1848 / 40 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

a 2 E E A

C A A E met T Ae

daß der Fall zu subsumiren sei unter das leßte Alinea; es würde dann fünfjährige bis lebenswierige Zuchthausstrafe eintreten. Hier- egen würde im Allgemeinen nicht viel zu erinnern seinz indessen ist in den früheren Stadien der Revision darauf aufmerksam gemacht worden , daß durch die Nachweisung solher Wege und Fuhrten der nes unter Umständen ein bedeutender Nachtheil zugefügt werden önne.

Abgeordn. von Sauen - Tarputshen: Die Anuseinander- seßung des Herrn Regierungs-Kommissars hat mi niht überzeugen können, daß von der Streichung der Nr. 7 ganz und gar abgestan- den werden müsse. Jeder, der Kriegserfahrung hat, weiß, daß tau- send Mittel dem Feinde geboten sind und er sie auch wohl wird an- zuwenden wissen, um das zu erlangen, was Alinea 7 verpönt. Den Beweis der Straflosig- oder Straffälligkeit zu führen, wird nie mög- lih sein, und so aufs Ungewisse hinaus möchte ih feine so harte Strafe aufstellen. Jch glaube, daß wir Alle mit einander, die wir

ewiß die Sicherheit des vaterländischen Heeres und den guten Er- folg unserer Waffen wünschen, nicht für nöthig halten werden, diesen Say stehen zu lassen, indem alle mögliche Gefahr dabei durch das leßte Alinea vorbedacht worden ist.

Abgeordn. Rrause: Jch habe allerdings nur dasselbe zu sagen, Ich wünschte, daß Nr. 7 weggestrihen würde. Es wird wohl Nie- mand glauben, daß Jemand den Hochverräther oder Landesverrätler das Wort reden wolle, hier aber scheint mir do, namentlich wenu der Feind im Lande steht und man vielleicht gezwungen wird, einem feindlichen Anführer, unter der Drohung, erschossen zu werden, einen Weg oder eine Furth zu zeigen, sih unterwerfen muß, niht mit der Todesoder Zuchthausstrafe belegt werden müsse.

Abgeordn. Prüfer: Jh muß mich gegen die Streichung von Nr. 7 erklären, einfach aus dem Grunde, weil in der früheren Zeit schon ausdrücklich hervorgehoben worden is, daß gerade dieses Ge- seß eine Anweisung an das Volk sein solle; würde nun diese Nummer wegfallen, gleichwohl aber die hier aufgeführten Dinge strafbar blei- ben und nur stillschweigend in den Schlußpassus versteckt werden, so würde ih in dieser Beziehung eine bestimmte Vorschrift vermissen, welhe dem Unterthan hierüber gegeben werden muß. Audererseits kann ih die Besorgniß nicht theilen, die ausgesprochen worden is, daß ein Unschuldiger in eine so hohe Strafe kommen kann, weil ih glaube, daß gerade der Gegentheil, der mi anfklagt, auch zu der fraglichen Beweisführung verpflichtet ist, Deshalb halte ih die Beibehaltung von Nr. 7 für nothwendig.

Abgeordn. Dansmann: Jch gehöre zur Abtheilung und habe auch dabei meine großen Bedenken geäußert wegen Nr. 5 und 7, nament- lih aber wegen Nr. 7; denn wenn Nr. 7 stehen bleibt, so möchte ih nicht mehr am Leben sein, weil ih im Kriege von 1806 bis 1813 für die Feindesmacht unzählige Boten und Wegweiser zur Zeigung von Wegen 2c. habe stellen müssen. Jch bin der Meinung, daß Nr. 7 durchaus gestrichen werden mußz auch gegen Nr. 5 habe ih ein L Bedeuken, stehen zu lassen, weil diejenige Person, welche olche

esipt, durh Feindesmaht gezwungen werden kann, solche herauszu-

geben. Jh würde mir zu beantragen erlauben, daß zum Schluß des

Ms E, zes A gesept würde: „ohne Zwang.“ i ar|chal: Der Antrag ging also dahin, 0

n S P Va R A 19 geordn. Dansmann: Jch wollte nur wissen, was ih m

soll, wenn der Feind L D s M Mayen

Abgeordn. Becker: Jch kann mich meinerseits mit dem Abge- ordneten aus Schlesien nicht einverstanden erklären, denn es sind mir selbst, besonders in den Jahren 1806 und 1813, öfters die Fälle be- fannt, daß da, wo feindlihe und freundlihe Heere in verschiedenen Gegenden wehselseitig operirten, diesseitige Unterthanen im freien Felde von dem Feinde aufgegriffen worden, daß die Feinde sogar in die Dörfer kamen und Boten requirirten, und was sich durch die Flucht entziehen wollte, hatte immer den Tod verwirkt. Jch kanu mi deshalb nur für den Wegfall von Nr. 7 erklären.

Abgeordn. Steinbeck: Jh bemerke, daß Nr. 7 deshalb wohl wird gestrihen werden müssen, weil in der praktishen Anwendung keine sihere Gränzlinie zu ziehen is zwischen dem, was in dem hier berührten Fall strafbar, und dem, was erlaubt is, und es werden Fälle vorkommen, wo die Feinde nah Wegen und Fuhrten fragen und wo unbedingt, weil die Bevölkerung des Distriktes in der Ge- walt des Feindes is}, der Einzelne sich nicht wird entbrehen können, die Wege und Fuhrten anzugeben, die vielleiht nicht für die eigenen Truppen unnachtheilig sind. Jch bemerke zugleich, daß in einzelnen Fällen, wo durch Nachweisung vou Wegen und Fuhrten dolose der Armee des L Nachtheil zugefügt werden kann, durch den Schluß- saß vorgesorgt ist. Daß dergleichen dolose Fälle allerdings vor- fommen, leugnet Niemand, und ich will hier an das Beispiel aus der Geschichte, an die Schlacht bei Mühlberg, erinnern.

(Eine Stimme: Bei Jena.)

Abgeordn. Sperling: Die Nr. 7 folgt unmittelbar auf die Nummer, weiche von Personen handelt, die ähnlihe Verbrechen des Gewinnes wegen begehen; dics führt mih zu dem Vorschlage, der Nr. 7 etwas hinzuzufügen, nämlich zu sagen:

„Dem Feinde Wege oder Fuhrten ihres Gewinnes wegen

nachweisen.“ -

: _ (Einige Stimmen: Nein !)

Auf diese Weise wäre die Gefahr ausgeschlossen, daß Jemand, der nur durch Gewalt gezwungen wird, dem Feinde Vorschub zu lei= sten, zur Strafe gezogen werde; und ich glaube, es wäre dadurch auch die Juteution des Gesebgebers gesichert.

Landtags - Kommissar: Das Gouvernement legt keinen beson- deren Werth darauf, ob der Passus 7 beibehalten ober eei wird, weil er im leßteren Falle unter die clausula generalis des Slusses fällt, Den Zusaß „um Geldes willen“, den der geehrte Abgeordnete der Stadt Königsberg vorgeschlagen hat, kann id nicht für geeignet halten, weil dergleihen Verbrechen gerade in landesver- rätherischer Absicht begangen werden können, und dann eben so straf- bar oder vielmehr noch strafbarer sind, als wenn es des Gewinnes wegen geschieht, y i

Außerdem erlaube ich mir noch einen anderen Punkt hervorzu- heben. Es is bemerkt, daß der Konsequenz wegen auch hier die Strafe, sofern niht auf den Tod zu erkennen, nur Strafarbeit mit fafultativem Verlust der Ehrenrechte sein könne; ih glaube aber, die hohe Versammlung darauf aufmerksam machen zu müssen, daß hier nothwerdig alternativ auf Strafarbeit oder Zuchthaus wird erkannt werden müssen, weil gerade unter dem Paragraphen viele Fälle zu subsummiren sind, welche von der allerniederträchtigsten und ehrlose- sten Gesinnung zeugen, ih meine die Fälle, wo Jemand sih durch Geld erkaufen läßt, um Verräther des Vaterlandes zu werden. Wenn irgend wo ein Verbrechen ehrlos ist, so is es dies, und deshalb bin ih entschieden der Meinung, daß es durch den Ausschluß der Zucht- hausstrafe nicht geschont werden dürfe, sondern daß diese Strafe al- ternativ stehen bleiben müsse. :

. Justiz-Minister von Savigny: Jch trete der Ansicht und den Gründen des Herrn Landtags-Kommissars mit vollster Ueberzeugung bei, Suite „aber, daß dann au nothwendig ist, daß im ersten Falle die fakultative Aberkennung der Ehrenrechte vorbehalten werden muß, denn, daß einem Spion, wenn er hingerichtet wird, wie hier vorge-

322 {lagen wird, die Ehrenrehte vorbehalten bleiben sollten, das fände ih ganz unbegreiflich.

Abgeordn. von Auerswald: Jh kann mi zwar der Ansicht des Herrn Ministers der Geseßgebung, aber noch nicht der Ansicht des Herrn Landtags-Kommissars anschließen, weil nicht von den an- geführten besonders niederträhtigen Handlungen, sondern von allen anderen Handlungen preußischer Unterthanen die Rede is , durch welhe dem Feinde wissentlich Vorschub geleistet oder den Truppen des Königs oder seinen Bundesgenossen wissentlich Nachtheil zuge=- fügt wird. Es sind die s{impflichsten Handlungen vorweg bezeichnet, und nur für alle anderen Handlungen gilt die Strafe des Nachsates. Jch glaube, daß, wenn die Todesstrafe nah dem Vorschlage des Herrn Justiz - Ministers mit Aberkennung der Ehrenrechte geshärft werden sollte, was uur für den Fall der Begnadigung praktische Bedeutung hâtte, da nur hierbei der Verlust der Ehrenrechte eintreten könute, also mit anderen Worten das Zuchthaus, \o würden wir inkonse- gun sein, da wir in anderen Fällen diese Verschärfung abgelehnt

aben.

Candtags - Rommissar: Jh bedaure, dieser Ansicht nicht bei= treten zu können. Der Schlußsaß des Paragraphen ist hinzugefügt, weil ohne zu große Kasuiftik die Aufzählung der hierher gehörigen Fälle nicht vollzählig sein kann und Fälle eintreten fönnen , die den aufgeführten sehr nahe stehen, aber niht genau darunter zu subsumi- ren sind. Gerade solche Fälle aber werden der Regel nach aus einer niederträchtigen Gesinuung hervorgehen. Jh wage es nicht, in die Kasuistik dieser Fälle näher einzugehen ; ih sehe aber voraus, daß, wenn der Richter einen speziellen Fall vor sich hat, den er nicht ganz streng unter einen der namentlich aufgeführten Fälle rechnen fann, die Todesstrafe nicht aus\sprehen wird; wenn es aber in die- sem Falle ein im höchsten Grade ehrloses Verbrechen is, so muß er doch auf eine entehrende Strafe erkennen können. Deshalb halte ih es fortwährend für angemessen, daß die Versammlung sich dafür Zta in dem vorliegenden Falle das Zuchthaus nicht auszu=

ließen.

Vice = Marschall von Rochow: Es will mir au scheinen, als ob die Zuchthausskrafe nicht ausgeschlossen werden könne. Es is hier von einer Verrätherei die Rede, welhe nicht durh das Wörtchen „hoh“ zu etwas Ehrenhaftem gestempelt werden kann. Hier is von einer ganz gemeinen Verrätherei die Rede. Diejenigen, welche sie begehen, pflegen gegen alles Ehrgefühl gänzlich abgestumpft zu sein, sie haben feine Ehre mehr im Leibe. Dircse Verbrechen gehören gar nit mehr in das Reich der politischen Verbrechen, für die man mög= licherweise eine gewisse Sympathie äußern kann. So wie der Degen gezogen wird, hört die Politik auf, und ih glaube, daß hier von einer Kategorie die Rede sei, bei der man mit der Zuchthausstrafe nicht mehr zaghaft zu verfahren brauche.

Marschall : Wenn keine weitere Bemerkung erfolgt, so kommen wir zur Fragestellung, Die erste Frage würde auf den Wegfall des Punktes 7 zu stellen sein.

(Eine große Anzahl der Mitglieder erhebt sich.)

Die große Mehrheit hat sihch für den Wegefall ausgesprochen.

Die nächste Frage würde sich auf den Vorschlag beziehen, daß, wenn in Fällen des §. 89 auf die Todesstrafe erkannt wird, zugleich fakul=- tativ auf Aberkennung der Ehrenrechte erkannt werden fönne, und diejenigen , welche diesem Vorschlage beistimmen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. ___ Die Versammlung hat sich mit großer Majorität dafür ausge- prochen. Die nächste Frage bezieht sich darauf, ob in den Fällen, die unter den leßten Absaß des §. 89 fallen, zu den Strafarten der Festungshast und der Strafarbeit mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrechte die Zuchthausstrafe hinzutreten möchte.

Abgeordn, Camphausen: So weit is die Versammlung noch nicht gekommen, daß Zuchthausstrafe der Strafarbeit gegenübergestellt worden wäre, wenn mit der leßteren der Verlust der Ehrenrechte un- bedingt verbunden sein soll.

(Mehrere Stimmen: Nei, nein!)

Landtags - Rommissar: Der Paragraph \{lägt Zuchthaus- strafe vor, soll es nun heißen: Strafarbeit oder Zuchthausstrafe ?

Marschall: So ist es!

Abgeordn. Dittrich: So weit ih verstanden habe, soll Zucht- hausstrafe stehen bleiben.

Marschall: Ging das Monitum des Abgeordneten Camphau- sen dahin, daß gesagt wurde, es könne bei Zuchthausstrafe von be- sonderer Aberkennung der bürgerlihen Ehre nicht die Rede sein, so würde das nicht zutreffen, denn das habe ih nit gesagt.

Abgeordn. Camphausen: Bei Zuchthausstrafe versteht si der Verlust der Ehrenrechhte von selbst. Man hat bis jeßt dem Richter nur die Wabl gelassen zwishen Strafarbeit mit und ohne; man hat aber niht noch die weitere Subdivision angenommen; zuerst Zuchthaus=- strafe, dann Strafarbeit mit und endlih Strafarbeit ohne Verlust der Ehrenrechte.

Marschall: Es würde also, wenn dem von anderer Seite nicht widersprochen wird, blos die Unterscheidung eintreten, daß der Aberken= nung der bürgerlichen Ehre gar feine Erwähnung geschähe, daß also bean=- tragt würde, neben der Zuchthausstrafe auh Festungshast und Straf- arbeit eintreten zu lassen, und die, die diesem Antrage beistimmen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Es hat sich eine große Majorität dafür erklärt, und wir kommen nun zu §. 90,

Referent Kaumann (liest vor) :

8 U

Wer mit Verleßung seiner Unterthanenpfliht oder, wenn er ein Ausläuder is, mit Verleßung einer gegen den preußischen Staat be- sonders übernommenen Dienstpflicht vorsäblich

1) Staats-Geheimnisse, Festungspläne oder solhe Urkunden, Afk- tenstücke oder Nachrichten, von denen er wußte, daß das Wohl des Staates deren Geheimhaltung, einer fremden Regierung gegenüber , erfordere, dieser Regierung mittheilt oder öffentlich

bekannt macht, oder : U

2) zur Gefährdung der Rechte des Staates im Verhältniß zu einer fremden Regierung die darüber sprechenden Urkunden und

Beweismittel vernichtet, verfälsht oder unterdrücckt, oder

3) ein ihm aufgetragenes Staats-Geschäft mit einer fremden Re=

: gierung zum Nachtheil des preußischen Staats führt, ist mit fünf= bis zwanzigjährigem Zuchthaus zu bestrafen,“ Das Gutachten der Pons Gurt „Zu §. 90. _ Zur Beseitigung des unbestimmten Ausdrucks „Unterthanenpflicht“/ ist vorgeschlagen worden, die Bestimmung dahin zu fassen :

(reue Unterthanen oder Ausläuder, welhe mit Ver-

eßung 2c,‘

Die Abtheilung hat indeß in Erwägung, daß die Fassung des Paragraphen zu keinem Zweifel über den Sinn der Bestimmung An- laß geben fann, den Vorschlag mit 10 gegen 3 Stimmen abgelehnt und trägt auf unveränderte Annahme an.“

Abgeordn. Cucanus: Es muß doch wohl auch bei diesem Pa-

Marschall: §. 91.

Referent Kaumann (liest vor):

Ausländer, welche, wäh al M ter dem S

/ , während sie unter dem u E

{hen Staates in dessen Gebiete sich aufhalten , D laez ers Jaens- einer fremden Regierung einlassen, um dieselbe zu einem Kriege gegen den preußischen Staat zu veranlassen, oder dem Feinde Vorschub lei sten, oder den Truppen des Königs oder seiner Bunbdesgeuossen Nach theil zufügen, oder in Friedenszeiten zur Gefährdung des preußischen Staats an eine fremde Regierung Staatsgeheimnisse, Festungêpläne Urkunden, Aktenstücke oder Nachrichten mittheilen, oder Urkunden und Beweismittel vernichten, verfälschen oder unterdrüden, sind mit den- selben Strafen zu belegen, welche für diese Handlungen den preußi= schen Unterthanen angedroht sind (§§. 87. 89. 90.)

Das Gutachten der Abtheilung lautet :

¡0 6: DL

Die Bestimmung dieses Paragraphen is eine Restriction der Vorschriften §F§. 1 bis 4, da eine unbedingte Anwendung dieser Vor- schriften auf Ausländer bei dem Verbrechen des Hohverraths zu weit führen würde. Es wird Sache der Final-Redaction sein, die Be- stimmung des §. 91 so zu fassen, daß niht Konsequenzen daraus gezogen werden fönnen, wie sie bei §. 86 erwähnt worden sind. Gegen die Bestimmung dieses Paragraphen selbst findet si sonst nichts zu erinnern, ‘‘

Marschall: §§. 92 und 93.

Referent Naumann (liest vor) :

indi 92

Wer es unternimmt, auf gewaltsame Weise den Deutschen Bund aufzulösen, die Bundes - Verfassung zu ändern oder das Bundes=- Gebiet zu verkleinern, is eben so zu bestrafen, wie ein Hochverräther gegen den preußishen Staat (§§. 80—86).

0.909.

Die über landesverrätherishe Handlungen gegen den preußischen Staat aufgestellten Strafbestimmungen (§§. 87 —91) sind auch auf diejenigen gleichartigen Handlungen anzuwenden, welche gegen den deutschen und vou preußischen Unterthanen oder von Unterthanen anderer deutscher Bundesstaaten oder von solchen Ausländern began- gen werden, die sih unter dem Schuße eines deutschen Bundesstaates in dessen Gebiet aufhalten.“

nDU-68.:92, Unid792.

Unternehmungen und Handlungen gegen den deutschen Bund, welche, gegen den preußischen Staat gerichtet, Hochverrath oder Lan= desverrath sein würden, sollen nah den Bestimmungen dieser Para- graphen wie Hochverrath und Landesverrath geahndet werden. Diese Bestimmungen sind nicht gerechtfertigt. Der deutsche Bund beruht auf einem Vertrage, welchen die souverainen Fürsten und freien Städte Deutschlands durch die Bundes = Akte vom 8. Juni 1815 geschlossen haben. Er isst wie ihn die wiener Schluß - Akte vom 15. Mai 1820 Art. I. bezeihnet ein völkerrehtliher Verein zur Bewah=- rung der Unabhängigkeit und Unverleblichkeit der im Bunde begrisse- nen Staaten und zur Erhaltung der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands, der wie es im Art. 11. heißt in seinem Junern als eine Gemeinschaft selbstständiger unter sich unabhängiger Staaten mit wechselseitigen gleihen Vertrag s-Rechten und Vertra g s-Oblie- genheiten, in B äußeren Verhältnissen aber als eine in politischer Einheit verbundene Gejammtmacht besteht, Der deutsche Bund ist fein Staat, soudern ein Vündniß unabhängiger Staaten; es sind ihm, dem Unterthanen der deutschen Staaten gegenüber, keine Souveraine- täts-Rechte übertragen. Die Bundes-Afte is ein Vertrag der sou= verainen Fürsten und freien Städte Deutschlands und feine die Verhältnisse der regierenden Fürsten zu ihren Unterthanen ordnende Staatsverfassung. Es existirt endlich kein Gebiet des deutschen Bundes in der Bedeutung eines Staatsgebiets. Eine ge waltsame Auflösung des deutschen Bundes und eine Aenderung des Bundesvertrags (Bundesverfassung) durch einen Dritten läßt sich nicht denken, weil ein Vertrag überhaupt gegen den Willen der kon- trahireunden Theile durch einen Dritten niht aufgelöst werden kaun, und eben so wenig ist eine Verkleinerung des Bundesgebiets denk= bar, weil ein Bundesgebiet eben nicht existirt. Jn den Motiven zu F. 94 Seite 46 wird ganz richtig ausgeführt, daß Landesverrath

nur denkbar sei von Seiten der Staatsgenossen, weil er ein Ver=-

rath sei und den Bruch irgend einer Verpflichtung zur Treu e voraussete. Was vom Landesverrath gilt, muß auch vom Hochverrath gelten, Eine Staaktsgenossenschaft der Staatsbürger aller einzelnen Bundes- staaten existirt aber nicht, und- eine Verpflichtung zur Treue, dem deutshen Bunde gegenüber, waltet niht ob. Ganz besonders muß dies in Beziehung auf die Provinzen Preußen und Posen, welche niht zu dem Staatsgebiebt gehören, mit welchen der preußische Staat zum deutschen Bunde gehört, gelten und gleihmäßig in Be=-

ziehung auf Landestheile andeier deuishen Bundesstaaten, bei welche

dieselben Verhältnisse stattfinden.

Gegen die auch von berühmten Rechtslehrern aufgestellte Ansicht, daß Hochverrath gegen den deutschen Bund nicht möglich sei, wurde andererseits zwar hervorgehoben, daß der deutshe Bund wesentlich die Einheit Deutslands wahre, und daß durch den Zweck, diese Cin- heit zu sichern, die Bestimmungen der §§. 92 und 93 gerechtfertigt seieu. Ferner wurde geltend gemacht, daß die Bundesakte als Bun= des-Verfassung erachtet werden müsse, daß die Bestimmungen dersel- ben zugleih Verfassungs-Gesebße für die einzelnen Bundesstaaten seien, daß als Bundesgebiet die Landestheile der einzelnen Bundesstaaten gelten müssen, und daß daher Verbrechen, von welchen §. 92 ‘handle, wohl denkbar seien. Außerdem wurde bemerkt, daß die Strasgeseb=- bücher anderer deutsher Staaten ganz ähnliche Vestimmungen ent- hielten, und daß die Bestimmungen der §§. 92 und 93 feinem Be- denken unterliegen könnten, weil nah dem dur das Allerhöchste Pa- teut vom 28. Oktober 1836 publizirten Beschlusse der Bundesver- sammlung (Geseßb-S. 1836 S. 309) der Verrath gegen den deut- {en Bund in gleiher Weise, wie das Verbrechen gegen den preußi= schen Staat gegtubet werden 2e Diesem lebten Grunde insbe= ondcre wurde indeß entgegengeseßt, s D | daß keiner der n e Ra dem deutschen Bunde Souve-

rainetätsrechte übertragen habe; dh - daß die Geseßgebung unbeschränkt den einzelnen Bundesstaaten verblieben sei; ; : s daß durch die Publication des im Jahre 1836 gefaßten Beschlus- ses der Bundes - Versammlung gegen die Rechte der Stände verstoßen worden, weil die S atatlhdebiind wesentlich in das Personenrecht eingreife, und Gesebe, welche Veränderungen in Personen - und Eigenthums - Rechten betreffen, nah der Vera ordnung vom 5. Juni 1823 vor ihrer Publication von den Ständen berathen werden müssen, 7 E daß daher gegenwärtig bei Beantwortung der Frage, ob die in den §§. 92, 93 enthaltenen Bestimmungen zu erlassen seien, der Beschluß des Bundestages vom Jahre 1836 nicht ent- i in dürse. Di Cbibciing n zwar an, daß es angemessen sei, die im

ragraphen die Modification der Strafbestimmung eintreten, welche | deutshen Bunde befindlichen Staaten vor anderen durch besondere doch einmal Mater durchgeführt E soll. y A die Me prozität verbürgende Verträge dem preußischen Staate näher Referent Naumann : Es würde nur die Frage sein, ob in , stehenden Staaten gegen Handlungen diesseitiger Unterthanen , welche

allen Fällen sih die Zuchthausstrafe rechtfertigen läßt,

gegen den preußishen Staat Hochverrath sein würden, vorzugsweise Zweite Beilage

7 40.

323

Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Mittwoch den 9. Febr.

S

durch Strafgeseße zu schüßen, sie hat aber mit 8 gegen 5 Stimmen G he en A Bestimmungen erklärt, welche die §§. 92 und 93 enthalten. 5 Es wird vorgeschlagen, ; darauf UDtrO E daß die Bestimmungen der §§. 92 und 93 ge= strihen werden. -

Sre Rommissar: Jh bekenne, daß der Vorschlag der Abtheilung, die §§. 92 und 93 des Geseßentwurfs zu streichen, mich überrascht, ja, ih muß hinzufügen, geschmerzt hat.

Die fiel dieser Paragraphen, dieser in dem bestehenden Rechte begründeten Vorschriften in das neue Strafgesepbuch enthält jedenfalls das Anerkenntniß, daß unsererseits, seitens der preußischen Regierung, die Einheit, die Jntegrität des deutschen Vaterlandes, des deutschen Bundes, hochgeahtet werden solle. Wenn ih nun nicht zweifle, daß alle Mitglieder der Abtheilung, auch diejemgen ihrer Majorität, dieses Gefühl anf das vollkommenfte theilen, so mußte mich ‘ein Antrag, der gegen diese Intention zu verstoßen scheint, überraschen; er mußte mih \{merzen, weil jeder Versuch, jenes An- erkenntniß zu beseitigen, jedenfalls nachtheilige Wirkungen haben kann, selbst dann, wenn er, wie ih dies hier vorausseße, nur aus einem Mißverständnisse hervorgegangen ist.

Ich habe bereits erwähnt, daß die §§. 92 und 93 nichts ent- halten als das bestehende Reht, Das von der Abtheilung citirte Publications-Patent vom 28. Oktober 1836 lautet wörtlich :

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Köuig

von Preußen 2c. 2c. thun kund und fügen hiermit zu wissen: Die deutsche Bundes- Versammlung hat in ihrer diesjährigen sechzehnten Sißung wegen der Bestrafung von Vergehen gegen den deutschen Bund und wegen Auslieferung politisher Verbreher auf dem deutschen Bundesgebiete folgenden Beschluß gefaßt:

„Art. 1. Da nicht nur der Zweck des deutschen Bundes in der Erhaltung der Unabhängigkeit und Unverlepbarkeit der deutschen Staaten, so wie in jener der äußeren und inneren Nuhe und Sicher- heit Deutschlands besteht, sondern auh die Verfassung des Bundes wegen ihres wesentlichen Zusammenhanges mit den Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten als ein nothwendiger Bestandtheil der leh- teren anzusehen is, mithin ein gegen den Bund oder dessen Ver-= fassung gerichteter Angriff zugleich einen Angriff gegen jeden einzelnen Bundesstaat in sich begreift, so is jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Jutegrität, die Sicherheit oder die Verfassung des deut- {hen Bundes in den einzelnen Bundesstaaten, nah Maßgabe der in den leßteren bestehenden oder künftig in Wirksamkeit tretenden Gesebe, nah welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundesstaat begangene Handlung als Hochverrath, Landesverrath oder unter einer anderen Benennung zu richten wäre, zu beurtheilen und zu bestrafen.“

Der zweite Artikel handelt von der Auslieferung der Verbrecher, und der Schluß lautet: „Wir bringen hierdurh diesen Bundesbeschluß zur allgemeinen Kenntniß Unserer Behörden und Unterthanen und wollen , daß die in demselben enthaltenen Bestimmungen , und zwar niht blos in Unseren zum deutshen Bunde gehörenden, sondern auch in allen übrigen Landestheilen Unserer Monarchie pünktlich in Aus= führung gebracht werden sollen,““ i : ;

Es enthalten also die Paragraphen nichts Anderes, als eine Wie=- derholung des bereits bestehenden Rechtes, und fügen so dessen Be- stimmungen da in den neuen Strafgeseß - Entwurf ein, wo sie der Natur der Sache nach hingehören.

Die geehrte Abtheilung der hohen Versammlung bekämpft die Wiederaufnahme dieser Paragraphen und zugleih den Jnhalt dersel- hen zunächst aus theoretishen Gründen. Sie führt an: 1) „der deutshe Bund sei kein Staat, sondern ein Bündniß unabhängiger Staatenz es seien ihm, den Unterthanen der deutshen Staaten ge- genüber, keine Souverainetätsrehte übertragen.“ Nun is es zwar richtig, daß Deutschland fein Bundesstaat , sondern ein Staatenbund ist, aber, meine Herren, kein willkürlicher Staatenbund, sondern ein Staatenbund, der eine tausendsährige Geschichte für sh hat. Die deutschen Staaten schlossen diesen Bund nicht zufällig z nein, es sollte im Wesentlichen hergestellt werden, was tausend Jahre bestanden und nur durch das Deutschland am meisten erniedrigende Ereigniß wäh- rend sicben Jahren aufgelöst war. Der neue Bund war die nächste Frucht der Wiedererhebung des deutschen Vaterlandes durch die Frei- heitsfriege, also is er ein Staatenbund von höchster Autorität und Wichtigkeit. Jch behaupte aber auch, daß, so weit es auf seine Jn- tegrität und innere Sicherheit, also auf sein Bestehen ankommt , die Souverainetätsrechte ihm nicht fehlen, Dies bezeugen mehrere Pa- ragraphen der Bundes=- und Schluß-Akte, dies bezeugt der eben vor- gelesene Beschluß deutlih. Derselbe nimmt das Recht der Souve- rainetät in Beziehung auf die angeführten Gegenstände ausdrücklich in Anspruch , unbeschadet der Souverainetät der einzelnen Bundes= staaten für alle übrigen Fälle. Deshalb muß ih diesen ersten Saß, als nicht vollkommen richtig, bestreiten.

Der zweite Grund lautet: „Die Bundes =ck Akte sei ein Vertrag der souverainen Fürsten und freien Städte Deutschlands und keine die Verhältnisse der regierenden Fürsten zu ihren Unterthanen ordnende Staatsverfassung.““ Jch kann auch diese Behauptung nur mit der bereits bezeihneten Modification anerkennen, Die deutsche Bundes-= Verfassung is ein integrirender Theil der Verfassungen aller deutschen Staaten, ja sie is mehr als dies, sie ist die Basis derselben. Wir fönnen uns die Verfassungen der deutschen Staaten nicht als unab= hängig von der Bundes - Verfassung denken, Was würde aus den fleineren deutschen Bundesstaaten werden, in dem Augenblicke, wo sie sich von dem Bunde lossagten? oder wo sich der Bund auflöste? Unabsehbare Veränderungen würden die Folge sein. Ja, meine Herren, die Bundes - Verfassung ist ein integrirender Theil aller deutschen Verfassungen; die Bundes - Verfassung und die Landes= Verfassungen sind auf das innigste mit einander verbunden. Auch dieses is in dem Beschlusse der Bundes-Versammlung anerkannt, den ih eben verlesen habe. - : :

Die Abtheilung behauptet drittens, „es existire kein Gebiet des deutschen Bundes in der Bedeutung eines Staatsgebietes.“ Daß ein Bundesgebiet mit bestimmten festgezogenen Gränzen existirt, wird Niemand in der hohen Versammlung bezweifeln; die Frage, ob man es ein Staatsgebiet nennen darf oder nicht, würde in eine Erörte- rung sehr theoretisher Art führen, denn es müßte erst der Begriff des Staates philosophish entwickelt werden; ih glaube aber nicht, daß es darauf hier ankommen kann. Denn wenn es ein Bundes=

ebiet giebt, so folgt daraus, daß dies entweder intact oder verleßt

Di fönnez handelt es sich also um ein Verbrehen gegen die Jnte- grität des Gebietes, so ist es gleihgültig, ob wir es Bundesgebiet oder Staatsgebiet nennen; ein Gebiet it es in bestimmter Abgrän- zung, und wer dieses angreift, verleßt das Bundesgebiet.

Die geehrte Abtheilung hat aus diesen Vordersäßen verschiedene Konsequenzen gezogen, die ih eben so wenig zuzugestehen vermag.

Sie hat zuerst angeführt : erstens eine gewaltsame Auflösung des

deutschen Bundes und eine Aenderung des Bundes-Vertrages dur einen Dritten lasse sich nit denken, weil ein Vertrag überhaupt gegen den Willen der kontrahirenden Theile durch einen Dritten nit aufgelöst werden könne.“ Jh muß bekennen, daß ih das nicht ret verstehe. Handelt es sich blos darum, ob ein Dritter den deutshen Bund ohne Mitwirkung der Bundesglieder de jure auflösen kann, da mag das Gutachten Recht habenuz handelt: es sich aber darum, ob er us einen Dritten fakti\ch aufgelöst werden könne, dann hat es gewi

vollkommen Unreht. Hier aber, wo es sih um das Verbrechen des Hochverraths handelt, brauhen wir uns nicht darum zu bekümmern, ob dur einen rihterlihen Ausspruch oder nah der Rechts - Jdee, die in uns wohnt, dem deutschen Bunde ein Schaden zugefügt oder

derselbe aufgelöst, aus einander gesprengt werden könne; nur darauf kommt es an, daß er wirklich aufgelöst werden könne, daß ein Attentat gegen ihn möglich sei, Leider haben wir

dafür das nahe liegende Beispiel des Jahres 1806. Hôâtte damals einer der Staaten des deutschen Reichs gegen die Rheinbund= Afte protestirt, hätte er gesagt: was ihr thut, geht mi nichts an, ih betrachte das Reich als fortbestehend, es würde der Konsens der Bundesstaaten in seiner Totalität gefehlt haben, aber nihtsdestowe- niger wäre die Verfassung des deutschen Reiches aufgelöst und das= selbe aus einander gesprengt gewesen. Demnach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß ein Attentat gegen die Jntegrität des deut- \hen Bundes ohne den Konsens der Bundesglieder faktisch möglich sei, und nur darum handelt es sich. E i

Die Abtheilung sagt zweitens, „es sei eine Verkleinerung des Bundesgebietes niht denkbar, weil ein Bundesgebiet eben nicht existire. Hier muß ih fast glauben, daß ein lapsus calami obwalte, denn ein Bundesgebiet is doch gewiß vorhanden, wir kön- nen auf der elendesten Karte sehen, wo Deutschland anfängt und wo es aufhört, Jst aber ein Bundesgebiet vorhanden, so kann es auch verkfleinert werden. F

Dann is drittens angeführt, „ein Landesverrath sei nur denk- har von Seiten der Staatsgenossen, weil er ein Verrath sei und den Bruch irgend einer Verpflichtung zur Treue vorausseße. Beides finde dem deutschen Bunde gegenüber nicht statt, und der Begrisf des Landesverraths sei deshalb unmöglich.“ Wenn die Herren nun Deutschland kein Land nennen wollen und daher keinen Landesver= rath anerkennen, so will ih auch darum nicht mit ihnen reten, aber ein Bund ist es doch, und ob ein Landesverrath vorliege oder eimn Verrath am Bunde, ein Bundesverrath, das wird im Wesen der Sache wenig ändernz nur um Worte, nicht um die Sache scheint sich dieser Streit zu drehen. T ;

Jst der deutshe Bund ein dur eine Verfassung gebildetes or- ganisches Ganze, so fann ih auch ay ihm Verrath ausüben ; hat er in gewissen Gränzen Souverainetäts-Rechte , so kann ih mich nicht davon überzeugen, daß die Unterthanen der deutschen Lande nur die Verpflichtung der Treue gegen ihren Souverain und ihre Regierung haben, Fondern ih bin vielmehr der Meinung, daß. sie die nämliche Verpflichtung der Treue auch gegen das gemeinsame deutsche Vater= land und gegen den dasselbe repräsentirenden deutschen Bund haben.

Endlich i} in dem Gutachten angeführt, „wie man nicht annel= men könne, baß die Provinzen, die mt zu Deutschland gehören, un- ter diese Bestimmung fallen könnten,“ Das is insofern richtig, als die Beschlüsse des deutshen Bundes Se. Majestät den König nicht verpflichten fonnten, die Provinzen außerhalb Deutschland zur Treue gegen den deutschen Bund zu verpflihten; wohl ab schien es der Klugheit der preußischen Politik entsprechend, dies zu thun. Jst die Verfassung des deutschen Bundes ein integrirender Theil unserer Lan= des-Verfassung, so würde es, meiner Meinung nah, ein Fehler ge= wesen sein, irgend einen preußischen Unterthan von der Verpflichtung gegen den deutschen Bund auszuschließen, Wir wünschen Alle, daß die Provinzen unseres Staats möglichst eng mit einander verbunden werden, daß wir uns Alle immer mehr als ein einiges Preußen fühs= len mögen z wenn wir aber dies wünschen, so glaube ih nicht, daß es angemessen wäre, einzelne Theile der Monarchie in Beziehung auf die Verpflichtung gegen den deutshen Bund, gegen unser deutsches Vaterland zu eximiren.

Gegen alle Anführungen der Abtheilung glaube ih nahgewiesen zu haben, daß die theoretischen Gründe gegen den Vorschlag des Ge= seß= Entwurfs nicht haltbar sind.

Daß er ein bestehendes Recht sei, das verkennt auch die Majo- rität der Abtheilung nicht, sie besorgt aber, dieses bestehende Recht sei auf nicht verfassungsmäßigem Wege eingeführt worden, Dieser Behauptung muß ich auf das entschiedenste entgegentreten. Bereits im Jahre 1820 is die wiener Kongreßakte vom 15. Mai 1820 durch die preußishe Geseß-Sammlung publizirt worden, und in dersel=- ben heißt es ausdrücklich :

„Die im Bunde vereinten souverainen Fürsten dürfen dur keine landständische Verfassung in der Erfüllung ihrer bundesmäßigen Ver= pflihtungen gehindert oder beschränkt werden, ‘“

Gewiß lag es vollständig innerhalb dieser Vorschrift, wenn der Bund 16 Jahre später den Beschluß faßte, zur Sicherung seiner Jn= tegrität, seiner Unantastbarkeit, die Bestimmung zu treffen, daß in allen Bundesstaaten Attentate gegen den Bund eben \o bestraft wer= den sollen, wie Attentate gegen das eigene Land; Niemand hat wohl daran denken können, daß unserer ständischen Geseßgebung von 1823 eine Ausdehnung gegeben werden solle, dahin gehend, sich über die Bundesgeseßgebung zu erheben, Jch füge hinzu, daß in allen deut- hen Staaten der Bundesbeshluß von 1836 proklamirt worden ist, ohne daß auch in den constitutionellen Staaten darüber eine Bera- thung mit den Ständen stattgefunden hätte. Ueberall wurde aner= fannt, daß die die Sicherheit des Bundes betreffenden Bundesbe= \chlüsse in allen deutschen Landen Gesebeskraft haben müssen. Aber auch aus der Fassung des Geseßes von 1823 kann eine rechtlihe Nothwendigkeit, unsere Stände darüber zu hören, ob der Bundesbeschluß Gesebeskraft haben soll, durchaus nicht deduzirt werden. Wir haben seit 1836 vier provinzialständische Versammlungen gehabt, aber, wenn mich das Gedächtniß nicht täuscht, so is unter vielen Reclamationen über Ver= ordnungen, die zu Unrecht ohne ständishen Beirath erlassen seien, die= ser Gegenstand niemals aufgeführt worden, Es founte dies aber auh uicht geschehen, weil selbst die buhstäblihe Bestimmung des Ge= seßes von 1823 dazu keine Veranlassung gab. Denn die Bestimmung desselben lautet, daß Stände über alle solche Geseße gehört werden sollen, welche die Steuern, die Eigenthums = und Personenrechte be- rühren. Durch jenen Bundesbeshluß aber is doch offenbar kein an= deres Recht beschränkt, als das etwaige Reht, Hochverrath gegen den deutshen Bund ungestraft verüben zu können. Daran hat wohl das Gese vom Jahre 1823 niht gedacht ! :

Hiernach scheint der Einwand hinlänglich widerlegt, daß das be=- stehende Recht nicht in rechtsbeständiger Weise bei uns eingeführt sei, ja, ih glaube vielmehr dargethan zu haben, daß die Bestimmung, die der Paragraph enthält, e gehört, welche die diessei=- tige Regierung selbst mit ständishem Beirath nicht aufheben

könnte, weil sie auf cinem Bundesbeschluß beruht, der höher steht, als unsere Landes-Geseßgebung.

Doch nicht deshalb allein, weil es bestehendes Recht ist, welches

die Paragraphen ausdrücken, rathe ih zu deren Annahmez ih würde Lie eut tert thun, wenn noch kein solhes Geseß bestände, wenn keine Verpflichtung dazu vorläge, wenn es sich vielmehr nur darum handelte, die Bestimmungen ganz neu einzuführen. i gleicher Wärme dazu rathen, weil ih überzeugt und durchdrungen bin von der Nothwendigkeit, daß wir nihts versäumen dürfen, was Zeugniß davon geben kann, daß es Preußen mit seinen Verpflichtun= gen gegen den deutshen Bund auf das redlichste meine, daß es nichts versäumen wolle, was im Jn- und Auslande die Ueberzeugung von

Jh würde mit

der Unverleßlichkeit des Bundes, von der innigen Verbrüderung sei= ner Glieder befestigen kann, was den Glauben zu entfernen geeignet ist, als könne die Jutegrität Deutschlands je gefährdet und der trau= rige Zustand der Auflösung und Zerplitterung des deutschen Vater= landes, den wir, leider! erlebt, noch einmal herbeigeführt werden, um nach folcher Zersplitterung das deutsche Volk leichter unter fremde Knechtschaft bringen zu können. Auch deshalb würde ih mit gleicher Wärme zur Annahme der Paragraphen rathen, weil wir Alle wissen und erfahren haben, daß Se. Majestät der König, unser Herr, seine Verpflichtungen gegen den deutshen Bund überaus hoh achtet und es vollkommen anerkennt, daß nur in der Junigkeit, in der Stärke dieses Bundes das Heil für Preußen, für Deutschland, ja für Eu- ropa zu finden sei.

Deshalb {lage ich Jhnen vor und bitte Sie, meine Herren, recht einstimmig die §§. 92 und 93 unverändert anzunehmen.

(Vielstimmiges Bravo.)

Abgeordn, Frhr. von Gaffron: Jch habe mich in der Abtheilung in der Minorität befunden und stimme für den Paragraphen. Meine Gründe sind folgende. Die Abtheilung hat in dem Gutachten er= flärt, „der dentshe Bund sei nach der wiener Bundesakte ein völker= rechtlicher Verein zur Erhaltung der inneren und äuperen Sicherheit Deutschlands. Der Zweck des deutschen Bundes ist, die Unverleblich= feit Deutschlands nah außen und seiner Einheit nach innen zu be- wahren.“ Durch die wiener Schlußakte ist diese Sicherheit im Jn= nern befestigt und das nationale Gefühl gehoben worden, Wenn aber die Unabhängigkeit nah außen gesichert werden soll , so ist es unerläßlich, daß die Unverleblichkeit des ganzen deutschen Bundesge=- biets aufrecht erhalten werden muß. Das Gutachten der Abtheilung sagt zwar, es existire fein deutsches Bundesgebiet als solches, ih fann mich aber dieser Ansicht nicht anschließen. Jch kann mir den deut= schen Bund ohne ein Bundesgebiet praktisch nicht vorstellen. Jch er= laube mir, die hohe Versammlung darauf aufmerksam zu machen, daß in das Bewußtsein des deutschen Volks der Begriff eines Bundes= gebicts tief eingedrungen is. Jh erinnere an die Stimmung des deutschen Volkes bei der luxemburger Frage, bei dem vorlängst laut gewordenen Begehren unserer westlihen Nachbarn nah der Rhein= gränze und bei der \{leswig =- holsteinschen Frage, und ih bin über= zeugt, daß, wenn eine feindlihe Macht auh nur ein Dorf von dem deutschen Bundesgebiet entfremden wollte, das deutsche Volk auf den Ruf seiner Fürsten sich wie Ein Mann. erheben würde, um die Un= verleßlichkeit seiner Gränzen zu wahren. Jch glaube, daß Deutschland dur eine lange Reihe von traurigen Erfahrungen die Nothwendigkeit erkannt hat, seine Einheit zu wahren. Jch betrachte sie als das Palladium unserer Kraft und Nationalität, Jh mache darauf aufmerkfam, daß Preußen vermöge seiner Stellung und Richtung vollständig den deut= hen Tendenzen zugewendet und wegen dieser ungetheilten Rich= tung als vorzugsweiser deutscher Staat der bedeutendste unter den deutshen Bundesstaaten is und es ihm daher obliegt, voran zu schreiten in allen Maßregeln, die zu den Zielen deutscher Macht und Einheit führen. Es fann niht unerwähnt bleiben, daß die Vermin= derung der deutschen Macht auch cine Verminderung der preußischen nach sih ziehen würde. Dieses Ziel aber, wird am sichersten durch Uebereinstimmung der Geseßgebungen der Bundesstaaten gefördert. Die neueren Straf = Geseßbücher der meisten deutschen Bundesstaaten haben die Strafen gegen Hochverrath und Landesverrath gegen den deutschen Bund gleichgestellt mit der Strafe bei dem Hochverrath und Landesverrath gegen den eigenen Staat. Wenn in einigen Bun- desstaaten eine mildere Strafe auf diese Verbrechen geseßt worden ist, als in unserem Geseß= Entwurf, so liegt diese Verschiedenheit nicht darin, daß man dieselben gegen den deutshen Bund milder habe bestrafen wollen, als gegen den eigenen Staat, sondern sie liegt in der verschiedenen Auffassung der Verbrechen, in der Geseßgebung selbst. Es fann aber hierin ein Grund für Preußen nicht liegen, von dieser Gleichstellung abzuweichen, Jch glaube, daß in dieser Gleichstellung die geseßlihe Bestimmung liegt des Einstehens Aller für Einen und Eines für Alle für die Unverlezlichkeit des Bundes= gebiets. Wenn zwei Provinzen unserer Monarchie nicht in den deutshen Bund einverleibt worden sind, so is doch ihr Wohl und Wehe auch das des Vaterlandes. Die eine Provinz hat unserem Fürstenhause die Königskrone und uns den Namen Preußen gegeben, den wir Alle mit Stolz führen. Sie is} zu tief in unsere staatliche und geschichtlihe Entwickelung verwachsen und nimmt eine zu hohe und bedeutende Stellung in der Reihe der übrigen Provinzen ein, als daß der Ausschluß ¡von einem Theil der allgemeinen Gesebe für sie erwünsht und förderlich sein könnte. Was unsere posenschen Brüder anlangt, so sind sie zwar nicht deutschen Stammes, aber doch Glieder der großen Kette, die uns zu gemeinsamem Wirken ver= bindet, und ih bin überzeugt, daß sie den Anschluß an dieses allge- meine Geseß nicht zurückweisen werden. Jch kann nur für Beibe=- haltung dieses Paragraphen im Jnteresse Deutschlands stimmen.

Abgeordn. Graf Zech - Burkersrode: Auch ih kann mich nicht einverstanden erklären mit dem Rathe, den das Abtheilungs-Gutah- ten uns giebt, auf Streichung der §§. 92 und 93 anzutragen. Zt den Bestimmungen dieser Paragraphen erblicke ih nit allein die Er= füllung ciner Bundespflicht, sondern auh den Ausdruck des in allen deutschen Gauen neu erwachten deutschen Nationalgefühls. Mit die= sem verbrüdert sich das Bewußtsein, daß mit dem Wohle und der Sicherheit des engeren Vaterlandes die Wohlfahrt und Sicherheit des großen deutschen Gesammtvaterlandes eng und unzertrennbar ver- bunden is. Dieses Bewußtsein lebt gewiß auch in den Herzen der geehrten Mitglieder der Majorität der btheilung, Wenn sie darum aber doh dazu gekommen sind, den Wegfall der beiden Paragraphen vorzuschlagen, so sei mir der Versuch vergönnt, die dafür angeführ= ten Gründe zu widerlegen. Der wichtigste und erheblichste dieser Gründe is der, daß der Hochverrath, der Landesverrath immer einen Bruch der Treue vorausseße, für die Unterthanen der preußischen Staaten aber keine Verpflihtung zur Treue dem deutschen Bunde gegenüber bestehe, sie gegen denselben feine Unterthanenpflichten haben. Jch gebe dies zu, ih gebe zu, daß im engeren, im subjektiven Sinne des Wortes kein Landesverrath und Hochverrath gegen den deutschen Bund begangen werden kann. Es is dies auch die Ansicht, die ein

bekannter Rechtsgelehrter über deutshes Bundesreht, Klüber, in sci=