1880 / 258 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Nov 1880 18:00:01 GMT) scan diff

ien R r Lai V BAC C A E C S R Ao O E E R TE R Sau A A

SppÓ: 0

die Errichtung der Stiftung bekundeten Anhänglichkeit an den König und das Königlihe Haus ausgedrückt werde.

Da es in jüngster Zeit mehrfah vorgekommen is, daß Gegenstände von geschichtlihem oder Kunstwerthe, alte Waffen, Standarten und andere Alterthümer, welche ih im Besiße von Gemeinden befanden, an Antiquitätenhändler, zum Theil unter dem wahren Werthe, verkauft wurden, hat nh im Jnteresse der Erhaltung solher vom Standpunkte der Geschichte oder der Kunst werthvollen und interessanten Gegen- stände das Staats-Ministerium des Jnnern veranlaßt gesehen, den Gemeindebehörden nahezulegen, daß sie Gegen- stände dieser Art entweder an Ort und Stelle geeignet auf- bewahren oder aufstellen, oder daß sie im Falle einer beab- sihtigten Veräußerung dieselben vorher dem bayerischen National-Museum oder dem Germanishen Museum zur Er- werbung anbieten.

In der heutigen Sißung des Steuerausschusses wurde der 1. Abschnitt des Geseßentwurfes, die Gewerbe- steuer betreffend, zu Ende berathen. Auf der Tagesordnung für die morgige Sißung steht zur Berathung zunächst die Frage der Bildung einer Subkommission zur Prüfung des Steuertarifs, eventuell die Wahl der Subkommission, worauf die Spezialdiskussion über den Gewerbesteuergeseßzentwurf, beginnend mit dem 2. Abschnitt (Verfahren bei der Anlage der Gewerbesteuer) fortgeseßt wird. Bis zum nächsten Mitt- woh soll dann keine Sitzung mehr stattfinden.

830. Oktober. Jn der heutigen Sißung des Steuer- ausschusses der Kammer der Abgeordneten wurden in die Subkommission zur Prüfung des Steuertarifs die Abga. Crämer, Graf Fugger, Ostermann, Ruppert, von Schlör und Freiherr von Stauffenberg gewählt, die sich kurz vor der nächsten, auf künftigen Mittwoch anberaumten Sitzung des Ausschusses zur Konstituirung versammeln werden. Jn der speziellen Diskussion über den Geseßentwurf, die Gewerbe- steuer betreffend, kam der Aus\chuß heute bis zum 31. Artikel.

Baden. Karlsruhe, 28. Oktober. (K. Z.) Eine landesherrlihe Verordnung bestimmt, daß die obere Leitung des Salinenwesens aus dem Geschäftsbereiche der Steuer- direktion ausgeschieden und der Domänendirektion übertragen werde. Diese Maßregel hängt mit der dem Vernehmen nah beabsichtigten Vereinigung der Steuer- und Zolldirektion zusammen, welche vorerst durch eine Personalunion angebahnt ist, indem die Stelle des zum Präsidenten der General-Jnten- danz der Großherzoglichen Civilliste ernannten Steuerdirektors Regenauer dem Vorstande der HZolldirektion, Geheim-Rath Schmidt, neben seinem bisherigen Ämte übertragen wurde.

Anhalt. Dessau, 31. Oktober. (Anh. St. Anz.) Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrih Carl von Preußen ist heute mit Gefolge hier eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn. Pest, 1. November. (W. T. B.) Der Budgetausschuß der österreichishen Delega- tion berieth gestern das Ordinarium des Budgets des Kriegs - Ministeriums und votirte das verlangte Mehrerforderniß für die Mannschaftskost einstimmig. Die Position für die Berittenmahung der Haupt- leute wurde mit 10 gegen 8 Stimmen abgelehnt, dagegen der Antrag des Referenten Sturm, dur spätere Einberufung der Rekruten von dem Mehrerforderniß 1 375 208 Fl. zu streichen, mit 10 gegen 8 Stimmen angenommen. Heute genehmigte der Ausshuß nach lebhafter Debatte das Gesammterforderniß für die Heeresverwaltung in den okkupirten Gebieten nah den mit der Regierungsvorlage Üübereinstimmenden Anträgen des Referenten. Nach dem jeßt veröffentlichten Quartalsausweise haben die ungarischen Staatskassen im 3. Quartal 1880 59 603 570 Fl. eingenommen oder 635 965 Fl. mehr als in dem gleichen Zeitraume 1879. Die Ausgaben be- trugen 79 727 822 Fl. oder 2928853 Fl. mehr als im 3. Quartal 1879,

GrsFßbritannien und Jrland. London, 30. Of- tober. (Allg. Corr.) Die „Times“ unterzieht die Stellu ng des Ministeriums einer eingehenden Erörterung und stellt dabei folgende Betrachtungen an: „Die Kritiken der Op- position sind konventioneller Art, während die Rechtfertigun- gen der Regierung vorsichtig und zurückhaltend sind. Die Regierung schweigt sowohl bezüglih der Vergangenheit als der Zukunft, sie brüstet sich niht besonders mit geseb- geberischen Erfolgen während der verflossenen Session, noch mit Abenteuern auf dem Gebiete der auswärtigen Politik. hr Verhalten wird bezüglich mancher Punkte von vielen Politi- kern scharf gegeißelt und voll Verdacht untersucht, und es darf wohl zugestanden werden, daß Mr. Gladstone in der Gesellschaft kein größerer Günstling is, als er gewesen, da er sih vor einem Jahre auf die Midlothian - Expedition vorbereitete. Allein enttäuschte Politiker und soziale Einflüsse sind ge- nöthigt anzuerkennen, daß die Kritik Angesichts der maßgeben- den Resultate der allgemeinen Wahlen mahtlos is. Die Politik ruht noch im Schatten jenes bemerkenswerthen Ereig- nisses, und es spricht bislang noch nichts dasür, daß die Massen des Volkes, welhe Mr. Gladstone im vergangenen April eine ungeheure Majorität gegeben, im Allgemeinen ihre Meinungen geändert haben. Jhr Enthusiasmus mag etwas nachgelassen haben, allein das erklärt sih auf natürlihem Wege, nahdem die Kampfeswuth vorüber; von einem Entziehen ihres Ver- trauens kann aber keine Rede sein.

Ueber die ernstlihen Vorgänge im Basutolande übermittelt ein Telegramm des Premiers der Kap-Kolonie unterm 29. d. M. folgende Mittheilungen :

„Um 22. d. M. wurde Lethorodi's Dorf von den Kolonialtruppen unter Oberst Carrington gestürmt. Die Rebellen wurden völlig zer- sprengt und vertrieben, und das Dorf ward niedergebrannt. Auf britischer Seite wurde ein Mann getödtet und 10 verwundet, Dex Verlust der Rebellen war ein beträchtlicher. Um Maseru herum ift die Nube nicht gestört worden. Ungürstige Nachrichten sind aus Oft- Griqualand eingelaufen. Mr. Hope, der Friedensrichter in Aumbo, wurde verrätherisherweise ermordet. Viele Genossen vom Umhlonhlois- stamme waren Zeugen des Verbrehens, Der Stamm befindet h jeßt in offener Cmpörung. Es verlautet, daß Mr. Walsh, der Sriedensrichter in Tiolo, ebenfalls ermordet worden. Freiwillige rüden jeyt in Transkei ein, um diese Rebellion niederzuwerfen. 2000 Vürger und 1000 Freiwillige sind unter die Waffen gerufen worden.“

Ein Kapstädter Telegramm der „Times“ metdet:

„Die Pondos unter Umhblonhlois haben ihren Friedensrichter Hamilton Hope und dessen Sckretäre Henman und Warrene in verrätherisher Weise ermordet, Der Chef und seine Leute betbeuer- ten Lreue und Erçebenheit, ober während eines Kriegstanzes um- ringten sie die Weißen und erstachen sie. Major Bourne meldet die Ermordung des ehrwürdigen Mr. Davis in Shawbury.“

2. November. (W. T. B.) Das gerichtliche Ver- | fahren gegen Healy und Walsh wegen Einschüchterung |

des Pächters Manning ist gestern in Bantry eröffnet wor- den. Die Verhandlung endete mit der Verweisung der An- geklagten vor die Assisen. Zugleich wurde beschlos}sen, die Angeklagten gegen Kaution auf freiem Fuße zu belassen.

Nach amtlichen Meldungen aus Capetown haben alle Basutos im Osten von Drachenberg sowie beide Abthei- lungen des Pondostammes sich zum Aufstande gegen die Regierung vereinigt. Die Kolonialregierung hat 500 Jrre- guläre und 3500 Kolonisten zum Kriegsdienst ausgehoben. Zen der Stamm der Tembus hat sih gegen die Regierung erhoben.

Frankreih. Paris, 31. Oktober. (C. Ztg.) Jm gestrigen Ministerrathe wurde endgültig die Liste der Geseßentwürfe festgestellt, welhe der Kammer zur Be- sprehung in ihrer lezten Legislatur empfohlen werden soll: die Berathung der Entwürfe betreffs des Primärunterrichts, des Gerichtspersonals und der Presse. Diese Geseze müssen von den beiden Kammern beschlossen werden. Vom Senat wird die Regierung außerdem den Zolltarif, das Gesetz bezüg- lih der Aufhebung des Obedienzbriefes, das Geseh bezüg- lih der Gründung von Mittelshulen für Mädchen, sämmtlich schon von der Kammer angenommene Geseßentwürfe, verlan- gen. Der Kammer is auch die Berathung des Vercins- geseßes vorbehalten.

Italien. Nom, 2. November. (W. T. B.) Garibaldi ist gestern in Mailand eingetroffen und mit Ovationen empfangen worden; später trafen dort Rochefort, Blanqui, Pain und Assi ein.

Türkei. Nach einem am 31. Oktober in London einge- troffenen Telegramm der „Saint-James-Gazette“ aus Kon- stantinopel soll Niza Pascha von den Jnsurgenten an der St. Georgsbrücke zurückgeworfen sein und sich mit seinen Truppen nah Frashai zurückgezogen haben.

__ Dänemark. Kopenhagen, 29. Oktober. (H. C.) Die Auflösung der seeländishen Eisenbahngesell- \haft ist unterm 19. d. vom König bestätigt worden. Nach- dem die seeländishen Eisenbahnen somit definitiv in den Be- sib des Staates übergegangen sind, ist von Seiten des Mini- steriums des Jnnern der bisherigen Direktion vorläufig die unveränderte Fortseßung des Betriebes übertragen worden.

Amerika. Washington, 2. November. (W. T. B.) Nach den dem Staatssekretär Evarts zugegangenen amtlichen Nach- rihten haben die von der Regierung der Vereinigten Staaten zwischen Chile und Peru geführten Vermittelungs- Unterhandlungen noch kein Resultat ergeben.

Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im vergangenen Monat um 7 100 000 Doll. abgenommen. Jm Staatsjchaße befanden sih ult. Oktober 203 550 000 Doll.

Uus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau,

Cassel, 2, Oktoher. Der Ober - Präsident a. D. von Moeller ist- heute früh 31/, Uhr an der Lungenentzün- dung gestorben.

Nr. 20 des Marine - Verordnungs - Blattes hak folgenden Inhalt: Erfrishungs8zuschuß, Uebungbberibte S. M. Schiffe. Ancabe der Seite bei Bezugnahme auf das Marine- Verorbdnungs-Blatt. Kriegsfeuerwerkerei. Personalveränderun- gen. Benachrichtigungen.

Landtags- Angelegenheiten.

Dem Herrenhause ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung der kommunalständiscen Verbände in der Provinz Pommern, zur Beschlußfassung vorgelegt worden :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen zur Ausführung der Vorschrift im Schlußsate des §. 128 der Provinzialordnuyng für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Slesien und Sachsen vom 29. Juni 1875 (Ges. Samml. S, 335) mit Zustimmung beider viases des Landtages, was folgt :

Die beiden kommunalständisben Verbände 1) von Hinterpommern und Altvorpommern, 2) von Neuvorpommcern und Rügen werden aufgehoben. Mit der Aufhebung gehen alle Rehte und Pflichten der kom-

nicht Anderes in diesem Gesetze bestimmt ist, auf den Provinzial- verband der Provinz Pommern über.

Die dem Kommunalverbandte von Neuvorpommern und Rügen von dem Priovinzialverbande übertragene Verwaltung und Unter-

verkand zurüd. D Die im bisherigen kommunalständischen Verbande von Neuvor- pommern und Rügen bestehenden Kommunalchaussecn, deren Unter- haltung dem kommunalständischen Verbande obliegt, gehen mit allem Zubehör in das Eigenthum des Provinzialverbandes über. Die

Franzburg, Grimmen und Greifswald und des Stadtkreises Stral- sund, welche von denselben in Gemäßheit des §. 110 der Provinzial- ordnung vom 29. Juni 1875 MLIEPas wird.

Diejenigen Summen, welche zur Verzinsung und Abtragung der Sculden des kommunalständishen Verbandes von Neuvorpommern und Nügen erforderlih sind, werden durch Mehrbelastung der Kreise Rügen, Franzburg, Grimmen und Greifsnald, sowie des Stadt- kreises Stralsund in Gemäßheit des §, 110 der Provinzialordrung vom 29. Juni 1875 in der Art aufgebrat, daß die Mehrbelastung die dem Amortisationéplan zu Grunde gelegte Verzinsung mit vier Prozent und Amortisation mit Cn Prozent nicht übersteigen darf.

mern und Rügen verwaltete Provinzial-Hülfskasse und der Antheil der Kreise Dramburg und Schivelbein an der Provinzial-Hülfska}se der LEEMONE werden mit der Provinzial-Hülfskasse von Altpommern vereinigt.

,_ Die Verwaltung des rereinigten Fonds wird bis zum Erlasse eives neuen Statuts nah Maßgabe der für die Provinzial-Hülfs-

kasse von Altpommezn geltenden Norm geführt.

Der Zinsgewinn ist im Interesse des Provinzialverbandes der Provinz Pommern zu verwenden.

munalständishen Verbände, soweit dies nicht bereits geschehen oder |

haltung der früheren Staatshausseen fällt an den Provinzial- |

Kosten der Unterhaltung und Verwaltung dieser Chausseen werden | bestritten durch die auffommenden Chausseegelder und das dann noch | Fehlende durch eine gleicmäßige Mehrbelastung der Kreise Rügen, |

Die von dem fommunalständiscen Verbande von Neuvorpoms- |

S. 5. Bei Verwaltung der Neuvorpommerschen Feuer-Versicherungs- Sozietät für Gebäude tritt bis zum Erlasse eines anderweitigen

| Reglements an die Stelle des ständischen Aus\{husses (der Land-

kastens-Bevollmächtigten) der Provinzialausshuß, an die Stelle des Kommunal-Landtages der Provinzial-Landtaa und wird das staat- lihe Aufsidtsrecht nach Maßgabe der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 ausgeübt.

Für den Fall, daß eine Auflösung und nit blos eine Vereini- gung mit einer anderen Provinzial-Sozietät erfolgt, wird der Re- servefonds der Sozietät den Kreisen von Neuvorpommern und Rügen nach dem Maßstabe der beitragspflihtigen Summen der bei der Auf- lôfung in den Kreisen versicherten Gebäude überwiesen.

8. 6.

In das Kuratorium der in Neuvorpommern und Rügen be- stehenden König-Wilhelms-Stiftung treten an Stelle der beiden Landkastens-Bevollmächtigten zwei vom Provinzialaus\cusse zu wäh- lende Angehörige von Neuvorpommern und Rügen.

Diejenigen Verwaltungbefugnisse, welde bei der Neuvor- pommerschen Wilbelms-Stiftung bisher dem Kommunal-Landtage beziehungsweise dem engeren Ausschusse zugestanden haben, gehen auf den Provinzial-Landtag beziehungsweise den Provinzialausshuß über.

S. Der Fonds für die Linderung allgemeiner Nothstände in Neu- vorpommern und Rügen, darf nur seinem ursprünglichen Zwecke ge- mäß verwendet werden.

8. 8. Die Meliorationsfonds für den Regierungsbezirk Coeslin und D Rer werden zu einem Meliorationsfonds für die Provinz ver- einigt. 8 9

Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 1. April 1881 in Kraft.

Mit diesem Zeitpunkte treten alle mit den Vorschriften desselben in Widerspruch stehenden oder mit demselben nicht zu vereinigenden geseßlichen Bestimmungen außer Geltung.

Der Minister des Jnnern is mit der Ausführung dieses Ge- seßes beauftragt.

Urkundlich 2c.

Der Vorbericht zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1, April 1881/82 lautet:

Der Voranschlag der Staats-Einnahmen und Ausgaben für das Jahr vom 1. April 1881/82 hat zwar noch nit zur völligen Wieder- herstellung des Gleichgewihts im Staatshaushalt geführt, läßt aber erkennen, daß die Finanzlage sich wesentli günstiger zu gestalten beginnt. Es ist dies vorzugsweise darauf zurückzuführen, daß ciner- seits durch das andauernde Steigen der Erträge der Reichssteuern der preußischen Staatskasse erheblihe Einnahmen, welche um 9 648 420 M. höher als im laufenden Etat haben in Ansaß gebracht werden können, zufließen, und daß andererseits im Bereiche der Be- trieb8verwaltungen bei allmäblihem Schwinden des Druckes, welcher seither auf den Erwerbsverhältnissen lastete, auf bedeutende Mehr- Vebershüsse gerechnet werden darf. Daneben ist niht ohne Einwir- kung geblieben, daß bei den Ausgaben, ebenso wie im Vorjahre, der Grundsaß ftrenger Sparsamkeit leitend gewesen und in weitem Umfange auf die Erzielung von Ersparnissen, unb.s{chadet der Be- friedigung der als wirklich nothwendig anzuerkeznenden Bedürfnisse, Vedabt genommen worden ift.

Die Gesammtausgabe im Ordinarium beträgt 872 783 566 4. Dieser Ausgabe gegenüber waren die ordentlichen Einnahmen auf 895 761 284 6 zu veransblagen. Es würde si also ein Ueberschuß im Ordinarium von 22977718 M, bezw. nah Abrech{nung der durchlaufenden Post von 330000 4 aus dem reservirien Fonds zur R a Einrichiung des Zeughauses in Berlin, von 22647718 4 ergeben.

Dieses Ergebniß wird, zumal nach Lage der Umstände auf ein demnäcbstiges weiteres Steigen der betreffenden Einnahmen zu renen ist, als ein so wesentlicher Fortschritt angesehen werden dürfen, daß es zulässig erscheint, mit der im Interesse der Erleichterung der di- reten Besteuerung dringend wünschenswerthen Ausführung des Ge- sches Über die Verwendung der aus dem Ertrage der Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Geldsumme vom 16. Juli 1889 {on jeßt vorzugeh-n. Es wird demgemäß in dem Entwurf des Staats- haushalts-Ctats der Vorschlag gemabt, aus dem Preußen zustehen- den Antheil an den Zöllen und der Tabaksteuer zu einem Steuer- erlaß nach Maßgabe des gedachten Geseßes die Summe von 14 Millionen Mark zu verwenden, welche ausreiht zum Erlaß einer dreimonatlichen Rate der Klassensteuer und der fünf untersten Stufen der klassifizirten Einkommensteuer. Der vorgeschlagene Steuererlaß erscheint im Etat als Einnahmeausfall bei der Verwaltung der direkten Steuern. Die ordentlichen Einnahmen ermäßigen sih dadur auf 881761284 Æ, und es verbleibt im Ordinarium dann ungeachtet des gedahten Ausfalls noch ein Ueber- {uß von 8 647718 4 Es ist in dem Etatsentwurf angenommen, daß dieser Betrag zur theilweisen Deckung des Extraordinariums zu dienen haben werde. JInwieweit derselbe statt dessen theilweise zur Bildung eines Cisenbahn-Reservefonds zu bestimmen und ein ent- sprechender Betrag in das Ordinarium des Etats einzustellen sein möchte, wird von den Verhandlungen über das zur Vorlage gelangende Gesetz, betreffend die Verwendung der Jahresübershüsse der Eisen- bahnverwaltung, abhängen.

Im Etxtraordinarium sind einmalige und erstmalige Bewilli- gungen nur ganz ausnahmsweise da in Aussiht genommen worden, wo es sich um Befriedigung eines außergewöhrlih dringenden und nicht ausschieblihen Bedürfnisses handelt. Dagegen haben bedeutende Summen zur Fortführung der in den leßten Jahren begonnenen Bauten eingestellt werden müssen. Das Gesammterforderniß im Cxtraorkinarium beläuft sich nach Abzug der oben erwähnten, dur besondere Einnahme gedeckten Summe von 330000 #4 auf 39 227 718 4 Es bleibt alfo, wenn der oben erwähnte Ueberschuß im Ordinarium von 8647718 mit zur Deckung des Extraordina- riums bestimmt wird, ein Betrag von 30 580 000 4, für wel{en die Einnahmen Deckunzsmittel nit gewähren und der daher in An- lehnunzg an die im Vorjahre getroffene ähnliche Maßregel dur Auf- nahme einer Anleihe zu decken sein wird. Wegen Bewillizung der Anleihe, deren Betrag bei den Einnahmen der allgemeinen Finanz- verwaltung eingestellt ist, wird ein besonderer Gesetzentwurf vor- gelegt werden.

Der Etat {ließt hiernah in Einnahme und Ausgabe im Ganzen auf 912341284 M ab, mithin gegen das laufende Jahr mehr 113 140704 6 Dieses Mehr hat vorzugsweise in dem Erwerb der verstaatlichten Privatbahnen scinen Anlaß und beruht insbesondere darauf, daß in dem vorigen Etat nur die Betriebsüberschüsse dieser Bahnen vorgesehen waren, während in dem vorliezenden Etat die Brutto-Einnahmen und Brutto-Ausgaben eingestellt worden sind.

Im Einzelnen ist bezüglich der Staats-Cinnahmen hervorzuheben, daß der Uekerschuß ver sog. Betriebsverwaltungen fich gegen den laufenden Etat auf ein Mehr von 8288 016 A stellt, Diese Summe würde sich aber um 14 Millionen, also auf 22 288016 M, erhöhen, wenn nicht bei den Erträgen der direkten Steuern in Folge des vor- geschlagenen Erlasses ein eutsprechender Ausfall in Abzug zu bringen gewesen wäre. Von dem Mehr-Uebershuß erscheinen insbesondere bei der Eisenbahnverwaltung 16 150952 6, bei der Bergs-, Hütten- und Salinenverwaltung 4323 604 #6, bei der Forstverwaltung 358 670 M, bei den direkten Steuern wenn der theilweise Erlaß derselben außer Ansatz bleibt -— 1912 659 # und bet den indirekten Steuern 515 200 # Dieser leßtere Mehr-Ueberschuß ist vorzugs- weise durch Mehreinnahmen bei den Reichssteuern und bei den Ge- rihtslosten veranlaßt worden, während der Ertrag der Stempel- steuer um weitere 14 Mill. Mark zurückgegangen ist. Der Mehr- einnahme an Gerichtskosten teht übrigens eine erhebliche Mehrausgabe aus Anlaß der nothwendigen Verstärkung des Beamtenpersonals gegenüber. Ueber die Ergebnisse der Uebernahme der Gerichtskosten- erhebung Seitens der Verwaltung „der indirekten Steuern im Ein-

zelnen ist eine besondere Denkschrift autgearbeitet wo: den, welche dem Etat als Anlage beigefügt wird. : j

Minder-Uebershüsse gegen den laufenden Etat weisen auf die Domänenverwaltung, die Lotterie, die Münzverwaltung, der Erlös aus Ablösung von Domänengefällen und dem Verkauf von Domänen- und Forstgrundftücken, zusammen 973 060

Was die übrigen Verwaltungen betrifft, so sind auf das Gesammt- ergebniß des Etats von wesentlihem Einfluß nur noch zwei Posi- tionen bei der allgemeinen Finanzverwaltung, nämlich die bereits oben erwähnte Mehr-Einnahme aus den Erträgen der Zölle und der Tabaks\teuer von 9648420 A und eine Mehr-Einnahme von 2195 800 M4 aus den Einnahmen des vormaligen Staats\chatzes.

Bei den Staatsausgaben is der Matrikularbeitrag in gleicher Höbe, wie er durch den Reicshaushalts-Etat pro 1880/81 normirt worden war, angeseßt. Es ergiebt dics gegen den laufenden Staats- haut halts-Etat eine Ersparniß von 4833 521 # Beim Hinter- legungßfonds ist eine Minderausgabe von 25 973 500 A zu verzeichnen, der aber eine Mindereinnahme von 25 911 930 A gegenübersteht. Bei der öffentlihen Schuld tritt eine Mehrausgabe von 14 490 000 4 hervor. Von dieser Summe entfallen jedoch 12 376 600 4 auf Zin- sen für Gisenbahnshulden, die nach dem zur Vorlage gelangenden Gesetz über die Verwendung der Jahreëüberschüfsse der Eisenbahn- Verwaltung dur entsprehende Mehrerträge der leßtern gedeckt wer- den müssen und nach dem vorliegenden Voranschlage auch thatsächlich gedeckt werden. :

Bei den Staatsverwaltungs-Autgaben kommt vorzugsweise der Etat des Finanz-Ministeriums in Betracht. Durch das Anwachsen der mit der Verwaltung des Hinterlegungsfonds verbundenen Ge- \häfte ist die Errichtung einer erheblihen Anzahl neuer Bureau- und Kassenbeamtenstellen erforderlich geworden. Ferner ist der Fonds zu Diäten und Reisekosten bei den Ober-Präsidien und Re- gierungen, der bisher unzulänglich war und in jedem Jahr sehr er- heblich überschritten worden ift, angemessen verstärkt und endlich ein Betrag von 400 900 # zum Ansaß gebracht, um die für die Zurdispo- fitionsfstellung von Beamten auf Grund der S8. 83 ff. des Gesetzes vom 26. Juli 1880 erforderlichen Mittel bereit stellen zu können, Der im S. 83 vorgesehene besondere Etat für diese Beamte [wird nach- träglich vorgelegt werden, Im Ganzen beiragen diese Mehr- ausgaben 832284 Bei der Justizverwaltung T eine Mehrausauëgabe von 206000 ÆA in den Etat eingestellt. Hierbei iff zu bemerken, daß die dauernden Bedürfnisse dieses Ressorts, wie sie sih in Folge der Gerichtsorganisation gestal- ten werden, noch immer nit mit Sicherheit zu übersehen sind, da der mit Ausführung der Organisation verbundene Uebergangszustand einstweilen noch andauert. Jn der Verwaltung des Innern hat die nothwendige Verstärkung des Polizeipersonals in Berlin und der Landgensd'armerie, sowie die nicht zu umgehende Befriedizung verschic- dener Bedürfnisse der Strafanstalts - Verwaltung zu “einem Mehr- Erforderniß von 253412 Æ geführt. Bei dem Minifterium der geistlichen 2c. Angelegenheiten sind, insbesondere für die Universitäten, das Elementar - Unterrichtswesen und den technischen Unterricht 374 224 6. reu bewilligt, denen Minder-Ausgaben von 55964 M gegenüberstehen. Im Ganzen ist für die Dotationen, die allgemeine Finanzverwaltung und die Staatsverwaltungen eine dauernde Minder- Ausgabe von 14453 506 4, welcher eine Minder-Einnahme von 14 825 454 M gegenübersteht, zum Ansa gekommen. :

Der Betrag des Extraordinariums von 39 557 718 M übersteigt ungeacbtet der strengen Sparsamkeit, die bei Prüfung der bezüglichen Bedürfnisse maßgebend gewesen ist, denjenigen des laufenden Eta!s- jahres um 796 068 4. Die in Ansaß gebrahte Summe gestattet die planmäßige Weiterführung der in Angriff genommenen Staats- bauten, insbesondere auch die im allgemeinen wirthschaftlichen Inter- esse als vorzugsweise dringend anzusehende kräftige Förderung der Arbeiten zur Regulirung der bedeutenderen Ströme des Landes. Für leßteren Zweck find im Ganzen 7890 400 #, mithin gegen den laufenden Etat mehr 2057 4090 Æ. eingestellt worden. Die im Exträordinarium “für “die Eisenbahnverwaltang ausgeworfenen 9 522 450 H. werden nah dem in Aussicht genommenen Gese über die Verwentung der Eisenbahnübershüsse demnächst der Cisenbahn- fFapitalschuld zuzuschreiben und aus den Erträgen der Eiseabahn- verwaltung zu verzinsen sein.

Ein dem Hause der Abgeordneten vorgelegter Entwurf eines Gesetzes, betr. die Abänderung von Bestimmungen der Provinzial-Drdnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen, vom

29, Juni 1875, und die Ergänzung derselben lautet: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Mo-

narchie, was folgt: Artikel I.

Die 88. 38, 112, 118 und 121 der Provinzialordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sacbsen, vom 29. Juni 1875 (Geset-Samml. S, 335) werden durch nachstehende, den bisherigen Zifferzahlen entsprehende Bestimmungen erseßt.

8 38

IV. Der Provinzial-Landtag beschlicßt übcr die Veräußerung von Grundstücken und Immobiliarrehten. Durch Provinzialstatut kann dem Provinzialaus\husse für cinzelne Verwaltungszweige und Anstalt-n die Befugniß zur Veräußerung von Grundstücken minderen Werthes beigelegt M, i

Q 112,

Reklamationen der Kreise gegen die Vertheilung der Provinzial- abgaben unterliegen der Beschlußfassung des Provinzialaus\chusses.

Die Reklamationen sind innerhalb einer Frist von 4 Wochen nah erfolgter Bekanntmachung der Ubgabenbeträge bei dem Provin- zialausschusse anzubringen. e

Gegen den Beschluß des Provinzialausfchusses findet innerhalb zwei Wocen die Klage bei dem Bezirks - Verwaltungsgerichte statt. Hierbei finden die Vorschriften des §. 146 des Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungtgerichte Anwendung.

S 18

Beschlüsse des Provinzial-Landtages, des Provinzialaus\{chusses oder einer Provinzialkommission, welche deren Befugnisse überscbreiten oder die Gesetze verlezen, hat der Ober-Präsident, entstehenden Falles auf Anweisung des Minifters des Innern, mit aufschiebender Wir- kung zu beanstanden.

Gegen die Verfügung des Ober-Präsidenten steht dem Provinzial- Landtage, dem Provinzialaus\husse, beziehungéweise der Provinzial- kommission innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober-Verwal- tungs8gerihte zu. Dieselben können zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Verwaltungsstreitverfahren einen besonderen Vertreter bestellen.

D, 101

Unterläßt oder verweigert ein Provinzialverband die ihm geschizlih obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständig- keit festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, so verfügt der Ober-Präsident die Eintragung in den Etat, beziehungsweise die Feststellung der außer- ordentlichen Aut gaben.

Gegen die Verfügung des Ober-Präsidenten steht dem Provin- zialverbande innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oberoerwal- tungsgericbte zu. Zur Anuéführung der Rechte des Provinzialverban- des kann der Provinzial-Landtag einen besonderen Vertreter bestellen,

Artikel TI.

In der Ueberschrift und in der Einleitung der Provinzial- ordnung sind die Worte „Provinzen Preußen“ dur „Provinzen Oft- und Westpreußen“ und in dem §. 98 Ziffer 5 die Worte „Verwal- tungsgeriht“ und „Verwaltungsgerichte" durch „Bezirksverwaltungs- gericht“ beziehungsweise „Bezirksverwaltungscrihte* zu ersetzen.

In den Fällen der 88. 23, 24, 98 Nr. 4, und 114 Absay 2 beträgt die Frist zur Erhebung des Einspruches, beziehungsweise der

Klaae und der Beschwerde forian zwei Wochen, in den Fällen des S. 13 die Frist zur Anbringung der Anträge fortan vier Wocben.

Der fünfte Abschnitt des zweiten Titels (§8. 62 bis 86), sowie

die §8. 2 Absatz 2, 126 und 127 kommen in Wegfall. Artikel III. |

Dieses Gesetz tritt am 1. April 1881 in Kraft.

Der Minister des Junern wird ermächtigt, den Text der Pro- vinzialordnung vom 29. Juni 1875, wie er sih aus den in den Artikeln I. und Il. festgestellte Aenderungen ergiebt, durch die Geseßz-Sammlung bekannt zu machen.

Urkundlich 2c.

Begründung.

Die dem Landtage der Monarchie vorgelegten Entwürfe eines Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte, und einer Novelle zur Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 vermeiden es grundfäßlih, den Verwaltungs8behörden im Verwaltungsstreitverfahren die Parteirolle des Klägers zuzuweisen, indem sie davon ausgehen, daß; einem Streit zwischen Ein:elnen und einer Verwaltungsbehörde stets eine Anordnung oder ein Beschluß der leßteren voraufzugehen habe, gegen welche klagbar zu werden dem Einzelren, der sih dadurch in seinen Recbten verletzt fühlt, überlassen bleibt. Dieser Grundsatz, dessen innere Berechbtigung in der Begrün- dung zu dem Zuständigkeitsgeseßzentwurfe unter V1. näher nachgewiesen wird, ist insbesondere befolgt worden bei den Vorschlägen jenes Ent- wurfes für die Fälle einer Beanstandung gesetwidriger Beschlüsse der ftädtishen oder ländlihen Kommunaloraane und für die Fälle der sogenannten Zwangsetatisirung gegen Stadt- oder Landzemeinden, welche die ihnen geseßlich obliegenden öffentlichen Leistungen verwei- gern (S8. 7, 21, bezw. 11, 27 a. a. O.), Der Grundsaß ist ferner zur Geltung gebracht in der Novelle zur Kreisordnung in Betreff der Beanstandung geseßwidriger Beschlüsse der Amts- oder Kreisorgane (SS. 54a, 178), sowie für die Fälle einer Verweigerung geseßlich obliegender Leistungen Seitens der Amtsverbände oder der Kreise (S8. 72, 180).

Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt zunächst den Zweck, den erwähnten Grundsaß auch in der Provinzialordnung zur Geltung zu bringen. Die Herstellung einheitliher Grundsäße in den organis zusammenhängenden Gesetzen erscheint an sich geboten und wird si auc für die Provinzialordnung um so weniger umgehen lassen, als gleicbzeitig durch besondere Geseßentwürfe die Einführung der leßteren in mehreren Provinzen, in welchen sie bisher nicht Geltung hatte, in Aussiht genommen ist, Der Entwurf bringt des-

halb im Artikel I.

für die §§. 118 und 121 der Prooinzialordnung, welche die Bean- standung geseßwidriger Beschlüsse der Organe der Provinzialverbände, beziehungsweise die Fälle der Verweigerung geseßlih obliegender Leistungen Seitens eines Provinzialverbandes betreffen, eine Fassung in Vorschlag, welche derjenigen der erwähnten analogen Bestimmun- gen des Zuständigkeitsgeseßentwurfs und der Kreisordnungsnovelle entspricht.

Außerdem wird eine zusäßlihe Bestimmung zum §. 38 der Pro- vinzialordnung in Vorschlag gebracht. Nach §. 38 ist zur Veräuße- rung von Grundstücken und Immobiliarrehßten cin Beschluß des Provinzial-Landtags erforderlich. Diese Vorschrift ist mehrfach als ein Hemmniß empfunden worden, wenn es darauf ankam, in einzel- nen Zweigen der Verwaltung, insbesondere bei der Verwaltung der Chausseen oder einzelne mit Grundbesiß verbundener Provinzial- anstalten, eine oder die andere Parzelle zum Vorthzile der Provinz schnell zu veräußern. Um in dieser Richtung eine Erleichterung zu \cchaffen, wird es sih empfehlen, nah dem Vorgange ähnlicher Be- stimmungen der Provinzialordnung, z. B. des §. 91 Absatz 2, die statutarishe Uebertragung der Befugniß zur Veräußerung von Grundstücken minderen Werthes an den Provinzialausshuß für zu- lässig zu erklären.

Gndlich erscheint es erforderlih, im 8. 112 den in der Begrün- dung des Gesetßentwurfes über die Zuständigkeit der Verwaltungs- behörden und der Verwaltungsgerichhte unter IV. D. entwickelten Grundsaß der Auss{ließlihkeit des Verwaltungsrehtsweges in Streitsachen über kommunale Abgaben dur Hinweis auf den bezüg- lichen §. 146 des Zuständigkeitsgeseßes auh für die Provinzial- abgaben zur Geltung zu bringen, wobei zugleich die Fristen für An- bringung von Reklamationen und Klagen mit den in den übrigen gleichzeitig vorgelegten Geseßentwürfen befolgten Grundsäßen in Uebereinstimmung zu bringen sein werden.

Artikel II. bezweckt, außer einer im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Thei- [lung der Provinz Preußen erforderlihen Berichtigung der Ueberschrift und der Einleitung der Provinzialordnung, \o- wie einer der Bestimmung im §. 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 0. Ult LSTO - F , Ä Q

5. August 1880 entsprehenden Fassungsänderung im 8, 9 Ziffer 5, die in der Provinzialordnung vorgesehenen Fristen für die Echebung von Einsprüchen, Beschwerden und Anträgen (88. 13, 23 und 114 Absatz 2) dem in dem Gesetze über die Organisation der all- gemeinen Landesverwaltung vom 26. Juli 1880 und in den oben er- wähnten Geseßentwürfen befolgten System anzuschließen. Hinsichtlich der Fristen für die Anbringung der Klage im Verwaltungsftreitver- fahren (88. 24, 98 Nr. 4) ift dieser Anschluß bereits dur die Vor- schriften des §. 42 des erwähnten Organisations8geseßes bewirkt. Es empfiehlt sih jedoch mit Rücksicht auf den redaktionellen Zweck, den der vorliegende Entwurf nah Artikel 111. verfolgt, auch diese Fälle hier mitaufzuführen, was um so unbedenklicher erscheint, als dieser Entwurf gleiczeitig mit dem Organisationsgeseße in Kraft treten soll (Artikel 111, Absaß 1). Die Fristen im §. 112 find bereits bei der im Artikel I. vorgeshlagenen anderweiten Fassung berücksichtigt.

Der fünfte Abschnitt des zweiten Titels, sowie die §8. 2 Absatz 2 und 126 der Provinzialordnung sind durch §. 91 Absay 1 des Oc- ganisationsgeseßes ausdrüctlih aufgehoben, der §. 127, dessen zweiter Say bereits durch die allgemeinen Vorschriften des §. 2 des Zu- ständigkeitsgesezes vom 26. Juli 1876 gedeckt war, wird im Hinblick auf die Vorschriften des §. 43 des Organisationsgeseßes in Wegfall zu bringen sein.

Wenn im

Artikel III.

vorgeschlagen wird, den Minister des Jnnern zu ermähtigen, einen gemäß den in Artikel I. und II, vorgeshlagenen Aenderungen be- richtigten Abdruck der Provinzialordnung in der Geseßsammlung zu veranlassen, so wird sich dics um so mehr empfehlen, als die Ein- führung der Provinzialordnung in mehreren Provinzen, in welchen sie bisher nicht galt, beabsichtigt ist.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesunck- heits-Amtes sind in der 43. Jahreswoche von je 1000 B o wohnern, auf den Jahresdurcschnitt berechnet, als gestorben ge- meldet: in Berlin 26,4, in Breslau 23,4, in Königsberg 25,0, in Cöln 31,6, in Frankfurt a. M. 17,6, in Hannover 23,5, in Cassel 19,6, in Magdeburg 20,6, ia Stettin 21,8, in Altona 22,1, in Straßburg —, in Mey 17,4, in Mürchen 25,6, in Nürnberg 21,0, in Augsburg 18,7, in Dresden 18,9, in Leipzig 17,6, in Stuttgart 19,5, in Braunschweig 19,6, in Karlsruhe 17,7, in Hamburg 21,3, in Basel 20,4, in Wien 21,2, in Budapest 30,7, in Prag 33,9, in Triest —, in Krakau 26,1, in Brüssel 24,5, tin Paris 22,7, in Amster- dam 19,0, in Kopenhagen 30,1, in Stockholm 31,3, in Christiania 25,4, in St. Petersburg 33,1, in Warschau 30,1, in Odessa 32,2, in Bukarest 23,7, in Rom 32,7, in Turin 20,3, in Madrid 34,9, in Lon- don 21,6, in Liverpool 30,2 in Glasgow 20,0, in Edinburgh 16,1, in Dublin 82,7, in Alexandrien (Egypten) —. Ferner aus frühe-

ren Wocben: in New-York 24,7, in Philadelphia 16,7, in Chicago 20,7, in St. Louis 21 9, in Cincinnati 15,1, in San Francisko 16,7, in Calcutta 22,4, in Bombay 31,7, in Madras 33,7.

Beim Beginn der Berichtswocbe waren an den deutshen Beob- achtungsftationen südliche (südöstlihe und südwestlicbe) Luftströmun- gen vorherrs{chend, die am 19. an den meisten Stationen nach West und Nordwest umliefen und unter allgemeiner Abnahme des Luft- druckes in Oft-, Nord- und Mitteldeutshland am 21. zu heftigen Nordwestftürmen ausart-ten, während in Breslau West, in _Karls- ruhe Südwest wehte. Jn den leßten Tagen der Woche ging der Wind fast allgemein nah Ost- und Nordoft, an den süddeutshen am 23. nach Südwest. Die Luftwärme nahm im Laufe der Woche an den meisten Stationen ab und sank in Bremen bis unter —49C,, nur an den süddeutshen Beobachtungsstationen ftieg die Luftwärme zu Ende der Woche und überstieg bei geringer Zunahme des Luftdrucks das Durchschnittéemaß. An den meisten Stationen erfolaten während der Woche häufige, zum großen Theil auch \chneeförmige Niederschläge.

Die Sierblichkeitsverhältnisse der meisten größeren Städte Europas, namentlich der deutschen, blieben aub in der Berichtswoche günstige. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte blieb fast die gleiche wie in der vorhergegangenen Woche 23,0 (auf 1009 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Die Theilnahme des Säuglinzealters an der Sterblichkeit nahm noch weiter ab, so daß von 10 000 Lebenden aufs Jahr berechnet nur 79 Kinder unter 1 Jahr ftarben, gegen 83 der Vorwoche (in Berlin 83 gegen 84).

Unter den Todesursachen herrshen Scharlachfieber und diphthe- rishe Affektionen immer noch in vielen Städten, wenn sich im Allge- meinen ein geringer Nacblaß dieser Krankheiten zeigt. Besonders häufig treten Scharlachfieber in den arößeren Städten des Nieder- rheins, Cöln, Düsseldorf, Elberfeld, Coblenz, Bonn u. A., sowie in Berlin, Prag, Beuthen, Stargard, Stockholm auf. Diphtherie ge- wann in Berlin, Dresden, Breélau, Danzig, München, Efsen, Cöln, Wien u. a. O. größere Ausdehnung und forderte zahlreihe Opfer. Masern waren im Allgemeinen seltener und nur in Bremen häufiger. Todesfälle an Unterleibstyphus waren in Berlin, War- \chau erheblid vermehrt, auch in Breslau, Wien, Pest und Paris nimmt die Zahl derselben nicht ab. Flecktyphen kamen außer in in St. Petersburg nur aus spanishen Städten zur Meldung, namentlich herrscht diese Typhusform in Madrid. OHDarmkatarrhe der Kinder treten nur noch in wenigen Städten in außergewöhnlicher Zahl auf, in den meisten entsprechen sie dem normalen Vorkommen dieser Krankheitsgruppen. Die Pocken bherrshen in Wien, Pest, Paris noch immer in ziemlicher Ausdehnung, wenn auch die Zahl der Erkrankungen und Todesfälie an ihnen in Paris etwas abgenommen hat. Jn Prag, St Vetersburg, Warschau, London, Bukarest und Venedig zeigten sie sich in be- \hränkter Zahl, aus Königsberg und Magdeburg kam nur 1 Todes- fall daran zur Meldung. In Rom und Madrid waren um die Mitte August resp. Anfang September Pocken häufig.

Das neueste der vom Kaiserlichen statiftishen Amte heraus- gegebenen Monatshefte enthält die Statistik der Produktion und des Ab- saßes der deutshen Salzwerke, der Einfuhr von Salz aus dem Zollauslande, des Verbrauchs von einheimishem und fremdem Salz innerhalb des Zollgebiets und der Besteuerung sowie der \teuer- freien Verwendung von Salz im Etatsjahre 1879/80, dargestellt in 9 detaillirten Uebersichten, deren Hauptergebnisse in einer Reihe von angeschlossenen Tabellen mit den Resultaten der 7 Vorjahre zu- sammengefstellt sind. Es ist hieraus zu entnehmen, da® im gedachten Etatsjahre überhaupt 79 Salzproduktionsstätten im Betriebe waren, und zwar 9 Werke mit bergmännishem Betrieh (7 in Staats- und 2 in Privatbesiß), 60 Salinen mit Siedesalzgewinnung (21 Staats- und 39 Privatsalinen) und 10 chemische Fabriken, welhe Kochjalz als Nebenprodukt erzeugten. Die Produktion an Sire desalz betrug 1879/80 4 342 039 Doppelcentner und übersteigt wesentlich die Produktion der 7 Vorjahre, auch die Dur{schnittsproduktion der leßten 8 Jahre um ca. 130000 Doppelcentner. An Krystallsalz wurden 559 074 und an anderem Steinsalz 2 344 15% Doppelcentner gefördert, ebenfalls je bedeutend mehr als im Dur{hschnitt der letzten 8 Jahre. Der Absay der deutshen Salzwerke an festen Salz- produkten betrug gegen 7 Millionen Doppelcentner, von denen etwa 5,4 Millionen im Inlande abgeseßt und 1,6 Millionen in das Ausland ausgeführt wurden; auch diese Mengen sind erheblich größer, als die betreffenden auf die 7 Vorjahre entfallenden. Aus dem Auslande eingeführt wurden 387 788 Doppelcentner, also verhältnißmäßig eine geringe Menge fremden Salzez, Die der Reichskasse zugeflo}ssenen Salzabgaben (Zoll für fremdes und Steuer für einheimishes Salz) betrugen zusammen ungefähr 40,5 Millionen Mark; an abgabefreiem Salz wurden zu landwirthschaftlihen und tehnishen Zwecken verwendet zusammen 2 477 801 Doppelcentner. Der Verbrauch an Speisesalz innerhalb des Zollgebiets betrug 3 299 309 Doppelcentner oder 7,6 kg auf den Kopf der Bevölkerung.

Kunst, Wissenschaft und Literatuxe.

Am 29, Dktober ist zu Wien der als Maler und Illustrator bekannte Professor Johann Nepomuk Geiger im 75. Lebensjahre gestorben.

Das Leben des Staatsraths Kunth. Von Friedri und Paul Goldschmidt. Mit dem Bildniß Kunths. Berlin, 1881. Verlag von Julius Springer. Gottlob Johann Christian Kunth, geboren d. 12. Juni 1757 zu Baruth, gestorben d. 22. November 1829 zu Berlin, der Erzieher der Brüder Alexander und Wilhelm von Hum- boldt, der Freund und Genosse des Freiherrn von Stein, der eifrige, Für- \precher der seiner Zeit allerdings opportunen Gewerbe- und Handels- freiheit und der verdienstvolle Förderer des gewerblichen Bildungs- wesens, ist hier zum ersten Male der Gegenstand einer avsfübrlichen Biographie. Den Verfassern stand zur Abfafsung derselben nit nur cine handschriftlihe Selbstbiographie Kunths zu Gebote, die in ihrem Besitze befindlich ist, sondern sie waren auch in der Lage, die Kor- respondenz mit dem Freiherrn von Stein und Wilhelm von Hum- boldt und die Akten der Behörden dafür zu benutzen, denen Kunth von 1789 bis 1829 angehört hat. Infolgedessen gewährt ihre Darstellung nit nur ein interessantes Lebenébild, sondern zugleich mannigface Aufschlüsse über die wirthschaftlihen Zustände in Preu- fen vor dem Jahre 1806, vor und nach dem Befreiungskriege, namentlih zur Zeit des Erlasses der Zollordnung von 1808. Die in einem Anhange ausführlih mitgetheilten Berichte aus den Akten des Archivs des Handelsministeriums, Voten, Korrespondenzen, na- mentlih mit Stein, bieten die Unterlage zu einer gründlichen Kennt- niß der Ansichten Kunths, indessen, so nahe dies liegt, wäre es ver- fehlt, daraus eine Nutanwendung auf unsere heuiigen volkswirth- schaftlichen Tagesfragen ziehen zu wollen, da die Lage der Verhält- nisse, wie sih dem aufmerksam Prüfenden von selb\t ergeben wird, damals eine dur#aus andere war. Kunths Grabmal im Parke zu Tegel ist übrigens allen Berlinern bekannt. Freilid muß die Inschrift: „Grata quiescentem cultorem arbusta loqguuntur“ den Un- eingeweihten zu der Unsicht verleiten, daß er vor dem Grabe eines Gärtners stehe, jedoch mag Kunth mit dieser selbstgewählten Grab- {rift wohl niht nur auf seine Bemühungen um die Parkanlage, fondern auch auf seine Verdienste als Erzi:her der Brüder Humboldt haben binweisen wollen.

Das Novemberheft der Deutschen Run ds\chau (Berlin Gebrüder Paetel) beginnt mit einer Novelle von Atolf Wilbrandt: „Der Gast vom Aberdstern“, welche eine jener feinen, aber über- reizten Frauennaturen darstellt, deren Schicksal sih auf der Grenze vollzieht, wo das Psychologishe von dem Pathologischen kaum noch zu unterscheiden ist, Die magishe Wirkung -geht hier von einem Manne aus, der, in ein märcenhaftes Dämmerlicht gekleidet, unter den übrigen Menschen der Novelle voll Leben und Wirklichkeit einherwandelt wie eine s{hattenhafte Unwirklihkeit. Ein groß ange- legtes, aber düster gestimmtes Gemälde, mit dem Hintergrunde des nordishen Meeres, welches durch alle Stadien, vom fonnigften, seligsten Frieden bis zum wilden Herbststurme den Gang der Handlung begleitet und in die Katastrophe mächtig eingreift, Einen Gegensatz