1881 / 114 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 May 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Ueber die Thatsache, daß viele Lieferanten im Vergleiche mit denjenigen anderer Länder auf die Aufmachung ihrer Waaren ungewöhnlih wenig Sorgfalt verwenden, herrscht hier kein Zweifel. Es wird behauptet, daß bei manchen Gegenständen sich hier ein Mehrgewinn von 5 Proz. würde erzielen lassen, wenn auf die Aufmachung 1 Proz. Mehrkosten verwendet würden. Dies findet indessen auf Gold: und Silbersachen bezw. Juwelen, welche für den Verkauf an Sia- mesen bestimmt sind, nur in beschränktem Maße Anwendung. Es ist hier nicht allein bei den Wohlhabenderen, sondern auch bei der niederen Volksklasse Sitie, einen großen Theil der Ersparnisse in verarbeiteten edelen Metallen anzulegen. Nur ungern wird hierbei ein den Me?allwerth um ein Erhebliches Üübersteigender Preis bezahlt, und würden demnach etwaige elegante Kästchen, Etuis 2c. den Verkauf wesentlih ershweren.

Ueber die Mängel der deutshen Verpackung ist hier viel geklagt worden. Eine besonders sorgfältige und solide Ver- pacung bei Lieferungen nah Bangkok ist aber, abgesehen von der großen Entfernung, {hon aus dem Grunde dringend ge- boten, weil Mangels einer regelmäßigen direiten Verbindung mit deutschen Häfen der weitaus größte Theil der Waaren in Singapore umgeladen werden muß. Nichtsdestoweniger haben manche Sendungen den Eindruck hervorgerufen, als seien mit der Verpackung vollständig unerfahrene Arbeiter be- traut gewesen.

Bei einer Lieferung Glaswaaren hatte man die einzelnen Gläser, nur mit Papier umwickelt, neben einander gelegt und, ledigli zum Schuß gegen die Wände der Kiste, das Ganze mit Stroh umgeben. Die unausbleibliche Folge war ein Bruch von 50 Proz.

Eine weitere, sehr bedeutende Glassendung, welche aus- nahméweise direkt gekommen war, zeigte ebenfalls in Folge mangelhafter Verpackung cinen Bruch von 20 Proz., mithin 17 Proz. über den bei derartigen Lieferungen hier regelmäßig angenommenen Bruch von 3 Proz. Beide Sendungen haben zur Folge gehaht, daß weitere Bestellungen bei nihtdeutschen Häusern gemacht wurden. |

Hinsichtlih der Solidität der Verpackung nichtdeutscher Exportartikel scheint man hier im Allgemeinen den Franzosen vor den Engländern den Vorzug zu geben, da, wie mir mit- getheilt wurde, Sendungen aus England in Folge ungenügen- der Verpackung nicht jelten ebenfalls einen erheblichen Pro- zentsay Bruch ergeben hätten. Besonderes Lob wird der Ver- packung französischer Stußuhren gezollt. Dieselben werden stückweise in kleinere Kisten vertheilt, einer größeren, sehr festen Gesammikiste einverleibt und vermögen in dieser Ge- stalt die stärksten Erschütterungen zu ertragen.

Selbverständlih traf, bez. triff der Vorwurf mangel- hafter und unsolider Verpackung stets nur gewisse Zweige des deutschen Exports, während bei anderen Artikeln in dieser Beziehung nichts auszuseßen war. Es ist mir sogar versichert worden, daß die Verpackung deutscher Pianos, welche hier seit Jahren in verhältnißmäßig großer Anzahl Eingang fin- den, ausnahmelos eine musterhaste gewesen sei.

Erfreuliher Weise scheinen si neuerdings auch andere deutsche Lieferanten einer entschieden solideren Verpackungs- weise zu befleißigen. Die Klagen über erlittenen starken Bruch haben im Allgemeinen sehr abgenomnien, ja ein erst seit

ahresfrist etablirtes hiesiges Geschäft, welches viele zerbrech- liche Artikel aus Deutschland bezieht, hat bisher nicht eine einzige beschädigte Sendung erhalten.

Daß dieser Fortschritt indessen nicht bei allen Jndusirie- zweigen konstatirt werden kann, hat der Berichterstatter an seiner vor Kurzem aus Berlin bezogenen Hauseinrichtung erfahren. Die sämmtlichen, zum Theil sehr umfangreichen Kisten waren äußerlich . völlig unversehrt und so fest vernagelt, daß das Oeffnen eine nicht unbedeutende Krastaufwendung erforderte. Die innere Verpackung erwies sih bei den mit Glas- und Porzellansachen gefüllten Kisten als vorzüglich, indem nicht ein einziges Stück zerbrochen war. Jm Gegensaß hierzu aber war die Verpackung der Möbel eine so mangelhaste, daß ein Theil der leßteren erheblihe Beschädigung erlitten hat. Die zur Befestigung der einzelnen S in der Kiste an- gebrachten sehr s{hwachen Holzleisten waren gebrochen, und halten sih in Folge dessen die Möbel gegenseitig zerstoßen. Ein nebst zwei Stühlen, einer Etagère und einem Sopha ohne weitere Emballage verpackter großer Pfeilerspiegel war vollständig zertrümmert, und hatten die Scherben die übrigen Gegenstände, namentlich auch den Spiegelrahmen selbst übel zugerichtet.

Es wird von fast allen hiesigen Jmporteuren bezeugt, daß wiederholte Fälle von Unreellität deutsher Fabrikanten bei Ausführung übernommener Bestellungen nicht allein dem deutshen Handel in Bangkok Abbruch gethan, sondern auch gewisse Jndustriezweige in Mißkredit gebraht haben. Aller- dings ist es nur selten vorgekommen, daß eine bestellte Liefe- rung si bei der ersten Sendung als unprobemäßig erwies. Dagegen haben verschiedene Firmen die Erfahrung gemacht, daß die Qualität der Waare bei Nachbestellungen in dem Maße hinter der ersten Lieserung zurüblieb, daß dieselbe nur mit c roßem Verluste hier verkauft werden konnte.

Am häufigsten ist dies bei Biersendungen geschehen , doch wurden mir noch anderweitige Fälle mitgetheilt, unter denen ih die beiden nachstehenden glaube besonders anführen zu

„sollen.

Auf eingesandte P: obe hatte ein hiesiges Haus in Ham- burg eine Bestellung auf shwedishe Zündhölzer gemacht. Da die erste Sendung vorzüglih ausfiel und sehr guten Absay fand, so ließen die Jmporteure die bekannte gelve Etiquette mit Zusäßen (Bildern bez. Schristzügen) versehen, welche sih für den biesi en Markt besonders eigneten, und wurde die Marke in dieser Form in Deutschland registrirt. Die erste Lieferung unter dieser Marke war ebenfalls noch völlig probe- mäßig, \ aätere Sendungen aber enthielten eine völlig ver- schiedene und erheblih geringere Waare, welhe Anfangs noch 20 Proz. unter dem ursprünglichen Verkaufspreise an den Mann gebracht werden konnte, seither aber nahezu unverkäuf- lih geworden sein soll. )

Dieselbe Firma hatte in Deutschland eine Partie gedruckter Baumwollenzeuge bestellt, Diese Waare sollte zu größeren Tüchern, dem einzigen KUUngenne der Siamesen, verarbeitet werden, und war die Echt der Farben {hon aus dem Grunde wesentlih, weil die Bevölkerung das um die Lenden gesGlungene Gewand bei ihren täglihen Flußbädern nicht ab- egt. Die erste Lieferung zeigte völli elte Farben, spätere Sendungen aber waren in dem Maße uneht, daß in Folge bloßer Transpiration das Muster des Zeuges sich auf dem Körper abdrückte. An Nachbestellungen konnte unter diesen Umständen natürlih niht gedacht werden.

Wohl niht mit Unrecht wird behauptet, daß Vorkomm- nisse der beregten Art der deutshen Jndustrie größere Nach- theile bereiten, als eine etwaige erste unprobemäßige Liefe- rung, indem bei leßterer weit eher ein Versehen Seitens der Lieferanten präsumirt werden könne. /

Das Hersenden von Gegenständen, welhe in Deutschland außer Mode gekommen sind, hat sich in Folge des geringen Bildungsgrades der Siamesen bisher meistens nicht als un- vortheilhaft erwiesen. Manche hiesige Kaufleute haben sogar derartige Waaren eigens bestellt und scheinen mit denselben ein gutes Geschäft gemacht zu habcn. .

Die Pedanterie, welche man den deutshen Fabrikanten hier hauptsählich vorwirst , besteht darin, daß dieselben vielfah nicht dazu zu bewegen sind, bei der Fabrikation auf den Geshmack, bez. die Jdeen dcs Bestellers, falls dieselben von den ihrigen abweichen, überhaupt oder doh genügend ein- zugehen. Ein besonderes eklatantes Beispiel, welches mir aus neuester Zeit mitgetheilt wurde, gestatte ih mir anzuführen.

Unter den Vorbereitungen zu der im März d. F. statt- findenden Verbrennung der Leiche einer Gemahlin des Königs

nimmt der Ankauf massenhaster, zum Theil sehr werthvoller'

Geschenke, zur Vertheilung unter alle Schichten der Bevölke- rung, einen niht unwichtigen Plaß ein. Ein hiesiges deutsches Haus, welches Seitens des Hofes einen sehr bedeutenden Auf- irag zum Ankauf erhalten hatte, wandte sih dieserhalb an eine deutshe Fabrik und bestellte bei derselben näher beschrie- bene Gegenstände aus Schildpatt, mit Gold ausgelegt. Wie- wohl nun bei diesem Austrage ausdrücklih hervorgehoben wurde, daß es auf den Preis überhaupt nicht ankomme, so lehnte die Fabrik dennoch das Anerbieten aus dem Grunde ab, weil sie niht im Stande sei, der Bestellung entsprechende Waare anzufertigen. Da die Zeit drängte und man sich einer etwaigen zweiten abshläglihen Antwort aus Deutschland dem- nach nit aussetzen konnte, so ging die Bestellung nunmehr an eine englische Fabrik, welche dieselbe mit größter Bereit- willigkeit sofort annahm. A ;

Das Annonciren findet auf Bangkok in sofern keine An- wendung, als das einzige hier erscheinende kleine Lokalblatt si für auswärtige Anzeigen kaum eignen würde, und fremde Zeitungen cine allgemeine Verbreitung nicht haben.

Der Mangel guter, in Sonderheit gut illustrirter Kata- loge, wie solhe namentlih in England und den Vereinigten Staaten ohne Rücksicht auf die Kosten und unter Mitwirkung von wirklichen Zeichenkünstlern angefertigt und nah allen Theilen der Erde versandt werden, wird auch in Bangkok lebhaft empfunden. Eine nähere Angabe in den Katalogen über die Preise „an Bord Hamburg, Bremen 2c.“, würde für den hiesigen Markt ebenfalls von großem Werthe sein.

Reisende, von deutschen Fabriken ausgesandt, haben Bangkok seit einer Reihe von Jahren nicht aufgesuht. Die- selben werden aber aus dem Grunde nicht vermißt, weil die meisten hiesigen Häuser alljährlich ein Mitglied ihrer Firma auf längere Zeit nah Deutschland entsenden.

Amoy, Februar 1881.

Eine Firma in Cöln hatte sih in den verflossenen Jahren wiederholt an das Kaiserlihe Konsulat behuss Vermittelung der N direkter Handelsbeziehungen mit Amoy ge- wandt.

Ein hier wohnhaster Deutscher hat \sih hierauf eine kleine Quantität Cölnischen hie von der genannten shana als Probe zum Zwecke des Wiederverkaufs kommen lassen und sofort nach Empfang der Waare, ohne vorherige Prüfung derselben, den Kaufpreis remittirt. Obwohl Cölnisches Wasser nah den eingezogenen Erkundigungen nicht nur unter den hier lebenden Fremden, sondern auch unter der chinesischen Bevölkerung eines Absatzes fähig sein könnte, so war doch die von der genannten Firma hierhergesandte Waare wegen ihrer von Sachkundigen als mangelhaft bezeihneten Qualität un- verkäuflich.

Der Jnhaber einer deutshen Firma bezog in den letten Jahren von einer Firma in Lübeck Konserven, u. A. Frucht- \syrup, Fruchtgelée und Fruchtmarmeladen ; die beiden ersteren waren in (voil Flaschen, einfah mit Korken versehen, ohne weiteren Verschluß und die Korken selbst mit dünnem Staniol überzogen. Eine natürliche Feige dieser Verpackung war, daß die Waaren auf der Ueberfahrt im Dampfschiff in Gährung geriethen und der größte Theil der Flaschen hier leer ankam. Die Fruchtmarmeladen werden in Blechdosen, in Papier ge- \{lagen, versandt. Bei englishen Fabrikaten dagegen sind die Blechdosen mit Oelfarbe angestrihen, wodurch eine größere Haltbarkeit gegen Nässe oder Feuchtigkeit erzielt wird.

Die Kisten, in welhen sih die Waare befand, waren \{leckcht und viel zu leiht. Auch waren nur drei Seiten der- selben mit langen Brettern, die vierte Seite dagegen mit Querbrettern versehen, so daß das angebrachte Bandeisen sfei- nen Zweck verfehlte, die Kisten unterwegs geöffnet und eines Theils des Jnhalts beraubt werden konnten.

Eine andere deutshe Firma kaufte in Hamburg ein Pianoforte und ein sogenanntes Cottage-Piano. Ersteres wurde sofort verschifft und entsprach vollständig den gehegten Erwartungen. Leßteres war noch nicht fertig und sollte später versandt werden. Als es hier eintraf, zeigte es ih, daß es \{lecht gearbeitet war und ein gan mangelhaftes Aussehen hatte, so daß es nur mit Verlust zu verkaufen war.

Ferner kaufte die Firma C. Gerard & Co. Messing-Hlinge und Werkzeuge nah Muster von einer Firma in Hagen; da die Waare dem Muster niht entsprah und sich daher dem Wiederverkauf Hindernisse in den Weg stellten, so bezieht die Firma C. Gerard & Co. seit dieser Zeit ihren Bedarf an genannten Artikeln aus Amerika, wobei sie troy der höheren Preise ein besseres Geschäft zu erzielen behauptet.

Dieselbe hiesige Firma läßt sih jeßt Meershaumpfeifen aus Wien kommen, weil die früher aus Berlin erhaltenen une zerbrochen hier ankamen; es soll dabei vorgekommen ein, daß beim Aufmachen der Futterale, in welchen die ein- elnen Pfeisen lagen, abgebrochene Stücke seven, wodur der

erdaht wach gerufen wurde, daß die Pfeifen bereits gebrochen cingepackt worden waren.

Von einer Firma in Hamburg erhielten C. Gerard & Co. bisher Sendungen von Rehnungsbüchern von weißem Papier ; troß der gleichen Bestellung wie früher waren die zuleßt ge- sandten I statt mit weißem, mit blauem Papier versehen und werden daher von den Kunden nicht gekauft.

Von C. Gerard & Co. wird noch hervorgehoben, daß sie von englishen Häusern {hon im Juni oder Juli Muster oder Zeichnungen von Neuigkeiten erhalten, während Seitens deut- scher Fabrikanten nur selten Neuigkeiten im Ausland ange- priesen würden. Wolle man daher aus Deutschland Fabrikate beziehen, so sei man gezwungen, dem Fabrikanten eine ziemlich

offene Ordre zu geben. Eine solche werde aber häufig dazu benußt, um vorjährige Neuigkeiten zu versenden.

Sämmtliche in Vorstehendem aufgesührten Fälle sind, einzeln betrachtet, unbedeutend; dennoch dürfte es auffallend erscheinen, daß von einem Ort, wie Amoy, wohin nur ein äußerst geringer direkter Fmport von Deutschland stattfindet, E solhe Anzahl von Klagen, wie die vorliegenden laut werden.

Schließlich erlaube ih mir noch einen, wie anderwärts, so auch hier bei Sendungen aus Deutschland häufig zu Tage tretenden Mißstand hervorzuheben. Viele deutshe Fabri- kanten und Spediteure, welhe nur gewohnt sind, Güter auf Eisenbahnen, wo die Fracht nach Gewicht bezahlt wird, zu befördern, bedenken nicht, daß bei dem überseeishen Transport die Fracht in der E nah Maß entrichtet wird. Die Kisten werden daher der Waare nicht knapp genug angemessen und überdies noch mit Holzleisten statt mit eisernen Bändern ver- sehen, wodurch si die Fracht erheblich vertheuert. Es ist dies ein so allgemeiner Uebelstand, dem noch dazu auf so einfache Weije abgeholfen werden kann , daß es meines unmaßgeblichiten Erachtens angezeigt erscheinen dürfte, die be!reffenden Kreise, welche sih bisher noch niht mit dem überseeishen Transport befaßt haben, nah Möglichkeit darauf aufmerksam zu machen.

Berliner Rennbahn zu. Hoppegarten 1881. Der Verein für Hindernißrennen, welcer in den leßten Wochen hier begründet worden, hat am Montag sein zweites Meetin g ver - anstaltet. Der Besuch war ein mäßiger, aber der Verlauf der Rennen h E interessante Momente. Die Rennen begannen um

r mit:

I, Verkaufs-Steeple-Chase. Preis 1000 4 Für 4 jähr. u. ältere Pferde aller Länder. 60 A. ee ganz Reugeld. Distanz ca. 4000 m. Das Rennen hatte 4 Unter risten und 3 Pferde er- schienen am Pfosten, welche zur größten Heiterkeit des Publikums wieder einmal fast sämmtlich an den Hindernissen den Gehorsam ver- weigerten. Am besten sprang des Lieut. v. Schmidt - Pauli a. br. W. „Monstone“ (German), der denn auch als Sieger nah Gefallen durchs Ziel ging u. den Preis von 1240 #. erhielt. Erst etwa 4 Stunde später landete des Hrn, v. Wittenburg a. br. St. „Nemesis“ ( Emmerich) im Ziel. Das dritte Pferd war aus- gebrochen. Um 34 Uhr folgte:

Il. Steeple-Chase. Preis 1000 ( Herren-Reiten, Für 4jährige und ältere Pferde aller Länder, die kein Rennen im Werthe von 2000 Æ. und darüber gewonnen haben. 50 4. Eins, 30 M. Reug. Distanz 4000 m, dem zweiten Pferde ?/s, dem dritten Pferde 2/5 der Eins. u. Reug., nah Abzug des Eins. für den Sieger. Von zehn Meldungen erschienen aht Pferde am Pfosten, von denen nach einem höchst interessanten Kampfe des Rittmstr. v. d. Osten (Garde- Kürass.) 5zähr. F. St. „Rega“ (Reit.: Bar. v. Falkenhausen) den ersten Preis von 1050 , Leut. v. Sydow II. (3. Hus.) 5jähr. F.

. eNeckar“ (Reit. Dae, den zweiten Preis mit 246 Æ, und Mr.

oans a. br. H. „Handicapper“ (Reit, Bes.) das dritte Geld mit 164 M. erhielt. Dem Rennen {loß sich um 4F Uhr an:

111, Verkaufs-Hürden-Rennen. Preis 1000 # Für 4 jähr. und ältere Pferde aller Länder. 60 A. Eins., ganz Reugeld. 5 Pferde erschienen am Pfosten, von denen Graf M. S{ch{mettows 5 jähr. br. H. „Themistocles“ (Gillam) als Sieger eintraf und den Preis von 1480 H. erhielt. Hrn. v. Wittenburgs a. br. St.

„Hymne“ wurde zweite. Der Sieger wurde nicht gefordert. Den Schluß des Tages bildete um 5 Uhr:

IV. Gögen-Steeple-Chase. Preis 1500 #. Herren-Reiten. r 4jähr. und ältere hay: aller Länder. 80 M Eins, 40 Reug. Distanz 4500 wm. Vier Pferde erschienen am Ablauf, „Kühlte® und „Decoy“ stürzten; es siegte nah E Kampf mit einer guten Länge Lieut. v. Sydows I1. (3. Hus.) Glä r. F. H. „Nostiz“ (Reiter Besitzer) gegen des Lieut. Grf. Vißthum (K. S. Garde-Reit.) a. hbr. H. „Silen“ (Reiter Lieut. v. Boddien 1I. 17. Ulan. Rgt.).

Aus Linz wird unter dem 14. d. M. gemeldet: Wegen heute Nacht erfolgter großer Lawinenstürze auf der Salzkammergutbahn mußte der Verkehr auf der Strecke zwischen Ebensee-Attmang sowie auch von Ischl aufwärts bis auf Weiteres eingestellt werden. Regen- wetter andauernd. Aus I\chl wird berichtet: Jn der hiesigen Gegend muß heute a wegen massenhaften Schnees mit Schlitten gefahren werden; allenthalben bestehen Verkehrshindernisse : die Posten haben Verspätung, und heute ist im Antenwinkel zwischen Lraun- firhen und Ebensee neuerdings eine Lawine niedergegangen, welche mehrere Telegraphensäulen umriß und die Bahn verlegte, so daß die Ruge erst nach Freimahung des Gleises wieder verkehren konnten.

eber ähnlihe Scbneefälle und Schlittenpartien wird auch aus an- deren Landestheilen berichtet, selbs aus dem Innviertel. Auch Bäume haben hin und wieder Schaden gelitten, indenr die Aeste dur die Scneemassen abgedrückt wurden.

Aus New-York wird unterm 12. d. berihtet: Eine für Mai ungewöhnliche Hitze hat si in den atlantischen Staaten ein- gestellt ; stellenweise sticg das Queksilber über 90° Fahrenheit. Heute wurden häufige Todesfälle am Sonnenstih gemeldet; in New-York und Brooklyn haben sieben solche stattgefunden.

Gestern Abend wurde im Victoria-Theater mit der „Götterdämmerung“ der zweite Cyklus der Wagnerschen Tetra- logie bes{chlossen. Es ist erfreulih konstatiren zu können, daß auch diesmal die Theilnahme der Zuschauer nicht nachgelassen hat, son- dern mit jedem Abend wuchs, Wenn im ersten Cyklus gerade die „Götterdämmerung“ nicht ganz so enthusiastishe Aufnahme fand als die übrigen Theile, so dürfte die weniger günstige Beseßung der Hauptrolle ein wesentlicher Grund hierfür gewesen sein. Diesmal war die Rolle des Siegfried dem Königlih Bayerischen Kammersänger Hrn. Vogl anvertraut, und eine tüchtigere Kraft für BEEe zu finden dürfte geradezu ausgeschlossen sein. Die Leistung ihrem Grade nach zu \chäten ist hier wie bei jeder Meisterleistung unnöthig. Wir brauchen nur das hervorzuheben, daß der hochbegabte Künstler in den Scenen, in welchen mit den köftlihen Wagnerschen Weisen sih erhabene dra- matishe Effekte verbanden, die Hörer zu nit enden wollendem jubelndem Beifall begeisterte. Unterstüßt wurde der Siegfried in mustergültiger Weise sowohl durÞ Fr. Vogl, welche an Stelle der Fr. Materna die Brünnhilde sang, wie durch Hrn. Schelper (Hagen), dessen gleichfalls vorzügliche SOHUR en wir be- reits bei der ersten Bespre{ung gebührend gewürdigt haben. Die Rolle des Alberich, die îm ersten Cyklus Hr. Schwarz übernommen hatte, wurde diesmal von Hrn. Julius Libau in formvollendeter Sesatiang zu Gehör gebracht. Jm Uebrigen war die Beseßung die- selbe wie bei der ersten Aufführung und verdiente nicht geringere An- erkennung. Zum Schluß der Vorstellung wurden Hr. Virektor Neu- mann und Hr. Kapellmeister Seidl stürmisch gerufen und erschienen auf der Bühne. s

Der näâchste Cyclus beginnt morgen, Mittwoch. Jn demselben wird die Rolle der Brünnhilde wieder von Fr. Friedrih-Materna übernommen werden.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen (eins{hließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

N 114.

Berlin, Dienstag, den 17. Mai

180.

Deutsches Neich.

Nachweisung

der Einnahme an Wetselstempelsteuer im Deutschen Reiche im Monat April 1881.

Code

Cinnahme i Ober-Post-Direktions de G Zit 1881/82 er-Post-Direktions- | im Monate eitraum Bezirke. April 1881 des —- mehr

Vorjahres weniger

' M M S M. S I. Im Reichs-Post- Gebiete:

1) Königsberg 13 213,50 14 601/80} 1388/30 2) Gumbinnen 2766701 3157400 390/70 3) Danzig . e 11 693/301 1247320 779/90 4) Berlin. « - « 45 587/501 52 89230| 7304/80 5) Potsdam . . 2047.70 2 882/25) 134/55 6) Frankfurt a./D. . 5 71610 6.772201 1056/10 7) Stettin : 7 167 80 8269/65) 1101/85 8) Köslin . . 1 806 80 1886701 79/90 9) Posen . 3944901 4161/1300 216/40 10) Bromberg . 2720 20 261745) + 102/75 11) Breslau 1412290 1417500} 52/10 12) Liegniß . 6 883 00 6717401 —+ 165/60 13) Oppeln . 5 324 80 5 99625) 671/45 14) Magdeburg 14 896 20 13 692/90| —+ 1203/30 15) Halle a./S. 599090) 6357/60] 366/70 16) Erfurt . 8 772 60 8786751 14/15 17) Kiel . * 6 484 10/ 7885/20 1401/10 18) Hannover . 4 572 40 6 267/301 1694/90 19) Münster 158950 2155500 56600 20) Minden . 5 622 90 5 657/301 34/40 21) Arnsberg . 16 052 60 16 499/1101 446/50 2D) C 3 461 40 3 395/40| —+ 66/00 23) nue a./M. 24 467 00} 28039701 3572/70 20 On he 14239 151 1403925) —+ 199/90 25) Aachen . 6 413 20 7054/1101 640/90 26) Coblenz . 2 595 10 315640} 561/30 27) Düsseldorf ., . 34124501 3419155] 67/05 28) Trier . 214285) 92355600 212/75 29) Dresden 10659 501 10808/30| 148/80 30) Leipzig . 3118870} - 30651900 —+ 536/80 31) Karlsruhe , 15 653 00 13 591/95) + 2061/05 32) Konstanz . 4 540 80 5 707/60} 1166/80 33) Darmstadt . . 10013 20 9 656/351 —+ 356 89 34) Schwerin i./M. . 1 736 30 2.962 40 1226110 35) Oldenburg : 4019 50 4 422/501 403/00 36) Braunschweig 4 919 70 4 997/90 78/20 -37) Bremen 1809495 19 349,75 125480 38) Hamburg . ._. 61706801 6451945) 281265 39) Straßburg i./E. 18368251 1785020| —+ 518 05 40) Met 3 357 20 3765901 408 70 Summe I. 459 377/50] 484420751 25 043 25 II. Bayern. . . 41 565/30 3601190 + 555340 III. Württemberg 17 470/85 1849875} 1027/90 Ueberhaupt ! 518413 651 538 931/401 20 517/75

Berlin, im Mai 1881. : Haupt-Buchhalterei des Reihsschaz-Amts.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 17. Mai. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (41.) Sißung trat der Reichstag in die dritte L des Entwurfs eines Geseßzes cin, be- treffend die Abänderung der Artikel 13, 24, 69, 72 der Reichsverfassung auf Grund der Zusammenstellung der in zweiter Berathung gesaßten Beschlüsse. Dieselben lauten :

Artikel 13. Die Berufung des Bundesraths und des Reichs- tags findet alljährlich im Monat Oktober statt, und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag, leßterer aber nicht ohne den Bundesrath berufen werden.

Artikel 24. Die Legislaturperiode des Reichstags dauert vier Jahre. Zur Auflösung des Reichstages während derselben ist ein Beschluß des Bundesraths unter Zustimmung des Kaisers erforderlich.

î Hierzu hatte der Abg. Dr. Windthorst folgenden Antrag gestellt : Der Reichstag wolle bes{ließen: die Worte: „An die Selle. . . Bestimmungen“ dur folgende Bestimmung zu erseßen: „An die Stelle des Artikels 13 der Reichsverfassung tritt mit dem 1. Juli 1882 der Artikel 13 des gegenwärtigen Gesetzes, an die Stelle des Artikels 24 der Reichsverfassung mit dem Sclufse der laufenden Legislaturperiode der Artikel 24 des gegenwärtigen Veleyes Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, die eshlüsse Fuer Lesung fen keine Seite des Hauses vollständig be-

T Er erkläre sich zunächst gegen den beschlossenen Art. 1 wiß sei die Feststellung des Neichsetats vor den Etats der Einzelstaaten in hohem Grade wünschenswerth, aber man dürse dabei nit einseitig vorgehen. Die Forderung, den Reichstag grundsäßlich schon im Oltober zu berufen, gehe eigentlich über die Courtoisie hinaus, die der Reichstag der maßgebenden Stelle im Reih schuldig sei. Es sei das eine ausgesprochene Beschränkung der Disposition an maßgebender Stelle. Zugleih werde vem Bundesrath damit ein er- fahrungsmäßig unzureichender Zeitraum von nur 4 Wochen zur Vorbereitung seiner Vorlagen eingeräumt, so daß g Über deren ungenügende Vorbereitung dem Reichstage nit mehr zustehen würden, Wolle man eine zweijährige Etats- periode nicht, dann nre man sih auch von dem anderen Extrem fernhalten, die Berufung des E und des Bundesraths für den Oktober gu fordern. nders stehe seine Partei dem Art. 24 gegenüber, deen Annahme seine Partei befürworte um der größeren Stetigkeit in der Geseh- gebung willen und um nicht beständig vor Neuwahlen ge- stellt zu werden, deren häufiger Widerkehr nur Demagogen das Wort reden könnten. So E ihm leßthin ein ABC-Buch für sreisinnige Wähler in die Hände gefallen, welches für die Vorbereitung von Reden, vielleicht auch von Jnter- pellationen berechnet sei. Der Titel selbst heine ihm wenig geshmadckvoll, da derselbe die Wähler in - die Kate-

n E E L S T

gorie der ABC-Sqcüler seße. Das Ausflösungsrecht der Re- gierung, das jeder Ausdehnung der Legislaturperiode gegen- überstehe, würde ebenso gut einen zu einer vier- bis sechsjäh- rigen Legislatur berufenen Reichstag im ersten Jahre treffen können, wie den zu einer dreijährigen. England habe be- kanntlich siebenjährige Perioden, die französische Republik habe 1874 vierjährige eingeführt. Eine Lösung dieser Frage sei aber gerade jeßt um so mehr angezeigt, weil der Reichstag vor Neuwahlen, also der Sache sehr objektiv gegenüberstehe. Die zweijährige Etatsperiode beantrage seine Partei jegt nicht. Er möchte aber hier ein Wort für die Zukunft sprehen. Für Ba und seine politishen Freunde sei diese Frage keine

arteifrage. Als seine Fraktion nur 20 Mitglieder gezählt habe, habe er —ih bereits aus praktischen Gründen für längere Etatsperioden ausgesprochen. Er glaube auch jeßt noch, daß die Ausgaben im Reich in der Hauptsache durchaus festständen, während das Schwanken der Einnahmen in der Natur der indirekten Steuern und Zölle beruhe. Nun ebe er zu, daß die Etatsberathungen zur Zeit nicht zu be- onderen Klagen in Bezug auf den Zeitverbrauch Veranlassung gegeben hätten; aber dieje Praxis könne sich jederzeit ändern. Wie sehr aber eine solche Zeitersparniß gerade für die Ge- schäste des Reichstags geboten sei, hätten die Verhandlungen dieses Frühjahrs im Hause bewiesen. Daneben wäre eine Modifikation der E oblfer des Reichstages in erster und zweiter Lesung, sowie eine Beschränkung in dem Gebrauch der Freikarten, welche vielfah zu Agitationsreisen benußt worden seien und dem Reichss tage oft sehr hervorragende Abgeordnete bei wichtigen Ver- handlungen entzogen hätten, wünschenswerth. Sehr berechtigt seien die Klagen der Regierung über die Ueberhastung und Vebereilung der Geschäfte. Um diese aber zu vermeiden und im Sinne einer besseren Vorberathung, einer richtigen Ab- wägung der finanziellen Kräfte und der richtigen Fixirung der einzelnen Ziffern erscheine die Einführung zweijähriger Etatsperioden dringend geboten. Er hoffe, daß in dieser Frage, wie in der Steuerfrage, sih mit der Zeit eine Wand- lung der Meinungen zu Gunsten der Regierung vollziehen werde. Zur Zeit würden seine Freunde zufrieden sein, die Beschlüsse zweiter Lesung: zum Art. 24 aufrecht erhalten zu sehen und darin schon einen wesentlihen Fortschritt erblicken, wenn man aus der Unruhe der dreijährigen Legislaturperio- e wenigstens den Gewinn der vierjährigen in Aussicht habe.

Der Abg. Dr. von Treitschke bemerkte, troß der ershöpfen- den Verhandlungen in den beiden ersten Berathungen nehme er dennoch das Wort mit der unbescheidenen Absicht, daß es vielleiht noch möglich sei, einige Herren von der {wachen Majorität, welche bei der zweiten Lesung den Art. 13 in seiner gegenwärtigen Saa angenommen habe, davon zu über- zeugen, daß dieser Vesluß ein Fehler gewesen sei. So oft die Neichsregierung dém “Réichstage einen Gesehentwurf vor- lege, dessen Annahme in diesem Hause niht wahrscheinli sei, so pflegten die Herren von der linken Seite des Hauses mit großem Aufwand sittlicher Entrüstung zu versichern, das heiße die Würde des Reichstages mißahten. Jhm scheine aber, der Reichstag werde das Ansehen des Hauses selber noch viel mehr schädigen, wenn derselbe eine Verfassungsänderung seiner- seits beantrage, von der man genau wisse, daß die Reichsregierung sie u unmöglich annehmen könne. Ganz gewiß habe der Reichstag bei der Annahme des Kom- missionsantrages nicht entfernt die Absicht gehabt, den Präro- ativen der- Kaiserlichen Krone irgenwie nahe zu treten; that- aber laufe der Artikel 13 in der jeßgt vorliegenden

assung darauf hinaus, eine bisher der Krone verfassungs- mäßig zustehende Freiheit zu beschränken, und ein folcher Versuch werde in einem fo monarchischen Volke, wie das deutsche Gottlob sei, sehr leiht zu cinem Pfeil, der auf den Schügen selbst zurückprallen könne. Er halte es für einen r des Geseßgebers, in die Verfassung Detailbestimmungen dieser Art, die selbst bei gutem Willen aller Betheiligten sehr léiht gebrohen werden könnten , einzuführen. Eine diplomatishe Verwickelung, ja unter Umständen der Katarrh eines Ministers könnte es dahin bringen, daß die Einberufung des Reichstags im Oktober doch nicht ausgeführt werden könne. Wenn der preußishe Land- tag vor 30 Jahren den gleichen Fehler begangen habe, so sei das kein Grund für den Reichstag, denselben zu wiederholen. Sei das Haus der Meinung, daß die Einberufung im Okto- ber sich empsehle, so biete sich der Weg einer Resolution, nicht aber der ziner Verfassungsänderung. Man besiße in Deutsch- land außerhalb dieses ee Hauses Parteien genug, die PERa darauf ausgingen, das Deutsche Reich vor dem uslande zu verleumden, welchen man nicht Gelegenheit geben dürfe, allemal über Verfassungsbruch zu schreien, wenn die Berufung des Reichstags aus vielleiht ganz subalternen Gründen in einem peaevenen Monat nicht mögli fei. Auf die Gefahr hin, der Servilität beshuldigt zu werden, möchte er doch behaupten, daß die Herren von dem Bundesrath so zu sagen auch zu den Menschen gehörten und man ihnen nicht zumuwhen föônne in der Jahres- zeit, wo die Berliner den Dunstkreis des grünen Grabens zu vermeiden pflegten, sich gewerbsmäßig in dieser hönen Haupt- stadt zu versammeln. Der Antrag sei im gegenwärtigen Augenblick geradezu naiv. Er könne es nicht für die Pflicht einer Regierung halten, den Parteien der Opposition die hei- ßen Kastanien des N RNE unterthänigst aus der Asche zu holen. Er sei der Ueberzeugung, daß die große Mehrheit der deutshen Nation den Frieden wolle zwischen Parlament und Krone und der Regierung durchaus keinen Zwang auf- erlegen wolle, Wenn das Haus den Art. 13 in der Fassun der Kommmission annehme, so heiße das für Jedermann, da das Gesch im Sande verlaufen werde. Verwerfe das Haus dagegen den Art. 13, so habe man die Hoffnung, aus dem Schiffbruch des Geseßes doch noch ein einigermaßen brauch- bares Wrack zu retten. Den Art. 24, die 4jährige Legislatur-

periode einzuführen, könne seine Partei anne men, wenngleich die

fünfjährige besser wäre. Es sei hon ein Gewinn, wenn man dem deulschen Volke die häufige Aufregung des Wahlkampscs erspare, und wenn man den neuen Reichstag etwas unab-

a

hängiger stelle, als der alte gewesen sei. Jn die bisherigen Parlamente habe der Wahlkampf, der vergangene und der kommende, regelmäßig seine breiten Schatten hineingeworfen, so daß von drei Sessionen immer nur die mittlere einiger- maßen unbefarigen gewesen sei. Ein Präjudiz für die Ent- scheidung über die zweijährige Budgetperiode möchte er in der Annahme des Art. 24 in keiner Weise sehen. Die jährliche Berufung des Reichstags sei eine faktishe Nothwen- digkeit, und es stehe fest, daß das Deutsche Reich in einer irgend absehbaren Zukunft ohne eine jähr- lihe Geseßgebung gar niht zu leben vermöge. Wie der Reichstag über die zweijährige Budgetperiode denken werde, wage er nicht vorauszusagen. So viel aber sei sicher, über- zeuge derselbe sih davon, daß die tehnischen Bedenken, die entgegenständen, überwiegend seien, dann werde derselbe au bei der dreijährigen Legislaturperiode sih nicht shrecken lassen, die nothweñdige Verfassungsänderung zu vollziehen, sei derselbe entgegengeseßter Meinung, so werde derselbe sich auch dur die vierjährige Legislaturperiode nicht verführen lassen, gegen seine Ansicht zu handeln. Ein Präjudiz schaffe seine Partei nicht, sie werde, wenn das Haus den Art. 13 verwerse und nur den Art. 24 übrig lasse, das ihrige thun, um dem so unnatürlich überhißten öffentlihen Leben in Deutschland wenigstens einige Beruhigung und Stetigkeit zu bringen.

Der Abg. Kayser erklärte, die Vorlage wolle dem Ar- beiterstand den einzigen Boden rauben, auf dem derselbe nohch seinen Jnteressen Geltung schaffen könne. Jede Minderung der Parlamentsrechte steigere die Willkür der herrschenden Klassen, die nur schwer wieder abzustreifen sei. Der Arbeiter- stand habe natürli ein großes Jnteresse an der vorliegenden Frage, denn die Wahl sei die einzige Form, in welcher der Arbeiter sein Necht geltend machen könne. Aus diesem Grunde sei seine Partei gegen die Verlängerung der Legislaturperioden. Der arme Mann sei von jedem Wahlrecht ausgeschlossen, nur das Wahl- recht für den Reichstag habe derselbe; und deshalb müßte auch der Wahltag am Sonntag sein, da dies der einzige freie Tag des armen Mannes sei. Der Reichskanzler berufe sich für seine neuen Vorlagen auf das Jnteresse des armen Mannes: das Volk wisse aber was es davon zu halten habe. Darin sei seine Partei mit dem Reichskanzler einverstanden, daß der Juristenstand heutzutage übershäßgt werde und daß zu viele Beamte im Parlamente säßen; am liebsten wünschte seine Partei das passive Wahlreht der Beamten ganz beseitigt. Es müßten praktische Männer in den Reichstag entsandt wer- den, natürlih mit Diäten, sonst bekäme man ein Rentiers- paclament, auch würde dann eher als jeyt das Haus beschluß- fähig sein. Der Reichskanzler habe auch darin Recht, daß die Geschäste hier im Hause von einem zu engen Kreise von Rednern geführt würden. Bei einer Kritik der gesammten Staatsverwaltung auf Grund des Budgets erfordere es doch die Billigkeit und die Würde des Hauses, daß alie Parteien gehört würden. Der Abg. vor Bennigsen habe die Unklarheit der Verhältnisse beklagt, und doch sei es dessen Partei, welche diese Unklarheit geschaffen. Der Reichstag möge die Rechte der Wähler und damit seine eigene Ditlambettariibe Stellung \{ühßen und die Vorlage ablehnen.

Der Abg. von Kardorff bemerkte, die eben gehörte Rede erinnere ihn lebhaft an eine Karrikatur aus der 48er Zeit ; da sei ein Mitglied des Parlaments dargestellt, den Kopf zwischen die Beine steckend und von da aus die Umgebung betrahtend, und darunter habe gestanden: „Auch eine Welt- anshauung!“ Jn der That sei Alles was der Vorredner ge- sagt habe, so shwer mit den heutigen Anshauungen des Reichs- tages vereinbar, daß man es ganz wohl mit dem Obigen ver-

leihen könne. Der Abg. Kayser verlange, die Gewählten ollten mit den Wählern in stetem Konnex bleiben und nah dem Auftrage der Wähler stimmen. Er habe es oft als ehr- lih und seiner Pflicht entsprehend angesehen, gegen die Mei- nung des Wahlkreises zu stimmen! Dann verlange der Vor- redner als Wahltag den Sonntag. Seine Partei theile die- sen Wunsch nicht; er glaube auch nicht, daß der Sonn- tag dadurch besonders geheiligt werde. Daß die Sozial- demokraten nicht blos alle drei Jahre, sondern jährli, womöglich vierteljährlih wählen möchten, das liege ja auf der Hand; keine andere Partei gehe bei der Wagl- agitation so rücksihtslos vor, von keiner Partei werde so sehr an die {lehten Leidenschaften der Nation appellirt, wie von der sozialdemokratishen. Er möhte nun vorweg konstatiren, daß bei der leßten Besprehung kein Mensh si gegen die vierjährigen Legislaturperioden ausgesprohen habe. Selbst der Abg. Richter habe nur gegen die augenblickliche Oppoztu- nität Bedenken erhoben, aber anerkannt habe derselbe, daß es niht nüßlich sei, zu viel zu wählen und innerhalb dreier Jahre nur eine Session zu haben, in der man sih wirkli legislatorisch beschäftigen könne. Der Vorredner fei nun seinerseits auf die Diätenfrage gekommen, und habe in der Gewährung der Diäten eine Garantie für die Beshlußfähig- keit des Hauses gesehen. Derselbe wisse aber doch ganz gut, daß die Reichsregierung nah wie vor die Diätenlosigkeit als unmittelbares Korrelat des allgemeinen Wahlrechts betrachte ; von Diäten könne also niemals die Rede scin, so lange man am allgemeinen direkten Wahlrecht festhalte. Wenn der Vorredner übrigens ferner gesagt habe, es sei wünschenswerth, Arbeiter aus dem Volke in den Reichstag zu wählen, so müsse er demselben eins gestehen : der Vorredner felbst mache ihm gar nicht den Eindruck eines Arbeiters ! Die Arbeiter selbst würden viel zu sehr ihre eigenen Jnter- essen kennen, sie wüßten sehr gut, daß auch ihre Spezial- interessen viel rihtiger und besser durch Solche vertreten wür- den, in deren Bildungëgange es gelegen habe, eine umfassen- dere Umschau auf allen Gebieten des Lebens zu halten, als es Arbeitern möglich sei. Der Vorredner habe es für wün- schenswerth erklärt, daß den Beamten das passive Wahlrecht genommen werde; er halte es indessen für nothwendiger, das passive Wahlrecht der Sozialdemokraten zu kassiren. Was die T IEn Legislaturperioden anlange, so sei auch seine Partei damit ganz zufrieden, wenn nur diese Bestimmung zu Stande komme. sei der Einwand hier macht worden, s hierdurch die A der waltungsbeamten im Reichstage n

en geltend ge- chter und Ver- vermehrt würde. Aller=