1848 / 22 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Staats und Münz-Verbrechen bezeichne, oder daß irgend eine andere

bestimmte Bezeichnung gegeben werde, woraus deutlih zu erkennen, |

was ein Verbrechen gegen den Staat sei.

Abgeordn. Sperling: Für den Grundsaß, daß die Ver- brechen, die im Auslande begangen werden, nur nah den Gesetzen des Ortes der That beurtheilt werden, spricht außer seiner inneren

Natur gerade der Umstand, daß dieser Grundsaß \{on von dem Allg. |

Landrechte anerfannt und über 50 Jahre in Anwendung gewesen ist, ohne daß für die Justiz daraus Verlegenheiten und Schwierigkeiten hervorgegangen sind. Der Einwand, daß es im Auslande Strafen geben fönne, die bei uns nit in Ausführung kommen können, läßt sich dur die Gesetzgebung beseitigen, und es darf deshalb ein Haupt- Grundsaß des Rechts nicht aufgegeben werden. Außerdem erlaube ih mir, die hohe Versammlung darauf aufmerksam zu machen, daß um §. 2 nur eines Falles gedacht is, der fast niemals vorkommen wird, da alle in völkerrechtlihen Beziehungen stehende Staaten auf dem Standpunkte der Gesittung und des Rechts stehen, daß wohl angenomnien werden fann, daß diejenige Handlung, welche ein Staat für ein Verbrechen ansieht, auch von dem anderen ebenfalls dafür anerkannt werden wird. Der einzige Unterschied zwischen den einzelnen Geseßgebungen wird hauptsächlich darin bestehen, daß die Strafen verschieden bestimmt worden. Es würde also durch unveränderte Annahme des §. 2 gerade über die größere Zahl von Fällen, die zur Cognition gelangen, hinweggegan= gen und die allgemeinen Prinzipien des Rechts verleßt werden.

Justiz-Minister Uhden: Es muß als richtig zugegeben werden, daß, wenn man den Grundsaß der Territorialität streng festbält, dann stets die mildere Geseßgebung als solhe in Anwendung kommen mußte. Der Grundsaß is in der Bestimmung anerkannt, daß, wenn eine Handlung nach der auswärtigen Gescßgebung nicht strafbar ist, dann in der Regel keine Strafe eintreten soll. Die Regierung hat das sehr wohl gefühlt und hat sich zu dem Vorschlage nur aus der Rücksicht entschlossen, weil es Fälle giebt, wo eine Gleichstellung der verschiedenen Strafen nicht ausführbar is, wie dergleichen wirkli in der Praxis vorgekommen sind. Außerdem läßt sich aber auch das Strafmaß niht immer mit Sicherheit ermitteln. Ich will nur auf die Schwierigkeit aufmerksam machen, da, wo die Carolina noch Ge-« seßesfraft hat. Diese hat die härtesten Strafen ; sie droht mit Feuer= tod, Säcken und dergl. Die Wissenschaft und die Praxis haben diese harten Strafen gemldert, aber das Maß dieser Milderung läßt sich nit so genau bestimmen, da Praxis und Rechtslehrer in dieser Be- ziehung niht immer tim Einklang sind. Hierzu kommt ein anderer Grundsaß, daß das Gouvernement dem Richter nicht die Verpflichtung auferlegen will, nah ausländischen Geseben zu entscheiden, vielmehr hat er nur nach den heimischen zu urtheilen, wie dies auch in ande= ren Staaten der Fall ist. Es is ferner gesagt worden, im Civil- rechte müßten sih die Richter doch um die fremden Geseße kümmern. Das ist ¡1 einer Beziehung richtig und hängt mit dem Rechtsgrund- saße zusammen, nämli locus regit actum, Aber das Gesetz zwingt den Richter nicht, das ausländische Geseh zu kennen, sondern es muß von der betreffenden Partei der Beweis über die Existenz und Rechts= gültigkeit der behaupteten geseblihen Bestimmung beigebracht wer- den. Es ist sodann von der Abtheilung in Antrag gebracht, die Be- stimmung forizulassen, wonach auch auf die in der Absicht, das preu- ßishe Geseß zu umgehen, im Auslande vorgenommene Handlung das preußische Strafgeseß angewendet werden soll. Jh will mir für jetzt nur die Bemerkung erlauben, daß diese Bestimmung keine unpraktische ist, da Fâlle der Art nicht zu den seltenen gehören, sondern sowohl in der Rhein = Provinz, wie in den alten Provinzen vorgekom=- men sind,

Abgeordn. Freiherr von Wolff-Metternih: Obwohl es im Allgemeinen nicht ohne Bedenken erscheint, von dem Grundsaße locus regit actum, wie solhes auch der Abgeordnete für Königsberg be- merft hat, abzugehen und von dem Prinzipe der Territorialität eine Ausnahme zu gestatten, so scheint mir doch die Ausnahme, die in dem Entwurfe von dem Prinzipe der Territorialität gemacht worden ist, wohl gerechtfertigt. Man könnte allerdings sagen, wenn das. im Auslande begangene Verbrehen nach dessen Strafgeseßen straflos oder minder strafbar ist, so könne des Verbrechers zufällige Rückehr ins Juland kein höheres Strafmaß begründen, man könnte sagen, die dafür geltend gemachten Gegengründe seien nicht haltbar, man könnte meinen, es habe bie Rechtsauffindung keine große Schwierig- eit, weil mit wenigen Ausnahmen im Auslande do überall Rechts- bücher existiren, und das maßgebende Recht selbst da dur Korrespon- denz leiht zu ermitteln möglich sei, wo nah Novellen, nah der Praxis und Rechtscoutumen im Auslande gesprochen werde. Allein es muß nicht außer Erwägung bleiben, daß eine solche Korrespondenz für das Strafverfahren, welches wir in Aussicht haben, seine großen Schwierigkeiten yat, indem bei dem öffentlichen und mündlichen Ver- fahren das Urtel sogleich gefunden werden muß, und also eine Korrespondenz nicht füglich mit dem Auslande erst stattfinden kann. Schon aus diesem Grunde und nah dem, wgs vom Ministertische da- für geltend gemacht ist, halte ih die Ausnahme von dem Prinzipe der Territorialität, wie der §. 2 solche enthält, für vollfommen ge- rechtfertigt. Wenu aber nah dem Gutachten des vorberathenden Ausschusses noch darüber hinausgegangen und auch Handlungen, ge- gen einen preußischen Unterthan verübt, zur Ahndung sollen gezozen werden, so scheint mir dies doch in feiner Weise gerechtfertigt. Jn der Fassung des Entwurfes kann ih nur eine gerechte Würdigung und Berücksichtigung der internationalen Verhältnisse erkennen, deun {were Verbrechen, wodur Private verleßt werden, finden überall in den Rechtsbüchern, welche doch allen civilifirten Völkern nicht feh- len fönnen, ihre Strafen, wogegen guf geringfügige Vergehen und bei unbedeutenden Verleßungen ein Strafverfahren eintreten zu lassen zu weit führen würde und der Würde der preußischen Geseßgebung niht zu entsprechen schein. Jch werde deshalh für unveräuderte Beibehaltung des Paragraphen mich erklären.

Abgeordn. von Uechtriß: Jh will mir nur zwei kurze Bes merkungen erlauben, bezüglih der Bestimmung des Entwurfs: „Eben so sind die preußischen Strafgesebe anzuwenden auf die im Auslande von preußischen Unterthanen begangenen Verbrechen.“ Jh glaube mih ganz dem Gutachten der Abtheilung einestheils aus den von ihr angeführten Gründen, anderentheils aus den vollkommen überzeu=« genden Gründen des Herrn Kommissars anschließen zu müssen. Es ist aber für die A runs der Vorschläge des Entwurfes besonders die Ansicht geltend gemaht worden, das Prinzip der Milde erfordere, die Modificationen eintreten zu lassen , welhe das Allgemeine Land- recht in dieser Beziehung enthält. Jh glaube aber, daß dieses Prinzip für jedes Untersuchungs - Verfahreu die größtmöglichste Beschleunigung erfordert, und idloka wie ich aus den angeführten Gründen entnommen habe, daß nah den Prinzipien des Landrechts das Untersuchungs - Verfahren ungeheuer ansgedeht werden könne, dürfte sih das Prinzip der Milde in das entgegengeseßte verwandeln und die praftishe Schwierigkeit sicch ungemein vergrößern. Jn aaderer Beziehung erlaube ih mir der Ansicht beizutreten, welhe das gechrte Mitglied hier geäußert hat, Weun ih mihch auf dem volks- thümlichen Standpunkt stelle, o muß ih gestehen, daß ih die Be-

stimmung für zu allgemein halte, und daß es wünschenswerth er- scheint, sür diese Fassung eine andere zu finden,

Abgeordn. Graf vou Schwerin: Jch habe uur bemerken wollen, daß ih den Grundsaß, welcher in diesem Paragraphen liegt,

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{ für vollkommen gerechtfertigt halten muß, und zwar aus dem Ge-

sichtöspunkte, daß ih es für den größten Vorzug .des preußischen Un- terthanen halte, daß er überall, wo er ist, E preußischen Gesezen beurtheilt wird. Wenn mit dem Volksbewußtsein die Geseßgebung fortschreitet, und wir hoffen und erwarten dürfen, daß fernerhin nur Geseße gegeben werden, die berathen sind durh die Vertretung des Landes, jo können wir annehmen, daß für jeden preußischen Unter= than das preußische Strafgesetbuch dasjenige sein wird, was seinem Rechtsbewußtsein das adäquateste if, dann muß es für einen Vorzug erachtet werden, wenn er nah diesen Geseßen beurtheilt wird, überall, wo er sih befindet, uud ih glaube daher, gegen diesen Grundsatz dürfen wir um fo weniger etwas erinnern, als wir Alle nur wünschen müssen, daß auch die Strafgeseßgebung cinmal den Boden der Volfs- thümlichkeit verlasse. Was aber die Abänderung des Ausnahmefalles betrifft, welche die Abtheilung vorgeschlageu hat, \o muß ih bemer- fen, daß ih mi nit in der Majorität, sondern in der Minorität der Abtheilung befunden habe. Jh habe nicht für nothwendig ge- halten, diese Ausnahme, die ih an sich für gerechtfertigt erachte, wei= fer auszudehnen, als die Sicherheit des Staates unumgänglich erfor- dert. Gerade hier in einem Falle, wie in der zweiten Linie bemerkt worden ist, dürfte es nicht mit dem Rechtsbewußtsein adäquat sein,

einen preußischen Unterthan nach preußischen Geseßen zu bestrafen, und in dem Fall, wenn ein preußischer Unterthan sih lange im Auslande aufgehalten hat, wo eine Handlung straflos is , und er doch nach preußischem Geseß für diese Handlung bestraft werden soll. Es fommt gar nit darauf an, daß man auf die Motiven der That ein-= gehe, wie der Herr Korreferent gesagt hat, Der Fall liegt nicht vorz ih weiche von seiner Ansicht ab, daß man immer nur auf die äußere That und nicht auf die Motiven zu sehen habe. Es giebt mehrere Rehtêmomente, wo es nah dem Rechtsbewußtsein eine Un- gerechtigkeit sein würde, das Geseß im vollen Maße anzuwenden. O : ; : 2 Vas ist ein solcher Ausnahmefall, wie er hier gegeben is, und hier muß der Staat dem Rechtebewußtsein so weit nachgeben, wie er es ohne Gefährdung der Gerechtigkeit thun kann, Er darf nur dann strafen, wenn es seine eigene Sicherheit fordert, wenn es gegen den preußishen Staat is. Jh halte also den Grundsaß des §. 2 für vollkommen gerechtfertigt, ich bin gegen die Meinung der Majorität, der Abtheilung, bin aber mit der Bemerkung der geehrten Abgeordneten von der Rhein- Provinz und Schlesien einverstanden, daß es wün= s{enswerthsei, den Ausdru: „„SVegen den preußischen Staat““, zu präzisiren, in-dem man die einzelnen Verbrechen nennt. Abgeordn. Dittrich: Jm Juteresse der Beschleunigung spreche ih mich ebenfalls gegen die landrechtliche Vorschrift aus, eben so gegen den ersten Antrag, weil ih darin eine Schärfung gegen die Bestimmung des Entwurfs finde und nicht glaube, daß es zweckmäßig sei, wenn die erste Abänderung, welche die Versammlung gegen den Entwurf vornimmt, eine Schärfung sein sollte, denn nah dem Ent= wurfe soll im vorliegenden Falle Straflosigkeit eintreten, nah dem Antrage der Abtheilung aber der Thäter gestraft werden. Dagegen spreche ich mich für den zweiten Antrag der Abtheilung aus, weil erhebliche Verbrechen überall, also auch im Auslande gestraft werden, Abgeordn. vou Saucken-Tarputschen: Jch glaube, mich {hon früher, vor dem Abgeordneten der Rhein-Provinz, gemeldet zu haben. Jh glaubte auch, daß Se. Durchlaucht dex Herr Landtags= Marschall durch ein freundliches Zunicten solches anerfannt habe. Ih habe mich wohl in Beiden geirrt. Es is nun das, was ih sa- gen wollte, größtentheils durch den Abgeordneten aus der Rhein-Pro- vinz gesagt worden, und ih würde niht das Wort nehmen, wenn ich nicht vor der Abstimmung efwas auf eine Aeußerung des Herrn Ju- stiz-Ministers zu entgeguen hätte. Der Herr Justiz-Minister erklärte, es wären in anderen Staaten auch dergleichen geseßliche Bestinmun- gen vorhanden. Jch muß sagen, wenn quch noch so viele Staaten solhe Bestimmungen hätten, an deren Stelle wir bessere wünschen, so werden wir in Preußen hierin nie Anstand finden, eine Gelegenheit vorübergehen zu lassen, um das Bessere hinzustellen. Wenn andere Staaten etwas Mangelhaftes haben, so darf dies nicht für uns eine Veranlassung sein, dieses auch beizubehalten. Der Herr Mi- nister der Gescbgebung sagte, der Begriff vou Unrecht fände sich in allen Staaten, und in allen Staaten seien Verbrehen mit Strafe belegt, nur das Strafmaß sei ungleih. Sei es anders, so sei es ausnahmsweiser Natur. J vermag diese Behauptung nicht anzu= erfenneu. Nach meiner geringen Ansicht verhält es sih anders. Es giebt Verbrechen, die nah unserem Strafgeseßbuch außerordentlich strenge, die in anderen Staaten aber gar nicht oder nicht so strenge bestraft werden. Jch will nux anführen: Majestätsbeleidigung, Ta- del der Regierung, Nichtachtung fremder Herrscher und Staaten, Cenusur= Vergehen und andere mehr. Dies find in manchen Staaten gar keine Verbrechen. (Murren.)

Ich bitte, mich zu hören. Es giebt Staaten, wo auch derartiger

Tadel erlaubt ist. Bei uns aber werden {were Freiheitsstrafen auf

nah manchen Begriffen nicht so strafbare Handlungen geseßt. Jch muß also dabei verharreu, daß es Verbrechen giebt, die in anderen Staaten nicht so strafbar erscheinen, -als bei uns, ja, daß Verbrechen dort ganz straflos sind, die nach unseren Geseßen {weren Strafen unterworfen werden. .

JustizeMinister Uhden: Jh muß mir auf die Aeußerung des sehr geehrten Redners doch eine Berichtigung gestatten. Wenn ge- sagt worden ist, es würde bei uns jeder Tadel der Landesgeseße 2c. bestraft, so is das nicht richtig. Der betreffende Paragraph des Laudrechts verordnet : „Frecher, unehrerbietiger Tadel, um Mißver- gnügen zu veranlassen.“ Hierin liegt ein großer Unterschied. So viel mir bekannt is, wird auch nah fremden Gesetzen ein solches Be= nehmen bestraft. :

Abgeordn. von Byla: Der Abgeordnete der Stadt Köln hat den Antrag gestellt , die Bestimmung des §. 2: „Verhrechen gegen den preußischen Staat“, zu spezialisiren. So sehr ich auch die An- sicht im Allgemeinen theile, daß im Strafgeseßbuch jede strafbare Handlung so geuau als möglich bezeihnet werden müsse, so kann ich do in diesem Falle mi seinem Antrage nicht anschließen, und zwar deôwegen, weil ih cine Unmöglichkeit darin finde. Der beste Beweis dafür wird dadurch geliefert, daß, -nngeachtet ein Abgeordneter aus der Provinz Schlesien, so wie ein Abgeordneter von Pommern, sich dafür erklärt, fein genguer Antrag auf Abänderung gestellt worden ist. Jch glaube wenigstens, es wird sehr \{hwierig sein. Die Vers brechen gegen deu preußischen Staat sind übrigens im Geseß-Entwurfe genau angegeben, und ih glaube, daß man sich darauf allein be- \hränken muß.

Abgeordn. von Sauccken-Tarputshen: Jch habe vergessen, zu bemerken, daß bei uns „frecher““ Tadel vorausgeseßt wird. Der Begriff „frech“! is aber sehr vage, und die höheren Gerichtshöfe sind häufig selbst sehr verschiedener Änsiht. Was der eine frech gefun- den, hat der andere nicht dafür gehalten, Ein Gerichtshof hat für dasselbe Vergehen eiue sehr harte Strafe erkannt, während die, hö- here Justanz den Angeklagten völlig freigesprochen; und es hat sehr nahe gelegen, es hat oft nur von einer Stimme abgehangen, ob eine harte Freiheitsstrafe oder die völlige Freisprehung erfolgte.

i Justiz «Minister Uhden: Jch kann nur erwiedern, daß viel- leiht die Fassung des Gesches schlecht sein mag oder wenigstens

nicht präzise genug. Es. ist aber noch ein anderes Reguisit erfordere

lih, nämlich die Veranlassung von Unzufriedenheit und Mißvergnü= gen der Bürger gegen die Regierung. L Abgeordn. Graf von Schwerin: Es ist mir der Vorwurf gemacht worden, daß ih feinen bestimmten Vorschlag für Abäude- rung der Fassung gemacht habe. Jh wöre bereit, eine solche Fas sung zu beantragen, daß nämlich gesagt würde, statt Verbrechen ge= gen den preußischen Staat, „Hochverrath, Landesverrath und Maje- stätsbeleidigung.“ _ Referent Naumann: Jch fühle das Bedürfniß, die Au- sicht der Majorität der Abtheilung nvchmals zu vertheidigen. Der Geseß=- Eutwurf geht im ersten Paragraphen davon aus, daß der Grundsaß der Territorialität an die Spiße gestellt werde. Diesem Grundsabe entsprehend, kommt es darauf an, daß das Ret im ei genen Staate Geltung erhalte. Es wird daher jede Handlung eines preußischen Unterthanen im preußischen Staate nah preußischen Ge- seßen zu beurtheilen sein. Nach diesem Grundsaße würde eine Hand= lung eines preußischen Unterthanen, außerhalb des preußischen Stag- tes unternommen, niht nah preußishen Geseben zu beurtheilen fein. Soll dies geschehen, so muß ein besonderer Grund vorliegen, und dieser Grund kann nur darin gefunden werden, daß entweder der preußische Staat, dem der Unterthan zur Treue verpflichtet ist, oder ein preußisher Unterthan verleßt wird. Ist dem nicht so, if nicht einer von Beiden verleßt, so besteht kein Verbrechen, \o besteht fein Beleidigterz denn die preußischen Gesebße fönnen unmöglich alle Welt nah preußischen Grundsäßen und nach preußischen Strafgeseßen schüßen. Hat also der Staat kein besonderes Interesse, sich selbst oder seine Unterthanen zu hüten, \o, glaube ich, liegt für ihn keine Veranlassung vor, die Handlungen seiner Unterthanen im Auslande nach seinen Geseßzen zu beurtheilen. Deshalb sprach die Majoritä!

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der Abtheilung die Meinung aus, der Paragraph müsse modi werden.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Abtheilung hat das keinesweges beantragt, sie hat den Grundsatz, den der erste Saß des Paragraphen aufstellt, daß preußische Unterthanen überall nach vreu- ßischen Geseßen zu bestrafen, angenommen ; gegen diesen Grundsaß ist vou der Versammlung ebenfalls nichts erinnert, damit ist ae niht vereinbar, was das beantragte Amendement will, daß man das Geseß des Auslandes mildere, um dieses anzuwenden.

Noch weniger aber geht dies bei den Handlungen, von denen der zweite Saß spricht, denn dies sind ja gerade nur im Auslande ganz straflose.

Was die Abtheilung beantragt, bezieht ih ledigli auf diese lebten Handlungen, sie will diese nicht uur strafen, wenn sie Verbre- hen gegen den Staat, sondern auch wenn si? Verbrechen gegen den Staatsbürger betreffen.

Der Antrag ist also eine Verschärfung , die mir au, wie ich hon früher gesagt, nit gerechtfertigt erscheint.

Referent Abgeordn. Naumann: Die Bemerkung is ganz rich= tig; ih habe mih falsch ausgedrückt, Die Majorität der Abtheilung ist der Ansicht, daß weiter gegangen werden müsse, als der Geseß Entwurf will. Dies Versehen is indeß ohne Einfluß auf die von mix entwickelten Gründe. Jch behalte mix vor, wegen des zweiten Vorschlages noch ein Wort zu sagen.

Justiz-Minister von Savigny: Jch muß dem beitreten, was der Abgeordnete aus Pommern bemerkt hat. Es war dies der wahre Sinn des Antrages der Majorität der Äbtheilung, und ih h) deshalb hervor, weil sonst der Sinn ganz verkannt werden würde. Es is nicht die Absicht gewesen, daß ein Preuße, der sich in Frank= rei aufhält und dort einen Franzosen ermordet, na seine Rückkehr in Preußen straflos sein soll. Die Verleßung gegen den preußischen

Staat uud gegen preußische Unterthanen soll nur Gegenstand dei Untersuchung sein, weun die Handlung in den Gefeßen des Auslandes niht mit Strafe bedroht is. Jm Gegentheil, es verstände sich von selbst, daß, sollte die Handlung im Auslande bestraft werden, das preußishe Geseß auch auf unsere Unterthanen angewendet werden, also beim Raube, Morde, Diebstahle u. \. w.

Referent Naumann: Jun diesem Sinne hat sich auch die Ab- theilung erklärt, und es fann nur von den Fällen die Rede sein, in denen eine Handlung nah den Geseßen des Auslandes straflos sein würde. Wenn nah dem ersten Vorschlage der Abtheilung das Ge- seß geändert werden dürfte, so behielte diz Bestimmung im zweiten Saße des Paragraphen, daß die Bestrafung nah preußischen Ge- segen erfolgen solle, wenn die2 Handlung im Auslande vorgenommen worden, um das preußische Geseß zu umgehen, keine Bedeutung,

Die Majorität war der Meinung, daß die Absicht, das Gesetz zu umgehen, an sih nicht strafbar sci. Es i dies der erste Grund. Der zweite Grund liegt darin, daß in konkreten Fällen es {wer sein werde, diese Absicht nahzuweisen. Diese beiden Gründe haben die Majorität geleitet, und ih werde sie hierin bei der Abstimmung unterstüßen.

Landtags- Kommissar: Jch glaube mit wenigen Worte mich über den leßten Antrag der Abtheilung aussprecheu zu müssen, welcher dahin geht, daß die Absicht, das preußische Geseß zu ums gchen, feinen Grund abgeben dürfe, einen Juländer zu bestra‘en, der im Auslande eine daselbst straflose, aber nah unseren Gesetzen straf- bare Handlung begeht. Meines Erachtens erfordert die Würde des preußischen Staates und des preußischen Volkes die Aufrechterhaltung der entgegengeseßten Bestimmung des Geseß-Entwurfsz denn es fanu nicht geduldet werden, daß Jemand, der mit Bewußtsein ein Ver- brechen begeht, sih dadur der Strafe entziehe, daß er die preußische Gränze überschreitet. Das Beispiel des Duells is \chon angeführt. Es t bei uns mit theilweise {weren Strafen belegt, in andéren Staaten niht. Soll es nun gestattet sein, daß zwei preußische En thanen mit dem Bewußtsein, ein Verbrechen zu begehen, S ver preußischen Gränze sih \chlagen, daß Einer den Anderen Lee Leibe daß darauf der Sieger zurückfkehrt und sein Leben lang O L blos deshalb, weil das Verbrehen zwei Schritte über er anze geschehen ist? Eben so is der Wucher bei uns srafvar/ Ei is Ländern können über diese zweifelhafte Rechts. Mat ett ti u Mt stimmungen gelten. Jch frage aber, ob es der O Me und des Landes angemessen is, daß preußische a0 it m e nächste Nachbar-Dorf gehen, dort zur agepung ns peimihen Ves seßes einen wucherishen Kontrakt absliege l, F L l „B los die Früchte ihres Wuchers genießen. F E M S Beispiel anführen, die Bigamie. _ Faun nor N E E geht und sich dort eine zweite Frau ® rtise M üs Gel, brecher deshalb traflos sein, ei I E t Be E Lee weiberei dulden? Gewiß niht. 1e Vyre des preußischen Staates und des preußischen Volkes crfordert Le den preußischen Stras= geseßen nit auf diese Weise Hohn gesproc en WeLDEs S “Abgeordn. Graf von Schwerin: Zch wollte nur noch die Bemerkung machen, daß der zweite Autrag der Abtheilung nul das durch gerechtfertigt ist, daß die erste Abstimmung so ausgefallen, wie geschehen. Nachdem die Abtheilung den Zusaß angenommen hatte, hielt sie den zweiten Saß nicht mehr für erforderlich, weil sie ih nicht einen Fall denken founte, wo nicht zugleich eine Verleßung des preußischen Staates oder eines preußischen Unterthanen stattgefunden habe, Nimmt die Versammlung die Meinung der Abtheilung im er- sten Falle niht an, fügt sie niht hinzu, daß auch Verbrechen gegen preußische Unterthanen gestraft werden sollen, auch wenn sie nach dem

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Geseß des Auslandes straflos, fo würde bei Vielen niht mehr ein Grund vorhanden sein, ten leßten Saß zu streichen. N

Landtags-Kommissar: Jh gebe vollkommen zu, daß die Annahme des 1sten Antrages der Abtheilung den zweiten viel weni= ger bedenflich macht; aber nichtsdestoweniger halte ih leßteren au unter jener Vorausseßung nicht für zulässig. Denn auch Ausländer bedürfen des vollen Schußes unserer Gesetze, und es sind dergleichen Verbrechen gedenkbar, wodur kein Jnländer verlegt wird. Jch ci=- tire hier nochmals die Bigamie. Wie kann man behaupten, daß solche jedesmal eine Verlegung der ersten Frau enthalte oder daß diese stets eine diesseitige Unterthanin sein müsse? L

__ Abgeordn. Neumann: Jch muß mich dem anschließen, was dex Perr Landtags-Komumissar so eben gesagt hat. J halte den Weg- fall des leßten Sabes nah dem Vorschlage der Abtheilung nicht für gerettfertigt durch das, was dieselbe auszuführen versucht hat. Es fann nicht blos das Aeußere der That, es muß der rechtswidrige Wille nicht minder bestraft werden. Wenn dieser entschieden feststeht und ein Verbrehen von zwei Preußen im Auslande zur Umgehung des Gesebes begangen wird, auch wenn sie beide einverstanden sind und keiner verleßt wird, so sehe ih niht ein, warum dies straflos bleiben und jener Say aus dem Strafrechte weggelassen werden solle.

Referent Abgeordn. Naumann: Es is hier die Rede von Handlungen, die nach den Geseßen des Auslandes straflos, und gegen Personen gerichtet sind, welche niht preuß. Unterthanen sind. Es tritt niht zu, wenn gesagt wird, es gehen zwei preuß. Unter- thanen über die Grenze, um Wucher zu treiben, ih zu duelliren ; es trisst auch nit das Beispiel von der Bigamie zu. Die Bigamie ist zunächst Verleßung der Rechte des anderen Ehegatten. Kehrte aber ein in BVigamie lebender preuß. Unterthan zurück, \o bestände das Verbrechen fort, so wäre erx immer noch strafbar. Der Umstand, daß zutreffende Beispiele niht angeführt werden, bestärken mich immer mehr in der Meinung, daß die Abtheilung die richtige Ansicht hegt.

Justiz - Minister Uhden: Jch mbhte darauf erwidern, daß es gerade der dolus malus ist, der böse Vorsaß, der eine That zum Verbrechen stempelt. Wenn ein preuß. Unterthan daher blos zut dem Zwecke, das preuß. Geseß zu umgehen, sich nach dem Auslande begiebt , und dort ein Verbrechen verübt, \o glaube 1ch, erfordert es die Autorität des Geseßes, daß cine solche Handlung nicht unge=- straft bleibe. : ;

Abgeordn. Camphausen: Jch hatte das hervorheben wollen, was der Referent bereits hervorgehoben hat, daß nämlich die ange- führten Beispiele für den Fall nit passen. Außerdem möchte ich mir die Bemerkung gestatten, daß ih zwar die Gesinnung ehre und achte, aus welcher die Würde des Staats angerufen wird, dic Regie- rungsvorschläge zu begründen; ich möchte aber auch wüuschen, nicht zu verkennen, daß es andere Staaten giebt, welche ihre Würde eben so hohachten und welche dergleichen Bestimmungen nicht getroffen haben, und möchte hervorheben, daß solche Bestimmungen ‘auch dazu dienen, dem Allerkleinsten und Unverfänglichsten nahzuspüren und der Staats = Polizei die Gewalt einzuräumen, um Alles in Untersuchung zu ziehen. Jch wünsche, daß der Ausschuß diese beiden Rücksichten ungetrennt beahten möge.

Abgeordn. Sperling. Die Zweideutigkeit geht daraus hervor, daß zwei Kathegorieen von Verbrechen in einem Paragraphen zusam-= mengefaßt sind, nämlich Verbrechen gegen den preuß. Staat und Staatsunterthanen und Verbrechen gegen fremde Staaten und Un- terthanen. Auf die ersteren bezieht sih der Vorschlag der Abtheilung ; auf die leßteren der Antrag, den ih gemacht habe. Es bleibt aber zwischen jenen Fällen noch ein Fall übrig, nämlich der, den ih vor- hin schon angeführt habe, wenn ein Fremder sich im Preuß. Staate aufhält, der leßtere ihm in Folge dessen den Schub seiner Gesebe schuldig is, und ein preuß. Unterthan sih mit ihm über die Grenze begiebt, um dort ein Verbrechen zu begehen. Für diesen Fall muß die Bestimmung stehen bleiben.

Marschall. Wenn Niemand weiter das Wort verlangt, so fommen wir zur Abstimmung. Die erste Frage is zu richten auf den ersten Vorschlag der Abtheilung, welcher Seite 5. in den ersten sieben Zeilen enthalten is. Jn beiden Fällen, die Frage mag ver- neint oder bejaht werden, scheint es erforderli, eine weitere Frage auf den zweiten Antrag der Abtheilung zu richten, und eine dritte Frage auf den Vorschlag des Abgeordneten Sperling, und diese letz- tere so zu fassen: Soll beantragt werden, daß in den fraglichen Fällen die mildere Auslegung immer zur Anwendung komme?

Abgeordn. Camphausen: Hatten Durchlaucht nicht auch eine vierte Frage stellen wollen, wegen klarer Bezeichnung der Verbrechen gegen den Staat?

Marschall: Es scheint dies eben so behandelt werden zu können, wie vorhin der Vorshlag des Abgeordneten Grabow behandelt worden ist.

Abgeordn. Camphausen: Dadurh würden wir nicht zur Klarheit über die Ansicht der Versammlung gelangen.

Marschall: Wenn der Antragsteller es wünscht, so steht kein Be- denken entgegen, daß eine vierte Frage gestellt werde. Jett würde ih die Diskussion für geschlossen zu erklären haben. Wir kommen nun zur Abstimmung.

Abgeordn. v. Saucken-=Julienfelde: Jh erlaube mir die Bitte an des Herrn Marschalls Durchlaucht, die Frage» Stellung zu ändern. Wie sie jeßt ist, würden viele Herren präjudizit werden. Wie soll man entscheiden, ob Handlungen strafbar sind, ehe man weiß, welche Handlungen eigentlih gemeint sind? und noch wissen wir nicht, was Alles unter Verbrechen gegen den Staat verstanden wird: Jch erlaube mir daher die Bitte, daß eine solche Erklärung vorangehe.

Marschall: Mir scheint die Ordnung, welche die Abtheilung vorgeschlagen hat, verfolgt werden zu können, und es soll der erste Antrag, den die Abtheilung gemacht hat, zuerst zur Fragstellung kom- men. Die Frage lautet so: E

„Tritt die Versammlung dem Vorschlage der Abtheilung bei, daß angetragen werde, das preußishe Strafgeseß nicht blos in dem Falle für anwendbar zu erklären, wenn die im Auslande von einem preußischen Unterthan begangene Handlung ein Verbrechen gegen den preußischen Staat enthält, sondern au in dem Falle, wenn eine solche Handlung ein Verbrechen gegen einen preußischen Unter= than enthält.“

Diejenigen, welche die Frage mit Ja beantworten, würden das dur Aufstehen zu erkennen geben.

_Das Resultat der Abstimmung is folgendes: Mit Ja haben gestimmt 55, mit Nein 40 Stimmen.

Was nun die Art des Zählens betrifft, so würde ich bitten, daß die Secretaire, welche eben nit fungiren, das Zählen in ihren Pro- vinzen jedesmal übernehmen, und bei den Provinzen, deren Secretaire zu fungiren haben, die Marschälle das Zählen besorgen. Einer der beiden fungirenden Secretaire wird dann das Resultat von denen, die es gefunden, einholen. So würde es si auf die leichteste Art be- werfkstelligen lassen.

Landtags-Kommissar: Jch erlaube mir darauf aufmerk=- sam zu machen, daß nach den Bestimmungen des Gesehes das Re= sultat dieser Abstimmung ein solhes is, wo auch die Ansicht der Minorität in dem an Se. Majestät zu rihtenden Antrag mit vorge=- tragen werden muß. Es waren nicht zwei Drittel der Stimmen für die Aenderung des Geseyes.

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Marschall: Ja, so verhält es sich.

Graf Renard: Darf ih mír noch eine Frage erlauben. Da ein Antendement die Mehrheit der Versammlung erhalten hat, o wird wohl die Frage, ob der Entwurf so, wie er da is, angenom- men werde, ‘niht mehr gestellt werden fönnen.

Marschall: ‘Nein.

Abgeordn. von Auerswald: Darf ih noch um das Wort bitten? Jch habe das Wort zurückgehalten, weil ih der ersten Frage nit vorgreifen wollte. .

Marschall: Es würde sich nur auf die Fragestellung selbst zu beziehen haben. Die Diskussion über die Sache war allerdings ge- \{lo}en.

Abgeordn. von Auerswald: Jh wollte nicht über die Frag- stellung sprechen, sondern über die zweite Frage selbst in Folge der eben geshehenen Abstimmung, wenn mir wenige Worte darüber ver- stattet sind. Jch habe nämlich die erste Frage bejaht, in der Vor= ausseßbung und Hoffnung, daß in der zweiten ebenfalls der Abthei lung beigetteten würde, und ih kann diese Hoffnung nicht aufgeben, selbst nah dem, was der Herr Landtags--Kommissar dagegen gesagt hat. Denn wenn ich mir den seltenen Fall vergegenwärtige, daß ein Verbrechen, welhes in den preußischen Staaten bestraft wird, in einem benahbarten Staate niht strafbar is, daß ferner dies Ver- brehen von einem preußischen Unterthanen in diesem fremden Staate begangen wird, und ich mir endlih vergegenwärtige, daß es bei die- sem seltenen Falle uiht blos darauf ankommt, daß das Verbrechen begangen, sondern au, in welcher Absicht es begangen worden, so faun ih mi nicht davon überzeugen, daß der Staat, der es unter- läßt, einen so seltenen Fall zu rügen, und es unterläßt, der Absicht des Verbrechens nachzuforschen, seine Würde verleßt. Jm Gegen- theil halte ih es für eine der Würde eines jeden Staates gefähr= liche Sache, sich auf das Feld der Untersuchung der Gedanken und Absichten zu begeben. Es ist dies ein Feld, wo sich am meisten die menschlihe Ohnmacht wie die menshlihe Willkür zeigt. Jh kann also die Ansicht des Herrn Landtags- Kommissars in dieser Bezichung durchaus nicht theilen.

Landtags-Kommissar: Da einmal die Diskussion sich er- neuert hat, so glaube ich auch das Recht in Anspruch nehmen zu dürfen, noch einige Worte zu erwiedern, und benuße diese Gelegen- heit zunächst, den mir von dem geehrten Herrn Referenten gemachten Borwurf zurückzuweisen, daß die von mir angeführten Beispiele nicht zutreffend seien. Sie treffen unbestreitbar zu in dem allerdings noch ungewissen Falle, wenn das eben mit einfaher Majorität angenom- mene Amendement bei der schließlichen Redaction des Gesebes nicht berücsihtigt werden sollte. Denn dann würde es keinen Unterschied machen, ob der durch ein im Auslande begangenes Verbrechen Ver= leßte ein preußisher Unterthan is oder nicht. Die Beispiele verlie- ren aber auch dann ihre Gültigkeit nicht, wenn die Regierung sich entschließen sollte, den Anträgen der Majorität des Ausschusses zu folgen, denn es i} bereits von einem anderen Mitgliede hervorgeho- ben worden, daß Fremde gleichen Anspruch auf Rechts\huhz haben, als diesseitige Unterthanen, und daß es für die Beurtheilung eines Verbrechens keinen Unterschied machen daxf, ob ein fremder oder ein diesseitiger Unterthan dadurch verleßt sei. Wird dies aber zugestan- den, so bleiben die Beispiele für beide Eventualitäten geltend.

Zur Sade aber frage ih noch einmal, ob das Bewußtsein der Pflicht, das preußische Strafgeseß zu chren, dadurch abgefunden wer=- den könne, daß ih den Fuß liber die Gränze seße? Gewiß uicht. Begehe ih ein Verbrechen, so verleße ih das hier mehrfah hervor- gehobene Bewußtsein des Rechtsgefühls, ih mag es im Julande oder im Auslande begehen; nicht auf die Scholle-kann es dabei ankommen, auf welche ich meinen Fuß seße. S :

Wenn angeführt wird, es sei shwer, die Absicht zu bewei- sen, so gebe ich das zu, aber es is feineêweges unmöglich. Wenn zwei Nachbarn zu einem im Auslande wohnenden Richter gehen, mit dem sie sonst niht verkehren, um einen wucherishen Kon=- traft aufnehmen zu lassen, wird niht die Präsumtion dafür streiten, daß sie es in der Absicht gethan haben, das Landesgeseß zu verletzen? Der Richter wird in solchen und ähnlichen Fällen die strafbare Ab= sicht nicht übersehen. Darum bleibe i bei der Ansicht stehen, daß die Würde des Staates und Volkes verleßt wird, wenn wir gestatten, daß zumHohue der Gesebe von preußischen Unterthanen gegen Preu- ßen oder Fremde Verbrehen im Auslande s\traflos begangen werden können.

Justiz-Minister Uhden: Jch habe nur hinzuzufügen, daß auch durch das Geständniß der dolus bewiesen werden fann.

Marschall: Meine Herren, ih bin wahrlich kein Feind vou Diskussionen, sonst wäre ih nicht an dieser Stelle. :

(Heiterkcit.) Aber ih muß auch sagen, daß ih es für einen durchaus nicht unbe- denklichen Umstand halte, wenn, nahdem von dem Vorsißenden die Disfussion für geschlossen erklärt worden is, und zwar deshalb, weil sich Niemand mehr um das Wort gemeldet hat, nachher die Diskus sion über denselben Gegenstand noch einmal ihren vollen Anfang nehme. Jch bin also der Meinung, daß wir bei der Fragestellung verbleiben. (Zeichen der Zustimmung.) Die zweite Frage bezieht sich auf den zweiten Vorschlag der Abthei= lung. Wollen Sie denselben noch einmal verlesen. (Secretair verliest den Antrag :) „Die Bestimmung, wonach auch auf die in der Absicht, das preu- ßische Geseß zu umgehen, im Auslande vorgenommenen Handlun- gen das preußishe Strafgeseß angewendet werden \olle, fortzu- lassen.“

Die mit Ja die Frage beantworten, werden dies durch Aufstehen

zu erkennen geben. (Die Stimmen werden gezählt.)

Die Frage i verneint; für Ja haben 32, für Nein 67 gea stimmt.

(Schluß folgt.)

Uichtamtlicher Theil.

Sl

Inland. Berlin, Hofnachriht. Verordnungen des General-Post- Amts. Feuersbruns. Provinz Preußen. Feier des Krö- nungsfestes in Königsberg. Neuenburger Angelegenheiten, Ankunft Bois le Comte's. Prosperität der Uhren-Fabrication.

Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Baden. Land- tags - Verhandlungen. Professor Erust Lewald +, Herzogthum Sachsen-Meiningen. Eröffnung des Landtags. Schreiben aus Schwerin, (Hoftrauer.)

Fraukreich. Paris. Änordnung und Befinden des Königs, Prinz Joinville, Abd el Kader.

Großbritanien und Jrland. London. Hofnachricht, Die Spe- zial-Assisen in Jrland. chweiz. Tagsazung. Die Bundesrevisions - Frage. Zür i ch. Blait der Synode, Kriegsgerichtlihe Entscheidung. Dr,

untschli, Handels - uud Börsen - Nachrichten.

Im lau D.

Berlin, 21. Jan. Se. Majestät der König haben Allergnä- digst geruht: Dem Flügel-Adjutanten, Major von Alvensleben, die Erlaubniß zur Anlegung des von des Herzogs zu Anhalt-Deßau Hoheit ihm verliehenen Commandeur-Kreuzes vom Herzoglih Anhal- tinishen Gesammthaus-Orden Albrecht's des Bären zu ertheilen.

Berlin, 418. Jan. (Verspätet.) Heut, am Jahrestage der Stiftung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler, fand im Ritters Saal ‘des Königlichen Schlosses die feierlihe Jnvestitur des Staats= Ministers von Rother statt, bei welher Se. Majestät der König Allerhöchstselbst demselben die Ordenskette umzuhängen geruhten.

Demnächst begaben Sich Se. Majestät mit den sämmtlichen, hier anwesenden, fapitelfähigen Rittern des Schwarzen Adler-Ordens in die rothe Sammet-Kammer zur Abhaltung eines Kapitels, worauf die Herren Ritter zur Tafel bei Jhren Königlichen Majestäten waren.

Berlin, 21. Jan. Das Amtsblatt des Königlichen Post- Departements enthält die Verordnung, betreffend die Annahme von Briefen mit Bemerkungen auf dem Couverte; desgl. betreffend die Erleuchtung der Post-Laternen an den Extrapostwagen und dafür zu zahlende Vergütigung ; desgl. betreffend deu oldenburgischen Porto= saß für die durch Preußen transitirende Korrespondenz zwischen Ol- denburg und Frankreich und dabei in Anwendung kommende Gewicht z= Progression ; desgl. betreffend die Streichung des Landbrief-Bestelk- Geldes für weiter herkommende unbestellbare Briefe und Einziehung desselben für unbestellbare Briefe aus dem Orte; desgl. betreffend die Portofreiheit des Vereins zur Beförderung des Wohlstandes im Kreise Warburg ; desgl. betreffend die Kartenschlüsse zwischen Breslau und Görliß und Tepliß, Karlsbad und Franzensbad, und die dabei in Anwendung kommende Jnstradirungs-Tabelle; desgl, be- treffend den Schriftwehsel der Post-Anstalten durch Nachfragen, J üdmeldungen, Defekt-Anzeigen, Laufschreiben 2c.

Verlin, 21. Jan. Heute Mittag gegen 1 Uhr brach unter den Linden Nr. 1 in dem Hotel des Wirklichen Geheimen Raths, Grafen von Redern, Feuer aus, das, dem Augenschein nah zu ur- theilen, vom ersten Stock des Gebäudes nah dem Dachstuhl des BVorderhauses seinen Weg genommen und von dort nach den dazu gehörigen Hintergebäuden sich verbreitete. Gegen 3 Uhr war manu des Feuers Meister. Wie man vermuthet, soll dasselbe in einer von den Röhren der russishen Heizung entstanden sein.

Provinz Preußen. (Königsb. Ztg.) Die Feier des Krönungsfestes wurde am 18. Januar in Königsberg in gewohnter Weise begangen. Die deutsche Gesellschast hielt eine öffentliche Siz= zung, in welcher der zeitige Secretair, Prof. A. Hagen, den Jahres- Bericht abstattete und einen Vortrag über den Dichter Magister Lauson in Königsberg und dessen vielseitige Talente hielt. Hierauf wurden von dem Geh. Regierungs-Rath Prof. Dr. Schubert “stati= stisch-politishe Betrachtungen über die konfessionellen Verhältnisse der Staaten Curopa’s mit einem Rückblicke auf den westfälischen Frieden im Jahre 1648 und den aachener Frieden im Jahre 1748‘ mitgetheilt. Jn dein Auditorium maximum des Universi- täts-Gebäudes sprah der akademishe Redner, Gch, Rath Prof. Dr. Sobed, von den Ansichten des Alterthums über Fortschritt und Nücschritt. Zuleßt wurden die von den Studirenden für eingereichte Preis = Abhandlungen gewonnenen Preise bekannt gemacht. Abends war bei dem Oberpräsidenten, De. Bötticher, Ball. Jn der deuts {en Ressource wurde das Stiftungsfest der Gesellschaft durch ein Mittagsessen gefeiert.

Neuenburger Angelegenheiten.

Neuenburg, 15. Jan. Am 12ten d. is der franzbsishe Ge- sandte bei der s{hweizer Eidgenossenschaft, Herr Böis le Comte, in Neuenburg eingetroffen.

In den Ortschaften Le Locle und La Chaux de Fonds wurdén im Jahre 1835 von den dortigen Stempel-Büreaus 31,398 goldene und 66,959 siiberne daselbst angefertigte Uhren gestempelt; im Jahre 1845 belief sich die Zahl der ersteren auf 64,174 , die der leßteren auf 107,523; im Jahre 1846 die der ersterèn auf 72,312, der léß= teren auf 128,960. Der Constitutionnel Neuchatelois führt d‘ese Zunahme als cinen Beweis von dem außerordentlichen Gedeihen an, dessen sich die Uhrfahbrication jener Ortschaften erfreut, und wel= ches sie zum ersten Range unter allen industriellen Etablissements der Welt erhoben.

Deutsche Bundesftaaten.

Großherzogthum Baden. (Bad. Bl.) Jn der üf- fentlihen Sizung der zweiten Kammer am 18. Januar verkündete der Präsident, daß in der geheimen Sißung am 15ten auf Be- fehl Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs ein Geseß-Entwurf, wel= cer die Unterstüßung der Maschinen - Fabrik Karlsruhe und eben so der Spinnerei Ettlingen und der Zucker = Fabrik Waghäusel bezweckt, vorgelegt worden sei. Sodann legten der Präsident des Justiz-Mi- nisteriums, Staatsrath Trefurt, und Ministerial - Rath Brauer die allgemeine deutscheWechselordnun g mit dem Bemerken vor, daß die Kammer dieselbe entweder unbedingt, also ohne alle Zusäße und Abänderungen, annehmen oder im Ganzen verwerfen könne. Diese Vorlage begleitete Ersterer mit einer Rede, in welcher er unter Anderem aus- führt, daß der Zoll»Verein überhaupt bei scinem Entstehen von We- nigen gewürdigt und von Vielen angefeindet, schon längst die Schran- fen durchbrochen und für Deutschland Großes gewirkt habe. Von allen Früchten sei vielleicht eine der s{öusten diese allgemeine deutsche Wechsel - Orduung, die er somit zur Annahme empfehle. Der Ab= geordnete Zittel zeigt hierauf eine Motion an auf Errichtung einer gemeinsamen Ober-Schul- und Studien«Behörde und Beseitigung der bis dahin in dieser Beziehung bestandenen Einrichtung. Nach dent Schlusse der öffentlichen Sipung blieben die Kammer-Mitglieder ver- sammelt und es begann die zur Prüfung der Vorlage über die drei Fabriken erwählte Kommission in deren Gegenwart ihre Aibeiten. Die Universität Heidelberg und namentlich die dortige theolos gische Fakultät hat durch deu am 15. Januar erfolgten Tod des Pro= fessors der Theologie, Kirchenraths Dr, Ernst Lewald, einen großen Verlust erlitten.

erzogthum Sachsen- Meiningen. (Fr. J.) Am 16. At gion der F eulltusent Landtag feierli eröffnet. Die Landkags-Predigt hielt der Ober-Hofprediger über die Worte 1. Kor. 13: „die Liebe freut sich der Wahrheit.“ Da Se. Hoheit der Her« zog noch nicht völlig hergestellt ist, so eröffnete der Borstand des Landes - Ministeriums, Geheime Rath von Werthern, die Stände- Versammlung in dem Landschafts - Gebäude. Mittags war große Tafel bei Hofe. Außer dem Etat liegen mehrere Geseße über Ei= genthumsrecht und Hypothekenwesen und einige andere bei dem Schlusse des leßten Landtags unerledigt gebliebene Gegenstände zur Berathung vor, und uoch andere, z. B. über Eisenbahn=-Augelegenheiteu, wurden

in der Eröffnungs-Rede verheißen. X Schwerin, 19. Jan. Wegen des Ablebens Sr. Durchlaucht des vid Sig e Friedrich Ludwig zu Hessen-Homburg hat der Groß

herzoglihe Hof eine dreitägige Trauer angelegt.