1883 / 109 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Jn Betreff elwaiger Zuwiderhandlungen gegen die vor- stehende Anordnung verweisen wir auf die Strafbestimmun- gen des 8. 328 Reichs-Strafgeseßbuchs, des Neichsgeseßes vom 21. Mai 1878 (Reihs-Geseßblatt S. 95) un» unsere Polizei- verordnung vom 31. Oktober 1881 (Amtsblatt Nr. 45),

Posen, den 4. Mai 1883.

Königliche E Abtheilung des Jnnern. iman.

Jn dér heutigen Handelsregister-Beilage wird Nr. 19 der Zeichenregister-Bekanntmachungen veröffen:licht.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärishe Meldungen entgegen und hörten den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski sowie des Polizei - Präsidenten von Madai.

Se, Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute Mittag 12/4 Uhr von der Reise nah Jtalien hierher zurückgekehrt.

Der Bundesrath sowie der Auëshuß desselben für Handel und Verkehr hielten heute Sißungen.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (12.) Sißung des Herrenhauses wurde der Geseßentwurf, detreffend die Beschaffung von Mitteln für die Erweiterung, Vervoll- ständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnneßes, 2x. nach der Regierungsvorlage ohne wesenilihe Diskussion 1. April genehmigt.

Es folgte der dritte Gegenstand der Tagesordnung: der mündliche Bericht der Kommission für den Staatshaushalt8- Etat und für Finanzangelegen heiten über die allgemeine Rech- nung über den Staatshaushalt des Fahres vom 1. Juli 1879/80 und die dazu gehörigen Anlagen, sowie über die ea von dem Fonds des ehemaligen Staatsschaßes für

9/80.

Der Referent Graf von der Schulenburg-Angern theilte mit, daß die Kommission des Hauses sich den Beschlüssen des Hauses der Abgeordneten angeschlossen habe und {lug vor, die spezifizirten Etatsüberschreitungen und die gleichfalls in der Beilage aufgeführten außeretatsmäßigen Ausgaben zu ge- neh!aigen und die Entlasiung der Königlichen Staatsregierung auszusprehei. ral a Haus erhob diesen Antrag ohne Debatte zum Be-

usse.

Es folgte als vierter Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht derselben Kommission über die Uebersicht von den Staatseinnahmen und Ausgaben des Jahres vom 1, April 1881/82 nebst ihren Anlagen und der dazu gehörigen Denkschrift.

Der Referent Graf von der Schulenburg-Angern ersuchte Namens der[Kommission, in Uebereinstimmung mit deni Abgeord- netenhause für die Mehrausgabe nachträglich die Genehmigung zu ertheilen, was auch Seitens des Hauses erfolgte,

Darauf berichtete Herr Dr. Wever als Referent der Justiz- fommission über eine Petition der Bürgermeister des Regie- rungsbezirks Trier, und beantragte, über die Petition, welche die Wiedergewährung der früher bezogenen Reisekosten und Tage- gelder in gerichtlichen Untersuchungssachen nach Maßgabe der Allerhöchsten Verordnung vom 24. Dezember 1873 fordert, zur Tagesordnung überzugehen. Das Haus erhob gegen den Antrag teinen Widerspruch.

Schließlih berichtete Herr Dr. Dernburg Namens der Justizkommission über die Petition des Dr. Woeniger wegen Modifikation der bisherigen Normativbestimmungen für die preußischen Hypothekenbanken. Dieselbe erkenne an, daß in Preußen in diesen Bestimmungen sih mancherlei Schwierig- keiten fänden, welchen die außerpreußischen Banken nicht unter- worfen seien. Es werde Aufgabe der Staatsregierung sein, Er- wägungen anzustellen, wie etwaigen Mißständen entgegenzu- treten seìi. Die Kommission stellte den Antrag, die Petition durch Uebergang zur Tagesordnung für erledigt zu erklären, und das Haus stimmte dem zu. Die Tagesordnung war damit erschöpft.

Der Präsident theilte mit, daß zur näthsten Sißzung be- sondere Einladungen ergehen würden, da es unbestimmt sei, wann die Kommission zur Berathung der Verwaltungsgeseße ihre Arbeiten beendigt haben werde.

Schluß der Sißgung 3 Uhr.

Nach einer Cirkularverfügung des Finanz-Ministers und des Ministers für Landwirthschaft 2c., vom 30. v. M,, sind fortan auch die Obligationen der Prioritäts-Anleihen der Berlin-Potsdam-Magdeburg:r, der Märkisch-Posener, der Berlin:-:Görlißer und der Homburger Eisenbahn, nachdein der Staat diese Anleihen mit dem Eigenthumserwerbe der ge- dachten Bahnen als Selbstschuldner übernommen hat, zur Be- stellung von Amtskautionen nah Maßgabe des §. 5 des Gesetzes vom 25. März 1873 zuzulassen.

Die Bevollmächtigten zunt Bundesrath, Königlich bayerisher Ministerial-Rath von Kastner und Fürstlich reußisher Geheimer Regierungs - Nath von Geldvern- 0 R sind nah Mür.chen und beziehungsweise Greiz abgereist.

S. M. S. „Moltke“, 16 Geschüße, Kommandant Kapitän zur See Pirner, ist am 5. April cr. in Guayaquil eingetroffen.

Bayern. München, 8. Mai. Die „Allg. Ztg.“ reibt : „Nachdem nunmehr die rauschenden Festlichkeiten in Rom zu Ehren des Herzogs und der Herzogin von Genua ihr Ende erreicht haben und die begeisterten Evvivas des römischen Volkes verklungen sind, welhe die bayerische Fürstentohter von ihrem Einzug in die ewige Stadt bis zu ihrer Abfahrt nah Turin, wo neue Feste derselben harren, stets begleitet haben, bliden wir Bayern stolz und freudig be- wegt auf den herzlihen Empfang zurück, den eine Tochter unseres vielgeliebten Königshauses in der Königlichen Familie, der sie nunmehr angehört, und bei allen Schihten der Bevö!kerung Jtaliens in so glänzender Weise gefunden hat.

Es haben diese in ganz Jtalien so ungeheuchelt zum Ausdruck gekommenen Gefühle der Freude und der lebhaftesten Befrie- digung über die vollzogene Verbindung der Häuser Wittels- bah und Savoyen in dem Vaterlande der gefeierten Herzogin R regen Widerhall gefunden und die engen Bande der Freundschaft, welche sich um die beiden Herrscherfamilien und ihre Völker hon so lange \{hlingen, sind dadurch gewiß nur noch enger und fester geknüpft worden.“

Baden. Karlsruhe, 9. Mai. Der neueste Geschäfts- beriht des Ministeriums des Fnnern verbreitet sih, wie die „W. A. Ztg.“ mittheilt, eingehend über die Wohlstands- verhältnisse des Landes. Danach i}, troß der unbefriedi- genden Ernten der Jahre 1880 und 1881, keine weitere Vershlimmerung in der ökonomischen Lage der Landwirthe eingetreten. An der vorerst freilih nur bescheidenen Besserung haben namentlich die- jenigen Orte Theil genommen, welhe Handels- gewähse bauen (die Pfalz und ein Theil der Rhein-Ebene), auch diejenigen Gegenden, welchen die Wein- und Obsternte von 1881 wieder einmal Baareinnahmen zu- führten. Wo die klimatishen Verhältnisse nur Viehzucht und Weidewirthschaft bei mäßigem Ackerbau erlauben und diese eine wichtige Rolle in der landwirthschaftlihen Oekonomie spielen, ist die Lage die gleiche gedrückte geblieben, weil eben die Vieh- und Holzpreise niedriger waren und der Holzabsatz zeitweise gans mangelte, wie z. B. in einem Theile des Schwarz- waldes.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 10. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser wird, begleitet von dem Prinzen Leopold, morgen Abend nah München abreisen und dort mit der Kaiserin und der Erzherzogin Valerie zusamnentreffffen. Die Rüdckehr der Kaiserlichen Familie nah Wien wird am Sonn- abend Abend erfolgen. Zu Ehren des Kronprinzen und der Kronprinzessin von Dänemark fand heute Nachmittag 5 Uhr im Marmorsaale der Hofburg ein Gala- diner statt, an welchem außer dem Kaijer auch der Prinz Leopold von Bayern und der Herzog von Nassau theilnal,men. Der Kaiser und die Kaiserin werden am 15. d. in Schön- brunn eintreffen.

Niederlande, Haag, 10. Mai. (W. T. B) Die Zweite Kammer diskutirte heute die politishe Lage. Die Redner aller Parteien waren darin einverstanden, daß das Ministerium kein aus dem Parlament Hervorgegangenes sei, daß man indeß die Handlungen desselben abwarten müsse. Gegen den Minister der Kolonien wurden, weil er reaktionär sei, von dem Deputirten van der Hoeven befonders lebhafte Angriffe gerichtet. Von der Regierung wurde die Erklärung abgegeben, daß sie in sih durhaus homwogen, daß sie bereit sei, der Kommission zur Revision der Verfassung ein unbe- schränktes Mandat zu ertheilen und daß sie in der Frage be- lreffs der Billitongruben sowie wegen Regelung der Land- verhältnisse auf Java den Beschlüssen der Kammer sich anbequemen werde.

Großbritannien und Jrland. London, 8. Mai. (Allg. Corr.) Die Königin kehrte heute mit ihrem Hosstaat von Osborne nah Schloß Windsor zurück.

10. Mai. (W. T. B.) Das Dberhaus hat sih bis zum 24. d. M. vertagt. Fm Unterhause erklärte heute der Präsident des Handelsamtes Chamberlain auf Befragen : die Regierung habe sih mit ihrem Botschafter in Berlin wegen der deutshen Zuclerexportprämien in Verbindung geseht und darüber auch von Seiten der deutscen Regierung eine nihtamtliÞhe Mittheilung ervalten, Dex englische Botschafter in Berlin sei der Ansicht, daß der Vor: {lag einer Konferenz keine Aussichten haben werde Dex Unter - Staatssekretär des Auswärtigen, Lord Fi: maurice, bestätigte auf Befragen, daß von den Vertreter: dex Mächte in Konstantinopel am 8. d. M. das Protokoll über die Ernennung Wassa Esfendis zum GVouverneur des Libanon unterzeichnet worden sei. Lord Fißmagurice theilte ferner auf Anfrage mit, daß wegen Erneuerung des Handelsvertroges mit Ftalien gegenwäriig Verhand- lungen geführt würden, und daß er nah den Pfingstserien eine ausführlibere Antwort ertheilen zu können hoffe.

Von einex größeren Anzahl von Schiffsrhedern, die zusammen gegen 3 Millionen Tonnen Scziffsgüter repräsentiren, mit dencn sie jährlih den Suezkana!l passizen, wurde heute hier eine Versammlung abgehalten und mehrere, die Erbauung eines zweiten Kanals befürwortende Resolutionen angenommen sowie eine Kommission ernannt. Näheres über die mit Ausshluß dex Oeffentlichkeit geführten Verhandlungen ist noch nicht bekannt; wie verlautet, sollen aber die angesehensten Schiffsrheder eine sehr beträchtliche Summe gezeichnet haben als eine Art von Garantie dafür, daß das von ihnen angeregle Unternehmen err. st| gemeint sei. Auch heißt es, daß sih eine Deputation zu Lord Granville begeben werde, um bei demselben anzufragen, ob der Ver- wirklicung des Projekts politische Hindernisse im Wege ständen.

—- 11. Mai, früh. (W. T. B.) Unterhaus. Bei der Berathung des Einnahmebudgets wurde Artikel 13, welcher die Erhebung der Einkommensteuer von ven lokalen Steuereinnehmern auf die Einnehmer des inländischen Steuer- departemenis überträgt, mit 168 gegen 161 Stimmen abge- lehnt. Dodson brachte eine Bill ein, betreffend die Re- gelung der Beziehungea der Grundbesißer zu den Pächtern. Der Hauptzweck derselben is, den Pächtern eine Entschädipung für vorgenommene Verbesserungen zu sichern. Die Pachtkontrakte, welche dem Pächter eine solche Entschädi- gung verweigern, sollen ungültig sein; die Beschlagnahme für Pachtrückstände wird auf die Pacht sür ein Fahr beschränkt. Die Bill wurde in erster Lesung angenommen.

Dublin, 10. Mai. (W. T. B.) Der wegen Theil- nahme an dem Mordversuh gegen den Geschworenen Field unter BNnklage gestellte Fosef Mullett ist shuldia befunden und zv. lebenslängliher Zwangz3arbeit verurtheilt worden.

Frankreich. Paris, 10. Mai. (W. T. B) Die Deputirtenkammer hat die Berathung der Vorlage wegen Tonkin auf nächsten Dienstag festgeseßt.

Portugal. Lissabon, 10, Mai. (W. T. B.) Die portugiesishen Zeitungen erblickden in der Besihnahme vonPunta negra durch die Fro. nzosen einen Zwischenfall, der jeder ernsten Bedeutung entbehre, weil Punta negra nicht zu den portugiesishen Besißunger. gehöre ; fie äußern sich nur mißbilligend über die Form, in welcher die Okkupation durch Frankreich erfolgt sei.

Italien. Rom, 10. Mai. (W. T. B.) Der Könis empfing heute den serbishen Gesandten, welcher die Jnsignien des Weißen Adler-Ordens überreichte.

Der Fürst von Bulgarien trifft auf seiner Reise von Montenegro nach Moskau heute in Bari ein.

Ja der heutigen Sißung der Deputirtenkammer beantragte der Deputirte Morona im Verfolg seiner gestrigen Jnterpellation ein Vertrauensvotum für die Regierung, zog seinen Antrag aber zurück, da ein Ver- trauensvotum, nahdem der Jnterpellant sich durch die Er- klärung der Regierung für befriedigt erklärt hat, nach der Geschäftsordnung unzulässig ist. Nicotera brachte darauf eine weitere Fnterpell ation ein und erklärte: er werde die einfahe Tagesordnung beantragen. Die Verhandlung darüber Bs morgen und wird voraussihtlich mehrere Tage

auern.

Der russische Botschafter Baron Uexküll-Gyllen- bandt hat heute Vormittag die Reise nah St. Petersburg und Moskau angetreten.

10. Mai. (W. T. B.) Die katholischen Blätter erklären die Nachricht, daß der Kardinal Mac Closkey in einer Unterredung mit Sullivan die Resolutionen der irishen Konvention von Philadelphia gebilligt hätte, für unbegründet. Der Papst wird worgen den ad audiendum verbum pontificis berufenen Erzbijshof von Cashel empfangen.

Ferrara, 10. Mai. (W. T. B) Fhre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Victoria trafen aus Venedig heute hier ein und nahmen die hiesigen Sehens- würdigkeiten in Augenschein.

Türkei. Konstantinopel, 10. Mai. (W. T. B.) Der Sultan hat heute Lord Dufferin in besonderer Audienz empfangen. Wassa Pascha wird in Kurzem hier erwartet. Rustem Pascha bleibt auf seinem Posten als Gouverneur des Libanon bis zur Ankunft Wassa Paschas.

Numänien. Bukarest, 10. Mai. (W. T. B.) Das Gesammtergebniß der neuen Kammerwahlen läßt ih nunmehr dahin feststellen, daß 132 Liberale und 13 Mit- glieder derx vereinigten Opposition gewählt worden sind.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 10, Mai. (W, T. B) Nach dem „NRegierungsboten“ betrugen die Zolleinnahmen des Reichs, exkl. Turkestan, bis zum 1, März a. St. 13586 048 Rbl. gegen 12 432 970 Rbl. in derselben Periode des Vorjahres, der Edelmetallimport 618751 Rbl. gegen 849187 Rbl., der Edelmetallexport 10 259 445 Nbl. gegen 21 716 834 Rbl.

11. Mai. (W. T. B.) Der frühere Justiz-Minister, Graf Pahlen, ist an Stelle des verstorbenen Matkoff zum Vorsißenden der Judenkommission ernannt worden.

Wie die „Neue Zeit“ erfährt, wurde in der Sizgung des Neichsrathsp!enums vom 7. d. über die kaukasische Transitfrage verhandelt. Von den 41 anwesenden Mit- gliedern sprachen sich 17 für die Aufhebung, 24 jedoch für die Beibehaltung des vollständig freien Transits der durch den Kaufasus nah Persien und nach anderen centralasiatischen Märkten gehenden Waaren des Auslandes aus.

Schweden und Norwegen. Christiania, 10. Mai. (W. T. B.) Das Storthing hat heute den Handels-=- verlrag mit Spanien genehmigt.

Heitungsstimmen.

Ir: der „Schlesischen Zeitung“ lesen wir:

Jeßt, va der Glanz seines Namens im Verblassen, schiebt Fürst Bisma! ck die Allerhöchste Person in den Vordergrund“. So etwa der stenographische Bericht liegt uns noch nicht vor sagte Hr. Rithtec in der Sitzung des Reichstags vom 7. d. Mts.©) Also der Glan; des Namens Vismarck ist im Verblassen! In unserem eigenen Vateclande maç es Leute geben, denen das Parteitreiven den gesuaden Menschenverstand derart wverwirrt hat, daß sie an cinem so dreisten Urtheil kaum einen Anstoß nehmen. Der gedankenträge Mensch gewöhnt sich an Alles, Auf den römi- \.ben Bettler machen die gigantischen Dimensionen von St. Peters Dom keinen Eindruck, der Vahnwärter an der Gotthardstraße denkt nicht an die Größe des Triumphcs, welchen menscblicher (SBeist und die menschliche Arbeit in dem gewaltigen Werke feiern. Der deutsÞbe Philister erinnert sih kaum noch daran, daß ein Genius, wie ihn niht jedes Jahrhundert gebiert, das Vaterland zu unge- atbnter Macht und Größe emporgesührt hat und noch heute Tag ur d Nach: mit wunderbaren Erfolge daran arbeitet, ihm den Frieden zu sichern, seinen Wohlstand zu mehren und innere Gefahren von ihm cbzuwenden. Der wahrhaft liberale veutsche Philister wird also auch kaum Anstoß daran nehmen, daß für den Heros der Fortschrittspartei der Stern unseres leitenden Staatsmannes im Verbleichen ist, Das kommende Geschlecht aber wird staunen, daß ein Zeitgenosse Bismarcks \olch Urtheil im deutschen Reichstage zu fällen wagte. .

Auch der größte Mann muß das Urtheil der Mitwelt über fich ergehen lassen, der Kanzler aber hat bereits den historishcen Rechtss titel erworben, das Urtheil gerade derjenigen Partei, die im Reichs- tage von Hrn. Richter geführt wird, gründlih zu verachten. Als Bismark seinen erften grundlegenden Meisterzug that als er 1863 in der Polenfrage Rußland unterstüßte und sich dadur freie Hand für alles Weitere {uf erklärte ihn der Fortschritt für politisch unfähig; sein Wahnwiß, hieß es, werde Preußen ins Vec- derben stürzen. Und von jenem Tage ab bis zur Aufrich- tung von Kaiser und Reih hat der Fortschritt dem gewal- tigen Manne bei jedem seiner Schritte nur Steine in den Weg ge- legt. Er hat die Reorganisation der preußischen Armee bis aufs Aeußerste bekämpft, er hat zum Kriege gegen Dänemark die Mittel verweigert, er hat gegen den Krieg von 1866 bis zum Vorabende des Tages von Königgräß in der {machvollsten Weise agitirt, er hat na Krieg und Sieg die von der Regierung hochherzig geforderte Indemnität abgelehnt, er hat das Zustandekommen der Norddeutschen Bundes- und der deutschen Reichsverfassung nah Möglichkeit erschwert und \chließlich gegen beide gestimmt.

Wenn Hr. Richter sagt, daß der Glanz des Namens Bismarck im Verbleichen sei, fo erkennt er damit wenigstens an, daß dieser Name cinst glänzend gestrahlt hat, damit aber fällt er das Verdikt über die Haltung, welcbe seine eigene Partei und er selbst seit seinem Eintritt in die parlamentarische Arena der Politik des Fanzlers gegen- über eingenommen hat. Wir acceptiren dies E und halten uns rur an die Behauptung, daß dieser Glanz im Erbleichen sei. Unsercs Erachtens kann der Glanz eines Namers8, der gleich dem Bismarcks, bereits mit Lapidarschrift in das Buch der Weltgeschihte eingetragen ist, gar nicht wverblassen; er wird nach vielen Tahrhunderten heller strahlen denn heute. Aber stellen wix uns auf den Standpunkt des fortschrittlihen Sehers und fragen wir, von welchem Tage er den Niedergang des Sternes

*) Die Referate verschiedener Blätter weichen nur insofern von einander ab, als es in dem einen heißt: „Der Glanz seines Namens", in den andern „der Glanz seincs Ansehens" sei im Verblassen.

datirt. Diese Frage ist identisch mit der: wann hatte Bismarck die böcsle Höbe seines Ruhmes erstiegen? Als unsere siegreichen Heere im Herbst 1866 durch die via triumphalis Berlins einzogen, als bald darauf der erste norddeutshe Reichstag in feierlibster Form eröffnet wurde, als beim Ausbruche des Luxemburger Konflikts Bismarck die Schutz- und Trutzbündnisse mit den Südstaaten kundgab, als im großen Saale von Versailles das Kaiserthum proklamirt wurde, als der Kanzler jenen glorreiben Frieden s{chloß, der uns Elsaß und Lothringen wiedergab und für alle materiellen Verluste reihlich entschâdigte, als er dann wir wollen über vieles birweggehen auf dem Berliner Kongresse dem europäischen Areopag präsidirte und einen Weltkrieg abwandte, als er im folgenden Jahre das Bündniß mit Oesterrei \ch{loß, welches alsbald der frieden- verbürgende Angelpunkt des europätschen Staatensystems wurde az jedem dieser Tage erkannte die gesammte Kulturwelt an, daß Fürst Bismarck Deutschlands Ansehen gemehrt, sein Wohl gefördert und damit den eigenen Namen mit neuem Ruhme bedeckt habe. Von welchbem dieser Tage datirt Hr. Richter das Verbleichen des Ster- E

Nun aber bitten wir Herrn Richter und sein Heergefolge, uns einen Staatsmann der Welt zu nennen, der im Bereiche der inneren Politik binnen dreier kurzer Jahre eine großartigere Initiative er- griffen und glänzendere Erfolge aufzuweisen hätte als Fürst Bis- marck. Daß diese Erfolge gegen den Fortschritt und seinen An- hang errungen wurden, macht fie nur noch werthvoller, und daß der betagte Staatsmann, der für seinen Ruhm wahr- lid genug gethan hatte, troß s{chwerer körperlicher Leiden vor den geistigen und moralischen Anftrengungen, deren es zu ihrer Erreichung bedurfte, niht zurückschreckte, macht sie nur noch bewunderungswerther. Der erste dieser Erfolge war die Wandlung unserer Handelspolitik. Mag man dieselbe billiger, oder nicht, immerhin wird man den Erfolg als einen so enormen bezeichnen müssen, daß er jedem anderen Staatëmanne allein für seinen Ruhm genügen könnte. Entschluß und Ausführung fielen in den furzen Raum eines Jahres zusammen. Noch im Sommer 1878 schien die manchesterliße Strömung, welche Jahrzehnte hindur unsere wirthschaftlibe und foziale Entwickelung beherrscht hatte, urüberwindlib, und {hon im Sommer 1879 war unter Zu- timmung des Reichstages ein maßvolles Schutzzollsystem inaugurirt. Und heute heute ist die manchesterlihe Opposition so bescheiden geworden, daß sie nur noch den Schmalzzoll ernstlich bekämpft. Ein weiterer, gegen Fortschritt und Sezession errungener Erfolg war die Verstaatlichung der Eisenbahnen. Man glaubte, daß zu dieser ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren erforderli scin würde, wenn schwere“ Opfer für die Staatskasse vermicden werden follten ; indeß binnen kaum zwei Jahren war das Werk im Wesentlichen vollendet, und heute schon hat es fich finanziell bewährt. Selbst im Lager der striktesten Opposition giebt cs wohl Niemanden, der wieder Privatbahnen an Stelle der Staatsbahnen seten möchte, au wenn die glänzendsten Geldofferten gemacht würden. Diese Erfolge abec treten, was die Größe der Konzeptiion anlangt, doch noch weit zurück gegen das, was Fürst Bismark auf sozialem Gebiete geplant und glücklich ins Werk zu setzen begonnen hat. Nach dieser Richtung hin ift er der gesammten Kulturwelt vorangegargen, allerwärts haben seine Ideen Staunen und Bewunderung erregt, und s{chon beginnt man im Auslande gleiche Ziele ins Auge zu fassen.

Troß all dem ist der Name Bismarcks im Verbleihen so hat es Hr. Richter im offenen Parlamente verkündet, so druckt es das Mosse’sche „Tageblatt“ in gesperrten Lettern, und so glaubt es der liberale Philister. Wir glauben es nicht und haken einfach die Thatsahen reden lassen. Aber was bedeuten vor dem Forum des Fortsc-citts diese Thatsachen gegenüber den gewaltigen Ereignissen des Tages, daß eine Erhöhung der Holzzölle abgelehnt und eine kom- mifíari!che Vorberathung sämmtlicher Kapitel des Budgets beschlossen

wurde! Die Absicht, eine Lobrede zu halten, lag uns fern.

„Steins deutsche Correspondenz“ schreibt:

Gut bei Lichte besehen, leten wir doch wahrhaftig in einer wunderbar tollen Zeit und treiben in den Urbrei, ohne daß wir es verhindern wollen. Wir sind mit gar nichis inehr zufrieden, thun aber nichts für unsere Zufriedenheit; wir klagen die Weltordnung an, beleidigen sie aber selbst tagtäglih; wir fürhten uns vor Dynami- teuren und Sozialdemokraten, züchten thnen aber durch unsere selbstvershuldete Mißwirthschaft täglich Legionen neuer An- hänger; wir \{himpfen über Reaktion und Polizeidruck, werfen aber so vie) altbewährte Schranken um, daß der Staat nothgedrungen felbst wieder Schranken seßen muß, um werägstens die bürgerliche Geselschaft vor gegenseitigen Vergewaltigungen zu sckchützen; wir bilden Vereine gegen Tcunksucht, verlangen aber fn Namen der Freiheit die {rankenlose Vermehrung der Branntweinschänken; wir fordern Abschaffung des Militarismus und dessen Ersatz durch ein Volksheer, so - daß wir Alle bis zum 45. oder 50, Jahre in Waffen stehen sollen, raifonniren aber darüber, daß unscre Söhne drei Jahre dienen müssen und sch{lagen e:ne zwcijährige Dienstzeit vor; wir klagen über die gräßliche Ver- wilderung der Sitten und über den Berfall der Religion, aber wir fordern die freie Lehre der Wissenschaft, ungeprüft ob fie eine Irr- lehre wäre und alles Erhabene und Große nihtswürdig in Atome zerseßt ; endlih fordern wir von unseren legislatorisGen Körpern Abstellung all unserec Klagen und eine ganz neue bessere Ordnung der Dinge, aber wenns zur Wahl kommt, wählen wir daß Gott ervarm.

Unsere Genählten können und dürfen gar nicht besser scin als wir, deun wir nehmen ihnen {hon bei ihrer Kandidatur das Wort ab, daß sie die nämlichen faulen Streiche machen wie wir. Keiner von ihnen darf sich erkühnen, sih in Berlin eines Vesseren belehren zu lassen. Er muß den ihm zu Hause angelegten Parteipanzer tragen und muß, sobald es bei ciner Abstimmung zum Hammelsprung fommt, genau jenem Parteihammel nachspringen, der ihm als der rechte schon zu Hause bezeichnet worden ist.

Zu Hause [cchimpfen wir einflweilen über den Militarismus und über die durch ihn nothwendig gewordenen wirklich unerträglichen Steuern. Kommt nun die Regierung mit cinem Vorschlage, der uns Steuererleihterung gewähren, jedenfallë aber uns vor weiteren direkten Steuern sicherstellen würde, z. B. mir dem Vorschlage des Tabak- monopols, der Lizenzsteuer oder einer Branntweinsteuer, alsdann findet aber unsere Weisheit, daß die indirekten Steuern denn dtoch nicht am Plate seien. S :

Regierungsvorlagen, bestimmt, einstweilen doch cinen Theil der sozialen Schäden auszuheilen, finden schon gar keine Gnade, weil fic nicht gleich das Ganze betreffen. Auf die Frage: worin besteht dieses Ganze? antworten wir mit Achselzucken oder cinigen nihtssagenden Phrasen. Wird wirklich einmal eine einshneidend widtige Vorlage der Regierung angenommen, geschieht dies vorerst „im Prinzip“, als- dann aber geht das „Amendiren“ los, und die Regierungsvorlage wie die Verbesserungsvorshläge werden mit einec sih von Paragraph ¿u Paragraph total verändernden pudelnärrish mosaikartigen Partei- gruppirung abgeworfen oder in einer Weise angenommen, daß der eine Paragraph den andera unterminirt und daß das endli ané Tageélicht beförderte Gesetz als Mißgeburt in jeder Richtung si darstellt, überdies in der Praxis regelmäßig die heillosesten Ver- wirrungen und Schäden stiftet.

Wir fordern bei Alledem cine parlamentarische Regierung wie in England, Abdankung der Minister, wenn sie überstimmt werden, haben aber weder wirkliche Tories noch Whtgs aufzuweisen, sondern blos eine Unzaÿ! von Parteiscattirungen, deren Angehörige bei Rüttelungen quecksilberartig sich theilweise vereinigen, um {hon nach der zweiten Probe wieder auscinander zu laufen, bei der dritten Probe abec sich mit ganz entgegengeseßten Quecsilber-Theilchen zu amalgamiren, aber auch nur für einen Moment. Keine einzige diejer Parteien ver- möchte einen Minifter zu tellen, der es nicht allsogleich mit allen übrigen Parteien wieder gründlih verderben würde, gleiwohl for- dern wir fluchend und tobend eine wirklich parlamentari}che Regierung, zugleich aber eine bessere Stabilität der Dinge.

Inzwischen verdorren und verderben garze Reihen wirthschaft-

licher Kräfte, au seufzen die Bürger des Staates nah Steuer- entlaftung, es seufzen die „Enterbten“ um eine menschenwürdige Steklung, es wimmern die in industriellen Werkflätten Verunglückten um Hülfe, die Wittwen und Waisen verunglückter Arbeiter rufen um Brot, der Staat fordert die nöthigen Mittel zur Pflege der öffentlichen Wokhlfahrt und zum Schutze aller uns von Außen drohenden Gefahren, sowie zur Befriedigung der Kulturanforderungen, und troß der Nicht- befriedigung all dieser bcrechtigten Ansprüche fordert auw noch auf daß das Bild der ganzen Jronie solder Gesammtzustände ver- vollständigt werde, auch noch das Abgeordnetenhaus und der Reichs- tag cine Entlastung von ihren Arbeiten

Statistische Nachrichten.

Nat Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 29, April bis inkl. 5, Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 293 Ehe- \{ließungen, 796 Lebenadgeborere, 24 Todtgeborene, 588 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Nr. 46 der Kataloge des antiquarishen Bücber- lagers von Stoll & Bader, Buchhandlung und Anti- quariat in Freiburg (Baden), der vor Kurzem veröffentlicht worden, enthält ein Verzeichniß von 1963 Schriften über Medizin, welche unter folgende 18 Rubriken vertheilt sind: Zeitschriften, alte Aerzte, Geschihte der Medizin, Encyclopädien, Wörterbücher ; Anatomie und Physiologie, Zoologie, vergleichende Anatomie; Pathologie und Therapie, Klinik, Diagnostik ; spezielle Pathologie und Therapie [1) Brust-, Hals-, Lungen-, Leber-, Nerven-, Herz- und Unterleibskrankheiten, 2) Krankheiten der Haut, der Harn- und Ge- \cklehtsorgane, 3) akute und chronishe Infektionskrankheiten, Epi- demien, 4) Elektrizität, Magnetiêmus;] Kinderkrankheiten ;

Geburtshülfe, Gynäkologie; Chirurgie, Operations- und Verband- |

lehre, Laryngosfopie; Kriegsc{irurgie; Augenheilkunde; Ohrenheilkunde; Zahnheilk 1nde; Heilgymnastik, Orthopädie; Psychiatrie; Staatsarzneikunde, gerihtlide Medizin, öffentliche Gesundheitspflege ; -— Arzneimittellehre, Rezeptirkunst, Chemie, Phar- mazie, Toxikologie; Bad- 1nd Brunnenschristen, Wasserheilkunde, flimatische Kurorte; Gesundheitslehre, Diätetik; neueste Er- werbungen. Das vorstehende Verzeichniß enthält u. A. die Biblio- thek des Geh. Hofrath Dr. J. H. Schürmayer in Freiburg.

Land- und Forstwirthschaft.

Der zweite Band der von dem Vereine für Sozialpolitik ver- öffentlichten Berichte über „Bäuerliche Zustände in Deutschland“ bringt u. A. eine Arbeit über die bäuerlichen Verhältnisse im Kreise Graudenz (Regierungsbezirk Marienwerder) von M. Conrad - Jacobken. Ueber die Belastung des bäuerlichen Be- \sißes mit Steuern führt dieser Bericht u. A. das Beispiel eines Grundstückes von 12,05 ha an, welches Grundstück im Jahre 1881 an Abgaben bezahlte:

Kreiskommunalabgaben 1440 M Ortskommunalabgaben 37,00 , Sulabaain . 4482,

__ Summa 96,22 M,

Hierzu noch die Staatssteuern . . 830,92 ,

macht zusammen 127,14 , fast ebensoviel. als der Grundsteuerreinertrag betrage. Noch vor 10 Jahren wären, wie aus den Quittungsbüchern hervorgehe, die Schul- abgaben um 29, die Ortékommunalabgaben um 4 niedriger gewesen. (Fs sei eine zweite Schulklasse eingeribtet, außerdem scien die fon- stigen Schulbedürfnisse ganz bedeute1d gestiegen. Hierzu kämen dann noch die Zuschläge für die nicht cinzießbaren AÄbgakten und wer evan- gelisch sei, habe außerdem die actmonatliche Klassensteuer an die Kirche zu entrihten. Der Bericht erwähnt dann weiter, daß in einem an diese Gemeinden angrenzenden Landstädthen, welches ein Areal von nahezu 2000 ha habe, zur Bestreitung der Kreiskommunal- und Stadtkommunalabgaben die 27 monatliche Klassensteuer erhoben werde; gehörte also das Land des oben angeführten Be- sißers noch mit zur Stadt, so hâtte derselbe statt 96 M 6,90 M zu entrihten, Der Bericht bemerkt dazu, daß man aber ja nicht glaube solle, dcß das angeführte Beispiel ganz außer- gewöhnlich sei. Ein Besißer im dortigen Kreise, welcher aus drei verschiedenen Gemeinden Grundstücke getauft habe und also an viese drei Gemeinden für die Grundstücke zu den Kommunallasten beiïra- gen müsse, habe im Durhsch niti der letzten fünf Jahre an die cine Gemeinde für 174 Morgen 140 Æ, an die zweite für 2560 Morgen 344 4, an die dritte für 12 Morgen im leßten Jahre 17 #4 und zwar nur an baarem Gelde, Naturalleistungen ungerechnet, gezahlt. Man werde zugeben müsse, daß die kleinen Grundbesitzer sih mit Recht über die Höhe der Schul- und Armenlasten beklagten, ja, daß diese derartig seien, daß sie die s{hlechter situirten ruiniren könnten. Das Schlimmste aber sei, daß diese Abgaben progressiv stiegen, je

kleiner und ärmer vie Gemeinden seien.

Ueber die Besißveränderungen führt der Bericht aus, daß die in den leßten 20 Jahren _ größtentheils durch Uebertragung von Eltern auf Kinder resp. Stiefkinder, Erbschaften oder Einheirathen geschehen, und daß nur zwei Verkäufe vorgekommen seien. Alle diese Besitveränderungen seien mit Vermehrung der Schulden verbundey, jedoch sei nicht festzustellen, wieviel von der Mehr- belofiung in den leßten 7 Jahren ihren Grund in der Besigzver- änderung haoe. Bauten, Meliorationen seien niht gemacht, auc Tein besonderer Unglücksfall vorgekommen, wenn man als solchen nicht gerad« rechnen wolle, daß im Jahre 1880 eia großer Theil der Ernte verdorben sei. Die Veranlafsung der weiteren Verschuldung sei also zum größten Theil die, daß in hen Jahren 1874—82 die Einnahmen nicht ausreichten, die Bedürfnisse zu befriedigen, gewiß; bâtten die übermößig hohen Kommunallasten hierzu sehr bedeutend mit beigetragen, jedo scheine es, daß sie nicht die alleinige Veranlassung seien, wenigsiens träten ähnliche Verhältnisse auf auch da, wo die Kommunallasten nicht so bedeutend seien. So liege eine Zusammen- stellung vor, aus welcher ersichtlich, wie die Klassensteuer-Cinshäßurgs- Kommission in dem schon oben erwähnten kleinen Landstädtchen die Schul- denverhältnisse der Ackerbürger in den Jahren 1869 und 1878 angesehen habe. Darnah seten 45 Ackerbürger, welche 30 Morgen und darüber haben, und zwar zusammen 4188 Morgen, im Jahre 1869 mit 153 675 # Schulden eingeshäßt, im Jahre 1878 dagegen mit 270410 A In 8 Fällen könne eine Mehrbelastung von zusammen nur 68 300 4 oder wenigstens ein Theil derselben auf Besitverände- rang zurückgeführt werden. In 3 Fällen sei dagegen, in Folge von Besitzveränderung, Verminderurg der Schulden eingetreten. Vermin- derung der Schulden sei dann noch in 8 Fällen angenommen. Jn zwei Fällen sei sodann Vermehrung der Schulden auf Zukauf von Land zurüczuführen, auch würden in einigen Fällen Bauten die be- gründete Veranlassung gewesen sein. Immerhin aber bleibe eine recht erhebliche Zahl, bei welher nur die Annahme maßgebend ge- wesen sein könne, daß sich die Verhältnisse verschlechtert hätten und habe diese Annahme auch dadurÞ Ausdruck gefunden, daß in 24 Fallen (wovon 11 Fälle nah geshehenem Besitwecbsel) die Klassen- steuer herabgeseßt worden sei, und dies im Jahre 1878, welchem bald das Jahr 1880 mit seinem bedeutenden Defizit gefolgt sei.

„Hiernach“, so fährt der Bericht fort, „dürfte die Annahme ge- rechtfertigt sein, daß die Verhältniffe des Ülcinen Grundbesißes in hiesiger Gegend in den letzten aht Jahren entschieden zurückgegangen sind, und E die Veranlassung dazu in erster Linie in den \chlechten Ernten der Jahre 1874, 1875, 1876 zu suchen ist, in welchen Jahren troß der hohen Preise die Cinnahmen nicht ausreichten, die Bedürf- nisse zu deken.

„Als Beweis bierfür kann i," bemerkt der Berichterstatter weiter, „freilich nur die Erträge aus Getreideverkäufen in meiner eigenen Wirthschaft aus dem Iahre 1868—1881 anführen, dieselben {ind :

1868—69 22 698 1869—70 24 681 1870—71 19926 1871—72 21 426 1872—73 24005 1873—74 27 633 1874—75 16 641 1875—76 11 994 1876—77 11 886 1877—78 21318 1878—79 17742 1879—80 15468 ,

1880—81 10553 ,

Als dann wieder bessere Ernten erzielt worden, seien die Preise in Folge der starken amerikanischen und russisen Produktions- steigerung fo herab gegangen, daß nur mit Mühe das Gleichgewicht in Einnahme und Ausgabe habe hergestellt werden können. Hierauf sei das Jahr 1880 mit reicher Ernte und hohen Preisen, dessen Sclußergebniß aber das \chlechteste von allen gewesen, weil die reihe Ernte zum größten Theile durch Regen verdorben gewesen sei. Das Jahr 1881 sei wohl so gewesen, daß es den Meisten gelungen, sih ohne Defizit durchzushlagen. Im Jahre 1882 sei eine sehr reiche Ernte im Großen und Ganzen gesund eingebracht, aber während im vorigen Jahre die Tonne Roggen dort mit 170 A bezahlt worden, gelte fie let ux 112 ÆM und daran sei n! zu det, daß ein s bedeutendes Mehr geerntet worden wäre, daß es einer. solchen Preisuntershied ausgleihen könne. Doch müsse konstatirt werden, daß eine entschiedene Besserung eingetreten sei. Der beste Barometer hierfür sei dec in dem benach- barten Städtchen befindliche Vorschußvercin ; derselbe arbeite zum größten Theil mit kleinen Grundbesißern. Von den 604 Mitgliedern desselben seien 358 Landgrundbesitzer, und von den 219 643 M aus- gegebenen Darlehen 132725 #4 in Händen von kleinen Grund- besißern, dagegen hätten nur 50 Bauern zusammen 56000 4 ein- gelegt, während die übrigen 132 725 4 fremden Geldes zum größten Theil von Inspektoren, Wirthen, Scbäfern u. \. w. stammten. Jn diesem Vorschußvereine hätten in dem lehten Jahre die bei Darlehen stipulirten Abzahlungen fast gar niht erlangt werden können, seit Anfang diescs Jahres, und besonders in den leßten Monaten, seien dieselben flott und prompt bezahlt worden. Wie nachhaltig diese Besserung fein werde, sci freilich eine Frage, die nur die Zeit beant- worten könne.

Washington, 10, Mai. (W. T. B) Nav dem Berit des Departements für Landwirthschaft pro Mai ist der Stand des Winterweizens im Durchschnitt 837 gegen 80 im April. Die Berichte über den Stand des Frühjahrweizens sind noch unvoll- ständig; vorausfichtlih reiht die Vergrößerung des mit Frühjahrs- weizen bestellten Landes kaum hin, um die Einschränkung des mit Winterweizen bestellten Landes auszugleichen. Nach den gegenwärtig vorliegenden Anzeichen dürfte der Nückgang des Winterweizens gegen das Vorjahr etwa 77 Millionen Bushels betragen. Die Aussaat der Baumwolle ist in diesem Jahre später als gewöhnlich erfolgt.

Gewerbe und Handel.

In der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Deutschen Grundkreditbank wurde dem Vorstande Decharge ertheilt und die Vertheilung einer Dividende von 4 %%/% beschlossen.

Wien, 10, Mai. (W. T. B.) In der heutigen Generalver- sammlung der Südbahngesellschaft waren 76 Aktionäre an- wesend, welcbe 96 045 Aktien vertraten. Nah dem vorgelegten Jahresbericht dürfte die Sekundärbahn Liesing-Kaltenleutgeben Ende Juli dem Betriebe übergeben werden. Für das Jahr 1883 sind 2 640 400 F!. über die Investitionen erforderlich, welche aber aus den Reserven und sonstigen Betriebssaldis gedeckt werden können. Nach- dem die Frage bezüglich der Trennung des italienischen Netes gelöst ift, werden demnächst die in Zirkulation befindlihen Interimsscheine gegen definitive Aktien umgetauscht. Wie der Jahresbericht weiter mittheilt, ift begründete Hoffnung vorhanden, daß, wenn die Abmachungen der Ge- sellshaft mi: der Regierung gänzlih zur Durchführung gelangen, der osterretichish-ungarishe Scehafenverkehr sih noch weiter beleben und es gelingen werde, einen namhaften Theil des österreichischen Verkehrs über die österreichish-ungarishen Seehandels8emporien zu leiten. Der Kartellvertrag mit den weftlichen Staatsbahnen ist nob nicht von den Behörden genehmigt. Das Nettoerträgniß pro 1882 beträgt auf den eigenen Linien 22498356 Fl. Nah Abzug der Aus- gaben für Stcuern und Hinzuzählung der von Italien gezahlten Annuität beträgt das gesammte Reinerträgniß 32 137 602 Fl. Nach Bestreitung der Verzinsung, Amortisirung und des Wecbselcours- verlustes verbleibt ein Ueberschuß von 2269 895 Fl. Der Verwal- tungsrath beantragte die Vertheilung einer Dividende von 5 Frcs. und Uebertragung des Restcs von 777 609 Fl. auf das nächste Jahr. Der zweite Coupon pro 1882 (Nr. 48) ist somit unter gleichzeitiger Einziehung des Coupons Nr. 47 vom 1. Juni ab mit 5 Frcs. ein- ¿ulösen. Die Versammlung genehmigte die Anträge des Verwaltungs- ratts und ertheilte demselben das Abfolutorium, Die aus\cheiden- den Funktionäre, Baron Gödel-Lannoy, Baron Meysenburg (Wien) i und Baron Gustav Rothschild (Paris) wurden wieder- gewählt.

New-York, 10. Mai. (W. T. B.) In der Oelfabrik der National-Storage-Company wurde durch Blißscblag eine éFeuershrurst herbeigeführt, bei welcher 6 Personen ums Leben kamen und mehr als eine halbe Million von Oelfässern verbrannten, Der Schaden wird auf F Millionen Dollars geschäßt.

Verkehrs-Anstalten.

Frantfurt a. M., 10. Mai. (W. T. B.) Dem „Frankfurter Journal“ wird aus Kairo, vor. heute, gemeldet : die egyptishe Re- gierung habe erklärt, daß fie auf eine Anfrage Englands die Kon- zession zur Anlegung eines zweiten Kanals wahrscheinlich ertheilen werde; Baron von Lesseps besitze kein Monopol.

London, 11. Mai. (W. T. B.) Die „Times“ befürwortet ihr:xseits ebenfalls lebhaft das Projekt eines neuen Suez- kazals uxd bctont, daß Lesseps kein Monopol besitze.

Bre, V M Q L B) Der Üoyddampfer as ist heute Vormittag aus Konstantinopel hier einge- rofen.

Plymouth, 10. Mai. (W. T. B) Der Postdampfer „HKhaetia*“ von der Hamburg-Amerikanischen Packet- fahrts-Aktien-Gesellschaft ist hier eingetroffen.

New-York, 10. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer „Holland“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Lin?e) ist hier angekommen.

Berlin, 11. Mai 1883.

Konsulatsberichte. Die Wollsaison in Süd-Australien 1882/88, Adelaide, den 6. März 1883,

Da die diesjährige Wollsaison sür Süd-Australien jeßt vorüber ist, wird eine summarische Berichterstattung über den Verlauf derselben von nteresse sein.

Ueber Gewicht und Werth der Ladungen von solchen Wollschiffen, welche jeßt noch hier laden, lassen sih ziemlih genaue Schäßungen geben, so daß Hhiernah der Umfang des Sen Wollexportes mit einiger Sicherheit berechnet wer-

en Tann.

__ Das verflossene Jahr ist für den Shafzüchter kein gün- stiges gewesen: die Quantität war geringer und, was die Hauptsache ist, die Qualität war im Ganzen nit so gut wie gewöhnlich, Diesjährige Käufer südaustralisher Wolle müssen

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