1881 / 286 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Regierungs-Rath Kinel gab den Preis auf 180 M pro Tonne an. Der Abg. Büchtemann fand diesen Preis im Verhältniß zu denjenigen, die das Ausland stelle, zu ho. Er halte es für unzulässig, zu Gunsten der deutschen Schienenwerke eine Summe von beinahe 3 Millionen auf Kosten der - Allgemeinheit aufzuwenden. Dem- nächst wurden vom Etat der Eisenbahnverwaltung die Einnahme aus B. Betriebsverwaltung Tit. 1—5 und 7, sowie von den fortdauernden Ausgaben A. Zentralverwaltung die Tit. 1—11, und B. Bétriebsverwaltung die Tit. 4a., 6—13 unverändert genehmigt. Die Einnahmen aus dem Bankwesen Kap. 5 Titel 1 und 2 wurden ohne Debatte gleichfalls genehmigt. Es folgte der mündlihe Bericht der Kommission für den Reichshaushalts-Etat über die derselben zur Vor- berathung überwiesenen Theile des Etats der Verwaltung des Reichs8heeres für das Etatsjahr 1882/83. Der Beriht- erstatter, Abg. Frhr. von Maltzahn-Gült, empfahl die Annahme der zu Kap. 14 Tit. 3, 5 und 6, sowie der zu Kap. 24 Tit. 7 gefaßten Kommissionsbeschlüsse.

Der Abg. Rickert bat, soweit es sich mit den Jnteressen der Landesvertheidigung vereinbaren lasse, auf eine größere Verkürzung der Dienstzeit für den einzelnen Mann hinzu- wirken. Bei Schluß des Blattes nahm der Staats-Minister von Kameke das Wort.

Nach §. 33 der Reichs-Gewerbeordnung ist jeder Klein- handel mit Branntwein von besonderer Eclaubniß ab- hängig, und nach den noch gegenwärtig maßgcbenden Cirkular- erlassen vom 13. August 1835 und 12. Oktober 1837 i} als ein Kleinhandel jeder Vertrieb von Branntwein zu erachten, welcher anderes als in hölzernen Gebinden von mindestens 1/7 Anker (17,175 1) stattfindet. Diese Begriffsbestimmung erscheint den gegenwärtigen Verhältnissen insofern niht mehr völlig entsprechend, als in manchen Landestheilen gewisse fei- nere Branntweindestillate auch im Engroshandel nur in etiquettirten versiegelten Flaschen abgegeben zu wer- den pflegen. Mit Rücksicht hierauf hat der Minister des Jn- nern dur Cirkularerlaß vom 20. v. Mts. die Bestimmungen der Cirkularerlasse vom 13. August 1835 und 12, Oktober 1837 dahin modifizirt, daß der Handel mit Branntwein- destillaten, deren Vertrieb nach einem für die jedesmal in Frage kommende Gegend feststehenden Geschäftêgebrauche über- haupt nur in etiquettirten versiegelten Flaschen zu erfolgen pflegt, bei Abgabe in solchen Flaschen und Gesammtquantitäten von jedesmal mindestens 1/7 Anker (17,175 1) als ein von be- sonderer polizeiliher Erlaubniß abhängiger Kleinhandel ferner- hin nicht anzuschen ist.

Die Verpflichtung der Adjacenten an neu angeleg- ten Straßen zu Berlin zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des ersten Straßenpflaster®F erstreckt sih nah einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Hülfssenats, vom 3. No- vember d. F., auh auf solche neugepflasterte Straßen, welche zwar früher ebenfalls, aber sehr mangelhaft gepflastert waren und au im Uebrigen in einem Zustande sih befunden haben, der den Anforderungen, welche an eine städtishe Straße in Berlin unbedingt zu machen waren, nicht entsprach.

Der hiesige Königlih rumänische Gesandte Liteano ist vom Urlaube nah Berlin zurückgekehrt und hat die Ge- \chäste der Gesandtschaft wieder übernommen.

Elberfeld, 6. Dezember. (W. T. B.) Laut der „Elber- felder getune ist auf das am 29, v. M. Seitens des Ver- eins zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaft- lihen Jnteressen in Rheinland und Westfalen an den Fürsten - Reichskanzler abgesandte Telegramm das folgende an den Vorsißenden des Vereins, Hrn. Mulvany, gerihtete Schreiben eingelaufen :

„Berlin, 3. Dezember. Es hat mich gefreut, aus Ew. Wohl- geboren gefälligem Telegramm zu ersehen, wie die wirthschaftlichen Verhältnisse in der Rheinprovinz und Westfalen sih gebefsert haben, und daß insbesondere die Lage der Arbeiter in Folge höherer Löhne und vermehrter Arbeit eine günstigere geworden ist. Jn Ueberein- stimmung mit Ew. Wohlgeboren sehe ich in dieser Erscheinung Folgen unserer jeßigen Wirthschaftspolitik und den sicheren Beweis dafür, daß die Ursachen des wirthschaftlichen Rückganges, unter welchem wir in den leiter 10 Jahren vor der Zollreform gelitten haben, von den verbündeten Regierungen und dem damaligen Reichstage bei Annahme des neuen Zolltarifs rihtig erkannt worden sind. Indem ich der Hoffnung Ausdruck gebe, daß die Erwartungen, die sih an diese Reform knüpfen, wie bisher, so auch in Zukunft sich bestätigen werden, danke id Ew. Wohblgeboren und allen an dem Telegramm vom 29, v. Mts, bethciligten Herren verbindlich.

von Bismarck.“

Die feierliche Einweihung der Johanneskirche, erbaut von den Berliner Architekten Kyllmann und Heyden, hat heute unter zahlreiher Betheiligung stattgefunden.

Bayern. München, 5. Dezember. (W. T. B.) Der Wahlausshuß der Kammer der Abgeordneten beschloß, die Kassation der Wahl des Abgeordneten Bonn in Regensburg zu beantragen.

Sachsen. Dresden, 5. Dezember. (Dr. J.) Die Zweite Kammer überwies in ihrer heutigen Sizung ein Königliches Dekret, betreffend einige Veränderungen in der Organisation des fiskalishen Hochbauwesens, an eine Finanz- deputation, und bewilligte sodann nah kurzer Debatte auf Antrag der genannten Deputation die für Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden in den Staatéhaushalts-Etat eingestellten Beträge unverkürzt.

Jn dieser Woche soll das 400jährige Jubiläum der Berg- stadt Schneeberg festlih begangen werden.

Baden. Baden-Baden, 5. Dezember. (W. T. B.) Die Rekonvaleszens des Großherzogs macht gute Fortschritte, derselbe empfing am Sonnabend eine ganze Reihe von Besuchen, insbesondere den Besuch der Prinzen Wilhelm und Karl, des Markgrafen Max und des Fürsten von Fürsten- berg, welhe, um der Großherzogin ihre Geburtstagsglü- wünsche darzubringen, hierher gekommen waren. Der Kron- prinz und die Kronprinzessin von Shweden haben heute Nachmittag die Rüdckreise nach Stocktholm angetreten und werden heute in Frankfurt, morgen in Neuwied und über- morgen in Berlin Nachtlager nehmen.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 5. Dezember.

Sr T. B.) Zur Beschlußfaßung über den Verkauf der

hüringer Bahn ist der Landtag des Großherzogthums auf den 11. d. M. einberufen worden.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 5. Dezember. (W. T. B.) Der Landesauss\chuß ist heute Nachmittag vom Statthalter, General-Feldmarschall Frhrn. von Man- teuffel mit einer kurzen Ansprache eröffnet worden.

Am S@hlusse der heute Abend zu Ehren des Landesaus- schusses gegebenen Tafel erhob sich der Kaiserliche Statt- halter zu folgender Rede:

Ich freue “mich aufrichtig, die geehrten Herren des Lande8aus- \{chufses wieder an meiner Tafel begrüßen und auffordern zu können, mit mir auf das Wohl von Elsaß-Lothringen zu trinken! Zuvor möchte ih auch heute vertrauliÞhe Worte an die geehrten Herren richten. Ob es klug ift, dies zu thun, lasse ich dahingestellt, denn meine bisherigen Ansprachen sind vielfahen Deutungen unter- worfen worden, aber mit dem Rufe will ih einst scheiden, immer in vollster Offenheit. und ohne jeglichen Rückhalt Ihnen gegenüber verfahren zu haben, und fo sprede ih. Seitdem ih die geehrten Herren nicht gesehen, haben sich Wolken zwischen uns erhoben, und vermag ih dieselben nicht völlig zu zerstreuen, so möchte ih doch wenigstens fie nicht dunkler werden lassen, und das kann nur geschehen, wenn ich Ihnen die Gründe meines Handelns vorlege. Ich verstehe unter jenem Gewölk den Eindruck, den das Sprach- gese das Verbot der französischen Versicherungsgesellschaften und die Anwendung des Diktaturparagraphen hervorgerufen haben. Alle drei Maßnahmen habe ich ungern getroffen, weil ih wußte, wie störend es im Anfange vielen der Herren sein würde, in deutsher Sprache zu verhandeln, weil das Verbot jener Gesellschaften in althergebrachte Ge- \chäftsverbindungen eingriff, weil die Anwendung des Diktaturpara- graphen den Ausnahmezustand des Landes wieder klar vor Augen stellte. Vielfah hat man nun gesagt, ih habe gern die beiten ersten Maßnahmen ergriffen, um das Land \{neller zu germanisiren. Nein, meine Herren! ih will mich nit übershäßen, aber so beschränkt bin ih wahrhaftig nicht, um zu glauben, M eine Bevölkêrung, die in der Zusammengehörigkeik mit dem durch Geist und inneres Leben ausgezeichneten Frankreih aufgewahsen und herangebildet worden ist, in der das Gefühl lebt, Frankreih die bürgerliche Freiheit und die individuelle Selbständigkeit zu verdanken, deren Söhne hervorragende Ruhmes{stellen in der Glanzperiode der französischen Waffen eingenom- men haben, daß. eine solhe Bevölkerung in wenig Jahren zu deut- \chen Patrioten umgebildet werden könnte. Wäre Elsaß-Lothringen von einer Bevölkerung bewohnt, die ihre Vaterlands8gefühle wechselt wie ein Kleid, Deutshland würde nicht so hohes Gewicht auf die Wiedergewinnung des Landes legen ; zu dieser Umbildung gehören die gewaltigen Stunden, die Zeit! Daß sie aber kommt, ift für den sicher, der die Reserven von den deutschen Regimentern zurückehren sieht, der im ganzen Lande von den Kindern das „Heil Dir im Siegerkranz“ hört, der die Macht des durh die Ge- schichte bewährten eigenthümliÞh deutswen Genius fkennt. Wie sollte ich in diesen sich entwicktelnden sicheren Gang durch Tünstlih gewaltsame Maßnahmen störend und nur Reaktion hervorrufend eingreifen wollen? Wahr ist es, ih habe die geehrten Herren im vorigen Jahre zur offenen Anerkennung der Zusammen- gehörigkeit von Elsaß-Lothringen mit Deutschland aufgefordert, aber ih habe auc hinzugefügt, daß id Ihre Sympathien für diese Zu- sammengehörigkeit noch nit beanspruchen könne. Wahr ift cs auch, daß ih in meinem heißen Wunsche, die Gewährung der vollen vers fassungsmäßigen Rechte an Elsaß-Lothringen zu beschleunigen, im Februar dieses Jahres gerathen habe, achtbare, unabhängige Männer in den Reichstag zu wählen, welcbe diese Zusammengehörigkeit offen bekennen; aber in demselben Momente habe ich Ihnen auch ausge- \sprochen, daß ih auch bei diesem Rathe mich nicht an Jhre Herzen, nur an Ihr Urtheil gewandt, nicht vom Germanisiren, blos v9n politischen Vortheilen für das Land bandelte es \sich hierbei. Fern also hat mir bei dem Ergreifen jener Maßnahmen jeder Germanisirungsgedanke gelegen, das Wohl der Bevölkerung machte sie zur Pflicht! Zu dem Woblergehen einer Bevölkerung gehört das Gefühl der Sicherheit von dem Bestande des Staatsverhältnifses und in unserem Falle das von der definitiven Zusammengehörigkeit von Elsaß-Lothringen mit Deutschland dieses Gefühl der Sicherheit ist in der Bevölkerung nicht vorhanden und darunter leiden alle Verbältnisse, wird der Unternceh- mungsgeist gelähmt,“ wird es ers{chwert, daß junge Elsaß- Lothringer in die Verwaltung treten und somit das Interesse des Landes, daß Eingeborene die höheren Beamtenstellen einnehmen, für lange Zeit gefährdet, Und woher rührt diese Unsitherheit * Während die gemeinsamen Arbeiten der Bezirks- tage und des Landesausf{ufses mehr und mehr auf die Beruhigung im Lande einwirkten, wurde hiergegen agitirt, und während die Gou- vernements der beiden großen Nachbarländer in Frieden und Ein- tracht miteinander verhandelten, wurde von Frankreich her in Reden, Zeitungen, Brochuren, Comités und demonstrativen Vereins- feietlihkeiten immer und immer wieder direkt und indirekt die Ver- sicherung ausgesprocben, daß Elsaß-Lothringen nur durch Gewalt unterdrückt, nur vorübergehend von Frankrei getrennt sei, daß es moralisch mit ihm vereinigt bleiben, daß es wieder an Sem tes zurücfallen werde. Die Männer, welche ihr elsaß-lothringischer Patriotismus vermocht hatte, ihre Kräfte dem Lande zu widmen, wurden selbstsüchtigter Absichten bescbuldigt und zu Renegaten ge- stempelt, Der Zustand konnte nicht bleiben, es war geboten, Klarheit und Sicherheit in die Gemüther zu bringen. Ueber das Wie habe ih viel nahgedacht; Gegenerklärungen, Gegendemonstrationen hätten nur mehr Aufregunß erzeugt, das Handeln. wurde zur Pflicht, facta joquuntur. der Beweis mußte geführt werden, daß das Deutsche Reich Elsaß-Lothringen voll und ganz als deutsches Land be- trachtet. So lange die vertassungMmniäkige Vertretung von Elsaß- Lothringen in französisher Sprache verhandelt, so lange die Bevölke- rung die Reden ihrer Vertreter in französischer Sprache gehalten liest, so lange gewinnt die Behauptung, daß die Trennung des Landes von Frankreih nur provisorisch sei, leihten Boden; spricht die Landes- vertretung deuts, werden die Reden der Landesvertreter nur als ins Französische übersetzt gelesen, so erkennt das Land viel leichter das Defi- nitive seiner Zusammengehörigkeit mit Deutschland an. Aus diesem Grunde habe ih jenen Antrag gestellt, und Kaiser und Reich haben den Stempel des Geseßes darauf gedrückt. Aus demselben Grunde, dem Grunde die Berubigung des Landes zu fördern, wurde das Ver- bot der französischen Versicherungsgesellshaften nothwendig. Die Wichtig- feit, welche kaufmännischen Agenten beiwohnt, der Einfluß, den sie auf Stimmungen und Meinungen ausüben können, ift bekannt und noch vor Kurzem hervorgehoben worden. Bei der fortwährenden Agitation französisder Blätter, Vereine durfte ih tausenden von franzö- sischen Gesellshaften abhängigen Agenten nit ferner das Do- mizil in Elsaß-Lothringen gestatten. Das, geehrte Herren, find die Gründe, welche mich zu beiden Maßnahmen genöthigt haben, das Gebot der Selbsterhaltung zwang sie mir auf! Und nun, geehrte Herren, habe ih Ihnen noch Auskunft zu geben über die Anwendung des Diktaturparagraphen. Jch hatte gehofft, ihn \{lafen lassen zu föônnen, bis es möglich werde, Elsaß-Lothringen die vollen Ver- fassungsrecbte zu erringen, womit dieser Paragraph ja au seine Er- ledigung gefunden hätte. Die Verhältnisse gestatteten dies nicht. Lieb is es mir, daß ih ihn bis jeyt nicht gegen Elsaß- Lothringer habe anwenden müssen, denn die beiden ausge- wiesenen Sozialisten find jenseits des Rheines geboren. Daß ich aber die mir verlichene Macbtvollklommenheit anwende, um dieses Land, in dem cine Religion und Gesey ehrende Bevölke- rung wohnt, in dem das Verhältniß von Arbeitgebern zu Arbeitern als Muster für Europa hingestellt werden kann, daß ich dieses von Gott reich gesegnete Elsaß-Lothringen vor dem Giste des Sozialis- mus s{ütße und mich nit in dem Gedanken beruhige, daß vorläufig kein Boden für dessen Umsibgreifen vorhanden sei, dafür bedarf es keiner Erläuterung, das versteht das Land ohne solhe. Die Unter- drückung eines Journals bedarf aber der Erläuterung, und die muß ih ausführlih geben. Die „Presse von Elsaß-Lothringen“ hatte von ihrem Erscheinen an eine Oppositionsstellung gegen die Regierung eingenommen, aber wäre das nicht gestattet, so gäbe cs keine Preßfreiheit. So wenig objektiv gehalten und o agitirend viele Artikel waren, von der Kluft, die zwischen ihm und dem Kaiser- lichen Statthalter bestände, so blieben dieselben von der Regierung noch unbeathtet. Aber bald beganu das Blatt die Interessen des Auslandes zu vertreten und rief die längst erledigte Protestfrage wieder ins Leben. Wie liegt diese Protestfrage? Es ist bekannte

Thatsache, daß, als Elsaß-Lothringen zum ersten Male Abgeordnete

in den Reichstag sandte, diese gewissermaßen Protest gegen die Einverlcibung von Elsaß - Lothringen in Deuts{land erhoken und den Antrag stellten, die Bevölkerung darüber zu befragen. Kaiser Napoleon III. hatte in den von Jtalien an Frankrei abgetretenen Departements die Bevölkerung abstimmen lassen, aber diese Departe- ments waren nicht mit den Waffen einem Gegner abgewonnen ge- wesen, sondern waren der Preis für die Unterstüßung eines Bundes- genofsen. König Ludwig XIV., Kaiser Napoleon I1., um bei fran- zösischen Beispielen zu bleiben, haben diese Theorie nie anerkannt, und so lange es Weltgeschichte giebt, haben Feldshlachten über die Geschicke der Völker entschieden. Doch habe ich es immer begriffen, daß jene Männer alles versuhten, um bei ihrem früheren Vaterlande zu bleiben und somit auch auf jene Theorie sich \tüßten, Der Reichstag hat sie aber nit anerkannt und kein Staat Europas hat das Wort für deren Gültigkeit ergriffen. Diese Abstimmungs- theorie ist eben noch nicht Völfkerrecht geworden. Hiermit war diese Protestfrage abgemacht und todt. Jedennob gerirte die Presse von Elsaß und Lothringen sich immer mehr als Organ einer sogenannten Protestpartei und erhob in dem Artikel vom 6. September erneut Protest gegen die Rgchtébeständigkeit des Frankfurter Friedens. Jch erkenne die Rectsbeständigkeit einer Partei im Reichslande nicht an, die gegen die Rechtsbeständigkeit des Frankfurter Friedens protestirt und ein Blatt, das diesen Protest im Reichslande selbst druckt, begeht Hohn gegen Kaiser und Reich, deren Autorität ih hier vertrete. Wollte ih das dulden, ich könnte das Haupt niht mehr hoctragen in der Armee, in der ih großgezogen bin. Ich habe das Blatt unterdrückt und angeordnet, daß keine zweite Nummer eines diese Tendenz vertretenden Blattes erscheint. Von einem Eingriff in die A war hier nicht die Rede, es handelte sih einfa um eine

rage des Anstandes. Ih wiederhole, daß es nur die politische Nothwendigkeit gewesen ist, die mich zu diesen drei Maßnahmen ge- zwungen und daß sie mir wahrhaft {wer geworden sind. Auf das Progranim der Versöhnung und Schonung der Ge- fühle, das bisher die Richtschnur meines Handelns ge- wesen, haben sie keinen Einfluß und Se. Majestät der Kaiser hat in der mir gegebenen und Jhnen im vorigen Jahre mitgetheilten Instruktion keine Aenderung eintreten lassen, eifriger als je werde ih ihr nachkommen. Denn in den zwei Jahren meines Hierseins habe ih Land und Leute lieb gewonnen und bin viel mehr mit dem Herzen betheiligt, als in den ersten Zeiten. Zum Schluß wiederhole ih die Bitte, die ich Ihnen, geehrte Herren, aus- sprach, als ich das erste Mal die Chre hatte, Sie an meiner Tafel zu sehen. Es ift die, daß wir in der {weren Uebergangsperiode, in der Elsaß-Lothringen sich_ befindet, ofen und ehrlich zu- sammenhalten und das Schwere uns gegenseitig tragen hel- fen. Vergegenwärtigen Sie sich stets das Schwierige meiner Stellung und seien Sie versichert, daß ich all mein Sinnen und Vermögen anstrengen werde, mich in Ihre Gefühle und Interessen hineinzudenken und Ihnen gerecht zu werden. Das Ziel meines Dane bleibt, Elsaß-Lothringen die verfassungsmäßige Gleich-

erechtigung mit den anderen deutshen Staaten zu erringen. Ohne Ihre und des Landes Mitwirkung vermag ic es nit. Ich bitte um Ihre Unterstüßung. Auch die gegenwärtige Session des Landes- aus\chus}ses ist von bedeutung8voller Wichtigkeit. Drücken Sie Ihren Verhandlungen durch Gediegenheit, Objektivität und freimüthige Er- örterung der Interessen des Landes den patriotischen Charakter wieder auf, der Ihre frühere Thätigkeit auszeichnete. Und nun bitte ih Sie, geehrte Herren, mit mir auf das Wohl von Elsaß-Lothringen zu trinken. Elsaß-Lothringen hoch und hoch und nochmals hoch!

Oesterreich:Ungarn. Wien, 5. Dezember. (W. T. B.) Der von dem Handels-Minister im Abgeordnetenhause vor- gelegte Entwurf, betreffend den Veredelungsverkehr mit dem deutschen Zollgebietie bestimmt, daß die bis zum 31. Dezenbez 1882 in das deutsche Zollgebiet gesendeten Ge- webe noch bis längstens den 30. Juni 1883 von dort im Ver- edelungsverfehr zurückgebraht werden können. Nach dem 31. Dezember 1882 ausgeführte Gewebe unterliegen bei ihrem Wiedereintritt in das österreichish-ungarishe Zollgebiet den Bestimmungen des Zolltarifs. Die Wehrgeseßnovelle wurde mit überwiegender Majorität auf der Basis der Spe- zialdebatte angenommen, nahdem mehrere Redner für und gegen den Minister für Landesvertheidigung gesprochen hatten.

6. Dezember. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Enthebung des bisherigen Vize:Gouverneurs der öster: reichish-ungarishen Bank, ‘von Lucam, unter erneuerter Anerkennung seiner um das Bankinstitut erworbenen Ver- dienste. Gleichzeitig veröffentliht die „Wiener Zeitung“ die Ernennung des bisherigen Generalraths Zimmermann von Göllheim zum Vize-Gouverneur dcr österreichi UNGar Een Bank mit dem Vorsißze in der Direktion zu

ien.

Aus Rom, 5. Dezember, meldet „W. T. B.“ : Die „Opinione“ {ließt einen längeren Artikel über die Donau- frage mit den Worten: Jn leßter Stunde i} uns unsere Aufgabe vorgezeichnet, unsere Stimme muß Oesterreih g& geben werden.

Pest, 5. Dezember. (W. T. B.) Jm Abgeordneten: hause wurde Seitens der Regierung der Geseßentwurf, be- treffend den Veredelungsverkehr mit dem deutschen Zollgebiete, eingebracht. Der Handelsvertrag mit Serbien wurde genehmigt.

Schweiz. Bern, 3. Dezember. (Bund.) Angesih!s der baldigen Vollendung des großenGotthardtunnels qund dem Bundesrathe gegenüber mehrfahe Wünsche um Er- rihtung eines, beziehungsweise zweier Denkmäler zum (&- dächtniß des Baues dieses Tunnels und Derjenigen, wel@e daran gearbeitet oder dabei ihr Leben eingebüßt haben, laut geworden. Der Bundesrath hat nun unter gewissen Vorbe halten einen Beitrag von 4000 Fr. zu dem gedahten Zwet zugesichert, unter der Bedingung, daß die beiden andern das Gotthardbahnunternehmen subventionirenden Staaten jeder mit einer gleihen Summe sich hierbei betheiligen werden.

Niederlande. Haag, 5. Dezember. (W. T. B.) Der Minister der Kolonien erklärte in der heutigen Kamme? sizung: die englische Regierung habe offiziell die der Nord Borneo-Kompagnie ertheiite Konzession mitgetheilt. Die englishe Regierung nehme darin keinerlei Souveränetätsrechtt über Borneo in Anspruch und stelle nur die Ernen: ung von englishen Konsuln auf dem der Kompagnie gehörigen Gebiete in Aussicht. Die Kompagnie verwalte ihr Territorium unker der Souzeränetät der Sultane von Brunei und Solo0, welchen sie eine jährlihe Kontribution zahlen werde.

Großbritannien und Jrland. London, 5. D’ zember. (W. T. B.) Aus Zanzibar wird gemeldet: Am 3. ‘d. griff der Kommandant des englische! Kriegsschiffes „London“, Kapitän Brownrigg, M 10 Mann in einem Boote in der Nähe von Pemva ei arabishes Sklavenschiff an, welhes die französis „Flagge führte. Das Schiff leistete hartnöckigen Widerstan® und entkam. Kapitän Brownrigg und 4 Mann wurden

| tödtet.

die Dergis-Maärkische Eisenbahn-Gesellschaft.

Frankreih. Paris, 4. Dezember. (Cöln. Ztg.) Die „Republique Française“ deutet heute die Grenzen an, in denen die Regierung die Revision der auf den Senat bezüglihen Bestimmungen der Verfassung vor- genommen sehen will: Jn die Verfassung werden nur die Grundzüge des Verfahrens für die Bildung der beiden Kammern aufgenommen, die Einzelheiten bleiben späteren Gesezen vorbehalten; das Kollegium, welches die 2925 Departementésenatoren wählt, wird erweiteit, indem den Gemeinderäthen der Städte eine stärkere Vertretung zuerkannt wird; für die andern 75 Senatoren wird an Stelle der Kooptation die Wahl durch ein aus Senatoren und Deputirten zusammenaeseßtes Nationalkollegium geseßt; ferner soll der Senat die Finanz- geseze, wie sie von der Kammer an ihn gelangen, entweder annehmen oder verwerfen, aber nit ändern; im Falle der Nichtannahme gehen die betreffenden Artikel zur Kammer urück, deren Votum nah neuer Prüfung endgültig über die ragen entscheidet.

Ftalien. Rom, 5. Dezember. (W. T. B) Jn dem heute von dem Berichterstatter der Kommission zur Vorberathung des Budgets des Ministeriums des Auswärtigen, Damiani, in der Deputirtenkammer vor- gelegten Berichte heißt es: Große Ereignisse haben si jüngst verwirklicht, welche sih gegenseitig ergänzen : der Abschluß des Handelsvertrages zwischen Franfkreih und Jtalien und die Wiener Entrevue. Die große Mehrheit der Nation ist hoch erfreut über die beiden Thatsachen, welhe so viel Argwohn aus dem Wege räumen und so viele Besorgnisse zerstreuen. Für uns bedeuten der Besuch des Königs in Wien und die Unterzeihnung des Handel8vertrages nichts Anderes als den europäischen Frieden und die Sicherheit Ftaliens.

Griecheuland. Athen, 4. Dezember. (Pest. L.) Die griechische Postverwaltung erhielt seitens der türkischen Postadministration die telegraphishe Verständigung, daß das türkishe Postamt in Fanina beauftragt ist, in Gemäß: heit des Reglements des Weltposi-Vereins die reaelmäßige Postverbindung mit Korfu und Larissa zu unterhalten und auch bis zum Abschlusse des definitiven Arrangements die nah und via Fanina expedirten griechishen Correspondenzen

in Empfang zu nehmen. Die griehishe Postverwaltung hat -

E Mittheilung dem Ministerium zur Entscheidung vor- gelegt.

Türkei. Konstantinspel, 5. Dezember. (W. T. B.) Jn einer Versammlung der Dragomans wurde das von der Pforte angeordnete Ceremoniell betrefîs der Kon- suln als den Kapitulationen und Verträgen widersprecend einstimmig abgelehnt. Die Botschafter werden demnächst eine bezügliche Kollektivnote an die Pforte rihten. Der Justiz- Minister befahl den Gouverneuren, Verbrechen und Ver- gehen von Ausländern gegen Ausländer vor die türkischen Gerichte zu bringen. Dieser den Kapitulationen absolut widersprehende Besehl wird einen Kollektivprotest der Botschafter veranlassen.

Numänien. Bukarest, 5. Dezember. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer erklärte in Beantwortung einer an die Regierung gerichteten Jnterpellation über die rumänischen Unterthanen in Bulgarien, welchen der Gebrauch der runäuishen Sprache im Unterriht und in der Kirche entzogen werde, der Minister-Präsident Bratian9, daß Rumänien in Bulgarien keine Unterthanen, sondern nur

Stammesgenossen habe. Die Jnterpellation wurde hierauf zurückgezogen. :

Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. Dezember. (W. T. B.) Alle Gerüchte von bevorstehenden minijieriellen Veränderungen oder von einer Scheidung des Ministeriums des Jnnern in zwei Abtheilungen werden von der „Agence

télégraphique russe“ als vollkommen unbegründet be- zeichnet. i

S v2 gr E T

Amerika. Washington, 5. Dezember. (W. T. B.) Der Kongreß ist heute zusammengetreten. Die Repräsen - tantenkammer hat mit einer Majorität von 5 Stimmen den Republikaner Keifer zum Sprecher gewählt. Jm Senat wurde von Sherman eine Vorlage eingebracht, welche ledig- lih zum Zwecke der Amortisirung der 3!/ prozentigen Obligationen, die Regierung zur Emission 3proz. Obligatio- nen bis zum Betrag von 300 Millionen Dollars ermächtigt.

F

._ Nr. 48 des Deutschen Handels8-Archivs, Wochenschrift für Handel und Gewerbe, herausgegeben im Reichsamt des Innern, enthält: Gesetzgebung: Deutsches Reid: Ausdehnung der Zucker- Ausfuhrvergütung. Tarifirung von Spriten aus Weichgummi. Charakterisirung der Bubinderleinen bei der Zollbehandlung. arifirung von als Wollabfälle deklarirten Waaren. Niederlande: Beschränkung des Verkehrs mit Opium und Kriecgsmaterial an der Küste von Atschin. Hayti : Aufhebung des Ausfubhrzolles auf Baum- wolle und Erhöhung des DeEA auf Tabak und Cigarren. Venezuela : Verzollung stummer Klaviere und bölzerner l e Berichte: Jtalien: Palermo (Handelsberiht für 1879 und 188 p. Bericht über Handel und Jnudustrie, Ernte- und Geldverhältnisse Ztaliens im Jahre 1880, mit spezieller Berücksichtigung Toscanas. Vereinigte Staaten von Amerika: Handelsberiht aus San Francisco für 1880 (Schluß). Meriko: Handel8beriht aus Guadalajara für 1880, China: Pa Set aus Swatau für 1880. Nr. 22 des Arcbivs für Post und Telegraphie, Beibeft

zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, herauëgegeben im Auftrage des

Reichs-Postamts, hat folgenden Inhalt: Aktenstücke und Auf- lage: Die Eröffnung des neuen Post- und Telegrapbengebäudes in lenéburg. August Bagel, der Senior der Postdruckformular- leserer, Zur Geschichte der englischen Portoreform vom Jahre 1840, Das russishe Postwesen im Jahre 1879. Montenegro. Kleine Mittheilungen: Preisvertheilung auf der Elektrizitäts- Auéstellung in Paris. Gotthardkanal. Herslellung einer Eisen- bahn innerhalb 24 Stunden. Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika. Literatur des Verkehrswesens: Das höfische ben zur Zeit der Minnesinger von Dr. Alwin Sculy, Professor der Kunstgeschichte an der Universität Breélau. Band 2, Leipzig, S. Hirzel, 1880. 463 S, gr. 8. Zeitschriften-Ueberschau.

Nr. 28 des Eisenbahn-Verordnungs-Blatts, beraus- segeben im Königlichen Ministerium der öffentlihen Arbeiten, hat oigenden Inhalt: Allerhöchste Konzessions-Urkunde, betreffend den au und Betrieb einer normalspurigen Eisenbahn untergeordneter edeutung von Remscheid nach Feld dur die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft. Vom 9. November 1881. Allerhöchste Kon- jesnions-Urkunde, betreffend den Bau und Betrieb einer normalspurigen lenbahn untergeordneter Bedeutung von Hombera nach Moers durch Vom 9. November 1881, (Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 7. No- vember 1881, betreffend Abonnementsfahrkarten für Erwachsene; vom 11, November 1881, betreffend Vorschriften für die gegenseitige

Wagenbenußung der unter Staatêverwaltung stehenden Eisenbahnen ; vom 12. November 1881, betreffend unentgeltlißbe Beförderung der Umzugéeffekten der Eisenbahnbeamten; vom 28. November 1881, be- treffend Verfahren bei der Pensionirung vou Beamten der verstaat- lihten Privat-Eisenbahnen. Nachrichten.

Nr. 24 des Central-Blatts der Abgaben-, Gewerbe- und Handels-Geseßgebuna und Verwaltung in den Könige lich Preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Allgemeine Ver- waltungs8gegenstände: Aushändigung der Coupons von Kautionseffek- ten für Kredite. Behandlung der dem preußiscben Fiskus zur Last fallenden Schreibgebühren. Gestattung des Gebrauchs einer frem- den Sprache neben der deutshen als Geschäftssprahe. Mitein- ziehung der Scbreibgebühr der Notare bei zwangsweiser Einziehung von Stempelbeträgen. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. Indirekte Steuern: Ta- rifirung von mit Cement überzogenem Tafelglas. Tarifirung von zerkleinerter Mimosarinde. Benußung von Kühls{langen in Bren- nereien. Erkenntniß. Zuckersteuerdefraudation. Beschreibung der feuen Wechselftempelmarken. Kassirungs8vermerk auf Wechsel- fiempelmarken. Anmeldungsformulare zur Abstempelung von Werthpapieren. Ausführung des Geseßes wegen der Reichsftempel- abgaben. Personalnachrichten.

Nr. 36 des „Centralblatt der Bauverwaltung“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Personalnachrihten. Nichtamtliches: Die me- dizinisben Lehrinstitute der Universität in Halle a. S. Die Dienst- zeit des Bahnbewacbungsperfonals. Graphische Kontrole der Ge- leislage. Das Straßenpflaster der Großstädte Englands. (Schluß.) Vermischtes: Preisbewerbung für kunstgewerblihe Arbeiten. Der Luftbefeuchtungs- und Ventilationsfüllofen. Eröffnung der Bahnstrecke Hoya-Hafsel-Listrup. Technische Hoschule in Braun- \{chweig. Technische Hochschule in Berlin. Bücherschau. Briefkasten.

Neichstags - Angelegenheiten.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf einer Ergänzung des dem Reichstag vorliegenden Entwurfs des Reichs- haushalts-Etats für das Etats8jahr 1882/83 vorgelegt wor- den: Ergänzung zum Entwurf des Reichshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1882/83. Im Hauptetat treten hinzu: Ausgabe. Einma- lige Ausgaben: Kavitel 3 Titel 8: Beim Reichsamt des Innern 852500 Æ S. die nacfolgende Ergänzung des Etats für das Reich#amt des Innern. Einnahme: Kapitel 24 Titel 1/26: Bei den Matrikularbeiträgen 852 500 Die Vertheilung auf die einzelnen Staaten erfolgt durch die vorbehaltene Repartition des Gesammtbe- darfs an Matrikularbeiträgen. Im Etat für das Reichsamt des Innern Anlage IV. treten binzu: Einmalige Ausgaben: Ka- vitel 3 Titel 8: Kosten der Erhebung einer Berufsstatistik, sowie der Vornahme einer Viehzählung im Jahre 1882 852500 Zu Titel 8. Wegen dieser Kosten wird auf die Begründung des vorge- legten Gesetzentwurfs, betreffend die Erhebung einer Berufsstatistik, sowie die Vornahme einer Viehzählung im Jahre 1882, Bezug ge- nommen.

Der deutsche Parlaments -Almanac von Dr. Georg Hirth ist im Verlage von G. Hirth in Lipzig und München, wie jedes Mal nach Eröffnung einer neuen Legislaturveriode des Reichs- tags, soeben zum Preife von 1,20 Æ in der 14. Ausgabe (November 1881) erschienen. Dieses unentbehrliche Hülfsbuch enthält umfassende biographisce Notizen sämmtlicher, auch der in neuester Zeit gewähl- ten Reichstagsmitglieder. Angefügt ift eine Uebersicht der Wahlkreise und ihrer Vertreter, ferner Verzeichnisse des Präsidiums und des Bureaus des Reichstages und endlich sämmtlicher Bevollmächtigten zum Bundesrath aus dem ganzen Deutschen Reiche.

Statistische Nachrichten.

Das Ofktoberbeft zur Statistik des Deutshen Reichs enthält die endgültigen Ergebnisse der Erhebungen über die Produktion der Bergwerke, Salinen und Hütten im Deutschen Reich und in Luxemburg für das Jahr 1880, welche den bezüglichen Ergebnissen des Vorjahres gegenüber beinahe bei allen Erzeugnissen der deutschen Montanindustrie eine Steigerung sowohl der Menge, wie des Werthes der Produktion konjtatiren und von einem Aufshwunge dieser Indu- strie Zeugniß geben. Der den eingehenden Nachweisungen vom Kaiser- lichen statistishen Amt vorausgeschickten vergleichenden Uebersicht über Menge und Werth der wichtigsten Montanprodukte im Deutschen Reich und in Luxemburg während der Jahre 1879 und 1880 werden die nachstehenden Angaben entnommen. Es betrug : die Menge der Produktion insder Werth der Pro- bei Tonnen zu 1000 kg duktion in 1090 M

1880 1879 1880 1879 46 973 566 42 025 687] 245 665| 205 703 12 144 469 11445029) 36 710| 35227

272 270 238 160; 1 805 1 591

Steinkohlen Braunkohlen Steinsalz é Kainit und anderen Salzen . Eisenerzen Zinkerzen Bleierzen ; Siber. Silber und Gold- erzen . i: Kochsalz . Roheisen Zink . Blei . Kupfer Silber E verarbeitetem Roh- eisen, und zwar: Gußeisen zweiter S{melzung Scbweißeisen (Schmiedeisen und Stabl). 1 358 470 1 215 679} 200514! 169 524 Flußeisen . 660 591 500 901! 136413 112 811 Gemäß den Veröffentlibungen des KaiserlicbenGesundheits- amts sind in der 47. Jahreëwoche von je 1009 Bewohnern auf den Jahreëdurch\{nitt berecbnet als gestorben gemeldet: in Berlin 23,6, in Breslau 24,6, in Königsberg 28,0, in Cöln 23,4, in Frankfurt a. M. 16,7, in Hannover 19,9, in Cassel 18,7, in Magdeburg 15,0, in Stettin 23,2, in Altona 25,1, in Straßburg 23,1, in Metz 23,6, in München 26,2, in Nürnberg 31,1, in Augsburg 36,7, in Dres- den 21,5, in Leipzig 25,4, in Stuttgart 19,1, in Braunschweig 24,2, in Karlêrube 94, in Hamburg 21,6, in Wien 27,7, in Budapest 29,3, in Prag 28,9, in Triest 29,9, in Krakau 37,2, in Basel 19,3, in Brüssel 21,4, in Amsterdam 245, in Paris 25,4, in Kopen- hagen 27,4, in Stockholm 15,5, in Christiania 18,6, in St. Peters- burg 43,7, in Warschau 39,4, in Odessa 33,8, in Rom 23,8, in Turin —, in Bukarest 26,5, in Madrid 39,1, in London 21,8, in Glas- ow 20,8, in Liverpool 28,2, in Dublin 29,1, in Edinburg 21,4, in lerandria (Egypten) 33,1. Ferner aus früheren Wochen: in New-York 29,3, in Philadelphia 20,5, in Chicago 27,2, in St. Louis 246, in Cincinnati 21,0, in San Franziésko 19,1, in Kalkutta 28,9, in Bombay 25,0, in Madras 35,3,

Beim Beginn und bis um die Mitte der Berichtswoche waren an den meisten deutschen Beobachtungsfstationen südliche und \südwoest- liche, in Cöln südöstliche, aber auch bald in dieselben Richtungen um- gehende Luftströmungen vorherrshend und blieben auch bis an den

665 849 7 238 640 632 896 159 726 480 854

661 673 5 859 440! 589 546 149 055 398 828

6 783 34453 11 930 19 122 11 996

6114 26 692 8 050 17 843 10 073

20 578 450 187 2 729 038 99 646

22 314 429 051 2 226 588 96 757 85 928 82 362

13 839 9 859

186 010,88 kg 177 506,88 kg 462,96 kg 466,68 kg

3812 11 867 163 390 33 871 25 415 18 447! 28 608 1 292

3 908 11 328 112 352 99 825 22 877 11 964 26 518 1 302

514 847 448 016

94716! 81232

Oststationen sowie in Bremen und Cöln bis zum Sthlusse der Wocha vorwiegend. An den mitteldeutshen Stationen ging jedoch der Wind um die Mitte der Woche nach Südost, in München nah Oft, in Karlsruße nach Nordost und blieb bis gegen das Ende der Woche aus diesen Richtungen wehend, wo allgemein wieder südwestlihe, in Bremen und Berlin- auch südöstlihe Strömungen die Oberhand ge- wannen. Die Temperatur blieb eine relativ hohe und überstieg das Monatsmittel um mehrere Grade Gelsius. Niederschläge waren nit selten. Aus Bremen wird die Entladung eines Gewitters (vom 24. zum 25. Nachts) gemeldet. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft nahm in den ersten Tagen der Woche ab. Vom 23. an stieg das Barometer allzemein und ras, sank aber am S{luß der Woche wieder 1 d

Aut in dieser Berichtswoche waren die Sterblichkeitsverhältnifse der meisten größeren Städte Europas günstige und nur wenig höher, als in der vorhergegangenen Woche. Für die deutshen Städte stieg die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl auf 23,1 von 22,8 der Vorwocbe (pro Mille und Jahr), doch war die Betheiligung des Säug- ling8alters sowobl wie die der höheren Altersklasse (über 60 Jahre) an der Sterblichkeit im Ganzen sogar etwas geringer als in der vor- hergegangenen Woche. Von 10000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 69 Kinder unter 1 Jahr, gegen 71 der Vorwoche (in Berlin 69 gegen 70).

_ Unter den Todeëursacen wurden Masern, Diphtherie und Pocken wieder häufiger, Scharlacfieber, Keuchhusten und Unterleibstyphen seltener Todesveranlafsung. Masern herr\cen in Regensburg, Ber- lin, Hamburg, Altona, London, Liverpool, Christiania in aroßer Ausdehnung. Dipkhterie zeigt sih sowohl allein, wie in Verbindung mit Scharlachfieber in einer größeren Anzahl von Städten, zum Theil recht bösartia, wie in Stettin, Kiel, Dresden, Guben, Münster, Cöln, Dortmund, Hamburg, München, Nürnberg, Berlin, Königs- berg, Danzig, Elbing, Breslau, Hannover, London, Edinburg, Wien, Paris, St. Peterêburg u. a. O. und forderte zahlreiche Opfer. Der Keuchhusten bedingte in Leipzig, Hamburg, London vielfa Todesfälle. Typhôse Fieber wurden in Königsberg, Paris, London, St. Petersburg nicht selten Todesveranlassung. Sterbefälle an Flecktyvhus kamen aus Königsberg, Thorn, Tilsit, Stettin, Granada je 1, aus Amster- dam 2, aus London 5, aus St. Petersburg 12 zur Meldung. Darmkatarrhe der Kinder und Ruhrfälle zeigten keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen, und verlief die Ruhrepidemie in Alexandria und Granada etwas milder. Aus Breslau kam 1 Todes- fall an Cholera nosiras zur Arzeige. Pocken gewannen in Wien, Budapest, Prag, Krakau, St. Petersburg, Paris, London, Warschau wieder größere Verbreitung. In Saragossa hat die Zahl der Todes- fälle abgenommen. Einzelne Todeéfälle wurden aus Königsberg, Dreéden, Barcelona (je 1) und Aachen (2) gemeldet. Die Cholera im Hedjas war den lezten Nachrichten zu Folge um Mitte Novem- ber in der Abnahme.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Grimmschen Wörterbuche (Leipzig, Verlag von S. Hirzel) ist kürzlih des VI. Bandes 8. Lieferung ausgegeben worden. Dieselbe enthält“ die Artikel „Lustigen“ bis „Mandelkäse“ und ist von Dr. M. Heyne bearbeitet. Unter den interessantesten Artikeln seien erwähnt die mit „Lust“ zusammengeseßten Worte, das Zeitwort „machen“, (ein besonders ausgedehnter Abschnitt), die Artikel Macht“, „Mädchen“, „Magd“, „Magen“, „mahlen“, „mahnen“, e Mai*, „Majestät“, „makeln“, „Mal“, „malen“, „Malerei“, „man®, „manch“ und „Mandel“. Das große nationale Werk wird unter der Redaktion der Herren Dr. Moriz Heyne, Dr. Rudolf Hildebrand und Dr. Karl Weigand rüstig gefördert. Des IV. Bandes I. Abtheilung 2, Hälfte 4. Lieferung (G.), des VI. Landes 9. Lieferung (M.) und Ie _VII. Bandes 2. Lieferung (N.) befinden sih bereits unter der

refse.

Von der Ausbreitung und wacfenden Bedeutung der deutschen Studien giebt aufs Neue Zeugniß cin eben begonnenes literari]sches Unternehmen, welches im Verlage von Max Niemeyer in Halle a. d. Saale unter dem Titel „Altdeutsche Tertbibliothek“ erscheint unter der Redaktion von Professor Hermann Paul in Freiburg eine Sammlung der wichtigsten deutsben Literaturdenkmäler des Mittelalters in woblfeilen Tertausgaben bringen soll. Zweck der Sammlung ift es, die betreffenden Werke, die zum Theil nur in kostspie- ligen kritischen oder in fommentirten Ausgaben vorliegen, mögli{s\t leicht für Jedermann, der ein Interesse daran hat, zugänglichß zu machen. Wie einst die Sammlung der deutschen Klassiker des Mittelalters von Franz Pfeiffer und dann Julius Zachers germanistishe Hand- bibliothek mit Walther von der Vogelweide anhoben, so wird auch die neue Sammlung mit den Gedichten Walthers von der Vogelweide eröffnet, deren Herausgabe H. Paul verdankt wird. Dem Texte voran geht eine Einleitung, welhe sih über Walthers Leben, seine Stellung in der Gescbicbte der deutschen Lyrik und über die Ueberlieferung und fkritishe Behandlung feiner Gedichte verbreite. Dem Terte sind einzelne erklärende und fritisbe Anmerkungen beigefüat. Dann folgt ein Verzeichniß der Abweichungen von Lachmanns Terte und ein Verzeichniß der Lieder- anfänge. Den Beschluß macht ein kurzgefaßtes Wörterbuch. Nach dem Plane des Herausgebers sollen außer den wenigen niederdeutschen und althochdeutshen Werken in der Sammlung nur diejenigen Aus- gaben mit cinem Wörterbuche versehen werden, welhe auf Schulen Berücksichtigung finden. Für die übrigen erscheint nunmehr, seitdem wir das sehr praftishe und allgemein zugänglicbe mittelhocbdeutsche Taschenwörterbuh von Lerer besitzen, eine soldbe Zugabe nicht mehr nothwendig und geboten. Den Unternehmern ist es niht mögli, schon jeßt ein vollständiges Verzeichniß der aufzunehmenden Werke aufzustellen. Es wird aber beabsichtigt, wo möglich alles zu liefern, was außerhalb des speziellen Fachkreises ein Interesse beanspruchen darf.

Soeben ist bei Friedrich Reaensberg in Münster das erste Halbbeft eiver Publikation der Westfälischen Siegel des Mittelalters, mit Unterstüßung der Provinziallandstände, vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens ausgegeben worden. Es ift das Unternehmen gewiß cin sehr verdienstliches, welches allseitige Anerkennung und Aufmunterung verdient. Die mittel- alterliden Siegel spielen nicht nur bei der Urkundenkritik eine ungemein wesentlide Rolle, sondern sie ergänzen auch in sebr erwüns{bter Weise unsere theilweise recht lücckenhaften Kennt- nisse der mittelalterliden Kunst, insonderheit des mittélalter lihen Kunstgewerbes. Die uns vorliegende erste Abtheilung des Werkes E M Ti G N Wi Siegel des XI1. und XII. Jahrhunderts und die Reitersiegel in phototypisben Nacbbildungen. Wir freuen uns der forgfäl- tigen Auswahl und Zusammenstellung, wie aub der tecb- nis{en Ausführung Lob spenden zu können. Ganz besonders die RNeitersiegel werden bei Siegelkundigen wie bei Laien un- getheilten Beifall erregen. Dazu kommt, daß das Verständ- niß der Abbildungen in- erfreulider Weise durch den vorangehenden Tert gehoben wird, welher niht nur von gründlicher Kenntniß der cins{lagenden Literatur, sondern au von ernstem Selbststudium und feinem fkünstlerishen Gefühl den ausgiebigsten Beweis liefert. Bearbeitet ift diese erste Abtheilung von dem Arcbivsekretär Hrn. Dr. Philippi, dessen Name dur die mustergültige Publikation der Kaiserurkunden der Provinz Westfalen in der wissenschaft- lidben Welt {hon wohl bekannt ift. Die Publikation der fol- enden Hefte des Werkes hat laut Prospekt Hr. Dr. Zumbült übernommen hat. Wollen wir an dieser Stelle nochd einige Wünsche, die allerdings nur formeller Natur sind, äußern, so möchten wir zunächst bitten, daß die cein- zelnen Tafeln in den kommenden Lieferungen von s{chwarzen zur! wie jett von rothen) Rändern umgeben, wie auch die am Fuße veigefügten Inhaber der betreffenden Siegel mit gewöhnlicher Drucker- schwärze ausgeführt würden. Der Farbenwechsel wirkt, weil kein er- ficbtlider Grund für denselben vorliegt, nach unserer Ansicht durch- aus nit günstig. So sehr ferner das Werk als solches dur die prachtvolle Auéstattung gewinnen mag, wir bätten doch im Junterefsse einer größeren Verbreitung desselben, eine ctwas größere Maß- baltung am Platze gefunden. Der, wie es sceint, auf etwa 100 M

(5 Abtheilungen, die erste kostet 20 M) berechnete Preis der ganzen