1903 / 27 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 31 Jan 1903 18:00:01 GMT) scan diff

[leugnet ja seinerseits, daß die Verheiratung mit der Feldwebeltochter die Ursache der Entlassung war; die Entlassung wegen der anti- hafkatistishen Verbrechen leugnet wieder der Oberpräsident; wir wissen also immer noch nit, wer von beiden Herren eigentlich die Wahrheit esagt hat; und welhes Verbrechen Löhning gegen den „Hakatismus“ begangen haben foll, wissen roir auch nicht. Hier im Reichstage Tohnt cs also nicht, den Fall weiter zu verfolgen. Eine Reihe von Beschwerden sind heute erst von dem Interpellanten zur Kenntnis gebracht. Diese einzelnen Vorkommnisse können wir heute niht nahprüfen, und sie müssen für die Stellungnahme zur Interpellation auéscheiden. Aber die hon früher bekannt gewordenen und unbestritten gebliebenen Fälle und diejenigen, welche die Regie- rung zugegeben haï, liefern ausreihendes Material, um das Eingreifen der Interpellanten zu rechtfertigen. Selbst die Freunde der jeßigen pte müßten die getroffenen Maßnahmen mißbilligen. Der all Hoffmann ijt ja shon im November besprochen worden und hat von keiner Seite Verteidigung gefunden. Aber niht allein eine Nektifikation der betreffenden Polizeibeamten soll stattfinden, sondern die Regierung soll allgemein mit einem Erlaß vorgehen, daß den Beamten die Lust vor der Wiederholung solcher Uebergriffe vergehen wird. Wo es sich um eine bewußte Ueberschreitung der Polizeibefugnisse handelt, sollte die Regierung aufs allerentschiedenste vorgehen. Es liegen eine ganze Reihe Fälle à la Hoffmann vor, die zu beweisen scheinen, daß die Polizei glaubt, fich gegen die polnishen Mitbürger mehr erlauben zu dürfen als gegen die deutshen. Der militärische Boykott gegen polnishe Geschäfte ist ein verhängnisvolles Kampf- mittel, dessen Anwendung ih sehr bedauere. Darin, daß der eine Teil den wirtschaftlihen Ruin des anderen Teiles herbeiführen will, liegt immer etwas Unmoralishes und WVerwerfliches; ein folder Kampf, jahrelang fortgeseßt, muß die beiden Nationalitäten aufs äußerste reizen, verbittera und dauernd einander entfremden. Die Polen follen den ersten e zu dem Boykott gegeben haben. Eine halbe Milliarde ist \{chon auf- gewendet worden zum Auskauf des polnischen Besitzes; darin liegt ein Boykott, wie er \{limmer gegen die Polen nicht gedacht werden kann. Die sämtlichen Beamtenstellen, besonders die mittleren und unteren, sind der polnischen Bevölkerung verschlossen. Wenn die Polen sich nun den gewerblichen, kaufmännishen Berufen zuwenden, die ihnen allein noch offen stehen, und durch ihre Landsleute unterstüßt werden, dann ist das an sih so etwas Natürliches, daß man es geradezu unnatürlih finden würde, der polnischen Bevölkerung daraus einen Vorwurf zu machen. Dieser Zusammenschluß kann für die Militär- behörden keinen Grund abgeben, den Boykott zu verhängen. An einzelnen Orten sind die polnishen Gewerbetreibenden generell boyfkottiert worden. Das ist nie und nimmer zu rechtfertigen. Jch verstehe auch nicht, wie man bei einem solchen Vorgehen seitens der Regierung nun noch von den Polen verlangen will, daß fie si als gleih- berechtigte Staatsbürger fühlen follen. Selbst nah dem Wortlaut der Wehrordnung ist mir niht sicher, daß die Entziehung der gund auf Grund des Verstoßes gegen § 128 des Strafgesetz- buches zu Recht erfolgt ist; dem Geist und Sinn der Wehrordnung widerspriht die Entziehung unbedingt. Nur ehrenrührige Hand- lungen können die Entziehung des Berehtigungs\cheins rechtfertigen. Nach dem durch den Kriegsminister erwähnten Absaz 2 handelt es sih um den andern Fall, daß eine Verurteilung nicht statt- gefunden hat, aber die moralische Qualifikation fehlt. Soll dieser zweite Absatz einen Sinn haben, so muß etwas Ehrenrühriges in jedem Falle vorliegen, fonst kämen wir zu einem reinen Widerspruch zwischen den beiden Absäßen. Nun sind die Gymnasiasten verurteilt lediglih wegen Teilnahme an einer geheimen Verbindung; lediglich wegen threr Mitgliedschaft bei dieser Verbindung, welche die Pflege der Polnischen Literatur und Geschihte zum Zweck hatte. Früher waren solche polnischen Kränzchen und Vereine von s{chulwegen erlaubt und sind erst verboten worden, seitdem der \{härfere Wind dort weht. Der Direktor des Thorner Gymnasiums hat ja sogar den Schülern ver- boten, sih polnisch zu unterhalten, obwohl die Mehrheit polnisch ist. Benn nun die jungen Leute das insgeheim treiben wollten, was sie öffentlih nicht mehr durften, mußten sié bestraft werden und sind be- straft worden; aber das hätte nah der Schuldisziplin viel milder geahndet werden fönnen. Sie sind aber von der Anstalt weggejagt und Töônnen an feiner anderen Anstalt aufgenommen werden; dadur sind sie verurteilt, \sich eine böbere Stellung im Leben nit mehr erkämpfen zu können. Sie sind auch noch mit Gefängnisstrafe belegt, sodaß ihnen ein Makel für das ganze Leben anhängt, und nun nimmt man ihnen noch die Berechtigung zum einjährigen

wirts{aftlih aus der Provinz zu drängen. Dagegen wehren Deutschen.

auch niht über Ungleichheit zu beklagen haben.

zutreten? Diese Polendebatten werden nihts nügen.

zur Polenfrage ist bekannt.

gleichen Rechte, sondern des Unrechts ist gegen diejenigen die derselben Rechtswohltat teilhaftig sein sollen wie wir. Politik hat tatsächlich Fiasko gemacht.

Polen nit deutscher gemacht.

die barbarischsten Nationen gehen nicht \o vor. auf Helgoland die deutsche Schule Frankreich in Elsaß-Lothringen getan, anschickte, den deutshen Schulen die deutshe Sprache zu nehmen, ershien der Beschluß des seligen Bundesrats gegen das brutale Vorgehen. Und wir wollen den Polen die Sprache nehmen. So weit geht selbst das barbarishe Nußland niht. Man hat nit gewagt, den Ostseeprovinzen die deutsche Sprache zu nebmen. Und wenn es geshah, so könnte man sagen: „Was Du nicht willst, das Dir geschiht, das tu auch einem andern nicht." Manche Maß- regeln müssen den Haß s{hüren, niht nur gegen das System, sondern auch gegen diejenigen, die das System ausführen. Auf die angeführten Fälle des Unrehts gehe ich nicht näher ein, so viel {teht fest, die polnischen Mitbürger werden anders behandelt als die deutshen. Alle Fälle gehören zur Kompetenz des Reiches. Ist doch von der Negierungsseite vor cinem Jahre darauf hingewiesen worden, daß das Gefährlihe der Polen darin läge, daß fie bei einem Konflikt mit dem Auslande nah diesem hin gravitieren würden. Was den Fall in Thorn betrifft, so erkläre ich mir die Rede des Abg. Graßmann daraus, daß er Vorsitzender des Thorner Gerichts- hofes ist. Das Urteil des Gerichtshofes kritisiere ich nicht. Die Richter haben gewiß nah ihrer Ueberzeugung geurteilt, aber sie gingen von unrichtigen Voraussetzungen aus. Im Westen haben wir Gott sei Dank keine politishen Gerichtshöfe. Bei einem westfälischen Gericht habe ih nit gefunden, daß in den Gründen steht, jemand wird härter bestraft, weil er z. B. der sozialdemokratishen Partei angehört. Unsere alten und neuen Nichter fragen niemand, wessen Glaubens und welcher Partei er ist. Dasselbe wünsche ih au von den öôstliben Richtern; leider sind wir im Osten davon noŸ sehr weit entfernt. Ein Eid, den ih für albern halte, ist von jungen Leuten geleistet worden. Wenn Sie aber den Eid hörten, den ih als Burschenschafter geleistet habe, so würden Ihnen die Haare zu Berge stehen. Die jungen Leute sind nur wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer geheimen Verbindung bestraft worden, nicht wegen ihrer sonstigen Handlungs- weise. Daß die Strafe für einzelne eine Lebensvernihtung war, liegt auf der Hand. Die Gefängnisstrafe von einem Monat für ein Delikt, das im Minimum mit einem Tage bestraft wird, ist doch sehr hart. Wie kann man jungen Leuten von 19 Jahren eine solhe Strafe aufbrummen für ein Verhalten, zu dem sie durch die Regierung selbs infolge des Verbots des Vereins geradezu gedrängt worden sind? Die Entscheidung der Oberersaßbehörde ütt \sich allerdings auf den zweiten Teil des betreffenden Paragraphen der Wehrordnung. Dabei kommt es aber darauf an, daß derjenige, dem der Berecbtigungsshein entzogen werden soll, die moralishe Qualifikation niht mehr ‘besißt. Un- moralisch ist es, wenn man gegen seine Ueberzeugung servil und kriehend ist. Das Kriegsministerium hat \{ablonenmäßig unter schieden zwischen denen, die mit einer Woche. und denen, die mit einem Monat bestraft worden sind. Wer 6 Tage hat, foll noch

gelassen.

Dienst. Jch stelle diesem ein anderes Bild gegenüber. In München war eine Schülerverbindung entdeckt, deren Zweck war, Gelage zu | veranstalten; und in dieser Verbindung \ind Unsittlichkeiten unflätigster Art vorgekommen. Diese Gymnasiasten sind zwar auch relegiert worden, aber ihnen is der Zugang zu einer anderen Anstalt nit versagt worden, noch viel .weniger hat man etwas von der Entziehung der Berechtigung zum einjährigen Dienst gehört. Die Eidformel flingt ja nach einer kleinen Freimaurerloge, aber junge Leute umgeben gern solhe geheime Verbindung mit einem großen Brimborium: daher dieser Eid. Etwas Ungehöriges ist damit absolut nit ge- leistet worden, noch viel weniger etwas Hobverräterisches. Der Kriegsminister sollte doch die Angelegenheit nochmals anseben, er kommt dann vielleiht dazu, den jungen Leuten mit ctwas mehr Milde zu begegnen. Der standesamtlihe Kampf zur Förderung des Deutsc- | tums bat Schule gemacht. Jn Bromberg wollte ein Omnibusbesiter einen | Omnibus mit einer polnishen und einer deutschen Aufschrift seiner Firma versehen. Die Postverwaltung, deren Postsachen der Besitzer | befördert, und die hierin etwas Staatêgefährliches sab, forderte den Be- figer Peiser auf, das polnische a in der Aufschrift „Omnibus Peisera“ zu entfernen, ibm die Postsachen fernerhin entzogen | werden würden. glaube, mit solhen Dingen machen wir uns nur | lâherlih. Es wird erst besser werden, wenn wir Deutschen von dem Gedanken lassen, daß es möglih sei, cine ganze nationalisieren. Das hat noch kein Staat vermocht Preußen nicht fertig bekommen diesem Versuch widerstanden 4 Millionen Polen scin, di und Galiziens einen Rücckhalt baben Aba. von Tiedemann (Rp Wie wenig der Abga enbeit gebabt hat, die Zustände in der Provinz kennen zu er von einer Entnationalisierung spra vie der Blinde von ter Farbe. Graf von Posadowékv konnte viel kompetenteres Urteil abgeben von Duembowslki rzäblt 5 jemand gezwungen t Ich sagte, die Sache könne ih so ni von Dziembowski, mir die Verfüguna des L Daraus ergibt sich, d2f der Betreffende ga polnischen Namen zu führen ( keine Abaung von den Posener Verbältni erwähnte, ist niht der cinzige Í vater ih einen polnishen Namen beigelecat nit beredbtigat war So schrieb nd 41114 Ï Guth bien. Was ten Bovkott betriff fahren der Herren von der polni! * zur Last zu legen. Schon 1 Bestrebun

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Nation zu ent- und wird au | Das kleine Siebenbürgen hat bisber | Wie viel \{werer wird es bei den 3 bis in den polnischen Landöleuten Rußlands

Noeren lernen,

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| daran sind wir ja gewöhnt. Wären die Polen nicht so klug gewesen, das

| der Kriegsminister und Graf von Posadowsky au nit bier.

| Löhning zur Sprache bringen würde, troßdem ift er nit bier | haben. | gebeiratet zu | Wäre es aber so,

| derer Beamten. Ich verstebe nicht, wie der Obervräsident sich bei dem

| beiratungeines höôhsten Steuerbeamten der Provinz stellen solle. Das balte

würdig sein, der Armce anzugehören; wer länger zu sitzen hat, soll niht das Glück haben, vreußisher Reserveoffizier ¿zu werden. Bei so wichtigen Schicksalsfragen sollte man nicht so s{ablonen- mäßig zu Werke gehen. Zu der geseßlihen Strafe tritt eine. neue Strafe, die in ihren Folgen weit {limmer wirkt als die Gefängnis- strafe, die man am Ende noch verwindet, hinzu. Was den Fall Löbning betrifft, so würde auch ih ihn im preußishe Landtage in erster Linie erledigen. Aber gerade dieser Fall wird im preußischen Landtag bei der ges{lossenen Mehrheit der Konservativen und Nationalliberalen niht den rihtigen Resonanzboden finden. Das Fehlen der Minister ift allerdings auffallend und unangenehm, aber das Heer in ibrer Interpellation zu erwähnen, so wären wahrscheinli Jch ih den Fall Dieser

Fall wird auch auf das deutsche Reichöbeer eine besondere Wirkung Herrn Löhning wird vorgeworfen, die Tochter eines Feldwebels

haben. Der preußishe Finanzminister bestreitet das.

so müßten wir sagen: Wir danken dafür, daß die Töchter von Feldwebeln minderwertiger scin sollen als die Töchter an-

habe Herrn von Rheinbaben vorher mitgeteilt, daß

lommandierenden General Rats geholt hat, wie er \ich ur Frage der Ver v

ih für unerhört. Es ist cine Reverenz vor der Armee, vor der i unser Zivilbehörden bewahren möchte. Ebenso zu verurteilen ist die böbnische Bemerkung von Offizieren zum Oberregierungêrat Gesh über seine „künf- tige Chefeuse*. Wer hat Net, Löhning oder Freiherr von Nbeinbaben ? Ich habe mit diesem nicht gesprochen, aber wobl mit Herrn Löbnina und was er mir gesagt hat, hat er mir auf sein beiliges Ebrenwort versichert. Ih muß ihm glauben, und demaemäß stelle ih mi auf den Boden der Tatsachen, mögen diese nun der Regieruna angenehm sein oder nicht erungêrat Ges bat um Urlaub bei seinem Vergesetiten L na, dem Minister übcr die Verlobung Löbninas Vortrag zu halten lehrte mit dem Geheimen Nat Enke nah Posen zurück. Und dieser sagte Löhning, der Minisier sei un- dillig üder die Verlobung und über die Bemerkung, daß der Minister n nic r Disposition stellen könne; die Polenpolitik wurde von 1 währt, vnd Herrn Löbninag wurde der Note e in Ausficht gestellt für den Fall, dak er ab- Vberpräsident hat Lêöhning mitgeteilt, dak dessen Braut cinwandfrei sei, aber doch die Tochter eines Feldwebels ónne der Chef ciner Verwaltung nicht beiraten. Bei ral würde es allerdings etwas Anderes sein Polenpolitik kôane ihm „den Hals nicht

reshener Vorgänge hat Herr Löhbning unter Zu- verpräfidentea für cine Ungesc{icklihkeit und Tor- ind derselben Meinung auch Reibe beamten. Heir Löhning hat dann beim Glase

j über die Polenpolitik dabin ausgespro daf

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die: die gesamte polnishe Presse, das gesamte polnishe Vereins- wesen und die polnischen Gewerbetreibenden streben dahin, die eten ih die 1 Mögen doch die por erklären, daß sie auf die Wieder- errihtung des polnischen Reiches verzihten wollen, daß sie gute und treue preußish-deutshe Untertanen sein wollen, dann werden sie sih

Glauben Sie denn | daß etwa, daß es uns Vergnügen und Freude macht, Ihnen entgegen-

j Der Gegensatz zwischen Deutschen und Polen, den die Polen hervorgerufen haben, wird durch Interpellationen nicht überbrückt und unterdrückt werden. Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Die Stellung meiner Freunde Wir unterstüyen keine Bestrebungen, die polnische Landesteile von Preußen und dem Reiche reißen wollen. Wir möchten die Polen als volle Staatsbürger hetrahten und die Kluft zwischen Polen und Deutschen nicht erweitern. Wir verurteilen deshalb dete N der Negterung, weil sie nit eine Me der t itbürger,

Die Die Gelder für die An- iedelungen. haben uns auch nicht einen Schritt weiter gebraht. Der \tmarkenßerein hat nicht das Deutshtum gestärkt. Das Auftreten der Regierung gegen die Shulen und die polnishe Sprache hat die Neberall handelt der am törichtsten,

der durch Bekämpfung der Sprache ein Volk zu gewinnen sucht, selbst Selbst England hat Dasselbe hat und als Dänemark \ich

Wakhl aufzuzwingen, weil dadurch das ganze Beamtentum gefährdet

Dee wenn einem Beamten etwas Verfassungswidriges zugemutet würde.

politik seinen Abschied hat nehmen müssen, dann um so \{limmer. Er hat als Ehrenmann gehandelt und niht als serviler Streber. Der Minister hat im preußischen Abgeordnetenhause bestritten,

er gewußt hätte, daß es sich um eine Feldwebelstochter handelte, er muß also Herrn Ges nicht genau gehört haben, und er meinte, es komme nur darauf an: national oder nicht national, hie Welf, hie Waiblingen! Ich hätte aber erwartet, daß er sich nicht mit allgemeinen Redewendungen begnügt, E bewiesen hätte, daß Löhning polenfreundlich gehandelt. Ih sage hier ganz ofen dem Minister, in der Hoffnung, daß er es hört: Außer den von mir vorgetragenen Tatsachen ist Löhning auch nicht eine einzige Tatsache nahzusagen, in der sich eine polenfreundliche und deutschfeindlihe Tendenz widerspiegelte. Hat die Regie- rung nicht das Gefühl, daß sie sich felbst \{chlägt, wenn fle einen Beamten entläßt, weil er tüchtig ist? Es liegt Hier eine unglaub- lie Ungeschicklihkeit der Regierung vor. Die Gründe suche ih nicht beim Minister und Oberpräsidenten, sondern bei dem Denunzianten. Der Fall Löhning könnte im Westen niht vorkommen. Der Fluch der bösen Tat ist, daß die Polenpolitik das Denunziantentum und das Sykophantentum erzeugt. Die Herren des Ostmarkenvereins und des Hakatistenvereins follten bei den Polen wirklihe Sympathie für das Deutschtum erwecken. Damit ist dem Deutshtum mehr gedient als durch einen noch so {önen Kaiserpalast in Posen.

Preußischer Kriegsminister, General der Jnfanterie von )oßler:

Sie werden von mir nit erwarten, daß ih auf den Fall Löhning hier näher eingehe; das ist durchaus niht meine Sache. Aber ih muß auf einzelne Anfeindungen antworten, die der Herr Vorredner direkt an die Adresse der Armee richtete. Er \prach die Ansicht aus, der kommandierende General des V. Armeekorps habe entscheidend auf das Verfahren gegen Löhning eingewirkt. Das trifft in keiner Weise zu. Richtig is nur, daß der Herr Oberpräsident der Provinz Posen mit dem ihm nahe stehenden kommandierenden Herrn General die Angelegenheit privatim besprochen und der l'ommandierende General hierbei geäußert hat, es würde Herrn Löhning \{chwer werden, seine zukünftige Frau in die Gesellschaft einzuführen, weil er es nit für nötig gehalten habe, den Familien, in denen er verkehrte, seine Verlobung anzuzeigen. Das is} allerdings sehr aufgefallen (Zurufe) und hierauf hat ih die Bemerkung des -kommandierenden Generals bezogen.

Der Herr Vorredner hat dann noch erwähnt, auch Offiziere des Grenadierregiments Nr. 6 hätten über den Fall gesproWßen. Meine Herren, was geht denn die Offiziere der Fall Löhning an. Was geht es die Offiziere an, wen Herr Löhning heiratet. Aber wenn die Offiziere auch ein besonderes Interesse an dem Fall nicht gehabt haben dürften, so wüßte ih doch niht, welcher Vorwurf einen Leutnant treffen könnte, der vielleiht bei Tische hierüber eine Bemerkung oder einen Wiß gemacht haben sollte. (Zurufe.) Weiter ist gewiß nihts geschehen, doch habe ih mich danach nit erkundigt.

Die Angelegenheit hat aber noch eine ernstere Bedeutung. Der Herr Vorredner sprach wiederholt von der „Feldwebelstochter“ und brahte das Standesbewußtsein der Offiziere damit in Verbindung ; furz, er deutete an, daß auch die Offiziere mißachtend auf eine Feldwebelstohter sahen. Dem gegenüber muß ih doch bemerken, daß gerade das Streben der Heeresverwaltung und aller Offiziere in erster Linie darauf gerihtet is, unsere ausgezeihneten Unteroffiziere in gute Zivilstelen und somit in eine geahtete Lebens- “stellung zu bringen. Das is eine der hauptsächli{sten Vor- bedingungen für ein tüchtiges Unteroffizierkorps. Es ist bekannt, daß der Armee eine ganze Reihe von Offizieren angehörten und zum Teil noch angehören, die früher Unteroffiziere und Feldwebel waren, und daß deren Töchter Offiziere und Beamte geheiratet haben. Mißhellig- keiten hierüber oder gar Zweifel, daß derartige Heiraten nit vollkommen berechtigt wären, sind mir nie zu Ohren gekommen. (Hört! hört! rechts.) Also derartige Anfeindungen lehne ich ab. Ich bedaure sehr, daß der Herr Vorredner sih dazu hat hinreißen lassen, in dieser Beziehung gewissermaßen Mißtrauen gegen die Offizierskreise zu erregen. (Wider- spruch links. Sehr richtig! rechts.) Davon kann keine Rede sein, denn wir stellen unsere Unteroffiziere so hoh, wie sie es verdienen, und wollen ihre Stellung im geselligen wie dienstlihen Leben immer mebr befestigen und heben. Und \{ließlich heiratet man ja auch nit den Schwiegervater, sondern seine Tochter. (Heiterkeit. )

Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Jch möchte den Fall, der bier verbandelt worden ist, von der rein formalen Seite klar legen. Der Herr Abg. Lenzmann hat ausdrüdcklich erklärt, der Fall sei eigentlich eine preußisbe An- gelegenheit, er gehöre in das preußische Abgeordnetenhaus : er bat aber binzugefügt, im preußischen Abgeordnetenhause würde er für seine Aus- fübrkungen nit den richtigen wähle er den Reichstag, um die Angelegenkbeit unzweifelhaft lediglich auf dem Gebiete des preußischen Beamten- tums sich bewege. (Sehr ribtig!)) Meine Herren, ich meine, wir haben das dringende Interesse, sowobl die Vertreter des Bundesrats wie die Vertreter des Neichêtages, die Zuständigkeit des Reichétages streng zu wahren. Wenn wir dahin kommen, statt bier gemeinschaft- lih die Geschäfte des Reichs zu beraten, derartige regclungen der Einzelstaaten zu verbandeln, dann, wir uns von dem Ziel, das uns beiden oblieat, Vaterlandes erheblich entfernen. (Sehr richtig!) Das Haus nimmt darauf einen Vertagungsantrag an. Präsident Graf von Ballestrem {lägt vor, morgen 1 Uhr die weite Beratung des Gesehentwurfs, betreffend den Schub der gewerblichen Kinderarbeit, fortzusetzen

Abg. Dr. von Dziembowski-Pomian bittet, mit ter Besprechung dec Interpellation fortzufabren

Präsident Graf von Ballestrem: Die Geschäftsordnung gibt interpellanten das große Recht, die Arbeiten des Neichölages zu Zeit zu unterbrehen und eine Besprehung der Interpellation Müútglieder herbeizuführen. Ich glaube aber doch nicht, daf

Resonanzboden finden; infolgedessen

zu verhandeln, die

Beamtenmaß- fürhte i, werden zum Schaden des

morgen zunäthst

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jeder dur es ih empfiehlt, solche Interpellationen über eineu T 1a auszudehnen

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Arbeiten zu verlangsamen

vou Jazdzewski (Pole): Ih möchte dem Herrn

Provinz s{hicken sollte. Ein Beamter | vert, taß ibn Löhnina daran ccbintert bab

E A die Polenpolitilf Auvsdruck zu geben. He nen Beamten

Pojen besser besoldet werden möchten, und daf La bio t fdb

aber nur gehindert, in cinem ablebnent tflüitige Bezugnahme auf die polnische | (Unrukbe Ja, Herr Löbning ift eben sehr gerecht, wie | le Weitfalen sind. Redner schildert dann Löhnings Verhalten zu « ládter Stadtverordnetenwahlena, wo ein polnischer Art und | utser Katholik zur Wahl standen, und führt dabei aus: Herr ning hat abgelehnt, einem polnischen Beamten eine bestimmte

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niht gern widersprehea; aber nah den Ectährunden, ie wir mit unserer Wreschener Interpellation gemacht haben, wird sich nicht wundern, daß wir einen solhen Vorschlag machen. Prâtident Graf von Ballestrem: Ih wundere mi nit, ader ih bleibe bei meinem Vorschlags Das Haus tritt dem Vorschlage des Präsidenten bei Schluß gegen 61/2 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. (Fortseyung der zweiten Beratung des Gesezentwurfs zum Schuhe der gewerblichen Kinderärbeit,)

Wenn Herr Löhning nur wegen seiner Stellung zur Polen- -

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich

M 28

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

10. Sißung vom 30. Januar 1903, 11 Uhr.

Ueber den Beginn der Sigzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus seht die zweite Beratung des Entwurfs des Staatshaushaltsetats für das Etatsjaßr 1903 bei den dauernden Ausgaben des Etats der landwirtschaftlihen Verwaltung, und zwar bei dem Kapitel „Tierärztliche Hochschulen und Veterinärwesen“, fort. / :

Abg. von Arnim (kons) berichtet zunächst über den N os E (kons.) dankt der Regierung für ihre Für-

sorge für das Veterinärwesen und erbittet die Unterstüßung des Finanz-

ministers für das ländliche Tierärztewesen.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Fch habe aus den Worten des Herrn Vorredners zu meiner Freude entnommen, daß die Tierärzte überzeugt sind, daß die land- wirts{aftlihe Verwaltung ban bestrebt ist, den berechtigten

ünschen dieser Beamten nachzukommen. i Pre jet Ausbildung ist ja, wie das hohe Haus weiß, bereits im laufenden Jahre ein wesentliher Schritt vorwärts getan und, wie ih konstatieren kann, von allen Beteiligten freudig aufgenommen worden. Ich kann die Erklärung abgeben, daß meinen Wünschen von der Finanzverwaltung das bereiteste Entgegenkommen gezeigt ift, und ih hoffe, daß es möglich sein wird, im nächsten Jahre im Gtat eine Aufbesserung der Gehälter der Kreistierärzte vornehmen zu können.

Was die beiden anderen Fragen betrifft, die der Herr Vorredner berührt hat, die Pensionsberehtigung und die Reliktenversorgung, so fann dieses beides nur durch ein Gese geregelt werden. Es liegt in meiner Absicht, dieses, wenn mögli, dem hohen Hause im nächsten

rzulegen. j V eitec Si zu erwägen scin, ob nicht auch über die Aenderung des Gebührengeseßes von 1872 eine Geseyesvorlage zu machen sein wird. fat, at

Ich kann nur wiederholen, daß der Herr Finanzminister mit ur anerkennt, daß auf diesem Gebiete Uebelstände vorliegen, die der Ab- hilfe bedürfen. Einer Bemerkung des Herrn Vorredners muß ich jedoch widersprehen; zur Zeit können wir noch keine Abnahme der Anwärter für die Stellen der Kreistierärzte konstatieren, sondern der Andrang ist noch ebenso, wenn nicht stärker, wie in früherer Zeit, vielleicht wirkt {hon die Aussicht auf die bevorstehenden Verbesserungen anregend auf die Wahl des tierärztlihen Studiums.

Abg. r lid Cent Zur wissenschaftlihen Erfor edr Versuche zu deren Bekämpfung (80 000 M)“.

Abg. Freiherr von Wangenheim (kons.): Es mu Mittel gegen die Rotlaufseuche gefunden werden, das au Landwirten zugänglih gemaht werden kann. Gefahr, daß durch die Einfuhr vom Auslande hereingeschleppt werden. Fd nach Möglichkeit schließen wird.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

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den

Viehbseuchen

Meine Herre in dem H Vorredner sehr dankbar für Meine Herren! Ich bin dem Herrn V

die vershiedenen Anregungen. Er gibt mir dadurch Gelegenheit mich über verschiedene Punkte nochmals öffentlich auszusprechen.

Es ift zuzugeben, daß die Seuchen bei längerer Dauer im In lande allmählich ihre Gefährlichkeit einbüßen; d. h. die Krankheits

5 T7 ) 4 5 4Y4 ersheinungen werden geringer, und nur wenn Neueins{leppungen des

Ansteckungsstoffes stattfinden, kommen wieder ganz elementar stark

Ausbrüche vor, die dann den Viehbestand des Landes in erheblihstem

Maße gefährden.

I kann nur hervorheben, daß ih in erster Linie auf dem Wege, den {on mein Herr Amtsvorganger betreten hat, getreulih fort- gegangen bin, um die verschiedenen Tierkrankheiten im Inlande zu be- und ih möchte an dieser Stelle es besonders aussprechen, daß ih der Ueberzeugung bin, daß bei vielen Seuchen das Verfahren, namentli in England auf- Entstehungsort zweifellos das und je radikalèr wir auf der Stelle vorgehen, ist das Resultat, und ih glaube, daß dieses Vorgehen auh das ginge Ne- sultat gezeitigt hat, welches sih aus der leßten Uebersicht über dic

kämpfen,

vok langen Jahren nämli die Seuche durch Totschlag zu Je schneller der Seuche

das man s{hon genommen hat, zu beschränken und beste ist.

um die Verbreitung

auf ihren bekämpfen,

zu verhindern, desto besser

Viebseuchen in Preußen ergibt.

(of ck A T Meine Herren, ih will an dieser Stelle hervorheben, daß auch zwei Provinzialverwaltungen mi in dem Bestreben, Ansteckungsherde {nell zu beseitigen, mit ihren Mitteln wesentlih unterstüyt haben;

das sind die Verwaltungen der Rheinprovinz und des Kommuna verbands Cassel. Ih wünsche sehr, daß au die anderen Provinzia

G talla »eoit Find Ger lei eim verwaltungen sih gegebenenfalls bereit finden lassen, glei b

ersten Auftreten mit einzuschreiten Es handelt sich ja um Fond

die von den beteiligten Viehbesiyern aufgebraht werden, und eser Umstand erleichtert cine solhe Verwendung. Ih denke namentli an Ausbrüche des Rotzes in Cöln, wo durch tatfräftiges T der Provinzialverwaltung der Rheinprovinz die Seuche seil be citigt cinen Rotzausbruch in Rinteln im Negierungs- ie Landleute der Umgegend klagten, fie könnten gar

große

ist. Ferner denke ih an bezirk Cassel. D nicht mehr in die Stadt Rinteln Pferde ansiecken; dic z ugreifen, ih habe auch aus fügung geslellt, und so gelang es, den däthtigen Bestand shnell zu beicitigen Z

Es acht ja oft eigentümlih mit den Seuchen Wochen glaubte ih, wir hätten k wir wären in Preußen bei Berlin, auf einem Rieselgut der glaube, Falkenberg beißt & in

j Be e würden ib binein, da sie fürchteten, sie würden il

ganzen der Ansteckung ve

Berlin - Transport v

Stadt

cinem

Arnim (kons.) berichtet weiter über den Titel n Cola add nes Tierkrankheiten und

ein siGere?

leinen Denn es besteht die zu uns Ih hoffe, daß die Regierung die Grenzen

Ï Ls A H Î Kommunalbeczirksverwaltung fan? nch bereit, eine Staatômitteln erhebliche Fonds zur Ver-

Vor wenig ine Lungensecuhe mehr im Lande, biervon endlich frei. Plôylich bricht hier "n i

L habe sofort angeordnet, daß der ganze Bestand getötet wird; denn, würde ich nur die Absperrung verordnen, so würde die Tilgung der Seuche nicht gesichert sein. Es is beim besten Willen nicht möglich, monatelang strenge Absperrungen dur{hzuführen, unausgesept auf den Höfen Gendarmen zu stationieren usw.; das hat für alle Beteiligten viel größere- Schwierigkeiten im Gefolge, als wenn man rüsihtslos eingreift und einen solchen Bestand einfah der Schlachtbank zuführt.

Verwaltung einmal mehr Mittel aufgewandt werden mußten, daß das

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Zweite Beilage

Berlin, Sonnabend, den 31. Januar

eben aus Bayern eingeführten Ochsen die Seuche aus.

I habe geglaubt, meine Herren, Ihnen dies vorführen zu sollen, und e Ln nach dieser Richtung seitens der landwirtschaftlichen

hohe Haus sich damit einverstanden erklärt. Nur rücksichtsloses Vor- gehen verspricht auf diesem Gebiet Grfolg. Hat man den ersten Aus- bru einer Seuche nicht fassen und beseitigen fönnen, so gestaltet fich die Sache viel \{chwieriger. Die Herren vom Rheinland, ins- besondere aus dem Kreise Simmern, wo jeyt die Maul- und Klauenseuhe herrscht, wissen, daß, wenn erst eine Ausbreitung der Seuche in einem Ort stattgefunden hat, namentlih auch den fleineren Landwirten \{chwere Schädigungen durch die Ge- höfts- und Dorfsperren erwachsen. (Sehr richtig! rets.) Ich habe immer noch die Hoffnung, daß, wenn wir auf dem jeßt beschrittenen Wege energisch weitergehen, der Tag noch kommen wird, wo wir sagen können: im Inlande haben wir die Maul- und Klauenseuche getilgt. Ungünstiger liegen die Verhältnisse bei der Schweineseuche. Die Herstellung von Schuß- und Heilmitteln stößt auf Schwierigkeiten, da es, wie der Herr Vorredner {on angesührt hat, eine große Zahl bis jeßt sind einige 70 bekannt Es verschiedene Stämme des Schweineseuchenbazillus hier die Krankheit veranlassen. Die Wissen- schaft ist au hier zwar weit vorgeschritten, aber wir haben noch kein in jedem Falle sicher helfendes Mittel und werden deshalb von dem Aus\chlachten ganzer Bestände nicht ganz absehen können. Naturgemäß läßt sih aber nicht gleih daran denken, alle verdächtigen Tiere zu besei- tigen, wie ih das jeßt zu tun in der Lage gewesen bin bei der Lungen- seuche und beim Roy. Wir werden meiner Ansicht nah \crittweise vorgehen müssen und werden vielleiht die noch nicht so {wer ver- seuchten Gegenden im Westen der Monarchie zuerst in Angriff nehmen und dann \hriitweise nah Osten zu Terrain gewinnen müssen. Der Plan steht naturgemäß noh nicht fest, zumal er eine Aenderung unserer Viehseuchengesezgebung zur Vorausseßung hat. E \{chweigen darf ih, daß die Hochzüchter in der Schweinezucht zur Ver- breitung der Seuche nicht selten beigetragen haben; sie liefern die SreH und gerade dur latente kranke Eber ist die Seuche vielfach im Lande verschleppt worden. (Sehr richtig! rets und Zuruf: Auch aus England !) Die Herren werden mir darin beipflichten, daß zur Zeit namentlich für unsere kleinen landwirtscaftlichen Betriebe keine Krankheit \{limmer und gefährliher ist als die Schweineseuche (sehr richtig ), und wenn im Sommer über die Schweinenot geklagt worden ist, so hatte dies neben vielen anderen Ursachen auch mit seinen Grund, daß viele Landwirte die Shweinezucht wegen dieser gefährlichen Krankheit aufgegeben haben, denn die Verluste waren zu groß. Die Veterinär- verwaltung widmet dieser Seuche fortgeseßt die größte Aufmerksamkeit und unterläßt nihts, was dazu beitragen fann, ihr Wesen noch besser zu erforshen und sichere Shußz- und Heilmittel zu gewinnen. : Ich möchte nun auf einzelne neuere Punkte noch eingehen, zunächst auf die Tuberkulose. | e Meine Herren, es hat, worauf {hon der Herr Vorredner hingewiesen, das Bangsche Verfahren leider nicht die Erfolge ge- zeitigt, die man früher glaubte erhoffen zu dürfen. Man hat in Preußen daher seit einiger Zeit einen anderen MWeg betreten, auf den namentlich der Professor Ostertag hingewiesen hat. Er legt den Hauptwert auf die Ausmerzung der gefährlid“ erkrankten Tiere, d. b. solcher, in deren Abgängen und in deren Milch Tuberkelbazillen enthalten sind. Diese Tiere werden dur klinishe Untersuchung er- mittelt und bebufs baldiger Beseitigung ausgesondert. Daneben und das ist vielleiht die noch wichtigere Maßregel wird auf die tuberkulosefreie Aufzuht der Kälber und NMinder Bedacht genommen. Auf diesem Wege _hofft man, nah cinigen Jahren zu tuberkulosefreien Beständen zu gelangen. Ich freue mi, daß cinzelne Landwirts{aftskammern und Herdbuch- gesellshaften die Sache schon rübrig in die Hand genommen haben; speziell sind es die Provinzen Ostpreußen, Pommern und Schleswig- Holstein, wo diese Bestrebungen {on cinen guten Fortgang genommen baben, andere Provinzen werden in kurze nachfolgen. Ih beabsichtige, die Verstärkung des Fonds für die Hebung der Nindviebzucht von 50000 «A für 1903 wesentli dazu wu verwenden, um in dieser Richtung die Bestrebungen der Kammern und Hertbuchgesell schaften zu unterstüyen. Wir werden au bei dieser Krankheit nur Schritt für Schritt vorwärts kommen. Ich hoffe, daß auch die Mollkereigenossenshaften \ih bereit finden werden, eine linishe Untersuchung der Kühe ihrer Genofsen vornehmen zu lassen und die gefährlih kranken aus ihren Beständen zu beseitigen. Es liegt im Interesse der ganzen Bevölkerung, daß nicht Mil von solden, namentlich von eutertuberkulösen Kühen zum menslichen Genuß verwendet wird, und es liegt im Interesse der Landwirte, daß feine infizierte Mil an das Vieh verfüttert wird. : Was mun weiter die erleichterte Beschaffung der Schuß- und Heilmittel gegen die Tierkrankbeiten und die Anregungen, die Herr von Wangen- beim auf diesem Gebiete gegeben hat, anlangt, so möchte ih folgendes feststellen : der Staat erforscht, erprobt und versucht mit seinen Fonds die verschiedenen Heilmittel und Heilmethoden, die nh für die Be- fämvfung einer Seuche möglicherweise darbieten; aber wenn brauch- bare Mittel gefunden ist es Sache der Landwirte, sie ih wu beschaffen und anzuwenden. Ih din da nicht in der Lage, ob cs s{ch nun heute um das Oftertag- Wassermannsche Serum zur Belämpvfung der Zune incicncde handelt oder um Susserin oder um das Prenzlauer Serum die Mittel zu liefern oder auf die Preisbildung dieser Mittel einen entshcidenden

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aturli ¿ Wuns SBe- Einfluß auszuüben. Zch habe ja natürlich den Wunsch den L

Preußischen Staatsanzeiger.

1903.

der Landwirtschaft entgegenzukommen, und es ist auch geschehen, aber ih bedauere, daß ich zur Zeit weiteres niht erreihen fann.

Was nun die Maul- und Klauenseuche anlangt und die Versuche

des Herrn Geheimrats Löffler, so iff ja den Herren befannt, daß die Versuchsanstalt der Universität Greifswald attachiert ist und daß Herr Geheimer Rat Löffler dem Kultusministerium untersteht. Es ist mir aber noch in den legten Tagen ein Bericht zugegangen, nah dem Geheimer Rath Löffler glaubt, jeßt das Verfahren gefunden zu haben, vermöge dessen wir gegen die Maul- und Klauenseuche eine zeitlihe Immunisierung bei Schafen und bei Schweinen gelang dieses bekanntlih hon früher auch bei Nindern herbeiführen

fönnen. Das wäre ja sehr erfreulich für unsere Landwirtschaft. Wie gesagt, ih selbst habe diesen Bericht noch nicht gelesen, da er mir erst vorgestern zugegangen ist, ih werde aber, sobald si die Sache be- währt, den Herren Mitteilung darüber machen.

Ih möchte betreffs des Fonds Kap. 103 Tit. 16a noch darauf hinweisen, daß er übertragbar ist. Wir hatten aus dem Jahr 1901 einen Bestand von etwa 50 000 /( übernommen, hatten also für 1902 130 000 6. zur Verfügung. Davon haben wir bis jegt 78 000 verbraucht. Davon sind 48 000 4 für die Erforschung von Krank- heiten des Rindviehes verwendet, nämli der vershiedenen Arten der Tuberkulose, des Scheidenkatarrhs, der Kälberruhr, des Blutharnens und der Lecksuht. Von den Pferdekrankheiten wurde die Influenza leider ohne Erfolg bearbeitet. Ueber den R der Pferde {weben noch wichtige Versuche. Für diese beiden Krankheiten sind 17 000 4 verwendet. Endlich hat die Erforshung der Schweineseuche 13 000 6 erfordert. :

Ich kann der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Bestrebungen der landwirtschaftlichen Verwaltung auf diesem Gebiete der Seuchen- forshung noch \{chöône Erfolge zeitigen werden.

Die Landwirtschaft gegen die Seuchen unter den Haustieren zu hüten, if eine der vornehmsten Aufgaben meiner Verwaltung, denn ich bin mit Ihnen überzeugt, daß die s{wersten materiellen Schädigungen und die tiefsten Eingriffe in die wirtschaftlicen Verhältnisse zweifellos in den leßten Jahrzehnten dur die Tier- franfheiten verursacht worden sind. (Sehr richtig!) Was die Maul- und Klauenseuche der preußischen Landwirtschaft gekostet hat, das sind Millionen, und was uns die Schweineseuhe und Schweinepest kosten gegen die Rotlaufseuhe können wir uns, Gott sei Dank, jeßt ja {üzen is zur Zeit noch {wer zu berechnen, aber ih glaube, es geht au in die Millionen. Darum glaube ih, daß das hohe Haus den von mir \fizzierten Bestrebungen der landwirtschaftlichhen Ver- waltung die Billigung nicht versagen wird. (Bravo.)

Abg. Freiherr von Wangenheim: Die Hauptshwierigkeit der Bekämpfung von Seuchen liegt in der Kontrolle, wo und wann ein Ausbruch auftritt. Diesem Punkte werden wir unsere Aufmerksamkeit zuwenden müssen. Ih weise da auf das Vorgehen der pommerschen Landwirtschaftskammer hin.

Das Kapitel wird genehmigt, ebenso ohne Debatte das Kapitel „Förderung der Viehzucht“.

Zu dem Kapitel „Förderung der Fu bemerkt Âbg. von Böhblendorff-Kölpin (kons.): Bei dem heutigen Reglement können die Fishmeister keine erfolgreihe Wirksamkeit in ibrem Revier entfalten. Da muß eingegriffen werden. Für die Ostsee muß: cin neuer Dampfer beschafft werden, der alte reiht bei Seegan nit aus. Der Staat muß auch die Interessen der Hochseefijere wahrnehmen. Es dürfen keine Baggerungen und Bauten vorgenommen werden, wenn nicht der Landwirtschaftsminister die Erlaubnis dazu gibt. Wie gedenkt denn e S Wohlwollen gegenüber den

e \ zen 7 : ne rchere Von Plettenberg Mehrum (kons.): Die Baggerungen vertreiben die Fische, aber dic armen Fischer müssen ibren Pachtzins weiter zahlen. Ich bitte den Minister, hier cinen Nacblaß eintreten zu lassen oder eine Entshädigung zu gewähren.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Auf die Anregungen der beiden Herren möchte ih folgendes er- widern. A

Zunächst ist die Einführung von Motorbooten gewiß schr wünscchenswert, und die Verwaltung is auch bestrebt, solche Boote nach und nach einzuführen; aber ih glaube, darin wird _Herr von Böblendorff etwas irren; Motorboote werden nicht allein în der Anschaffung ctwas mehr kosten, sondern die Kraft, um fie zu bew-gen, kostet auc mehr Geld, als wenn man den Wind allein zur Forte bewegung benuyt; also Ersparnisse werden, wie ih glaube, nicht ges

aht werden können. :

V p die Frage der Unterstüyung der Zeesener Fischer, die das bobe Haus, soviel ih weiß, bereits vor 9 Jahren beschäftigt hat, bes» trifft, wo das hohe Haus beschlossen hatte, der Staatêregierung die Sache zur Berücksichtigung zu überweisen, so kann i dem Herrn Abge» ordneten die erfreuliche Mitteilung machen, daß es nicht der Einstellung besonderer Summen in den Etat bedurfte, sondern daß Seine Majestät mir Mittel aus dem Allerhöchsten Ditpositionsfonds zur Verfügung gestellt hat, und daß jeyt bereits Ermittelungen shweben über die Art und Weise, wie die Beihilfen den Beteiligten zugeführt werden sollen. Jh glaube, der Herr wird dur diese Auskunft befriedigt scin. (Bravo! rets.) Was nun den Punkt anlangt. den der Herr Abg, von Plettenberg zur Sprache gebracht hat, so iaôchte ih mir crlauben, darauf hinzuweisen, daß in den Pachtvertrag diejer Leute mit tem Ritfus und war handelt es sich um 56 einzelne Fisher die ausdrückliche Bedingung aufgenommen ift

dak fle aus Schäden, welche ihnen durch Baggerungen erwachsen,

einen Anspru auf Vergütung oder Nachlaß der Pacht nicht abs

ten dürfen. ,

Dieser Gagiud ifi uweifellos von crheblicbem Einfluß auf die Bachtzablung: denn jeder weiß, daß er dierbei ein Kisifo cingedt, und richtet danach scin Gebot ein. Niemand kann & also darauf de» ruten, dak er nicht gewußt hat, welche Gefahr er zu laufen hat

Aber troydem habe ih Veranlassung genommen, mih an das Miniñerium der öffentlichen Arbeiten zu wenden, mit dem Wu: %, daf die Baggerunternechmer, denen daran liegt, in ibrer Arbeit nicht

is en gegeben id cisbildung mêglichit treffenden immer zu cetfkenn n acgcoeI bei cer Pre igbilt g m &

¿eftórt zu werden, die Fischer gegebencnfalls unterstüyen. Daraufhin