1848 / 65 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

mildere Strafe erkennen können sowohl bei Fahrlässigkeit als unter anderen mildernden Umständen. (Abstimmung !) f

Abgeordn. von Donimierski : Zur Vereinfachung der Frage- stellung würde ich mir den Dorschlag erlauben, zunächst die Worte hier aufzunehmen: „den bestehenden eseben zuwider“, dagegen den zweiten Vorschlag lasse ih fallen und schließe mich dem Antrage des Herrn Grafen von Schwerin an, daß „Amtsentseßung“/ als Strafe einträte für die Fälle des fahrlässigen Mißbrauches der zustehenden Be, i :

{bgeordn. Graf von Schwerin: Wenn wir aber im Sinne einig sind, würde es niht zweckmäßig sein, wenn wir nicht über die Sasfung abstimmen, indem beide Vorschläge improvisirt sind, und da

nach meiner Meinung keine Meinungsverschiedenheit mehr vorhanden, so soll Amtsentsezung hinzutreten und auh Fahrlässigkeit angenommen werden.

Abgeordn. von Auerswald: Mit Ausnahme der Worte: „den bestehenden Geseßen zuwider“, denn dorin liegt das Fundament der ganzen Sache, daß der Richter, der, aus welhen Gründen er immer wolle, geseßwidrig die persönliche Freiheit verleßt, bestraft werden müsse.

Marschall: Es liegt Veranlassung zur Stellung von zwei Fragen vor. Die erste heißt : i

Soll beantragt werden, den Eingang des Paragraphen, so zu fassen : „Richter, welche den bestehenden Geseßen zuwider u. st. w.“ Die zweite Frage würde sein: Soll beantragt werden, daß bei einer nach §. 381 zu beurtheilen= den blos fahrlässigen Handlung auf Amtsentseßung zu erkennen fei? Die erste Frage heißt : Soll der Eingang des §. 381 dahin zu ändern vorgeschlagen wer= den: „Richter, welche den bestehenden Geseßen zuwider.“

Und diejenigen, die das beantragen wollen, würden es durch Auf=

stehen zu erkennen geben. (Der größte Theil der Versammlung erhebt sich.)

Mehr als zwei Drittel haben beigestimmt.

Die zweite Frage lautet:

Soll beantragt werden, daß bei einer nach §. 381 zu beurtheilen- den blos fahrlässigen Handlung auf Amtsentseßzung zu erkennen sei?

Justiz-Minister von Savigny: Jch glaubte den Herrn Vor- sißenden der Abtheilung so verstanden zu haben, und es scheint auch der Natur einer fahrlässigen Handlung angemessen, daß nah Umstän= den die Amts - Entseßung, aber vielleiht auch nicht einmal Amts- Entseßung stattfinden solle, wenn etwa die Fahrlässigkeit eine schr ie wäre, so daß dann auch die bloße Gefängnißstrofe zugelassen werde,

Abgeordn. Graf von Schwerin : Ansicht.

Marschall: Die Frage i} also dahin zu richten :

Soll beantragt werden, daß bei einer nah §. 381 zu beurtheilen= den, blos fahrlässigen Handlung auf Amts-Entsceßung oder auch blos auf Gefängnißstrafe erkannt werden könne? i a die das beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sih der größere Theil der Versammlung.)

E hat mit mehr als zwei Drittheilen beigestimmt.

G, 082.

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

119+ 382,

Ein Richter, welcher wissentlich einen Unschuldigen zur Unter= suchung zieht, soll, wenn dies wegen eines geseßlih mit Zuchthaus= oder Todesstrafe bedrohten Verbrechens geschieht, mit Cassation und mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, in anderen Fällen aber mit Cassation und mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren bestraft werden,“

Das Gutachten lautet :

U §. 382.

Der Paragraph gab nur zu Fassungs - Bemerkungen Veranlas. sung, indem für zweckmäßig erahtet war, da, wo Cassation neben Zuchthaus oder neben Strafarbeit angedroht worden, überall Zucht= haus eintreten zu lassen, indem diese die Unfähigkeit zu allen öffent- lihen Aemtern und daher Cassation auch in sh schließe.“

Abgeordn. Dittrich: Jch erlaube mir die Anfrage, ob im g. 382 das Wort: „wissentlih“ mit Absicht geseßt worden is, wüäh- rend in den §§. 386, 388 u. s. w. stets gesagt ist: „mit rechtswi=- drigem Vorsatze““.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Es is dies mit Absicht ge- schehen, weil das Wissentliche in jenen Paragraphen vorausge= seßt werden muß, Der Richter muß wissen, daß der, gegen welchen er verfährt, unschuldig is. Es liegt hier im §. 382 ein anderes Verhältniß vor, als in den §§. 386 und 388, wo es sih um die Begünstigung eines Verbrechens handelt.

Justiz-Minister von Savigny: Es ist do blos als Fassungs- bemerfung gemeint, was bei §, 382 von der Abtheilung erwähnt i}.

Referent Abgeordn. Frhr, von Mylius: Allerdings ; die Ab-

theilung hat auch bei §. 382 erklärt , daß sie es nur als Fassungs- bemerfung betrachte. j

Justiz = Minister von Savigny: Es i} also blos alternativ angenommen: Zuchthaus odex Cassation mit Strafarbeit, denn wenn man absolut Zuchthaus seßen wollte, so wäre das gegen die Fassung des Entwurfs. Na j j

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Es is} darum ge- s{hehen, weil im Entwurfe Cassation neben Zuchthaus angedroht ist, während doch das Zuchthaus alle Folgen der Cassation mit in- volvirt,

Regierungs- Kommissar Bischoff: Es bezieht sich das Monitum auf den ersten und s{wereren Fall, nämlih den Fall, welcher in der dritten Zeile unter Strafe gestellt ist, Es heißt dort: „wenn dies wegen eines geseßlich mit Zuchthaus - oder Todesstrafe bedrohten H i geschieht, mit Cassation und mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren.“ :

Justiz - Minister von Savigny: Es ift die Meinung die, daß die Worte „mit Cassation und‘‘ eigentli entbehrlih sind, weil ohne- hin ter Richter darauf erkennen kann. Es i} also reine Fassungs-

S D

as war allerdings meine

ache. Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor): Au: S. 980. Es ward angetragen, daß es zweckmäßig sei, den Paragraphen \o zu fassen, daß durch ihn eine jede Anwendung von Zwangsmitteln zum Zwecke der Erpressung von Geständnissen oder Aussagen mit Strafe

bedroht werde. Hierdurch sei die Nothwendigkeit ausgesprochen, eine jede Anwendung von Zwangsmitteln zu solchem Zwecke da, wo sie T Geseß auh jeßt noch anerkenne, aus demselben ausscheiden zu lassen.“

Durch ein Versehen, welches die Eile des Druckes entschuldigen mag, is hier der Antrag der Abtheilung beim Drucke weggeblieben, denn es war mir nicht möglich, zu fontrolliren. Der Beschluß hin- sichtlich dieses Antrages is im Gutachten nicht aufgenommen, es ist aber einstimmig beschlossen worden, daß dem Antrage stattzugeben sei, indem das Orr von dem Gesichtspunkt ausgegangen is, daß es auch Fälle geben könne, wo der Richter durh Anwendung von Zwangs- Maßregeln Geständnisse zu erpressen oder doch auf Ablegung solcher

Wu.

Bestepbuisse hinzuwirken sucht, und da is die Abtheilung der Meinung gewesen , hier entshieden festzustellen, daß überhaupt, wo die Mög= lihkeit der Anwendung von R onaialtteln geseßlich noch vorhanden ist, dieses ausscheiden möge.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Ueber die gegenwärtige Lage der prozessualischen Geseßgebung in dieser Beziehung is zu bemerken, daß in der Kriminal =- Prozeß - Ordnung von 1805 im §. 292 gesagt ist, daß Lügen und Ungehorsam durch Disziplinarmittel bestraft wer- den fönnen. Von der Erpressung von Geständnissen is in dieser Bestimmung nit eigentlich die Rede. Jn dem neuen Geseße vom 17. Juli 1846 i} ausdrücklich bestimmt, daß Zwangsmittel nicht stattfinden sollen, und bei der zu erwartenden weiteren Ausdehnung des Geseßes von 1846 wird cine gleiche Bestimmung aufgenommen wer- den. Wenn man in der Fassung des §. 383 ausdrücken will, daß die Anwendung von Zwangsmaßregeln unbedingt Strafe nah sich ziehe, so steht dem nichts entgegen, Demgemäß würden, wenn dies der Antrag der Abtheilung is, nur die Worte: „welher durch An- wendung von Zwangsmitteln die Pflichten seines Amtes ver-= letzt“, zu ändern sein.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Ja, etwa in der Art: „ein Richter, welcher Zwangsmaßregeln anwendet, um Geständ- nisse zu erpressen“‘.

Regierungs - Kommissar Bischoff : gegen.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

Die Abtheilung hat ferner mit 10 gegen 6 Stimmen beschos- sen, daß bei diesen Vergehen die im 2en Alinea des Paragraphen angedrohte Geldstrafe unter allen Umständen zum Wegfall in Vor- schlag zu bringen.“

Sie war nämlih hier der Meinung, daß, wenn ein Vergehen von \o erheblicher Natur vorliege, mildernde Umstände nicht eintreten könnten, in deren Folge der Richter mit Geldstrafe belegt werden fönne, sondern nur Freiheitsstrafe gerechtfertigt sei. | _ Marschall: Nachdem diese Erklärung seitens des Herrn Re- gierungs - Kommissars gegeben worden is, wird es sih darum han- deln, ob der Abgeordnete von Rothkirh das Wort noch begehrt.

Abgeordn. von Rothkirch -Trach: Es is von einem Mitgliede aus den brandenburgischen Städten zu Anfang der heutigen Verhand- lung darauf hingewiesen worden, daß die Strafen des vorliegenden Gejeß =- Entwurfs namentlich in diesem Abschnitte ungewöhnlich hoch seien, und dem kann ich nur beistimmen, namentlih in Bezug auf die angedrohte Cassation mit Zuchthaus. Jh bin gewiß weit entfernt, das Vergehen zu rechtfertigen, auh bin ih damit einverstanden, daß die Strafe, wie sie hier festgeseßt ist, mit Ausnahme der Cassation und des Zuchthauses überall Anwendung findez allein dieses Straf- maß so weit auszudehnen, daß es den Verlust sämmtlicher Chrenrechte zur Folge hat, dazu sehe ich keinen Grund. Jh muß voranschicken, daß nicht von dem Falle die Rede is, wo der Richter wissentlich ei- nen Unschuldigen auf verpönte Weise zur Untersuchung zieht. Die- ser Fall gehört in die Kategorie des §. 382; es is} vielmehr die Rede davon, wenn der Richter von der Schuld des Angeschuldigten sich überzeugt hält und Zwangsmagßregeln anwendet, um ein Geständ- niß zu erlangen. Dieses Vergehen will ich unter meist gravirenden Umständen annehmen und den Fall in Erwägung ziehen, wenn ein Richter sich wiederholt desselben schuldig gemacht hat. Jn einem solchen Falle würde ih Amtsentseßung mit Strafarbeit für angemes= sèn erachten, allein wir müssen auf die Motive zurückgehen, welche ihn zu jenem Vergehen bewogen, dessen er sich {huldig macht, Jun dem vorliegenden Falle känn das Motiv kein anderes sein, als daß der Richter auf dem kürzesten Wege zu dem Ziele zu gelangen sucht, welhes ihm seine Amtsfunction zur Aufgabe stellt. Jch kann mich nicht davon überzeugen, daß bei einem solchen Beweggrunde ehrlose Gesinnung vorausgeseßt werden müsse, und muß daher unbedingt den Antrag stellen, daß eine solhe Strafe, wie Cassation und Zuchthaus, welche den Verlust der Ehrenrechte zur Folge haben, ausgeschlossen bleibe. °

__ Abgeordn. von Werdeck: Jun einem gewissen Sinne möchte ich mich dem anschließen und namentlich darauf aufmerksam machen, daß die angewendeten Zwangsmaßregeln sehr geringfügiger Art sein kön nen, z. B. Entziehung besserer Kost, einsames Gefängniß u. #. w. Es fann auch darin eine furchtbare Tyrannei liegen z sie können aber auch unter Umständen angewendet, daß sie in der That kaum einer Zwangsmaßregel ähnlich sind. YJundessen abstrahire ih von dem ci- gentlichen Verhältnisse des Richters; er steht in einer Stellung, wo er cine große Verantwortlichkeit übernommen und es daher auch ge- rechtfertigt erscheint, wenn das Geseß sehr streng gegen ihn i, Ju- dessen is bereits angenommen, daß diese Paragraphen überhaupt auf die Justiz - Beamten Anwendung erleiden sollen z sie sollen aber nach dem weiteren Verfolge des §. 387 nicht blos guf die Richter, sondern auch auf alle anderen Beamten Bezug haben. Wenn ih nun frage, wer is darunter getroffen? so is es auch der Staats - Anwalt, der vielleicht im Eifer gegen eine gefährliche Bande zu Mitteln greift, die nicht zu rechtfertigen sind, aber in dem Eifer, der Gesellschast zu nüßen, Entschuldigung findet, Es i damit aber auh der Unter- beamte getroffen, z. B. der Gendarm. Er dringt in Verfolgung eines Verbrechers in ein Haus ein, das als eine Diebeshöhle bekannt ist; es treten ihm Leute entgegen, er greift, um sich den Menschen niht entkommen zu lassen, zu Zwangsmaßregeln , um zu erfahren, wo er sih befinde, Und dann is es hart, wenn diesen pflichttreuen Beamten für vielleicht geringe Uebergriffe seines Eifers die Cassation oder auh nur Freiheitsstrafe treffen soll, und ih halte daher dafür, daß das zweite Alinea des Paragraphen unter allen Umständen guf= recht zu erhalten sei.

Marschall: Wir wollen nun ermitteln, ob der Vorschlag des Abgeordneten von Rothkirh die erforderliche Unterstüßung findet.

(Es geschieht.)

Es steht dem nichts ent

Er hat sie gefunden. 5

Abgeordn. von Byla: Jch kann mich mit der Ansicht der bei- den leßten Redner nicht einverstanden erklären. Es handelt sih hier von Richtern, welhe durch Anwendung von Zwangsmitteln Geständ- nisse und Aussagen erpressen, nicht von Gendarmen, wie der rittershaftlihe Abgeordnete der Provinz Brandenburg bemerkt, und daher is das Verbrechen, wovon dieser Paragraph spricht, so erheb- lih, so gefährlih, daß ich in der That keine der hier festgeseßten Strafen für zu hart erahte. Namentlich muß man bedenken, daß Menschen, die {lichtern und ängstlich sind, leicht durch solhe Zwangs- mittel zum Geständniß gebraht und in Folge dessen bestraft werden fönnen, Wenn man diese Folgen berücksihtigt, so ist es ges nicht zu hart, den Richter für eine solhe Handlung mit Strafarbeit und Zuchthausstrafe zu belegen. Auch trete ih dem Vorschlage der Abtheilung bei, im zweiten Sahe die Geldstrafe zu streichen und nur Gefängnißstrafe eintreten zu lassen. Jch stimme somit für beide An- träge der Abtheilung.

{bgeordn. von Auerswald: Jh habe nur die Absicht, der Aeußerung des Abgeordneten aus der Mark Brandenburg, welcher für Beibehaltung der Geldstrafe sprach, entgegenzutreten. Abgesehen von den Gründen, die bereits von der Abtheilung angeführt worden sind, daß die Geldstrafe bei diesem Vergehen niht angewendet wer- den dürfe, mache ih darauf aufmerksam, daß gerade diejenigen Fälle, welche der verehrte Abgeordnete, um seine Ansicht zu motiviren, an-

geführt hat, nah meiner Ansicht zu den allershwersten gehören, die vorkommen fönnen. Man bedenke, was es beißt, daß ein Polizei= Beamter in ein Haus eindringt, in welhem er einen Verbrecher ver= muthet, und nun den Bewohner mit Zwangsmitteln nöthigen will anzuzeigen, wo der Verbrecher is, Wenn es irgend eine Verleßung des öffentlichen Friedens, des Hausrechtes giebt, so is es diese, und für einen solchen Fall will man nur Geldstrafe festseßzen? ‘Man stelle sih ferner einen hohen Polizei - Beamten vor, der Alles auf- bietet, um irgend einen vielleicht politischen Verbrecher zu ergreifen, und nun seinen Untergebenen sagt: Geht dahin in das Haus, wen- det alle Mittel an, und wenn Jhr in Geldstrafe kommt, \o werde ih sie bezahlen, Dergleichen Fälle sind doch denkbar und lassen \sich auch durch den von dem geehrten Abgeordneten erwähnten Dienst- eifer entschuldigen; denn wenn ih mi aus Eifer hinreißen lasse, um cinen an sih guten Zweck zu erreichen, einen unschuldigen Menschen zu verhaften, um ihn auf irgend eine gewaltsame Weise zum Ge= ständniß zu bringen, so kann ih mich noch viel eher aus mißverstan- denem Patriotismus hinreißen lassen, vielleicht 50 Thaler aus meiner Tasche zu geben, um Einen, der diese Handlung begangen hat, von der Strafe zu befreien. Jch glaube, wie gesagt, daß solche Fälle denkbar sind und bis zur Straflosigkeit eines solhen Verbrechens führen fönnen. Deswegen stimme ih für Streichung des Alinea. Abgeordn. Allnoch : Jh erlaube mir eine Anfragez im §. 383 ist von Richtern die Rede. Sind die Administrativ-Beamten darun- ter begriffen? Regierungs - Kommissar Bischoff : Ausdehnung. Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh war bereits in der Ab= theilung in der Minorität, und ich bin auch durch die Gründe, welche mein verehrter Freund aus Preußen entwickelt hat, nicht zu der An- sicht gekommen, daß der Paragraph im leßten Satze gestrihen wer- den könne, damit die Geldbuße ganz ausgeschlossen sei. Es kommt nicht darauf an, daß man die {weren Fälle hier sich vergegenwärtigf, denn für diese sind in dem ersten Alinea vollkommen ausreichende Strafen festgescht. Es wird Niemand die Fälle, welche das verehrte Mitglied angeführt hat, zu den Fällen renen, bei denen mildernde Umstände vorwalten, sondern der Richter wird sie nah dem ersten Alinea bestrafen. Es fragt sih aber, ob nicht Fälle eintreten fönnen, wo so mildernde Umstände vorwalten, daß Geldstrafe nicht ausge- \chlossen werden kann, und diese hat der Abgeordnete der Ritterschaft der Mark, mit dem ih mich freue diesmal übereinzustimmen, bereits hervorgehoben. Jch glaube deshalb nicht, daß die Geldstrafe aus- zuschließen is, besonders wenn der Sah so gestellt is, wie hier. Abgeordn. von Werdeck: Jch verzichte im Juteresse der Ab- stimmung auf das Wort, zumal da auch das gesagt worden ist, was ih sagen wollte. Marschall: Wir heißt : Soll beantragt werden, die Cassation und Zuchthausstrase aus §. 383 wegfallen zu lassen? Die zweite Frage is auf den Antrag der Abtheilung zu richten. Die also beantragen, die Cassation und Zuchthausstrafe aus §. 383 wegfallen zu lassen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sih nicht die gehörige Anzahl von Mitgliedern.) Dem Antrage is nicht beigestimmt. Die zweite Frage heißt : Soll beantragt werden, aus dem zweiten Alinea des §. 383 die Geldstrafe wegfallen zu lassen ? Und die das beantragen, würden es durh Aufstehen zu erkennen geben.

Im §. 387 findet sich die

fönnen also abstimmen. Die erste Frage

(Es erhebt sich keine Majorität.) Dem Antrage ist nicht beigetreten, und wir fommen zu §. 384, Referent Abgeordn. Freiherr 4 Mylius (liest vor): 11 Ÿ+ 384.

Ein Richter, welher wissentlich entweder einen Unschuldigen zu einer Strafe, oder cinen Schuldigen zu einer härteren als der geseb- lihen Strafe verurtheilt, oder gegen einen Verurtheilten eine härtere als die erfaunte Strafe vollstrecken läßt, ist mit Cassation und mit Zuchthaus bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen.“

Die Abtheilung hat nur allgemeine Bemerkungen, die hauptsäch- lichste bezieht sich auf §. 380.

Marschall: §. 385.

Abgeordn, Prüfer: Jh finde in den §§. 384 und 385 ein Mißver=- hältniß. Es scheint mir nämlich, als ob die hohe Strafe von 20 Jahren Zuchthaus nur denjenigen angedroht werde, welche wissentlich ein falshes Urtheil fällen. Dagegen hätte ih im Allgemeinen nichts zu erinnern, weil ih glaube, daß derjenige Richter, welcher si bei der namentlih nah diesem Strafgeseß so außerordentlich ausgedehn- ten Gewalt eines derartigen Mißbrauches schuldig macht, diese Strafe vollkommen verwirkt hat. Indessen ist mir doch diese Strafe für das im §. 384 genannte zweite Verbrehen, nämlih: „wer gegen einen Verurtheilten eine härtere als die erkannte Strafe vollstrecken läßt“, viel zu hoh, und zwar darum, weil im §. 365 dasselbe Verbrechen, d. h, eine gescßlich unbegründete Strafvollstreckung, nur mit der Hälfte dieser Strafe geahndet werden soll. Man wird mir zwar einweuden, daß gerade das im §. 384 in der zweiten Stelle bezeichnete Ver- brechen, nah welchem dem Verurtheilten eine härtere Strafe zugefügt wird, als das Erkenntniß besagt; ih sage, daß dieses Verbrehen ein weit {wereres, größeres sei, als wenn gar kein Erkenntniß vorliege, und man wird mit anfilhren, daß hiernach ein höheres Strafmaß zu be- stimmen nothwendig gewesen, und daß dies überhaupt auch wohl voll fommen richtig bemessen sei, Dieses kann man aber kaum zugeben, denn jedenfalls is es in objektiver Beziehung, namentlich für den Verurtheilten, ganz gleich, ob ein solhes Urtel vorhanden is oder nicht, wenn nämli dieser Beschuldigte, dieser Bestraste wirklich mit einer gesebßlich unbegründeten Strafe belegt wird. Ju subjektiver Beziehung könnte man aber versucht werden, das im §. 385 bezeich= nete Verbrechen noh als ein höheres anzusehen, weil möglicherweise bei gar keinem oder einem noh nit rehtskräftig vorhandenen Er- fenntniß dann dem Kondemnaten immer noch Mittel und Wege offen stehen, die Strafe zu mildern und zu mindern, und zwar durch Cin- legung der Appellation, durch Anrufung der Gnade Sr. Majestät des Königs, daß also unter diesen Umständen der gewissenlose Richter so ins Ungewisse, ins Blaue hineingeht, daß dadur für den Be- straften , namentli für die Familie des Bestraften, unbedingt die allergrößtèn Nachtheile herbeigeführt werden können. Und dennoch soll dieses im §, 385 nach dem also Gesagten höher stehende Ver-= brehen nur mit der Hälfte der Strafe belegt werden, welche im §. 384 für das in der zweiten Stelle bezeichnete Verbrechen an- geseßt ist. Dieses halte ih offenbar für ein Mißverhältniß, und wenn ih auch nicht daran denke, für den §. 389 ein höheres Strafmaß beantragen zu wollen, so habe ih mich doch für verpslicztet erahtet, zunächst an die hohe Staats - Regierung die ergebene Anfrage zu richten, ob diese unter den also bezeichueten Daten und nah näherer Erwägung der Sache, versteht sih unter Zustimmung der hohen Versammlung, sih nicht etwa geneigt finden möchte, das zweite Verbrechen aus §. 384 wegzunehmen und in 8. 385 hinüberzustellen. Sollte das nicht beliebt werden, dann würde ih eventuell meinen ergebensten Antrag an die hohe Versammlung dahin richten, daß diese beshließe, darauf anzutragen, daß das zweite

erbrechen aus §- 384 weggenommen und in g, 385 herübergege- q ‘Regierungs L Kommissar ; Bischof D biete Ld tér wh c 384 und §. 385 besteht 1m Wesen s FAY Ote Fe S g. 3 «s t, daß gegen einen Unschuldigen eine nuasweise den Fall vorausseßt, daß Lg D | vorzugSwel| t während der §. 385 für den Fall Bestimmung Strafe erkannt 1}, ea welche eine Strafe vollstreck wird, in der trifst, wo diejemgen, Fe ligen haben und gegen fie nur eine andere That ein Ber beeczen Ls nit rehtsfräftig gewordene Strafe voll als die erfannte A 1 is an und für \ich Ra den Fall des streckt wird. a téhaideln, wie den von §. 384, Jndeß läßt sich B E A daß die Fälle niht scharf genug im §. 384 und nicht verkennen, sind, indem im §. 384 auch der Fall aufgenommen s. 385 get 5 Verurtheilten eine härtere als die erfanute Strafe ist, daß geaen Das würde allerdings noch in nähere Erwägung zu ves L dabei nochmals zu prüfen sein, in welches Verhältniß L Strafen gegen einander zu stellen wären. h

Abgeordn. Prüfer : _Soll nah der geshehenen Erklärung des Herrn Regierungs-Kommissars die Sache bei der Final-Redaction des Entwurfs berücksichtigt werden, }o bin ih vollkommen befriedigt,

Referent Abgeordn. Frhr. R (liest vor) :

n9+ 9090,

Ein Richter, welcher wissentlich ohne rechtskräftige Verurtheilung eine Strafe vollstrecken läßt, die an sich gar nicht oder niht în dem Maße, wie sie vollstreckt wird, begründet is, soll mit Cassation und mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft werden :

Jst im Falle einer solchen wissentlich ohne rechtskräftiges Urtheil vollstreckten Strafe diejes Urtheil geseblich begründet, so foll auf Amtsentseßung erkannt werden.“

Marschall: §. 386. L 4 Referent Abgeordn. Freiherr n Mylius (liest vor):

79 3860.

Die vou einem Richter mit rechtswidrigem Vorsaße verübte Be- günstigung eines Verbrechers ist in folgenden Fällen mit Amtsent- seßung und mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren oder Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu bestrafen : E

1) wenn der Richter die ihm obliegende Verfolgung des Ver brehens unterläßt;

9) wenn derselbe dem Verbrecher, um ihn der verdienten Strafe zu entziehen, auf irgend eine Weise Vorschub leistet ; i:

3) wenn er einen Angeschuldigten, dessen Schuld ihm befannt ift, freispricht oder mit einer gelinderen Strafe als der geseßlichen belegt; 0

4) wenn er die Vollstreckung der erkannten Strafe unterläßt;

5). wenn er eine gelindere statt der erkannten härteren Strafe vollstrecckt.

Jn geringfügigen Fällen oder unter besonders aildernden Um-= ständen is anstatt der vorbestimmten Strafen auf Gefängniß oder auf Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern zu erkennen,“

Das Gutachten lautet: „ZU §§. 384, 385 und 386. ;

Diese Paragraphen geben zu keiner Erinnerung Veranlassung. Bei Gelegenheit des §. 386 kam jedoch die Frage zur Erwägung, ob es nicht zweckmäßig, hier Strafbestimmungen gegen diejenigen Be- amten eintreten zu lassen, welhe ohne Grund oder ohne Beobachtung der geseßlichen Form entweder eine Haussuchung oder eine Verhaf= tung vornehmen sollten.

Die Diskussion hierüber ging namentlih davon aus, daß, wenn es auch nicht verkanut werde, daß es ein wesentliher Zweck der Ge= seßgebung sein müsse, die Unabhängigkeit des Bürgers, sowohl seiner Person, als des Eigenthums, gegen die Zudvringlichkeit und Willkür der Beamten zu hüben, andererseits es doh von Schwierigkeit sei, gerade hier sich über die Zweckmäßigkeit geeigneter Formen zu ver= ständigen, indem alle derartige Bestimmungen {hon ihrem Wesen nah mehr der Rechtsverfolgung und dem Prozesse angehören, als dem materiellen Strafrecht ; daß aber auch durchgreifende Strafbestimmun= gen überhaupt deshalb nicht zu wünschen, weil dieselben noch immer in der Vorausseßung gerechtfertigt wären, daß gerade die zum Schuße gegebenen Formen auszuführen unter allen Umständen möglich, diese Vorausseßung aber irrig sei und die Erfahrung es lehre, daß die Möglichkeit dieser Ausführung vielfah ausgeschlossen und dann die Anwendung eines Strafgeseßes eine Ungerechtigkeit sein werde. Die Abtheilung einigte sih zu dem Beschlusse, daß vorzuschlagen :

daß Polizei- und Steuerbeamte, welche Haussuhung vor= nehmen, ohne dabei die in den Geseßen bestchenden Vor- riften zu beachten, mit Gefängniß bis zu 4 Wochen oder __ mit Geldbuße bis zu 50 Rthlr. bestraft werden sollen. und faßte mit 9 gegen 7 Stimmen den Beschluß, darauf anzutragen, daß eine Bestimmung in das Gesczbuch aufzunehmen, dahin gehend, daß Polizei= und Steuerbeamte, welche Verhaftun= gen wegen Verbrehen vornehmen und davon nicht binnen 24 Stunden dem Richter Anzeige machen, mit Gefängniß bis zu 4 Wochen, unter erschwerenden Umständen mit Amts entseßbung bestraft werden follen,“ J erlaube mir zu diesem Vorschlage der Abtheilung, welche mit einer Majorität von 9 gegen 7 Stimmen angenommen und im Gut- achten ausgesprochen worden i}, noch Folgendes vorzutragen. Es ist gesagt worden, „daß eine Bestimmung in das Geseßbuch aufzuneh= men, dahin gehend, daß Polizei- und Steuer - Beamte, welche Ver hastungen wegen Verbrechen vornehmen und davon nicht binnen 24 Stunden dem Richter Anzeige machen, mit Gefängniß bis zu vier Wochen, unter ershwerenden Umständen mit Amts-Entseßung bestraft werden sollen, ““ s __ Abgeordn, Frhr. von Gaffron : Jh erlaube mir von vorn her ein zu erklären, daß ich die Tendenz, aus welcher dieser Vorschlag hervorgeht, anerkenne und theile, daß man die Freiheit des einzelnen Individuums nicht der Willkür der Beamten preisgeben dürfe. Jd erlaube mir nun aus praktischen Gründen mein Bedenken vorzutragen, ob die Polizei= und Steuer-Beamten unter allen Fällen Schuld sein müssen, namentlich bei den Verhältnissen auf dem Lande, wenn sie die Verhaftung nicht binnen 24 Stunden dem Richter anzeigen, Oft ist der Richter nicht im Ort, oft mehrere Meilen weit entfernt. Abge- sehen davon, daß Natur-Ereignisse eintreten können, wodur die Wege ungangbar werden, und welche die Absendung in so kurzer Frist un= möglich machen, giebt es noch einen anderen wesentliheren Grund des Bedenkens. Es fann nämlih Jemand auf Grund dringenden Ver= dachts oder hon erweislihen Thatbestandes wegen eines Verbrechens polizeilich verhaftet werden. Es is nothwendig, ohne Zeitverlust zur Ermittelung oder Vervollständigung des Thatbestandes Zeugen zu ver= nehmen, oder es handelt sich darum, Mitschuloige zu ermitteln ; die Voruntersuchung muß daher so schnell eintreten, daß die Angeschul- digten nicht zur vorherigen Besprehung gelangen, damit dem Richter der Thatbestand sogleich so klar als möglih mitgetheilt werde, Es kann viel für diese Ermittelungen verloren gehen, wenn die betreffen= den Verhandlungen nicht {hon in der Voruntersuchung und nicht so- gleich erfolgen. Zu diesem Behuf is aber e:ae spätere Anzeige an den Richter, als nah 24 Stunden, vielleicht nothwendig. Es könnte daher entweder gesagt werden, „24 Stunden nah Schluß der Vor= unkersuchung““, oder überhaupt ein längerer Zeitraum bestimmt werden. Dh gebe dies zu beurtheilen der Versammlung anheim,

U

Abgeordn. von Donimierski: Jh wollte dem geehrten Redner nur bemerklich machen, daß die bestehende Geseßgebung schon den Termin auf 24 Stunden festgeseßt hat. Es is dies die Verordnung vom 17. Juli 1846, die zwar nur für Berlin besteht, es is darin gesagt, daß der Verhaftete binnen 24 Stunden dem Staats-Anwalt übergeben werden muß. ‘-

Adgeordn. Frhr. von Gaffron: Eben weil die Verordnung uur

für Berlin gegeben is, wird die Sache hier sehr leicht ausführbar

| sein; ob sie aber auch auf dem Lande ausführbar sein möchte, muß

ih der Beurtheilung der Herren überlassen, die auf dem Lande wohnen.

Abgeordn. von Auerswald: Abgesehen davon, daß die Aus- dehnung des Geseßes auf die ganze Monarchie in Aussicht steht, daß ih allerdings au glaube, daß die Bedenken des geehrten Herrn von der \lesishen Ritterschaft auf einer Seite richtig sind, weil Fälle vorkommen werden, wo Hindernisse in der Natur der Sache liegen, daß cs positiv unmöglich is, dem Richter binnen 24 Stunden Nach- riht zugehen zu lassen, so glaube ih, daß daun die Strafbarkeit weg- fällt, wenn dies nachgewiesen wird, Jh provozire auf die Erklärung von der Ministerbank, ob in einem solchen Falle nicht Straflosigkeit eintreten werde?

Regierungs - Kommissar Bischoff : Rechtsprinzipien unzweifelhaft.

Marschall: Es i zu ermitteln, ob der Vorschlag des Abge- ordneten von Gaffron die erforderlihe Unterstüßung findet.

(Es erhebt sich eine- hinreichende Anzahl Mitglieder.) Er hat sie gefunden.

Abgeordn. Krause: Jh würde mih dem Vorschlage des ge ehrten Deputirten aus Schlesien anschließen, daß den ländlihen Po- lizei-Beamten oder Steuer - Beamten ein längerer Zeitraum als 4 Stunden zugestanden werde, wenn wir nur erst Bchältnisse hätten, wo die Verhafteten gut untergebraht werden könnten. Jch würde zustimmen, daß es nachgegeben werde, an Orten, wo Gefängnisse vor- handen sind. Es is aber in Fällen, wo keine zweckmäßigen Gefäng nisse vorhanden sind, Pflicht, sobald als möglich Anzeige zu machen und die Ablieferung zu bewerkstelligen.

Abgeordn. Frhr. von Gaffron: Jch würde meinen Antrag da- hin präzisiren, nah Analogie des Allgemeinen Landrechts, wo bis zum Beginn der richterlihen Untersuhung cine Frist von zweimal 24 Stunden auszusprechen is}, diese Frist auch hier eintreten zu lassen,

Marschall: Nach beendigter Voruntersuchung!

Abgeordn. Frhr. von Gaffron: .Jm Allgemeinen nah vorge nommener Verhaftung.

Abgeordn. Lucanus: Es is eben dort, wo es ausführbar ift, für die Städte und andere geeigneten Orte nämlich wünschenswerth, daß binnen 24 Stunden die Ablieferung geshehe. Jh glaube, daß der Vorschlag des Abgeordneten der slesishen Ritterschaft sich für Stadt und Land gleich nüßlich applaniren ließe, wenn man sagte: „Jür die Städte 24, für das platte Land zweimal 24 Stunden.“

Marschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen.

Die erste Frage is zu richten auf den ersten Vorschlag der Ab= theilung, die zweite Frage auf den Vorschlag des Abgeordneten von Gaffron, welcher eine Modification des Antrages der Abtheilung ist, und die eventuelle dritte Frage auf den leßten Vorschlag der Ab- theiiung. i

Die erste Frage heißt also:

Soll beantragt werden, Polizei= und Steuer-Béamte, welche Haus-

suchung vornehmen, ohne dabei die in den Geseßen bestehenden

Vorschriften zu beachten, mit Gefängniß bis zu 4 Wochen oder

mit Geldbuße bis zu 50 Rthlr. zu bestrafen?

Diejenigen, welche es beantragen, würden es durch Aufstehen zu er- fennen geben.

Es ift dem Antrage durch eine Majorität von mehr als zwei Drittheilen beigestimmt worden.

Die nächste Frage heißt:

vb der zweite Antrag der Abtheilung angenommen werde, mit dem

Zusaß, welher von dem Abgeordneten von Gaffron gemacht wor-

den ist, daß nämlich

Abgeordn. Prüfer: Jch glaube, es wird nöthig sein, die Fragen zu trennen.

Marschall : Es is nit zu verkennen, daß der Antrag des Ab- geordneten von Gaffron sich dem Antrage der Abtheilung anschließt und eine im Wesen nicht unbedeutende, der Fassung nah aber nur geringe Aenderung vorschlägt. Es wäre also zuvörderst darüber ab zustimmen ; wenn aber die Meinung vorherrscht, daß das Wesentliche des ganzen Antrages der Abtheilung hierin liegt

Abgeordn. von Auerswald: Jch bin niht der Meinung, daß eine \o kurze Frist gewählt werde, Wenn ich auch das Wesentliche des Antrags der Abtheilung im Antrage des Abgeordneten von Gaf- fron wiederfände, so muß ih doch darauf antragen , daß zuvörderst über den Antrag der Abtheilung abgestimmt werde. Es is ein Un- terschied zwischen einer Frist von 24 und 48 Stunden,

Marschall : Die Frage heißz:

„Stimmt die Versammlung dem zweiten Antrage der Abthcilung

bei ?“

Eventuell würde noch eine Frage auf den Vorschlag des Abgeordne- ten von Gaffron gerichtet werden.

Diejenigen, welhe dem zweiten Antrage der Abtheilung beistim men, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sih sehr viel Mitglieder.)

Dem Antrage is mit Majorität beigestimmt worden.

C O87.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

8e 087.

Diejenigen Strafen, welche den Richtern bei den einen Miß- brauch der Amtsgewalt in Strafsachen enthaltenden Handlungen an= gedroht sind (§§. 381 bis 386), sollen bei gleichartigen Handlungen auch auf audere Beamte angewendet werden, welhe vermöge ihres Amtes bei Ausübung der Strafgewalt mitzuwirken haben.“

Die Abtheilung hat nichts erinnert.

Abgeordn, von Platen : Hat dieser Paragraph Bezug auch auf die Ortspolizei-Behörden, die Schulzen oder Polizeigerihtsherren?

Regierungs - Kommissar Bischoff: Er bezieht sih auf alle diese Personen.

Abgeordn. von Platen: Dann wird die Bestimmung dieses Pa- ragraphen mit Bezug auf die Strafen im §. 386 zu großen Härten Veranlassung geben. Wenn z. B. ein Schulze nah jenen Festseßun- gen eine gelindere statt der zu treffenden härteren Strafe vollstreckt hat, wenn er die rechtskräftig erkannte Strafe mildert, wenn er z. B. Jemanden zu 4 Tagen Gefängniß verurtheilt hat und von der Abbüßung 2 Tage erläßt, wie es auf dem Lande sehr häufig ge- schieht, so würden jederzeit Strafen Plaß greifen, die mir, wie ge- sagt, eine Härte zu sein sheinen. Jh enthalte mich zwar eiues be- stimmten Antrages und bchalte mir vor, diesen bei §. 408 zu machen, wollte aber {hon jeßt auf die Mißverhältnisse aufmerksam machen.

Regierungs = Kommissar Bischoff: Es wird vorausgeseßt, daß mit rechtswidrigem Vorsaß gehandelt worden i, Liegt eine Unbe- kanntschaft des Geseßes vor, so kann das Vergehen nur als eine Fahrlässigkeit erachtet werden.

Es ist dies nah allgemeinen

Justiz - Minister von Savigny: Jh glaube, daß der zweite Ab= saß im §. 386 hinreichende Beruhigung gewähren wird.

Abgeordn. Lucanus: Jch habe bei den §8. 381 bis 386 aus= drücklih für alle milderen Zusäße gestimmt, weil ih §, 387 im Auge hatte und angenommen habe, daß er au auf alle Polizeibehörden An- wendung finden soll. Weil aber die Polizeibehörde niht nur Straf- gewalt, sondern auch Untersuchungsgewalt hat, und weil bei dem er= sten Angriffe auf die, welhe man für die Thäter hält, auch sehr leiht ein Angriff auf einen vollständig Unschuldigen geschehen faun, so wünsche ih, daß noh gesagt werde vor den Worten: „Strafge- walt, Untersuhungs- und“, damit jedes Zuweitgehen vermieden und Jeder vor übereilter Anwendung von Zwangsmitteln gesichert werde. Deshalb wünsche ih, daß gesagt werde: „in Untersuhungs=- und Strafsachen“‘.?

Regierungs-Kommissar Bischoff: Es is unzweifelhaft, daß alle Untersuchungssachen inbegriffen sind in den Strafsachen ; der Ausdruck Strafsachen geht weiter, er faßt jene mit in si.

Abgeordn. Dansmann: Jch war der Meinung, daß die Orts= Schulzen nicht unter diejenigen Beamten gehörten, welche die §§. 381 bis 386 benennen; da ih aber nah §. 287 entnehme, daß dieselben auch da mit zugezählt sind, so finde ih doch, daß die Strafbestim= mungen in Beziehung der Haussuchungen im §. 386 mit Gefängniß und mit einer Geldbuße bis zu 4 Wochen zu hart sind, weil die Haussuchung kein Vergnügen is, und es fallen dabei wohl empfind- liche Worte vor, wodurch es wohl möglich und nicht zu leugnen ist daß Ortsschulzen manchmal die geseßlich bestehenden Vorschriften aus Verdruß und Unkenntniß überschreiten, und wenn sie dann darüber hart bestraft werden, so würden auf dem platten Lande die Haus- suhungen als eine so gute Sicherungsmaßregel nicht mit solhem Eifer, wie es jeßt geschieht, ausgeführt werden, sonst is es zur Zeit Praxis, daß außer den ordentlichen Haussuchungen, die nah einem be‘ondercn Antrage geschehen, auch außerordentlihe ohne alle Bean= tragung stattfinden können, die wirkli sehr zweckmäßig sind, indem sie die Ortsbewohner, welche zu Diebereien geneigt sind, einshüchtern, und dur die Furht vor der Hanssuchung oftmals von ihren uner= laubten Handlungen abstchen. Sollten aber Orts\chulzen, welche bei Ausführung ihrer gewohnten a ußerordentlihen Haus- suhungen nah einem Vergehen, womit sie beschuldigt, gestraft werden, so würde diese nüßlihe Handlung niemals ohne einen beson= deren Befehl von ihnen! unternommen werden, welches denn doch für die Sicherheit des Orts höchst nachtheilig sein könnte,

Abgeordn. Allnoch: Jch kann meinem Kollegen aus der Mark durchaus nicht beistimmen. Jch will nicht, weil ich selbst Schulze bin, die Schulzen in Schuß nehmen; ih bin als solcher der erste Polizei - Beamte in meinem Ort, und wenn ih meine Amktsgewalt mißbrauche, verdiene ich Strafe. Jh muß als Vorgesebßter der Gemeinde mit guten Beispielen vorangeben und mir das Vertrauen der Gemeinde durch Befolgung und nicht durch Ueberschreitung der Gefetve zu verschaffen suhcn, Jch will den Paragraphen, so wie er hier steht, um so mehr angewendet wissen bei allen Administrativ=- beamten, weil ih weiß, daß sie häufig ihre Gewalt überschreiten, und weil ih weiß, daß sie sogar auf eine das menschliche Gefühl ver= leßende Art die Leute zum Geständniß zwingen. |

Abgeordn. Dansmann: Wenn die Sirafbestimmungen in dem Gutachten über den §. 386 unverändert stehen bleiben, dann bedaure ich jeden unkenntnißvollen Unterbeamten. S J j

Abgeordn. von Aucrswald: In Bezug auf die Aeußerung des Abgeordneten der Ritterschaft von Preußen über §. 386 erlaube ich mir zur Vervollständigung dessen, was der Herr Minister der Geseb= gebung gesagt hat, darauf aufmerksam zu machen, daß im §. 386 die geringste Strafe auf 24 Stunden Gefängniß herabgeseßt is, und daß dies selbs für ein so wohlwollendes Jndividuum, als er uns ver= gegenwärtigte, doch keine zu harte Strafe sein würde. | Marschall: Ein Antrag is eigentlih niht gemachk, wir fön= nen also zum nächsten Paragraphen übergehen.

6. 388,

Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius (liest vor):

¡19 388.

Wenn Beamte, welhe vermöge thres Amtes Verbrechen zu ver- hindern verpflichtet sind, solches mit rechtswidrigem Vorsaße unter= lassen, so sollen dieselben mit Amtsentseßung und mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren bestraft werden.

In geringfügigen Fällen oder unter besonders mildernden Um- ständen is anstatt der vorbestimmten Strafen auf Gefängniß oder auf Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern zu erkennen.“

Die Abtheilung hat uichts erinnert.

Marschall: C I92.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

11Ÿ+ 389,

Ein Beamter, welcher, um sih oder Anderen einen Gewinn zu verschaffen oder um Anderen zu schaden, Urkunden, deren Aufnahme oder Ausstellung ihm vermöge seines Amtes obliegt, unrichtig auf= nimmt oder ausfstellt, oder echte Urkunden, welche ihm vermöge sei= nes Amtes anvertraut sind, verfälscht, soll kafsirt und mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, und im Falle der gewinnsüchtigen Absicht zu- gleih mit Geldbuße von einhundert bis zu zweitausend Thalern be straft werden.

Das Verbrechen if vollendet, sobald die falsche Urkunde ange=- fertigt oder die cchte Urkunde verfälscht worden, wenngleih von der= selben noch kein Gebrauh gemacht ist.“

Die Abtheilung hat mchts erinnert.

MarsMall: S: 90

Referent Abgeordn, Frhr. von Mylius (liest vor):

„8. 390.

Die Strafe der Urkundenfälschung (§. 389) soll auch gegen den Beamten eintreten, welcher, um sich oder Anderen einen Gewinn zu verschaffen oder um Anderen zu schaden, die ihm amtlih anvertrau- ten Urkunden beschädigt, vernichtet oder unterdrückt.“

Auch hier hat die Abtheilung nichts zu erinnern gehabt,

Marschall: §. 391. i

Referent Abgeordn, Frhr. von Mylius (liest vor):

S DUT. / :

Beamte, welche Gebühren oder andere für amtliche Verrichtun- gen zu zahlende Vergütigungen für eigene Rechnung zu beziehen ha- ben und hierbei vorsätlih Abgaben erheben, welche der Entrichtende entweder gar nicht oder nur in geringerem Betrage zu leisten hatte, sollen mit Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern bestraft A ,

Jn \{chwereren Fällen is nah richterlichem Ermessen zugleich auf Amtsentseßung zu erkennen.“

Das Gutachten lautet:

zu §. er §. 391 gab nur zu Fassungs Bemerkungen Ra E Die Abtheilung war einstmm!1g der Ansicht, daß der Jer von den rheinischen Juristen gemachte Fassungs-Vorschlag zur Berücksich=- tigung zu empfehlen, indem durch thu etmöglicherweise erbobene Be-

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deuken vollständig beseitigt sind.“ j Der Fassungs-Vorschlag lautet: L i Beamte, welhe Gebühren oder andere für amtliche Verrichtungen zu zahlende Vergütungen für eigene Rechnung zu beziehen haben, werden, weun sie Zahlungen erheben, wovon sie wußten, daß die