Gewissen nicht damit belasten, daß man die Steuer- stufen erhöht, ohne zu wissen, wohin es führt. Wenn der Herr Re- ferent selbst sagt, daß es der Abtheilung an Zeit gebricht, so glaube 1h, a8 es der Versammlung jeßt im Augenblick noch mehr daran ebricht. q Marschall: Es bleibt immer vorausgeseßt, daß die Versamm= lung, wenu sie sih nicht vorbereitet fühlt, in ihrer Abstimmung auf das Nähere einzugehen, niht darauf eingeht, sondern solhe Vor= läge ablehnt und darauf wartet, daß solhe Amendements zur Ab= stimmung gebracht werden, welche sih allgemein halten, unter welche besonders der Vorschlag des Abgeordneten Dittrih gehört, welcher B noch auf Abstimmung über seinen Vorschlag angetra- gen hat.

Landtags-Kommissar: Die Allerhöchste Proposition ist da- hin gerihtet , die Mahl- und Schlachtsteuer abzus| afen und den dadurch in den Staats=-Einnahmen entstehenden Ausfall durch theil- weise Einführung einer Einkommensteuer zu erseßen, und zwar einer Einkommensteuer, welhe zunächst auf die eigene Declaration der zu Besteuernden basirt werden soll. Die hohe Versammlung hat sich gegen die Proposition ausgesprochen. Es ist nun in Antrag gebracht

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und vou mir unterstüßt, auch noch die Meinung der hohen Versamm-

luug darüber zu höôreu, ob sie diesem Fnd sich anschließen wolle,

wenn von der Selbstein(hähung abgejehen wird, indem hierdurch zwar die Proposition eine we entlihe Aenderung erleiden, deren

Hauptprinzip aber bestehen bleiben würde. Von dem Herrn Resfe-

renten ist, noch etwas weiter gehend, vorgeschlagen, daß man nicht

fragen möge: soll der Ausfall in der Staatskasse durh eine Vermö=

M S allgemeiner : soll er durch eine direkte Steuer ersetzt wer=-

den? Auch eine solche Frage kann noch allenfalls als innerhalb der Gränzen

der Allerhöchsten Proposition liegend angesehen werden. Sollte sich aber die Diskussion über die Amendements hinaus von dem Prinzip der

Propositionen ganz entfernen, wie dies namentlih in dem Amende-

ment eines geehrten Mitgliedes der Herren-Kurie geschehen ist;

sollte sie namentlich dahin gerichtet werden, die Mahl- und Schlacht-

steuer unberührt zu lassen und nur Aenderungen an der Klassensteuer

vorzunehmen, oder sollte sie sich in ähnlichen Sphären bewegen, dann

würde es si uicht mehr um eine Berathung der Allerhöchsten Pro=

position handeln, vielmehr das Feld der Petitionen betreten sein. (Zustimmung.)

Liegen Petitionen dieser Art vor, deren Erörterung ausgeseßt wurde, weil sie durch Annahme der Königl. Proposition erledigt,

leihsam absorbirt sein werden, und sollen diese nah Ablehnung der

Allerhöchsten Propositionen weiter verfolgt werden, so müssen sie nun

wie alle anderen Petitionen behandelt werden, d, h. sie müssen zu-

nächst einer Abtheilung derjenigen Kurie zugehen , in welcher sie ur= sprünglich eingebracht sind.

Ob die hohe Versammlung, nachdem sie dem Vortrage eines ge- ehrten Redners der \hlesishen- Städte gegen die von mix angedeu- tete und von einem verehrten Mitgliede aus der Provinz Preußen gestellte Frage lebhafte Acclamationen gezollt, noch eingehen will oder nicht, bleibt derselben natürli überlassen; doch aber halte ih mich verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen, daß die von jenem Redner allgemein hingestellte Warnung vor dem Aushpruch eines Prinzips auf den vorliegenden Fall keine volle Anwendung finden dürfte. Es handelt sihch nicht davon, ein absolutes Prinzip auszu- sprechen, sondern nur von der einfahen Frage: ob man die Mahl-= und Schlachtsteuer dur eine Einkommensteuer, oder, was freilich all- gemeiner is und sih von der Proposition mehr entfernt, durch eine direkte Steuer erseßen wolle? Eine solche Frage kann nicht als eine rein theoretische, prinzipelle bezeichnet werden, sondern sie hat einen bestimmten Gegenstand, und es fehlt nur das Detail der Ausfüh= rung.

Wenn ih gestern gesagt habe, es würde dem Gouvernement von Interesse sein, über diese Frage die Ansicht der hohen Versammlung zu vernehmen, so kann ih dabei auch jeßt nur stehen bleiben. Es werden im Laufe der Zeit, die heutige Entscheidung mag fallen, wie sie will, wesentlihe Veränderungen in der Besteuerung schon deshalb eintreten müssen, weil in Folge des langen Friedens das Vermögen si immer mehr konzentrirt und die jeßige Besteuerung nicht ausreicht, den Reichthum verhältnißmäßig zu den Staatslasten heranzuziehen.

: (Zustimmung.)

Weil ich also glaube, daß das Augenmerk der Regierung ferner darauf gerichtet sein muß, in dieser Beziehung eine Aenderung vor= zubereiten, so würde es ihr von Juteresse sein, die Meinung der ho=- hen Versammlung darüber zu vernehmen, ob der Weg, den sie in der Proposition eingeschlagen hat, und der vielleicht wegen eines wenn=- gleich wichtigen Nebenpunktes vie Zustimmung der hohen Versamm= lung nicht erhalten hat, doch im Allgemeinen als der richtige aner= fannt werde oder nicht. Jn dieser Beziehung allein habe ich den Wunsch angedeutet, daß sich die-Versanrmlung “auh über die allge= meiner gestellte Frage äußern möge.

Eine Stimme (vom Plaß aus): merkung zu machen.

Marschall: Diese kurzen Bemerkungen müssen in der Reihe der Notirungen vorgetragen werden, denn der nächste Redner konnte vielleiht auch eine kurze Bemerkung machen wollen. Der Abgeord= nete Küpfer hat das Wort.

Abgeordn. Küpfer: Meine Herren! rung vor, daß die hohe Versammlung

(Es wird allgemein gerufen: Lauter! Lauter!)

Marschall (giebt mit der Glocke das Zeichen zur Ruhe und bemerkt):

Je größer die Ruhe in der Versammlung is, desto besser wird der Redner verstanden werden.

Abgeordn, Küp fer: Das uns vorliegende Amendement fordert die Versammlung auf, sich, dem Lande und der Krone gegenüber, in Betreff des Prinzips der Einführung der Einkommensteuer auszuspre- hen. Bei der Beurtheilung von Steuerfragen können aber nicht Gefühle und Theorieen, sondern nur die Erfahrung maßgebend sein. Nun hat von den großen Staaten Europa?s bis jeßt nur in Eng- land, und zwar blos zeit- und versuhsweise, die Einkommensteuer be= standen. Dort also haben wir die Materialien zu deren Beurthei- lung zu suchen. Es giebt in England einen Mann, der dort in Steuerfragen als eine Art Orakel betrachtet wird, dessen Name als eine Autorität im Parlamente genaunt wird, den selbst Lord John Russell und Sir Robert Peel anführen. Dieser Mann heißt M'Cul= loh. Jch glaube, kein Mitglied dieser Versammlung wird darauf An= spruch machen, kompetenter über Steuerfragen zu sein. M°'Culloch nun hat vor etwa 2 Jahren, nachdem die Einkommensteuer Sir Ro- bert Peel's bereits seit fast 3 Jahren bestanden hatte, sehr ausführlich seine Meinung über diese Steuer entwickelt. Die Schrift M'Culloch's ist mir erst gestern Abend zu Händen gekommen, und ih habe so nur die Zeit gehabt, die Hauptfolgerungen des Verfassers zu überseßen. Jch glaube, daß in diesem Augenblicke, wo der Vereinigte Landtag gewissermaßen ein Gutachten über eine Steuer abgeben foll, die wir selbst praktisch gar nicht kennen, sondern England, wo man selbst noch im Versuche damit begriffen ist, entlehnen wollen, um daraus eine der künftigen Grundlagen unserer Steuerverfassung zu machen, es für die Versammlung nicht ohne Juteresse sein kann, über eben diese Steuer die Meinung einer der national = ökonomischen Autoritä= ten Englands kennen zu lernen. Es wird dazu kaum zehn Minuten bedürfen. Bei dem geringen Umfange meiner Stimme erlaubt die Versammlung wohl, daß einer der Herren Secretaire die Vorlesung bewerkstelligt. ;

(Der Abgeordnete Küpfer reiht das Manuskript dem Se-

cretair zum Vorlesen hin.)

Secretair Freiherr von Waldbott (verliest die Ueberseßung dieses Konklusums) :

Wörtliche Ueberseßung aus M'Culloch's Abhandlung über die Grund- Ee und den praktischen Einfluß von Steuer -Systemen. London, 1845.

Seite 124. Eine Einkommensteuer is in den meisten Rück=- sichten eben so großen Einwürfen als eine Vermögenssteuer ausgeseßt. Zwar erschuint sie beim ersten Anblicke als die wichtigste von allen Taxen. Sie scheint einem Jeden zu den Bedürfnissen des Staats im Verhältnisse des Einkommens, welches er unter dessen Schuve genießt, beitragen zu machen; während, indem: sie gleihmäßig auf Alle fällt, sie keine Veränderung in der Vertheilung von Kapital be- wirkt, noch in der natürlichen Richtung der Jndustrie und keinen Ein- fluß auf die Preise ausüht. Es wäre sehr zu wünschen, daß man

Jh habe eine kurze Be-

Es liegt eine Aufforde-

sucht worden und erschöpft sind;

eine Taxe auflegen könnte, die diese Wirkun , : dauern, sagen zu müssen, daß diejenigen, ps i eq de Einkommensteuer, wie sie auch umgelegt würde, in dem es benen Sinne wirken würde, sih wahrli sehr täuschen. Eine Cin fommensteuer würde allerdings die vorausgesegzten Wi haben, wäre es möglich, selbige rihtig umzulegen. Aber die prakti Schwierigkeiten, die dieser richtigen Umlegung entgegentreten

nicht zu überwinden. Und die Wahrheit ist, daß Einkommen n, obgleih in der Theorie gleichmäßig, in ihrer praftishen mos höchst ungleichmäßig und vexatorisch sind. j

(Hier folgt nun auf zehn enggedruckten Seiten die Beweisfüh- rung, daß es, eine Einkommensteuer einigermaßen gleichmäßig und billig umzulegen, durchaus unmöglich ist.)

Seite 134. Einkommensteuern unterliegen auch noch in ande- ren Beziehungen außerordentlihen Einwürfen. Sie erheischen eine beständige Einmischung und Jnquisition in die Privat-Angelegenheiten von Judividuen und halten auf diese Weise, ganz abgesehen yon ihrer Ungleichheit, eine beständige Aufregung aufrecht. Warum diejenigen, die dur strenge Oekonomie dahin streben, eine anständige äußere Erscheinung zu bewahren, zwingen, ihre Umstände ofen dar- zulegen? Warum sie aussebßen, sh dem magnum pauperies oppro- brium Preis zu geben? Obgleich wir also die Ungleichheit und viel- leiht in einigen Fällen selbst die Ungerechtigkeit von Verbrauchssteuern einräumen, so behaupten wir doch, daß, selbst in dieser Sepeoung, die schlehteste von ihnen weniger Einwürfen als - die bestvertheilte Einkommensteuer unterliegt; und ihre größere Leichtigkeit in der Um- lage, so wie die größere Bereitwilligkeit, womit sie gezahlt werden, müssen in allen gewöhnlichen Fällen ihnen den Vorzug sichern.

Seite 136. Wenn man also auch einräumte, daß Einkommen- steuern im Prinzipe die rihtigsten wären, so würden doch die obigen Ausführungen beweisen, daß dieser Umstand wenig nüßen würde, um sie zu empfehlen. Es liegt sehr wenig daran, ob eine Steuer theo- retish gut oder \hlecht is. Wir haben nur in praktisher Beziehung damit zu thun; und wie \{ön sie sh auch auf dem Papiere aus- nimmt, so muß sie, wenn sie nit rihtig umgelegt werden fann, außer für Ausnahme-Fälle, verworfen werden. / j

Seite 137. Die Geseßgebung mag machen, was sie will, die Einkommensteuer wird stets höch ungleihmäßig treffen. Sie blos auf gewisse Klassen von Einkommen legen oder sie auf jegliches Ein=- fommen ohne Rücksicht auf dessen Ursprung legen, verstößt in gleicher Weise gegen alle gesunden Grundsäße. És bleibt also nichts übri als sie zu verwerfen oder nur dann dazu zu greifen, wenn man Geld um jeden Preis sich verschaffen muß; wenn die eivéhuligten und weniger ausnahmsweisen Mittel, die öffentlichen Kassen zu füllen, ver- wenn, wie im leßten Kriege, Han- nibal vor den Thoren ist und die National - Unabhängigkeit um jeden Preis gesichert werden muß. j j

Seite 141. Wir müssen gegen den Vorschlag protestiren, bei einer Einkommensteuer die Steuersäße nah dem größeren Einkommen im- Verhältnijse zu erhöhen. Dieser D ist eben so ungerecht als gefährlih. Die Einkommensteuer muß auf Jeden genau na Ver- hältniß des Einkommens fallen, welches er unter dem Schuye des Staats genießt. Wenn sie ganze Klassen unberührt läßt oder auf einigen \hwerer als auf anderen lastet, so is sie ungereht aufgelegt. Die Regierung hat, in einem solchen Falle, offenbar ihr Gebiet über= \chritien und die Steuer vertheilt, niht für den rechtmäßigen Zwedck einen gewissen Antheil des Einkommens der Unterthanen für den Staatszweck zu verwenden, sondern um zu gleicher Zeit das Ein=

fommen der Kontribuenten zu reguliren: das heißt, der einen Klasse zu nehmen und der anderen zu geben.

Seite 143. Selbst angenommen, Einkommensteuern wären überhaupt zweckmäßig, so würde selbst dann die Annahme des Gra- dations-Prinzips sie zu den schlehtesten, die ersonnen werden können, machen. Von dem Augenblicke ab, wo bei der Umlage solcher Taxen man das Kardinal-Prinzip, von allen Jndividuen das nämliche Ver- hältniß ihres Einkommens oder Vermögens zu verlangen, verläßt, so ist man auf dem Meere ohne dera und Steuerruderz; und es ist nicht mehr zu berehnen, welhen Betrag von Ungerechtigkeit und Thorheit man nicht erreichen möchte, i

Seite 157. Welches aber auch die Meinung über Taxen, die auf Löhune oder den ersten Lebensbedürfnissen lasten, sein mögen, so ist, glauben wir, doch wenig Grund anzunehmen vorhanden, daß die Lage der arbeitenden Klassen wesentlih durch die Aufhebung jener Taxen und dur ihre Ersezung vermittelst einer entsprehenden Steuer auf Vermögen oder Einkommen verbessert werden würde.

(Hier folgt eine ausführlihe Begründung dieser Behauptung.)

Im Verfolge des weiteren Vortrages dieses Schriftstückes er- hebt sich, den Secretair unterbrecend

Abgeordn. Lensing mit den Worten: ;

Das Reglement verbietet den Rednern das Ablesen ihrer

Reden. i Marschall: Es wird keine Rede verlesen. (Ruf: weiter! weiter!) Dann unterbricht ferner diesen Vortrag der Abgeordn. Hansemann: Jh habe eine sehr große Abhand=« lung im entgegengeseßten Sinnez soll ih diese auch vorlesen ? (Murren in der Versammlung.) i Der Abgeordnete Küp fer fährt fort: Dies, meine Herren, is} die Meinung M'Culloch's über die Einkommensteuer. Sie werden _ das Gewicht dieser Meinung beurtheilen. Es giebt ein großes Reich, es is unser westliher Nachbar, dessen Gesebgebung, glaube ih, mehr wie die irgend eines anderen großen Reiches der Bor=- und Ießbtzeit vom demokratischen Geiste durchdrungen is, Vor ungefähr sechzig Jahren löste sih die ganze bisherige Steuerverfassung dieses Reiches gewissermaßen in Staub auf; und aus dieser allgemeinen Auflösung hat seitdem ein neues und starkes Steuersystem si gewissermaßen wieder herausfrystallisirt. Sie werden, meine Herren, glauben, daß unter den Versuchen für diesen Zweck die Einführung einer Einkom- mensteuer einer der ersten gewesen sei. Aber gerade an diese Steuer hat man nie ernstlih gedacht, weil man sie für zu vexatorish und für im Frieden unhaltbar hielt. Dagegen haben si in Frankrei in allen größeren Städten seit den leßten funfzig Jahren Octrois aus- gebildet, das heißt eine Steuer auf die ersten Lebensbedürfnisse, das Mehl ausgenommen, und lastender, als unsere Mahl- und Schlacht- steuer. Und nie hat in der französischen Deputirten - Kammer ein Vorschlag auf Abschaffung oder Umwandlung dieser Octrois auch nur bis zur Berathung gelangen können. Erwägen Sie, meine Herren, diese Thatsache. : Z “Möwes: Meine Herren! Jh habe mir das Wort i a darf ri egen jede Ane auszusprechen, die jene Frage berührt, welche vorhin von dem s Herrn Kommissar wiederum erwähnt worden ist, die Frage, durh welche allgemein das Prinzip: ob von der hohen Versamm e eine Einkommensteuer ge- wünscht wird, En werden soll? Jch halte die Versammlung weder für verpflichtet noch für berechtigt, darüber olguPimnes, Nicht verpflichtet sage en rat wae N s M f der s en Proposition liegt. : ositio Uen ils aben nah welcher diese Einkommensteuerfrage werden Jol ie is dur die gestrige Abstimmung. erledigt u

diesem Gegenstande eine ganz andere