1903 / 17 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Jan 1903 18:00:01 GMT) scan diff

find an Minderbeiträgen zu erwarten bei der Zuckerfteuer ungefähr 15} Millionen; bei der sons im Ertrage fo zuverlässigen Brau- steuer, die ja auf die konstanteste Eigenschaft des Deutschen, seinen Durst, gegründet is, werden wir dieses Jahr zuzüglih der Ausgleichsbeträge der süddeutshen Staaten auch 2} Millionen Ausfall haben und felbst bei der Wechselstempelsteuer fast eine Million. Auch die Post- und Telegraphenverwaltung wird, soweit ih bis jeßt beurteilen läßt, um etwas über 34 Millionen hinter ihrem Ansay zurückbleiben, wozu noch etwas über F Million Aus- fall an den dazu gehörigen Ausgleihsbeträgen hinzutritt. Auch die Eisenbahnen werden einen Ausfall aufweisen, jedenfalls nicht fo groß wie im vorigen Jahre, aber immerhin berehnet er sih \chäßzungsweise gegen 23 Millionen. Das gibt zusammen für das laufende Jahr bereits Mindereinnahmen von reihlich 26 Millionen, wobei jedo ein Hauptposten noch nit berücksichtigt ist, nämlich der Ausfall am Anteil des Reiches am Reingewinn der Reichsbank. Wie ho dieser Ausfall werden wird, kann ih heute noch nicht \{chäßen, da die Reichsbank ihre Gewinnverteilung noch nicht auf- gemacht hat. Daß cs aber zum mindesten einige Millionen werden, glaube ich als siher annehmen zu können.

An Mehreinnahmen bringt die Salzsteuer einige Hunderttausendö Mark, die Maischbottichsteuer etwas über 15 Millionen und die Schaumweinsteuer einshließlich der Nachsteuer ungefähr 2} Millionen, der Spielkartenstempel und die statistishe Gebühr eine Kleinigkeit, und die verschiedenen Verwaltungseinnahmen aller Art etwa 4 Million Mark. Die Brennsteuer wird, wie ich bereits vorher bemerkte, in diesem Jahre 1902 dadurch einen Ueberschuß liefern, daß die Steuer bereits eingegangen i}, aber nicht in ihrem vollen Betrage zur Bonitierung auf denaturierten und anderen zu einer Vergütung be- rechtigten Spiritus verwendet wird, sodaß in diesem Jahre ein Netto- überschuß von etwa 34 Millionen Mark bleibt, der den Ausfall des vorigen Jahres ungefähr deckt.

Nach Abzug der Mehreinnahmen aus den verschiedenen Steuer- quellen, die i Ihnen soeben nannte, bleibt sonah noch eine Minder- einnahme von rundum 17 Millionen, zuzüglih des seiner Höhe nah noch niht bekannten Ausfalles bei der Neichsbank. Mehrbedürfnisse werden wir andererseits bei einer Neiße von Verwaltungen haben: das Auswärtige Amt wird etwa F} Million mehr verbrauchen, das Neichs- amt des Innern einige Hunderttausend, die hauptsächlih einem stark gesteigerten Bedarf an Beamten bei den mittleren Behörden zur Last zu s{hreiben sind; die Verwaltung des NReichsheeres einshließlih der bayerishen Quote wird etwa cinen Mehrbedarf von 6} Millionen für sich beanspruchen, wovon rund 3 Millionen auf Naturalverpflegung wegen Erhöhung der Preise, namentlich der Fleischpreise (hört! hört! links) fallen. Ferner findet sich ein Mehrverbrauch beim Medizinalwesen von ungefähr F Million, beieder Pferdebeshaffung von 200 000 4, und außerdem Flurentshädigungen bei den großen Truppenübungen und anderen Posten. Es ergibt sh ferner ein Mehraufwand durch die Uebernahme der aus Ostasien zurückgeführten Geräte, Baracken, Hand- waffen und Pferde; diese Uebernahme führt zu einer rechnungsmäßigen Ueberschreitung bei den verschiedenen Etatêtiteln um rund 1 Million Mark. Die Ausgaben waren nicht zu vermeiden, denn die Sachen mußten übernommen werden.

Bei den einmaligen Ausgaben der Militärverwaltung wird die Ueberschreitung eine geringe sein; sie beträgt wenig über 4 Million und verteilt sich auf eine große Anzahl einzelner Titel. Jn Gegen- rechnung kommen jedoch 400 000 Æ, die bei dem allgemeinen Pensions- fonds für Preußen, Sachsen und Württemberg voraus\ihtlich werden erspart werden können.

Nun kommt ein Posten, der gewissermaßen selbstverständlich ist, das ist der Mehrbedarf bei der Reihsshuld. Wenn wir mit einer so starken Unterbilanz arbeiten und bei der Ihnen bekannten SHw äche der Fonds der Reichshauptkasse is eine starke Anspannung, des Schayzanweisungskredits nicht zu umgehen. Sie wird außerdem noch in jedem Jahre gesteigert durch die Ihnen bekannte Tatsache, daß wir für die Zwecke der \ozialpolitischen Gesetzgebung Vorschüsse in einer schr bedeutenden Höhe an die Versicherungs- anstalten leislen müssen. Gegenwärtig beträgt das allerdings erst im Frühjahr eintretende Maximum dieser Vorschüsse nicht weniger als 130 Millionen Mark, und diese 130 Millionen müssen durch \{webende Schuld in Form von Schatanweisungen ihre Deckung finden, \o lange wir niht aus Mtkreinnahmen über den Etat einen günstigen Stand der Reichshauptkasse haben, was in den letzten Jahren niht mehr der Fall war und im nächsten Jahre voraussichtlich ebenso wenig der Fall sein wird.

Für das Jahr 1902 wird der Mehrbedarf der Schuldenzinsen bei den Schayanweisungen auf 1} Millionen geshägt.

Die Verwaltung der Kaiserlichen Marine wird in diesem Jahre, abgesehen von der Blockade der venezolanischen Häfen, auf die i sofort komme, eine Ueberschreitung in ibren Gesamtfonds nicht auf- weisen. Es ist dies die Folge davon, daß einzelne kleine Ueber- shreitungen durch entsprechende Ersparnisse bei anderen Titeln Deckung finden, sodaß das Gesamtergebnis der Marineverwaltung \ih mit dem Etat ungefähr deckt.

Was nun Venezuela anbetrifft, so hat die Kaiserliche Regierung, wie Ihnen allen bekannt is, sh genötigt gesehen, wegen der unfreundlichen Haltung, um kein \{hlimmeres Wort zu gebrauchen, welde die Regierung von Venezuela wohlbegründeten deutschen Ansprüchen entgegensehte, im Verein mit England und Italien eine Blockade über die wichtigslen venezolanishen Häfen zu verhängen. Die Frage ift hierbei niht außer aht gelassen worden, ob es nötig sei, die Kosten dieser Blockade, die selbstredend möglichst niedrig gehalten werden (Heiterkeit links), durh einen Nachtragéetat schon jeyt anzu- fordern. Es ist jedoch von einer solhen Anforderung abgeschen worden, da die Blockade im wesentlichen mit den in den westindischen Ge- wässern bereits befindlichen Kriegsschiffen durchgeführt wird. Soweit die bis jet erwachsenen Kosten sich übersehen lassen, bedingen sie eine so wenig bedeutende Ueberschreitung des Etats, daß diese Kosten allein die Einbringung eines Nachtragöetats nit veranlassen können. Ob später bei einer längeren Antauer ter Blockade erheblichere Kosten entstehen werden, läßt sih gegenwärtig nicht vorautsehen. Es ist Ihnen ja bekannt, daß Verhandlungen aller Art zur Beilegung der Zwisligkeiten schweben, und die Kaiserliche Regierung ift jet nicht in der Lage, zu sagen, wieviel Wochen oder vielleiht wieviel Monate (bört! hört! links) vielleicht auch nur Tage, das weiß ih nicht - die Blokade noh wird aufrecht erhalten werden. Es ist ebensowohl möglich, daß es sich nur um Tage handelt. Bei dieser Sachlage it es aber ganz unmöglich, die noch erwachsenden Kosten auh nur mit

einer Spur von Sicherheit zu s{häßen, und aus diesem Grunde hat die Kaiserlihe Regierung davon abgeschen, Ihnen einen Nachtrags- ctat vorzulegen. Bet der Abrechnung über das Jahr 1902 wird es sich seinerzeit zeigen, um wieviel die einzelnen Fonds dur die längere Andauer der Blockade haben überschritten werden müssen und welcher Teil dieser Ausgaben außeretatsmäßig, welcher überetatsmäßig zu verrehnen sein wird. j

SIch nannte Ihnen vorhin die Summen der gesamten Minder- einnahme bei sämtlichen Kapiteln mit niht ganz 17 Millionen. Da- zu treten die Ihnen im einzelnen genannten Mehrausgaben mit nicht voll 9 Millionen, sodaß das laufende Jahr 1902 im eigenen

Reichshaushalt mit einem Fehlbetrag von rundum 25s Millionen

abschließen wird. Hierzu tritt jedech noch ter Ausfall der Neichseinngahmen aus den Erträgnissen der Reichsbank, deren Höhe niht zu schäßen is. Wenn man vorsichtig gehen will, wird man das Gesamtdefizit im eigenen NReichshaushalt für 1902 auf etwa 30 Millionen, vielleicht auch eine Kleinigkeit darüber {äen können. Besser steht es für 1902 mit den Ueberweisungssteuern. Sie hatten die Zölle im laufenden Jahre im Etatsansay um 12 Millionen heraufgeshraubt; und ich kann dem Herrn Abg. Richter, welcher si für diesen Posten besonders zu interessieren s{cheint, mitteilen, daß dies Ergebnis wahrscheinli nicht allein erreiht (hört! hört! links), sondern sogar um eine Kleinigkeit überschritten werden wird. (Hört! hört! links.) Jh möchte damit aber die Bitte verbinden, im Etat für 1903, der Ihnen vorliegt, ein so gewagtes Experiment niht wieder zu versuchen. (Große Heiterkeit und Zurufe links.) Es ist immerhin ein schr gewagtes Experiment, von dem bekannten Schema der 24 Fraktionsmonate abzuweichen, und weil es einmal gelungen ift, ift damit noch kein Beweis geliefert, daß es das nächste Mal wieder ge- lingen wird. 1902 werden wir allerdings die um 12 Millionen ers höhten Säße wahrscheinlich noch um 34 Millionen überschreiten. Von der Branntweinverbrauchsabgabe muß ein Ausfall von ungefähr F Million angenommen werden; von der Stempelabgabe für Wert- papiere, Kaufgeshäste und Lotterielose ein Ausfall von etwas über 2x Millionen gegen den Etat. Also das liefert hon den Beweis daß, wenn man die einen heraufseßt und selbst in diesem Falle Glück hat, man doch sehr vorsichtig sein muß; denn das Manko bei anderen Steuern «könnte selbst in diesem Falle die Vermehrung der Summe wieder ausgleihen. Im ganzen können aber in diesem Jahre 1902 die Bundesregierungen darauf rechnen, ihre Ueberweisungen voll zu erhalten. Und das ist ein Trost; denn sie liefern ja {on ohnehin 23x Millionen ungedeckt in die Neichskasse.

Ich komme nun zu dem Etat, der Jhnen vorliegt, meine Herren, dem Etat für 1903, und muß hier auf das zurü@greifen, was ih bereits vorhin berührte: den wesentlichen Unterschied zwischen deu Etatsreden im Reichstage und denen im Abgeordneten- hause. Im Abgeordnetenhause sagt der Finanzminister den Ab- geordneten Neuigkeiten, im Neichétage hält der Schatsekretär eine Rede nur zu dem Zweck, damit die Herren, die nah ihm zu reden die Absicht haben, abgesehen von den Notizen, die sie \sich bereits aus dem Ihnen seit 8 Tagen vorliegenden Etat gemackt haben werden, vielleiht noch einige neue Motive zur Kritik entnehmen. (Heiterkeit.) Das is ja auch durchaus nötig und nüßlich; aber es macht dem Schabfekretär die Sache niht angenehmer, uyd namentli macht es sie ihm deébalb nicht angenehmer, weil es immer {wer ist, über eine Anzahl von Kapiteln und Titeln zu reden mit einer Un-

summe von Zahlen, die ein jeter auch außerhalb tieses Hauses obne

weiteres würde nachshlagen können. Ich beschränke mi deshalb nur auf die wichtigeren Posten und runde auch diese wieder, soweit es an gemessen ist, auf ganze oder wenigstens halbe Millionen ab.

Ich habe bereits die Summe der Zuschußanleiße mit 95 Millionen vorher genannt. Daß diese 95 Millionen ungefähr zur Hälfte dem Defizit aus 1901, welhes nah 1903 überwälzt wird, zur Last zu s{reiben sind, habe ih Ihnen ebenfalls gesagt, ih will nur kurz rekapitulieren, wie dicie 95 Millionen im einzelnen entstanden \ind.

L

Also die andere Hâlfte ter Zushußanleibhe muß \inngemäß be-

ruhen einerseits auf Verminderung der Einnahmen, andererseits auf Steigerung der Ausgaben bei allen oder jedenfalls bei vielen Nessorts. Ich kann nun den Nessortchefs im Reih von seiten der Neichsfinan1 verwaltung mit gutem Gewissen das Zeugnis erteilen, daß fie in der Aufftellung ihrer Etats und der Bemessung ihrer Ausgaben \o vor- sihtig wie nur irgend möglich gewesen sind, und daß sie den Wünschen der Reichöfinanzverwaltung auf Streichungen, wo sie noch angängig erschienen, im weitesten Maße Nechnung getragen baben. Ich kann ferner bezeugen, daß im Stadium tes Bundedrates alle nur irgendwie entbehrlih s{heinenden Ausgaben oder Erhöhungen von Ausgabeposten gestrichen oder auf ein zulässiges Maß berabgemindert worden sind. Also, meine Herren, ih kann Ihnen mit gutem Ge- wissen sagen, daß an dem, was noch im Etat sleht, der Nolslift des Streichens wenig Beschästigung wird finden können; jede Streichung würde im wesentlihen nur cin Aufschieben absolut notwendiger Aus- gaben sein. Auf diesem Wege, glaube ih, würde sich die Zuschuk- anleihe von 95 Millionen nicht wesentlih verringern lassen.

Die Gesamtheit ter Mehrbedürfnisse in den forldauernden und den cinmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats gegen tas lausende Jahr 1902 beträgt rund 46 Millionen Mark; aber innerhalb dieser 46 Millionen Mark befindet sich eine große Anzahl von Ausgaben, die den cinzelnen Ressorthefs deshalb nicht zur Last zu legen sind, weil fie dne natürliche, teils geseyliche, teils sonst notwendige Steigerung bedingen Ih rechne dazu beispielsweise die Mehr-

ausgaben auf Grund der sozialpolitishen Gesehe und die Mehr- |

ausgzaben an Schuldenzinsen. Also diese Ecsamlsumme von 46 Millionen Mark an Mehrforderungen zusammen mit dem Ueberschuß des Defizits von 1901 über dasjenige von 1909 ergibt ungefähr 93 Millionen Ttark. Andérerseits haben einige Verwraltungsuwveige ihren Bedarf hinter die Grenze des Etais von 1902 zurückdrängen

ausgabe von 6} Millionen Mark. Dadurh wird der Mehrbedari über 1902 auf ungefähr 86 Millionen zurückgeführt. Ferner mußten wix

verschiedene Einnahmen geringer anschlagen, wsammen um die Ge- |

samthöhe von 8,6 Millionen. Das ergibt puzüglich der bereits nachzewiesenen 86 Millionen und einiger kleiner Ausgleichungsbeträge,

anleibe.

In genauen Ziffern stellt sich die Rechnung der Matrikalar- beiträge und Ueberweisungen usw. folgendermaßen : An Matrikular-

gedeckten Matrikularbeiträgen zu leisten 23} Millionen Mark. Jy Jahre 1902 betrugen, wie Ihnen bekannt, die ungedeckten Matrikulagr. beiträge ziemlih genau dieselbe Ziffer; sie weiht um einige Hundert. tausend Mark ab, die durch Abrundung entstanden sind. Jh habe bereits in meiner vorjährigen Ctatsrede Sie darauf hingewiesen, meine Herren, daß die verbündeten Regierungen mit diesen 24 Millionen ungedeckter Matrikularbeiträge das Aeußerste leisten, was sie zu leisten im stande sind. Ausgaben aus den Steuerverhältnifsen ih meine, aus den Verkällnissen der direkten Steuern in den kleineren Staaten sind Ihnen vielfah gemacht wo1den, und ih brauche sie nicht zu wiederholen. Ich kann nur darauf hinweisen, daß die Finanz- wirtschaft einer ganzen Anzabl der kleineren deutschen Bundebstaaten durch diese Zuschüsse an das Neich, die im Jahre 1901 dur einen Ausfall an Ucberweisungsslteuern in Höhe von rund 15 Millionen Mark entstanden sind, die im Jahre 1902 durch die ungedeckten Matrikular- beiträge 24 Millionen und 1903 nach dem vorliegenden Anschlag wiederum rund 24 Millionen betragen, daß also die Finanz- verhältnisse der Staaten bereits so beengt sind, daß sie überhaupt sich niht mehr in der Lage schen, das Geld aus eigenen Mitteln aufzu- treiben, und taß sie gezwungen sind, ihrerseits Anleihen aufzunehmen.

Meine Herren, Sie werden mir jedenfalls beipflichten, daß es ein ungesunder Zusland ist, wenn die Einzelstaaten zur Deckung laufender Ausgaben des Reiches ihrerseits Anleihen aufnehmen müssen. Es war in früheren Jahren, wenn solche Verhältnisse besprochen wurden, immer auf die glänzenden Finanzen Preußens hingewiesen worden; daß diese Finanzen jeßt weit davon entfernt sind, glänzend zu erscheinen ist allen den Herren auf das genaueste bekannt, die im preußischen Ab- geordnetenhause sißen und jeßt dort den Etat beraten. Jh muß aber ausdrüccklich noch darauf hinweisen, daß diese 24 Millionen ungedeckter Matrikularbeiträge niht als dauernde Inslitution betrachtet werden können. Bei oberflächliher Betrachtung wäre man leiht versucht, zu sagen: 1902 haben sie es gekonnt, 1903 müssen sie es wieder tun, weshalb sollen sie also niht 1904 wieder 24 Millionen zuschießen? Jch möchte Sie vor diesem Gedanken warnen; denn er bedeutet den silheren finanziellen Nuin aller derjenigen deutschen Bundeëstaaten, welche ohne eigenen großen Domänen- oder Eisenbahnbesiß sind, und deren direkte Steuerschraube bereits so angezogen ist, daß eine weitere Anziehung niht mehr mögli erscheint. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Ich gehe jetzt auf die einzelnen Verwaltung8zweige und die hauptsächlihsten Ausgabezwecke des Jahres 1903 ein.

Das Auêwärtige Amt, ungerehnet die Kolonialverwaltung, erfordert cinen Mehraufwand von rund § Millionen. Es sind ver- schiedene neue Konsulate geplant und die Umwandlung zweier Konsulate in Ministerresidenturen. Außerdem bedingen Teuerungs- verhältnisse Befoldungs8aufbesserungen für eine Neiße von Auslands- beaniten.

Der Schulfonds, der Jhnen wohlbekannt i} und sich in diesem hoben Hause meines Wissens immer großer Beliebtheit erfreut hat, hat si in seiner gegenwärtigen Höhe von 300 000 als unzureichend erwiesen und soll um 100000 Æ gebessert werden.

Ebenso sollen an Unterstüßungen für mittellose Deutsche im Auslande zu dem Behufe, daß sie sich zur Erfüllung der Wehrpflicht stellen können, bis zu 1C0 000 M bewilligt werden.

An einmaligen Ausgaben sind gefordert 300 000 Æ als erste Naten für Konsulatëgebäude in China und für den Erwerb eines Grundstücks gleihfalls zum Bau eines Konsulats.

D

Das Reich8amt des Innern {ließt mit cinem Mehrbedarf von 113 Millionen ab. Bei den fortdauernden Ausgaben kommen haupt- \ächlih die Stellenvermehrungen infolge tes zunehmenden Geschäfts- umfanges n! Frage. Außerdem erhöht sich ter Reihszu*huß auf Grund der Versicherungegeseze um 2,7 Millionen und erreicht fast die Höhe von 41 Millionen. Unter den einmaligen Ausgaben befindet sich eine erste Rate im Betrage von 14 Millionen für die Welt- ausstellung in St. Louis. Man mag über Weltausstellungen denken, wie man will; ich persönli, der ih viele Weslt- ausstellungen gesehen habe, denke sogar von meinem eigenen Standpunkt aus ziemlich fühl darüber. Das {ließt aber nit aus, daß von einer geplanten Weltausstellung, wie der in ESt. Louis, der doch eine große wirtschaftliche Bedeutung namentlih mit Rücksiht auf das kollossale Anwachsen der amerifanis{en Industrie, zuzuschreiben ist, das Deutsche Neich als einer der ersten Kulturstaaten der Welt sich nicht ausschließen kann, auch wenn es wollte, jedenfalls sich nicht auss{ließen kann, ohne seine eigenen Interessen zu verletzen. Ferner steht im Etat des Reichsamts des Innern der Bau eines Dienstgebäudes für das Aufsichtéamt für Privatversicherungen, verschiedene kleinere Bauten und endlich ein arcßer Posten: der Neubau eines Dienstgebäudes für das Patentamt mit fast 6 Millionen. Dieser Posten ist aber niht weiter gefährlich, denn mehr als § der ganzen Summe gehen andererseits für das Reich wieder ein: es ift der Kaufpreis der alten Kürassierlaserne in Berlin für 4,6 Millionen, welcher Betrag bei der Militärverwaltung wieder in Einnahme erscheint.

Die Forderungen ter Marineverwaltung halten sich im großen und ganzen im Rahmen des Flottengesezes. Die Einzelheiten, meine Herren, brauche ih Ihnen nicht anzuführen; Sie finden sie im Etat eingehend erläutert. Jh möchte nur einen einzigen Punkt herausheben und Jhnen diesen besonders warm ans Herz legen. Gs sind die Kosien eines neuen Diensigebäundes für das Reichömarineamt. Sie stehen mit einer kleinen Summe für Projektbearbeitung im ordentlichen Etat, mit rund 6 Millionen für Terrainerwerb im außerordent-

| lichen Etat. Meine Herren, man mag über die Warenhaussteuer in

Preußen und über Wertheim und Tiey denken, wie man will: man kann sich jedenfalls der Tatsache nicht verschließen, dah Wertheim

| immer mehr um sich greift. (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Ec hat

| jeyt beinahe das halbe Reichômarincamt an ih gerissen, wo früher, können, und das gibt bei verschiedenen Etats cine Gesamtminder- |

im Parterre wenigsiens, mit Gas gekocht wurde. (Heiterkeit) Gegen- wärtig wohnt tas Reich#marineamt mit seinen Burcaux in nichk weniger als 8 Gebäuden. Diese 8 Gebliude liegen in 4 Gruppen, stellenweise auf ret erheblicher Eatfernung von eiaauder, von der Voßstraße nah der Matthäikirhitraße usw. Ein geordueter

| Diensibetrich ist bei einer solchen cäumlichen Trennung kaum durh- die Ihnen bereits genannte Zahl von % Millionen der Zuschah- |

zuführen, jedenfalls stellt er ganz unnöôtige Aaforderungen an das Beamtienrpersonal, das höhere sowohl, wie das mittlere und niedere. Die für dea Terralnerwerb ausgeworfenen 6 Millionen sind deshalb

| eine absolut notwendige Autgabe, an der, meine Herren, ich Sie beiträgen siad für 1903 eingeslellt 565 800000 „M, wogegen die |

Ueberweisungen nur betragen §42 Millionen; es bleiben daher an un- |

bitte, nicht zu rüttela.. Zugleich fann ih Ihnen noch sagen, daß, wenn mancher vielleicht beim ersien Lesen des Etats stuyig geworden isi,

als er das Wort „Bellevuestraße“ fand, die Saße doch wesentlih anders liegt, als der vornehm flingende Name „Bellevuestraße" allein besagt. Es sind zum großen Teil Hinterterrains in der Bellevue- straße und zum Teil freie Baupläe. Die Häuser, die früher auf diesen Bauplätzen standen, find niedergerissen, das Terrain ist gegen- wärtig frei. Die Bellevuestraße ist noch nicht Geschäftsstraße ge- worden wie die Potédamer Straße, und gegenüber folchen Terrains wie am Leipziger Plah, Leipziger Straße und Potsdamer Straße sind die dor- tigen Terrainpreise immer noch relativ billig zu nennen. Also ih glaube, das Neichsmarineamt hat si keinesfalls einen ungebührlihen Luxus geleistet, indem es die Hand -auf dieses Terrain legte, eines von den wenigen verhältniêmäßig großen und zusammenhängenden Terrains, die in der Ministerialgegend, wenn ih mich so ausdrücken darf, noh zu haben waren. Also ich bitte Sie, meine Herren, bei diesen 6 Millionen das große Bedürfnis der Marine nach Naum in erster Linie zu berücksihtigen und sih niht an den Namen Bellevue- straße zu stoßen.

m Etat der Neichs\huld hat \sih die Zinsenausgabe infolge des steigenden Aktienkapitals um etwas über 5 Millionen erhöht, und ebenso beim Schatßanweisungskredit is rund 1 Million hinzugetreten.

Der allgemeine Pensionsfonds wird etwa 3 Millionen mehr erfordern.

Für den Reichsinvalidenfonds stellt sich der Mehranjaß auf 1,4 Millionen. Dieser Mehransaß hat aber keinen direkten Einfluß auf die Bilanzierung des Etats, weil der Fonds, wie Ihnen bekannt, allmählich selber aufgebraucht wird.

Die Post- und Telegraphenverwaltung erscheint bei den Ausgaben mit einem Mehr von rund 12 Millionen, die sich auf die verschiedensten Titel verteilen. Ich nenne von diesen Titeln speziel 4} Millionen für den Zugang von 2000 Assistentenstellen und 2000 Unterbeaniten- stellen. Auch diese Mehrausgabe belastet die Reichskasse insofern nicht direkt, als sie in erhöhten Einnahmen ihre Deckung findet. Der Ueber- {uß der Post- und Telegraphenverwaltung übersteigt zuzüglich das Mehr an Ausgleichungsbeträgen den Ansay des laufenden Jahres um 3,9 Millionen.

Weniger günstig dagegen \teht es bci der Eisenbahnverwaltung. Die Eisenbahnverwaltung beansprucht 300 000 M mehr an Ausgaben- aber liefert 1,9 Millionen weniger an Einnahmen : es ergibt sich also gegenüber 1902 ein Ausfall von etwas über 2 Millionen. Der Güterverkehr hat sih im allgemeinen nicht so {lecht gestaltet, aber der Personenverkehr hat bis jeßt cine wesentlize Wendung zum besseren noch niht zu erkennen gegeben. Es finden sich bei den erhöhten fortdauernden Ausgaben der Eisenbahnverwaltung namentlich Ausgaben für die Arbeiter der Verwaltung; im übrigen sind sie auf das zur Erhöhung der Betriebésicherheit und zur Ermöglichung einer ordnungsmäßigen Bewältigung des Verkehrs nötige Maß beschränkt geblieben.

Die vorgenannten Verwaltungszweige erfordern also die Ihnen vorher genannte Ziffer von 46 Millionen Mark mehr. Andere Ver- waltungen begnügen fich dies Jahr mit weniger, und da nenne ich an erster Stelle die Kolonialverwaltung, weil ih Ihnen damit vielleicht eiwas neues sage. Es ist wenigstens das erste Mal, daß die Kolonial- verwaltung gegen das Vorjahr sich mit Minderausgaben begnügt. Die vom Auswärtigen Amt verwalteten Schutzgebiete bedürfen 3,6 Millionen Mark weniger als im vorigen Jahre, und nah Ab- rechnung eines kleinen Mehrbedarfs für Kiautschou bleibt noch eine Minderausgabe von 3,2 Millionen Mark für die Scchutzgebiete.

Die Verwaltung des Reichshceres erscheint mit einem Minderbedarf von 1} Millionen, der allerdings vorwiegend in den geringeren An- forderungen an einmaligen Ausgaben begründet ist. Die große Anzahl der einzelnen militärischen Titel werden Sie mir wobl erlassen. Ich möchte nur einen einzigen Titel hervorheben, weil er selbst mit der ihm beigegebenen Erläuterung nur für die Kenner älterer Etats verständlich ist, niht für diejenigen Herren, welche sich vorwiegend mit den Etats der leßten Jahre beschäftigt haben. Es sind nämli in den Jahren 1868 bis 1874 seitens vershiedener Bundebstaaten, insbesondere der Königreiche Sachsen und Württemberg, sowie Badens, Hessens und Mecklenburg-Schwerins, eine Anzahl von Kasernen erbaut worden, um dem Lande und den betreffenden Städten die Last des Natural- quartiers zu ersparen. Als man seit dem Jahre 1878 damit vorging, im Reihe allgemein das Naturalquartier durch Kasernenbauten ent- behrlich zu machen, wurden gleihzeitig Mittel bereit gestellt, um den erwähnten Bundetstaaten ihre älteren gleihwertigen Auf- wendungen zu erstatten. Gegenwärtig ist das Naturalgquartier im Reiche teils durch reichscigene Kasernen, teils dur Mietbauten allgemein beseitigt, und es entspriht durhaus der Billigkeit und Gerechtigkeit, daß denjenigen Bundebstaaten, welhe seiner- ¡eit vorshußweise solche Leistungen auf \sih genommen katten, der Betrag dieser Leistungen nun erstattet werde. Der gesamte Restbetrag für diese fünf Staaten stellt sih noch ungefähr auf 2 Millionen Mark er soll nach dem Etat in fünf ungefähr gleichen Raten abgetragen werden. Dies zum Verständnis des Titels!

Beim Neichétschayamt ergiebt sich eine Minderausgabe von niht ganz 14 Millionen bei den Kosten des Münywesens, welcher andererseits auch ein geringerer Ansay beim Münzgewinn gegen- übersieht.

Der Rechnungshof zeigt cine Verminderung sciner Baufonds für das Diensigebäude und die Reichödruckerei eine kleine Ermäßigung ihrer Betriebskosten.

Ich komme nun zu den Einnahmequellen. (Glocke des Präsidenten.) Minderbeträge sind angeseßt mit 11 Millionen bei den Zöllen, nnd ¿war sind wir zu diesen 11 Millionen gekommen, indem wir die alten Fraktiondmonate, vom 1. September bis Ende August der vorher- gehenden beiden Jahre, beidehalten haben. Es wäre ja möglich ge- wesen, ih meine, theoretish möglich gewesen, einige spätere Fraktions- monate zu nehmen, etwa bis zum November. Herausgekommen wäre dabei vielleicht eine kleine Aenderung zu Gunsten der Zölle. Aber die verbündeten Regierungen haben mit Absicht davon abgesehen und sind bei deu allen Monaten slehen geblieben, weil cine Ver- alcihung der verschiédenen Etats unter ih nur dann sinngemäß mög- lich ist, wenn die gleichen Fraktionen ia allea Etats ersheinen. Das Endergebais wird dadurh nicht weiter berührt, und ih möchte Sie bitlen, meine Herren, von diesem Grundsay, welcher allein eine ordentlich: Aufsslellung des Etats ermöglicht, nicht abweichen zu wollen. Ferner fintet sich cin Minder von zwei Millionen bei ter Branntk- weinverbrauchsabgabe und von 1} Millionen bei der Neichsstempel- abgabe und \{liellih ein großer Miaderposlen in Höhe von 16} Millionen bei der Zuckersteuer. Der Ausfall beruht auf den Be-

stimmungen der Ihnen allen bekannten Zulersteuernovelle, die vor wenigen Wochen veröffentliht worden ist. Es ist ja immerhin mög- lich, daß der Zuckerverbrauch infolge der billigeren Preise, welche nah dem 1. September eintreten werden, rapider steigt, als wir in der Lage waren, anzunehmen. Einen Beweis dafür kann Ihnen aber nie- mand liefern, und deswegen konnte ein anderer Steuerertrag auch niht in den Etat eingestellt werden. Der Ertrag steht übrigens insofern noch immer günstiger da, wie er sih im Etat darstellt, weil durch die seh8monatige Dauer der Steuerkredite die Wirkungen der Steuerherabsezung vom 1. September 1903 tatsähliÞß auf den 1. März 1904 vershoben werden. Wäre das nicht der Fall, so hätte der Ansaß noch ungünstiger gefaßt werden müssen.

Bei den Eisenbahnen habén wir den bereits genannten Ausfall von 2 Millionen und einen ferneren Ausfall rechnungsmäßig von 237 Millionen bei den Einnahmen aus dem Bankwesen. Meine Herren, das ist ein Posten, wo ih wieder ein Fragezeihen maden muß. Bei der Aufstellung auf Grund der Durchschnittsre(ßnung sind es aller- dings nur 24 Millionen weniger; nah der tatsählichen Gestaltung der Verhältnisse wird der Ausfall bei der Bank wohl erheblich hößer werden. Seine Größe kann ih heute noch weniger {äßen als für das Nechnungsjahr 1902. Mehr dagegen liefert die Maischbottichsteuer mit etwas über 14 Millionen, die Schaumweinsteuer mit 44 Millionen und die Post- und Telegraphenverwaltung nebst den Ausgleihungs- beträgen mit niht yoll 4 Millionen.

Wie ich Ihnen im vorhergehenden sagte, ist dieser Etat mit 24 Millionen ungedeckter Matrikularbeiträge, 125 Millionen ordent- licher Anleihe und 99 Millionen Zuschußanleihe der ungünstigste, der je im Reichstage vorgelegt worden ist. Keinem einzigen MNessort kann irgend welche Mitshuld an den ungünstigen WVer- hältnissen aufgebürdet werden; denn die Ungunst der wirt- chaftlihen Verhältnisse ist im voraus nicht zu berechnen, und der Rückgang bei den Einnahmen aus den indirekten Steuern ist ein Saftor, gegen den kein Finanzminister eine Waffe besitzt. Es fommt hinzu, daß das Reich aus geseßlichen Ursachen, ganz abgesehen von der gewöhnlichen Steigerung der Ausgaben bei Gekältern und dergleichen, eine Menge Ausgaben zu leisten hat, die ein Einzelstaat sich nicht zur Last zu schreiben brauht. Jch rechne dazu beispiel8weise den Zuschuß zu den Ausgaben für die sozial- politishen Gesetze, den stets wachsenden Zinsentitel und die stets wachsende Pensionslast. Bei dieser Lage werden Sie mir, glaube ich, auch recht gegeben haben, als ich Ihnen sagte, daß eine Finanzreform gründlih not tut Sie werden mir aber auch gleichzzitig nicht widersprehen wollen, wenn ich Ihnen sagte: so notwendig eine solche Finanzreform für uns auch ift, wir können sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht einleiten, weil die Handelsverträge gegenwärtig für uns noch ein Buch mit sieben Siegeln sind, und weil das Er- gebnis der Handelsverträge an Mehreinnahmen aus den Zöllen erst wird abgewartet werden müssen, um klar zu sehen, wie viel das Reich brauht, um sich in seinem Finanzwesen wieder auf geîunde Füße zu stellen.

Abg. Dr. Schaedler (Zentr.): Das Bild des diesmaligen Etats ist nicht sehr trostreih, wenn es \ch{on ein kleiner Trost ift, in einem Jahre etwas weniger Schulden zu haben als in einem anderen. (Zwischenruf des Abg. Singer: Sehr bescheiden!) Be- scheiden darf man immer sein, Herr Kollege Singer! Dem Neichs- tage ist seit Jahren tatsählich ein so ungünstiger Voranschlag nicht

mehr vorgelegt worden, und dies troy aller seit Jahren bewilligten |

neuen Steuern. Es ist des Schicksals Tücke, daß gerade der Schatz- sekretär uns diesen Etat vorlegen muß, der noch vor wenigen Jahren im Gelde ges{chwommen ist und \sich alle Taschen zuhalten zu müssen glaubte vor den neuen Einnahmen und Steuern, die man ihm zuwenden wollte. Auch hier heißt es: „Lang, lang? ist’s ber“. Der ordentlihe Etat muß durch cine Zuschuß-

größerer Teil des Defizits niht von der Erhöhung der Auéëgaben, sondern von der Verminderung der Einnahmen herrührt, allein bei den Zöllen 11, bei der Zuckersteuer 16 Millionen. Im Gegensatz

zu dem Reichsschaßsekretär möchte ih mir Zweifel darüber gestatten, |

ob diese niedrige Einshäßung vollständig berechtigt ist, umsomehr, wenn ih mir die Abschreibungen ansehe, wie sie jeyt bis Ende

November veröffentliht worden find; ob hierin niht etwas wie | eine praeparatio für fünftige Steuern enthalten ist? Ganz bestimmt |

aber ist mit dem Feblbetrag von 48 Millionen zu rechnen. Die Ursachen dieses Defizits sind in der Hauptsache willkürliche Ucber- shreitungen des Etats, daneben große Mindereinnahmen bei den Verkehrsanstalten. Aus leyteren Mindercinnahmen von 29 Millionen ist der Verwaltung ein Vorwurf nicht zu machen; die Hauptursache war der Optimismus des Schaysekretärs von 1900. Die Mehr- ausgabe von 1901 über den genehmigten Etat hinaus beläuft sich auf 19 Millionen. Wozu nüßgt es, einen Etat aufzustellen und zu

bewilligen , wenn nachher jedes Messort darauf losrwirt- |

schaften . will, wie es ihm paßt, ohne jede Rücksicht auf den Etat? Ducch ganz besondere Ungeniertheit hzat ih die ost- und Telegrapheaverwaltung autgezeihnet, die troy ihrer Mindereinnabmen eine Ausgabeüberschrcitung von 10 Millionen auf weist, bei cinzelnen Titeln s zu 309% Ueberschreitungen der ge- nebmigten Beträge. Das Auswärtige Amt hat eine Million Ueber- schreitungen, darunter 600 000 M Ueberschreitungen für Porto und Telegramme, rund 100%, des Ansaßes. Nun muß man ja an- nebmen, das viele Telearaphieren hänge mit der Weltpolitik und mit Oftasien zusammen. Auch da scheint es ader viel zu weit zu

geben, wenigstens giebt die „Zukunft“ soaderbare Beispiele, was alles | nicht ruhig bingenommen werden konnte. Bei der Lage der Etats8-

N als Staatödepesche gebt, und welhe Dinge telegraphiert werden. Das Blatt teilt cine Depesche mit, die ein Gesandter in Oitasien sür eine empfangene Ordensauszeihnung zurücktelegraphiert. (Redner verliest das Danktelegramm.) Dieses Telegramm, dessen Jubalt doch gewiß

ostete 500 X Noch ein zweites solhes Telegramm teilt die „Zukunft“

sind, aber wenn so etwas einreißit, ist es Zeit, cinmal nah dem Rechten zu sehen, und dei den Etatsverhältnifsen. rwoie fie heute

Heeretverwaltung sind die Manöverkostien um über 1 Million oder

40 9/5 überschritten; Meisekosten und Tageaelder betragen cbenfails |

eine Million. Ganz ähnlich ist es bei der Marineverwaltung, die ja

überhaupt gewöhnt ift, aus dem Vollen zu \{hövfen; das bringt der | tiefste Entrüstung ausgesprochen, sondern gibt au der Gmpöru

| Ausdruck über die s{nêde Undankbarkeit gegen das Haus Wittelsb

Beruf mit sich. Wertheim reißt vieles an sich, ader die Marinever waltung bleibt dabei au nicht zurück. Bei den ordentlichen Aus

gaben hat sie 2 Millionen Ueberschreitungen, darunter für Porto und | Telegramme um T5 % Auf solde Ueberschreitungen muß; | Rücksicht genommen werden bei Bewilligung dvox4 neuen |

Schiffen, sonst kommen wir immer weiter îin das Defizit dincia Die D Vera zecigi uns, dah die Anschläge für das Flottenprogramm für fie

dilden, das nicht eingehalten wid

Bei den Reichseisendadnen dbe-

Gesamidefizit dedeutet gegen den Etat vorher cine Verschlechterung von ruod #0 Millionen. Bezüglich der Uederschreitungen muß entlich cia ernstes Wort geredet werden; so kann e nicht mehr weiter geden. Fachmänner behaupten, daß die Manöver, speziell die Kaisermandver, ihren kricgömähßigen Charakter cingebüßt hätten und

eden aud nur cin Frege |

Schaustellungen geworden seien mit im Kriege unmöglihen Vor-

führungen, insbesondere von Reitermassenattacken. Bei dem Vor-

anschlag für die Schußgebiete können größere Differenzen eintreten,

da spielen Zufälligkeiten, unvorhergesehene Vorkommnisse eine Rolle,

aber nit bei einem regelmäßig geführten Etat. Finden die Uzber-

\{reitungen fortgeseßt statt, so könnte einmal au die nachträgliche

Genehmigung versagt werden, wenn der Nachweis der Notwendigkeit

nicht strikte erbraht wird. Auch wir sind nicht unschuldig daran;

weder in der Rechnurgékommission, noch im Plenum, wo die nötige

Kontrolle bei dem Uebermaß von Arbeit kaum ausgeübt wird. Wenn

wir in diesem Jahre einen größeren Teil des Etats iun Plenum

belassen, wird ja wohl Zeit zu dieser Prüfung übrig sein. Die

wirklich gute Art preußischer Sparsamfeit muß wieder Play greifen.

Herr von Thielmann hat mit einer gewissen Freude darauf hingewiesen, daß einzelne Ressorts keine Mehrforderungen erhoben hätten; danach scheint es, als ob ihm ein Nessort ohne Mehrforderung gar nicht denkbar sci. Er meinte, im Etat würde man für den Roistift nichts weiter zu streichen finden. Nun, das wird sich ja noch zeigen. Die Heeres- verwaltung z. B., die besonders gerühmt wurde, stellt wieder Forderungen auf, von denen früher keine Nede roar, so die Erhöhung der Gehälter dec Obertleutnants; auc die militärtechnisch2 Hochichule wird wieder gefordert. Bedenklich \{heint es, die Gehaltëerhöhungen einfa im Etat vorzunehmen; denn es {ließen sich Konsequenzen für die übrigen Offiziere und die übrigen Beamten im Reiche und fogar in dén Einzelstaaten varan. Die tehnishe Hochschule wurde voriges Jabr abg-lehnt, ebenso die Zusammenlegung von vier Eskadrons Jäger zu Pferde zu einem Kavallerieregiment. Alle diese Ausgaben bedürfen ernster Prüfungen und werden wohl noch einige Jahre Zeit haben. Die Marine hat sich an etwas kostspielige Verhältnisse gewöhnt. Es wird ein neuer Marinepalast verlangt für 10 Millionen; man will ihn damit annehmbar machen, daß man ihn nicht ia die verkehréreihste Gegend baut. Dafür soll er aber doh auf dem teuersten Boden des teuersten Viertels gebaut werden. Auch die Frage des langsameren Baues der Schiffe wird in Erwägung gezogen werden müssen. Ohne die Bedeutung der Ausstellung zu St. Louis zu über- oder zu untershäßen, darf man doch fragen, ob künftig für jede Ausstellung vom Reiche 3—4 Millionen autgegeben werden sollen, ob niht im Inlande dringendere Aufgaben zu lösen und zu erfüllen sind. Bei einer Reichs\{uld von fast 3 Milliarden dürfte es doch angezeigt fein, die Zügel etwas anzuziehen. Ein Fehlbetrag ist da von fajt 100 Millionen im ordentlichen Etat. Wie helfen? Eine Zuschuß- anleihe haben wir {hon einmal abgelehnt. Jch bezwecifle, daß es *ge- lingen wird, sie völlig zu beseitigen; aber wie lange kann denn eine folche Pumpwirtschaft fortwähren? Bei dieser Finanzlage ist es sehr begreiflih, daß der Nuf nach einer Finanzreform ertönt. Man kann eine solche für sehr notroendig halten, namentlih unter dem Gesichts- punkte der leidenten einzelstaatlihen Finanzen. Die Einzelstaatsfinanz- minister möchten am liebsten mit den Reichsfinanzen gar nichts mehr zu {hafen haben. Aber die Erfahrungen, welche die verbündeten MNegierungen mit ihrem Finanzazutomaten gemacht haben, werden die Wiederkehr eines folchen verhüten. Jett, in der leßten Session, kann eine solhe Reform überhaupt niht gemacht werden; außerdem weiß niemand, wie sich das finanzielle Ergebnis des Zolltarifs gestalten wird. Nicht jeßt, nicht später wird jemand zu neuen Steuern Lust haben. Es witd alles auf die Gestaltung der Handelsverträge ankommen, die verbündeten Regierungen haben cs in der Hand, durch diese die Mittel zu beschaffen, deren sie glauben, dringend zu bedürfen. Mit derselben Bestimmtheit erwarten wir, daß beim Abs{luß von Handeléverträgen die Inter- essen der Landwirtschaft lebhaft wahrgenommen werden. Sonst könnten Sie noch heftigere Kämpfe erleben. (Zurufe links.) Dann können Sie (links) ja froh sein, Sie haben vom Zolltarif nichts wissen wollen, Sie bekommen ja dann Bundesgenossen. Auf das spinöse Gebiet unserer auswärtigen Politik möchte ih nicht eingehen; es will mir nur scheinen, als ob wir an Liebe ringsum nichts gewonnen hätten, am allerwenigsten aber da, wo wir, tro bewiesener Zurückhaltung, am andauerndsten darum geworben haben. Es ift ja erfreulih, daß die An- gelegenheit von Venezuela bis jeßt keine solche Kosten verursacht hat, um einen besonderen Nachtragsetat zu rechtfertigen; aber der Schaßzsekretär sprach doch von Wochen und Monaten. Wir werden darüber eine Denkschrift bekommen, es ist auch jeßt alles im Fluß; nichts desto- weniger möchte ih den Kanzler fragen, ob er Auétkunft über den Stand der Angelegenheit geben kann. Wir begrüßen die Erneuerung

| des Dreibundes. So wünschenswert auch eine Erleichterung der

\{chweren eisernen Dorvelrüstungen wäre, die wir tragen, cs geht

| damit nit so, wie man wünscht. Um so mehr soll die Militär- anleibe von 95 Millionen gedeckt werden. Es stimmt ja, daß ein |

»

verwaltung das Los des Volkes in Waffen menshenwürdig ge- stalten. Ich habe dabei eine \{eußlidze Mißbandlung im Auge, die in Rendsburg geschehen ist, und über die der Kriegs- minister vielleicht nâbere Auskunft geben kann. Sehr zu bedauern sind auch die immer wieder vorkommenoen Grausam-

| feiten in den Schubtzgebieten, so auf Neu-Guinea. Die eigenartige

Art des Assessorièmus, zu regieren, führt, zumal în den Kolonien, nicht zum Ziel. Auch in den Verbältnifsen Deutschlands liegt Grund zu mancher Klage. Wir stehen rückhaltslos auf dem Boden der

| NReichôverfassung: wir sind stets bereit, dem Kaiser zu geben, was des

Kaisers ist, wir sind auch frei von Reichsoerdrofsenbeit. Aber wir

| verbeblen uns nicht, daß so manche Voikommnisse die Freude am Reiche

dämpfen können und Besorgnisse hervorrufen von imperialistischen und unitaristiswhen Strömungen, wobei mana garniht anu Lippe oder Braun- \{:veia zu denken brauht. Ich denke an die Swinemünder Kaiserdepesche. Am 10. August erging von dort an den Prinzregenten das bekannte Telearamin über die Ablehnung der Forderung für Kunstzwecke; es \prit von der Empörung des Kaisers über dicîe Handlung gegen das Haus -Wittelsbah und bietet die Summe, um die es sich handelt, dem Prinzregenten an. Der leytere bat seinen innigsten Dayk für das warme Interesse des Kaisers und für dessen hochberziges Anerbieten

| audaeiprochen und erwidert, daß ein Reichörat hocdberzig das Geld zur

Verfügung gestellt habe. Die Forderung war im bayecishen Schuletat im Ministerium des Innern mit 100 000 4 enthalten, diese find von

| der Mebrbeit im baverishen Abgeordnetenbause aus politishen Grünten

abgelehnt worten, weil sie in der Swächlichkeit und Zaghaftigkeit

|” des Ministeriums gegenüber einer nah Form und Inhalt unber-chtigten

Protesterklärung des Würzburger Senats eine Erscheinung saß, die

beratung fehlte die Möglichkeit, den Abstrih auf einem anderen Ge-

| biete zu machen, es handelte ih niht um Dokumentierung von

Feindschaft gegen die Kunst oder cine Kunstritung, es handelte

| fich auch niht um eine Forderung des Prinzregenten, sondera um uch auf briefli*tem Wege bälte seinen Zweck erreichen können, |

eine Etatsposition. So wenig in der Forderung für den Mittel-

| landkanal eine persönliche Forderung und in deren Ablebnung cine mit. Ich nehme ja nicht an, daß diese Depeschen die Hauptsache |

Kränkung des Königs von Preußen erblickt werden kann, ebensowenig bier. Die Ablehnung ist aber au vom Regenten nicht so aufgefaßt

| worden. Um so auffälliger ist es, daß cin außerdayerisher Monarch vorhanden sind, ist es auch dier angezeigt, zu sparen. Bei der

darüber in lo tiefe Entrüstung gerät. Das kann nur auf falscher Information beruhen. Woher dicse? Da fragt es sh denn übder- daupt, ob nicht au in anderen Fragen von größerer Bedeutung die Information ebenfalls cine fedlsame ist. Die Depesche hat nicht allein

und die erhabene Person des Prinzregenten. Die Mehrheit hat voa eineur ihr unbestrütenen Rechte Gebrauch gemacht. Das soll shnöder Undank sein? Dann wäre ja die Vollkövertretung nur dam da, undeschen alles zu bewilligen, ein Bewilligungsautomat. Geld bewilligen, Geld ver»

igern ist das Machtmittel des Parlaments, das einzige, um auch den vertschern nade zu legen, daß die Minister das Vertrauen cines Teiles des Volkes verscherzt haden. Das hat die Mehrheit der Zweiten Kammer

| getan in ibrem guten Rot, und wenn die De trägt der Gesamtausfall 11 Millionen; für die Verzinsung |

des Anlagekapilals bleibt nur ein Minimum übrig. Das |

A und Gewissen und nicht die on des Herrschers hinein Diese Depesche hat uns nicht diskreditiert, sondern | und gestärkt. Wogegen wir uns wenden, ift | wirrung der konstitutionellen und parlamentarischen riffe. Deasa | das Telegramm y belegt die Anwendung cines

pesche der it eine anlidynastishe Spiye geben will, so läkt uns dat bis denn wir sind gewöhnt, unsere Handlung einzurichten nah

D E E A e I M

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