1882 / 64 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Protokoll der vierten Sißung des permanenten Ausschusses des Volkswirthschaftsraths.

Berlin, den 11. März 1882.

Die Sißung wird um 111!// Uhr von dem Vorsitzenden, Staats-Minister von Boetticher, eröffnet.

Als Kommissarien der Regierung sind anwesend: Hr. Unter - Staatssekretär Dr. von Mayr, Hr. Direktor im Reichsamt des Jnnern Bosse, Hr. Geheimer Regierungs-Rath Boccius, Hr. Regierungs-Rath Dr. Roller.

Das Protokoll der vorigen Sißung des permanenten Aus- \{chu}ses liegt aus. : i E

Eingegangen ist behufs Vertheilung an die Mitglieder eine Druäschrist, betitelt: Zur Frage des Tabackmonopols, von Dr. F. Stöpel, Berlin. Dieselbe wird zur Entnahme für die Anwesenden ausgelegt. : d:

Der Vorsizende theilt mit, daß für diejenigen Mitglieder

des permanenten Ausschusses, welche heute in die Heimath zu

reisen beabsihtigten , Legitimationskarten für die freie Eisen- H Een zur Verfügung gestellt werden.

s wir Spezialberathung des Geseßentwurfs, betreffend das Tabak- monopol, eingetreten.

Der Vorsißende macht bekannt, daß zu dem §. 66 der Vorlage, welcher zur Berathung stehe, von dem Grafen Henckel von Donnersmarck der nachstehende Antrag ein- gegangen sei:

„1) im 1. Alinea statt „5“ Jahre „4“ Jahre zu sagen,

2) das 2. Alinea zu streichen und an dessen Stelle fol- gendes Alinea zu seten: ,

„Die Personalents{ädigung von Tabacklfabrikanten und Rohtabackhändlern, welche ihr Geschäft mindestens vier Fahre betrieben haben, wird, der Dauer ihrer Geschäftsetablirung entsprehend, ermittelt aus dem Reingewinn ihres Geschäfts innerhalb der leßten zehn «ahre (1873 bis 1882) unter Hinweglassung des günstigsten und ungünstiasten Jahres. Der also ermittelte Durchschnitts - Jahresgewinn innerhalb des leßten Dezennii wird mit der Dauer der Jahre der ge- Miene rgue Etablirung multiplizirt und hierauf mit 8 ividirt. :

Die derart festgestellte Zahl wird bei Taback- fabrikanten in sechsfachem, bei Rohtabaclhändlern in doppeltem Betrage entschädigt.“

Begründung: : Möglichst gleihmäßige und gerechte Berücksichtigung der seit

10 Fahren stattgefundenen Geschäftsetablirungen.

Weiter als 10 Jahre zurücßzugreifen scheint bedenklich.

__ Beispiel für Tabackfabrikanten : Dur@hschnittlicher Jahresreingewinn: 30000 ]

Geschäftsdauer: 8 Jahre ergiebt 240 000 4, durch 8 dividirt = 30000 M: 6 fache Entschädigung 180 000 M, 8 6 Jahre ergiebt 180 000 /, durch 8 dividirt ___= 22500 #: 6 fahe Entschädigung 135 000 M, A 4 Jahre ergiebt 120 000 4, durch 8 dividirt = 15000 A: 6 fache Entschädigung 90 000 M Beispiel für Nohtackhändler : Durchschnittliher Jahresreingewinn: 30000 4 Geschäftsdauer: 8 Jahre ergiebt 240 000 f, durch 8 dividirt = 30000 M: 2 fache Entschädigung 60 000 M, E 6 Jahre ergiebt 180 000 46, dur 8 dividirt = 22500 M: 2 fahe Entschädigung 45 000 , R, 4 Jahre ergiebt 120 000 6, dur 8 dividirt = 15000 a: 2 fahe Entschädigung 30 000 M

Der Referent Hr. von Nathusius steht der in dem vor- stehenden wie in dem Leydendecershen Antrage (\. Protokoll der vorigen Sigzung) vertretenen Jdee einer stufenmäßigen Steigerung der Entschädigungen nah Maßgabe der Dauer des Geschäftsbetriebs sympatish gegenüber. Einen wesen!lichen Unterschied der beiden Anträge glaubt er darin erkennen zu sollen, daß nah dem Antrage des Hrn. Grafen Henkel bei länger als zehnjähriger Dauer des Geschäftsbetriebes eine Steigerung niht mehr eintreten solle, während der Antrag Leyendecker weitere Steigerungen im Fall der Ausdehnung des Geschästsbetriebes über 10 Jahre beziehungsweise über 20 Jahre hinaus in Aussicht nehme. Der erstere Antrag ver- diene hier nah Ansicht des Redners den Vorzug. Der An- trag des Hrn. Leydendecker betreffs Streihung der Worte ¿welche ihre Fabriken niht an die Monopolverwaltung ver- kaufen“ werde nah den früheren Erklärungen des Hrn. Regierungskommissars füglich aufgegeben werden Töónnen. Materiell sei die vorgeshlagene Modifikation der Regierungsvorlage niht von Belang, weil es ja nicht die Ab- sicht sei, die betreffenden Fabrikanten ohne Entschädigung be- züglih des ihnen entgehenden Geschäftsgewinnes zu lassen, vielmehr in Aussicht genommen sei, dieselben bei Feststellung des Kaufpreises für die von der Monopolverwaltung abzu- tretenden Fabriken auch in dieser Nichtung schadlos zu halten. Dee werde es aber nur zu unerwünshten Verwickelungen ühren, wenn in Folge der beantragten Streichung des frag-

lihen Passus in jedem Falle eine besondere Regulirung der Personalentshädigungen werde zu erfolgen haben.

Die Berathung der von den Herren Baare und Genossen beantragten Re}olution betreffend die Regelung der Entschädi- gungsfrage für die außerhalb des Zollgebiets belegenen Theile des res wird unter Zustimmung der Antragsteller bis nach

der Berat Hr. Paetsch rote in Begründung des von ihm gestellten Antrages (siche Protokoll der vorigen Sißung) aus, wie cine Beschränkung des Kreises der Entschädigungsberechtigten auf solhe Personen, die mindestens 5 Jahre ein Tabackgeschäft betrieben hätten, eine Härte gegenüber denen enthalten werde, ie zwar erst kürzere Zeit Jnhaber von Tabackfabriken oder Handlungen seien, jedoch zuvor als Geschäftsreisende, Werk- meister oder in ähnlihen Stellungen im Tabackgeschäft thätig gewesen seien. Hr. Kiepert befürwortet gleichfalls seinen Antrag (siche Mratctol der vorigen Sizung), welcher keine sehr wesentliche bweihung von - der Vorlage enthalte, indem bei der vor eshlagenen Nichtberücksichtigung des besten und des \{chle{hte- en Geschäftsjahres bei den Geschästen von weniger als 7 jäh- riger Dauer nur 3, bei denen von längerer Dauer nur 5 eten fesitzustellenden Durchschnittsgewinn zu Grunde zu égen seien.

ung des §. 66 ausgeseßt.

sodann in die Tagesordnung : Fortseßung der

Hr. Kosma& glaubt darauf hinweisen zu sollen, wie in dem vorliegenden Geseßzentwurf zum ersten Male eine Steuer- veränderung unter Gewährung von Entschädigungen an sämmtliche dadur in ihren Erwerbsverhältnissen berührte Perfonen in Ausficht genommen, und wie hierdurch die bis jeßt unerhörte Erscheinung hervorgerufen werde, daß si, theilweise unter dem Drudcke dieser Jnteressenten, eine lebhaste Agitation für eine nahezu vollständige Enischädigung derselben geltend mae, Der Negierungskommissar habe {on auf verschiedene Fälle hingewiesen, in denen durch Aenderungen der Gesetze Beschränkungen der Erwerbsthätigkeit der Einzelnen ohne irgend welche Entschädigung herbeigeführt worden seien. Er erwähne aufs Neue, daß bei der Grundsteuerregulirung in den dstlichen Provinzen der Monarchie die Grundeigenthümer zum Theil in nur sehr geringem Maße, zum Theil gar nicht entschädigt worden seien, und füge hinzu, daß etwa um das Jahr 1850 in den Hafenstädten der östlihen Provinzen ein ganzer be- deutender Jndustriezweia, damals fast. der einzige, die Zucker- rasfinerie, mit einem Schlage ohne einen Pfennig Vergütung vollständig vernichtet worden sei, als zum Schutze des inlän- dishen Nübenbaues ein hoher Zoll auf westindishen Rohzucker gelegt worden sei. Diejenigen Herren, welche geneigt seien, die in der Vorlage in Aussicht genommenen Entschädigungen zu erhöhen, möchten erwägen, welche Konsequenzen das für fernere ähnliche Geseße haben fönne. Er befürworte dringend, nicht über die Entschädigungssäße des Entwurfs hinauszu- gehen. Einer Aufnahme der Hansestädte und Altonas in das Monopolgebiet unter gleichen Bedingungen, wie sie den übri- gen Jnteressenten zugestanden werden sollten, werde Redner mit Freuden zustimmen. :

Hr. von Rath sieht sih veranlaßt, namentlich im Hinblick auf die Auslassungen der Tagespresse über die angeblich durch die Vorlage in Aussicht gestellte ungercchte Unterdrückung be- stehender Gewerbebetriebe, zu konstatiren, daß die bezüglichen Beschwerden in hohem Maße übertrieben erscheinen. Wenn den Tabadlfabrikanten, die neben der Realentschädigung für ihre Fabrikräume u. dergl. zu erwartende besondere Ver- gütung in der Höhe des fünffachen jährlichen Reinertrages nicht genügend erscheine, so könne er demgegenüber nur her- vorheben, daß er persönlih sehr zufrieden sein werde, wenn er für die Aufgabe der von ihm betriebenen Zuckerindustrie nah gleichen Bedingungen entschädigt würde, und hinsichtlih des Brennereibetriebes würde er mit der Hälfte, hinsichtlich der Mühlenfabrikation sogar mit dem einfachen jährlichen Reingewinn sich für ausreichend entschädigt halten.

Hr. Leyendecker weist darauf hin, daß die Entschädigungs3- frage eine ungemein s{chwierige sei, namentlih auch, weil die persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse der Juteressenten eine so außerordentliche Mannigfaltigkeit bieten. Was bei dem Einen reichlich erscheine, sei bei dem Anderen bescheiden, oft unzureichend. Jn dieser Beziehung müsse der Volkswirth- \chasts3rath sich klar sein, daß er vor der Unmöglichkeit stehe, es Jedem recht zu machen, möge er die Entschädigungen auch noch so reihlich bemessen. Um fo mehr sei eine möglichst ge- rechte und gleihmäßige Vertheilung anzustreben, welche eine Bereicherung Einzélner auss{ließe. Mit Nücsicht auf die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse dürfe man vor einer etwas weitgehenden Klassifizirung nicht zurückschrecken.

Wesentliches Gewicht lege ex auf die Trennung der Real- von | der Personalentshädigung. Der Entwurf führe diese Trennung nicht durch, indem diejenigen Fabrikanten, die ihre Fabriken an die Monopolverwaltung verkaufen, keine beson- dere Persotialentschädigung erhalten sollen, diese vielmehr in dem Kaufpreise enthalten sein werde. Er halte diese Bestim- mungen für unrihtig und für bedenklich, da es durch dieselbe der Verwaltung überlassen werde, die in dem Kaufpreise ent- haltene Personalentshädigung so hoch zu fixiren, wie sie wolle. Er habe zwar volles Vertrauen zu der Verwaltung, allein er glaube, daß geseßlihe Bestimmungen nothwendig seien, um der Behörde bei den Verhandlungen mit großen Fabrikanten einen Rückhalt zu geben, eine Grenze zu ziehen, über welche nit hinausgegangen werden dürfe, Ohne Zweifel würde die Monopolverwaltung Werth darauf legen müssen, gerade die bedeutendsten Etablissements im Wege des freihändigen Kaufs zu erwerben und deren Betrieb ununterbrochen fortzuseßen. Die großen Betriebe, z. B. von Loßbeck in Lahr und Augs- burg, Bernard in Offenbach, Minosado in Frankfurt und viele andere von ähnlicher Ausdehnung, die sih im Laufe von 50 ja 100 Fahren und mehr einen Weltruf erworben hätten, würden in thren Anforderungen vielleicht sehr weit gehen, und solchen Ansprüchen gegenüber müsse die Verwaltung in dem Gese einen Rückhalt finden, dagegen sei Nedner nicht abgeneigt, die Personalentschädigung für diese alten hervor- ragenden Geschäfte und für große Betriebe überhaupt nah Thunlichkeit hoch zu fixiren.

Gegen die Auffassung, die Personalentshädigung nicht in den Kaufpreis einzuschließen, habe der Hr. Unter-Staats- sekretär von Mayr s\{hon früher sich ausgesprochen, seine Gründe könnten jedoch niht durchschlagen. Redner empfehle aus diefen Gründen, die in seinem Antrage bezeihneten Worte des ersten Alinea zu streichen. Was die Entschädigung selbst betreffe, so müsse er sih dagegen aussprechen, au den 4jähri- gen Betrieb hineinzuziehen. Bis dahin, daß das Geseß, wenn es überhaupt zu Stande komme, promulgirt werde, treffe der Beginn eines 5sjährigen und also mehr noch eines 4jährigen Betriebes in eine Zeit, in welcher das Monopol bereits ange- meldet gewesen sei. Dagegen hätten die alten hervorragenden Geschäfte, abgesehen von den materiellen Nesultaten, ihren Fabrikmarken einen Weltruf gegründet, der nicht unberücksich- tigt bleiben dürfe, weil er einen reellen Werth habe und auch von, der Monopolverwaltung au2gebeutet werden könne, wenn sie es wolle. Fnzwischen habe er bei näherer Untersuchung seines Antrages denselben in einer Beziehung verbesserungs- bedürftig gefunden. Die Bestimmung nämlich, die jih auch in der Vorlage finde, daß die Entshädigungsquoten keine Ab- stufungen nah Maßgabe der Dauer der Geschäfte zeigten, halte ex nicht für rihtig. Deshalb modifi- zire er seinen vorliegenden Antrag bezüglih der Fabrikanten dahin, daß in Klasse a. (5: bis 10jähriger Be- trieb) die Hälfte der Betriebsjahre den Multiplikator bilde, der Art also, daß ein 5sjähriger Betrieb den 21/fachen, ein 6jähriger den 3fachen u. f. w. bis zum 10jährigen, der dann erst den 5fachen Betrag des durhschnittlihen Reingewinns er- halte. Fn ähnliher Weise ändere er seine Klasse þ. dahin, daß 10- bis 15jähriger Betrieb den 6fachen, 15: bis 20jähriger Betrieb den 7fachen Betrag erhalte, während seine Klasse e. (Betrieb über - 20 Jahre) auf dem 8fachen Betrage verbleibe.

Damit dürfte nah seiner Ansicht die Grenze erreicht sein, deren Ueberschreitung eine Bereicherung involvire. Gegenüber dem Antrage des Hrn. Schöpplenberg bleibe sein Vorschlag

wesenlliG zurück, ebenso gegenüber den Propositionen des Herrn Referenten und felbst die Ueberschreibung gegenüber der Vorlage dürfte keine sehr erhebliche sein.

Die Berehnung des Jahresdurschnitts erfordere dringend den Aus\{luß der Jahre 1879 und der darauf folgenden, da dies anormale Jahre seien, während es für teinen Betrieb an normalen Jahren fehle, aus welhen das beste und Ee einer bestimmten Betriebsperiode auszuscheiten sein würden.

Endlich habe Nedner die Oa des Schlußsaßzes im 4. Alinea, welcher im Zollauslande belegene Geschäftsetablifse- ments ausschließe, beantragt. Die Annahme der Nefolution Baare und Genossen, welche die Berücksichtigung von Bremen, Hamburg und Altona befürworte und zweifellos einstimmige Annahme finden werde, trete für den Ausfall ein. Er empfehle die Annahme seines Antrages mit den vorgeschlagenen Aenderungen resp. Verbesserungen.

Hr. Graf Henckel von Donnersmarck ist der Ansicht, daß bei Bewessung der Entschädigungen nah den Grundsäßen des Entwurfs sich höhere Beträge ergeben werden, als die Staats- regierung in Aussicht nehme. Wenn von anderéèr Seite die vorgesehenen Entschädigungen als zu niedrig bemängelt würden, fo erscheine ihm die Gewährung des fünffahen jährlichen Reingewinnes neben vollständigem Ersaße des Werthes der Vorräthe und Einrichtungen als eine außerordentlih hohe Ab- findung. Seinersecits würde Redner gern bereit sein, bei aleicher Entschädigung die zahlreichen von ihm betriebenen Fabriketablissements der verschiedensten Art abzutreten. Wenn Seitens des Referenten, eines Vertreters der Landwirthschaft, genérell die Gewährung des 71/fahen Reingewinnes statt des öfachen angeregt worden sei, so mache er noch besonders darauf aufmerksam, daß der im Entwurf vorgesehene Entschädigungsmodus, auf landmirthschastlihe Verhält- nisse übertragen, so viel bedeute, als wenn man dem Gutsbesißer sein Gut vollständig bezahlen und ihm daneben noch ein besonderes Kapital dafür gewähren wolle, daß er seine landwirthschaftliche Qualifikation nicht weiter auszunußen Gelegenheit have. Könne hiernach eine Erhöhung der nah dem Entwurf beabsichtigten Entschädigungen im Allgemeinen nit besonders befürwortet werden, so erachte er es doch einerseits für billig, daß eine Entschädigung hon nach vier- jährigem Geschäftsbetriebe eintrete, und daß andererseits von 4 Jahren aufwärts jedes Jahr besonders berücksichtigt werde, indem die Entschädigungen mit der längeren Dauer des Geschäfts stufenweise erhöht würden. Nach der zu diesem Zweck von ihm vorgeschlagenen Berehnungsweise werde z. B. nach 10jährigem Betriebe eine 7!/zfache Entschädigung, welche er als Maximalentshädigung betrachte, nah 4jährigem eine dreifache zu gewähren sein. Erschienen diese Säße zu hoch, so gebe er anheim, einen anderen Divisor in die Rechnung ein- zustellen. Eine längere als 10jährige Dauer werde uicht be- sonders in Ansaß zu bringen sein, und die 7!/zfahe Entschä- digung daher in jedem Falle die äußerste Grenze bilden.

Der Regierungskommissar, Hr. Unter - Staatssekretär von Mayr, wendet zunächst gegen den Antrag Graf Hendel ein, daß derselbe auf eine Erhöhung der Gesammtentscht&- digungsbeträge, die in der Vorlage in Ausficht genommen seien, hinauslaufen werde, da er bei mehr als zehnjährigem Betriebe das 7!/fache des Reingewinns gewähren wolle, und thatsählich die Mehrzahl der Fabriken seit länger als zehn Jahren beständen. Redner glaubt in der Debatte zwei Haupt- strömungen unterscheiden zu sollen: die eine ersheine weniger hervorzugehen aus einer konkreten Erwägung der Verhält- nisse, als aus dem allgemeinen Sentiment, daß zu den Entschädigungssäßen der Vorlage schon immerhin etwas zuge- schlagen werden könne. Wolle man dieser Stimmung folgen, so möge man doch jedenfalls nicht gleich so übermäßige Zuschläge machen, wie verschiedentlih beantragt. Gegen diese, wesentlich auf Negungen des Wohlwollens beruhende Nichtung sei die Bemerkung des Hrn. Leyendecker zu verwerthen: man werde die Juteressenten nie befriedigen, möge man ihnen noch fo viel anbieten. Er (Nedner) warne übrigens vor derartigen Beschlüssen, die, hier gefaßt, vermuthlih Konsequenzen haben müßten bei den ferneren Bestimmukigen über die Vergütungen des im 8. 67 erwähnten tehnishen Hülfepersonals. Berech- tigter erscheine die andere Strömung, welche die gewissermaßen etwas rohe Bestimmung des Entwurfs hinsichtlih der Be- grenzung der für Entschädigungen maßgebenden Zeitabschnitte dur Einfügung einer Skala erseyen wolle. Jn dieser Be- ziehung erscheine eine Verbesserung des Entwurfs nicht aus- geschlossen. Ob es aber gerade gerechtfertigt sei, die alten hervorragenden Geschäfte, die Jahre lang die Vortheile der günstigeren Steuerverhältnisse ausgenußt hätten, rücksihts- voller zu behandeln, als die jungen Unternehmungen, welche noch keine Gelegenheit gehabt hätten, aus dem Anlagekapital einigermaßen Gewinn zu ziehen, müsse denn doch zweifelhaft erscheinen. Für die Bestimmungen der Vorlage spreche übrigens jedenfalls die größere Einfachheit. Auch habe die nah derselben eintretende Gleichheit der Behandlung der Interessenten etwas für sich. Gegen den Antrag Leyendecker, auf Streichung der Worte „welche ihre Fabriken nicht an die Monopolverwaltung verkaufen“ sei nihts Befonderes einzuwenden, wenn hierauf Gewicht gelegt werden sollte. Die Bestimmung des Entwurfs habe übrigens einen praktischen Zweck. Man habe nämlich geglaubt, erwarten zu dürfen, daß sih in den Verhandlungen über den freihän- digen Erwerb der Etablissements bald eine feste Praxis be- züglih der Veranschlagung der Entschädigungen für entgehen- den Geschäftsgewinn ausbilden werde. Der Schlußsaß des 4. Alinea des 8. 66, dessen Streichung beantragt werde, habe den Fall im Auge, daß im Monopolgebiete angesessene Ge- schästsinhaber neben den hier belegenen Etablissements solche im Zollauslande besäßen. Nur für diese Fälle solle eine Ent- schädigung für die außerhalb des Monopolgebiets belegenen Etablissements ausgeschlossen werden, wie auch angemessen sei, da der Betrieb détselden auch nah Einsührung des Monopols seinen Fortgang nehmen könne. Von den verschiedenen Vorschlägen bezüglih der in Betracht zu ziehenden Normal- jahre erscheine der Antrag Kiepert am ersten acceptabel. Einen berechtigten Kern habe übrigens doch der Antrag Paetsch. Es fei anzuerkennen, daß hier im Gesetzentwurf eine Lücke sei. Nah den Bestimmungen desselben würden solche Personen, die als Tabackreisende, Fabrikinspektoren 2c. thätig gewesen und \ih in den letßten fünf ahren vor Jnkrafttreten des Gesehes etablirt hätten, ungünstiger behandelt, als wenn sie in der früheren Stellung geblieben wären. Hier würde noch andéèr- weitige Bestimmung zu treffen scin, jofern nicht durch die Bestimmungen des 8. 68 über die Gewährung von Unter- stüßungen ausreichend vorgesorgt erscheine. Vielleiht könne dieser Punkt dahin geordnet werden, daß die betreffenden Per-

Fonen niht als Fabrikanten oder Händler (8, 67), sondern nah Maßgabe der vor Begründung der eigenen Geschäste innegehabten Stellungen zu entschädigen seien. Der Antrag Paetsch gehe übrigens jedenfalls zu weit, wenn er jede „in der “‘Tabackbranche“ verbrachte Zeit in Anrehnung bringen wolle. Wenn endlich beantragt sei, die Gewährung von Entschädi- gungen stati von ciner ö jährigen, von einer 4jährigen Dauer der Geschäste abhängig zu machen, so werde das einen wesent- lichen Unterschied kaum machen, und erscheine dieser Antrag Diskutabel. :

Der Vorsißende theilt mit, daß folgende fernere Anträge gestellt seien :

Von Hrn. Heimendahl :

Dem §8. 66 folgenden Passus nachzufügen : „Für die bei Einführung des Monopols im HZoll- auslande, jedoch im Deutschen Reich belegenen Ge- schäftsetablissements wird die Reichsregierung die Re- gelung der Entschädigungsfrage bei den mit jenen Be- zirken zu führenden Verhandlungen über den Eintritt in das Monopolgedbiet in Berücksichtigung nehmen“.

Von Hrn. Kiepert :

Die Perfonalentshädigung in §8. 66 in folgender Skala festzusegen : Dauer des Geschäfts Entschädigung 4 und 5 Jahre 6 und 7 „y 8und9 L 10 und darüber 5 fa,

Hr. Kade macht darauf aufmerksam, daß, wenn nah ver- chiedenen Anträgen das beste und \{lechteste von einer Reihe für den durWhscnittlihen Reingewinn maßgebender Jahre außer Ansaß bleiben sollten, die Bestimmung darüber, welche ahre als die besten beziehungsweise \{le{chtesten anzusehen seien, zu Schwierigkeiten Veranlassung geben können. Redner würde vorziehen, wenn allgemein gültig normirt würde, welche Jahre in Betracht zu ziehen sind.

Hr. Delius unterstüßt den Antrag Paetsch in seiner Tendenz und wünscht, daß die Jnhaber der jungen Geschäfte, welche durch die Einführung des Monopols beseitigt werden, thunlichst nicht nur nah den Grundsäßen des §8. 68 dur Unterstüßungen schadlos gehalten werden, vielmehr auchch diesen Personen ein Anspruch auf Entschädigung zugestanden werde. Redner würde eher geneigt sein, die jüngeren Geschäfte be- Fonders zu berüdsihtigen, als die alten. Uebrigens stellt Red- ner den Antrag:

im Alinea 2 des §. 66 Zeile 1 statt „Fünffachen“ zu seßen „Sechsfachen“, und ebendort Zeile 2 statt „Zwei- fachen“, „Dreifachen“/.

Hr. Wolff regt den Gedanken an, bei Berechnung der Entschädigungen für die kleineren Geschäfte, etwa bis zu 2000 bis 3000 /6 Reingewinn, einen höheren Multiplikator einzu- stellen, als bei den größeren Geschäften. Jn Betreff des An- trages Kiepert wegen Bestimmung der Normaljahre für die Berechnung des durhschnittlihen Reingewinns würde Redner für richtiger haften, von dem Ausfall des besten und {hlech- testen Jahres der betreffenden Zeitperiode abzusehen, da man wohl im Allgemeinen annehmen dürfe, daß bei Einrehnung der betreffenden beiden Jahre ein Ausgleich eintrete.

Es gehen ferner folgende Anträge ein:

seitens des Hrn. Kochhann: 1) Jn dem 1. Alinea 4. Zeile statt „5 Jahren“ „4 Fahren“ zu schen. 2) Jn dem 2. Alinea 3. Zeile statt „während der Jahre 1880, 1881 und 1882“ zu segen „während der «ahre 1876, 1877, 1878, 1881 und 1882“ 3) Fn dem Alinea 2 die Worte „iedoh mit der Maßgabe, daß für Geschäfte, welche noch nicht 10 Jahre hindurch betrieben sind, nur die Hälfte der bezeihneten Säße gewährt wird“ zu streichen. ,_ Hr. Graf Henckel von Donnersmarck ergänzt seinen obigen Antrag dahin, daß hinter den Worten „mit der Dauer der geschästlihen Etablirung“ die Worte eingeschaltet werden: „jedoch in maximo mit 8“, mit der Begründung, daß, wie hierdurch erreicht, die Maxiimal- entschädigungen der Fabrifanten auf das Scchs8fache, der Händler auf das Zweifache des jährlichen Reingewinns aus- reichend bemessen würden. Ferner modifizirt Hr. Paetsch seinen Antrag (siehe Pro-

.Tokoll der vorigen Sißzung) dahin, daß derselbe nunmehr

lautet: Zusatz zu 8. 66.

„Für Tabakfabrikanten und Rohtabacckhändler wird die Zeit, während welcher sie sich unausgeseßt in der Branche befanden, mit Ausschluß der Lehr- jahre, zu den Jahren ihrer Etablirung zugezogen.

Hr. Krüger beantragt, im 1. Alinea 4. Zeile statt „9 Fahren“ zu seßen :

„+ Jahren“,

Hr. Hessel theilt aus den Kreisen der kleineren Taback- fabrikanten mit, daß dieselben die hier gemachten Vorschläge wegen Bestimmung anderweitiger Normaljahre als der Jahre 1880, 1881 und 1882 mit großer Befriedigung begrüßt hätten. Jm Uebrigen würden dieselben mit einer Abfindung zum Sechsfachen des jährlihen Reingewinns im hohen Grade zufrieden sein. Jhr Hauptinteresse sei, daß die Frage der Einführung des Monopols nur {nell erledigt werde. Bei \{leuniger Regelung der Angelegenheit würden fie sich mit mäßigen Absindungen begnügen.

Hr. Scöpplenberg erwidert Hrn. Kosmack, daß die wiederholt vorgekommenen Exemplifizirungen auf die durch Einführung neuer Steuern eingetretenen Verschiebungen der Verkehrs- und Erwerbsverhältnisse hier niht passen. Bei Regulirung der Grundsteuer seien dem Eigenthümer die Grundstücke doch nicht genommen worden, es sci ihnen die Gelegenheit vollsländig belassen, auf denselben weiter zu arbeiten und zu erwerben. Den Tabackfabrikanten und Händlern werde niht nur das Jhrige genommen, son- dern auch jede Möglichkeit entzogen, weiter zu erwerben. Wenn die Hrn. von Rath und Graf Hendel bereit seien, ihr Eigen- thum unter gleihen Bedingungen abzutreten, fo sei es immer- hin etwas Anderes, ob man nach freier Wahl das Seinige aufgebe, oder ob es Einem im Wege des anges genommen wérde. Bei der Feststellung des durchschnittlihen Reingewinnes seien die Jahre 1880, 1881 und 1882, die drei Jahren voll- ständiger Mißernten gleih zu achten, unbedingt auszuscheiden.

n diesen Jahren hätten die kleineren Fabrikanten in der hat keine 5 Prozent ihres Betriebskapitals verdient, Wenn Hr. Hessel erkläre, daß eine große Anzahl Fabrikanten mit

der Einführung des Monopols einverstanden sei, so könne das nur eine vershwindende Minorität sein. Wolle man wirkli eine blühende Jndustrie tödten, eine Anzahl von Existenzen verniíhten oder gefährden, so solle man wenigstens voll ent- oen: Das werde nicht wohlwollend sein, sondern nur gerecht.

Hr. von Tiele-Winkler spriht s|ch im eigenen Namen, wie im Namen der übrigen Vertreter der Landwirthschast gegen eine weitere Ls der Entschädigungen aus, die vielmehr mii der 21/2 fahen des Neingewinns für Fabrikan- ten seines Erahtens hon hoh genug bemessen sein würden.

Hr. Kowdhann kann es niht für angemessen erachten, überhaupt einen Unterschied zu machen zwischen sollen Ge- schästen, die 10 Jahre und länger, und folhen, die kürzere Zeit bestanden hätten, indem ér gerade die Schädigung, welche die jüngeren Geschäfte erfahren, für größer und unbilliger erachtet, als die der älteren Unternehmungen. Uebrigens spreche er wie er nit verhehlen wolle, an sich ein Gegner jeder Entschädigungsleistung von dem Standpunkte aus, daß das Monopol werde angenommen werden, im Jnteresse der Steuerzahler gegen jede Erhöhung der Säge des Entwurfs. Hinsichtlih der Normaljahre sei er einverstanden, daß das Jahr 1879 nit einzurehnen sei, ebenso aber das Jahr 1881 nit, in welchem die Fabrikanten den aus ten übermäßigen Einkäufcen des Jahres 1879 entstandenen Schaden zu tragen gehabt hätten. Die Jahre 1876, 1877 und 1878 zeigten normale Verhältnisse. Neben diesen seien aber die Jahre 1881 und 1882 hervorzuziehen, um dem Umstande der eingetretenen Steuererhöhung Rechnung zu tragen. Für seinen Antrag, eine Entschädigung s{chon bei vierjährigem Geschäftsbetrieb zu gewähren, sprehe angenommen, daß das Gescß im «zahre 1883 zur Einführung gelange der Umstand, daß die 4 Jahre den Zeitabschnitt umfaßten, in welchem zuerst, wenigstens Seitens der Regierung zuerst, der Gedanke der Einführung des Monopols beziehungsweise einer Erhöhung der Tabacisteuer zur Sprache gebracht worden sei. Den An- trag Paetsch befürwortet au dieser Redner. Wenn innerhalb der sraglihen 4 Jahre von dem tehnishen Hülfspersonal Einzelne Tabalfabriken oder Handlungen begründet hätten, so sei das von einem besonderen Gesichtspunkte aus zu behan- deln. Diese Personen wären in einer gewissen Nothlage ge- wesen, da sio nah ihren gesammten Verhältnissen auf die Be- gründung von Tabalkgeshäfsten angewiesen gewesen seien.

Der Neferent Hr. von Nathusius wiederholt, daß seine gestrigen Bemerkungen betreffs Erhöhung der Entschädi- gungen auf das 71/2- beziehungsweise 4fache des jährlichen Reingewinnes nur eine Anregung für die Debatte habe geben sollen. Nah dem Ergebniß derselben werde ex selbst nicht für einen bezüglichen Antrag stimmen. Die seiner- seits anheimgegebene Zusaßbestimmung betreffs einer eventuellen nachträglihen Erhöhung der Entschädigungen für die kleineren Fabrikanten wolle er gegenwärtig auh nicht weiter befürwor- ten, und zwar wesentlih aus dem Grunde nicht, weil es über- haupt mißliŸ sei, wenn die Geseßgebung in der bezeichneten Weise Versprehungen mache. Daß die von ihm vorgeschlagene Ermittelung des durchschnittlihen Reingewinnes unter Zu- grundelegung der Jahre 1873 bis 1882 so bedeutende Schwierig- keiten verursachen werde, glaube er nicht befürchten zu sollen. Vielleicht verdiene aber der bezüglihe Kohhannsche Antrag den Vorzug. Der Antrag Paetsh scheine noch für einen Theil der «Juteressenten eine Lücke zu lassen, nämlich für solche Personen aus dem Kreise des technischen Hülfspersonals, die in den

leßten Jahren eigene Geschäfte gegründet, jedoch wegen der

für die Tabacindustrie ungünstigen Zeitverhältnisse nicht reussirt und die Geschäfte vor Eintritt des Mono- pols hätten wieder aufgeben / müssen, doch scheine auch hier durch die Bestimmungen des 8. 68 den größten Unzuträglichkeiten vorgebeugt zu werden. Redner verwahrt sih dagegen, daß aus seinen gestrigen Vorschlägen der Schluß gezogen werde, er und mit ihm die übrigen Vertreter der Landwirthschaft seien einer Erhöhung der Entschädigungen be: sonders geneigt, wie denn ja au bereits gegentheilige Erflä- rungen abgegeben seien. Wenn übrigens die Herren von Rath und: Graf Henkel sih bereit erklärt hätten, ihre land- wirthschaftlihen beziehungsweise industriellen Vetriebe für das 5 fache des jährlichen Reingewinns beziehungsweise gegen ge- ringere Entschädigungen, sogar theilweise bei Gewährung des einjährigen Reingewinns abzutreten, so dürften diese Behaup- tungen do in einzelnen Punkten zu weit gehen.

Hr. Paectsh will, daß die jüngeren Geschäste, welche unter den ungünstigen lezten Jahren {hon besonders zu leiden ge- habt bäâtten, nah denselben Grundsäßen entschädigt werden, wie die älteren Geschäste, Dies bezwecke sein Antrag, weil in Folge desselben auch den jüngeren Geschäften so viel Jahre hinzugerehnet werden würden, daß die für die volle Entschä- digung geforderte Minimalzahl von 10 Jahren wohl aus- nahmslos werde erreiht werden. Auf die nach 8. 68 zulässi- gen N seien die jüngeren Geschäfte nicht zu ver- weisen, denselben müsse vielmehr ein Anspruch auf Entschädi- gung zugebilligt werden.

Hr. Kiepert führt zur Begründung des zweiten von ihm eingebrahten Antrags aus, daß der dem Antrage des Grafen Hendel von Donnersmarck zu Grunde liegende Gedanke, die Entschädigung nach der Länge der Geschäftsexistenz abzustufen, ihm nicht unberehtigt erscheine, und daß die von ihm vorge- schlagene einfache Skala gerade die jüngeren noch nicht 10 Jahre alten Geschäfte zu treffen beabsihtige. Dem Vorschlage des Borredners Wolff, diejenigen Geschäfte, welche nur einen kleinen Reinertrag erzielt hätten, mit einem höheren Prozentsaß abzu- finden, stehe entgegen, daß dadurch die Sache noch mehr kom- plizirt werden würde.

Hr. von Nisselmann erkennt an, daß eine harte Zumuthung in dem Verlangen liege, ein lange in der Familie befindliches Geschäft aufzugeben. Wenn aber das Jnteresse des allgemeinen Wohles ein solhes Opfer nun einmal verlange, so könne jene Härte nicht entschädigt werden, fondern nur der materielle Schaden, welcher aus derselben entstehe. Jn dieser Beziehung verfahre man in der Vorlage äußerst wohlwollend, während in ähnlich liegenden Fällen, z. B. dann, wenn dur eine neue Verkehrsstraße die an der älteren Straße belegenen Gasthäuser fast werthlos gemaht würden, überhaupt keine Entschädigung gezahlt werde. Von allen den Vorschlägen, welhe für die Bemessung der Entschädigung im Lauf der Verhandlung ge- macht worden seien, erscheine keiner so zweckmäßig und durch- dacht, wie derjenige, welchen die Vorlage enthalte. Ergänze man denselben durch die von Kiepert vorgeschlagene Abstufung, welche die in der Vorlage ebenfalls zu findende Härte mildere, so würde er dies sür die beste Regelung der Frage halten. Keinenfalls sei über das Fünffache des ermittelten Durch- shnittszertrags der Fabriken hinauszugehen; mit diesem Be-

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trag seien Geschäfte jeder Art vollauf entshädigt, und man habe ihm aus guter Quelle verfichert, daß speziell die Taback- fabrikanten damit über und über abgefunden seien.

Hr. Leyendecker wird die in Litt, A. seines Amendements enthaltene Skala aufrecht erhalten, zumal der Hr. Regierungs-= fommissar nihts Wesentliches gegen dieselbe vorgebracht habe, wird aber die in 2. und C. daselbst enthaltenen Abstufungen vereinfahen. Sein Antrag laute daher nunmehr wie folgt :

Die Personalentschädigung besteht :

a, Für Diejenigen, welche ihr Geschäft mindestens 5 und nit länger als 16 Jahre betrieben haben, sofern cs Fabri- kanten sind, in dem 21/- bis 5fachen Betrage ihres durch- shnittlihen Reingewinnes, der Art, daß bei

Sjährigem Betriebe der 21/2 fache Betrag, 6 " 2 3 i844 "” "r t 3!/» r "n "” "

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"t r 5 Ld (A des Dur&schnittsreingewinns in Ansaß fommt, und wenn es Händler sind, in dem 1!/fachen Betrage ihres durhschnitt- Lichen Reingewinnes.

Der Dur@hschnitt ist zu berehnen aus den fünf dem Jahre 1879 vorhergegangenen Fahren, mit Aus\{luß des besten und des s(lechtesten Jahres.

. Für diejenigen Fabrikanten, die ihr Geschäft länger als 10 und nicht länger als 20 Jahre betrieben haben, in dem 6fahen Betrage des durchschnittlihen Reingewinnes, und für die Händler dieser Kategorie in dem zweifahen Betrage. Der Durchschnitt ist zu berehnen aus den \sechs dem Jahre 1879 vorhergegangenen Jahren, mit Ausschluß des besten und des s{lechtesten Jahres.

c. Für Diejenigen, die ihr Geschäft länger als 20 Jahre betrieben haben, wenn es Fabrikanten sind, in dem 61/fachen, wenn es Händler sind, in dem 21//5fahen Betrage des durch- shnittlihen Reingewinnes, welher zu berechnen ist aus den zehn dem Fahre 1879 vorangegangenen Jahren, mit Ausschluß der zwei besten und der zwei s{lechtesten Jahre.

Wolle man überhaupt verschiedene Kategorien annehmen, so müsse man für jede Klasse eine besondere Norm für die Berehnung des Durchschnittsertrages ausstellen.

Für alte Firmen empfehle sih ein kleiner Zuschlag um de8willen, weil bei denselben außer dem materiellen auh nohch ein ideelles Eigenthum, der althergebrahte Ruf ihrer Firma, zu entschädigen sei.

Hr. Kochhann ist der Ansicht, daß der Multiplikator bei alten und neuen Geschäften der gleiche sein müsse, wenn man gerecht sein wolle. Die älteren Geschäfte wären jo wo so inx Vortheil gegen die jüngeren, weil sie durh die Macht des Kapitals, das eine Ausnuzung der Konjunkturen gestatte, durch ihren alten Namen, ihre alten Einrichtungen 2c. größere «Jahreserträge aufzuweisen haben würden, wie die jüngeren, welche dur die erste Einrihtung und dur die Bemühungen, in Konkurrenz mit bestehenden Geschäften zu kommen, große Kapitalien hätten aufwenden müssen und nicht so hohe Ein= nahmen hätten erzielen können wie jene. Die Jahreseinnahmen aber seien ja die Unterlage der Entshädigung. Sehr {wer werde cs für die Regierung sein, die wirklihen Jahreserträge, die mit den Bucherträgen nicht übereinzustimmen brauchten, festzustellen.

Der Regierungskommissar Hr. Dr. von Mayr führt aus, daß man allerdings mit dem Bestreben der Fabrikanten und Händler zu kämpfen haben werde, die Jahreserträge höher darzustellen, als sie wirklih gewesen, und daß man vielleicht niht immer ermitteln werde, um wie viel niedriger jene that- sählih gewesen seien, als angegeben werde. Das sei aber gerade eine gewichtige Mahnung, bei Feststellung des geseßz- lihen Normalmaßes nicht zu hoh zu greifen. Das Recht zu existiren werde Keinem genommen, wie der Vorredner Schöpplenberg gemeint habe ; die künftige Existenz sei Jedem sicher gestellt, ihm auch die Möglichkeit geboten, einer anderen Beschäftigung sih zuzuwenden; wer zu alt sei, um eine neue Stellung einzunehmen, würde regelmäßig auch in der bis- herigen nicht mehr lange thätig gewesen sein. Zuzugeben sei, daß auch bei einem Multiplikator von 71/4 das Monopol immex noch einen erheblihen Ectrag liefern und deshalb erstrebens=- werth sein werde. Darum aber handele es fih gegenwärtig nicht, vielmehr dürfe nur erwogen werden, welcher Betrag üt Recht und Billigkeit als Entschädigung gewährt werden

ürfe.

Jm Allgemeinen habe er den Eindruck, als ob keiner der Anträge, welche darauf abzielen, das von der Regierung vox- geschlagene System künstlicher zu gestalten, auf eine Mehrheit in der Versammlung werde rechnen können. Der Annahme des Kiepertschen Antrages, welcher die etwas harte Form des Entwurfes durch eine ausgleihende Skala mildern werde, widerseze sich die Regierung niht. Die dem Antrag Paetsch zu Grunde liegende Fdee könne vielleiht in einer oder der anderen Weise verwerthet werden. Fm Allgemeinen handele es sich für jeßt um die beiden Hazuptfragen, ob für jüngere Geschäfte eine Skala eingeführt und mit welcher Zahl dex ermittelte Durhschnittsertrag multiplizirt werden solle. :

Hierauf wird die Diskussion geschlossen und, nachdem die Hrrn. Neferenten auf das Schlußwort verzichtet hatten und Hr. Graf Hendckel von Donnersmarck zu einer persönlichen dritten? das Wort genommen hatte, zur Abstimmung geschritten.

Zu §. 66 Alinea 1 wird der Antrag Leyendecker auf Streichung der Worte „welche“ bis „verkaufen“ abgelehnt, die übereinstimmenden Anträge Krüger, Kohhann und Graf Henckel auf Abänderung der Zahl 5 in 4 werden dagegen angenommen, ebenso demnächst der ganze Absaß mit der hieraus sih ergebenden Abänderung. / M

Nachdem die Vorschläge des Vorsißenden über die Reihen- folge, in welcher über die zum 2. Abjay des §8. 66 gestellten Anträge und deren einzelne Bestandtheile abzustimmen sei, die Zustimmung der Versammlung gefunden hatten, ergab die Abstimmung folgendes Nefultat: : :

Der Antrag Schöpplenberg wird, soweit er eine Abz änderung der Entschädigungsquote bezweckt, abgelehnt, ebenso in gesonderter Abstimmung derjenige Theil des Antrages, enb i eine Abänderung der Normaljahre zum Gegen-

tand hat.

Der modifizirte Antrag Leyendecker wird gleichfalls nah der Entschädigungsquote und den Normaljahren getheilt Ene R gebracht, nah beiden Richtungen aber abt-

elehnt. N Der modifizirte Antrag Graf H2nckel wird bezüglich der Ent- \hädigungequote für diz Tabackfabrikanten, MEDA der Vorz schläge für die Berechnung des Reingewinns und der Entschädigung