1848 / 95 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

geordneten Eisenmann zu thun: „Ob die gegenwärtige Versamm- lung beschließen wolle, daß nicht sie, sondern die erst noch zu bildende Fonftituirende Versammlung bindende Beschlüsse zu fassen habe.“

Dieser Antrag wurde erörtert. Robert Blum wies darauf

hin, daß wenn iu den ersten drei Stunden des politischen Lebens der gegenwärtigen vorberatheuden Versammlung bereits Mißverständ- nisse zu beklagen seien, diese von nun an um #0 sorgfältiger ver- mieden werden müßten. Es sei wohl zu bedenken, daß die Augen des gesammten Europas dieser Versammlung zugewendet wären, und daher die Leidenschaftlihkeit ausgeschlossen bleibe, welche Spaltung veranlassen könute. Die Versammlung habe durch_ die That zu befunden, daß sie ernst und ruhig zu verhandeln wisse, mithin das Volk, welches sie vertrete, reif für die wahre Freiheit sei. Vor allem sei das Vertrauen des Volkes außer diesen Berathungs- \hranken auf den Willen, die Einsicht und Kraft der hier Versam- melten in einer Weise zu stärken, daß nicht das Getreibe der Par- teien den geseßmäßigen Gang der Verhandlungen überstürze. Alle Völker würden mit Achtung und Liebe für die deutsche Nation erfüllt scin, wenn die hier Versammelten als wahrhaft würdige und ent- \{lossene Männer si erwiesen. Eisenmann’'s Antrag wurde ein- stimmig angenommen, nahdem durch die Abgeordneten Nohl aus Elberfeld, von Gagern aus Wiesbaden und Vater Winter aus Heidelberg einige Bemerkungen über denselben aufgestellt worden.

Der Abg. S chulz aus Darmstadt wollte die gegenwärtige Versammlung nicht als eine svlche betrachten, der es zustehe, die fünftigen politishen Formen Deutschlands zu bestimmen, oder au nur darüber näher sich zu berathen. Seines Ermessens, fügte der Redner hinzu, stehe ein so hohes Recht allein einer aus Urwahlen hervorgegangenen Versammlung zu, welche alsdann zu bestimmen habe: 1) Welche Bundesgebiete fortan in der Bundesverfassung zu vertreten seien; 2) in welhem Verhältniß die Bevölkerungszahl zur Vertretuug im Bunde zu stehen habe; 3) welcher Wahlmodus anzu- nehmen seiz 4) an welchem Orte die eigentliche constituirende Ver- sammlung stattzufinden habe; 5) in welcher Zeit diese Versammlung zu halten sei; 6) auf welhe Weise die Versammlung ihre Berath- \{lagungen vorzunehmen habe. Sol Verfahren müsse eingehalten werden, damit man möglichst rasch vom Verhandeln zum Handeln fomme, und niht der Gefahr ausgeseßt werde, die Republik im Ge- folge der Anarchie zu erhalten.

Der Abgeordn. Wießner aus Wien erklärte, daß er der ein- zige in der Versammlung anwesende Oesterreicher sei. Um so mehr fühle er das Bedürfniß, den Wunsch auszusprechen, daß unverzüglich die Einladung an Oesterreih gerichtet werde, die bevorstehende fon- stituirende Versammlung zu beschicken, weil er wohl fühlte, daß ihm weder das Recht noch die Kraft gegeben sei, einer Mission zu ent- sprechen, welche eine so hohe und wichtige Verantwortlichkeit aufer=- lege. Jn Oesterreich sei das Bürgerthum und der Bauernstand bis- her noch gar nicht vertreten gewesen; denn in den Ständeversamm- lungen hätten nur Pairs getagt. Deunoch sei der Mittelstand in Oesterreich vollkommen befähigt, auch an den wichtigsten Verhandlun- gen thatsächlih sich zu betheiligen, und es sei eben so unwahr als ungerecht, wenn man das Gegentheil annehmen wolle, Um so noth- wendiger sei es daher, wirkliche Vertreter des österreichischen Bürger- standes zu den Berathungen der konstituirenden Versammlung \chleu- nigst einzuberufen. Diese mit Feuer und Takt gesprochene Rede wurde mit großem, allgemeinem Beifall aufgenommen,

Der Abg. Mengkorn aus Dithmarschen, in Schleswig-Holstein, trug auf die unverweilte Herbeiziehung des ungetrennnten Schles- wig=Holsteins zum deutshen Bunde an. Diesen Antrag unterstüßte der Abgeordnete S chleiden aus Schleswig - Holstein, Beauftragter der provisorishen Regierung dieses Landes für den Bundes- tag und aus eigenem Ermessen auch für die gegenwärtige Versammlung, welcher in solher Eigenschaft mit dem lebhaftesten und herzlichsten Zurufe begrüßt wurde. Der Präsident stellte sofort den Antrag: „Js die Versammlung der Ueberzeugung, daß Schleswig, mit Holstein fest verbunden, in den deutschen Bund aufzunehmen, und an beide eins bildende Laude die Aufforderung zu richten sei, die fonstituirende deutsche Versammlung durch Abgeordnete zu beschicken? Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, Nur ein Abgeordneter, dessen Name nicht genannt wurde, wollte gegen die ganz ent- schiedene Cinhelligkeit protestiren, wurde aber im Auftrage des Prä- sidenten durch Blums fräftigeu Zuruf, daß er das Wort nicht habe, vom Redestuhl entfernt. Wedemeier aus Leipzig verlangte sodann, daß die preußisch - deutschen Lande an der Ostsee, welhe den König um ihre Vereinigung mit dem deutshen Bunde gebeten hätten, demselben ebenfalls einzuverleiben seien, Abegg aus Breslau, welcher deu gleihen Antrag stellen wollte, verzichtete aufs Wort, Navegux aus Köln freut si, daß sich die Versammlung durch die Annahme des auf Schleswig-Holstein bezüglichen Antrags bereits als kompetent für solche Angelegenheiten erklärt habe, und verlangt, daß sie diese ihre Kompetenz nun auch auf Ost- und Westpreußen ausdehne. Er macht auf die hohe Bedeutung des Umstandes aufmerksam, daß die äußer- sten Provinzen der preußischen Lande, obgleich am weitesten von einander entfernt, doch in übereinverstandener ruhiger Freisinnigfkeit sih die Hände gereicht und somit den Mittelpunkt des Staats veranlaßt (ätten, mit ihnen übereinverstanden zu handeln, Nach einigen beridchti- genden Bemerkungen der Abgeordneten und - Bundestags - Gesandten elder wünsht Junghans aus Posen, daß auch die Provinz, in der er wohnt, cingeladen werde, dem deutschen Bunde sih anzu- schließen und die hiesige konstituirende Versammlung zu beschicken, ein Wunsch, der im Allgemeinen wenig Anklang zu finden schien, da es, wenn er genehmigt würde, den Anschein haben konute, als wolle Deutschlaud in hemmender oder beschränfender Weise der Ent- wicelung der neu sich erhebenden polnischen Volkéthiümlich- feit entgegentreten. Um so mehr Gleichstimmung fand dage- gen „. was Dirke àus Westpreußen zur Begründung der Rechte Ost- und Westpreußens sagte für dessen Aufnahme in den deutschen Bund. Leisler aus Wiesbaden bemerkte: Um wahrhast frei zu werden, müsse man vor Allem gerecht sein. Es sei also un= erläßlich, daß die Slhstständigkeit Polens wieder hergestellt werde. Dadurch werde die deutshe Bevölkerung in der Provinz Posen zwar in eine shwierige Lage kommen, aber nicht Polen, sondern dessen Widersacher alle krügen davon die Schuld. Biedermann von

Leipzig ermahnt, die Freiheit nicht mit E e zu beginneu. Doch nicht Gerechtigkeit allein, auch Klugheit fordere Rücksicht für Poleus Bestrebungen. Es fönne daher Galen freigestellt werden, sich auch in der deutschen fonstituirenden Versammlung vertreten zu lassen, do sei es dazu niht eigens aufzufordern. Auf keinen Fall dürfe man durch irgend einen eschluß die für Deutschland jeßt so freundliche Stimmung Polens in eine feindlihe verwandeln, Hensel aus Kassel spricht für die Wiederherstellung der polnischen Selbstständigkeit, will jedoch uiht, daß Böhmen, Mähren und andere zum Theil slavische Länder im Junern Deutschlands von diesem los- gerissen werden. Eben deshalb verlangt Struve, daß die 700,000 Deutsche in den Provinzen Posen und Preußen uiht von Deutsch- land ausgestoßen werden, aber daß Deutschland jedenfalls wieder gut machen müsse, was es durch seine Betheiligung an der Zerreißung Polens verschuldet habe. Minister von Gagern bemerkt sehr richtig, daß eine Gütertheilung zwischen Deutschland und Polen heute nicht vorzunehmen sei, Die Frage über Posen sei also ofen zu

lassen und eine Einladung zur Beschickung der fonstituirenden Ver- sammlung Deutschlands niht zu stellen. Auf die Geschichte si stüßend, beweist Welcker, daß Ost- und Westpreußen, ja selbst Po- sen, niht zu Polen, sondern zu Deutschland gehören. Man habe die- sen Provinzen von hier aus durchaus nihts vorzuschreiben; wollen sie deuts sein, so werde man sie aufnehmen, wollen sie polnish wer- den, so dürfe man ihrem Verlangen sich nit hindernd entgegen- stellen, so erfordere es die Gerechtigkeit, das Völkerrecht und die gesunde Politk. Wernher aus Rheinhessen stellt în gleicher Beziehung möralishe Betrachtungen auf. Venedey aus Köln warnt vor Mißverständnissen. Was man für die Herbeiziehung Posens zum deutschen Bunde sage, habe er zum Ueberdruß von den Franzosen über die Nothwendigkeit der Rheingränze behaupten ge- hört. Was man aber von Seiten. Frankreichs gegen Deutschland niht billigen könne, das dürfe und werde man mcht von Seiten Deutschlands gegen Polen in Anwendung bringen. Thue man es dennoch, so werde man die gegenwärtigen freundlichen Gesinnungen Polens für Deutschland in feindliche verwandeln, man werde ein Volk, daß unsere Vorhut gegen Rußland sein wolle, gezwungener Weise zur Vorhut Rußlands gegen Deutschland machen.

Der Präsident legt nun, eben so gedrängt als klar, Rechenschaft ab über die verschiedenen gestellten Anträge Gagern’s, Wedenmeyer's, Biedermann's, Struve's, Venedey's und eines zuleßt von Blum mo= tivirten Ausgleichungs-Antrags; von allen Seiten wurde jedoch wie- derholt und dringend verlangt, daß alle anderen Anträge einstweilen unberücksichtigt bleiben uud allein über den entschieden werden solle : „Ob Oft - und Westpreußen in den deutshen Bund aufzunehmen seien?“ Der in solcher Weise gestellte Antrag wurde einstimmig angenommen. Die Frage wegen Posen wurde, nah einigen Bemer kungen Venedey's, Struve's und einiger Anderer, der Gagernschen Motion gemäß, ofen erhalten, mithin späterer kompetenter Entschei= dung anheimgegeben. Den Schluß der Sibung bildete die Berathung darüber, auf je wie viel Seelen ein Vertreter gewählt werden solle. Der Antrag eines Redners lautete dahin, man solle dieses Zahl verhältniß zunächst für die konstituirende National = Versammlung auf 1 für 70,000 Seelen feststellen, und es ihr daun anheimgeben, das Zahlenverhältniß für die Zukunft so zu belassen oder si über einen anderen Modus zu einigen. Buhl aus Baden empfiehlt eine mög- lichst zahlreihe imponirende Vertretung und trägt darauf an, daß statt 1 auf 70,000 auf je 50,000 Seelen ein Vertreter zur konstitui- renden National - Versammlung gewählt werde. Reinganum aus Frankfurt und Welcker aus Baden wollen nichts von der alten Bun- des - Matrikel (die für je 70,000 Seelen einen Vertreter bestimmt) wissen und unterstüßen Buhl?s Antrag. Eben so außer anderen Red nern Hecker und Jordan. Nur ein Redner, Robert von Mohl, war gegen das Verhältniß von 1 zu 50,000 und wüns bte eine nicht dur Zahl, sondern durch Jutelligenz imponirende Versammlung. Buhl's Antrag wurde mit überwiegender Mehrheit angenommen. Stadtrath Hamel von Hessen-Homburg brachte zur Sprache, wie es in kleineren Staaten, die niht 50,000 Seelen zählen, gehalten werden solle. von Closen aus Bayern beantragte, diese kleineren Staaten sollten si zusammenthun und zusammen wählen ; dieser Antrag wurde nament- 1ih durch Glaubrech aus Hessen unterstüßt; die Mehrheit bei der Abstimmung erhielt aber der Antrag von Wesendonk aus Düssel- dorf, daß jeder kleine Staat auch mit einer Bevölkerung unter 50,000 Seelen seine Vertreter zur National-Versammlung schien möge.

Fraukfurt a. M., 1. April. Die heutige 2te Sitzung der vorberathenden Versammlung znm deutschen Parlament wurde um halb 10 Uhr eröffnet. An der Tagesordnung war der Wahlmodus zu der demnächst zusammentreteuden fonstituirenden National - Ver= sammlung, und sind darüber nach sehr lebhafter Debatte es wur= deu an 40 Redner vernommen folgende Anträge zum Theil stim- meneinhellig, zum Theil mit weit überwiegender Mehrheit angenommen worden :

1) es solle im Allgemeinen und mit Vorbehalt der Feststellung von hierher bezüglichen Prinzipien den einzelnen Staaten überlassen bleiben, nah dem von ihnen beliebten oder von den Verhältnissen ge botenen Wahlmodus zu wählen, 2) Die Wahlen find durch keinen Census, dur keinen Glaubens- oder Konfessions - Unterschied, noch dur ständische oder irgendwelche andere Vorrechte oder Standes=- Unterschiede bedingt. 3) Wurde durch Namens-Ausruf mit 317 gegen 194 Stimmen beschlossen, direkte Wahlen zur konstituirenden Nati0o- nal - Versammlung nicht als bindende Vorschrift zu machen, Dagegen hat die Versammlung die Frage, ob die direkten Wahlen als Prinzip anzuerkennen seien, fast mit Stimmeneinhelligkeit beja- hend entschieden. 1) Jeder volljährige Staatsbürger ist wahlberech tigt. 2) Jeder Staatsbürger is wahlfähig. Die Frage, ob der De- putirte dem Staat angehören müsse, den er auf der konstituirenden National - Versammlung vertreten solle, wurde verneinend entschieden, Es fann also in jedem Staate jeder Seutsche gewählt werden, Ein zuleßt noch von Hecker gestellter Antrag, daß auch jene deutschen politischen Flüchtlinge, welhe im Ausland verbürgert sind, wahlfähig und wählbar seien, wenn sie an ihr deutsches Staatsbürgerrecht An- sprüche erheben wollen, wurde als sih von selbst verstehend einjtim- mig angenommen. Die Aufrage des Präsidenten , wo die konstitut- rende National-Versammlung zusammentreten solle, wurde hierzu durch Acclamation der Versammlung Frankfurt erwählt, Noch ist n dem übrigen Theil der Sißung die Frage zu erledigen, wann die Natio- nal-Versammlung zusammentreten solle.

Oesterreichische Monarchie.

Wien, 1. April. Von dem Minister der auswärtigen Ange=- legenheiten und des Hauses ist der Redaction der Wiener Zeitung nachstehende Mittheilung zugegangen: „Seit mehreren Tagen fehlen uns direkte Nachrichten aus dem Hauptquartiere des Feldmarschalls Grafen Radebky, da die Verbindungen zwischen Mailand und Ve- rona durch den Aufstand der Bevölkerung unterbrochen sind, Jn Ermangelung zuverlässiger Berichte entlehnen wir einem turiner Blatte, La Concordia, vom 21. März, welches uns über München zugekommen ist, folgende ältere Notizen über die Lage der Dinge in Mailand :

ai Davin ujelbet bie Concordia, „,„durch einen Ex- pressen die Nachricht erhalten, daß die Dinge in Mailand {let stehen. Es scheint, daß die Mailänder Terrain verlieren, Sie ha- ben Mangel an Munition und Kanonen, sie fahren zwar fort, si gut zu schlagen, aber ohne unsere und zwar augenblicklihe Hülfe sind sie verloren. Alle Thore sind noch in der Gewalt „der Truppen, und das Landvolk, welches in Fölge des beständigen Läutens der Sturmgloden herbeieilt, wird genöthigt, wieder umzukehren.“““

„Dies isst die Schilderung, welche ein der mailäuder Bewegung entschieden günstiges Blatt von dem dortigen Stande der Dinge am 20, März entwirft.

„Unter den vielen unverbürgten Gerüchten, welche in diesen Ta- gen über die mailänder Ereignisse hier in Umlauf gesebt wurden , be- fand sich auch jenes, daß in Mailand bereits am 23, März eine pro- e Regierung, deren Mitglieder sogar namhaft gemacht wurden, eingeseßt worden sei. Da die hier augekommenen Nachrichten aus Verona und aus anderen Orten von Ober-Jtalien vom 24. und, 25. März hiervon nichts erwähnen, so erscheint die Glaubwürdigkeit jenes

, Gerüchts noch zweifelhaft. Dagegen können wir bestimmt versichern, daß der Kommandant des zweiten Armee-Corps, Feldmarschall-Lieu- tenant Baron d’Aspre, aus freiem Antriebe Padua verlassen hat, nach- dem er zuvor die in der Polesina vorgeschobenen Truppentheile an sich gezogen hatte. Bei der zeitweiligen Räumung von Padua hatte er die Absicht, über Vicenza nah Verona zu marschiren und si sodann, durch die dortigen Garnisonen verstärkt, nah Bresria zu wenden, woselb er sich mit den unter den Befehlen des Feldmarschall - Lieu tenants Fürsten Karl Schwarzenberg stehenden Truppen vereinigen und die unterbrochene Verbindung mit dem Feldmarschall Grafen Radeßky wieder herstellen wollte. Durch diese fonzentrische Bewegung werden größere Truppen = Abtheilungen zusammengezogen und durch die hergestellte Verbindung mit dem ersten Armee - Corps dem Feld- marschall Grafen Radebky die Mittel iu die Hand gegeben, mit Nach= druck nach Umstäuden zu operiren. Wenn seine Entfernung von Mailand \sich verwirkliht haben sollte, wird sie feinen anderen Zweck gehabt haben, als gerade jenen, durch die Vereinigung der größeren Zahl seiner Truppen deu Kampf, den er zu be- stehen hat, mit Ueberlegenheit zur Entscheidung zu führen. Diese Lage der Dinge dürfte erklären, wie die Entfernung des Feldmarschalls vou Mailand den dortigen Leitern der Empörung díe Gelegenheit hat geben können, eine provisorishe Regierung zu improvisiren.

„Die aus Parma und Modena zurückgezogenen Kaiserlichen Trup pen sind in Mantua eingerückt, während Feldmarschall =- Lieutenant Baron d’Aspre seinerseits die Besaßung dieser Festung durch eine Trupyen-Abtheilung verstärkt hat, so daß der Besiß dieses wichtigen Punktes gesichert ist.“ :

Dasselbe Blatt giebt noch folgende, am 30. März Nachmittags in Wien eingegangene Nachrichten : E

„Die beunruhßigenden Gerüchte über die Ereignisse in Jtalien und die Uebergabe von Mailaud an die Jusurgenten, die heute früh im Publikum in Umlauf waren, eutbehren bis jeßt jeder amtlichen Be stätigung. Weder der Kaiserliche Hof-Kuiegsrath, noch die Kaiserliche Staats - Kanzlei hat direkte Nachrichten von dort. Der Weg aber, den die verbreiteten Gerüchte genommen haben, durch die italienische Schweiz und über Chur sind mehr als verdächtig und nicht geeiguet, mit vollem Glauben hingenommen zu werden. Der Mangel an di riften Nachrichten erklärt sich durch die theilweisen Jnsurrectionen, die in den venetianischen Städten und im Friaul in Folge des plöbß- lichen Aufstandes in Venedig erfolgten, und die Absendung von Cou rieren nothwendig erschwert und die Post-Verbindungen henunt, Es sind indeß zur Herstellung cer Communicationen energische Maßregeln ergriffen. Briefe aus Mantua vom 25\ten melden, daß die Stadt zwar unruhig, die Festung aber vollkommen gesichert und durch ein paar neu eingetroffene Bataillone die Garnison hinlänglich stark fei, um alle Haupt- und Nebenwerke vollständig VEREBE zu Valle. Die Uebergabe dieses Plabes, die man als erfolgt erzählte, ist daher durch aus unwahr, Die Concordia, ein piemontesisches Journal, von der stärksten revolutionairen Farbe, von der ein Blatt hier angekom men is, schreibt vom 21sten aus Mailand, daß an diesem Tage die Fusurrection in großem Nachtheile gewesen (\. oben). Eben |v be- richtetcin Schreiben aus Triest vom Osten d., es seien daselbst Briese aus Mantua und Verona vom 26sten eingetroffen , welche die aus der

Augsb. Allg. Ztg. mitgetheilten Ereignisse wieder in Zweifel zie hen lassen. Der Erzherzog Vice-König hat übrigens nah Berichten vom 27s\ten Verona verlassen und die Richtung nah Junsbruck etn geschlagen. Palma nova is von zwei Bataillonen Gränzern wieder eingenommen worden. General Victor ist von Görz mit etwa 10,000 Maänn gegen Udine vorgerückt, von wo aus ihm be:eits Parlamen taire entgegengekommen sein sollen,“

Gras, 27. März. (Des. Lloyd.) Durch den Grafen Mazzucchelli ist hier die Nachricht eingegangeu, daß eine Kolonne von etwa 9000 piemonteser Schweizern u. |. w., die von der Schweiz

aus gegen Mailand vordringen wollten, nit nur geschlagen, sondern beinahe vernihtet worden ijt.

Triest, 30. März. (I. d. Oest. Lloyd.) Der Minister des Innern hat nachstehendes Schreiben an den Gouverneur des Küsten- landes gerichtet : l : :

„Hochgeborener Graf! Bei den treuen Gesinnungen unerschütterlichez Anhänglichkeit , welche die Stadt Triest gegen das österreichische Regenten baus und für cin festes Anschließen an die Monarchie stets bewährt und mit den \prechendsten Beweisen der That besiegelt hat, sollte man zwar kaum vorausseten, daß die Verpflichtung der Regierung, solche Gesinnungen an zuerkennen und die der Stadt gewährten Mittel ihres Aufschwunges und Flors derselben eben so treu zu bewahren, in Zweifel gezogen werden könnte, Jch bin vielmehr durch einen so eben angelangten Befehl Sr. Ma jestät des Kaisers vom 27\ten d. in die angenehme Lage verseßt, derselben zu evrtlären, daß unser gnädigster Monarch die Aeußerungen des Dankge fühles der triestiner Stadtgemeinde und die auch bei den Ereiguissen de: neuesten Zeit gegebenen Beweise ihrer treuen Anhäuglichkeit mit Wohlg« fallen aufgenommen habe, Jch ergreife aber auch gern die Gelegen heit Ew. Excellenz die Bersicherung zu ertheilen, und ih ermächtige Hochdieselben, dieselbe gegen die Stadtgemeinde auszusprechen, taß die Ne gierung in voller Anerkennung der hohen Wichtigkeit dieses Handelsplatßes, überzeugt von dem Bedürfnisse der freien Bewegung des Handels daselbst, feine Hemmnisse in den Weg zu legen, und von den segensreichen ¿olgen des bisher in Beziehung auf den Handel in dem Freihafen Triest befolgten Svstems durchdrungen, auch nicht die entfernte Absicht haben könne, die dieser Stadt gewähiten Freiheiten und Zugestäudnisse zu s{chmälern, viel- mehr unablässig bedacht scin werde, die ferneren Bedürfnisse diejes ciner noch s{öneren Zukunst emporblühenden Freihafens zu erforschen und dem selben jene Einrichtungen zu gewähren, welche ihm die durch Äntelligenz, Ehrenhastigkeit der Gesinnung und Beharrlichkeit errungenen Vortheile zu verbürgen geeignet sind. Genehmigen Ew, Excellenz die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung,

Wien, am 27, März 1848,

Der Minister des Jnnern: Freiherr von Piller sdorf.“

Die unter dem Befehle des Majors Geramb stehenden Truppen haben sich dur die insurgirten Gegenden in Friaul den Rückzug €r zwungen und mit dem Armee-Corps des General-Majors Victor de Pontis am Jsonzo vereinigt.

Das englishe Dampfboot „Tartarus“, befehligt vom Capit, G, Webster, von Konstantinopel in sieben Tagen fommend, hat ge- stern Abend auf unserer Rhede die Anker geworfen. An Bord der= selben befand sich Lord Cowley, früher Gesandter Englands bei der hohen Pforte, jeßt, wie man vernimmt, in derselben Eigenschaft nach der Schweiz bestimmt. Das Dampfboot brachte Briefe aus Kon stantinopel vom 21, März, welchen zufolge die parijer Ereignisse in Odessa einen sehr tiefen Cindruck gemacht haben, Ein wahrer pani= her Schrecken bemächtigte sich des ganzen Handelsstandes, und alle Geschäfte wurden sofort eingestellt. Las französishe Dampfschiff, wel- hes am 44. in Konstantinopel aukommen sollte, war am 21, nodh nicht erschienen. Dadurch war natürlich auch die Börse in Konstan- tinopel sehr allarmirt, und französische Papiere konnten nicht ange- bracht werden. Uebrigens herrschte in der Stadt die größte Ruhe.

Heute Nachmittags um 4x Uhr traf hier das der Gesellschaft des Oesterr. Lloyd gehörende Dampfboot „Sofia‘“ mit cinem Theil des Regiments Kinsky von Venedig ein. Briefe sind uns nicht zu-

gekommenz wir erfahren nur aus dem Munde eines Passagiers, daß

unter den Mitgliedern der provisorischen Regierung ein Zwiespalt

entstanden sein soll und man bei der völligen Stockung alles Ver- fehrs in Venedig über Nahrungslosigkeit klagt.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 28. März. Die heutige St. Peters- burgishe Zeitung enthält Folgendes : j

Von Gottes Gnaden Wir, Nikolaus der Erste, Kaiser und Selbst- herrscher aller Reussen u. \. w., verkünden Jedermann: Nach cinem geseg- neten langjährigen Frieden ist der Westen ÉEuropa’s nun plötzlich aufgeregt durd Wirren, die den Umsturz der geseßlichen Gewalten und jeglicher ge- sellschaftlihen Ordnung drohen. Zuerst in Frankreich ausbrechend, haben Aufruhr und Anarchie sih schnell dem benachbarten Deutschland mitgetheilt, und mít einem Ungestüm, der in dem Maße wuchs, als die Regierungen nachgaben , überall hin sich crgießend, hat dieser verheerende Strom end- lid auch die mit Uns verbündeten Kaiserlich ósterreichishen und Kö- niglich preußischen Staaten ergriffen. Jegt bedroht der Frevel, keine Grän- zen mehr kennend, in seinem Unverstande auch Unser von Gott Uns auver- trautes Rußland, Aber dem wird nicht so sein! Nach dem geheiligten Vorbilde Unserer rechtgläubigen Vorfahren sind Wir, unter Anrufung der Hülfe des allmächtigen Gottes, bereit, Unseren Feinden, wo sie Uns entge gentreten, zu begegnen, und Wir werden, selbst fein Opfer scheuend, im unverbrüchlihen Bunde mit Unserem heiligen Rußland die Ehre des russishen Namens und die Uuverleßlichkeit Unserer Grän» zen schirmen, Wir sind der Ueberzeugung, daß jeder Russe, jeder Unserer treuen Unterthanen, mit Freude dem Nufe seines Kaisers folgen wird, daß unsere alte Losung: für den Glauben, den Zaren und das Ba terland, auch jezt uns den Weg zum Siege zeigen werdez und dann wollen wir im Gefühle ehrfurhtsvollen Dankes, so wie gegenwärtig im Gefühle heiliger Zuversicht auf den Herrn, Alle vereint rufen: „Mit uns is Gott! erkennet es ihr Heiden und beuget euch: denn mit uns is Gott!“ Gegeben zu St. Petersburg, den 26. März im Jahre der Geburt Christi dem 1848sten, Unserer Regierung dem dreiundzwanzigsten. (gez.) Nikolaus,“

T&arschau, 31. März.

Der General - Militair - Gouverneur von Warschau, General-Adjutant Fürst Gortschakoff, macht in den heutigen Zeitungen Folgendes bekannt: „Obgleich in Warschau bis- her die vollfommene Ruhe durch keinen Vorgang gestört worden, hält die Regierung des Königreichs, aus Rücksicht auf die gegenwär- tigen Zeitumstände, sich für verpflichtet, alle Sicherheitsmaßregeln für den Fall zu treffen, daß Bösgesiunte sich fänden, die es unter-= nähmen, die gesezmäßige Ordnung gewaltsam umzustoßen und die Nube der Einwohner der Stadt zu stören. Deshalb wird auf Be-= fehl des Fürsten Statthalters hierdurch bekannt gemacht, daß allen Einwohnern Warschau's folgende Verpflichtungen obliegen: Falls in der Stadt cin Auflauf oder Alarm entsteht, darf Niemand auf die Straße gehenz wer aber beim Entstehen eines folhen Vorfalls ge- rade auf der Straße is, muß unverzüglich in seine Wohnung heim- zukehren suchen. Die Hauseigenthümer müssen sofort alle nach der Straße führende Thüren verschließen und nur die Heiumkehrenden her- einlassen z aus dem Hause aber darf außer deu Personen, die in Diensten auszugehen haben, bis zu gänzlicher Rückkehr der Ordnung Niemand hinausgelassen werden. Alle, die festgenommen oder auf den Straßen unter Ruhestörern geschen werden, unterliegen gerichtliher Verant- wortung, denn jeder Rechtlihe muß auch nicht bloßer Zuschauer eines Aufruhrs sein und si s{chleunigst von dem Orte des Auflaufs und der Unordnung entfernen. Die Hauseigenthümer werden benachrich- tigt, daß, falls aus irgend einem Hause geschossen werden sollte, der Eigentzümer, der Hausmeister und diejenigen Miether desselben, welche der Stelle, von wo her der Schuß gefallen, am nächsten wohnen, zur Verantwortung vor Gericht gezogen werden sollen, dessen Aufgabe es sein wird, zu ermitteln, ob das Unternehmen nicht mit ihrer Schuld stattgefunden und ob sie nicht es hätten verheimlihen wollen,“

F A O Paris, 30. März. Man hat hier die Nachricht, daß der Her- zog und die Herzogin von Montpensier in Spanien angekommen sind,

Die provisorische Regierung hat ein Dekret erlassen, wonach, mit Hinsicht darauf, „„daß viele Ausländer an den glorreichen Februar- Creignissen thätigen Antheil genommen““, der Justiz-Minister einstwet- len ermächtigt wird, allen Ausländern, die nachweijen, daß sie wenig-= stens 5 Jahre in Frankreich ihren Wohnsiß gehabt, so wie, daß sie

in jeder Beziehung des französischen Bürgerrehts würdig sind, auf ihr Begehren die Naturalisation gegen Entrichtung der geseßlichen Gebühren zu bewilligen,

Alle an den Tagen des 22,, 23. und 24. Februar im M on i = teur erschienenen Verordnungen, mittelst deren Ernennungen verlie hen worden, sind von der gegenwärtigen Regierung für ungültig erflärt,

Laut Dekret der provisorischen Regierung soll die sehsmonatliche Prorogirung, welcher die Zahlung der vor dem 24, Februar 1848 freirten und noch niht in 5proz. Reuten konvertirten Schaß - Bons unterworfen sind, auh auf die Jndossirer dieser Bonus Anwendung finden und folglich die Rechte der Juhaber gegen die Indossirer wäh rend der Dauer dieser Prorogirung nicht geltend gemacht werden föonnen,

Die Regierung hat die sofortige Errichtung eines Lagers von 35 bis 40,000 Mann zwischen Vienne und Grenoble befohlen; als Grund giebt man die Nachrichten aus Jtalien an.

Laut Regierungs- Beschluß wird die rothe Müße nicht zu den amtlichen Emblemen der Republik gehören.

Ein Beschluß des Ministers des Junern verfügt, daß die Wah- len der Offiziere der Nationalgarde in den Departements im Laufe des April erfolgen sollen, Die Kommissare werden sür jedes Depar= tement den Wahltag festseben. Wie zu Paris, sind auch in den Departements die Grenadier- und Voltigeur - Compagnieen aufgelöst worden. S : ]

Zwischen Herrn Lamartine und dem belgischen Gesandten sol len in Bezug auf die Rücksendung der belgishen Bürger in ihr Land freundschaftliche Erklärungen stattgefunden haben. ?

Durch Vermittelung der Regierungs-Kommission für die Arbeiter ist die große Dampfmaschinen - Fabrik von Derosne und Cail, welche eine Masse Leute beschäftigt, wieder in volle Thätigkeit getreten. An L, Blanc werden jeßt überallher von Arbeitgebern und Arbeitern Gesuche um seine schiedsrichterliche Entscheidung gerichtet, und fast durhgängig wird seinem Ausspruche Folge geleistet. Jn Folge der von ihm bewirkten Verständigung sind schon zahlreihe Fabriken und Werkstätten, die geschlossen waren, wieder geöffnet worden.

Heute war hier ein Auflauf, um das Journal la Presse zu vernichten z derselbe wurde mit Schwierigkeiten gestillt, i

Paris, 1. April. (Tel. Dep,) Gestern fand hier eine fünf- stündige Berathung der Regierung über die militairishen Maßregeln statt. Jn Met isst eine Batterie auf den Kriegsfuß gestellt und marschfertig.

Am D9sten haben sich von Lyon aus 300 deutsche Arbeiter in Marsch gesetzt; alle ausländischen Arbeiter werden dort vertrieben,

Großbritanien und Irland.

j London, 29, März. Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen machte gestern bei dem Herzoge von Cambridge, der Her=- Gugin von Glocester und Kont- und dem Herzoge von Wellington Besuche. Der Leßtere empfing den Prinzen in der preußishen Feld- marschalls-Uniform, Am Morgen hielt der Prinz in dem preußischen

8253 Gesandtschaftshotel ein diplomatisches Lever und dinirte Abends bein Prinzen Albrecht im Budckingham=Palast.

Die gestrigen Parlaments = Verhandlungen sind ohne Juteresse. Herr Wakley brachte eine Petition ins Unterhaus, welche die Ab=- schaffung des Oberhauses , die Confiscation des Eigenthums der Kirche u. \. w. nahsuhte. Sir R. JInglis legte dagegen energi- hen Protest ein und wollte 1e zurückgewiesen haben, weil damit eine Beleidigung gegen das Oberhaus ausgesprochen und das Peti- tionsrecht gemißbraucht sei. Nach eimger Diskussion indeß wurde die Petition in gehöriger Form eingebracht, d, h. vom Sprecher auf die Tafel des Hauses gelegt, weil dieselbe in gehöriger Form abge faßt sei und nichts enthalte, waë durch ein ausdrüclihes Parlaments= statut verboten wäre. Einige Erörterungen über irländische Austrei= bungen und Eisenbahn-Angelegenheiten uahmen die Zeit der Sibung in Anspruch. e

Die Deutschen, welche in Nottingham wohnen, haben eine Un- |

terzeihnung zum Besten der Hinterlassenen der in Berlin gefallenen Kämpfer eröffnet. „Wir hoffen“, sagt die Times, „„dahß dieses Beispiel in den großen Fabrikstädten nachgeahmt werden wird.“

Die Einwohner von Bordeaux haben auf eine Adresse vou Bir- mingham folgende Antwork e ] E

„Die Einwohner von Bordeaux 11 Frankreich an die Einwohner von Birmingham in England. Brüder und Freunde! Wir haben

mit der innigsten Theilnahme die Adresse gelesen, welhe Jhr in Eurer |

Versammlung am 19, November beschlossen habt. Bordeaux, welches vorzugsweise eine Handelsstadt ist , hat feit lange die verderblichen Folgen des Krieges zu würdigen gelernt und verbündet sich herzlich mit Euch, um die Wohlthaten des Friedens und emer aufrichtigen Vereinigung der Völker zu preisen. Empfangt, theure Brüder und Freunde und Alle, die Jhr in Englaud die nämlichen Empfindungen hegt, die Versicherung unserer lebhaften Theilnahme und unserer auf richtigen Anhänglichkeit.“ Le De EAD e.

Aus dem Haag, 29. März, Die Kammer hat in 1hrer gestrigen Sitzung den Geseßentwurf in Betreff einer Erhöhung des Kriegs - und des Marine-Budgets angenommen. Hierauf erklärte das Kabinet unter dem Beifallrufen der Kammer, daß es nächstens mehrere Abänderungen für das Mahl- und Schlachtsteuer = Geseß beantragen werde, zu dem Zwecke, die Last der unteren Klassen zu erleichtern.

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Brüssel, 31. März. Die Kammer hat in threr vorgestrigen Sibung mit 75 Stimmen gegen 5 den Geseß-Entwurf angenommen, welcher die früher achtjährige Dauer des Mandats der Kommunal- Räthe auf sechs Jahre beschränkt.

Der Advokat Jottrand schreibt an ein brüsseler Blatt, um sich gegen die Verleumdungen zu verwahren, welche ihn als einen der Ur heber der außergeseßlihen Bewegung bezeichneten, dur) welche einige Hibköpfe den Sieg der republikanischen Partei in Belgien zu sichern suchten. „Jch werde für meinen Theil““, \{hreibt Herr Jottrand, „fortfahren, die republikanischen Jdeen zu verbreiten, welche, nach meiner Ansicht, in der neuen Lage der Dinge die nothwendige Er- gänzung unserer Einrichtungen von 1830 geworden sind. Allein ich beshränfe diese Propaganda auf den ge}eßlichen Kreis der Presse,

auf die Association und die Berathung in Volks - Versammlungen.

Alles, was außerhalb dieses Kreises geschicht, liegt mix fern; ih miß billige es auf das fräftigste.“

Gent, 29. März, Abends. (Köln. Ztg.) Meine Geschäfte sührten mih heute uach Lille, von wo ¡ih so eben zurüdckfehre und Jh nen daher aus eigener Anschauung über deu Versuch Mittheilung machen kann, welch¿a ein Corps von 1800 bis 2000 Fret\chärlern heute Morgens mächte, über die belgishe Gränze bis Mouscron einzudringen, um das Land zu republikanisiren, Gleichzeitig, als eine andere Schaar über Valencienues in Belgien einzudringen versuchte und in Quievrain so vollständig eingefangen ward, hatte sich eine stärkere Schaar aus Paris per Eisenbahn in die Richtung nach Lille begeben und zu Seclin, einer Station vor Ulle, Halt gemacht, wo diese ungebetenen Gäste seit drei Tagen die Einwohner belästigten. Gestern Abends endlich brach sie gegen die belgische Gränze auf, unter Anführung einiger Polytechniker, und langte diesen Morgen drei Viertelstunden nordwörts Quievrain, auf der Straße von Turcein nach Tournav, in dem belgischen Gränzdorf „Risquonstout‘“ an, ‘wel her Ortsname die Schaar besonders auf diesen Punkt angezogen ha R Mouscron stehende Vorhut eines belgischen Observations-Corps, unter dem Befehle des Generals Fleury, hatte {hon gestern Abends Emissaire beobachtet, die in großer Anzahl über die Gränze kamen und das Terrain refognoszirten, ange“lich um Ta bad zu kaufen. Viele dieser Leute wurden verhaftet und noch in der selben Nacht durch den von TMurnay herbeigeeilten Gerichtsbeamten verhört. Noch andere Vorbedeutungen mögen die Aufmerksamkeit der Gränzbesaßzung angeregt haben, geng, es wurde vermuthet, daß am heutigen Tage etwas gegen Belgien unternommen werden sollte, um das Land und insbesondere. die Provinz Flandern aufzuwiegeln und die Revublik in Belgien zu proklamire». Auf diese Wahrnehmungen hin wurden noch in der Naht Befehle zu eincr bedeutenden Trup- pen = Heranziehung gegeben, und ganze Bataillone eilten auf langen Eisenbahnzügen von Antwerpen und Gent der Gränze zu, trafen aber, so wie leider auch Schreiber dieses, ein paar Stunden zu spät ein, denn die kleine Av:ut Garde, aus 250 Mann des 5ten Linien- Regiments und 2 Kanonen bestehend, unter der unmittelbaren Au führung des waderen Generals Fleury, hatte die etwa 2000 Mann starke Bande schon total geschlagen uud Über die Gränze, welche sie frevelhaft unter dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ überschritten, in der größten Unordnung zurückgeworfen, Jene Baude, zum Theil aus der Hefe des pariser Volkes und aus etwa einem Drittheile belgi- E Frankreich beschäftigt gewejener Arbeiter oder Tagelöhner, meistens aber aus ganz niedrigem Gesindel bestehend , hatte Posto nebeu und in dem oben genannten Dorfe gefaßt, als die kleine Ko- sonne des belgischen Militairs gegen 8 Uhr Morgens heranrücte. Unter dem Rufe : „Vive la république! Vive la ligne!” \chwenk- ten sie ihre Fahnen und rüten ihrerseits gegen das belgische Corps, welches aufmarschirte und sofort ein Pelotoufeuer eröffnete, das die Jusurgenten zweimal beantworteten, und während dessen sie bei ihrer Ueberzahl Stich hielten. Da deployirte die belgische Infanterie, und die hinter ihr aufgestellten zwei Kanonen eröffneten ein Kar tätshenfeuer, welches zur Folge hatte, daß schon beim dritten Schusse die pariser Citoyens sich in Unordnung auflösten , ihre Waffen weg-= warfen und die Gränze in größter Eil zu erreichen suhten, Es wur- den nur sechs Schüsse gethan. Damit hatte die Sache ihr Ende er- reiht, und ih sah die siegreichen Truppen um 10 Uhr in Mouscron wieder zurückkehren, als wenn sie von einer Jagdpartie kämen. Bel=- gischerseits blieb ein Sergeant todtz 3 Soldaten und 1 Hauptmann wurden leicht verwundet, ente dem Platzez viele wurden verwundet , die sich über die Gränze shleppten. Die Belgier erbeuteten 500 Munitions - Gewehre und mehrere Fahnen. Jh sah später auf meiner Eisenbahn = Tour nach Lille daselbst auf der Station Turcein die rückfehrende Bande, fast Alle zerlumpte Leute mit nur theilweiser Bekleidung , Viele ohne

Von den Jusurzenten blieben 10 todt auf |

Strümpfe und Schuhe, Andere mit rothen Müben, Alle ohne Waf- fen, gänzlih demoralisirt , todtmüde und hungrig umherstehen und liegen; die wenigen Belgier darunter sollten über die belgische Gränze transportirt werden ; die Franzosen, worunter mehrere Gamins, ver= langten nah Paris mit Eisenbahnzügen zurückzukehren ; ih sah auch zwei ihrer Chefs : einen Polytechniker in der Uniform und einen jun= gen, gut gekleideten Menschen in Bürgertracht mit einer roßen Tri= folor - Schärpe. Sie waren sehr niedergeshlagen und Leun sich überzeugt zu haben, daß sie sich bitter in ihren Erwartungen ge- täusht. Hier und in allen Gränzorten, die ih passirte, äußerte man die lebhafteste Zufriedenheit über diesen Vorfall, dessen Wirkung ähn- liche Versuche wohl fern halten wird.

_ Vrüsel, 2. April. (Tel. Dep.) Die belgische Regierung will von der französishen Regierung fordern, daß sie die Bildung re= volutiongirer Trupps nicht gestatte und ihnen keine Waffen gebe.

Dänemark.

Kopenhagen, 29. März. (Alt, Merk.) Se. Majestät der BORE Hon die folgenden Aufruf an die Holsteiner erlassen :

„„Ovlsteiner! Jhr habt Mich tief betrübt, Jahrhunderte lang is Aufruhr und Untreue in Meinen Reichen und Landen unbekannt gewesen. Ihr habt die Fahne des Aufruhrs aufgepflanzt! Holsteiner! Mein Herz hängt an Euch. Jhr werdet nicht das heiligste Erbe Eurer Väter, den Ruf dex Holstentreue, vernichten, Euer Herzog kann die Hoffnung nicht aufgeben daß Jhr zu ihm zurükehren werdet, Verleitet seid Jhr von treulosen Führern, die nicht an Euer Wohl denken, sondern nux an ihre eigenen ehrgeizigen Pläne. Unter Meinem Namen führen sie Euch ins Berderben, nur indem sie Meine Freiheit leugneten, haben fe Euch bewogen, ihnen zu folgen, Holsteiner! Lasset Meine Worte Ein- gang bei Euch finden, Freiheit habe ich Euch geboten , Selbstständigkeit als eigener Staat, kräftiges Mitwirken zur volksthümlichen Entwickelung von Deutschlands Einheit; darüber habe ich Euch Mein Versprechen gege- ben. Holsteiner! Dieses Versprechen beantwortet Jhr mit Aufruhr! Kehrt um zu den Segnungen des Friedens und der Freiheit, Verscherzt nicht leichtsinnig Eure Wohlfahrt, gebet sie niht den Plünderungen rauher ckchaaren vreiís. Bald werde ich an den Gränzen des Königreichs stehen. Lasset eine Botschaft des Friedens und der Unterwerfung an Mich ergehen z und was ich versprochen habe, steht in voller Kraft,

Frederik R.

S-M Wi efi

Kanton Zürich. (Shwäb. Merk.) Hier ging die Nach- richt ein, daß in Oesterreich starke Aushebungen für die Armee statt= finden. Das Einrückten der Sardinier in die Lombardei und der be= vorstehende Krieg nöthigen die Schweiz, Truppen an die Gränze zu stellen. Der Befehl hierzu wird nicht lange auf sich warten lassen. Gleichzeitig wird in mehreren Kantonen ein Vertilgungskrieg gegen die Klöster angehoben. Der Große Rath von Freiburg muß zu dem Ende von berner Truppen bewacht werden. Das Bataillon Seiler ist dahin abgegangen.

Der Staats = Rath von Tessin zeigt dem Vorort an, daß die provisorische Regierung vou Como die Erlaubniß nachsuhe, unge- fähr 1200 gefangene Oesterreiher durch \{hweizerishes Gebiet, Tes- sin und Graubündten, nah Tyrol zu transportiren, und daß er die Bewilligung ertheilt habe, unter der Bedingung, daß auch Grau=- bündten einwillige.

Berichtigung. Jn unserem gestrigen Blatt ist S. 813, Sv, 2 40 und 39 9. 11, stait „öffentlihen Angelegenheiten““ zu lesen : öffentlichen Versammlungen.

Jn der Sammlung des Unterzeichneten für die Verwundeten und Hinterbliebenen der im Kampfe Gefallenen is ferner eingegan= gen: von Hrn. Bezirksvorsteher Bode durch Sammlung 3 Nthlr. ; von Hrn. Senator Wagner in Stralsund durh Sammlung zweite Sendung 200 Nthlr.; von Hrn. Schütt et Millahn und Eduard Völcker in Barth durch Kollekte füx Civil uud Mültitair 963 Rthlr.; von Frau Geh. Räthin Alberti nebst Charpie 5 Rthlr. ; von Hrn. Wirkl. Geh. Ober-Regierungs-Rath v. Berunäth 10 Rthlr. ; vou Hrn. Pr. Boedeker in Göttingen 1 Rthlr. ; von Frau v. P. in Weimar 10 Rthlr.z von Frau Geh. Räthin Steffens für die Waisen 5 Rthlr.; von Fräulein Steffens 6 Paar Strümpfe; von L, G. aus Schweß 1 Diadem uneht; vom Bezirksvorsteher Hrn. Goebel, Unterbaumsbezirk, außer den hon früher eingezahlten Bei trägen, noch 242 Rthlr. 8 Sgr. Courant nebst 2 Friedr.d’or und 1 Dukaten, wovon nah dem Willen der Herren Geber 101 Rthblr. 15 Sgr. und 2 Friedr.d'or nebst 1 Dufaten halb für Civil und halb für Militair bestimmt sind; von Herrn Theater-Direktor Bröckelmann in Stargard als Einnahme für eine Theatervorstellung nah Abzug der Kosten 8 Rthlr.; von den K. Kammermusikern Hrn, Zimmer= mann, Ronneburger, Ed. Richter, Lobe und Steifensand als Ertrag einer musikalischen Soirée im Hôtel de Russie, wozu Hr. Gasthofs= besißer Ehrenfried das Lokal gratis gegeben hat, 66 Rthlr. 12 Sgr. z von Hrn. Kaufmann Meyer, Friedrichsstr. 149,, durch Sammlung 3 Rthlr. 5-Sar. 1 Pf.z vom Krieger - Vereine in Calbe a. d. S. für Civil und Militair 15 Rthlr.; vom General-Musik=Direktor Hrn. Meverbeer 200 Rthlr.z; von Hrn. Dr, Albers durch Kollekte am Posten vor der T hierarzneishule 22 Rthlr.; im zweiten Charlottenstr. Bezirk (Nr. 41.) gesammelt durch den Stadt - Verordneten Hru. Petsch, Bezirksvorsteher Hrn. Struve und die Bürger Hrn. Hausotte und Petsch 11. 739 Rihlr. 11 Sgr. 11 Pf., 1 Dukaten und 1 \íl= bernen Theelöffel. C. Duncker, Stadtverordneter.

Liönigliche Schauspiele.

Dienstag, 4. April. Jm Opernhause. 43e Abonnements Vor= stellung : Der Liebestrank, Oper in 2 Abth. aus dem Jtalienischen. Musik von Donizetti. (Herr Behr vom Stadttheater zu Leipzig : Dulcamara, als erste Gastrolle.) Aufaug halb 7 Uhr.

Jm Schauspielhause. 52ste französische Abonnements-Vorstellung. [La troisième représentalion de: La dernière conquête, co médie - nouvelle en 2 actes, méêlée de chátit, pär M. Rosier. Friselte, vaudeville en 1 acte, par MM. Labiche et Lefranc. Anfang halb 7 Uhr. A

Mittwoh, 5. April. Jm Schauspielhause. 57sstte Abonne - ments= Vorstellung: Eigensinn, Lustspiel in 1 Akt, von R. Benedix. Hierauf: Die deutshen Kleinstädter, Lustspiel in 4 Abth., von Koßebue.

Donnerstag, 6. April. ments =- Vorstellung. Zum erstenmale: 5 Abth., vou J. L. Klein,

Jm Schauspielhause. 58ste Abonne- Die Herzogin, Lustspiel in

Königsstädtisches Theater.

Dienstag, 4, April. Einmal Hunderttausend Thaler. Posse mit Gesang in 3 Akten, von L. Kalisch. Musik vom Königl. Musik- Direktor Gährich.

Mittwoch, 95. April. biere di Siviglia. (Der Barbier von Sevilla.) ck Akten. Musik von Rossini.

O

(Jtalicnishe Opern-Vorstellung.) U Bar- Komische Oper in

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Redacteur: R. Weußtel.

Jm Selbstverlage der Expedition.

Zedrucki in der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei. Ged /