1848 / 29 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

j : , welche bisher in der ganzen Mo- sebliche Bestimmung aufd fol s Ae itände wirklich innerhalb des nanchie besas treten sind, wird die hohe Versammlung nicht in

lesten Lustri einge erzliche Aufgabe erlassen, sie

Abrede stellen, mir aber gewiß die {m

, e fzuzählen. 2 Gie *Siblase der Debatte füge ih noch hinzu, daß es ge- wiß dem Gouvernement von hohem Junteresse gewesen ist, durch die hohe Versammlung die Stimme des Landes über einen Vorschlag zu hören, dessen bedenkliche Seiten demselben feineêwegs entgangen wa=- ren, und daß Se. Majestät durch diese Berathung um so mehr in den Stand geseßt sein werden, in Allerhöchstißrer Weisheit die ießlihe Entscheidung zu treffen. : ;

sd! rif ay Graf von Schwerin: Jh habe vorhin gesagt, daß die Abtheilung bereits ein Mittel gefunden zu haben glaubt, um au gegen Militairpflichtige und Hochverräther statt der Confiscation andere Bestimmungen eintreten zu lassen. Zur Ergänzung führe ih an, daß es im Wesentlichen die Bestimmungen sind, welche der frühere Geseß-Entwurf enthielt, z. B. bei Militairpflichtigen ist die Bestimmung, daß eine Geldstrafe von 50 bis 1009 Rthlr. stattfinden soll, und außerdem is der Verlust des Befugnisses über sein Vermögen unter den Lebenden zu verfügen, festgestellt. Jn Beziehung auf die Hoch- verräther is die Bestimmung aufgenommen, daß vom Beginn der Untersuchung an ihre Güter unter Sequestration gejeßt wer= den sollen. ]

Marschall: Das Gutachten der Abtheilung giebt nur Veran= lassung zur Stellung Einer Frage. Aus der Diskussion würde außer- dem noch die Stellung einer anderen Frage hervorgehen , welche zu richten wäre auf den Antrag des Abgeordneten Steinbeck, daß die Strafe der Confiscation des ganzen Vermögens nur auf ausgetretene Militairpflichtige anzuwenden sei, wenn es überhaupt in dem Wun- sche des Abgeordneten Steinbeck lag, daß hierauf eine Frage gerichtet werde. Abgeordn. Steinbeck: Jh beharre nihcht auf den Vorschlag, denn ih habe ihn niht gemacht. Es beruht dies auf einem Mißver= ständniß. Wir werden auf die Strafe der ausgetretenen Kantonisten zurückfommen, und ih bemerke nur transitorish, daß der Entwurf mir in diesem Paragraphen theoretisch gerechtfertigt erscheint, daß ih ihn aber nicht für die Praxis streng vertreten wollte.

Marschall: Es ist hiernach blos die eine Frage zu stellen: Soll der Wegfall des ersten Absatzes des §. 28 beantragt werden? Jch bitte ums Wort übcr

Abgeordn. Graf von Gneisenau : L l l ( : nmutr die Fragestellung. Meine Herren! Jch bin sehr geneigt, der Ansicht | Frage: Soll der Wegfall des ersten Absabes des §. 28 beantragt mich anzuschließen, welche jede Coufiscation entfernt haben will, je- | werden? Diejenigen, die diese Frage bejahen, würden dies durch

doch nur unter der Bedingung, daß an die Stelle der Confiscation lebenslänglihe Sequestration eingeführt wird. Der geehrte Vorsißende der Abtheilung hat mich bereits davon unterrichtet, daß in der Ab- theilung bei dem Artikel vom Hochverrathe diese Ansicht adoptirt worden i}, ih fann aber unmöglich jeßt {hon darüber sicher sein, ob diese Ansicht später von der hohen Versammlung angenommen werden wird. Jch möchte mich nun nicht gern präjudizirt sehen. Wenn ih jeßt für Abschaffung der Confiscation stimme, kann ich niht wissen, ob später die Sequestration dafür eingeführt wird. Jch möchte also fast ten Vorschlag machen, um mich und meine gleichge- sinnten Freunde nicht präjudizirt zu sehen, in der Fragestellung statt des Wortes „Confiscation“ „lebenslängliche Sequestration“ zu jepen.

Marschall: Jch glaube, daß erforderli sein wird, erst abzu=- warten, welhes Resultat die Berathung und Abstimmung über die einzelnen Verbrechen haben werde, und ih kann mich nicht dem an- schließen, daß jeßt an die Stelle des Begriffes, von welchem hier

ehandelt worden is, ein anderer Begriff gestellt werde. Dies wird füglich ausgeseßt bleiben fönnen bis zur Berathung der Bestimmun- gen über die einzelnen Verbrechen, und wenn weiter keine Bemerkung erfolgt, so fommen wir zur Abstimmung über die schon gestellte Frage.

Abgeordn. Becker: Jch bitte ums Wort. Jh kann nah mei- nem Dafürhalten mich nur dem hohverehrten Redner anschließen, indem ih auch der Ansicht bin, daß, wenn die Strafe der Confisca- tion aus dem Geseßbuche fortfallen soll, bei dem Verbrechen des Hochverrathes und des Landesverrathes an die Stelle der Confisca- tion die lebenslänglihe Sequestration eintreten müsse.

Marschall : Dieser Vorschlag bezieht sich allerdings nicht blos auf die Fragestellung, sondern er würde eingehen in die Materie der Sache selbst, und insofern is es gerechtfertigt, zu fragen, ob der Vor- chlag, welher gemacht worden is , die Unterstüßung von 8 Mitglie»

dern findet.

Abgeordn. von Auerswald: Jch glaube nicht, daß wir in der Lage sind, diese Frage zu beantworten. Der Antrag des Abgeordne=- ten geht dahin, bus ein neuer Paragraph eingeschaltet werde, der von der lebenslänglichen Sequestration handle, von einem Titel, von dem hier gar nicht die Nede is, der in die Reihe der Strafen nicht gehört, der nah der Ansicht des Geseßgebers an einer ganz anderen Stelle in Frage kommen joll, und ih glaube, daß, wenn man hier einen Vorbehalt dieser Art macht, auch bei jedem anderen Paragra- phen Gelegenheit gegeben sein könnte, ähnlihe Vorbehalte zu machen. Wir kommen jeden Augenblick in die Lage, daß wir in der Vorausseßung, die oder die Bestimmung könne \päter angenommen werden, uns für oder gegen etwas bestimmen. Ich glaube, der Herr Marschall wird die Gewogenheit haben, über die bereits gestellte Frage abstimmen zu lassen.

Marschall: Darüber besteht kein Zweifel, daß das die erste Frage sei, und es muß dem, was vorhin gesagt worden is, hinzu- gefügt werden, daß ih glaube, daß jedenfalls dieses Resultat der er- sten Abstimmung abgewartet werden kann. Fällt dieses so aus, daß die Frage bejaht wird, so is ohnehin eine Fragestellung auf die Aen- derung, welhe angetragen worden ist, unmöglich,

Abgeordn. Graf von Schwerin : Darf ih mir noch ein Wort erlauben über die Fragestellung. Jch glaube doch, daß es sehr be- denklih is, abzustimmen, bevor wir uns mit den verehrten Herren darüber verständigt haben. J glaube nämlich, obgleich ih vorhin

esagt habe, daß auch in der Abtheilung die Frage wegen der Con- Fscation unter dieser Vorausseßung verneint worden sei, daß man jeßt keine Garantie darüber geben fann. Dadurch würde ein ande- rer Theil der Mitglieder präjudizirt werden. Wir sprechen hier im Allgemeinen davon, ob in das System der Strafen die Confiscation aufgenommen werden solle, und diese Frage wird einfah zu entschei=- den sein. Auf die Frage, ob Sequestration stattfinden soll, kommen wir bei den einzelnen Verbrehen zurück und können an die Stelle der Confiscation die Bestimmungen wegen der Sequestration treten lassen. Das is} Alles mögli, und die geehrten Herren, welche die Seque= stration wollen, würden hier nur gegen die Confiscation stimmen

können. Marschall: Jch gebe dem Antragsteller anheim, auf eine wei=-

tere Fragestellung zu verzichten.

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Wenn es die Ansicht der hohen Versammlung is, \o will ih gern darauf verzichten, ih be- daure nur, dadurch in den Fall zu kommen, für Aufrechthaltung einer

Strafe stimmen zu müssen, die ih abgeschaft wünschte, weil ih jeßt

der späteren Abstimmung der hohen Versammlung über die Seque- stration noh keinesweges Gewißheit habe. Abgeordn. von Arnim: Dasselbe is bei mir der Fall, was das

angeführt hat. Jh gestehe aufrichtig, niht wünschen, aber | l daß wir nah der Abstimmung Sicherheit haben, daß dieser Vorschlag nochmals zur Berathung kommen möge.

wünschenswerth sein würde, zu wissen, was an die Stelle der Con- fiscation treten soll, indessen man wird sich E müssen, daß es in diesem Augenblicke niht mögli is, eine

welhe noch nit diskutirt ist. die hohe Versammlung einen solhen Antrag annehmen werde, es daranf hin wagen, gegen die Confisc

200 ich würde die Confiscation ch möchte mich ganz dem Wunsche anschließen,

Vice - Marschall von Rochow: Jch muß zugeben, daß es

' rage zu stellen, Daher muß ih in der Hoffnung, daß

ation zu stimmen.

(Kundgebungen der Beistimmung,) - Abgeordn, Sperling: Die geehrten Herren wollen doch, daß statt des §. 28 eine andere Bestimmung ins Leben gerufen werde, Wenn dieses aber geschehen soll, muß die jeßige Bestimmung jeden- alls erst weggesha}ff}t werden. y Abgabe: a, Allerdings ist das Bedenken an und für sich nicht unbegründet, indessen, wenu man berücksihtigt, um welhe Frage es si jeßt handelt, so dürfte dasselbe wohl s{winden. Es fragt sich hier nur: Soll überhaupt die Strafe der Confiscation abgeschafft werden? und das is das Einzige, worüber wir zu be- shlicßen. Jch bin der sesten Ueberzeugung, daß die Confiscation feine angemessene Strafe, ja sogar für den Verbrecher häufig gar feine Strafe is und öfters nur die ganz unschuldigen Angehörigen des Verbrechers treffen wird. Deswegen werde ih jedenfalls für Abschaffung der Confiscation stimmen. ;

( Vielfacher Ruf zur Abstimmung.) Marschall: Wir kommen zur Abstimmung über die Frage: Soll der Wegfall des ersten Absaßes im §. 28 beantragt werden? Abgeordn, Züffer: Jh möchte mir erlauben, auf namentliche Abstimmung anzutragen. O h : (Mehrfache Zeichen von Mißbilligung. ) Die Frage ist zu wichtig, als daß wir nicht eine Viertelstunde dazu verwenden sollten. Marschall: Jedenfalls steht nah meiner Ansicht fest, daß si das Resultat der Abstimmung sehr leiht entnehmen lassen wird; es würde also nur in dem Falle, daß ven §8 Mitgliedern auf nament- lihe Abstimmung angetragen wird, dem Folge zu geben sein, so we- nig wünschenswerth mir dies auh vorkommen würde. (Es erhebt sich Niemand zur Unterstüßung des Antrags) Wir kommen auf gewöhnliche Weise zur Abstimmung über die

Aufstehen zu erkennen geben.

(Die Frage wird fast einstiu.mig bejaht.) Wir kommen zum §. 29, Referent (liest vor): L L

. Me

Geldbußen sind in den Nachlaß eines verstorbenen Verbrechers nur dann zu vollstrecken, wenn auf dieselben schon bei Lebzeiten des Vaeibrechers rechtskräftig erfannt war. Die Confiscation einzelner Gegenstände (§. 28) tritt als Folge des Verbrechens von felbst ein und is auch nah dem Tode tes Ver= brechers in dessen Nachlaß geltend zu „machen.“ U S1. 29s

Gegen die Vollstreckung von Geldbußen in den Nachlaß eines verstorbenen Verbrechers is eingewendet worden, daß dadurch die Geldbuße in Widerspruch trete mit allen anderen Strafen, die nach dem Tode des Verurtheilten selbstredend nicht vollstreck werden könn= ten, daß Geldstrafen aber niht die Natur cinfaher Forderungen an den Verurtheilten hätten, weil die kriminalrechtlihe Bedeutung der Strafe überwiegend sei, Andererseits wurde bemerkt, daß mit der Rechtskraft eines Erkenntnisses, wodurch eine Geldstrafe festgeseßt werde, die als Strafe festgeseßte Summe aus dem Vermögen des Verurtheilten für n" Gd und der Nachlaß um diese Summe

chmälert zu erachten sei. ( ge Alltbeilung hat einen Antrag, die Bestimmung im ersten Abschnitt des §. 29 zu streichen, abgelehnt. Dagegen liegt kein Grund vor, die Vollstreckung von Geldbuße in den Nachlaß verstor- bener Verbrecher zu gebieten, und die Abtheilung schlägt vor, sich für die Annahme ter Bestimmung §. 29 mit der Modification zu erklären, daß im ersten Abschnitte statt „— sind zu vollstrecken“ gesagt werde: „— können vollstreck werden“, und daß zur Vermeidung von möglichen Zweifeln im zweiten Abschnitte zugleich ausgedrückt werde, es habe, der von felbst eintretenden Confiscation ungeachtet, der Richter die einzelnen Gegenstände im Erkenutuisse zu bezeichnen.“ t j

Abgeordn. Sperling: Es kommt darauf an, ob wir das Prin= zip annehmen, daß Geldjtrafen in den Nachlaß vollstreckt werden oder niht, Jch bin für die Anerkennung dieses Prinzips, und dann halte ih es auch für nothwendig, daß es in jedem einzelnen Falle zur An- wendung kommt. Jch würde mich daher gegen das Gutachten der Abtheilung erklären, um so mehr, als die fakultative Fassung der Be- stimmung nur ein Hinderniß für die Nachlaß-Regulirung is. Es würde jedesmal eine Erörterung stattfinden müssen, ob der Staat von der ihm eingerämten Befugniß Gebrauch machen will oder nicht, und nur zu unnüßen Schreibercien führen. : : Korreferent Freiherr von Mylius : Die erste Frage is aller- dings die, ob eine erkannte Geldstrafe die Natur einer Schuld an- nehme, Jch für meine Person muß mich gegen diese Ansicht aus= sprechen, obgleich ih anerkenne, daß sich Manches für sie vorbringen läßt. Es fann sehr wohl darüber gestritten werden, ob eine Geld= strafe überhaupt jemals den Charafter einer Schuld im Sinne des Civilrehts anzunehmen im Stande sei, und wird darin festgehalten, daß bei allen Bestimmungen, die das materielle Strafrecht enthält, namentlich die kriminalrehtlihe Seite, überwiegen müsse, so wird dar- aus der Schluß zu ziehen sein , daß eine Geldbuße, auch wenn sie rechtskräftig erkannt worden is, niht gegen den Nachlaß des Ver- brechers vollstreckt werden könne, aus demselben Grunde, wie man keine Strafe gegen den vollstrecken kann, der zu lebeu aufgehört hat, Was nun aber die zweite Bestimmung, die hier ausgesprochen wor- den is, betrifft, so i die Abtheilung der Ansicht gewesen, daß dies eine Folge sein könne, namentlich dann, wenn die Grundsäge, die dem rheinishen Strafverfahren und dem Anklage-Prozeß zu Grunde lie- gen, hier eingeführt werden. Denn unmöglich kann der Staats-Re- gierung zur Pflicht gemacht werden, sich auf Theilungsklagen gegen ihren Willen einzulassen und so in einen Civil-Prozeß hinein zu gera- then, von dem von vorn herein abzusehen is, daß es zu keinem Re= sultat führt. Eine solche Pflicht aber würde darin liegen, wenn der Paragraph in dieser Form beibehalten wird, und nur in Rücksicht auf den Anklage-Prozeß is der von der Abtheilung gemachte Vorschlag

geschehen. ; j i Abgeordn. Frhr. von Gudenau : Jh bin der Meinung, es sei

flar, daß Geldstrafen gegen den Nachlaß gar nicht vollstreckt werden sollen, denn es gehört zum Begriff aller Strafen der , daß sie nur den treffen sollen, der das Geseß verleßt hat. Bei der Confiscation fann der Thäter das Strafübel noch zum Theil selbs| empfinden,

im vorliegenden Falle is aber diese Möglichkeit ganz ausgeschlossen, ihn kann es gar nicht treffen, also wozu soll, wenn ein Urtheil da ist

werden? Jh bin gegen die Bestimmung, daß gegen den Nachlaß eines Verstorbenen Execution vollstreck werden könne. Regierungs-Kommissar Bischoff: Nach dem bestehenden Civil« Rechte (U. L. R. Th. 1, Tit. 9 §. 363) is der Saß nicht nur ge- rechtfertigt , sondern es kann sogar, auch wenn die Geldbuße noch niht rechtskräftig erkannt is , dieselbe aus dem. Nachlasse exequirt werden, sofern nur die Untersuchung geschlossen is. Es erscheint dga= her die gegenwärtige Bestimmung lediglich als eine Milderung des bestehenden Rechtes. Im Prinzip is die Bestimmung vollkommen begründet, deuu in dem Augenblicke, wo rechtskräftig eine Geldbuße erkannt is, geht diefer Theil des Vermögens aus dem Nachlasse des Verbrechers hinaus und fällt an den Fiskus. Referent Uaumann: Die Ansicht, welche von dem Abgeordneten ausgesprochen wurde, hatte auch Unterstüßung in der Abtheilung ge- licoe und ich nehme feinen Anstand, mich dem Antrage anzu- ießen : „Den ersten Abschnitt dieses Paragraphen fallen zu lassen.“ Es is nur eine Fiction, wenn wir annehmen, daß dur das Erkennt= niß {hon das Vermögen des verstorbenen Verbrehers zu Lebzeiten desselben verringert gewesen sei. Die Vollstreckung der Strafe allein is die Strafe, keinesweges das Erkenntniß. Jch muß dem vollständig beistimmen, daß von einer Wirkung des Straferkenntnisses gegen den Verbrecher niht die Rede sein kann, wenn die Geldbuße nicht bei Lebzeiten vollstreck worden is}, und ih hofe, daß der ge=- stellte Antrag werde angenommen werden. Abgeordn. Frhr. von Gudenau: Jch erinnere au den Spruch: „Lasset die Todten in Frieden ruhen!“ Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh wünschte, daß die Meinung des Herrn Referenten rihtig wäre, denn dann wären alle Schulden Fictionen, und das wäre manchmal sehr erwünscht. E Als etwas Anderes aber, als eine Nachlaß-Schuld, kann ich eine erkannte Geldbuße nicht ansehen, der Nachlaß hat keinen Anspruch mehr darauf, das hat der Herr Regierungs - Kommissar schon aus= geführt. t d Referent Kaumann: Jch sehe nicht ein, warum die Geldstrafe eine andere Natur haben soll, -: als jede andere Strafe? Wenn die Folge eines jeden Straferkenntnisses als eine Schuld des Verbrechers und seiner Erben anzusehen wäre, so würde konsequent auch die Ge« fängnißstrafe von den Erben abzubüßen sein und die Erben das Schicksal des Erblassers tragen müssen. Jch verstehe es nicht anders, : Abgeordn. Graf von Renard: Die Aenderung, daß statt „ind“ gesagt werde: „Fönnen“, halte ih nicht für fafultatis, sondern für beschränkend, nämlich sie stellt nicht in Zweifel, ob es geschehen soll oder nicht, sondern sie bestimmt nur die Fälle, wo es geschehen darf. So viel in Bezug auf die Fassung; was die Sache selb| betrifft, jo muß ih deu geehrten Mitgliedern beistimmen, welhe jich daßür er- flärt hâben, daß die Geldbußen auch gegen den Nachlaß vollstreckt werden, weil der geseblihe Akt vollendet dasteht, sobald ein Urtheil rechtsfräftig geworden. Es is ein fait accompli, gegen den nichts mehr einzuwenden i}; die Vollstreckung 1 nur die naturgemäaße Folge. : / : Abgeordn. von Auerswald: Jch würde mi, wenn ich damals {hon der Abtheilung beigewohnt hätte, auch nicht der Majorität an- geschlossen haben, und ih schließe mich jeßt auf das entschiedenste der Ansicht des Herrn Referenten an. Jch bemerke, daß ich denselben nie anders verstanden habe, a!s daß die Vollziehung einer Kriminalstrase alsdann eine Fiction wäre, wenn sie einen anderen als den Stras- baren treffen sollte. Dadurch würden das Wesen und der Eindru der Strafen in ihrem innersten Wesen alterirt werden, Abgeordn. von Weiher: Jh schließe mich der Ansicht des Vor- sibenden der Abtheilung an und bemerke nur noch, daß die Bestim- mung, Straf=Urtheile könnten niht gegen den Nachlaß vollstreckt werden, nur eine außerordentlihe Schnelligkeit und Härte in der Vollstreckung derselben zur Folge haben müßten. Abgeordn. Abegg: Jh schließe mihch der Ansicht des Herrn Secretairs an, denn wenn der Verbrecher fortgelebt und appellirt DRUE Viele Stimmen: Rechtskräftig, rechtskräftig! einem {hon rechtskräftigen Urtheile die Rede, Abgeordn. von Ucchtriß : Jch bin für unbedingte Beibehaltung der Bestimmung, wie sie im Entwurfe steht. Die Aufrechthaltung des rechtlichen Zustandes is Zweck und Grund der Staatsverbin- dung; was in Form Rechtens erkannt ist, Rechtskraft erlaugt hat, muß unumstößlich festgehalten werden. Von diesem Begriffe darf nie abgewichen werden, weil daven der Rechtszustand, mithin das ganze Wohl des Staates, abhäugt, Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch habe niht geglaubt, daß die Meinung so viel Unterstüßung finden würde, diesen Paragraphen zu streichen, sons würde ih schon, als ih vorher das Wort hatte, darauf hingewiesen haben, daß man durch Streichung desselben die höchste Rehts-Ungleichheit bewirken würde, ein Privilegium für säu- mige Zahler, derjenige, welcher rasch bezahlt hat, hat die Strafe erlitten, der, welcher sich der Zahlung noch eine Zeit lang entziehen faun, ist davon befreit. Es is hier nur ein allgemeiner Rechtsgrundsaß in seiner Anwendung auf einen speziellen Fall in Frgge, wollte man tavon abweichen, so würde dadurch die allergrößte Rechts-Ungleich- heit entstehen. Korreferent Frhr. von Mylius: Dem Herrn Vorsißenden ge- genüber erlaube ih mir die Bemerkung, daß es niemals in die Will- kür des Verurtheilten gestellt werden kann, unter welhen Umständen die Strafe vollstreck wérden solle. Es faun ihm also nicht überla|- sen bleiben, ob er sich der Vollstreckung des Urtheils entziehen wolle. Was aber das geehrte Mitglied aus Schlesien gesagt hat, kann ich nicht als einen juristishen Grund ansehen. Um die Frage zu ent- scheiden, auf die es hier ankommt: welher Sab is richtig, gewinnk die Strafe das Wesen einer Schuld, indem sie rechtskräftig wird, oder wiegt die friminalrechtliche Seite vor? Und dann fann im leb- teren Falle nicht davon abgegangen werden, daß die Vollstreckung nur gegen Lebende, niht gegen Todte gerichtet sein dürfe, N Abgeordn, Lucanus: Wenn man konsequent der Ausführung dieser Ansicht nahgehen will, so muß man bedenken: €s steht unbe- dingt fest, daß, wenn Geldstrafen inexigibel sind, sie in Greilheitsstra- fen umgewandelt und auf die Erben angewendet werden müssen, Des= wegen stimme ih gegen den ersten Saß des Paragraphen. (Lachen.) Abgeordn. von Auerswald: Der von dem Abgeordneten aus Grund is an sich so rihtig und auf die

Es i} nux von

liegende Sache scheinbar N E) ; vorüber noch qu sprechen Es ist gewiß, daß rectsfräftige Urtheile

ausgeführt werden müssen, aber doch uur, wenn ein Objekt da ist, gegen das sie ausgeführt werden können, Das wird -nun aber hier niht die erkannte Summe Geldes, sondern der Straffällige selbst seinz wenn dieser aber niht mehr vorhanden ist, so fragt si, ob in diesem Falle eine Stellvertretung stattfinden soll?

Zweite Beilage

geehrte Mitglied so eben wegen der Zweifel über seine Abstimmung

gegen den Verbrecher, warum soll es gegen die Erben vollstredt

legt angeführte : 2 n N so anwentbar, daß ih mir erlauben muß,

Im Sinne des Arguments, was o

Abgeordn. Camphausen: / eben von dem Abgeordneten aus Preußen vorgebracht worden ist, habe ih noch die Frage zu stellen: in welcher Weise das Recht zur

Verwirklihung kommen würde, wenn der rechtskräftig Verurtheilte, dessen Geldbuße wegen Zahlungs-Unfähigkeit in Gefängnißstrafe ver= wandelt worden is, während der vier Jahre stirbt? Müssen dann auch seine Erben die Zeit nasißen, oder wird für sie die Strafe in Geldbuße verwandelt ? __ Marschall: Wir werden also zur Abstimmung kommen. Die erste Frage is zu richten auf den Antrag der Abtheilung, und dann würde die zweite Frage heißen: Soll auf Wegfall des ersten Saßes von §. 29 angetragen werden? J bin der Meinung, daß der An= trag der Abtheilung zuerst zur Abstimmung kommen muß, weil der gestellte Antrag des Abgeordneten nicht eine Modification desselben enthält, sondern an dessen Stelle tritt. Die Rücksicht also, die auf den Antrag der Abtheilung zu nehmen is, wird auch hier si gel= tend machen. Diejenigen, welche die zweite Frage bejahen wollen, würden die erste zu verneinen haben. : Referent: Jh kann unmöglih zunächst gegen den Antrag der Abtheilung stimmen; denn wenn ich mit meiner ‘Ansicht nicht durh- fomme, daß der ganze Paragraph zu streichen sei, so würde ih mi für den Antrag der Abtheilung erklären. Am weitesten geht der Antrag auf Streichung des ganzen Paragraphen, uud daher würde ich do dafür sein, daß hierauf die Frage zuerst gestellt würde. ; Abgeordn. Prüfer: Jh würde mich auch dafür erklären daß die zweite Frage, nämlich die, ob der Vordersat des Paragraphen zu streichen sei, zuerst gestellt werde. : S Marschall : Ih habe kein Bedenken, diese Frage zu stellen Ae aber, n es 09 nur um Wegfall des ersten Sazes han- « Die Frage heißt also: „So f Wegf, :s ersten Saßes des 5. 29 Arien Ae U R 1 . ) A Ra ; P e A s e dieje Frage bejahen, würden das dur Aufstehen

_(Es erhebt sich nur eine Minderheit der Versammlung.) E Beer Wegfall ist niht angenommen. Wir kommen also zu der Grage: „ritt die Versammlung dem Vorschlage der Abtheilung bei sich für die Annahme der Bestimmung des §. 29 mit der Modifica- tion zu erflären, wie sie Seite 17 des Berichts zu lesen ist?“ Vie Frage ist wohl verstanden ? e. . (Allgemeine Bejahung.)

Also würde si h Aufsi zu bej Si A Á A Aufstehen zu bejahen und durch Sigzen-

Es s EN E der Versammlung erhebt sich.) dig ah én wohl, daß die Mehrheit sich dafür entschieden hat. (Bon mehreren Seiten entstehen Zweifel darüber, ob die einfache Majorität oder Zweidrittel sich dafür erklärt haben, wie die durch

ás einander rufenden Stimmen fundgeken.)

Abgeordn. Graf von Renard: Es sind hier Zweifel darüber entstanden, wie die Abstimmung erfolgt is, und es wird doch wohl gezahlt werdcu müßen. E

Abgeordn. von Eynern: Es is auch noch ein Zweifel darüber vorhanden, ob, wenn der Abtheilungs-Vorschlag nicht angenommen wird, der Paragraph als angenommen zu betrachten sei.

: Marschall : _Das ist kein Zweifel, daß die Majorität sich für den Abtheilungs=Vorschlag erklärt hat. Jch werde also nur fragen ob noch gewünscht wird, daß näher ausgemittelt werde, ob sich zwei Orittel dafür aussprahen. Da hierauf fein besonderer Werth zu legen ist, so glaube ih, daß es hinreichend ist, auszusprechen, wie ih es gethan habe, daß die Majorität sich dafür erklärt hat. / :

Landtags-Rommissar: Jch erlaube mir darauf aufmerksam zu machen, daß zur Aufrechterhaltung des Reglements konstatirt werden muß, ob die Aenderung mit zwei Dritteln der Stimmen beantragt ist oder nicht. :

Marschall: Entstehen also darüber Zweifel, ob blos die ein- fache Majorität, wie ih glaubte, oder die Majorität von zwei Drit= teln sich dafür ausgesprochen habe, so wird dies durch nochmalige Ab-= stimmung zu ermitteln sein. 5

(Von mehreren Seiten: Es war nur die einfache Majorität.) Mir scheint fein Zweifel darüber obzuwalten, daß blos die einfache Majorität sih dafür ausgesprochen hat.

: (Sehr viele Stimmen: Ja wohl!)

Wir gehen also zu vem nächsten Paragraphen.

: Fürst Wilhelm von Radziwill : Es enthält dieser Paragraph eine so wichtige Materie, daß ih wohl glaube, wir werden sie heute nicht mehr erledigen können, da die Zeit bereits so weit vorgerüdckt ist, daher es besser wäre, mit der Berathung derselben bei der näch- sten Sibung zu beginnen.

_(Von vielen Seiten Zeichen der Verneinung.) Marschall: Jch glaube nicht, daß der Antrag unterstüßt wird. gehen zu dem nächsten Paragraphen über, ; Referent (liest vor ) : i

2 Co En

6, 30.

Die Stellung unter besondere Polizei-Aufsicht hat der Richter in cken Fällen, in welchen das Geseß dieselbe vorschreibt, zugleich mit den übrigen Strafen des Verbrechens auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren zu erkeunen. Sie beginnt, wenn sie neben einer Frei= heitsstrafe erkannt is, nah deren Abbüßung. :

__ Wenn nach der Persönlichkeit des Angeschuldigten oder nah der Natur des Verbrechens eine fünfjährige Dauer der besonderen Poli= zet - Aufsicht nicht ausreichend erscheint, so hat der Richter in dem Strafurtheile zugleich zu erkennen, daß nah Ablauf der fünf Jahre die Bauer der besonderen Polizei - Aufsicht dur die Landespolizei- Behörde verlängert werden könne.

U G 30.

Vie Stellung unter besondere Polizei- Aufsicht dur richterliches Erkenntuiß hat bisher nur nah rheinishem Rechte stattgefunden. Die Einführung desselben Sicherungsmittels gegen gefährliche Verbrecher in das Strafgesebbuh für die ganze Monarchie ist von den Pro=- vinzial-Landtagen des Jahres 1843 überall gebilligt worden, und der vorliegende Geseh - Entwurf hat im Wesentlichen die Anträge der Provinzial = Landtage zu berücksihtigen gesucht. Es ist indeß gegen=- wärtig bemerkt worden, daß sih ein bejonders günstiger Erfolg von diesem Sicherungsuuttel in der Rhein - Provinz nicht gezeigt habe, daß es in der Ausführung häufig zu Mibbräacen Veranlassung fei, daß es demoralisirend wirke, indem es die Observaten unausgeseßt öffentlich als Verbrecher bezeichne, ihnen dadur die Möglichkeit, sich ehrlih zu ernähren, ershwere, Erbitterung hervorrufe und aus bei- den Gründen zu immer neuen Verbrehen Veranlassung werde. Dies sei au in Belgien und Fraukreih erkannt worden , und man habe sih dort angelegen sein lassen, angemessenere Bestimmungen den frü= hexen Bestimmungen des französishen Rechts zu substituiren und cin- zelne Härten zu entfernen. Nächst diesen Gründen, welche für meh- rere Verbesserungs = Vorschläge zu den §8. 31 und 32 des Gesehz-

201 Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung. Sonnabend den 29. Jan.

dem Richter die Befugniß zu ertheilen, in dem Strafurtheile festzu- seßen: : j daß nah Ablauf der in der Regel niht über die Dauer von fünf Jahren zu verhängenden Polizei- Aufsicht dieselbe von der Landes- Polizei-Behörde verlängert werden könne.

Es wurde bemerkt, daß das Geseß eine der Art und dem Maße nah bestimmte Strafe androhen müsse, und daß hiergegen verstoßen würde, wenn die Bestimmung des Maßes der Strafe in die Hände der Polizei-Verwaltung gelegt werde. Dies sei um so unzulässiger als die Landes-Polizei-Behörde ihr Urtheil nur auf Vorschläge der untersten Polizei-Behörden stüßen könne und die erforderlihe Garan- tie fehlen würde, daß nicht zu große Strenge eintrete. Da in der Regel dur eine fünfjährige Polizei-Aufsiht der Zweck derselben ge- sichert sein würde, so erscheine es angemessen, die desfallsige Bestim= mung ganz fallen zu lassen, und es wurde angetragen,

den zweiten Abschnitt des §. 30 zu streichen. Dieser Antrag hat nur die Unterstüßung von 6 Mitgliedern der Abtheilung erhalten, während sich die Majorität von 7 Mitgliedern für die Beibehaltung der betreffenden Bestimmung erklärte. Für die Beibehaltung wurde der Grund, welcher überhaupt für das Sicherungs- mittel der Polizei - Aufsicht leitend i, geltend gemaht; Schutz der Gesellschaft gegen gefährliche Verbreher. Die Besorgn‘ß, daß die Landespolizei- Behörde zu streng verfahren werde, wurde nicht aner- kannt und für die Beibehaltung der fraglichen Bestimmung angeführt, daß das Bedürfniß, auch über die Dauer von 5 Jahren besondere : olizei-Aufsicht fortbestehen zu lassen, in vielen Fällen nicht werde in Abrede gestellt werden können und die vermißte Garantie darin zu finden sei, daß der Richter die Verlängerung zulässig erkläre. | Die Abtheilung hat daher beschlossen, vorzuschlagen : daß die Bestimmung des §. 30 unverändert angenommen werde.

Korreferent von Mylius: Jch habe zu denjenigen Mitgliedern der Abtheilung gehört, welche der Ansicht waren, daß eine solche Verlängerung der Polizei-Aufsiht dur die Polizei-Behörde unter feinen Umständen zulässig sei, und ih werde das Amendement stellen, daß der zweite Sab des §., 30 gestrichen werde.

Jm Allgemeinen sind meine Gründe für den Antrag dieselben, welche in den Motiven des Entwurfs enthalten sind. Das Straf=- Gese hat genau zu bestimmen, inwieweit die Freiheit des Verur=- theilten noch nachher, nah überstandener Strafe, beschränkt werden dürfe; der Strafrichter is derjenige, welcher zu entscheiden hat, ob die Beschränkung der Freiheit in dem vorliegenden Falle angeordnet werden müsse. Nun tritt mit Bezug hierauf eine Behörde, welche eine wesentlich nicht richterliche ist, als eine solche hier auf, welcher eine wesentlih richterli‘{e Function übertragen werden soll, nämlich die Landespolizei-Behörde. Das ist etwas, was den ersten Grundsäßen eines Strafrechts widerstrebt, und dadurch wird mein Antrag, den zweiten Saß wegfallen zu lassen, seine vollständige Rechtfertigung finden, zumal wir noch keine Erfahrungen haben, welche für eine solche polizeiliche Befugniß anzuführen wären, da wir es mit einer Strafart zu thun haben, die neu in das Kriminal-Geseßbuch einge- führt wird, und da endlich auch für die Weise, wie die Landespolizei- Behörde die Art der Ueberwachung eintreten lassen will, durchaus keine bestimmten Formen gegeben sind, also die größte Vorsicht bei einer fo ausgedehnten Befugniß anzurathen S y

__ Regierungs-Kommissar Bischoff: Es ist allerdings richtig, daß die Polizei - Aufsicht in der hier angenominenen Art bis jeßt nur in der Rheinprovinz üblich is, Jn der Rheinprovinz tritt aber die po- lize:lihe Aufsicht auf Lebenszeit ein. Jm Jahre 1832 hat eine Um- arbeitung des Code pénal in Frankreich stattgefunden, und man hat dort bei der Polizei - Aufsicht das wesentlihste Gewicht auf die im Entwurfe §. 31 Nr. 2 enthaltene Bestimmung gelegt. Die wichtigste Abweichung des Entwurfs von der rheinischen Strafgeseßgebung be- steht darin, daß im Entwurfe die Dauer der Polizei = Aufsicht auf 5 Zahre beschränkt is, Hierb-i hat man jedoch nicht verkannt, daß es Jâlle geben könne, wo eine fünfjährige Polizei=Aufsicht nit ausrei= hend ist, und wo cs im Juteresse der öffentlichen Ordnung nothwen- dig erscheint, eine längere Dauer dieser Aufsicht zuzulassen. Für Fälle dieser Art hat man die Auskunft getroffen , daß der Richter bem er die Persönlichkeit und die Berhältnisse genauer prüft , das Recht habe , zu sagen, es solle zulässig sein, hicrnächst noch eine längere Polizei-Aufsicht eintreten zu lassen. Wenn ih den Herrn Korreferen- ten rihtig verstanden habe, so erklärt er sich hauptsächlich dagegen daß demnächst die Landes-Polizeibehörde, nachdem ihr dur das frü- her ergangene Erkenntniß die Befugniß ertheilt worden darüber ur= theile, ob die fünfjährige Dauer noch zu verlängern sei, Das hat bei thm Anstoß verursacht, und wenn ih nicht irre, ist seine Ansicht, S von dem Richter auf eine längere Dauer erkannt wer- Indessen is} zu bemerken, daß eine derartige Besti Ver= hältnissen nicht recht entsprechen würde. Jn r Mlaenbitae E der Richter das Erkenntniß abfaßt, weiß er nicht, wie der Verbrecher sich in der Golge führen wird, ob er sich bessern wird oder nicht. Vie Dauer der fünfjährigen Polizei-Aufsicht läuft erst von dem Tage wo der Verbrecher die Freiheitsstrafe abgebüßt hat, ab. Also die Grage, ob die Polizei=Aufsiht über diese fünf Jahre hinaus verlän= gert werden soll, faun erst nach Ablauf der Strafzeit und nach Ab-= lauf der fünfjährigen Polizei-Aufsicht, also auf eine der wahren Ab= siht des Geseßes entsprehende Weise erst dann entschieden werden wenn der Richter mit der Sache niht mehr befaßt is Da erscheint es am angemesjensten, die Polizei-Behörde darüber entscheiden zu lassen. Um aber auch hier die Sicherheit zu haben, daß nicht un- Lee Polizei - Beamte gravirend eintreten, ist Vorsorge dadurch ge= trossfen worden, daß eine solhe Verlängerung der Polizei « Aufsicht nur durch die Landes - Polizeibehörde, also die Regierung, festgeseßt werden kann. Leßtere wird die Sache näher reerchiren lassen, die Verhältnisse genau prüfen, und, wenn sie sich überzeugt, daß die Auf- sicht noch über die Dauer von fünf Jahren fortgeseßt werden müsse so glaube ih, daß man sich dabei beruhigen könne. / Candtags-Rommissarius: Wenn hier hervorgehoben worden ist daß die Bestimmung über die polizeiliche Beaufsichtigung von Ver- brehern nach Abbüßung ihrer Strafen nur das rheinishe Recht ge- kannt habe und solche den Geseßen der älteren Landestheile fremd sei, so ist das dem Buchstaben nach richtig ; der Sache nach aber hat die polizeiliche Beaufsichtigung der entlassenen Verbrecher auch in diesen Landestheilen längst bestanden und durchaus niht entbehrt werden können, da es eine der wichtigsten und für die- öffentliche Wohlfahrt dringendsten Aufgaben der Polizei ist, diese Aufsicht mit möglichster Umsicht und nah Umständen mit Strenge zu üben. Eben deshalb aber betrachte ih es als einen großen Fortschritt der Gesebz= gebung, wenn wir das, was die Polizei bisher thun mußte, jegt in gejeolde M Lege bringen. ;

_ Uedrigens i die Bestimmung des Entwurfs, wona i die Polizeiaufsiht nur auf 5 Jahre bestimmt lten a dagen

dem Erkenntni

Entwurfs ieitend gewesen sind, is bei Gele i ü 1 i genheit der Prüfung des vorliegenden Paragraphen angeführt worden, , daß es bedenflid sei,

einen Zusaß machen darf, daß unter gewissen Um-

Aufsicht zu verlängern, eine sehr wesentlihe Milderung des jetzigen rheinischen Rechts, welches in sehr vielen Fällen Polizei-Aufsicht | auf Lebenszeit ausspriht. Jh kann auch nicht zugeben, daß durch den Geseßesvorshlag die Landes - Polizei - Behörde richterliche Gewalt erhielte, oder daß darin eine Vermischung der Gewalten liege; denn nit die Polizei, sondern der Richter erkennt die Strafe, und Erstere beurtheilt nur, ob der Fall vorliege, von der rihterlichen Ermächtigung Gebrauch zu mahen. Wenn man über= haupt die Polizei - Aufsicht, die gegen Verbrecher geübt werden muß, in gewisse, durch das Geseß bestimmte Formen und Schranken brin= gen und in denselben ausüben will, so glaube ich, daß es n‘cht anders geschehen fann, als dur die vorliegende Vorschrift. Wollte man ste aufgeben, so würde die Polizei - Aufficht denno bei vielen Verbrechern nach Ablauf der durch das Erkenntniß bestimmten Frist fortbestehen müssen, aber dann ohne geseßliche Basis. Deshalb kann ih nur wünschen, daß die Bestimmung des Gesebesvorsch!ags im Interesse der gesammten Monarchie aufreht erholten werde.

_Rorreferent : Was die Form betrifft, in welcher die Polizei= Aufsicht ausgeübt werden soll, so wird das durch den folgenden Pa= ragraphen bestimmt, und es wird dort Veranlassung sein, noch Ein= zelnes dagegen zu erinnern. Hier handelt es sih, wie von dem Herrn Landtags - Kommissarius anerkannt worden is, darum, ob die Bestim= mung in dem zweiten Alinea festgehaiten, ob nah Ablauf der Polizei= Aufsiht von 5 Jahren noch eine längere Polizei - Aufsicht durch die Polizei - Behörde ausgesprochen werden könne. Nun is es richtig, daß die hier vorgeschlagene Bestimmung eine Milderung gegen deu Zustand enthält, wie er nach der rheinischen Geseßgebung besteht, und das ist anerfennungêwerthz; aber es is auch wahr, daß dies ge- schehen is, weil man jich die Ueberzcugung verschafft hat, daß die Polizei=Ausfsicht auf Lebenszeit unzweckmäßig und doch nicht im Stande sei, eine genügende Garantie zu leisten. Jch glaube aber nicht, daß dies die Nothwendigkeit einshließe, hier auszusprechen, es sei in Bezug auf diejenigen, welche in Folge des richterlihen Urtheils eine Strafe verbüßt und fünf Jahre unter Polizei-Aufsicht gestanden haben, nun noch einmal die Wirksamkeit der Landes-Polizei=-Behörde anzurufen, um das Strafübei gegen den Verurtheilten zu verlängern. Jch glaube auch schon deshalb nicht, daß dies notl.wendig sei, weil die zu verhängende Freiheitsstrafe hon eine von längerer Dauer i}, weil außerdem noch neben diese Strafe eine fünfjährige Polizei - Aufsicht tritt; warum, frage ih, soll Jemand, an dem das Alles vorüber= gegangen ist, noch unter die Willkür der Landes - Polizei - Behörde gestellt werden? warum soll diese ermächtigt sein, daß gegen ihn nach Willkür noch eine größere Härte ausgeübt werden könne? Jch glaube es sei anzunehmen, daß bei dem Verbrecher Besserung, also das ein= getreten sei, was das Geseß beabsichtigt, bis er das Gegentheil dar= gethan hat, und daher glaube ih, daß das zweite Alinea gestrichen werden muß. : 4

Abgeordn. Sperling: Jh will nur eine furze Bemerkung mir gestatten, nämlich die, daß ih der Ansicht bin, es gehöre diese Be- stimmung nicht in das Gese, Mögen Fälle vorkommen , in welchen die Polizei - Aufsicht noch über fünf Jahre hinaus verlängert werden muß, dann raume man diese Befugniß der Polizei-Behörde in einem besonderen Gesebe ein, Daß solche hier im Kriminal- Geseße aus= gesprochen und von dem Richter darauf erkannt werde, dafür sche ich feinen Grund. Man müßte dem Richter eine Divinationsgabe zu= muthen, die kein Mensch besißt. Unmöglich wird er schon bei Áb= fsajsung eines Urtheils auf fünf Jahre hinaus ermessen können “ob nach dere1 Verlauf noch eine fernere Polizei- Aufsicht nothwendig sein werde oder niht. Jch erkläre mih dahin, daß der zweite Saß ge= strichen werde. d Regierungs-Kommissarius Bischoff: Es if sa gerade eine Gg= rantie, die der Entwurf gewährt, indem der Richter bestimmt, unter welchen Umständen diese Verlängerung der Polizei- Aufsicht stattfinden könne. Es is wünschenswerth, daß man alle diese Bestimmungen in cinem Gesecbe vereinigt uud nicht in mehreren Gesezen zersplittert Was aber die dem Richter zugemuthete Divinationsgabe betrifft so sind die Ansprüche nicht groß. Wenn der Richter einen Verbrecher vor fich hat, der schon öfter bestraft worden is oder vielfache {were Verbrechen begangen hat, so ist dadur von selbst die Vermuthung begründet, daß der Verbrecher ciner längeren als fünfjährigen Poli= zei- Aufsicht bedarf. I

El Sollte sich demnächst herausstellen, daß eine langere Aufsicht nicht erforderlich is, \o wird die Landes =- Polizei= Behörde davon absehen. i 5

_ Abgeordn, Secretair Dittrich : Die gegenwärtige Bestimmung scheint mir ein großer Fortschritt zu sein. Wir haben die Polizei= Aufsicht schon bisher gehabt, und zwar ohne daß ein richterliches Crkenntniß ihr zum Grunde gelegen hat, und wenn von dem Herrn Korreferenten eingewendet worden ist, daß der Polizei - Behörde zu viel Gewalt übertragen werde, so muß ich dem widerstreiten. Der Richter entscheidet, ob die Verlängerung der Polizei -= Aufsicht statt-= sinden solle, und die Polizei - Behörde vollstreck nur das Erkenntniß;

denn der Entwurf sagt, daß der Richter in dem Urtheile darauf zu erkennen habe, und die Polizei=Behörde hat also nur die Aufgabe zu untersuchen und sih zu entscheiden, ob sie dieses Erkenntniß mil- T indem sie die Verlängerung“ der Polizei - Aufsicht nicht __ Abgeordn. von Brünneck: Jch habe nur noch zu bemerken, daß dieselbe Bestimmung auch in dem Entwurfe von 1843 enthalten La und ähnliche Bedenken stattgefunden haben. Der preußische andtag hat geglaubt, diejen Bedenken dadur begegnen zu können, daß er für die Observaten das Recht in Anspruch nahm, auf richter= liches Gehör und richterliches Erkenntniß provoziren zu können,

_Regierungs-Kommissarius Bischoff: Die Bestimmungen des Ent=

wurfs von 1843, welche zu Erinnerungen seitens der Provinzial-

Stände Anlaß gegeben haben, waren andere, als die hier in Rede

stehenden. Es waren dies die aus dem neuen Entwurfe weggelasse=

nen beiden leßten Absäßze des damaligen §. 40. Es* hieß dort:

„Die Aufhebung derselben nah Ablauf eines Jahres hängt von dem Ermessen der Polizeibehörde ab.

Soll die besondere Polizeiaufsiht nah einer Dauer von fünf Jahren fortgeseßt werden, so ist hierzu die Genehmigung der Landes=-Polizei-Behörde erforderlich.“

Gegenwärtig hat sich die Sache anders gestaltet. Denn nur, wenn

der Richter vorher darauf erkannt hat, soll die Verlängerung der

Polizei-Aufsicht über die Dauer von fünf Jahren hinaus stattfinden

können. Abgeordn. von Uechtriß: Jh kann mich nur für die Beibehal- tung dicser Bestimmung erklären, und nach den Fällen, die mir vor= liegen, wird es nicht leiht vorkommen, daß die Polizei-Aufsicht über fünf Jahre fortgeseßt wird. Jch vermisse aber einen Paragraphen darüber, wie die frühere Aufhebung der polizeilichen Aufsicht möglich gemacht werden könnez denn, Gott sei Dank, es liegen mir viele Fälle vor, wo die Observaten sich gut geführt haben, und wenn der Richter auf fünf Jahre Polizei - Aufsicht erkennt, die Behörde aber

ständen die Polizei die Befugniß erhalte, nah Ablauf dieser Frist die

findet, daß der Observat sich gut geführt hat, \o fehlt es an einer