1925 / 278 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Nov 1925 18:00:01 GMT) scan diff

wegen 2 ahlungsverzugs auf Räumung Verklagte sol! nur bis zu der Verhandlung erster Jnstanz das Räumungsurteil abwenden können

2. Die Klage auf Aufhebung eines Teiles des Mietvertrgges wird jeßt zugelassen. Früßzer war das niht möglih. Das Gericht konnte zwar auf Aufhebung eines Teiles des Mietvertrages er- kennen, aber die Klage mußte von vornherein auf die Aufhebung des ganzen Vertrages gerichtet werden.

3. Die wichtigsten Aenderungen beziehen sich auf die Be- stimmungen über den Ersayraum. Es soll künftig so gehalten werden, daß, währ-nd bisher in allen Fällen, wo das eigene Jutecesse des Vermieters die Aujhebung des Mietvertrages erforderte, aus- nahmslos immer ein „angemessener“ Ersagraum gewährt werden mußte, jeßt ein „ausreihender“ Ersayraum genügen soll. Der Be- griff „angemessen“ ist ganz heraus aus dem Gesey. Von der Stellung eines Ersaßraumes kann abgesehen werden, wenn sih für den Mieter daraus keine unbillige Härte ergibt. Bei böôss- willigem Verhalten des Mieters soll es über- hawpt keinen Ersauraum mehr geben, so daß in felde Fällen je nah dem Landesrecht durch polizeiliche Maß- nahmen dafür zu sorgen wäre, daß einem böswilligen Mieter, der aus seiner Wohnung entfernt wird, das notdürftige polizeiliche Ob- dach gewährt wird. Für Büro- und gewerblihe Räume ist die Zu- weisung eines Ersaßraumes jeßt auf den einzigen Fall beschränkt, daß der Mieter nachweist, daß dringende öffentlihe Fnteressen ge- fährdet sind, vor allem gilt das, wenn eine öffentliche Behörde er- flärt, daß sie den betreffenden Raum braucht. Ferner ist mit Rück- sicht darauf, daß eine Zuweisung gewerblicher Räume und unter- vermieteter Räume in vielen Ländern nicht mehr stattfindet, aus- drücklih bestimmt worden, daß der Zuweisung eines Ersaßraumes gleichstehen soll, wenn der Vermieter dem Mieter einen Raum an- bietet, über den er oder ein anderer eren fann.

4. Für Untermietsverhältnisse soll Mieterschuß fkünstig nur noh dann bestehen, wenn es sich um Wohnräume handelt, in denen der Untermietex eine eigene Wirtschaft odex einen eigenen Haushalt hct.

B Wenn ein Privater als Mieter in einem Gebäude wohnt, das dem Reich, einem Lande oder einer öffentlihen Behörde gehört, so war bisher in allen Fällen die Entfernung eines solchen Mieters, wenn die Behörde den Raum brauchte, abhängig von dex Zu- weisung ausreihenden Ersaßraums. ete soll das nur akultativ der Fall sein, so daß es also möglich ist, daß ein privater dieter in einem solhen Falle die Wohnung verlassen muß, ohne daß ihm vom Gericht ein Ersaß zugesprochen wird.

6. Die Geltung des M E R en, das am 1. Fuli 1926 ablief, ist um ein Jahr, also bis zum 1. Juli 1927, verlängert worden.

Der bayerishe Gesandte von Preger gab folgende Er- klärung ab: „Meine Regierung hält es im gegenwartigen Zeit- punkt aus wirtschaftlichen, sozialen und politishen Gründen nicht für vertretbar, die Mieterschubgeseßgebung so weit zu lockern, wie es hiex vorgesehen ist, und zu der vorhandenen Wohnungsnot noch die Gefahr einer großen Obdachlosigkeit zu schaffen. Nachdem die Anträge meiner Regierung zu dem Geseß zur Ausräumung dieser Bedenken im Auschuß abieleht worden sind, ist Bayern nicht in der Lage, für das Geseß zu stimmen.“

Der hessishe Gesandte von Biegeleben exklärte: „Die hessische Regierung erachtet die Aufhebung des Mietershußgejeßes m gegenwärtigen Zeitpunkt für verfrüht und stimmt deshalb gegen den Gesehentwurf im ganzen.“

Dex Standpunkt dex bayerishen und hessishen Regierung, be- e Ablehnung des Gesetzes, fand nicht genügende Unter- tüßung.

F

Deutscher Reichëtag. 126. Sißzung vom 2. November 1925, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Am Regiecungstishe: Reichsminister des Aeußern Dr. Stresemann.

Präsident be eröffnet die Sizung um 1 Uhx 20 Mi- uuten.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Locarno-Geseßes. Mit zur Beratung gestellt sind die drei Mißtrauensvoten der Deutschnatio- nalen, der Völkishen und der Kommunisten Pu der Antrag der Deutschnationalen und der E ichen Vereinigung, die Frage des Eintritts in den Völkerbund in einem besonderen Gesetz zu regeln.

Als exstex Rednex nimmt das Wort der

Abg. La s be r g (Soz.): Er schildert zunächst die Schwierig- keiten, die ein Staatsmann findet, wenn er eine bedeutsame politishe Aktion einleitet, deren Wirkungen noch nicht übersehen werden können. Bei aller Schärfe der Kritik müsse man sih immer vor Augen halten, daß der Hauptbeweggrund einer solhen Aktion die Liebe zum Vaterlande sei. Unerhört sei es daher, wenn der n ere deutshnationale Abgeordnete Roth sih erfrecht habe, die nhänger des Locarno-Vectrags als Volksverräter zu bezeichnen. (Hört, hört! links.) Diese Erbärmlichkeit müsse entshieden zurück- ea werden. (Beifall links und in der Mitte.) Die Nationen ex Welt stehen sich, fährt Redner fort bei weitem näher als die Mitglieder dieses Hauses. Die Schifsale der Völker sind unlöslich miteinander verbunden. Aufs shärsste geißeln wir, daß gegenüber diesem Pakt cine große Partei des Hauses alle Schritte gebilligt 26, die zum Abschluß des Paktes sührten, dann aber aus Furcht ie Sache im Stiche ließ. Das ist gerade so, als wenn ein Loko- motivführer einen in Not geratenen Zug verläßt, um si selber in Sicherheit zu bringen. L rechts: Unerhört!) Ein Scheitern der Verhandlungen würde nah allem, was voraufgegangen war, eine Katastrophe gewesen sein. Wer hätte sih dann noh mit Deutschland in Verhandlungen eingrianes! in Pakt gegen Deut chland wäre die Folge gewesen, {hlimmer als Versailles. hre Politik (nah rechts) gleicht der Vilhelms 11. Wenn es wahr ist, daß einer Jhrer Minister ge\shluhzt hat, als er das Ministerium R so verstehe ih das nicht, denn FJhre Politik ist sehr trocken. (Heiterkeit.) Sie (zum Abgeordneten Grafen Westarp) haben an- ekündigt, daß Sie den „Vorwärts“ verklagen wollen, Wenn Sie das tun, nehmen Sie sich wenigstens einen besseren Verteidiger als Sie sind. (Ruf rehts: Machen Sie es doch!) Nein, die Herren ind vorurteilslos genug, pa immer andere jildishe Anwälte zu uchen. (Große Heiterkeit.) Der Pakt von Locarno wird für uns erheblih an Wert einbüßen, wenn ihm nicht bald die a der Beseßung des Rheinlands folgt. (Andauernde Zurufe un Unterbrehungen aaa T Hat Graf Westarp in irgendeinem Stadium der Verhandlungen an die Möglichkeit geglaubt, da Locarno sofort die Räumung des Rheinlandes bringen würde N Westarp bejaht.) Dann sind Sie in höherem Grade von der ocarno-Psychose n gewesen als irgendein anderer. (Stür- mische Heiterkeit.) ir haben Locarno siets nur als eine Etappe aulaeial:. Sie (nach rechts) scheuen die Verantwortung. Sie sind aus der Regierung gegangen, Sie wollten populär bleiben. Das ist der Unterschied zwishen Jhnen und uns. Für Sie einzuspringen, wenn es gilt, Farbe zu bekennen, dazu hielten wir uns allerdings ür zu gut, zumal wir eine Zeitlang glauben konnten, daß Sie die amose Halb- und Halbkomödie vom 29. August 1924 mit den roten und weißen Stimmzetteln zu wiederholen die Absicht hatten. Für uns ist aber die Politik kein Metier, sondern Gesinnung. Wenn etwas dazu beigetragen hat, die günstigen Auswirkungen von Locarno zu hemmen, jo ist es das Verhalten der Deutschnationalen. Der „Völkische Beobachter“ hat ja Herrn Stresemann in Aussicht estellt, daß er wie ein Hund erschlagen wovden wäre, wenn er als Franzose mit einem devartigen Vertrage nah Paris zurücgekehrt

wäre. Die ehrliche Fortseyung der Locarnopoliti? wtrd wettere Früchte tragen zur Befriedung Europas und zum Segen Deutschlands. Auch Sie werden shließlich den Vertrag, auch wenn Sie ihn jeyt noch ohne Zweidrittelmehrheit für unverbindlich und rechtsunwirts2m er- klären, mehr oder minder widerwillig annehmen müssen. Die Kommunisten stehen wie gewöhnlih auch hier auf der Seite der Deutschnationalen. Fch glaube übrigens nicht, daß aus Herrn Thälmanns Rede die russishe Regierung sprah, es war eine Privatarbeit von ihm, für die er selbst die Verantwortung trägt. (Zuruf v. d. Komm.) Gott sei Dank, daß Sie wieder da sind, Herr Torgler! (Heiterkeit. Der Abg. Torgler gehörte zu den im August aus dem Reichstag für 20 Sißungstage Ausgeschlossenen.) Fn ein Kriegsbündnis gegen Rußland werden wir uns nicht hineinpressen lassen; Rußland hat uns nichts getan, wir wollen mit ihm tn Frieden und Freundschaft leben, wir sind auf Rußland angewiesen. Die Phrase, der Locarno-Pakt bedeute den Krieg mit Rußland, ist völlig gegenstandslos. Ob der Pakt die Reichsverfassung ändert, gegen sie verstößt, ist eine Frage, die mein suristishes Gewissen verneirit, obwohl 1ch als Politiker vorzöge, daß die Regierung ven bezüglichen Bedenken der Rechten Rechnung trüge und den Reichs- tag auflöste. Der Pakt kostet uns den Verzicht auf einen Krteg, den wir, wie selbst Graf Westarp anerkannte, nicht führen können, und den wir nicht führen wollen; als Gewinn bringt uns der Pakt die Reduzierung der Kriegsgefahr auf ein Minimum, die Beseiti- gung der Sanktionen, ein System von Schiedsgerichtsverträgen und die Aussicht auf die baldige völlige Fretheit der Rheinlande. Nicht mehr besteht die furhtbare Aussicht darauf, daß Rhein und Ruhr Reparationsprovinzen werden. Die Ablehnung des Poktes aber läßt die alte Rechtslosigkeit bestehen. Die deutschnationale Presse redet lhren Lesern vor, der Pakt bedeute die Auslieferung Hindenburgs an die Entente. (Große Heiterkeit links.) Darum ist Hindenburg au ein Anhänger des Paktes. (Stürmische Heiter- keit.) Jhre Politik, meine Herren Deutschnationalen, hat Us als i ai H und damit als unmöglih erwiesen (große Unruhe rechts); mit dec Annahme des Locarno-Paktes erweisen wir dem Lande und der Welt einen gleihmäßig großen Dienst! (Lebh. Bei- fall links, Zischen rechts; wiederholter stürmishec Beifall unv Händeklatschen links.)

Abg. Wallraf (D. Nat.) betont, daß die Außenpolîitik den Vorrang vor der Fnnenpolitik habe. Daher müßten auch außen- politishe Gesichtspunkte voranstehen. {Fn der Rede des Abg. Landsberg war aber von den außenpolitishen Gesichtspunkten wenig die Rede (Widerspruch b. d. Soz.). Sie (zu d. Soz.) haben ja einen Wahlkampf verhindert. Jch glaube, das Volk drauzen verlangt eine sahlihe Würdigung (Lärm und Zurufe b. d. Soz.). Der Redner weist die Bezeichnung „unsittlih“ für das Verhalten der Deutschnationalen Volkspartei zurück. Daß der Präsident diese Aeußerung ungerügt habe hingehen lassen, beweise. auf einem wie tiefen Niveau der Reichstag sih befindet. Der Abg. Dr. Scholz habe sogar die Straßenbahnplakate für die Parteipolitik heran- gezogen. Das Plakat: „Nimm Rücksicht auf andere“ sei zu unter- schreiben und müsse in jedem Fraktionszimmer hängen. Vem anderen von Dr. Scholz zitierten Plakat „Nicht abspringen währenv der Fahrt“ gegenüber weist der Redner darauf hin, daß es au Haltestellen gibt, an denen man aussteigen kann. FJch weise aber auf ein anderes Plakat der Straßenbahn hin: Linke Hand am linken Griff! (Heiterkeit) Fch habe allerdings nicht die Absicht, dieses Plakat Herrn Dr. Scholz für sein Sißungszimmer zu stiften, aber ih fürchte, daß es die Weiterentwicklung der Deutshen Volks=- partei kennzeihnet. Das deutshe Angebot ließ niht einmal dîe Deutung zu, als ob auf deutshes Land und deutsches Volk ver- zichtet werden sollte. Wir wissen aus der Staaiskunst Bismarcks, daß manchmal ein ruhiges Abwarten wertvoller ist, als ein vor- eiliges Anbieten. Die Einsicht, s ohne ein gesundes Deutschland ein gesundes Europa nicht möglih ist, hat sich allmählih immer mehr auszubreiten begonnen, aber es kommt ja nicht bloß auf uns an, sondern auch auf die anderen. Deutschland ist schwach; niemand kann von unseren Staatsmännern erwarten, daß sie eine Bis- marcksche Politik treiben. Aber man muß doch einen richtigen Moment abpassen, in dem man sein Gewicht in die Wagschale werfen kann. Ueber das Februarmemorandum bin ih sehr erstaunr gewesen. Jch habe als Reichstagspräsident seinerzeit an den Vor- besprehungen teilgenommen und habe bei dieser Gelegenheit den Außenmiinister gefragt: Welche Gewähr n wir dafür, daß, wenn wir durch Annahme der Dawes-Geseße endgültig das Re- parationsbuh schließen, Frankreich niht ein neues Buch aufmaht, auf dem mit großen Buchstaben feht: „Sicherheit“. Der Außen- minister hien mih nichi zu verstehen. Fch habe ihm dann dre Sache erläutert. Fch wies darauf hin, daß Frankreih nicht nur Reparations\orgen hätte, sondern auch innerpolitishe Schwiertg- keiten; es liege nahe, daß es auf den zweiten Teil seiner Forde- rungen niht verzihien werde und uns neue Forderungen stellen werde. Darauf erhielt ih die Antwort, es sei doch ausgeschlo}sen, daß das entwaffnete Deutshland dem waffenstarrenden Frankreich und seiner von niemand bedrohten Sicherheit gefährlih werden würde. (Hört! hört! rechts.) Dann ist es aber doch zu dem Me- morandum gekommen. Was dann den Eintritt in den Völkerbund betrifft, so schließen sich nach unserem Eintritt unweigerlih dtîe Türen hinter uns. Das Mißtrauen gegen den Völkerbund ist uns geradezu aufgezwungen worden. Artikel 16 is der Hauptgegen- stand unserex Bedenken, die auch durh den Reichskanzler nicht entkräftet worden sind. Wenn auf Deutschlands militärishe unv geographische Lage Rüdcksiht genommen werden soll, so mag das für die militärishe Lage gelten, aber der Hinweis auf die geographishe Lage wird geradezu das WGegenteil bewirken. Wenn Herr Benesh sagt, Deutschland habe 4s selbst zu entscheiden, ob es mittun wolle oder nicht, oder es habe zu entscheiden, was es tun werde, und nicht was es tun solle, so liegt doch der Gedanke nahe, daß ein Konflikt entsteht zwishen dem eigenen deutschen Se und dem Beschluß der anderen Völkerbundêsmitglieder. Wie dann dieser Konflikt anders entschieden werden kann als zu ungunsten Deutschlands, vermag ih meinerseits nicht einzusehen. (Sehr wahr rechts.) Deutschland soll einen Siß im VölkerbundS- rat erhalten. Nun L ih abex in den leßten Tagen in den Zeitungen gelesen, da aus Polen einen solchen Siy beansprucht. Sh fomure jet zu dem großen Kapitel der «Fnterpretationen. Stand nicht an der Tür des Konferenzzimmers von Locarno das Wort „Wie ich es auffasse?“ Jch habe nit den E ecklären, daß die Auslegung Deutschlands unrichtig ist, aber ih muß dem die Ae gegenüberstellen, daß der Vertrag von anderer Seite rundweg anders ausgelegt wird. Was wird denn von den anderen uständigen Seiten erklärt? Wir haben doch Verlautbarungen ge- vórt, in denen ausdrüdcklich gesagt war, daß die Stabilisierung des Versailler Vertrages deu Hauptpunkt des Locarnovertrages dar- stelle. Nicht nur in der Erklärung des Foreign Office, sondern auch in den Reden Chamberlains ist diese Auffassung enthalten. Es ile auch gesagt, ein Vorteil des Vertrages von Locarno von belgischen und französishen Standpunkt sei, daß Deutschland frei- willig den bisherigen Zustand anerkenne. (Hört, hört, rets.) Eine aktive deutshe Politik sollte gerade dann einseßen, wenn unsere ehemaligen Kriegsgegner den Vertrag von Versailles als unabänderlich ansehen. (Sehr rihtig, rechts8.) Wenn Herr Sitresemann sagt, wir ständen allein auf der Welt, dann sage ih ihm, wir sind nicht allein beim Futerpretieren. Herr Strese- mann hat Ee zu dem deutschnationalen Antrag die beste Be- gung gegeben. Es ist bedauerlich, daß der ganze Fnhalt des

ertrages von Versailles dem deutschen Volke noch immer unbe- kannt ist. Es ist gesagt worden, wir könnten leichten Herzens auf das verzichten, was uns do verschlossen ist. Hätte etwa Frank- reih sieben Fahre nah dem Frankfurter Frieden in einem Staats- vertrag freiwillig erklärt, daß die Rechte und Pflichten aus dem Frankfurter Frieden unberührt bleiben? (Sehr richtig rechts.z Fürst Bismarck selbst war der Meinung, daß Frankreich sich mit dem Frieden von Franksurt niht abfinden werde, das könne man einer Großmacht nicht zumuten. Bei der Fahrtausendfeier im Rheinland haben wir das Jahr 925: da war der Rhein ein Aue Fluß. Da war ein Wendepunkt zum v glänzenden Aufstieg des Deutschen Reiches. (Sehr wahr.) Es handelt si

auch nicht nur um Elsaß-Lothringen, sondern auch um Eupen und Malmedy. Jn diesen Kreisen ist auch nicht eine Spur welschen Tendenzen zu finden. Eupen war immer ferndeutsch, und a habe noch alte Beziehungen zu diesem Landesteil und er- halte Briefe von dort, in denen der Verzicht des Deutschen Reiches auf die Kreise Tun und Malmedy ganz anders ausgelegt wird. Der Vertrag von Versailles enthält ferner die Herrschaft über das Saargebiet, die Verstüummelung im Osten, den Widerspruch gegen den Anschluß unserer deutsch-österreihishen Brüder, das Nieders- werfen der deutschen Wehrmaht. Da muß man doch mit dem bayerishen Ministerpräsidenten sagen, daß der Völkerbund nur ein Fnstrument sei zur Aufrechterhaltung des Vertrages vom Versailles und zur Niederhaltung und Auspowerung des deutschen Vaterlandes. Jch habe hier einen Zeituüngsartikel vor mir, worin steht: „An dem Tage, an dem der Versailler Friede perfefkt wird, beginnt der Kampf mit allen Mitteln des Geistes und des Rechts, um an Stelle der Gewalt das Recht zu seßen.“ Das steht im „Vorwärts“. (Hört, hört, rechts.) Von diesem Kampfe mit allen Mitteln des Geistes und des Rechts habe ih nichts bemerkt, sondern immer wieder Schwierigkeiten, wenn wir uns benmühten, eines der Fundamente des Versailler Vertrags, wie z. B. die Kriegsshuld, zu ershüttern (sehr wahr, ate Das Deutsche Reich darf keinen Vertrag unterschreiben, der auch nur die Deutung zuläßt, als wäre in ihm ein neuês Anerkenutnis des Versailles Friedens und ein Verzicht auf deutsches Land und| Volk zu finden. (Sehr wahr!) Fch mache niemand, der auf der andern Seite steht, einen anderen Vorwurf als den: Sie zeigew eine Vertrauensseligkeir, der dur die bisherige Entwicklung der sahlic)e Boden entzogen ist: (Sehr rihtig!) Jch würde mich jeder Erleichterung des Rheinlandes freuen; os heute ist mix die Rückkehx in meine Heimat entzogen. Die Ordonnanz 308 be- andelt nux einen Teil; dazu kommt die Verlautbacung der Fnteralliierten Kommission, die künftige Erleichterungen berrifst Der Redner zitiert einen Actikel der „Täglichen Rundschau“, des dem Gedanken Raum gibt, daß die Regierung sih die Unte2r- {rift wohl noch überlegen tverde. (Hört! Hört!) Die nächste Sitzung des Völkerbundes finde erst im März statt, man habe also noch Zeir, zu sehen, wie sich die Sachlage entwickeln werde, (Ers neutes Hört! Hört!) Das bedeutet doch also erhebliches Miß} trauen. Wie kann man da einer Regierung Vollmacht zur Unters- {chrift geben? Der Redner begrüßt die Zusage eines neue Reichskommissars und neuer Verwaltungs8maßregeln. Dem Reichskommissar wurden aber Aufgaben gestellt, die die Herren Minister besser in Locarno gelöst hatten. Denn durch die Unrers \hrift haben sie doch das beste Psand aus dexr Hand gegeben (Sehe richtig! rechts3.) Wenn über den Sinn eines Vertrages zwischen den Kontrahenten Differenzen bestehen, so verlange ih doch erst Aufklärung und unterschreibe niht ohne weiteres. (Sehr richtig!) Dex „Matin“ vom vorigen Montag gibr dem Gedanken Ausdruck, daß man an Stelle der wegfallenden Zivildelegierten nunmehr Militärdelegierte einseven solle. (Hört! Hört!) Fn allem muß sich also erst zeigen, was daraus wird. Nun weist man auf dew Geist von Locarno hin. Aber der Geist von Locarno sißt noch iw der Flasche, der Kork ist noch nicht gelöst: Man weiß noch nit, was dabei herausfommt. Eine andere französishe Zeitung, der „Temps“, schreibt, daß von einem Abgehen von Versailles keins Rede sein könne; wenn die Deurschen das glaubten, dann müßtem sie sich ihre Enttäuschung selbst zuschreiben. Weiter heißt es da: Herr Stresemann sagt, daß die gegenwärtigen Erleichterungen nur einen Anfang darstellten, Herr Marx hat in .Cossel dasselbe ausgesprochen. Es ist wichtig, sofort gegen diese Meinungen Stellung zu nehmen! (Hört! Hörr!) Es ist bezeihnend, daß jeßt gerade der Minister, dem die Fürsorge sür die beseßten Gebiete anvertraut ist, die Verantwortung nicht mehr tragen will. Gerade, Herr Frenken ist ein Mann von einer Ehrlichkeit, die von manchem anderen Füngeren nachgeahmt werden sollte. Von der „Vossischen Zeirung“ wird Herr Frenken als ein Mann hingestellt, der für die Gesinnung der Rheinländer gar nicht in Betracht komme. Herx Frenken hat doch aber in einex niht ganz unbedeutenden Stellung als Prôösident des Kölner Oberlandesgerichts lange Fahre gewirkt. Nach dicsem Beispiel muß ih fast fürchten, ih werde morgen von der „Vossischen Zeitung“ auch aus meiner rbeinischen Heimat expacriiect werden. (Heiterkeit.) Man hat von allgea meiner Gleichberehtigung Deutschlands, vom allgemeinen - Völkers frieden usw. gesprohen. Jeßt aber steht das alles im mitleids- losen Licht der Wahrheit da. Man wird an das Märcen von dem Kaiser erinnert, dem die Höflinge ein wunderbares Gewand mit Edelsteinen andichteten; als er abex auf die Straße kam, da jagre ein Kind: Er hat ja überhaupt keine Kleider an, er ist ja nackt und bloß. Auch wir sind durchaus bereit es entspricht das unserem innersten Willen eine Befriedung der Welt und eine Aus s\öhnung mit unseren früheren Feinden herbeizuführen, aber wir können es nicht tun durch einen Vertrag, der dahin gedeutet wird, daß ex den Verzicht auf deutsches Land und eine neue Anerkennung des Versailler Vertrags bedeutet. Ein solher Schritt cheint mix nit staatsmännisch zu sein, sondern ev scheint mir der Schriok eines unbedachten Mannes zu sein, der um kleiner Gegentvari2- vorteile willen die Zukunft vernachlässigt. (Lebhafte Zustimmung recht8.) Wir haben noch Glauben an das Deutsche Volk. GeradE deshalb wollen wix der Zukunft unserer Jugend die Bahn nicht versperren. (Lebhafrer Beifall rechts.) : N Präsident Löb e : Aus den Ausführungen des Redners lang ein Voriourf gegen mich heraus, daß ih es e gerügt habe, als der Abgeordnete Landsberg von „Unsittlichkeit der deuts nationalen Politik“ sprah. Jch mußte davon Abstand nehmen, weil meinec Erinnecung nah der gleihe Vorwurf hier früher gegen eine andere Partei erhoben und nicht gerügt worden war. Jch war nicht Präsident. i E Abg. Sch neller (Komm.): Der Pakt von Locarno enthält nach Herrn Chamberlain keine Spive gegen irgendeine andere Mat, und bei uns wird diese Friedensshalmei unentiwegt von Luther, Stresemann und thren Mitläufern fortgeblasen. Aber hon hat Mussolini in die Kriegstrompete gestoßen. Unsere Aufs gabe is es, in den deutshen Arbeitern die ZFllusionen zu zer stören, als ob auch uur die geringste Verminderung der Kriegs- gefahr mit dem Locarno-Abkommen gegeben sei. Die tiefgehende Unzufriedenheit, die in den weitesten Kreisen der städtischen und länd- lichen Arbeiterschaft, der O des Mittelstandes hestoht, glaubt maa einerseits mit nationa istisher Phraseologie beschwören zu können, indem man die Ablehnung von Locarno Se andererseits redet die Sozialdemokratie den unterdrückten Klassen, dem Proletariat vor, der Vertrag bringe und sichere den Aufstieg, der Vertrag befriede Europa, er müsse also angenommen werden. Beide Teile wollen, jeder auf seine Art, mit dem Vertrag partei- politische Geschäfte g g Die E e nte rechnet dabeï auf Ministerposten; sie hat aber auch chon vorgebeugt, damit ihre Anhänger ja nicht zu starke Hoffnungen auf die Früchte von Locarno seßen. Herr Wels fordert den Einzug republikanischen Geistes in die Reihswehr; seine Partei hat aber einen Geßlex bis auf den heutigen Tag geduldet, fie hat sih gehütet, das Volk auch mir zu wirksamen Gegendemonstrationen zur Mobilisierung der Massen aufzufordern, sie hat die Luther-Regierung bedingungslos unter- tüßt, sie hat durch PLE Notetat sich selbst jedes wirk- amen Machtmittels beraubt. Ste versucht auch jeßt wieder ihre bisherige Taktik des Volksbetruges fortzuseßen, das hat so recht die Rede Landsbergers mit ihrem Loblied auf Rußland bewiesen, die ganz im Stile der kapitalistischen Bourgeoiste und des Herrn Stresemann gehalten war. Herr Se E verlangte, Rußland solle endlich erklären, daß es den Frieden in Europa nicht stören wolle; das ist doch eine kaum versteckte Drohung, eine Heye gegen Sowjetrußland. Von Mussolini und Chamberlain, von Hinden- burg und Luther kann kein Frieden kommen. Wir lehnen dieses angeblihe Friedensinstrument ab, gerade auch, weil wir wahre Locarno-Politik treiben wollen. Die Regierung und ihre eigent» “lichen Auftraggeber lassen sih das Für - Und - Wider - Spiel der Parteien gegeneinander gefallen. Das Beiseitetreten der Deutsch- nationalen aus dex Regierung und der Eintritt der Soziat- demokraten in die Regierung haben nux für eine Uebergangszeit Bedeutung. Das foll das Proletariat niht aus den Augen vev-

lieren. Daß zwischen der Paraphierung des Vertrages und den internationalen fapitalistischen Machenschafien, insbesondere eitens der Vereinigten Staaten, ein inniger Zusammenhang be- teht, wird kein ausmerfsamer Beobachter leugnen, es wird au von den Wortfsührercn der sogenannten „deutschen Wirtschaft“ und von offiziöósen amerikanischen Pressestimmen bestätigt. Aus dem

Dawes-Abkommen d fich bereits sür das laufende Fahr beinahe

ein Zusammenbruch dieser a ergeben, bei der Reichs- bahn wird die Zahl derx Entlassungen ins Ungeheuerliche ge- steigert werden, der Steuer- und Lohndruck desgleichen; und das nennt sih Besriedung und Aufstieg. Locarno ist tatsählich mur ein Geschäft für die sechshundert Wirtschaftssührer, die sich für die Rentenunterzeihnung des Paktes begeistern, und zwar eines der Ren Geschäfte. Die Kreditgewährung des Reiches an die großen Konzerne usw. wird mit dem Bankrott des Bauern- und des Mittelstandes bezahlt. (Sehr gut! bei den Kommunisten.) Auf derselben Linie liegt das Verbot der ausländischen Kommunal- anleihen, liegt die Bankpolitik des Herrn Schacht. Der Dawes=- Plan hat schon jeyi dem Wirtschaftsleben Deuischland die tiefsten Wunden geschlagen. Die völlige Auslieferung Deutschlands an das english-amerikanishe Kapital wird im Locarno-Pakt fest- elegt. Wix erahten Zweidrittelmehrheit für die Annahme des Paktes für notwendig. Der politische und wirishastlihe Verkauf Deutschlands an den internationalen Kapitalismus darf denn doch nicht so leiht gernaht werden. Die Deutung, die Hexr Luther dem Artikel 16 gegeben hat, stimmt nicht mit den Tatsachen über- ein. Gerade um den Einsluß des in den Völkerbund einge- tretenen Deutschlands kahmzulegen, hat man {hon im Sommer 1925 entsprehende Aenderungen der Völkerbundssazung be- {lossen Dex Beitritt Deutschlands wird nicht diesem, sondern lediglich seinen bisherigen Gegnern Vorteile bringen. Auch darum wendet sich der Kommunismus aller Länder gegen einen Vertrag, der nur eine Verschärfung des Dawes-Abkommens, nur die Fort- seßung der kapitalÿtishen, imperialistishen Unterdxüdckungs8politik gegen das Proletariat bedeutet. Nieder mit dem Pakt von Locarno! ieder mit dem Eintritt in den Vöolferbund!

Abg. Dr. Dernburg Politik sei dieselbe, die shließlih zum Sturze Bismards und zu Versailles führte. Wie die Abstimmung über den Locarno-Vertrag auch ausfallen möge, das Schicksal Deutschlands liege in dex Wage. Die Welt nach Locarno sei niht mehr die Welt vor Locarno. Man muß si sragen, fährt Redner fort, was wird. wenn wix Locarno an- nehmen und wenw wir es mriht annehmen. Wenn man der Regierung einen Vorwurf machen will, dann den, daß sie den Umweg über Locarno hätte vermeiden können, wenn sie den Eintritt in den Völkerbund Oa erflärt hätte. Locarno hat die Ertenntnis gebracht, daß es nah diesem Kriege überhaupt keine Sieger, fondern nur Be- siegie gibt. Locarno ist eine Notgemeinshast derjenigen, die die ungeheueren Wirkungen des Weltfrieges gespürt haben. Der Redner wirst den Deutschnationalen vox, daß sie Rückwirkungen verlangten, gleichzeitig aber alles täten, unm die Grundlage dieser Rückwirkungen nicht zustande kommen zu lassen. Das jeßige deutschnationale Getöse erinnere ffark an die Vorgänge bei der Aufivertung. Der Redner behandelte dann die Aufgaben Deutsch- lands im Völkerbund und betonte besonders die Notwendigkeit einer vaterländishen Veriretung der deutjhen Minderheiten im Völker=- bund. Gegenüber dem Argument, der Westpaft richte sih gegen Ruß- land, erklärte der Redner: Wir, nicht Sie (zu denx Deutschnationalen), haben Rapallo gemacht, um wieder zu guten Beziehungen mit Rußland zu kommen. Wir, nit Sie, treiben auch Bismarcks Wesitpolitik durch Locarno. Die Verantwortungslosigkeit, die man hente bei den Deutschnationalen und bei den Kommunisten sieht,

cht über alles Maß hinaus. Bei einer Ablehnung von Locarno, ann von einer Befreiung des NRheinlandes bis auf weiteres keine Rede sein. Auch eine Gleichberechtigung Deutschlands auf Grund einex allgemeinen Abrüstung ist dann noch in den Wolken. Man vergesse doch nit die e Wirtschafislage, die wix heute Haben. Die Arbeitslosigkeit ist noch dauernd im Wachsen begriffen. Locarno muß und wird angenommen werden, und wenn Sie (nach rechts) sich auf den Kopf stellen. Gesunder Mensfchenverstand und guter Wille find allein notwendig, um den Frieden aufrechtzuerhalten.

Abg. Ham pe (Wirtschaftl. Vereinig.) betont die Notwendig- feit, die Schicksalsfragen des deutschen Volkes mit allex Gründlich- keit zu erörtern. Das eine Gemeinsame ist festzustellen, daß keine einzige Partei dem Abkommen von Locarno so recht aus ganzent Herzen zujubelt. Meinungsverschiedenheiten bestehen auch in unserer Partei. Das stelle ih gar nicht in Abrede. Der Bayerische Bauernbund und die Deutsh-Hannovershe Partei stehen da auf einem besonderen Standpunkt. Abex in dem großen Gedanken der Völkerversöhnung stimmen wir alle überein. Die deutsche Selb- O und die deutsche Ehre dürfen wir aber nicht preisgeben. Wir konnen nîe und nimmer ein Werk gutheißen, das das deutsche Recht vergewaltigt. Unser Rechtsstandpunkt ist ein Programm- Bus der unsere ganze Politik beherrsht. Bedauerlich ist, daß er Reichskanzler niht eingegaugen ist auf die Frage Elsaß= Lothringens und der anderen abgetrennten Gebiete. Die Annek- tierung Elsaß;-Lothringens ist und bleibt eine Vergewaltigung des Rechts. Für die große Masse des deutschen Volkes wird troß aller juristishen Auslegung immer der Eindruck bestehen bleiben, daß hiex nochmals ein freiwilliger Verzicht auf deutsches Volk und Land ausgesprochen werden soll. Die Deutschnationalen Bs leider nicht die Ge gradlinige Politik verfolgt.

ie haben den Straßenbahnwagen verlassen, abec erst auf der Rückehr von Locarno. (Heiterkeit.) Aus der ausländischen Aresse werden wir alle den Eindruck bekommen, daß unsere Gegner dett Bestimmungen über die. Unveränderlihkeit unserer Westgrenze eine andere Auslegung geben als die deutshe Regierung. Eine Reihe sehr schwerer Bedenken ergibt fih aus dem so weiten Zu- rüdckbleiben der „Rückwirkungen“ hinter den gehegten Er- wartungen. Das Versprechen der Räumung der exsten Rheinland- fee ist nicht erfüllt. Der enn selbst hat zugeben müssen, wir allen Grund zum Mißtrauen haben. Warum in allex Welt gibt man denn den leßten Trumpf aus der Hand und will vorzeitig in den Völkerbund eintreten? Der Eintritt muß so lange aufgeschoben werden, bis wir die Gewißheit haben, daß die ge- egten Erwartungen erfüllt werden. Der jeßigen Regierung die inen d zux Unterschrift zu geben, ist unmöglich und hai gar

(Dem.) exïlärt, die deutschnationale

keinen Zweck, da sie unmittelbar dana zurücktreten will. Und einer unbekannten Regierung können wir kein Vertrauen schenken. Vor unserem Eintritt in den Völkerbund müssen also eine ganze Reihe von Bedenken beseitigt werden. Wir müssen vor allem gewiß sein, daß uns eine Kriegserklärung des Völkerbundes egenüber anderen Siaaten gegen unseren Willen niht zwingen ann. Jm übrigen stellen wir uns durhaus auf den Boden des von der Regierung vorgelegien Gutachtens, or es sih hier nicht um eia verfaltnngeänderndes Geseg handelt. ir betrachten die ganze Sache vom rein sachlichen Standpunkt und werden die Gründe prüfen, ob die Verträge uns mehr Vorteile oder Nach- teile bringen werden. Unsere Äbstimmung wird s{hließlih beein- flußt werden von der Art, wie die einzelnen Anträge behandelt iverden. Wic sind fest davon überzeugt, daß Deutschland aus seiner Fsolierung heraus muß. Unser iermit f aber eine Grenze an den Schranken, die uns unfer Rechtsgefühl und unsere Ehre ziehen. (Lebh. Beifall b. d. A Vereinig.)

Abg. Dr. Bayersdöórferx (Bayr. Volksp.): Was wix von den Erleichterungen im beseßten Gebiet zu erwarten haben, zeigen uns die Ecfahrungen mit dem Dawes-Abkommen. Auch damals sollte der Geist von London übec uns kommen. Fn der Revue des deux mondes bat gestanden, daß es niht flug von Strese- mann sei, die Deutschen mit Dingen zu ködern, die do nicht ein- treten. Die überstarke Beseßung im Rheinland und das dadurh hervorgerufene Wohnungselend übersteigen das Maß des Er- träglihen und führen die Verelendung der Bevölkexung herbei. ln eine wirksame Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere der Geschlechtskrankheiten, ist nicht zu denken. Redner schildert ein- febend die Verhältnisse in der Pfalz, Die Grundrechte dex Deutschen, die Freiheit der Gedanken, die Freiheit der Meinungs- Ußerung und der Versammlung bestehen im beseßten Gebiet nicht.

enn das Werk von Locarno überhaupt einen Zweck haben soll,

muß die Besayung beseitigt odex mindestens die Besahung ab- gekurzt werden. Wir bringen dem Reichskommissar Vertrauen ent- gegen, erwarten aber von ihm, daß erx alle Energie, decen er fähig ist, in der Verteidigung unserer +Fnteressen auch auswendet. Wir hoffen ferner, daß Sanftionen e alle Zeiten nicht wiederkehren. Aber, wenn der Vertrag nichi den Gesamtinteressen Deutschlands dient, müssen wir ihn ablehnen. Wir müssen die Einschränkung der Souveränität der Rheinlandkommission und Beseitigung aller Ordonnanzen verlangen, die die Rechte Deutschlands verlegen.

Abg. Henning (deutshvölk. A. G.): Die ganze Locarno=-

Angelegenheit ist von einem dihten Nebel umgeben, so daß die Einzelheiten niht zu erkennen sind. Das Volk ist in eine Locarno- Psychose hineingetrieben und von den Hauptsachen immer abgelenkt worden. Jh möchte die Dinge etwas entnebeln. Wer E denn unsere Vertragsgegner? Wissen wir denn, daß sie wollen, was ne sagen? Sind es nicht diejelben Leute, die im Kriege uns as shimpflihsie verleumdet haben? Haben uns diese Leute au nur ein einziges Mal Versprehugen ga Sie werfen uns foci und poli Vertragsbrüche vor und begehen sie selbst. Die Aufrechterhaltung der Kölner Beseßung ist ein einziger Bruch des Versailler Vertrages. Können diese Leute für uns überhaupt als Vertragskontrahenten in Betracht kommen, die noch jeden Vertrag gebrochen haben? Sie werden auch Locarno nie und nimmer halten, auch niht, wenn wir im Völkerbund sind. Die leßte Rede von Stresemann war nur ein& neue Wolke zur Ver- schleierung, ein Ablenkungsmanöver. Die meisten Mitglieder des Hauses haben die Sazungen des Völkerbundes und selbst den Locarno-BVertrag nicht studiert, sie folgen nur den Parteiführern. Die Vertragsgegner sprehen von Gerechtigkeit. Fs das nicht ein Hohn, wenn man an Marofïko, Syrien e dentt. Mit dem ganzen Sicherheitspakti und dem Eintritt in den Völkerbund sollen wir lediglih unsere Freiwilligkeit attestieren. Es gibt ganz ver- schiedene Kategorien von Staaten im Völkerbund, eine Gleich- berehtigung ist niht vorhanden. Dabei bleibt tnnerhalb des Völkerbundes die Entente als Sonderbund bestehen, der mehr als die Hälfie der Stimmen hat. Der Völkerbund is nichts anderes als ein Machtinstrument dex Entente, alles andere ist Verzierung. Diesex Majorität geben wix uns preis. Wo bleibt denn die Ab- rüstung! Nah dem Locarno-Vertrag set der Völkerbundsrat das Maß dex Rüstung „unter Rüdsicht auf die geographishe Lage und die besonderen Verhältnisse“ fest. Glaubi man etwa, daß unsere Lage und besonderen AURESON innerhalb eines Kreises von bewaffneten Nachbarn dahin berücksihtigt werden wird, daß wir stark bewaffnet sein müssen? Fm Gegenteil, man wird sagen, in dieser Lage branchten wir niht einmal die hunderttausend Mann. Nach dem Vertrag kann unsere Rüstung auch verringert werden. Jh beneide den Mann nicht, der im Völkerbundsrat Deutschlands Futeressen zu vertreten haben wird. Die Entente wird gar keinen energischen Mann zulassen, der alles herausholt, was herauszuholen ist. Die Waffe, die wir durch die Kriegsshuld- lüge haben, soll uns aus der Hand geschlagen werden; wir g freiwillig den Vertrag von Versailles anerkennen, der auf dex Kriegsschuldlüge aufgebaut ist. Nicht eine einzige Folgerung ift aus dieser Lüge von Herrn Stresemann in Locarno gezogen worden. Das anan der D Ens ist niht neu. Auch für das Dawes-Gutachten ist von der Zentrale füx Heimatdiensi mit Veröffentlichung eines unvolkständigen Textes Propaganda gemacht worden. Herx Stresemann hat selbst in seiner Partei gesagt, wir hätten das Gutachten in zwei Teilen bekommen und bei dem Text noch? niht gewußt, was in den Unterlagen stand. Warum ist der zweite Teil dex Denkschrift nicht in das Volk hinaus- geworfen worden? Das Verschleierungsversahren geht aber noch iveiter. Man hat von einem Anteil von ahthunderi Millionen gesprochen, aber nux einen kleinen Teil bekommen, den Hauptteil hat Frankrei bekommen. Von den 2/4 Milliarden Uebersuß der Reichsbahn at man dem deutschen Volke gegenüber planmäßig ge- shwiegen. Dex Redner kritisiert das System im Auswärtigen Amt. Das Auswärtige Amt bestritt seinerzeit, daß Radek hier in Berlin sih aufhalte. Jh habe ihn aber selbst unter den Linden gesehen. Da behauptete Freiherr von Malßahn, Radek habe einen Doppelgängex, den hätte ih wohl getrofsen. (Heiterkeit) Die Parteien werden geleitet von wenigen Freimaurern. Locarno ist von Vertretern der Freimaurerlogen gemacht worden.

Damit P die Debatte. i

Die Abstimmung über Artikel 1 (Genehmigung der Locarno-Verträge) ist auf Antrag der Deutschnationalen namentlich. Artikel 1 wird mit 271 gegen 159 Stimmen an- genommen. Dagegen stimmten die Deutschnationalen, die Bölkischen, die Kommunisten und ein Teil der Wirtschaftlichen Vereinigung.

Hierauf trägt Abg. Leicht (Bayer. Vp.) folgende Ent- s{ließung feiner Fraktion zum Artikel 11 der Vorlage (Eintritt Deutschlands in den Völkerbund) vor: „Die Reichsregierung wird ersuht, von der Ermächtigung des Artikels 11 des Geseßes nur Gebrauch zu machen, wenn durch weitere Tatsachen die Auffassung der Regierung bestätigt wird, daß die Gegenseite in den shwebenden Fragen, insbesondere in Fragen der Rheinlande, eine Politik der friedlihen Verständigung befolgt.“ Der Redner erklärt, daß mit Rücksicht auf diese Entschließung, die bei der dritten Beratung der Vorlage mit zur Abstimmung kommen wird, seine Fraktion sih heute, in der zweiten Lesung, bei der Abstimmung über Artikel 11 der Stimme enthalten werde. i

Nunmehr wird über den Antrag der Deutschnationalen zu Artikel I1 (Ermächtigung zum Eintritt Deutschlands in den Völkerbund), wonah ein Absay hinzugefügt werden soll: „Zum Eintritt Deutschlands in den Völkerbund bedarf es eines besonderen Geseves““, ebenfalls auf Antrag der Deutsch- nationalen namentlich abgestimmt. Der Zusaßantrag wird mit 242 gegen 169 Stimmen abgelehnt. 19 Abgeordnete (Bayerische Volkspartei) enthielten sih der Stimmabgabe.

Ein inhaltlih gleihlautender Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung wird in namentlicher Abstimmung ebenfalls ab- gelehnt, und zwar mit 243 gegen 170 Stimmen bei 19 Stimms- enthaltungen. Artikel II selbst wird in einfacher Abstimmung

| angenommen. Die Unterstüßung eînes kommunistishen An- trags auf nameniliche Abstimmung reichte niht aus, weil nur noch Völtische den Antrag unterstüßten. Artikel 111 (Fukcafitreten an dem auf die Verkündung

folgendem Tage) wird angenommen.

Damit ist die zweite Beratung erledigt.

Nächste Sibung, Freitag 12 Uhr: Dritte Lesung dev Locarno-Vorlage.

Schluß gegen 8 Uhr.

Parlamentarische ?tachrichten.

Jm Haushalts3ausschuß des Reichstags wurden

dun Pläne behandelt, die einem Erweiterungsbau [s

en Reichstag dienen sollen, worüber Reichstagspräsident b e Bericht erstattete. Die ausführliche E ergab, da infolge der ungünstigen finanziellen Lage des Reiches zunäch die Bebauungspläne zurückgestellt werden sollen. Dagegen so Es nach Fühlungnahme der Ausschußmitglieder mit ihren

raktionen die Frage entschieden werden, ob für eine spätere Er- weiterundg des Reichstagsgebäudes gegebenenfalls schon jeßt Grund und Boden durch Ankauf gesichert werden soll.

Der Reistagsausschuß für AugendlGuy und Jugendpflege begann gestern unter dem Vorsiß de Abg. Kube (N. F.) die allgemeine Erörterung des Geseß- entwurss über den Schuh dex Jugend bei Lustbar- keiten. Abg. Hofssmann» Ludwigshafen (Zentr.) empfahl, dem Nachrihtenbüro des Vereins deutsher Zeitungsverleger zus folge, ntersceitung zwishen Schul{flichtigen und Schul- entlassenen und fernex zwischen dem Besuch solher Veranstal- tungen und der Beschäftigung in ihnen. Für die Schulpflichtigen follten in diesen Dingen die Lhrpersonen usw. entscheiden. Auf Anfrage des Abg. D. Mumm (D. Nat. erklärte Geheimrat Gürieck, daß bei jahrmarktartigen Runrmelpläßen nicht der Pla sondern die Ausstellung der einzelnen Darbietungen konzessions- pflichtig ist, daß dagegen geschlossene Rummelpläße, wie_ der Lunapark z. B., als Ganzes konzessionsxflichtig sind. Ober- regierungsrat Dr. Be der sebr auseinander, daß das Jugendamt die erforderliche - Aufsicht über die Rummelpläye nicht führer könne, weil es nicht über die nötige An ah Beamte verfüge. Der Weg empfehle sich gleichfalls nicht, die örden, die shon jeßt zue Konzessionserteilung für Lustbarkeiten zuständig seien, anzuweisen, ihre Entscheidung auf die Fragen auszudehnen, ob sich die be- treffenden Veranstaltungen oder Darbietungen für Minderjährige eigneten, denn eine solhe Konzessionserteilung sei ja bei Darbietungen ohne höhere Kunst oder Wissenschaftsinteresse nicht E die einzelnen Darbietungen, sondern nur für das gesamke Unternehmen exrforderlich. Deshalb {lage die Regierung vor, statt vorheriger Prüfung der zuständigen Behörde die Vefugnis einzuräumen, eine ihr ungeeignet erscheinende Lustbarkeit für Minderjährige unter 18 Jahren zu verbieten oder den Besuch oder die Beschäftigung Minderjähriger in ihnen einzushränken. Nach weireren Bemerkungen der Abg. Simon-Franken (Soz.7, D. Mumm (D. Nat.), Frau Abg. Dr. Lüders (Dem.) und Paeth (D. Nat.), die auf aewisse möglihe Mängel der neuen Regelung hinwiesen, legte Abg. Biester (Soz.) dar, daß in Preußen dex Amtsvorsteher zurzeit noch soviel Besugnis habe, daß ex auch ohne dieses Gese seinen Zweck völlig erreilzen und darüber hinausgehen könne. Oberregierungsrat Bandmann als Ver- treter Preußens äußerte sih über den gegenwärtigen gejeßlichen Zustand in Preußen. Jnfolge des Ruhrkampfes seien dem Amts=- vorsteher auf diesem Gebiete Besugnisse eingeräumt, die auf- gehoben werden könnten, wenn dieser Entwurf Gesey werde. Hierauf vertagte der Ausschuß die Weiterberatung.

Der Reicchs8tags3aus\chuß zur Prüfung der Rechtsverhältnisse bei der Reihs8bahn nahm in seiner gestrigen Sißung laut Bericht des Nachrihtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger einstimmig folgende zwei Entschließungen an: 1. Der Reichstag wolle beschließen, die Reichsregierung zu ersuchen, unverzüglich auf die Deutsche Ne aerwattung einzuwirken, daß der Personalabbau derx Reichsbahn für beendet erklärt wird. 2. Die Reichsregierung zu ersuchen, auf die Reichsbahngesellschaft einzuwirken, die Pensions» verhältnisse der in das Arbeiterverhältnis übersührten Beamten den Pensionsverhältnissen der Reichsbahnbeamten anzupassen.

Nr. 50 des „Minitisierialblatts jür die Preußi)che innere Verwaltung“ vom 25. November 1925 hat olgenden Fnhalt: Allgem Verwalt. RdEr!. 17. 11. 22, Sachscbäden autzgewies. mittelbarèr Staatébeamten. NdErl. 20. 11 25, Benug. v Schulräumen f. gffentl. Wablen. Kommunalverbände. NdE1! 20. 11. 25 Reichssteuervert RèErl. 21. 11. 25 Pi0- vinziallandtags8wahlen. P olizeiverwaltung. NèeErl. 16 11. 29, Ungültiae Prüf -Zeugnisse f. Licht)pielvortührer. RdErl. 16. 11. 25, Reinbalten der Bürgersteine. RdErl 20. 11 25, Unterbringung Obdachloser. Filmverbotk. RdErl. 19. 11 25, Vebeniend von Geldbeträgen an die Pol.-Armtstassen Berlin —- RNdEr]. 19 11. 25, Ueber)\chreitung der Hauéhalttan\äße f. nichts beamtete Hilfskrätte d Pol. NRèErl. 16. 11. 25 Disziplinar- gewalt über die erkrankten Shuhvol -Beamten im Soolbad Wittes find NdErl. 16. 11 25, Sicherungshypotbeken bei Landiäger- dienslwohnungen. -—— MdErl. 19. 11. 25, Landjägercineubauten. RNdE1l. 13. 11. 25, Vocschußweise Zahlung von Kautgeldern f. Fahrräder u. Dienstp)erde d. Landf -Beamten. RdErl. 19. 11. 25, Nerteil. d. Diensiyferde u. Diensttabrräder d. Landiägerei. NdErl 16 1k 25, Krim -Komm -Anw -Lebrgang RdErl 20 11 25,

Landjägereishullehrgänge 1926. —S yarkasten NdErl 20 11 25, Sparkassenerbebunas'ormular. Paß- u Fremdenvolizei. NdoErl 16. 11. 2%, Abkommen mit der Tschecbo)lowakei über Sicht= vermerke. Verfehröwesen NdoErl. 18. 11. 25, Krafttahr- linien. Flugpiäne. Handschritktlihe Berichtigung. Neuerscheinungen. Zu beziehen durch alle Postanstalten oder Carl Heymanns Verlag Berlin W. 8 Mauerstraße 44. Viertel jährlih 1,80 NM jür Ausgabe A (zwei!eitig) und 2,40 NRM

tür Ausgabe B (einseitig)

Statistik und Volkswirtschaft. Kartottelvreise 1n deutschen Städten in der Woche vom 16. bis 21. November 1925.

Städte Handelsbedingungen

Wöchentliche Notierungen *)

Zahl | am weiße | rote | gelbe

Preije in Reichsmark für 90 kg

2

¿H 4 5 6 | 7

Bamberg « « Berlin) Breélau . « Gen . « Frankjurt a. M.

Hamburg

Kari1éèruhe . Kiel . i Königsberg tk. P München ü Nürnberg «- Plauen . « 5

M: S S S S. S S S S ooo es E E G 0.0 6 ® 9

b. Waggonbezug 7 ab Vollbahnstation . i ab Holstein Börenpreije (nominele). .. Börsenpre1se . ¿

Stettin . Wo1nms . Würzburg .

S G Gr S-W. Mi e ee ooo e 92008. eee. o80

. | bahntrei Worms . . i . P Erzeugerpr. fr. Bahnstation . .

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4) Gelbflei1hige Industrie 1 95 Perlin, den 26. November 192d.

Großhandelseinkautspr. ab fränk. Stat. Erzeugei preis waggonfr. märk Station Erzeuge1preis ab 1chle) Verladeitation wagagon!rei Essen dei Waggon!adungen Großhandelepr. Frachtlage Franfy. a. M

Frachtlage Karlöruhe „e «o. Erzeugerpr ¡Ostpreußen fr. ostpr.Slation

Großhandelspreis ab vogt!. “Station ir. Waggon Reichébahnstation . .

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17. 1,90 |

16. 20. h 1,60 2,00 1,30 _ 3,00

2,65 8) 2/20 2,81 220 1,75 1,75 208 275 1.75 9 2,19 2,10

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*) &n Frankfurt a. M., Hamburg und Königebera i Pr. keine Bdörlennotierungen, sondern Festiteltungen der Handelskamme1n. = 1) Wo mehrere Ungaben voilagen, sind aus diesen Durch)chnitte gebildet worden.

2) Odenwälder blaue 1,75. ?) SInduftuie.

Statisti)ches Reichsamt. J. V. : Dr. Plagyex.