1881 / 303 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

E Ad Ae L E A E E E E

suhten oder vollbracten Zolldefraudation, oder als Ordnungs- widrigkeit geahndet. Andere niht besonders mit Strafe bedrohte Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung sind als Ordnungswidrigkeiten mit Strafe bis zu 150 s, die Ver- leßung des nah §8. 2 oder 11 angelegten Verschlu ses ohne Beabsichktigung der Zolldefraudation aber ist nah Maßgabe des Vereinézollgeseßes als Verleßung des amtlihen Waaren- verschlusses zu bestrafen.

Uebertretungen der in dieser Verordnung enthaltenen Vorschristen sind in dem für das Verfahren in Zollkontra- ventionssachen angeordneten Wege zur Untersuchung zu. ziehen.

Die Bestimmungen des 8. 39 Alinea 3 und des §. 137 des Vereinszollgeseßes finden bei Zuwiderhandlungen gegen die De der gegenwärtigen Verordnung ebenfalls An- wendung.

Urkfundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 20. Dezember 1881,

(L. 8.) Wilhelm. Bitter.

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Dem Oberlehrer am Friedrihs-Werdershen Gymnasium in Berlin, Dr. Bernhard Suphan ist das Prädikat Pro- fessor beigelegt worden.

Der ordentliche Lehrer Dr. Schlüter am Gymnasium zu Ostrowo ist zum Oberlehrer befördert worden.

Der praktishe Arzt Vr. Groetschel zu Leobschüß ist zum Kreiswundarzt des Kreises Leobschüß ernannt worden.

Bekanntmachung.

Im IV. Quartal haben nah abgelegter Prüfung nah: benannte praktische «Aerzte das Fähigkeitszcugniß zur Ver- waltung einer Physikatsstelle erhalten :

1) Dr. Wilhelm Felix Behrend aus Colberg, Regie- rungsbezirk Cöslin,

9) Dr. Hermann Carl Dtto Buchholy aus Arys, Regierungsbezirk Gumbinnen,

3) Dr. Hermann Comnick aus Striegau, Regierungs- bezirk Breslau,

4) Dr. Heinrich August Döring aus Lüßen, Negie- rungsbezirk Merseburg,

5) Dr. Johann Bernhard Esh-Waltrup aus Zell a. d. Mosel, Regierungsbezirk Coblenz,

6) Dr. Hugo Carl Conrad Friedrich aus Lands- berg a. W., Regierungsbezirk Frankfurt a. O.,

7) Dr. Carl Friedrich Albert Gettwart aus Sprem- berg, Regierungsbezirk Frankfurt a. D.,

8) Dr. Eduard Graber aus Creuzburg, Regierungs- bezirk Oppeln,

9) Dr. Gcorg Richard von Hake aus Wittenberg, Negierungsbezirt Merseburg,

G u Dr. Friedrich Carl August Hossmann aus arlin,

11) Dr. Johannes Paul Kant aus Beuthen D.-Schl., Negierungsbezirk Liegniß,

12) Dr. Gustav Korach aus Schmiegel, Regierungs- bezirk Posen,

13) Dr, August Julius Fohann Ferdinand Ladendorf aus St.Andreasberg, Landdrosteibezirk Hildesheim,

14) Dr. Franz Adolf Felix Maria Ofsfenberg aus Wickrath, Regierungsbezirk Düsseldorf,

15) Dr. William Philipp Paul Quittel aus Stettin,

16) Dr. Friedri ch von Rabenau aus Berlin,

17) Dr. Heinrich August Hugo Racine aus Catern- berg, Regierungsbezirk Düsseldorf,

18) Dr. Theodor Remmets aus Sonsbeck, Regie- rungsbezirk Düsseldorf,

19) Dr. Heinrih Scherenberg aus Fever, Groß- herzogthum Oldenburg,

20) Dr. Paul Adolf Schotte aus Kiel, Regierungs- bezirk Schleswig,

21) Dr. Barnim Franz Schulze aus Jacobshagen, Regierungsbezirk Stettin,

22) Dr. Paul Richard Wehmer aus Frankfurt a. D.,

23) Dr. Louis Ferdinand Ernst Wendt aus Otvinsk, Regierungsbezirk Posen,

24) Dr. Emil Ferdinand Wollermann aus Bal- denburg, Regierungsbezirk Marienwerder,

25) Dr. Siegfried Zacharias aus Garnsee, Regie- rungsbezirk Marienwerder.

Berlin, den 24. Dezember 1881.

Der Minister der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal- Angelegenheiten. Jn Vertretung : Lucanus.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Dem Kunst- und Handelsgärtner, Baumschulenbesißer Otto Eichler zu Grünberg i./Sch. ist der Titel als König- lier Garteninspektor verliehen worden.

_ Abgereist: Se, Excellenz der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums und Minister des Jnnern von Puttkamer nach Westpreußen.

Die Nummer 28 der Geseß-Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter h ie 9

Nr. 8824 die Verordnung über die Nachversteuerung der Waarenbestände in einigen dem deutschen Zollgebiet anzu-

De preußishen Gebietstheilen. Vom 20, Dezember

Berlin, den 27. Dezember 1881.

Königliches Gesez-Sammlungs-Amt. Didden.

Nichkamflickßes.

Deutsches Neich.

__ Preußen. Berlin, 27. Dezember. Beide Kaiser- lihe Majestäten wohnten am ersten Weihnachtstage dem Gottesdienst im Dome bei.

Se. Majestät der Kaiser und König empfingen darauf den General-Feldmarschall Grafen Moltke.

Das Familiendiner fand bei Jhren Kaiserlihen und Königlihen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kron- prinzessin statt.

Gestern hörten Se. Majestät der Kaiser den Vortrag des Botschafters Grafen von Haßfeldt.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte dem Gottesdienste in der Kapelle des Augusta-Hospitals bei.

Heute empfingen Se. Majestät der Kaiser den Polizei- Präsidenten von Madai, den Obersten und Flügel-Adjutanten, Commandeur des 1. Garde-Regiments z. F., von Derenthall, nahmen militärishe Meldungen und hierauf den Vortrag des General-Lieutenants von Albedyll entgegen.

Später fuhren Beide Kaiserliche Majestäten nah Potsdam zum Besuch bei Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm.

Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin nahmen am 24. d. M., Nachmittags 4 Uhr, das Diner mit den Hof- staaten ein, worauf im Kronprinzlichen Palais die Weihnachts: bescheerung stattfand.

Abends 81/2 Uhr begaben Sich die Kronprinzlichen Herr- schaften mit der Prinzessin Victoria zu den Erbprinzlich sachsen-meiningenschen Herrschaften zum Weihnachtsaufbau und zum Souper zu den Majestäten nah dem Königlichen Palais.

_Am ersten Weihnachtsfeiertage Vormittags wohnten Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften mit den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Marga- rethe und den Erbprinzlich sachsen: meiningenschen Herrschaften dem Gottesdienst im Dome bei.

Um 4%, Uhr fand bei den Kronprinzlichen Herrschasten das Diner der Königlichen Familie statt.

Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz begab Sih Abends 7 Uhr zur Weihnachtsbescheerung nah dem Königlichen Palais und besuchte demnächst die Vorstellung im Opernhause.

__ Gestern Vormittags 10 Uhr begaben Sich die Kronprinz- lihen Herrschaften mit der Erbprinzessin von Sachsen-Mei- ningen, den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe und dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen nach Potsdam und demnächst zur Weihnachtsbesheerung nah Bornstedt.

Um 4 Uhr erfolgte die Rückkehr nah Berlin.

_Am Abend besuchten Zhre Kaiserlichen Hoheiten die Kron- prinzlichen Herrschaften mit Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Wilhelm und den Prinzessinnen Töchtern, sowie den Erbprinzlih fachsen-meiningenshen Herrschaften die Vorstel-

4 lung im Cirkfus Nenz.

—- Da die auf Grund des Neorganisationsplan3 vom 5./7. Mai d. J. zur Ausgabe gelangenden Einzel-Aktien der Oregon und California Railroad Company erst nah dem 1. Oktober d. J. gegen die sogenannten Fnterimsscheine zum Austausch gelangen werden, so kann, nah einem Cirkular- erlaß des Finanz-Ministers vom 21. d. M., auf dieselben, selbst wenn sie noch vor dem 30. d. M. im Bundesgebiete eintreffen und zur Abstempelung vorgelegt werden sollten, die Ausnahme zur Tarifnummer 1 des Reichsgeseßes vom 1. Juli d. J. nicht Anwendung finden,

Nah einem Cirkularerlaß des Finanz-Ministers, vom 21. d. M., ist von Schriftstücken der unter Tarifnummer 4a. des Reichsgeseßes vom 1. Juli d. Js. bezeichneten Art, welche nicht unier die Vorschrift des §. 9 a. a. O. fallen, auch dann, wenn auf Grund der Befreiung Nummer 1 zur Tarifnum- mer 4 a. a. O. die Neichsstempelabgabe von denselben nicht zur Erhebung kommt, die nah Form und Jnhalt der Schrift- stücke eiwa anwendbare preußische Stempelabgabe für Lieferungs- oder Kaufverträge nicht zu entricten.

Nach einem anderer. Erlasse des Finanz-Ministers, von dewselben Tage, findet die Vo: chrift im §. 5 Absay 2 des Reichsgeseßes vom 1. Juli d. F. auf Uebertragungs- vermerke keine Anwendung, welche auf inländische, vor dem Inkrafttreten des Neichsstempelgeseßes ausgegebene Aktien ge- seßt werden. Die Befreiung zur Tarifnummer 1 a. a, O. bezweckt nur, den Zeitpunkt des Beginns der Stempelpflichtig- keit festzustellen und eine rückwirkende Anwendung des Gesetzes auszuschließen. Für die Bemessung der Höhe der Reichsstempelabgabe von Aktien is die Erwä- gung maßgebend ewesen, daß spätere Uebertragungen in der Regel (bei Aktien auf den Jnhaber u. \. w.) stempel- frei bleiben. Folgerihtig mußte der allgemeinen Besteuerung der nah dem 1. Oktober d. J, ausgegebenen Aktien mit der erhöhten Abgabe eine geschlihe Vorschrift entsprechen, wonach Uebertragungen der mit dieser erhöhten Abgabe belegten Akticn au dann stempelfrei bleiben, wenn sie sih ausnahms- weise in Formen vollziehen, welhe die Anwendung der landes- geseßlihen Stempelobgaben rechtfertigen würden. Lediglich diesen Zweck verfolgt der Absah 2 des §. 5 a. a. O.; ihm entspriht der Wortlaut, der nar Uebertragungsvermerke auf den der Reichsstempelsteuer unterworfenen „Aktien“ befreit. Diese Bestimmung auf Cessionen anzuwenden, welche auf im Jahre 1857 emittirte, mit 1/4 Proz., also dem 6. Theile der Page, versteuerte Aktien geseht werden, würde weder dem Wortlaute oder Zwecke des Geseges ent- sprechen, noch durch die Gerechtigkeit geboten sein.

Wenn die Genußscheine der Warscha u-Wiener Eisenbahngesellschaft dem Jnhaber außer dem auf die dne und amortisirte Stammaktie fallenden Gewinn- antheil auch noch „dieselben Rehte, wie dem Jnhaber nicht amortisirter Aktien“ gewähren, so find sie, nah einem Erlaß des Finanz-Ministers, vom 26. d. M,, als Aktien im Sinne S s 1 des Reichsgeseßes vom 1. Juli d. Js, zu versteuern,

Die im Reichs - E‘senbahn-Amte aufgcstellte, in Nr. 302 des „Neichs-Anzeigers“ veröffentlichte Uebersicht der Betriebs-Ergebnisse deutscher Eisenbahnen nah dem Stande am Ende des Monats November d. Js. ergiebt für die 63 Bahnen, welde auch schon im entsprehenden Monate des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleichung gezogen

[ werden konnten, nachstehende Daten : (Die preußischen Staaks8- bahnen und vom Staate für eigene Rehnung verwalteten Bahnen sind dabei als ein Bahnkomplex betrachtet, weil dur die am 1. April d. Js. eingetretene veränderte Bezirks- eintheilung ein Vergleich bei den einzelnen Verwaltungsbezirken nicht durchweg zu ermöglihen war.)

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war imNovem- ber d. J.: a. beim Vergleiche der provisorisch ermit- telten Ergebnisse des laufenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres: im Ganzen (mit 29 101,12 km Betriebslänge) bei 42 Bahnen mit zusammen 22120,56km höher und bei 21 Bahnen mit zusammen 6980,56 km niedriger als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 40 Bahnen mit zusammen 20 756,40 km höher und bei 23 Bahnen mit zusammen 8344,72 km (darunter 6 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger, als in ¡demselben Monate des Vorjahres; b. beim Ver- gleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des laufenden Jahres mit den im Vorjahre ermittelten provisorishen Angaben: im Ganzen (mit 29 101,12 km Vetriebslänge), bei 51 Bahnen mit zusammen 26 208,56 km höher und bei 12 Bahnen mit zusammen 2892,56 km niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 48 Bahnen mit zusam- men 24 372,82 km höher und bei 15 Bahnen mit zusammen 4728,30 km (darunter 5. Bahnen mit vermehrter Betriebs- länge) geringer, als in demselben Monate des Vorjahres.

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war vom 1. Fa - nuar bis Ende November d. J. a. beim Vergleiche der provisorisch ermiitelten Ergebnisse des lau- fenden Jahres mitdem Definitivumdes Vorjahres: im Ganzen (mit 29101,12 km Betriebslänge), bei 33 Bahnen mit zusammen 21 480,17 km höher und bei 30 Bahnen mit zusammen 7620,95 km geringer, als in dem- selben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilo- meter Betriebslänge bei 29 Bahnen mit zusammen 9511,62 km höher und bei 34 Bahnen mit zusammen 19 589,50 km (darunter 7 Bahnen mit vermehrter Betriebs- länge) geringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres ; b. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse mit den im Vorjahre ermittelten pro- visorishen Angaben: im Ganzen (mit 29 101,12 km Betriebslänge), bei 51 Bahnen mit zusammen 25 706,86 km höher und bei 12 Bahnen mit zusammen 3394,26 km ge- ringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 47 Bahnen mit zusam- men 24 916,40 km höher und bei 16 Bahnen mit zusammen 4184,72 km (darunter 4 Bahnen mit vermehrter Betrieb3- länge) geringer, als in demselben Zeitraum des Vorjahres.

Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlih der vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende November d. J. das gesammte konzessionirteAnlagekapital 12131465006 (408 495 900 a Stammaktien, 44595 000 Prioritäts-Stamm- aktien und 760055600 # Prioritäts-Obligationen) und die Län ge derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 4064,22 km, so daß auf je 1 km 298 494 é entfallen.

Bei ven unter Privoatverwaltung stehenden Privatbahnen betrug Ende November d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 141096714 &Á# (553 177 150 /6 Stammaktien, 216 576 900 /6 Prioritäts- Stammaktien und 641 213 093 46 Prioritäts-Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapi- Un S ist, 7067,46 km, so daf auf je 1 km 199 643 S entfallen.

Jn der Woche vom 16. bis 22, Dezember wurden von den unter Staatsverwaltung stehenden Bahnen zur Kohlenverladung im Ruhrkohlenrevier durclhschnitt- lih pro Tao Wagen zu 15 929 Ladungen à 100 Ctr. gestellt.

Die tägliche Gestellung betrug in derselben Woche 1880 13422 und 1879 12 642 Ladungen.

Im lcufenden Jahre überstieg hiernach die Leistung der vom Staat verwalteten Bahnen diejenigen des Jahres 1880 um 2507 Ladungen oder um 19 Proz. und die- jenige des Jahres 1879 um 3287 Ladungen oder um 26 Proz.

Jw Ganzen sind in der genannten Woche des laufenden p D 95 572 Ladungen oder 9 557 200 Ctr. Kohlen und

okes durch die vom Staat verwalteten Bahnen aus dem Ruhrrevier abgefahren, 1 500 000 Ctr. mehr als in derselben Woche des Vorjahres und nahezu 2 000 000 Ctr. mehr als in derselben Woche des Fahres 1879.

Durch die stattgebabte Sektion des im Zoologischen Garten in Breslau verendeten Giraffenhengstes ift amtlich festgestellt worden, daß derselbe nicht, wie anfangs gemeldet wurde, an Rinderpest, sondern an einem anderen Leiden zu Grunde gegangen ist. Troßdem wird die angeord- nete theilweise Sperre des Gartens, die völlige Desinfektion und weitere polizeilihe Observation des Stalles, sowie das Verbot der Viehausfuhr von Breslau der Sicherheit wegen noch aufrecht erhalten.

_ Der Kaiserli russishe Botschafter am hiesigen Aller höchsten Hofe, Saburoff, hat Berlin mit kurzem Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt als interi- mistisher Geschäftsträger der Botschasts-Rath Arapo ff.

Der Königlich italienishe Botschafter am hiesigen Aller- höhsten Hofe, Graf de Launay, ist von seinem Urlaube nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschast wieder übernommen.

Der General-Lieutenant von Cranach, Gouverneur Gon E hat sih nah beendetem Urlaub nah Cöln zurück- egeben,

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren : Weiß in Stotel und Achenbach in Raboloshausen,

S. M. S. „Luise“, 8 Geschüße, Kommdt. Korv. Kpt. Stempel, ist am 4, Dezember cr. auf Nhede Georgetown ein- getroffen und an demselben Tage nah Barbados in See gegangen.

Kiel, 27. Dezember. (W. T. B.) Die „Kieler Zeitung“ meldet das am 25. d. in Folge eines Herzleidens erfolgte Ab- leben en Prinzen Friedrih zu Schleswig-Holstein, Grafen von Noer.

Fulda, 26. Dezember, (W. T. T.) Bischof Kopp ist heute Nahmittag um 2 Uhr mit großem Ehrengeleit hier

eingetroffen und verrichtete alsbald am Grabe des heiligen Bonifazius ein Gebet.

I m e; TC T T E E

Sigmaringen, 22. Dezember. Der am 11. d. Mis. eröffnete neunte Kommunal-Landtag der Hohen- zollernschen Lande ist durch den Königlihen Kommissar, Regierungs-Präsidenten Graaf, heute ges{lossen worden, nach- dem der Landtag sämmtliche Vorlagen in öffentlihen Sißungen erledigt hatte.

Baden. Karlsruhe, 24. Dezember. (W. T. B.) Der Großherzog, dessen Genesung erfreuliche Fortschritte macht, unternahm heute eine kurze Ausfahrt. Das Weihnachtsfest wird im engsten Kreise der Großherzoglichen Familic gefeiert. Morgen wird der Großherzog zum ersten Male seit feiner Krankheit dem Gottesdienst anwohnen.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 24. Dezember. (Els.-Lothr. Ztg.) Der Bezirkstag des Ober-Elsa ß ver- sammelte si gestern Nachmittag 2 Uhr in Colmar zu einer außerordentlichen Session, zu welcher 23 Mitglieder erschienen waren. Das alie Bureau, bestehend aus den Herren Baron von Reinah als Präsident, Kempf als Vize-Präsident, Grad und Camille Schlumberger als Schristführer, wurde dur Akklamation wieder gewählt. Erster Gegenstand der Tages- ordnung war die Wahl eines Mitgliedes zum Landesaus\{chuß an Stelle des Herrn Mieg-Köchlin, wclcher in Folge seiner Wahl als Abgeordneter für die Stadt Mülhausen das ihm vom Bezirk3- tage ertheilte Mandat niedergelegt hat. Von 23 abgegebenen Stimmen erhielten die Herren Speckel 15, Baegert 7, Krafft 1 Stimme. Herr Eugen Speckel, Fabrikant zu Jllzach, ist somit gewählt. Ueber eine weitere Vorlage, betreffend den Bau der Eisenbahn von Sentheim nach Masmünster, bew. die Benugzung der Bezirksstraße Nr. 10 zu diesem Zweck so- wie die fernere Unterhaltung dieser Straße, wurde die Be- \{lußfa}sung auf eine spätere Session vertagt und die Wege- baukommission beauftragt, ih in der Zwischenzeit mit der Angelegenheit vertraut zu machen. Hierauf wurde die Session um 31/2 Uhr geschlossen.

Oesterreich -: Ungarn. Wien, 25. Dezember. Die „Wiener Zeitung“ veröffentliht folgendes Kaiserliches Handschreiben:

Lieber Graf Taaffe! Um Meiner Theilnahme an dem trau- rigen Schicksale der bei dem Brande des Ring-Theaters am 8, Dezember l. I. Verunglückten einen dauernden Auëdruck zn geben, habe Ih beschlossen, auf dem dem Stadterweiterungsfonds gehörigen Baugrunde des Ring-Theaters aus Meinen Privatmitteln ein Ge- bäude mit einer entsprehend ausgestatteten Gedächtnißkapelle auf- führen zu lassen. | 1 /

Eine besondere an die Errichtung dieser Kapelle geknüpfte Stif- tung wird die alljährlihe Abhaltung eines Trauer-Gottesdienstes Li die Opfer der ershütternden Katastrophe für alle Zukunft sicher-

ellen.

Wegen Errichtung der Kapelle und der damit verbundenen Stiftung haben Sie mit dem Fürst-Erzbischofe von Wien das Nöthige zu vereinbaren. : S

Was das zu errichtende Stiftungsgebäude anbelangt, sollen dessen Erträgnisse für immerwährende Zeiten Wiener Wohlthätigkeits- vereinen und -Anstalten zufließen. i e

Wegen Beistellung der Geldmittel, sowie bezügli der Bau- ausführung habe Ih bereits Meinem Privatfonds-Direktor die erforderlichen Aufträge ertheilt.

Mien, am 24. Dezember 1881. :

Franz Joseph.

Frankreich. Paris, 24. Dezember. (W. T. B.) Der Finanz-Minister stellte, als er gestern die Wedchsel- agenten empfing, das Gerücht von einem Ankauf der Eisenbahnen in Abrede. Bezüglich der Conversion sagte er: die Regierung habe diese Frage, deren baldige Lösung niht anzunehmen sei, noch nit geprüft.

Oran, 24. Dezember. (W. T. B.) Jn der Habra- Ebene sind von den Opsern der Uebershwemmung 201 Leihname aufgefunden worden, von denen 163 Ein- geborenen, 33 Spaniern und 3 Franzosen angehören.

Aus Tunis wird U. d. 24. Dezember gemeldet: Das Kanonenboot „Aspic“ ist nah Zarzis entsendet worden, dessen Gouverneur französishen Schuß gegen die durch den General Logerot auf die Grenze von Tripolis zurlick- gedrängten Jnsurgentenchefs nachgesucht hat.

talien. Rom, 25. Dezember. (W. T. B.) Der Papst empfing gestern die Kardinäle, welche erschienen waren, um in herkömmliher Weise durch den Kardinaldekan ihre Glückwünsche anläßlih des Weihnachts- und Neujahrs- festes darzubringen. Unter den 23 anwesenden Kar- dinälen befand sich auch Prinz Hohenlohe, welcher gestern von seiner Reise hierher zurückgekehrt ist. Die Begrüßungsansprache des Kardinaldekans erwiderte der Papst, dem „Osservatore Romano“ zufolge, indem er zunächst auf die Lage des heiligen Stuhles hinwies, welche sich immer \chwieriger geñotte und sodann beklagte, daß er gezwungen sei, die jüngste anonisation ohne den herkömmlichen Pomp zu voll-

iehen. Ebenso beklagte der Papst die Anschuldigungen, welche edes Mal erhoben würden, so oft er, um die Unabhängigkeit seiner geisilihen Gewalt zu sichern, die Wiederherstelung seiner tausendjährigen weltlichen Herrschaft fordere. Rebellen und Unruhstister nenne man die Katholiken, wenn sie eine wirksame Garantie sür die Freiheit ihres e Ua tes ver-

langen. So sei es denn natürli, fügte der Papst hinzu, daß die nah Rom kommenden Bischöfe den gegenwärtigen Stand der Dinge unvereinbar hielten mit der Würde des heiligen Stuhles, und daß die Gläubigen der ganzen Welt in dieser Beziehung ihre Besorgnisse für die Gegenwart wie für die Zukunft an den Tag legten. 2 Der „Diritto“ erklärt die Rülsendung des Minister- residenten Roustan auf seinen Posten nah Tunis für einen \{chweren Fehler. Dieselbe bedeute, daß Gambetta sowohl die tunesishe Expedition, als au die Mittel, mit welcher dieselbe vorbereitet und gefördert worden sei, mit seiner Verantwort- lihkeit und seinem Namen decke. Dieser Jrrthum grenze an eine Herausforderung des öffentlihen Gewissens und werde in seiner Bedeutung au selbst dann noch nit verringert, wenn die Rückehr Roustans nur eine vorübergehende sein sollte. 26. Dezember. (W. T. B.) Die von der Kom- mission zur Vorberathung des Auslieferungs- Gesezentwurfs niecdergesezte Subkommision hat ihre Arbeiten beendet und den von ihr aufgestellten Entwurf ge- druckdt sämmtlichen Kommissionsmitgliedern zur Prüfung und PormuBrung von Abänderungsanträgen zustellen lassen. Die ommission tritt voraussichtlich in der ersten Hälfte des nächsten Monats zur Berathung des gesammten Entwurss zu einer Plenarsiyzung zusammen.

Türkei. Konstantinopel, 25. Dezember. (W. T. B.) Die Bestimmungen der Finanzkonvention, welche bis- lang zwischen der Pforte und den Banquiers vonGalata noch in Erörterung standen, sind nunmehr durch gegenseitige Konzessionen vollständig geregelt worden. Morgen, am 26. d., werden die Delegirten der Bondholders wie die Banquiers von Galata auf der Pforte behufs Uebergabe der offiziellen Dokumente über die finanziellen Arrangements zusammen- treten. Jn der heutigen Sißung der türkish-russischen Finanzkommission erklärte der Boischaster Novikoff?, daß er die in Folge des mit den Bondholders getroffenen Abschlusses verlangten neuen Jnstruktionen erhalten habe. Eine Debatte über die Art der Seitens der Pforte zu erthei- lenden Garantien blieb zunächst ohne Resultat.

Rumänien. Bukarest, 24. Dezember. (W. T. B.) Jn der Kammer der Deputirten interpellirte General Lecca, welche Maßregeln die Regierung zur Feststellung und Be- zahlung der Kriegs3\{chuld dèr Türkei an Rumänien getroffen habe. Das-Budget für das Jahr 1882 weist 1211/4 Millionen in Einnahme, 121 Millionen in Ausgabe, somit 1/7 Million Ueberschuß auf. :

95, Dezember. Die Affaire Callimaki - Ca- targi kam gestern im Senate duch die Fnterpellation Gradisteano's zur Sprache. Der FJnterpellant führte aus, daß die nicht autorisirte Veröffentlihung diplomätischer Dokumente durch einen Beamten des Staates sich als Dieb- stahl qualifizire, der unter die Bestimmungen des Artikels 305 des Strafgejseßbuches falle. Gradisteano verlangte von dem Justiz-Minister die Verseßung Callimaki:Catargi's in Anklage- zustand. Der frühere Minister des Auswärtigen, Boerescu, unterstüßte die Ausführungen Gradisteano's und erklärte, man dürfe das Ausland nicht glauben lassen, daß Handlungen, wie diejenige, deren Callimaki:Catargi sich schuldig gemacht habe, in Rumänien ungeahndet bleiben. Der Minister des Auswärigen, Statescu, welcher intermistish die Leitung des Justiz-Ministeriums übernommen hat, mißbilligte gleih dem Borredner.die Handlungen Callimaki:-Catargi’s, war indessen nicht der Ansicht, daß gegen denselben die gerichtliche Verfolgung eingeleitet werden müsse, weil Callimaki, wenn er vor Gericht gestellt würde, zu seiner Vertheidigung andere geheime Aktenstücke produziren könnte, deren VBekannt- werden vielleiht dem Lande schaden würde. Er bitte daher den Senat, der Regierung in dieser Sache Aktionsfreiheit zu lassen. Gradisteano entgegnete, wiewohl er die delikate Stellung des Ministers in seiner doppelten Funktion als Minister des Auswärtigen und der Justiz nicht verkenne, müsse er doch die gerichtliche Verfolgung Callimaki- Catargi's verlangen und er beantrage daher folgende Motion: „Jn Anbetracht dessen, daß Callimaki - Catargi durch die Veröffentlihung diplomatisher Dokumente eine tadelnswerthe unmoralishe Handlung verübte, gelt der Senat in der Ueberzeugung, daß der Justiz- Minister seine Pflicht thun und den Genannten in Anklage- zustand verseßen werde, zur Tagesordnung über.“ Der Minister Statescu acceptirte dieje Motion erst, nachdem der Jnterpellant dieselbe dahin modisizirt hatte, daß der Negierung die Wahl des geeigneten Momentes zur Einleitung gerichtliher Schritte überlassen bleibe. Die so modifizirte Motion wurde mit 24 gegen 2 Stimmen angenommen.

Serbien. Belgrad, 23. Dezember. (Pol. C.) Der Budgetvoranschlag für das Jahr 1882 {ließt mit 32 Millionen Dinars (Francs) Einnahmen und der gleichen Summe Ausgaben ab. —- Für die am 25, d. M. stattfindenden Ergänzungswahlen in die Skupschtina wird von a Parteien im ganzen Lande eine lebhafte Agitation ent- wickelt.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 24. De- zember. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin empfingen gestern den sranzösishen Botschafter General Chanzy, welcher sein Abberufungsschreiben überreidlte.

Das „Journal de St. Pétersbourg“ sagt: die Erfinder der Nachriht von einer deutsch - österreichisch - tür- fischen Allianz legen dieser erfundenen Kombination die Annahme zu Grunde, daß es sich dabei um eine Unterstüßung der Türkei seitens Deutschlands gegen Frankreih in Tunis handle. Wenn man von dieser erfundenen deutsh-österreichish: türkischen Allianz gesagt habe, eine solche könne Mißtrauen in Petersburg erregen, so sei das Verhältniß des hiejigen zu dem Berliner Kaiserhofe, wie das der beiden Nationen ein solches, daß es ernsten Gefahren gegenüber fest bestehen würde, und daß derartige Kombinationen und unrichtige Konjekturen keineswegs im Stande wären, Mißtrauen zu erregen.

26. Dezember. (W. T. B.) Der „Regierungs- Anzeiger“ veröffentlicht einen Kaiserlichen Befehl, nah welchem dreiundzwanzig in leßter Zeit verhaftete politis che Verbrecher, welche die Regierung für Leiter oder maß- gebende Mitglieder der Terroristenpartei hält, zusammen in einer besonderen Sißung des Senats unter Hinzuziehung dez Vertreter der Stände gerichtet werden soilen.

Afrika. Egypten. Kairo, W. Dezember. (W. T. B.) Der Khedive hat die Notabeln-Kammer mit einer An- sprache eröffnet, in welcher er erklärte, daß die Jnteressen der Bevölkerung durch Gerechtigkeit sür Alle gewahrt werden sollen. Er strebe nah Ausklärung und ortentwickelung auf allen Gebieten. Die internationalen Verpflichtungen sollen erfüllt werden. Schließlich bat der Khedive die Versammlung um ihre Mitwirkung bei der civilisatorishen Umgestaltung des Landes. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall ausge- nommen.

Zeitungsstimmen.

Die „Allg. Ztg.“ enthält einen „Ein Weihnachtsgruß aus Süddeutschland“ betitelten Artikel aus der Feder M. Carriere's, in welhem der Verfasser betont, daß das Reich finanziell selbständig sein müsse und dann Jortsdet :

Es (das Reich) darf nicht bei den Einzelstaaten betteln gehen; wenn die Matrikularbeiträge aufhören und dafür noch Geld vom Reich in die Kassen der Staaten fließt, dann wird es innerlich und äußerlich fester. Das hat Bismarck im Auge, das will er den Deutschen noch leisten, darum bevorzugt er Zölle und indirekte Steuern. Eine progressive Reichs-Einkommensteuer wäre theoretisch gewiß das Richtigsle; aber würde sie praktisch sih als heilooll er- roeisen, oder würde niht der Reichssteuerbote das Reih als eine drückende Last empfindlich maben und bei dem Unverstand der Massen den reihbfeindliben Strebern eine Handhaoe bieten ? Andrerseits mat das Tabakmonopol eine progressive Besteuerung der feineren Sorten und damit dex Reichen oder Genuß?

süchbtigen am leihtesten mögli, und da benabbarte Staaten damik zufrieden find, so befreundet man si wenigstens in Süd- und Mitteldeutschland mit demselben aus dem patriotishen Grunde, weil es ein neuer starker Reif um das Reichsganze sein wird. Je fester dies zusammenhält, je mehr der Partikularis8unus auf dasselbe bin- gewiesen, je abhängiger das Finanzsystem der Glieder vom Ganzen ist, desto unmöglicher werden auch dem Auslande die Trennungsgelüfte erscheinen, desto eher werden wir uns die {were Nüstung erleichtern können, die wir um unserer Sicherheit willen tragen müssen. Wie dann die Zölle einzurichten sind, daß sie zugleih nationaler Arbeit Schutz gewähren, ohne Treibhaus-Jndustrien zu begünstigen und Ein- zelne auf Kosten der Gesammtheit zu bereichern, vielmehr im Weltverkehr die Waffen für den Wettkampf der Nationen glei machen, das find spezielle Zweckmäßigkeitsfragen, über welche eine Verständigung auf der Grund- lage der Crfahrung möglich sein wird, wenn man über das Prinzip einig ist: das Reich soll finanziell auf eigenen Füßen stehen, nicht als beständig geldfordernde Last, sondern hülfreih und wohlthätig erscheinen. Cine zweite Nothwendigkeit aber ist, daß endlich nah den beschränkenden Maßregeln gegen die Sozialvemo- kratie auf die soziale Frage positive Antworten gegeben wer- den, und mir is es eine große That, daß Fürst Bismarck mit muthiger Entschlossenheit der Sphinx des Jahrhunderts entgegengetreten ist. Denn wie diese die bestehende gesell- schaftlihe Ordnung bedroht und zu verslingen bereit ift, das hat die Kommune ershreckend und mahnend dargethan. Und wenn der Kanzler selber nichts erreichen sollte, die Sache stände von nun an auf der varlamentarisben Tagesordnung. Eine Partei, die hier nur versagen wollte, stellte sih ein Armuthszeugniß aus z es gilt ein pofitives Programm aufzustellen; es ist eine Lebenéfrage z für den Liberalismus; die Besserstellung der Handarbeiter, die menschen= würdige Existenz der Unbegüterten darf keine konservative Parteisahe werden; es ist eine Angelegenheit der ganzen Nation, „das Gefüht menschlicher Würde, das auch der ärmste Deutsche behalten joll, damit er nit rechtlos als ein bloßer Almosenempfänger dastehe, * wie der Kanzler in einer seiner Neden äußerte. Weiter heißt es dann :

Hat man aber das seltene Glück, einen großen Mann an der Spite des Gemeinwesens zu sehen, fo rechne man mit seiner CEigen- art und lasse ihn seine \{chöpferische Kraft verwerthen. Schöpferisch, erleuhtend, bahnbrechend in ver Weltzescbichte ist immer nur die geniale Persönlichkeit; die Kollektivintelligenz der Talente, die Bestrebungen der Menge können sie niht erseßen; aber sie müssen an ihre Stelle treten, wenn sie fehlt. Statt über Hausmaierthum - und den deutshen Richelieu zu fragen und den Kaiser dagegen {irmen zu wollen, sollte man diesem dto licber Dank sagen, daß es Männer wie Bismarck, wie Moltke zw finden und an die rechte Stelle zu seßen verstand und ihre Kraft für ih wirken zu lassen versteht Wer nicht nur an die vormärzlide Zeit von 1848, sondern auch an die zwanziger, die dreißiger Jahre zurückdenkt, und die damaligen Zu- stände mit den jetzigen vergleicht, die Erfüllung seiner vaterländisheæ Hoffnungen und Freiheitsbestrebungen genießt, der begreift \{chwer, wie fo viel kleiner Hader um kleine Dinge dem Volke die Freunde an seiner herrlihen Wiederaufrichtung vergällen mag. Wer in diesem Sommer die Ausstellungen in Stuttgart, Karlsruhe, Frankfurt, Halle erwog, und dazu den Schütenzug in München fah in dieser Verbindung von waffentüchtiger Manneskraft, künstlerishem Sinn

| und heiterer Pracht, dem mochten die Klagen über den Rückgang, der

finfenden Wohlfahrt Deutschlands etwas sonderbar dünken. Und hörten wir damals hier aus fürstlichem wie aus bürger- lichem Munde mit voller Befriedigung das hohe Gute der Einheit des Vaterlandes preisen, hörten wir auch Gemeinschaft des Geistes, der Sprache, der Waffen für das hier und dort Heilbringende und Ünverbrüchliche erklären, hörten wir von den aus weiter Ferne Gekommenen, wie nun der deutshe Name, die deutsche Flagge hohgeachtet wird, so finden wir zu unserem Troste- es bedarf nur einer mäßigen Erhebung über das Alltäglicbe, nur des8- Umblicks von einer höheren Warte als der dumpfen Stube, um den Glauben an Deutschlands Bestimmung aufrecht zu halten und über der Woche niht das Jahrhundert, über dem Kleinlichen nicht das Große zu vergessen.

Die „Ess\. Ztg.“ leitet eine längere BetraWhtung „Weihnachten 1881“ folgendermaßen ein: :

Konnten wir uns im vergangenen Jahre zum 25, Dezember im Hinblick auf das Dezennium, welches damals seit dem großen Kriege verflossen war, des sicberen Friedens, des hohen Ansehens freuen, welches das neue geeinte Deutsche Reich bisher genossen, so haben wir diesen Ursachen der Freude zu dem heutigen Feste eine neue hin- zuzuzählen. Der wirth\chaftlihe Aufs{wung 1880 noch das Sehnen aller Gewerbetreibenden und insbesondere der industriellen Be- völkerung unseres rheinish - westfälishen Montanbezirks, ift 1881 zur vollendeten Thatsache geworden. Selbst enragirte Freihändler können nicht mehr leugnen, „daß seit den Schwindeljahren niemals so günstige, gesunde und Dauer versprehende Verhältniße vorgelegen haben wie heute.“ Wie ganz anders war das vor drei Jahren. Die Hochöfen waren ausgeblasen, Eisen- und Berg- werke arbeiteten mit der Hälfte ihres früheren Personals und bei verkürzter Arbeitszeit oder sie standen ganz till, die Preise waren gedrückt, der Arbeitslohn sank rasck# auf das gewöhnliche Niveau, welches er vor 1873 gehabt hatte. Wären die meisten Werke nichk hocberzig genug gewesen um ihre Arbeiter nicht vollends deur Elende preiszugeben —, unter dem Selbstkostenpreise weiter arbeiten zu lassen, so hätten im Winter 1878/79 in den industriellen Gegenden Deutschlands Hunger und Noth die unteren, weniger bemittelten Klassen der Bevölkerune in {recklicher Weise heimsuchen müssen, Der Brief des Reichskanzlers vom 15. Dezember 1878, in welchem Fürst Bis- marck die Art an die Wurzel dieses Uebels, an das Manchesterthum mit seinen traurigen Auswüchsen zu Legen versprach, bedeutete den ersten Licbtstrahl ia diesem Dunkel wirthschaftlichen Niederganges. Ohne diesen Stern, der für unsere Industriellen und Gewerbetrei- benden ret eigentli ein Weihnachtsstern, ein Stern der Verheißung war, bâtten wohl wenige Werke noch en Muth gehabt, mit Auf- bietung ibrer letzten Kräfte sich und die arbeitenden Hände, deren Oa! unwiederbringlich an sie geknüpft war, über Wasser zu zalten. Ï 5 ;

Im weiteren Verlaufe des Artikels heißt es dann:

S\t auc die wiril{caftspolitische Frage gelöst: die sozialpolitische ist e3 nit. Der Unterdrückung der fozialdemokratischen Ten- tenzen und Bestrebungen ist die natürlie Vernicbtung derselben dur das, was in ihnen Berechtigtes liegt, noch nicht gefolgt. Kaum, daß ein kleiner Anfang damit gemacht ist, dem Handwerk den ver- lorenen goldenen Boden wieder gewinnen zu helfen, Der Wunsh des Hrn. von Bennigsen îin der ersten Sozialisten- debatte des Reichstags vom - 24. Mai 1878, „daß den berechtigten Wünschen der Arbeiter genüge ges{ehen müsse“, is noch nicht in Erfüllung gegangen. Der Plan des Reichskanzlers, auf die- [em Wege den ersten bedeutsamen Schritt mit der Einführung der

rbeiterversiherung zu 1hun, ist im leßten Reichstage geiheter! und

geht auch im neuen Reichstage anscheinend demselben Schicksale ent= egen. Unsere Theoretiker sind es leider wieder umeist, welche dem Plane Bedenken auf Bedenken gegenüber aufzuthürmen wissen. Und dennoch sHeint nur hier der Hebel zu finden zu sein, mit dem die soziale Frage aus den Angeln gehoben werden fann.

Der „Düsseldorfer Anzeiger“ schreibt : z Daß die Lage der Arbeiter aber nit eine bessere geworden wäre, ist eine absolute Unwahrhcil, welche die Freihan elspresse den offen u Tage liegenden Thatsachen zum Troh verbreitet. In vielen In- butrien. das gestehen wir zu, ist eine eigentliche Steigerung des Arbeitêlohnes nicht eingetreten, da die wesentlich dur die freizändle- rischerseits begünstigte auslänvishe Konkurrenz gedrüdäten Verkaufs» reise dies niht ermöglichen, aber der Gesamwiverdienst des Arbeiters it in Felge vermehrter Arbeitzgelegenbeit ein wesentlich höherer"geworden und darauf kann es doo hauptsählih nur, wenn nit allein, ankommen. Was hilft dem Arbeiter eine Lohnerhöhung um 20%