1882 / 162 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Jul 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Ein rückfälliger Dieb (d. h. ein Dieb, welcher be- reits zweimal wegen Diebstahls bestraft worden ist), welcher einen Raub begeht, ist nach cinem Urtheil des Reichs- gerihts, vom 29. April d. J, nur wegen Raubes, niht aber wegen Diebstahls im Rückfalle zu bestrafen, wenn ihn auch wegen Diebstahls im Rückfalle eine härtere Strafe treffen würde (der {were Diebstahl im Rückfalle wird nach §. 244 des Strafgeseßbuchs mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängniß nicht unter einem Jahre, während der einfahe Raub aus §. 249 nur mit Zuchthaus resp. bei mildern- den Umständen mit Gefängniß nicht unter 6 Monaten zu bestrafen ist.) „Für den {weren im wiederholten Rück- falle verübten Diebstahl erbringt allerdings die Vergleichung der §8. 244, 249, 252 des Str. G. B. das befremdlihe Er- gebniß, daß s{hwerer, rüdckfälliger Diebstahl an sich und von den mildernden Umständen, ganz abgesehen, höhere Straf- minima aufweist, als der einfahe Raub. Wie diese offffen- bare Antinomie der Strafnormen praktish zu lösen ift, steht hier niht zur Entscheidung. Ruht sie, wie es den Anschein hat, auf einer Lücke im §. 250 Str. G. B. und auf einem Nebersehen der Geseßgebung, die Vorbestrafungen wegen Dieb- stahls unter die Qualifikationen des Raubes mit aufzu- nehmen, so kann ihr nur im Wege der Gesetzgebung abge- holfen werden.“

Die Bestimmung des §. 503 der Strafprozeßordnung, daß in einem Privatklageverfahren der Verurtheilte auch die dem Privatkläger erwachsenen nothwendigen Auslagen zu er- statten hat, findet nah einem Urtheil des Reich sgerichts, vom 27. April d. J., auch auf den Nebenkläger, d. h. den Gekränkten oder Geschädigten, welcher sih der vom Staatsanwalt erhobenen öffentlihen Klage als Nebenkläger angeschlossen hat, Anwendung, selbst wenn der vom Neben- kTläger gegen den Verurtheilten gestellte Antrag auf Buße ab- gewiesen wird.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich rumänischen Hofe, Graf von Wesdehlen, hat einen ihm Allerhöchst be- willigten längeren Urlaub angetreten. Während seiner Ab- wesenheit von Bukarest fungirt als interimistisher Geschäfts- träger der Legations-Sekretär Graf von Leyden.

S. M. Kbt. „Hyäne,“ 4 Geschüße, Komm. Kap.-Lt. Geiseler, ist am 10. Juli cr. in Montevideo eingetroffen und beabsichtigte am 13. Juli cr. die Reise fortzusegzen.

Vayern. Nürnberg, 12. Juli. (W, T. B.) Der König der Niederlande ist heute Nahmittag mit Gefolge aus Frankfurt hier angekommen.

Vaden. Freiburg i. B., 12. Juli. (W. T. B.) Die feierlihe Konsekration und Jnthronisation des Erzbischofs von Freiburg und Metropoliten der oberrheinishen Kirchen- provinz, Dr. Orbin, ist heute früh im hiesigen Münster dur den Bischof Hefele unter Assistenz des Bischofs von Fulda und des Koadjutors von Straßburg vollzogen worden. Als Vertreter des Großherzogs wohnten der Öberst-Kammerherr Freiherr von Gcmmingen und der Schloßhauptmann von Bohlenhalbah und als Vertreter der Regierung der Präsident des Ministeriums der Justiz, Dr. Nokk und der Geheime Refe- rendar Joos der Feier bei. Morgen findet im Großherzog- lichen Palais ein von den Vertretern des Großherzogs zu Ehren des Erzbischoss Orbin veranstaltetes Diver stait.

Hamburg, 12. Juli. (W. T. B.) Die Bürgerschast hat dem Antrag des Senats auf Einseßung einer gemischten Kommission zur Entwerfung des Generalplans und.des Kosten- anshlags für den Zollanschluß von Hamburg ange- nommen und sodann ihrerseits folgende 9 Mitglieder zu der Kommission gewählt : Lutteroth, Präsident der Handelskammer, Wörmann , Mitglied der Handelskammer, A. Kähler jun., Fölsh, M. W. Hinrichsen, Tilemann, !Rump, Vivie, Klemmer.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 13. Juli. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen Graf Kalnoky hat sih zum Kaiser nah Js{l begeben.

Prag, 10. Zuli. (Prag. Z.) Der Landeskulturrath für Böhmen berieth in seiner vorgestrigen Sißung unter dem Vorsiße des Fürsten Karl Schwarzenkterg u. A. auch über die Mittel, durch welche dem Ueberhandnehmen des Vaga- bundenthums zu begegnen wäre. Nach einer längeren Debatte wurde folgende Resolution angenommen :

1) Es sei die Regierung zu bitten, das bisher in Böhmen gül- tige Gese vom 3. Dezember 1863, betreffend die Regelung der Pei- mathsverhältnisse, in dem Sinne der im Königrihe Württem erg bisher geltenden FEehe, bei welchem das Prinzip des Unterstützungs- wohnsißes entscheidenden Einfluß auf die Anordnung des Ärmen- wesens erhalten hat, ohne die Vortheile des Heimathsrechtsprinzips, insbesondere bei der Regelung des Aufenthaltsrechts, außer Acht zu lassen, einer Revision zu unterziehen.

2) Die Regierung werde gebeten, dem im §. 13 des Gesctzes vom 10. Mai 1873 bereits stipulirten Institute der Zwangs- arbeitéhäuser sowohl durch zeitgemäße Vervollkommnung der bereits bestehenden, als wie durch Errichtung neuer wangs- arbeitshäuser für entsprehend zu wählende Gebiete ihr besonderes Augenmerk zu weihen und dem Gemeinsinne unserer Stadt- und Landgemeinden bei der freiwilligen Errichtung von Arbeitsanstalten jeden möglihen Vorschub zu leisten, Jn Anbetraht der Mängel, welche sih in Bezug auf die Us des Vagabundenthums ergeben, giebt der Landeskulturrath der tothwendigkeit Ausdruck, eine solde Abgrenzung der Kompetenz der autonomen und landes-

rftlicben S festzustellen, respektive durch Kreirung neuer Jn- tutionen dafür zu sorgen, daß eine gründliche und genaue Durch- führung der gegen das Vagabundenthum gerichteten Gesetze gesichert ne.

3) Die Regierung wolle auf entsprechendem Wege dem §. 1 des Gesetzes vom 10. Mai 1873 in der Praxis eine solce Anwendung chaffen, daß es dem der Vagabondage Verdächtigen dur geeig- netere Maßregeln, als es die biéherigen waren, ermögliht werde, nachzuweisen, daß Merkmale der Vaga ondage auf ihn niht anwend- bar seien. Cbenso wolle die Regierung im Anschlusse an die 88. 8, 14 und 18 desselben Geseßes bewirken, daß derjenigen Gemeinde, welche arretirt, die bis zur Eruirung der Heimathgemeinde und bis

gem Tage der Abschiebung aufgelaufenen Verpflegskosten aus dem ndesfonds ersetzt werden.

Schweiz. Bern, 12, Juli, (Bund.) Die vom eid- genesen JZustizdepartement berufene Expertenkommission zur

rberathung eines Bundesgeseßes über Schuld- betreibung ist dem Vernehmen nach auf Montaa, den 18. September, nach Bern eingeladen, um den von dem Obergerihts-Präsidenten Oberer in Liestal nah den Beschlüssen der Kommission vom leßten Jahre umgearbeiteten Entwurf

einer leyten Durchsicht zu unterwerfen und zu Ende zu be- rathe n

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Zürich, 11. Juli. Wie die „N. Z. Ztg.“ vernimmt, liegen dem eidgen. Justizdepa1tement zwei vollständig ausgear- beitete Entwürfe zu einer Verordnung über das durch das shweizerishe Obligationenreht vorgesehene Handels- register und Handelsamtsblatt vor, der eine im Austrag der „Société industrielle et €eommerciale du Canton de Vaud“, verfaßt von dem Kantons- rihter Charles Soldan in Lausanne, der andere im Auf- trage des Departements ausgearbeitet durch den Advokaten A. Fick in Zürih, beide mit den bezüglichen Formularien versehen. Auch der Vorort (Genf) des „Schweiz. Jndustrie- und Handelsvereins“ hat einen bezüglichen Bericht nebst Pro- jekt eingeschickt; in einläßliher Weise referirte diesfalls an den Vorort namentlih die Kaufmännische Gesellschast von Zürich.

Zur Feststellung eines Projektes zu Händen des Bundes- rathes sind Dr. Paul Speiser, Justizdirektor in Basel, Advokat A. Fick in Zürich und Kantonsrihter Soldan in Lausanne eingeladen worden, dem eidgenössishen Justiz- departement ihr Gutachten über die Vorarbeiten einzureichen. Die von den Kantonen, welchen die Einführung der Register- behörden in ihrem Gebiete vorbehalten ist, längst ersehnte bundesräthlihe Verordnung übcr den Gegenstand wird des- halb nicht mehr lange auf \sich warten lassen.

Großbritannien und Jrland. London, 12. Juli. (W. T. B.) m Unterhause antwortete der Unter- Staatssekretär Dil ke auf eine Anfrage Cowens, die Pforte sei seit der Beschießung ge von Alexandrien gegen die Beschießung nicht vorstellig geworden, habe aber vor der Beschießung Vorstellungen dagegen erhoben und bemerkt, daß die Forts das Feuer nicht erwidern würden, während die Forts das Feuer doch erwidert hätten. Von irgend einer anderen Macht seien keine Vorstellungen eingegangen. Dem Deputirten Wolff gegenüber erklärte Dilke, soweit das Auswärtige Amt wisse, sei es niht wahr, daß Adminral Sey- mour Kauffahrteischiffen die Benußung des Suezkanals ver- boten habe. Admiral Seymour habe dieselben nur warnend darauf. aufmerksam gemacht, daß sie de1 Kanal auf ihre eigene Gefahr Lefahren würden ; davon, daß Torpedos in den Suez- kanal versenkt worden seien, sei ihm nihts bekannt. Der Premier Gladstone erwiderte auf eine Anfrage Gourley's, die Regierung habe den übrigen Mächten hinsichtlich der Sicherung der freien Schiffahrt im Suezkanal solche vorläufige Mittheilungen gemacht, als sie sür ihre Pflicht hielt. Gourley erklärte sich mit dieser Antwort nicht zufrieden und beantragte Vertagung des Hauses, um von der Regierung eine klare Darlegung ihrer Politik zu verlangen. Er wünscht zu wissen, weshalb Frankreih sich von England getrennt habe. Lawson unterstüßte den Antrag und griff die Regierung auf das Hestigste an. Gladstone erklärte, er habe kein Recht, die Motive Frankreihs zu diskutiren, welches ebenso wie England vollständig innerhalb der Grenzen seines Nechts handle. Es würde ein großer Jrrthum ein, anzunehmen, daß die Verschiedenheit der Aktion eider Mächte in dem jeßigen Momente eine Veränderung und zwar eine besonders unfreundliche Veränderung der Aktion beider Regierungen bedeute. Das europäische Einvernehmen bestehe fort und erwarte von dem Bombardement eine wichtige Folge. Die jüngste Niedermeßelung in Alexandrien sei gänz- li mere und ungesühnt geblieben und habe nicht nur die Sicherheit der Person der hritishen Unterthanen, sondern auch die dex übrigen Europäer im Orient bedroht. Die Politik der Regierung verfolge keine selbstsüchtigen Zwecke. Das Bombardement sei kein Akt der Feindseligkeit gegen das egyptishe Volk, sondern nur gegen die Unterdrücker desselben gerihtet. Der Unter-Staatssekretär Dilke erwiderte Northcote, die Regierung werde jeden möglichen Schritt für die Sicherheit der Person des Khedive thun, dessen Muth er lobend hervor- hob. Arabi Pascha vertrete niht die nationale Bewegung in Egypten Gourley zog seinen Antrag auf Vertagung zurück. Das Haus seßte darauf die Spezialberathung der irishen Pachtrückstandsbill fort.

Jm Oberhause wurde mitgetheilt, daß die irische Zwangsbill die Sanktion der Königin erhalten habe.

Die Admiralitäi hat gestern Jnstruktionen an den Kommandanten der englischen Kanonenboote am Suezkanal abgesandt, wonach der Durchfahrt der Schiffe durh den Suez- kanal kein Hinderniß in den Weg gelegt werden soll, vor- ausgeseßt, daß die Schiffsführer im Voraus darauf auf- merksam gemacht werden, daß sie auf ihre eigene Gefahr die Durchfahrt unternehmen.

Frankreich. Cherbourg, 12. Juli. (W. T. B.) Die Rüstungen werden eifrig weiter betrieben, in dem Arsenal wird Tag und Naht gearbeitet. Sämmtliche Kriegs- chiffe werden armirt. „Reine blanhe“, „Flandre“, „Gaulois“ und „Jnfernelt“ sind bereits seebereit. Nur 3 Schiffe, der „Fulminant“ und 2 zum Kriegsdienst unbrauchbare, bleiben im Hafen als Küstenwächter.

Marseille, 13. Juli, (W. T. B) Sämmtliche Schiffahrtsgesellschaften haben den Dienst nah Alexandrien eingestellt mit Ausnahme der „Messageries maritimes“, deren Dampfer „Amazone“ heute mit Ferdinand von Lesseps an Bord die gewöhnliche Fahrt angetreten hat. Die Ankunft des Dampfers „Juno“ aus Alexandrien mit den Akten, dem Personal und der Kasse des „Credit Lyonnais“ wird hier erwartet.

Türkei. Konstantinopel, 13. Juli, (W. T. B) Die „Turquie“ {reibt anläßlih des Wechsels im Minister- Präsidium, die öffentliche Meinung bezeihne den gegenwär- tigen Minister-Präses Said Pascha als den Geeignetsten und Fähigsten zur Lösung der egyptishen Frage. Jn dem- selben Sinne sprechen sich auch die übrigen Journale aus.

Rumänien. Bukarest, 12. Juli, (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Statescu, ist heute nah dem Seebad Kustendje abgereist, der Minister-Präfident Bratiano wird sich morgen ebenfalls dorthin begeben.

Nußlaud und Polen. St. Petersburg, 13. Zuli. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ bemerkt be- züglih des Bombardements von Alexandrien, die englishe Diplomatie versichere, daß das Bombardement ein rein militärishes Unternehmen sei und in keiner Weise den Werth ihrer Unterschrift unter dem Uneigennüßigkeits-

rotokoll vermindere. Die Loyalität des englischen Kabinets asse diese Versiherung als ein gPuverlassges Unterpfand und eine Abshwähung des mißlihen Eindrucks, den das Bombardement gemacht, erscheinen. Es wäre wünschens- werth, daß die Pforte einsehe, um wie viel weiser es gewesen wäre, sich den Mächten anzuschließen, um Katastrophen zuvor- zukommen. Die Reichseinnahmen bis zum 1, Mai

betragen 1 968/; Millionen Rubel oder 83/,g Millionen mehr als in dem gleihen Zeitraum des Vorjahres. Alle vor dem 1. Juli eingeführten, aber bis zum heutigen Tage noch nit bereinigten Waaren unterliegen der Verzollung nach dem neuen Tarif.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 13. Julï. (W. T. B.) Der Großherzog von Sachsen-Weimar ist mit seiner Tochter heute früh hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem Könige, den Prinzen, den Ministern, der Generalität und den Spißen der Behörden empfangen worden.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 12. Zuli. (W. T. B.) Der türkische Avisodampfer, welcher den leßten Abgesandten der Pforte von Konstantinopel hierher brachte, hat in der Nähe des Palastes des Khedive Anker geworfen. Jn der: Stadt herrschen mehrere große Feuersbrünste.

Aus London, 12. Juli, meldet „W. T. B.“:

Vom Bord des Schiffs „Chiltern“ auf der Rhede von Alexandrien wird gemeldet: Der „Jnflexible“ und der „Témeraire“ eröffneten heute Vormittag 10 Uhr 40 Minuten: das Feuer wieder auf das Fort Moncrieff, dessen beim gestrigen Bombardement erlittene Beschädigungen während der Nacht wieder ausgebessert worden waren.

Eine Depesche des „Reutershen Bureaus“ aus Suez vom 12. sagt:

Seit 48 Stunden is kein Handels\{hiff} in den. Kanal eingelaufen, die Schiffe, darunter das indische Paketboot, liegen auf der Rhede. Die europäische Bevölkerung befindet sih jeßt an Bord der Schiffe, der englische - Konsul hat seine Flagge eingezogen und sich an Bord eines englischen. Kanonenbootes begeben.

Dem „Reuterschen Bureau“ wird von der Rhede von Alexandrien gemeldet: Um 1 Uhr Nachmittags wurde: von den Egyptern die Parlamentärflagge aufgezogen. i mit derselben Flagge befinden sich auf dem Wege zur Flotte.

Demselben Bureau wird aus dem Hafen von Alexan- drien vom 12. Abend 9 Uhr gemeldet: Vor Eintritt der Dunkelheit nahmen 5 englische Schiffe außerhalb des neuen: Hafens Ausstellung, wahrscheinlih, um morgen das Feuer: auf die die Stadt beherrshenden Forts zuw eröffnen, falls das Bombardement wieder aufgenommen wird. Die Parlamentärflagge weht noch immer. Die Feuersbrünste in Alexandrien nehmen immer größeren Umfang an. Wie es heißt, ist die Stadt fast ganz. verlassen und den Arabern, den niedrigen Klassen der Be- völkerung und den Beduinen zur Plünderung preisgegeben. Eine weitere Depeshe von Abends 11 Uhr meldet: Das Feuer wurde von dem „Jnflexible“/ und „Témeraire“ heute früh 9 Uhr 30 Minuten gegen die Batterie jenseits des Forts Pharos wieder aufgenommen, doch wurde das Feuer bald wieder eingestellt, da die Egypter die Parlamentärflagge aufzogen. Hierauf wurde der „Bittern“ in den Hafen entsandt, um die Ursache des Aufziehens der Parlamentärflagge zu erfahren. Der Kommandant des „Bittern“/, davon verständigt, daß. der Kommandant von Alexandrien, Jo ul ba Pascha eine Unter- redung mit dem Admiral Seymour wünsche, verlangte als Vor- bedingung für weitere Unterhandlungen die Uebergabe der den Eingang zum Hafen beherrshenden Befestigungen. Bald darauf wurde eine zweite weiße Fahne aufgehißt und der Aviso „Helicon“ entsandt, um Erkundigungen einzuziehen. Der Kommandant des „Bittern“ brachte in Erfahrung, daß sih der Khedive wohlbehalten mit Derwish Pascha in dem Palais Ramleh befinde. Gegenwärtig wird eine größere Feuersbrunst in der Richtung des englischen Konsulatsgebäudes. wahrgenommen.

13. Juli. Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus dem Hafen von Alexandrien, den 13. d., 7 Uhr 40 Min. Morgens: Bei Tagesanbruch wehten weiße Flaggen auf dem Fort Baseltin, dem Leuchtthurm und dem Divan des Kriegs-Ministers. Der „Helicon“ mit der Parlamentärflagge, die Dampfer „Fnvincible“, „Monar“ und „Penelope“ dampften in den Binnenhafen hinein, das Geshwader außerhalb dampft ab. Die Feuersbrunst in der Stadt hat während der Nacht weiter um sich gegriffen. Die See ist stürmisch.

Zeitnugsfstimmen.

Der „Reichsbote“ enthält einen Artikel „Wo sind die „Abenteurer?“ Wir entnehmen demselben folgende Stellen :

_eSozialpolitische Abenteuer“ nennt die „Nat.-Ztg.“ die von der Kaiserlichen Botschaft angekündigte und vom Reichskanzler theilweise in Angriff genommene soziale Reform, wegen deren die ganze Nation die Kaiserlißhe Botshaft mit Jubel be- grüßt bat. „Sozialpolitishe Abenteuer“ werden also die Reformpläne zur ficheren Gestaltung der Lage der Arbeiter für die Tage des Unfalls, der Krankheit und des Alters, die Bestrebungen zur Hebung des Handwerks, zur Zurückdrängung des übermächtigen Einflusses des handelnden Kapitals der Börse, zur Entlastung des Grundkesitzes, der niederen Volksklzssen und zur Hebung der nationalen Arbeit genannt. Denn das \ind ja die sozialen und wirth\s{aftlidben MReformpläne der Re- gierung! Sind das wirklih „sozialpolitisbe Abenteuer?“ . ... In der That, wenn es je eine Abenteurerpolitik gegeben hat, fo ist es die liberale Politik des freien Spiels der Kräfte, des Gehenlassens, durch welche das Volk mit seinem Wohlstand, seinen Erwerbsver- hältnissen, sciner Sitte, seiner Religion, seinen sozialen und wirth- {aftlichen Verhältnissen zum Spielball frivoler, waghalsiger Aben- teurer gemacht wurde, für welche es keine sittlihen und sozialen Schranken mehr gab, sondern die einzig und allein dem ungeregelten, wil- den Trieb nah Geld und Genuß folgten. Die soziale und wirthschaftlicc Reformpolitik hat sich gerade die Aufgabe gestellt, das Volk von dieser

Abenteurerpolitik zu befreien, um das ‘ang und wirthschaftliche

Leben der Nation wieder in geordnete Bahnen zu lenken und es vor dem frivolen Uebermuth der Abenteurer zu \{Güten. . ... Deshalb hat die Kaiserliche Botschaft den Besten der Nation aus dem Herzen gesprocen, als sie dem Abenteurerthum entgegentrat und die rist- lide Weltanshauung wieder als die Grundlage aller Ver- hältnisse bezeibnete und auf die soziale Korporation als die gesunde Form für das soziale Leben hinwies

Sobald in den ernster gesinnten Volkskreisen die Ucber eugung Platz greift, q die sozialen und wirthshaftlihen Verhältnisse des Volfké- lebens wieder auf solide, sittlich ernste Grundlagen gestellt werden müssen, muß die Regierung mit aller Energie bestrebt scin, diese bessere Ueberzeugung zu benutzen, um mit ihrer Hülfe das Abenteurer- thum zu beseitigen. , it diesem manchesterlihen und materia- listishen Abenteurerthum muß gründlih gebrochen und unser Volké- leben wieder auf die festen, vom sittlichen Geiste erfüllten Ordnungen und: Institutionen gegründet werden! Das is das Ziel und der Zweck der jeßigen Sozialreform.

Die „National-Liberale Correspondenz“ jagt m E Artikel „Die Handelskammerberihte und die Zoll- politil“ ;

„Daß das Gesammtresultai der Rüblicke auf das Jahr 1881 ein verhältnißmäßig günstiges ist, wird au von entschiedenen Geg- nern der berrschenden Wirthschaftspolitik niht geleugnet ; nur wird energisch bestritten, daß die Erfolge eine Wirkung eben dieser Politik und Gesetzgebung sind. Ein absolut überzeugender Beweis, was für Ursachen und Faktoren bei wirthschaftliden Erscheinungen zusammen- wirken und in wel{em Maße sie ihre Einwirkung äußern, wird in den seltensten Fällen gelingen; die dabei thätigen bewegenden Kräfte find zu manni(faltiger und unberecenbarer Art. Jedenfalls wird man sich ein sicheres Urtheil über die Wirksamkeit der neuesten Zollgeseßgebung nicht aus den Beobachtungen und Erscheinungen eines einzelnen Jahres oder auch aus den Resultaten der drei in vieler Beziehung jo normalen Jahre seit 1879 bilden können. Bis jeßt kann man gerechter Weise nur sagen, im Großen und Ganzen ist ein offenbarer Mißerfolg dieser Politik nit nachzuweisen. Um fo mehr is die Forderung am Platze, dieser Gesetzgebung eine längere Ruhepause zu gönnen, sie weder zu verschärfen noch abzushwächen, bis die Erfahrungen und Erfolge eines längeren Zeitraums die Möglichkeit gewähren, sich ein zuverlässigeres Urtheil zu bilden, als es heute geschehen fann, und besser zu erkennen, was in der erfreulihen und nachtheiligen Ent- wickelung unseres wirthschaftlihen Lebens vorübergehend, was dauernd, was auf augenblicklihe Gründe und Konjunkturen, was auf nothwendige und bleibende Ursachen zurückzuführen ist.“

Der „Karlsruher Zeitung“ {reibt man aus Heidelberg:

Nah dem Jahresberichte der Handelskammer für den Kreis Heidelberg nebst der Stadt Eberbah für 1881 hatte die Mehrzahl der im Bezirke vertretenen Industriebranchen im abgelaufenen Jahre einen etwas besseren Geschäftsgang zu verzeichnen, so namentlich die Waggon- und Maschinenfabrik, deren Arbeiterzahl sih etwas ver- mehite, die Etablissements für Herstellung von Heilapparaten, von Löschgeräthschaften, von Lacken und Firnissen zu Heidelberg, ebenso die Tapetenfabrik Bammenthal und die Roßhaar-Spinnereien in Eber- bach, beide leßtere Branchen namentlih in Folge Ausdehnung des Exportes. Auch der Gang der Cigarrenfabrikation wird als ein be- friedigender bezeicbnet. i ;

Aus Bayreuth, 10. Juli, wird der „Nord- deutschen Allgemeinen Zeitung“ geschrieben :

In dem JIahreébericht, den die Handels und Gewerk ekammer für Oberfranken für die Jahre 1880 und 1881 dem bayerischen Staats-Ministerium des Innern, Abtheilung für Landwirthschaft, Ge- werbe und Handel, vor Kurzem erstattet hat, wird cinleitend über die allgemeine Geschäftslage Folgendes bemerkt: „In unserem leßten Jahresbericht haben wir der Hoffnung Naum gegeben, daß der Éin- fluß des neuen Zolltarifs im Großen und Ganzen ein günstiger sein werde. Zu unserer Freude können wir aussprechen, daß diese Hoffnung fkcine trügerishe war. Wir wollen damit nicht sagen, daß etwa alle Klagen verstummt seien. Das ift nicht der Fall, denn gar manche Klagen lassen si durch den Zolltarif überhaupt nicht beseitigen. So ist z. B. in Folge der allgemcinen Gewerbefreißeit die Konkurrenz sehr groß. Alle Welt sucht sih zu etabliren und ein selbständiges Geschäft anzufangen, unbekümmert darum, ob die nöthigen Mittel und die nöthige Erfahrung zur Seite stehen. Der Umsaß kann nur durch billige Verkäufe erzwungen werden und beträgt troßdem, in Folge dieser großen Konkurrenz, für den Einzelnen heutzutage kaum so viel in Mark, wie früher in Gulden. Namentliß das Ko- lonialgeshäft ist zu einem Scatten herabgesunken, indem der Verkäufer zu viele geworden sind, wobei noch hinzukommt, daß durh das billige Porto der 5 Pfund- und 10 Pfund- Pakete ¿8s vielen Grossisten möglih wird, die Zwischenhändler ganz ¿u umgehen. Selbst da, wo der Zolltarif seine wohlthätige Wirkung auêëübte und ausüben mußte, sind niht alle Klagen verstummt, aber eigentlih gerade deshalb, weil die Zollerhöhungen zu geringfügig und unbedeutend waren, wie z. B. bei der Flachs\pinnerei, die noch \chwer darnieder liegt und die sih auc nit erholen kann, wenn die Zollgesegebung nicht igraien und dieser alten und naturwüchsigen Industrie aufhelfen will. Abgesehen von folchen einzelnen Fällen ist cine Besserung in der allgemeinen Geschäftslage unverkennbar. Dies gilt namentlich für die in unferem Kreise weit verbreitete Baum- woll-Spinnerei und Weberei, auch von den Porzellanfabriken und von der Granit-Industrie.

Amtsblatt des Neihs-Postamts. Nr. 45. Inhalt: Verfügung: vom 6. Juli 1882, Neue Ausgabe des Briefposttarifs.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 12. Inhalt: Aktenstücke und Aufsäße: Geschichtliches über die spanische Post. Das Post- und Telegraphenwesen in Deutschland (Deutsches Reichs- Postgebiet, Bayern und Württemberg) im Jahre 1880. Ein Blick auf San-Domingo und seine Zukunft. Kleine Mittheilungen : Eisenbahnprojekte in Afrika. Eisenbahnanlagen in den Ver- cinigten Staaten. Ueber die Frequenz der Pariser Elektrizitäts- Ausstellung, Flaschenpost. Untertunnelung der Straße von Messina. Zeitschriftenüberschau.

Centralblatt für die gesammte Unterrichts-Ver- waltung in Preußen. Mai-Juni-Juli-Heft. Inhalt: Ver- ordnung, betreffend die fernere Gestattung des Gebrauches einer fremden Sprache neben der Deutschen als Geschäftéssprae. Ver- treter des Vorsitzenden der Provinzial-Schulkollegien im Geltungs- bereihe des Organisationsgesetes vom 26, Juli 1880; Ver- treter des Vorsißenden der Medizinalkollegien. Zusammen- sezung der Prüfungs - Kommissionen für die __wissenschaft- lie Staatsprüfung der Theologen für 1882/83. Zusammensetzung der Wissenschaftlihen Prüfungs-Kommissionen für 1, April 1882 83. Stadt Nordhausen, Bildung eines Stadtkreises. Ort für Be- steuerung der Staatsbeamten: Wahl hinsichtlid der staatlichen Besteuerung, Kommunalbesteuerung am Siße der Behörde. Que seluf der Gewährung cines Gnadenmonates von Wittwen- und Waisen-Pensionen, Bezugéquelle für Druckexremplare des Regulatives über die Dienstwohnungen der Staattbeamten. Sans des Zeugnisses bei Disziplinar-Untersuhungen. Bau- unternehmungen, welche von der Akademie des Bauwesens zu be- urtheilen sind, Vermittelung der An- und Verkäufe von Effekten für Rechnung des Staates, seiner Kassen und Institute dur die Seehandlung. Verrechnung der bei fiskalisGen Bauten 2c. auf- kommenden Konventionalstrafen. Desgl. der dur Amtssuépensionen und Disziplinar-Untersuhungen der Staatskasse entstehenden Kosten. Deëégl. der nicht verwendeten Mittel bei dem Baufonds der Se- minare, technischen Hochschulen u. \. w. Uebereinkunft mit der Schweiz wegen Schußes der Rechte an literarischen Erzeugnissen 2c. Luthersammlung zu Wittenberg. Statut der König Wilhelm- Stiftung für erwasene Beamtentöhter. Landebherrliber Kom- missarius bei der litthauishen Friedensgesell haft. Bestätigung der Prorektor- bezw. Rektorwahlen an den Universitäten Königóberg und Greifswald. Reglement des historisben Seminars an der Univer- sität Marburg. Desgl. für das philologishe Seminar und Pro- seminar an der Universität Kiel. Desgl. für das Seminar und Proseminar für fklassishe Philologie an der Universität Göttingen. Unzuläsigkeit der Aufnahme der von einer höheren Unterrichts- anstalt verwiesenen Schüler auf einer technischen Hobschule und auf der Berg- Akademie Klausthal in demselben Semester und an demselben Orte. Kontrole über die JInnehaltung der Kostenanschläge bei Universitäts- bauten. Statuten der Beuthschen Stipendienstiftung. Sitzung der Akademie der Wissenschaften, in welcher der Jahresbericht über die Humboldtstiftung zu erstatten is, Vestätigung der Wahlen des Präsidenten und des Stellvertreters desselben bei der Akademie der Künste zu Berlin, Große akademische Kunstausstellung zu Berlin. Preisbewerbung bei der Akademie der Künste zu Berlin. Ausschreiben wegen Bewerbung um Mendelssohn-Bartholdy- Staatsfstipendien für Mu iffer, Jeu niß des Lehrherrn über da tung und Leistungen eines Apothekerlehrlings bei der Meldung zur Prü- fung. Ordnung der Entlafsungsprüfungen an den höheren Schulen. Beifügung der Zeugnisse über bereits bellandone Lehramté-Prüfungen

bei der Meldung zu einer Nahprüfung. Erwerbung der Lehr- befäbigung für den Unterriht in der \panishen Sprache. ‘Maß für Vertheilung des Religionéunterrihtes an verschiedene Lehrkräfte. Aus\{luß der Schulgeldbefreiungen in den Vorschulen höherer Unterrichtsanstalten, auch für Söhne der Lehrer und Beamten. Ausfeßung des Schulunterrichtes am Tage der Erhebung einer Berufs- statistik; Mitwirkung der Lehrer bei dem Zählergeshäfte, Aus\{luß der Schüler. Der Unterricht in den Schullehrer-Seminaren. Termin für die Prüfung als Vorsteher an Taubstummen-Anstalten. Neuer Kursus in der Turnlehrer-Bildungsanstalt. Einziehung oder Verfall der Prüfungêegebühren bei den Prüfungen der Lehrer an Mittelschulen und der Rektoren. Verzeichniß der Lehrer, welche die Prüfung als Lehrer für Taubstummen-Anstalten bestanden haben. Prüfungs- ordnung sür Handarbeitslehrerinnen für die Provinz Ostpreußen. Einheitlihkeit des Stelleneinkommens bei dauernder Ver- bindung von S{ul- und Kirhenamt. Gnadenkompetenz für die Hinterbliebenen von Schullehrern, Gastweise Aufnahme von Kindern aus einem benachbarten Orte in die Schule; Bemessung der für die Aufnahme von Gastschülern zu entrichtenden Vergütung. Empfehlung der Beseitigung bezw. Er- mäßigung des Schulgeldes bei Volksschulen. Schulpflichtige Kinder dürfen aus der Schule ihres regelmäßigen Aufenthaltsortes nicht zurü- gewiesen werden. Unterstütung Schulunterhaltungspflichtiger aus Staatsfonds bei ihren Scbulleistungen. Staatsbeihülfen für Gutsherren bei ihren Schulleistungen. Bewilligungen aus Fonds der Domänenverwaltung zum Ankaufe des kul- mischen Schulmorgens, sowie aus Fonds der Unterrichts- verwaltung zum Ankaufe und zur Melioration von Dienstländereien für Lehrer auf dem Lande. Unzulässigkeit einer stärkeren Heran- ziehung der Verpflichteten zu Schulleistungen wegen des eingetretenen Steuererlasses. Wohnungsbedarf für Lehrer ; Miethsentshädigungen. Der Gutsherr des Scbulortes gehört nit zu den Hausvätern oder Einwohnern der zur Schule gewiesenen Ortschaften. Abgabe des Brennmateriales aus fiskalischen Forsten an Schulen in den Pro- vinzen Ost- und Westpreußen bei Vakanzfällen. Zur Beheizung der Scbulstube und zur Verrichtung der dazu erforderlichen Arbeiten Ver- pflichtete. WVerwaltungsstreitverfahren in Bezug auf Scul- [eistungen: Vorbedingungen einer Klage, Reklamationen, Reklamations- bescheide, Verpflichtung der Gutsherrshaften und Gemeinden in Scble- fien zur Unterhaltung des Lehrers an den fatholishen Glementarschulen. Desgl. : Verpflichtung der Gutsherrschaften und Gemeinden in Schle- sien zur Unterhaltung des Lehrers an denselben Schulen, Leistung des Dominial-Antheiles. Mißbrauch des Züchtigungsrechtes, Ausübung der Schulzuht außer der Schulzeit und der Schulzimmer, sowie durch einen anderen Lehrer der Schule als den Klassenlehrer. Aus- übung des Züchtigungsrehtes gegen die Bestimmungen der Schul- ordnung macht die Züchtigung zu einer strafbaren Handlung. Ver- wendung 2c. der Antritts- und Verbesserungsgelder der Mitglieder der Clementarlehrer-Wittwen- und Waisen-Kassen. Schulbank- system Vomdenesh. Nachruf für den verstorbenen Geheimen Ober- Negierungs-Rath Dr. Göppert. Personalchronik.

Statistische Nachrichten.

Umfang der Pro rie im Deutschen Reich. (Stat. Corr.) Der ersten Gewerbestatistik des Deutschen Reichs vom 1, Dezember 1875 ist im Jahre 1881, also gerade zwanzig Jahre na jener bahnbrechenden zollvereinsstatistishen Erhebung, eine zweite Aufnahme ad hoe gefolgt, welchde nah ihrer Bestimmung, gewisse Grundlagen für den Entwurf eines Unfallversicherungégesetzes zu be- schaffen, zwar nicht eine eingehende Beschreibung sämmtliher Werk- stätten und Etablissements nach Betriebs- und Personalverhältnissen liefert, wohl aber die Ergebnisse der leßten allgemeinen Gewerbe- statistik nah einigen Richtungen hin nit unwesentli vervollständigt. Insbesondere ist dur die Enquete von 1881 über die Zahl der Betriebe, welche mechanische Kraft verwenden, und über das Alter der beschäf- tigten Personen für die vcrschiedenen Industriezweige Näheres bekannt geworden.

__ Die Aufnahme umfaßte die Bergwerke, Salinen , Aufbereitungs- anstalten, Brüche und Gruben, Werften, Anlagen für Bauarbeiten (Bauhöfe), Fabriken und Hüttenwerke sämmtlich, von den sonstigen Betrieben aber nur diejenigen, in welchen Dampfkessel oder durch elementare Kraft bewegte Triebwerke zur Verwendung kamen. Eisen- bahn- und Schiffahrts-Betriebe sind nur dann berüc{sihtigt, wenn sie als integrirende Theile eines der vorgenannten Betriebe lediglih für diesen bestimmt waren, Nach den von dem Geheimen Regierungêe- Rath und vortragenden Rath im Reichsamt des Innern T. Bödiker bearbeiteten Ergebnissen der Aufnahme, welche in einem Ergänzungs- hefte des L111. Bandes der „Statistik des Deutschen Reichs" zur Veröffentlichung gelangten, waren nun am 5. Oktober 1881 (als dem Zählungstage) im Deutschen Reiche innerhalb der nacgenannten Gewerbegruppen, deren Ordnungênummern denjenigen der Gewerbe- statistik von 1875 entsprechen, vorhanden :

Betriebe mit je Gewerbegruppen 1—5 6—50 51—200 über 200

Beamten und Arbeitern 111. Bergbau, Hütten- und Salinenwesen . . . 492 1210 742 542 1V. Industrie der Steine Un R, T7344 5448 590 109 V. Metallverarbeitung . 1019 1933 532 70 VI. Mascbinen, Werkzeuge L E N 679 1 898 549 240 VIT, Chemische Industrie . 396 647 152 33 VIII. Industrie der Heiz- und Leuchtstoffe . 1 329 734 85 1A. MLCLTULINTUITLIE . + 6 1 082 2 896 X. Papier und Leder . 1008 1 380 X1I. Industrie der Poly: und Schnitzstoffe X11, Nahrungs- und Ge- E W444 5356 X111, Bekleidung und Rei- nigung . V 226 444 158 2: E . L11008 1 899 305 XV,. Polygraphishe Ge- E a gi 147 841 158 XVI, Künstlerishe Betriebe 11 21 4 insgesammt . . 5908 26617 6 175 27 356 Betriebe beschäftigten nur einen einzigen, 31733 je zwei bis fünf, 10 048 je sechs bis zehn, 16569 je elf bis fünfzig, 6175 je einundfünfzig bis zweihundert, 1560 je zweihundertundeinen bis tau- send, 113 endlich jeder über tausend Gehülfen. Die Zahl der Be- triebsbeamten und Gehülfen mit Unterscheidung des Ges{blechts be- trug am 5, Oktober 1881 in den einzelnen Gewerbegruppen : Betriebsbeamte und Gehülfen männl. weibl, R 2986 437 205 13 744 E E En. . , «. 1005 178 402 16 604 Metallverarbeitung . . 3554 101 734 11 892 E o è- 3 366 210 439 2033 Chemische Industrie . . 1 228 36 635 5 306 eize und Leuchtstlosse. . . . 2161 23 204 2075 e 6 5 923 194737 189922 per E Le 2780 58 444 24 980 olze und Scbnitistoffe . 5 985 58 986 6733 Nahrungs- und Genußmittel . 46 697 218 730 47 950 A e o «6 846 12 803 16 727 Baugewerbe Cy o 3341 75 449 762 Polygraphie-Gewerbe. . ._. 1160 28 678 6938 E o 36 653 87 zusammen. . 93554 1636099 345 757. Dem Alter nach vertheilen \ich die Betriebsbeamten und Ge- bülfen sämmtlicher Gewerbegruppen, sowie der am stärksten besetzten

3810 1910

Gewerbegruppen Betriebe

und am bestimmteflen abgegrenzten Gruppen der Montan- und Tertil- industrie im Besonderen, auf fünfjährige Altersklassen, wie folgt:

s O CHoNan und Gehülfen

in fammtlihen |, :

Geburttjahr Gewerbegruppen !" Sruppe IIL| in Gruppe IX.

männl. weibl, männ!. weibl.| männl. weibl. 1805 und früber 766 79 97 3| 213 38 1806—10. .. 3192 282 468 9! 729 158 1-10. , 9 665 808 1691 27 202 450 I O. 22212. 1817! 4708 48 4077 990 1821—25. . . 43347 3718 10195 12%6| 688 2054 1826—30. .. 66722 6183| 17452 186| 9058 3449 181 —D 1001/4 9177| 28289 353| 12496 5021 1836—40. . , 148 170 14090 42302 2512| 16675 7773 1841—45. .. 187040 18721| 52188 666| 20293 10647 1846—50. . , 227 079 24 829 61 462 599| 22425 14058 L —D 254 634 37334 68 786 1034| 25161 21189 1856—60. .. 242154 74350, 67345 3126| 25566 40876 1801—D. 233 676 111 636 66 685 5990| 32015 60277 1866— 69. . , 68513 37290 13416 5973| 14257 21027 unbelannk 27695 5439 2 121 92 2864 1915 zusammen . . 1636099 345 753/437 205 13 74419437 189 999

In dieser Alters-Zusammenstellung macht si, worauf noch be- sonders hinzuweisen sein dürfte, Eins namentlich bemerkbar, nämli die starke Betheiligung des weiblichen Geschlechts einer bestimmten Alteréstufe an gewissen Industriezweigen. Es sind positiv mehr weib- liche als männliche Gehülfen gleichen Alters beschäftigt : in der Textil- industrie (Gruppe IX.) von den 1856—68 geborenen, also über 122 bis fafft 26 Jahre alten, in der Papier- und Lederindustrie (Gruppe X.) von den 1861 und 1864—65 geborenen, in Gruppe XIIT. für Bekleidung und Reinigung von den 1855 69 geborenen, also bis zu fast 27 Jahre alten Personen. Bei manchen Jahrgängen überscreiten die weiblichen Gehülfen in der IX. Gruppe die doppelte und in der XI11. Gruppe sogar die dreifache Anzahl der männlichen Gehülfen. Wenn das bereits in den mit Motoren ausgestatteten Betrieben ges schieht, fo versteht sih das Ueberwiegen weiblicher Arbeitskräfte jener Altersfklassen in den einfachen Handarbeitsbetrieben von selbst.

—Summarische Uebersicht über die Zahl derStudiren- den auf der Königlichen Universität zu Greifswald im Sommer-Semester 1882, , Im Winter-Semester 1881/89 find immatrikulirt gewesen laut Personalverzeichniß 654, nah Auf- stellung dieses Verzeichnisses wurden noch immatrikulirt 2, zusammen 656, davon sind abgegangen 180, cs sind demnach geblieben 476. Dazu sind in diesem Semester gekommen 183. Die Gesammtzahl der immatrifulirten Studirenden beträgt daher 659, Die theologische Fakultät zählt Preußen 100, Nicbtpreußen 5, zusammen 105, Die juristische Fakultät zählt Preußen 53, Nichtpreußen 4, zusammen 57. Die medizinishe Fakultät zählt Preußen 323, as Er 21; zusammen 344, Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 126, b, Preußer ohne Zeugniß der Reife, nach §. 3 der Vorschriften für die Studirenden der Landes - Uuiver- sitäten vom 1. Oftober 1879 11, e. Nichtpreußen 16, zusammen 153. Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die hiesige Uni- versität, als nur zum Hören der Vorlesungen berechtigt: mit Geneh- migung des z. Rektors 11, Es nehmen mithin an den Vorlesungen Theil 670.

In der leßten Sißungsperiode des Schwurgerihts für die Großherzogthümer Mecklenburg wurde in 10 Sibungen über 13 Anklagesachen verhandelt. Angeklagt waren im Ganzen 14 Männer und 4 Pealien In zwei Strafsachen erfolgte Frei- \prechung. In den übrigen 11 Anklagefällen wurden 6 Männer und 2 Frauen im Ganzen zu 354 Jahren Zuchthaus verurtheilt und zwar 2 wegen SittenverbreWen, 4 wegen Meineides und je 1 wegen Brand- stiftung, Meincides und betrügerischen Bankerotts. Gegen 7 Männer und 1 Frau wurden 7 Jahre und 8 Tage Gefängniß erkannt. Diese Strafen sind verhängt: 2 wegen Unterschlagung, 2 wegen Urkunden- fälshung, 1 wegen Versuchs der Tödtung und 3 wegen betrügerischen Bankerotts.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von der im Verlage von Franz Vahlen hierselb erscheinenden Zeitschrift: „Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, in Lesonderer Bezichung auf das Preußische Ret, mit Einschluß des Handels- und Wechselrechts“. Begründet von Dr. F, A. Gruch ot. Herausgegeben von Rassow, Reichsgerichts-Rath, und Küntel, Kammergerichts-Nath, liegen das 4. und 5. Heft des 6. Jahrganges dritter Folge vor Diese Hefte enthalten folgende Abhandlungen: Die Pfändung und Ueberweisung der Pacht- und Mietbzinsen als ein Mittel der Zwangsvollstreckung in das Pfand- grundstück, nah preußishem Ret. Von Hrn. Rechtsanwalt Dr. Heidenfeld in Berlin. Ist mit dem geltend gemacbten Theil einer Forderung die ganze Forderung aberkannt? Von Hrn. Privatdozenten Dr. Schwalbach in Leipzig. Bemerkungen über das Arrestpfandrecht und die Voraussetzungen des dinglichen Arrestes. Von Hrn. Dr. Barkhausen, Richter in Bremen. Die Arrest- vormerkung in der beutigen Praxis. Von Hrn. Amtsrichter Niedieck in Schwerte. Ist nach den Reichsjustizgeseßen ein beisitzender Richter befugt, eine auf die Sacleitung bezüglihe Anordnung des Vorsitzenden oder cine von dem Vorsitzenden gestellte Frage als un- zulässig zu beanstanden. (8. 131 der Civil-Prozeßordnung, §8. 237, Abs. 2 und 241 der Straf-Prozeßordnung ) Von Hrn. Freiherrn von Bülow, Landgerichts-Präsidenten und Geheimen Ober-Fustiz-Rath in Greifswald. DieSuccession in den Su nach preußischem Recht unter Berücksichtigung des gemeinen Rechts (Scbluß). Von Hrn. Rehtsanwalt Dr. Arnold Seligsohn zu Berlin, Gehört es nah A. L. R. zum Individualreht des Miterben, vor Theilung des Nacblasses eine aus- stehende Nacblaßforderung zu kündigen ? Von Hrn. Ober-Tribunals- Rath Oppenheim in Berlin. Zu §. 39 des preußischen Gesetzes über den Eigentbumterwerb, vom 5, Mai 1872, Von Hrn. Ober- Tribunals-Rath Oppenheim in Berlin. Gehen Recht und Pflicht aus der Feuerversiherung mit der Veräußerung der versicherten Sache von selbst auf den Erwerber der Sache über? Von Hrn. Amtsrichter Muuck in Berlin. Rechtsverhältnisse der Kirbhöfe, cins{ließ;lich der erblichen Familien-Bearäbnisse. Von Hrn. Geh. Justiz-Rath von Wittken in Breslau. Beitrag zur Auslegung des S. 13 Nr. 3 des Bebauungsgesetzes vom 2. Juli 1875, Von Hrn. Reichsgerichts-Rath Paris in Leipzig. E ;

In dem Abschnitte „Aus der Praxis* finden \ich wiederum : A. Recbtsgrundsätze des Reichsgerichts und B. u. A. folgende einzelne Recbtsfälle (Urtheile des Reichsgerichts): Verspreben der Zahlung, sobald es dem Schuldner paßt. Voraussetzungen zur Anwendung des A. L. R. 1. 5 §8. 236, 237. Begriff des mittelbaren Schadens nah A. L. R. Haftung Desjenigen, welcher ein Polizeigeseß über- treten hat, für ten Schaden, welcher durch Beobachtung des So bâtte vermieden werden können. Rechtswirksamkeit der richterlichen Ueberweisung einer Hypothek in vim cessionis ohne Aushändigung des Dokuments, Kollision zwisben mehreren Cessionarien einer Forderung. Cefsion von Ansprüchen aus zweiseitigen Verträgen, Erlischt die Rechtswirkung einer vom Gläubiger gesehenen Kündi- gung dadur{, daß der Schuldner nicht rechtzeitig nah Ablauf der Frist zahlt? Die Vorschrift des A. L. R. 1. 17, §. 152, laut welcher ein Schuldner nah der Erbschaftstheilung an denjenigen Erben sicher zablen kann, welcher sid im Besitze des über die Forderung sprechenden Dokumentes befindet, gilt aub von Pepe eten ee -— nn ist eine gemiethete Sache zu dem bestimmten Gebrauche gröftentzeis untücbtig zu erachten? 1) Gütergemeirschaft na dem A. L, R. I L Abschnitt 6 §8 345 ff, Inwiefern können Gläubiger wegen dur den Ehemann kontrahirter Schulden Grundstücke und Gerechtig- keiten, welhe zur Gütergemeinschaft Fbdren, angreifen? 2) Kann der Gläubiger auf Grund einer vom Chemann ausgestellten vollstreck- baren Urkunde C. P. O. §8. 702, 705 _ die untragung seiner Forderung auf die zur Gemeinschaft gehörigen Grundstücke ver- langen? 3) Darf der Revisionsrichter, nahdem er den Entscheidun grund des zweiten Richters, daß ein Rechtsgeshäft als unerlaubte Handlung keine Rechttwirkungen erzeugen könne, verworfen hat,

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