1882 / 34 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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seinen Einfluß bei der Kurie zu Gunsten des Friedens gel- tend zu machen ; die Rechte des Hauses werde es an wohl- wollendem Entgegenkommen nit fehlen lassen. :

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Dr. Gneist das

Wort.

Der Kommunal-Landtag der Kurmark füllte seine 2. Plenarsißung am 6. d. M. lediglich durch Vornahme von Wahlen aus. Der Landtag wählte als seinen Vorsißenden den Major von Rochow auf Plessow, welcher dieses Amt be- reits seit 6 Jahren bekleidet, auf eine fernere dreijährige Periode wieder und ebenso dessen Stellvertreter, den Landrath von Winterfeld auf Menkin. Alsdann wurde die Kommission für die Revision der von dem Landtage ressortirenden Kassen, soweit deren Mitglieder noch dem Landtage angehören, wieder- gewählt, Erstere besteht nunmehr auf eine mit diesem Jahre beginnende dreijährige Periode aus dem Herrn von Rochow als Vorsißenden, dem Erbjägermeister von Jagow als Stell- verireter, dem Gutsbesißer Pasewaldt und dem Stadtrath Ehren- berg als Mitgliedern, dem Amtsvorsteher Schulye-Gög und dem Stadtverordneten von Jacobs als Stellvertretern. Die nächste Sißung wird der Landtag am Donnerstag, den 9, d. M., Mittags 12 Uhr, halten.

Der General-Lieutenant Freiherr von Branden- stein, Commandeur der 8. Division, hat sich nah Abstattung persönlicher Meldungen in seine Garnison Erfurt zurüc- begeben.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats- Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 1), enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt.

Sachsen. Dresden, 7. Februar. (Dresd. J.) Gestern Mittag sand die feierliche Auffahrt der Königlich großbritan- nishen Gefandtschast, bestehend aus folgenden Personen: 1) Earl of Fife, großbritannisher außerordentlicher Gesandter, 2) Sir Albert Woods, erster Wappenkönig des Hosenband- Ordens, 3) Sir Alfred Horsford, General, 4) Honourable F. L. Bertie, Legations-Sekretär, 5) Kapitän F. S. Wynne- Fin, Royal Horse Guards, 6) Lieutenant-Colonel Lord Algernon Gordon Lennox, 7) Mr. Cochayne, Esqu., 8) Mr. Bellagis, Esqu., nach dem Königlichen Schlosse statt. Um 1 Uhr Nachmittags erfolgte darauf im Thronsaale die Jnvestitur des Königs mit den Junsignien des Hosenband-Ordens. Um 5 Uhr war Diner im Banket- jaale, Bei demselben brachte der König die erste Gesundheit aus auf das Wohl der Königin von Großbritannien, Kaiserin von Jnundien. Der Königlich großbritannishe Bevollmächtigte toastete auf das Wohl des Königs Albert, der König auf das Wohl der Ordensritter. Den vierten Trinkspruch brate der großbritannishe Bevollmächtigte auf das Wohl der Königin und der Königlichen Familie von Sachsen aus. :

Jn ihrer heutigen Sitzung erklärte sih die Zweite Kammer durch den mittelst Königlichen Dekrets ihr vor- gelegten Bericht über die Verwaltung und Vermehrung der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, dem Antrage der Nechenschaftsdeputation folgend, für befriedigt. Bei diéser Gelegenheit kam der Abg. Walter auf die Angriffe zu sprechen, welche der Galeriedirektor in Cassel, Dr. Eisenmann, seiner Zeit gegen die neueren Ankäufe von Gemälden älterer Meister Seitens der Generaldirektion der Königlichen Samm- lungen für Kunst und Wissenschaft erhoken hatte, und ver- mißte in dem Berichte ein näheres Eingehen auf diesen Gegen- stand. Von Seiten des Referenten, Abg. Grahl, und des Staats-Ministers Dr, von Gerber wurde dem entgegengchalten, daß über eine solche rein kunstwissenschafstliche Streitfrage in der Kammer nicht wohl verhandelt werden könne, daß die An- griffe des Dr, Eisenmann übrigens auch von angesehenen Kunstgelehrten ihre Widerlegung erfahren hätten. Weiter beshloß die Kammer, einen von den Abgg. v. Oehlschlägel und Genossen eingebrahten Antrag, die Königliche Staatsregierung zu ermächtigen und zu ersuchen, im Verordnungswege die Bestimmungen des §. 1 des Geschßes vom 22. Juli 1876, die Schonzeit der jagdbaren Thiere betreffend, in Betreff des Sperlings außer Wirksamkeit zu seßen und diejenigen Be- stimmungen zu treffen, die für geeignet, beziehentlih für zu- lässig zu erachten sind, um der Landwirthschast, dem Obst- baue und der Gartenkultur den nothwendigen Schuß gegen den Schaden zu verschaffen, der denselben durch cine zu große Vermehrung der Sperlinge verursacht wird, sofort in Sch(hluß- berathung zu nehmen.

Vaden. Karlsruhe, 7. Februar. (W. T. B.) Nach dem heutigen Bulletin über das Befinden des Groß- herzogs ist der Zustand der entzündeten Augen nit unbe- friedigend, jedoch dauert die nervöse Schtlaslosigkeit fort, woraus die zögernde Krästigung und Erholung zu erklären ist.

Jn der Zweiten Kammer brachte der Finanz- Minister Ellstätter einen Gesetzentwurf, betreffend Erleichterun- gen bei der Handhabung der Weinsteuergeseß- gebung ein.

(Cöln. Ztg.) Der Finanz-Minister hat den Kammern den Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Staats- voranshlag und die Verwaltung der Staats- einnahmen und Ausgaben vorgelegt, welches die Grundlage für die vollständige und ausgiebige Wirksamkeit der vor wenigen Fahren neu organisirten Ober-Rehnungskammer bilden soll, indem es alle Vorschriften und Grundsäße aus dem weiten Gebiete der gesammten die Finanzen berührenden Staatsverwaltung zusammenfaßt, welhe zum Theil in verschiedenen Gesehen bereits niedergelegt sind, zum Theil sih durch eine langjährige Praxis entwickelt haben und einer geseßgeberischen Feststellung bedürfen. Da das Geseß, wenn es die Zustimmung der Volksvertretung findet, eine neue Einrichtung des Budgets voraussetzt, welche zur Zeit bei einzelnen Verwaltungszweigen niht durhaus vorhanden ist, so ist vorgeschlagen, dasselbe erst mit dem Beginne der Budget- periode 1884/85 in Wirksamkeit treten zu lassen. Ein anderes Geseg, welches der Minister des Jnnern vorgelegt hat und das die Absicht verfolgt, der Klasseneintheilung der Wahl- berechtigten für die Wahl der Stadtverordneten eine rihtigere Grundlage als die bisherige zu geben, verdient darum hervorgehoben zu werden, weil in den Motiven aus- drüdlich erklärt wird, daß die Regierung für cine mehrfach angeregte Revision der ganzen Städteordnung die Zeit noch niht gekommen glaubt, da die hierbei \ich ergebenden s{hwierigen und für die Gestaltung des Gemeinwesens der größern Städte des Landes höchst bedeutsamen Fragen einer allseitigen gründlihen Prüfung bedürsen.

Meelenburg. Schwerin, 8. Februar. (W. T. B.) Herzogin Anna, Tochter des Großherzogs aus zweiter

Ebe, ist nah fünstägiger Krankheit an der Lungenentzündung gestorben.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. Februar. (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ meldet auf Grund zuverlässiger Mit- theilungen aus Lemberg, daß die von den Zeitungen ge- brahten Meldungen über die Ursachen der vorgenommenen Verhastungen im Wesentlichen richtig, indessen nicht erschöpfend seien. Bei dem gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit seien positive Angaden selbstverständlich nicht zu erwarten.

8. Februar. Amtlih wird aus Serajewo vom 7. d. M. gemeldet: Von Susjesno und Karaula Humic aus veranlaßte General Obadih in Foca kurze Offensivstöße gegen die cFFnsurgenten. Der Gegner wich beiden Kolonnen aus, nur im Laufe des Nachmittags kam es zwischen einer Abthei- lung Jnsurgenten und der linken Flankenkolonne bei Susjesno zu einem Feuergefeht, bei welhem 3 Mann verwundet wurden. Auch bei Humic fand erst gegen Abend ein Geplänkel statt. Das offensive Vorgchen wird fortgeseßt.

Großbritannien und Frland. London, 7. Februar. (W. T. B.) Die Eröffnung des Parlaments hat heute stattgefunden. Der Lordkanzler Selborne verlas die Thronrede. Die Beziehungen Englands zu den auswär: tigen Mächten werden als herzliche bezeihnet. Jm Ein- vernehmen mit Frankreih richte die Königin ihre spezielle Aufmerksamkeit auf die Angelegenheiten Egyptens, wo die bestchenden Arrangements ihr besondere Verbindlichkeiten auf- erlegen. Sie werde ihren Einfluß benußen, um die, sei es durch Firmans des Sultans, sei es durch internationale Abmachungen bereits festgestellten Rechte in einem, einer guten Regierung des Landes und einex weisen Entwickelung seiner Einrichtungen günstigen Sinne aufreht zu halten. Die Verhandlungen zwishen England und Frankreih über den Handelsvertrag wurden mit dem Wunsche fortgeseßt, einen der Entwicklung der Handelsbeziehungen beider Länder, deren enge Freundschaft so großen Werth für die Königin habe, günstigen Vertrag abzuschließen. Die Thronrede spricht ferner die Zuslimmung zu der bevorstehenden Vermählung des Prinzen Leopold mît der Prinzessin Helene von Waldeck aus und glaubt, daß diese Verbindung eine glückliche sein werde. Die Hauptbestimmungen des Vertrages über die Gebiets- abtrelungen- in Thessalien seien bereits ausgeführt worden; die Uebertragung der Souveränetät sei in einer für die kontrahirenden Theile ehrenvollen Weise ausgeführt worden. Die Wiederherstellung des Friedens jenseits der Nordwest- grenze Jndiens und im Jnnern Judiens gestatte der Regie- rung von Fndien, die für die öffentliche Wohlfahrt erforder- lihen Arbeiten wieder aufzunehmen. Die Konvention mit dem Transvaallande werde hoffentlih vortheilhafte Resultaie haben. Die Thronrede spriht das Bedauern über die un- ruhige Lage im Basutolande aus. -— Der Handel zeige im Jnnern des Landes und &ch außen hin eine konstante Besse- rung, wenn sih auch die ßtaatseinnahmen noch nicht in ent- sprechender Weise vermehrtzgätten. Die Thronrede konstatirt cine Besserung des Zustandes in Jrland ; die außerordentlichen Voll- machten, welche vom Parlamente bewilligt worden, seien im weitesten Umsange angewandt worden, die Ordnung wieder herzustellen. Der vom Ministerium vorbereitete Entwurf, betreffend ¡die Weiterentwwickelung, der Autonomis der Graf- schasten, solle sich nicht auch auf Jrland erstrecken. Schließlich wird ein Geseßentwurf über die Reform des Gemeindewesens von London angekündigt, nah welchem das bisherige System der Gemeindeverwaltung auf die ganze Stadt London aus- gedehnt werden soll.

7. Februar, Abends. (W.' T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses, welcher der Prinz von Wales in der Pairsloge beiwohnte, sprah Bradlaugh den Wunsch aus, den Eid zu leisten. Northcote beantragte, Bradlaugh niht zur Eidesleistung zuzulassen. Der Staatssekretär des JZinern, Harcourt, stellte dagegen den Antrag auf Uebergang zur Vorsrage. Bradlaugh erklärte, daß er, wenn er den Eid leiste, denselben als bindend betrahten werde. Der Uebergang zur Vorfrage wurde mit 286 gegen 228 Stimmen abgelehnt und hierauf der Antrag Northcote’'s auf Nichtzulassung Bradlaughs ohne Abstimmung angenommen. Bradlaugh beharrte auf seinem Wunsche. Northcote beantragte, Brad- laugh solle sich zurückziehen. Dieser Antrag, welchen der Premier Gladstone unterslüßte, wurde angenommen. Glad- stone theilte hierauf mit, daß er am Montag mehrere Neso- lutionen auf Abänderung der Geschäftsordnung einbringen werde. Der Sprecher verlas ein Schreiben des General- Sefretärs für Jrland, Forster, in welchem dem Hause die Verhaftung der Parlamentsmitglieder Parnell, Dillon und D'Kelly mitgetheilt wird. Gray beantragte, zur Er- wägung der Frage, ob das Schreiben die besondere Auf- merksamkeit des Hauses erheishe, einen Aus\{chuß einzuscßen. Gladstone bekämpfte den Antrag Gray's, der s{ließlich mit 174 gegen 45 Stimmen abgelehnt wird. Auf eine Anfrage Wolffs antwortete der Unterstaats-Sekretär Dilke : Errington sei von der Negierung mit einer speziellen Mission an den Vatikan nicht beaustragt gewesen; derselbe sei aber, da er sich gerade in Nom befunden und das Vertrauen Lord Granville's be- sessen habe, als Vermittler einer Kommunikation zwischen Lord Granville und dem Vatikan über gewisse Gegenstände benutzt worden ; eine offizielle Stellung habe Errington nit einae- nommen, auch habe derselbe keinen Gehalt bezogen. Der Erlaß einer Adresse an die Königin wurde von Marjoribanks beantragt und von Frith unterstüßt. Die De- batte darüber wurde auf den Antrag Northcote's auf morgen vertagt.

Zm Oberhause beantragte Fingall, unterstüßt von Wenlodck, eine die Thronrede paraphrasirende Adresse.

8. Februar, früh. (W. T. B.) Jn der heutigen Sihung des Oberhauses erklärte Lord Salisbury: die Thronrede sci unklar, die Opposition habe jedoch nicht die Absicht, die Adresse an die Königin zu bekämpfen, Er sei erfreut über die bevorstehende Vermählung Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Albany mit der Prinzessin von Waldeck und darüber, daß ohne Autorisation Seitens der Pforte eine Einmischung in die egyptischen Angelegenheiten keinesfalls stattfinden werde. Die freundlihen Beziehungen Englands mit den großen deutshen Mächten und die Mitwir- kung des Sultans seien die Bedingungen gewesen, worauf ih die Politik der legten Regierung gegen Egypten gegründet habe, aber die vor zwei Jahren von Gladstone gethanen Aeußerungen hätten die englishe von der deutschen Politik getrennt, den britischen Einfluß in Konstantinopel geschwächt und die Schwie- rigkeiten, das egyptishe Problem zu löfen, erhöht. England

sollte mit Frankreih gehen, so lange die Politik Beider in gleihen Bahnen sih bewege, müsse aber die Freiheit haben, ablenken zu können, sobald die britischen Jnteressen im Orient eine andere Haltung erheishten. Erkenne aber England an, daß andere Mächte in Egypten gleihe Jnteressen besäßen, wie es selbst dort zu vertreten habe, dann entstehe die Gefahr einer Neutralisirung des Suezkanals, während ande- rerseits Nußland vor den Thoren von Herat stehe. Redner befürchtete ferner, daß die Aussichten über den Abschluß des Handelsvertrages mit Frankreih keine sehr günstigen seien, verurtheilte die Ausführung der irishen Landakte und hoffte auf die Zusage einer Entschädigung für die Grundbesißer und strengerer Maßregeln gegen die Un- geseßlichkeiten in Jrland. Der Staatssekretär des Auswärti- gen, Lord Granville, trat den Angriffen Lord Salisbury's entgegen und beklagte die Haltung der Führer der konseroati- ven Partei in der irischen Krisis. Die Lage in Jrland sei indéssen gegenwärtig besser als im Vorjahre, und die Negie- rung vertraue auf den friedlihen Einfluß der Landakte. Die Regierung wolle keinen Handelsvertrag mit Frankreich, welcher England ungünstiger als bisher stelle. Die von Lord Salisbury herbeigeführte gemeinsame Aktion Frankreichs und Englands in Egypten sei das einzige Mittel, die Verwaltung in Egypten zu bessern. Die an den englischen Geschäftsträger in Kairo, Mallet, gerichtete Depesche habe den Zweck gehabt, eine authentische Darlegung der Politik Englands zu geben ; sie habe eine gute Wirkung ausgeübt und sei von der No- tablenkammer, einer Körperschaft, welcher England in keinen: Sinne feindlih gegenüberstehe, gut aufgenommen worden. Der bezügliche Schristwechsel könne mit Ausnahme der beide: in Egypten publizirten Noten gegenwärtig nicht vorgelegt werden; aber die Punkte, in denen sih diese beiden Noten von der an Mallet im November v. J. gerichteten zweiten Note unterschieden, seien auh von Frankreich gebilligt worden, welches ertlärte, daß seine Politik im Allgemeinen dieselbe sei, wie die darin niedergelegte. Der Staatssekretär bemerkte weiter: die englishe Regierung habe aktive Unterhandlungen über Egypten mit Gambetta bis zu seinem Nückttritte, ja bis zur Ernennung der neuen Regierung gepflogen; er wisse nit, ob die gegenwärtige französishe Regierung längere Zeit zur Erwägung dieser Frage wünsche, glaube aber, daß sie betreffs der Hauptpunkte mit England übereinstimme, und crx zweifle nicht, daß man in aufrichtigem Einverständniß mit Frankreich in dieser Angelegenheit kooperiren könne. Eine Beseßung Egyptens durch englische, franzosishe oder türkishe Truppen würde vor zwei oder drei Monaten unzweifelhaft die Gefahr einer Anarchie und Unordnung herbeigeführt haben. „Un- sere Politik ist die Aufrechterhaltung der Rechte des Sou- veräâns von Egypten, die Aufrechterhaltung der Stellung des Khedive, die Aufrechterhaltung der Freiheiten des Volkes und die Wahrung der internationalen Arrangements mittelst ciner weisen Entwickelung des Reiches, Wir haben Grund zu glauben, daß die anderen Mächte sowohl als au Frankreich und die Türkei in jenen Ansichten übereinstimmen, und in dem Falle hoffe ih, daß, wiewohl die Nothwendigkeit irgend- welcher Fntervention nicht ausges{chlossen is, wir im Stande sein werden, mit den übrigen Mächten zu kooperiren, um die Nothwendigkeit einer gewaltsamen FJntervention zu ver- hindern“. Die Adresse wurde sodann ohne Abstimmung an- genommen.

8. Februar. (W. T. B.) Die Morgenblätter ver- öffentlichen die neue Geschäftsordnung für die parla- mentarishen Verhandlungen, nah welcher der Schluß der Debatte durch cinfache Majorität erfolgt, vorausgesetzt, daß der Antrag auf Schluß der Debatte entweder von mehr als 200 Deputirten unterstüßt oder von weniger als 40 De- putirten beanstandet wird.

Frankreich. Paris, 7. Februar. (W. T. B.) Die Abendblätter weisen auf den Erfolg hin, welchen der Conseils-Präsident in der gestrigen Sißung der Depu- tirtenkammer errungen hat, und sind der Ansicht, daß die Mehrzaÿl derer, welche sich gestern der Abstimwung enthielten, dies nur gethan hätten, um ihre Meinung in dem vorliegen- den Falle nicht zu ändern, daß sie aber bei anderer Gelegen heit sür das Kabinet stimmen würden.

8. Februar. (W. T. B.) Lefebvre de Béhaine wird auf sein Ersuchen Gesandter im Haag bleiben; der bis- herige Gesandte in München, Graf Montebello, geht in gleicher Eigenschaft nach Brüssel.

Türkei. Konstantinopel, 8. Februar. (W. T. B.) Die Pforte überreichte gestern den Botschaftern eine Note in Beantwortung der Note vom 30. November in Betreff der bezüglih Feststellung der türk ish-: griechischen Grenze streitigen Punkte Analipsis und Nezeros. Sie hält die von den türktishen Kommissären proponirte Trace als der Konvention vom 24, Mai entsprechend aufrecht, und spricht die Hoffnung aus, daß die Botschafter, da die europäischen über diesen, sowie über mehrere andere Punkte verschiedener Ansicht scien, sich der von türkisher Seite vorgeshlazenen Trace anschließen würden.

Serbien. Belgrad, 7. Februar. (W. T. B.) Jn der Skupscztina wurden Seitens bder Minorität und Ma- jorität Fnterpellationen an die Negierung gerichtet bezüglich der Angelegenheit der Union générale. Die Minorität verlangte eine sofortige Antwort. Der Justiz-Minister ersuchte, da von Paris noch keine näheren Datails eingegangen seien, die Veantwortung der Jnterpellation bis auf Weiteres zu vertagen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 8. Februar. (W. T. B.) Jn dem Befinden der Großfürstin Maria Paulowna ist eine Vershlimmerung eingtreten ; die Nacht war unruhig, -das Fieber hat zugenommen.

Ueber das angeblihe Entlassungsgesuch des Generals Skobeleff ist in hiesigen unterrihteten Kreisen nichts be- kannt, dagegen bestätigt es ih, daß demselben der Rath ertheilt worden sei, Urlaub zu einer Reise nah dem Auslande nachzusuchen.

Dem „Golos“ ist wegen zweier Leitartikel die erste Verwarnung ertheilt und der Einzelverkauf untersagt worden.

Schweden und Norwegen. Christiania, 2. Fe- bruar, Das dem Storthing vorgelegte Budget für das Finanzjahr 1882/83 balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 41 440 000 Kronen. Die Einnahmen sind wie folgt veran- shlagt: Jndirekte Steuern : Zölle 18 750 000 Kronen, Brannt weinsteuer 3 700 000 Kronen, Malzsteuer 2000 000 Kronen, Stempelpapier 940 000 Kronen, Spielkartenstempel 45 000 Kronen, Erbschaftssteuer 230 000 Kronen, Departements- und Gerichtssportel 875 000 Kronen, im Ganzen 26 540 000 Kro-

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nen; direkte Einnahmen: Staatsbesizungen 1 211 600 Kronen, Staatsafktive 1 381 400 Kronen, verschiedene Verwaltungs- zweige 11 663 210 Kronen, zufällige Einnahmen 224 789 Kro- nen, dur Staatsanleihe beschaffte Mittel zu Eisenbahnanlagen 419 000 Kronen. Die Ausgaben sind dagegen folgendermaßen berehnet: Königlihes Haus und Staatsdomänen 490 472 Kronen, Storthing 434 809 Kronen, Staatsrath und Regie- rung 1179 838 Kronen, Kultus-Departement 4178 313 Kro- nen, Justiz-Departement 4 310 527 Kronen, Departement des Jnnern 197 740 Kronen, Finanz- und Zoll-Departement 9 973 240 Kronen, Arwee-Departement 6 847 500 Kronen, Marine- und Post-Departement 6 744 796 Kronen, aus- ländische Angelegenheiten 534 325 Kronen, unvorhergesehene Ausgaben 129 447 Kronen, Eisenbahnbau 419 000 Kronen. Die Regierung stellt außerdem eine neue vorläufige Anleihe für Rehnung der Staatskasse im Betrage bis 5 Millionen Kronen in Aussicht und verlangt die Autorisation zur Auf- nahme derselben für den Fall, daß die Einnahmen der Staats- fasse sih zur Bestreitung der Ausgaben ungenügend erweisen sollten, was die Regierung auf Grund des geringen kontan- ten Bestandes der Staatskasse nicht für unwahrscheinlich hält. Nach dem Berichte über den Zustand des Reiches betrug lezterer am Schlusse des Jahres 1881 nur 4 003 000 Kronen gegen 9 151 000 Kronen zu Anfang dieses Jahres. Außerdem haite die Staatskasse aber einen Reservefonds von 2 423 215 Kronen, Prioritätsaktien der norwegishen Hauptbahn im Betrage von 2 809 000 Kronen und 33 001 900 Kronen aus- stehende Forderungen. Die Staatsschulden betrugen Ende 1881 104 492 000 Kronen.

Afrika. Egypten. Kairo, 7. Februar. Ein Reuter- sches Telegramm meldet: Fn einem heute abgehaltenen Mi- nisterrathe ist das organische Geseg in der von der No- tablenkamner vorgeschlagenen Form genehmigt und zugleich bezüglih des Budgets eine Erklärung festgestellt worden, welche konstatirt, daß das Budgetbewilligungsreht vom Khe- dive, in Gemäßheit der demselben durch die Firmans der Sultane verliehenen Gewalten, an die Notabelnkammer übertragen worden sei und daß die Einräumung dieses Necht s den internationalen Verpflichtungen Egyptens niht zuwid2r- laufe. Der Khedive hat das bezügliche Dekret unterzeichne t und das organische Geseg genehmigt.

Zeitungsstimmen.

Wie die „West-Preußische Ztg.“ mittheilt, hat der Verein der Konservativen zu Danzig unter dem 11. v. M. in Folge des Allerhöchsten Erlasses an das Staats-Ministerium vom 4. Fanuar eine Adresse an den Reichskanzler gerichtet, welche folgenden Wortlaut hat:

Durchlauchtigster Fürst! Hochgebietender Herr Reichskanzler !

Ew. Durchlaucht hoffte der Verein der Konservativen zu Danzig bereits durch die von ihm erstrebte Sendung eines christlich-konser- vativen Abgeordneten in den Reichstag einen Beweis seiner Könias- treue und seiner vaterländischen Gesinnung geben zu können. Die Umtriebe der biesigen Liberalen haben für dieses Mal nocch den von uns gehofften Erfolg vereitelt, dafür aber unsern Muth gestählt und unsern Eifer für die Sache des Vaterlandes, die wir durch Erw. Durch- laucht Politik auf das Beste berathen sehen, neu entflammt. Wir: sind uns der heiligen Pflicht bewußt, für die Geltendmachung gesunder, christlich-verklärter politisher Grundsätze grade hier in dem unter einem drückenden liberalen Terrorismus Jahre lang niedergehaltenen Danzig mit zäher Entschiedenheit einzutreten, und \{recken vor keinen Drohungen und Verhöhnungen zurück. Wir wissen, bier lebt noch ein konservativ-christlicher, königstreuer Geist, besonders im Hand- werker- und Arbeiterstande. Durch Nichts ift unser Muth und unsere Zuversicht aber fo gehoben, als dur den jüngsten Allerböcbsten Erlaß Sr, Majestät, unseres heißgeliebten Kaisers und Königs, der aller Welt bekundet, was jedem guten Preußen freilih von jeher bekannt, daß Se. Majestät im Vollbewußtsein Seiner, Ihm von Gott ge- stellten Aufgabe und der damit verbundenen Verantwortlichkeit die verfassungsmäßige Stellung des Königthums von Gottes Gnaden in Preußen gegen alle unberechtigten und jederzeit von der Geschichte ges richteten Eingriffe einer Preußens Kraft und Ruhm gefährdenden Demokratie mit Königlicher Freimüthigkeit und Entschiedenheit zu wahren weiß. Wir sehen mit Begeisterung und Dank gegen Gott unsern angestammten, so einzigartig reich ge]egneten Kaiser und König getreu den Hohenzollernschen Traditionen wieder einmal der ganzen Kulfurwelt um ein Menschenalter in der Begründung neuer noth- wendiger Reformen zum Heile Deutschlands und Europas vorauseilen und preisen die Generation glückli, die in besserem Verständniß der Kaiserlichen Pläne und im Genuß ihrer Erfolge Gott für das danken wird, was ihnen jeßt unser innig verehrter Kaiser und Herr unter dem Beirathe Seiner bewährten Diener erkämpft.

Ew. Durchlaucwt bitten wir gehorsamst, Sr. Majestät, unserm Ullergnädigsten Kaiser, König und Herrn, den Ausdruck unseres be- geisterten Dankes für diese Königliche Kundgebung hochgeneigtest über mitteln zu wollen, Wir Konservativen in Danzig flehen mit JIn- brunst zu Gott, daß er unsern Kaiser und König sammt Ew. Durch- laubt uns noch lange erhalte und auch diesen neuesten Akt Allerhöchst Seiner Regierung segne.

Danzig, den 11. Januar 1882.

Im Auftrage des 2389 Mitglieder zählenden Vereins det

Konservativen zu Danzig: Der Vorstand.

Hierauf ist nun, wie die genannte Zeitung weiter be- ichtet, dem Vorstande, zu Händen des Kaufmanns Boehm, Jolgende Antwort zugegangen :

Berlin, den 3. Februar 1882,

, Die mir von dem Vorstande des dortigen Vereins der Konser- valtven überittelte Adresse habe ich Sr. Majestät dem Kaiser und König vorgelegt. Auf Allerböcbsten Befehl syrebe ich Eurer Wohl- geboren und den betheiligten Herren für die vatriotiscbe Gesinnung, welche sih in der Adresse zu erkennen giebt, den Dank Sr. Majestät aus, v. Bismar.

_— Dem „Düsseldorfer Anzeiger“ wird aus Unna, 4. Februar; geschrieben : :

L Die am 29, v. M, hier versammelt gewesenen konservativen Ferirauensmänner des Wahlkreises Hamm-Soest haben folgende Adresse an den Fürsten Reichkanzler beschlossen und abgesandt : , Den hier gerade versammelten Vertrauenmännern der konserva- tiven Partei im Wahlkreise Hamm-Soest gestatten Ew, Durchlaucht, hnen die Versicherung der unentwegten Dankbarkeit für das ent- gegenzubringen, was Sie für Preußen und Deutschland gethan aben, Wir werden es nie vergessen , daß Sie in \{chwerer kampfvoller Zeit die Fahne des preußishen Königthums hogehalten ‘und mit Ihrer ganzen / Persönlihkeit dafür nun eingetreten sind, diese Grundlage unserer Sicherheit Unserer Macht und unseres Glückes zu erhalten. Und ebensowenig werden wir dessen jemals uneingedenk sein, daß Sie Ihre Kraft ein- geleßt haben, um als treuester Diener Sr. Majestät unserer Nation Le ersehnte Einheit zu verschaffen und das deutsce Kaiserthum und Veutsche Reih wieder aufzuribten. Wir bedauern es von ganzem Herzen, daß Sie dur die Verhältnisse genöthigt lind, Jhre kostbare Kraft und Zeit aufzuwenden, um An- 0risfte von Gegnern zurückzusclagen, die gegen Ihre Verdienste

nichts in die Waagschale werfen können, als Phrasen und die Fähigkeit, das Volk mit allen Mitteln der Dema- gogie zu verführen und für ihre Absichten zu gewinnen: aber wir hoffen fest, daß das ganze Volk bald erkennen wird, daß es in Ihnen, wie den treuesten Diener unseres Kaisers, so seinen eigenen besten Freund zu verehren hat. Wir unsererseits bitten Sie, versichert zu sein, daß Sie fest auf uns in dem Kampfe gezen Bestrebungen rech- nen können, welche an die Stelle alter bewährter Veberlieferung und unzweifelhaften segensvollen Rechtes unfrucbtbare oder verderbliche Theorien seßen wollen und verharren, Ew. Durcßlaucht ergebenste 2c.

Der „Hannoversche Courier“ bringt einen „Der Sieg des Staatsbahnsystems in Preußen“ überschriebenen Artikel, in welchem es heißt:

Daß wir mit den finanziellen oder wirth\{aftlihen Ergebnissen der bisherigen Verstaatlichungépolitik üble Erfahrungen gemacht hâtten, wurde im großen Ganzen auch von den Gegnern nit behauptet. Vielmehr wurde der Gesichtépunkt in den Vordergrund geschoben, daß die Probezeit noch zu kurz gewesen, um cin abschließendes Urtheil zu ermöglihen, und dann wurden einzelne mehr oder weniger geringfügige Vorwürfe gegen die Eisenbahnverwaltung erhoben, die ja in manchen Punkten gerechtfertigt waren und Be- achtung verdienen und hoffentlich auch finden werden, bei der Beurtheilung der wirthschaftlihen Vorzüge der großen Reform aber gewiß niht entscheidend ins Gewicht fallen können. Wenn die Gegner des Staatsbahnsystems mit finanziell-wirth\chaft- litten Einwendungen wenig auszurichten vermochten, so boben fie die große politishe Prinzipienfrage von der übermächtigen Stellung der Regierung, von der gewaltigen Verstärkung der Bureaukratie, von der Schmälerung des Budgetrechts der Volksvertretung u. #. w. hervor. Cin Redner verstieg si sogar zu der Bemerkung, wir seten auf dem Wege vom Polizeistaat zum Rechtsstaat in die Irre gegangen und würden zum Eisenbahnstaat gelangen. Daß der Staat und au die jeweilige Regierung durch den Besiß der Eisenbahnen eine Verstärkung ihrer Macht erhalten, wollen wir nt in Abrede stellen. Allein den- Staat zu stärken haben wir. nie für eine Preisgebung liberaler Grundsäße gehalten, und eine große, als nothwendig erkannte wirth\chaftliche Reform zu unterlassen, weil einem die gegenwärtige Regierung kein volles Ver- trauen einflößt, fann doch auch nicht als der rihtige Standpunkt be- zeichnet werden. Was heute einer konservativen Regierung bewilligt wird, kommt vielleiht morgen einer liberalen zu gut, und umgekehrt ; wenn wir heute einer Reform zustimmen würden, weil ein liberales Ministerium am Ruder ist, wer bürgte dafür, daß die Früchte nicht bald eine fkonsferväative Regierung pflücken würde? Eine Ge- seßgebung darf nur nach sich selbs und ihrem inneren Werthe beurtheilt, nicht als ein Vertrauens- oder Mißtrauensvotum gegen wechselnde Regierungen behandelt werden. Man vergesse doch nit, daß in niht allzuferner Zeit die großen Nachbarstaaten alle in den Besiß der Eisenbahnen gelangen werden, daß in den süddeutschen Staaten von jeher das Staatskahnsystem herrschte, ohne daß der allmächtige bureaukratishe Eisenbahnstaat alle konsti- tutionellen Rechte verschlungen hätte oder zu vers{lingen drohte. Die finanziellen und wirthschaftlihen Garantien, über die man mit Un- recht gerings{äßig abzuurtheilen pflegt, werden im Abgeordnetenhause noch verstärkt werden, und dann wird si zeigen, daß die Besorg- nisse der Gegner vor einer Alles beherrs{enden Staatsomnipotenz maßloës übertrieben sind. Der Eisenbahn-Minister hat ganz ret, wenn er behauptete, nach fünfzig Jahren würde kein Mensch mehr begreifen, daß es je einen Zustand gegeben, wo dieses Verkehrämittel sich niht in den Händen des Staates befunden, und es würde eben so wenig Jemand einfallen, an dem Staatsbahnsystem zu rütteln, wie es heutzutage Jemand an dem Post- oder Telegraphen- regal thut. Was die Frage der politischen Rechte der Beamten und der Disziplinargewalt der Regierung betrifft, so kann sie doch bei dem gewaltigen Beamtenheer, das der Staat ohnehin chon besißt, unmöglich bei einer verhältnißmäßig geringfügigen neuen Vermelrung der Beamtenzahl zum Austrag gebraht werden. Es ist dies cine der fundamentalsten Prinzipien und Machtfragen, die dadurch nicht ge- löst wird, daß man den Uebertritt von ein paar tausend neuen Be- amten in den Staatsdienst bintertreibt. 1

Dem „Deutschen Tageblatt“ wird aus Bielefeld geschrieben :

Daß unsere westfälische Montanindustrie, desgleichen aud das Kohlengeschäft sich eines sichtbar steigenden Aufschwunges erfreut, dürfte allgemein bekannt sein und kann selbs von Denjenigen nicht in Abrede gestellt werden, die so gerne oft aus prinziellem Wider- spruchsgeiste geneigt sind, Alles, was unter den jetzigen Verhältnissen aufblüht und emporwächst, sofort herabzudrücken und zu verkleinern. Heute bin ich in der Lage, von dem Aufblühen eines anderen In- dustriezweiges zu berichten, der Glasindustrie, die namentltch im Reaie- rungsbezirke Minden seit einiger Zeit einen ganz außerordentlichen Aufshwung genommen hat, So'‘arbeitet die Glashütte in unserer Stadt mit angestrengter Kraft; diejenige in unserer unmittelbaren Nähe, in Brackwede, ist gezwungen, auf das S({leunigste eine Ver größerung und Neubau vorzunehmen, um den konkraktlich übernom- menen Verpflichtungen Genüge leisten zu können. Noch lebhafter geht es in den in nächster Nähe von Minden gelegenen Werken in der Porta, Obernkirchen und Stadthagen (Schaumburg-Lippe) zu. Im leßteren Orte geht die neue Glashütte der Vollendung entgegen und auch das ausgedehnte Werk in der Porta, die „Glasfabrik Wittekind“ das namentlich Hohlgläfer fabriziren foll, wird in kürzester Zeit fertig gestellt sein und dem Betriebe übergeben werden. Alle diese Werke bezichen den weißen Sand aus den im Fürstenthum Lippe-Detmold in der Nähe von Lemgo gelegenen Sandsteinbrücben, dessen Transport früher per Acbse, jeßt zumeist per Eisenbaln ge schieht. Unmöglich könnte die Glasindustrie einen so lebhaften Auf- s{wung nehmen, wenn nicht die industriellen Verhältnisse überbauvt eine Wendung zum Bessern genommen hätten, denn das Eine hängt doch mit dem Anderen zusammen, Da es aber immer noch so viele Unders- und Ungläubige giebt, so wird es gut fein, dur den Hinweis auf bestimmte im Aufblühen begriffene Industriezweige, durch cine demonstratio ad oculos, fie cines Besseren zu belehren.

Die „National-Ztg.“ widmet dem nun dem öffent- lichen Verkehre übergebenen Bauwerke der Berliner Stadtbahn und deren Schöpfer Worte der Anerkennung und sagt zuni Schlusse ihres Artikels:

„Ja, man darf keinen Anstand nehmen, die Berliner Stadtbabn zugleich mit der Gotthardbahn zu nennen: beide Werké sind in dem selben Jahre vollendet worden, beide haben S{&wierigkeiten vorge- funden, die niemals in gleider Weise si gezeigt batten, beiden ist es gelungen, dieselben glänzend zu überwinden. Die Gotthardbabn und Stadtbahn find Werke, die mehr von großen Gesi btêpunkten, von Berelnungen der Zukunft eingegeben sind als von dem augen- blidlichen Nuten, in beiden ist namentli der politische Gedanke des neuen Deutschen Reiches zum entscheidenden Ausdruck gekommen. Zu der Vollendung der Stadtbahn speziell beglückwünscen wir die Pfleger des Gedankens derselben, die Leiter des Baues, die Stadt Berlin und unser ganzes Staatswesen, dem sie zur Zierde und Förderung gereicht.“

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Statistische Nachrichten.

Das soeben ausgegebene Dezemberheft 1881 der Monats- heste zur Statistik des Deutschen. Reichs bringt Nachweise über die Einfuhr und Ausfuhr der wicbtigeren Waarenartikel im Jahre 1881 und über Durchschnitts- preise wichtiger Waaren im Großhandel für das Jahr 1881 : ferner Uber die Besteuerung, Ein- und Ausfuhr von Taback im Ernte- jahre 1880/81, und vorläufige Uebersichten über die Ergebnisse der Rübenzucer- Fabrikation im Campagnejahre 1881/82: außerdem für das Jahr 1880 die Nachweisungen über Eheschlicßungen, Geburten und Sterbefälle im Reiche. T N

Das

Das j¡üngsie Heft der „Zeitschrift des Königlich bayerischen statistischen Bureau“, dessen Erscheinen wir kürzlich anzeigten, bringt u. A. einen Aufsaß über „die Hülfskassen auf Gegenseitigkeit zur Unterftüßung bei Krankheit, Invalidität und Tod“ nab dem Stande vom Jahre 1877 in Bayern aus der Feder des Dr. Mar Seydel, des verdienten Vorstandes des genannten Bureaus. Wir geben den hauptfächliben Inhalt dieses Artikels hier wieder:

Die statistischen Angaben, welche hier mitgetheilt werden, find durch eine im Jahre 1877 veranstaltete Erhebung geliefert worden. Sie beziehen sich auf den Stand an Hülfskafsen auf Gegenseitigkeit zur Unterstüßung bei Krankheit, Invalidität und Tod, wie er am 1. Januar 1877 in Bayern vorhanden war. Es hantelt ih dabei um fünf Gruppen von Hülfskafsen: Krankenunterstütungskafsen,

Invaliditätskafsen, Sterbekassen, Wittwen- und Waisenkassen und gemischbte Hülfskassen, d. i. solde, welhe zwei oder mehrere der hier in Betraht kommenden Ünterstützungs8-

¿wee verfolgen. Bayern besaß am 1. Januar 1877 1892 derartige Hülfskassen mit 513355 Mitgliedern und einem Vermögen von 49 957 964 Æ Die gesammte Jahreseinnahme dieser Kassen betrug 10 562032 M, die gesammte Jahresausgabe 7 891 464 A Die ge- mischten Hülfskassen waren am zahlrei{sten (704 mit 170 796 Mit- gliedern) und unter diesen selbst wieder jene, welche zugleich Kranken- und Sterbekassen sind (578 mit 122 917 Mitgliedern). Verhältniß- mäßig gering an Zahl sind die Wittwen- und Waisenkassen (67 mit 24 699 Mitgliedern) und die Invaliditätskajsen (42 mit 22454 Mit- gliedern). Dagegen haben die ersteren weitaus den bedeutendsten Bermögensftand mit 28 869 149 A Die Betheiligung der \tädtischen Bevölkerung an den Hülfskassen ift, wie begreiflih, durchweg eine größere, als jene der Landbevölkerung. Um zu zeigen, wie die verschiedenen Bevölkerungsklassen an den fraglichen Hülfskassen sich betheiligen, hebt der Verfasser folgende Kategorien von Berufsthätigkeiten heraus: Handwerk, Großindustrie und Fabriken, Eisenbahnen, Post, sonstiger niederer Staatédienst. Es ergiebt \ich, daß von den vorhandenen Krankenunterstüßungskassen 525 mit 60 848 Mitgliedern treffen auf das Handwerk 170 mit 11362 Mitgliedern, auf die Groß- industrie und Fabrikbetriebe 105 mit 8152 Mitgliedern, auf die Eisenbahnen 10 mit 3574 Mitgliedern, auf den sonftigen niederen Staatsdienst 3 mit 405 Mitgliedern. Bei den Invaliditätekassen und Pensionsvereinen 42 mit 22 454 Mitgliedern treffen auf das Handwerk 2 mit 26 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrik- betriebe 6 mit 562 Mitgliedern, auf die Cisenbahnen 3 mit 7417 Mitgliedern, auf den sonstigen niederen Staatsdienst 15 mit 10 289 Mitgliedern. Bei den Sterbekassen und Leichenkassen 404 mit 294 5598 Mitgliedern treffen: auf das Handwerk 44 mit 22 800 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrikbetriebe 6 mit 720, auf die Eisenbahnen 19 mit 13733, guf die Post 7 mit 1757, auf

den sonstigen niederen Staatsdienst 21 mit 7653 Mitgliedern. Bei den Wittwen- und Waisenkassen 87 mit 24699 Mitgliedern

reffen aur Das Sant 2 nt 345 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrikbetriebe 2 mit 36 Mitgliedern; auf den sonstigen niederen Staatsdienst 59 mit 14 572 Mitgliedern. Bei den „Gemischten Hülfskafsen“ (d. h. solche Kassen, welche zwei oder mehrere der vorbenannten Unterstützungenzwecke verfolgen) 704 mit 170796 Mitgliedern treffen: auf das Handwerk 169 mit 18510 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrikbetriebe 192 mit 38217 Mitgliedern, auf die Eisenbahnen 15 mit 16 538, auf die Post 2 mit 1889, auf den sonstigen niederen Staatsdienst 2 mit 861 Mitgliedern. Aus der Zahl der font an den Hülfsfkaffen betheiligten Bevölkerungs8gruppen \ind noch besonders die ¿ceuerwehren und die Veteranen- und Kriegervereine hervorzuheben. Die Feuerwehren zählten im Jahre 1877: 16 Krankenunterstützungs- kassen mit 2063 Mitgliedern, 4 Sterbekasen mit 601 Mitgliedern, 7 gemischte Hülfskassen mit 1276 Mitgliedern. Die Veteranen- und Kriegervereine besaßen: 68 Krankenunterstützungskassen mit 9999 Mitgliedern, 1 Invaliditätskasse mit 22 Mitgliedern, 12 Sterbe- fassen mit 922 Mitgliedern, 72 gemischte Hülfskafsen mit 5265 Mit- gliedern. Was die Leistungen der Mitglieder an die Hülfskafsen betrifft, so ergiebt sich bezüglich der Höhe der Jahresbeiträge Folgendes: Bei den Krankenunterstüßungskassen bewegen sich die Jahresbeiträge in der Gruppe des Handwerks zwischen einem Marimum von 15,60 A und einem Minimum von 0,60 M: der durbscnittlicbbe Jahresbeitrag ist 5,23 /( In der Gruppe der Groß- industrie und des Fabrikbetriebes sind die entsprechenden Ziffern 34,29, 1,04 und 6,06 M, bei den Eisenbahnen 10,40, 2,40 und 8,27 Á., bei den sonstigen niederen Staatsbediensteten hat von den beiden vor- handenen Krankenunterstütungskassen die eine einen Iahresbeitrag von 8,40 A1, bei der andern findet jährliche Revpartition statt. Für die Invaliditätskassen sind die betreffenden Ziffern : Handwerk 10,40, 2,60, 5,77 MÆ, Großindustrie und Fabrikbetriecb 10,40, 1,08, 9,06 6, Eifer bahnen 12,60, 9,60, 9,85 M, sonstige niedere Staats-

i A l

, bedienstete 16,00, 1,72, 7,80 Æ Bei den Sterbekassen werden die Mitgliederbeiträge auf zwei verschiedene Arten geleistet. Bei einem Theile der Kassen werden Jahresbeiträge erhoben, bei cinem andern

Theile derselben zahlen die Mitglieder ihre Beiträge für jeden ein- zelnen Sterbefall. Bei der Großindustrie und dem Fabrikbetriebe erheben die Sterbekassen nur Jahresbeiträge; das Marimum der let» teren ist 5,20, das Minimum 2,40, der Durcbschnitt 3,96 M Bei der Post kommt ausfchließlich der zweite Erhebungsmodus zur An- wendung, und zwar ist das Marimum der Beiträge für den Sterbe- all 2,00 Æ, das Minimum 0,86 ,

6, der Durchschnitt 1,29 A Bei Gruppen des

Í Handwerks, der Eisenbahnen - und der niederen L

? Staatsbediensteien finden sich beide Arten der Beitragserhebung. Bei den Handwerkersterbekassen mit Jahresbeiträgen i das Maximum der letzteren 6,76, das Minimum 0,60, der Dur(h- schnitt 3,94 M; bei jenen mit Beiträgen cuf den Sterbefall find die betreffenden Ziffern 0,90, 0,10 und 0,23 4A Bei der Gruppe der Cijenbahnen finden wir für die Jahresbeiträge die Ziffern 4,50, 2,40 und 2,59 M, für die Sterbefallbeiträge 5,20, 0,11 und 1,15 M; bei den niederen Staatsbediensteten endlich für die Jahres beiträge 51,00, 1,40, 6,99 Æ, jür die Sterbefallbeiträge 900, 0.20, 1,42 M Die Jahresbeiträge bei den Wittwen- und Waisenkassen

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entziffern sich im Marimum, Minimum und Durcbschnitt beim Hand

wert auf 9,60, 5,209, 6,22 Æ, bei der Großindustrie und dem Fabrik-

vetriebe auf 5,20, 2,60, 4,17 M, bei den niederen Staatsbediensteten auf 46,98, 1,00, 15,59 M Für die gemischten Hülfskcfen endlich j ergeben si bei der gleiben Betrachtung folgende Ziffern: Handiverk 952,00, 0,88, 7,90 K Großindustrie und Fabrikbetrieb 41 60, 0,90, 8,2 M Eisenbahnen 10,40, 240, 667 A Post 1440, 412 11,31 A Sonstige niedere Staatsbedienstete 7,00, 171, 220 M

Kunst, Wissenschaft und Literatur. er Historien- und Genremaler Professor Eduard Stein- oruc, welcher sich in den dreißiger und vierziger Jahren dur lieblihe Genrebilder aus dem Kinderleben und dem Elfenreich (z. B. Erl- löônigs Töcbter) bekannt gemacht hat, ist am 3. d. M. in Landeck im achtzig\ten Lebensjahre gestorben. Die Natinalgalerie besitzt von ihm mehrere reizende Gemalde. Ver Verstorbene war Mitglied der Königlichen Akademie der Künste. Gewerbe und Handel.

Das „Journal officiel“ der französis{ben Republik

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vom (. d. M. veröffentlicht eine amtlihe Bekanntmachung, wodur die bestehenden Handelsverträge mit Oesterreib-Ungarn, Belgien,

Spanien, Italien, Portugal und Schweden. Norwegen bis zum 15, Mai d. d., diejenigen mit Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz bis zum 1, März d. d. verlängert werden.

- Die Dircktion der Militärwerkstatt (Direzione dell’ Opificio di Arredi militari) in Turin, Nr. 80 del Corso Oporto, wird am 15, d. M., Nachmittags 2 Uhr, Lieferungen von 60000 Ge- wehrriemen, einer gleihen Anzahl von Säbelkoppeln und ebenso vielen Patronentaschen im Gesammtwerthe von etwa 449 000 Lire im Submissionswege vergeben, Die näheren Bedingungen sind bei der genannten Adresse vorher einzusehen.

Die dem Abgeordnetenhause zugegangene Denkschrift über die Verwaltung der fiskalishen Bergwerke, Hütten und Salinen während des letzten Etatsjahres 1880/81 bringt interessante