1856 / 80 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

c . çúr Saudel, Géwetbe ünd za ania Ale P Arbeiten.

Cirkular-Verfügung vom 30, März 1896 be-

treffend die Vorschriften über die Befähigung zu

den technishen Aemtern der Berg=-, Hütten- und Salinen-Verwaltung vom 3, März 1856.

Nachdem die unter dem 27. März 1839 erlassenen Allgemeinen Bestimmungen über die Qualification Derjenigen, welche sich zu den technischen Beamtenstellen bei dem Berg-, Hütten- und Salinen- wesen ausbilden wollen, und über die zu diesem Zwecke ange- ordneten Prüfungen mit Rüdckssicht auf die seitdem in der Berg-Verwal= tung vorgekommenen Veränderungen, unter angemessener Benußung der gutachtlichen Vorschläge der Königlichen Ober-Bergämter revidirt und umgearbeitet worden sind, treten nunmehr an deren Stelle die neu redigirten „Vorschriften über die Befähigung zu den technischen Aemtern der Berg -, Hütten- und Salinen = Verwaltung“ vom 3, März 1856 (a), von welchen ih dem Königlichen Ober - Berg- amte hierbei 150 Exemplare mit der Anweisung zugehen laffe, fortan diese Vorschristen genau zu befolgen, und solche nicht allein

bei der Annahme, Ausbildung und Prüfung neu sich melden=- |

der Aspiranten, sondern auch nah den, in den §§, 48 u. f,

gegebenen, Bestimmungen, in Betreff der bereits angenommenen

Bergbeflissenen und Berg-Expektanten zur Anwendung zu bringen. Berlin, den 30. März 1856.

Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. oon der Heydt.

An die Königlihen Ober-Bergämter zu Bonn, Dortmund, Halle und Breslau.

2.

Vorschriften überdie Befähigungzu den technischen Aemtern der Berg=-, Hütten- und Salinen-Ver-=- waltung. Vom 3. März 1856.

§. 1. Eine technisch - wissenschaftliche und praktische Ausbildung im Ressort der Bergwerks-, Hütten- und Salinenverwaltung wird erfordert zur Anstellung der Provinzial- und Lokalbeamten bei der Ausübung des Bergregals und bei der Bcetriebsführung der Bergwerke, Hütten und Salinen des Staats.

§. 2. Zu diesen Beamten gehören :

1) die Direktoren und die technis{chen Mitglieder der Ober-Bergämter, |

2) die Direktoren der Bergämter. 3) die Bergmeister und die Berggeschworenen,

Wer zu diesen Aemtern gelangen will, muß sih zuvor die nöthige prak- tishe und wissenschaftliche Ausbildung erworben haben, und seine Quali- fication durch die vorschriftmäßige Prüfung nachweisen.

F. 3. Es finden zivei Prüfungen statt. Die erste Prüfung (Ele-

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dét Abgang von déktsclben und das erhaltene Zeugniß der Schule añgegeben fin müssen. ; Anweisung der Arbeit. §. 7. Das Ober-Bergamt weift den Angenommenen an ein Berg- amt, beziehungsweise an eine Hütten - oder Salinen-Verwaltung. . Hier wird. ihm sein Aufenthaltsort und die Gelegenheit zur Erlernung der praktishen Handarbeiten näher bestimmt.

Auf Erwerb eines Lohnes is bei diesen Arbeiten nicht zu rechnen; auch werden Unterstüßungen aus Königlichen Kassen nicht bewilligt.

Ein gesittetes und ordentliches Betragen , pünktliche Befolgung der auf den Werken béstehenden Disciplinarvorschriften und Gehoxsam gegen die vorgeseßten Beamten werden zur Pflicht gemacht. Zuwiderhändlun- gen haben die Entlassung zur Folge; welhe von dem Ober-Bergamt ver- fügt wird.

i Probejahr und Tentamen.

§. 8. Nach einem Jahre praktischer Beschäftigung (Probejahr) muß dex Aspirant bei dem Ober-Bergamte sih zu dem Tentamen melden. Erfölgt diese Meldung nicht binnen längstens drei Monaten nach Ablauf des Probejahrs, so wird derselbe später nicht mehr zugelassen und als ausgeschieden betrachtet.

Jn der Meldung sind die betriebenen Arbeiten anzugeben und darüber Atteste der betreffenden Bergamts- oder Werksdirektoren einzureichen.

Das Obexr-Bergamt beauftragt demnächst ein Bergamt, beziehungs- weise eine Hütten- oder Salinenverwaltung mit Abhaltung des Tentamens.

Das Tentamen bezieht sih nur auf die erworbenen technishen Fach- kenntnisse und praktischen Fertigkeiten , insbesondere auf A* stelligkelk zur Arbeit und auf die Fähigkeit, die Schwierigkeiten zu überwinden, welche bei solchen Arbeiten vorkommen.

Dasselbe besteht:

a) in einer mündlichen Prüfung, welche unter dem Vorsiße des Berg- amts-, resp. des KHütten- oder Salinendirektors stattfindet, und über welche ein kurzes, die Gegenstände und das Ergebniß der Prüfung anzeigendes Protokoll aufgenommen wird.

b) in einer Prüfung bei praktischen Handarbeiten in der Grube, Hütte oder Saline durch einen hièrzu besonders beauftragten Beamten, welcher über die Gegenstände und den Ausfall der Prüfung ein Attest ausstellt.

Berg-, Hütten- und Salinen-Expektanten. §- 9, Das Protokoll und das Attest (§. 8. a. und b.) werden mit einem über die Kenntnisse, Fähigkeiten und die allgemeine Führung des

| Tentirten sich aussprehenden Berichte, dem Ober - Bergamte eingereicht, | welches, wenn das Tentamen für genügend zu erachten ist, denselben als

Expektanten für dasjenige Fach oder diejenigen Fächer, worin er geprüft worden ist, annimmt, und ihm solches bekannt macht. Die Ab:

legung ‘des Tentamens in nur einem Fache {ließt spätere Prüfungen

(§. 3) îin den übrigen Fächern nicht aus.

Y. 10. Hat der Aspirant das Tentamen nicht bestanden, so hat das Obex - Verg - Amt ihn solches zu eröffnen und seine Entlassung zu ber- fügen, wogegen derselbe innerhalb bier Wochen nah der Zuftellung die

| Entscheidung des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbei-

4) die Betriebs-Direktoren der Hüttenwerke und Salinen des Staats, praktische und die theoretische. rat : die Hütten- und Salinenbetriebs-Znspektoren und die Hüttenmeister. rstreckt sich auf alle, bei den verschiedenen Betriebszweigen vorkommen- | den Arbeiten, auf die Handhabung der Werkzeuge und Geräthe, Behand-

ten anrufen kann, welcher dann nach Umständen bestimmt, ob eine noch-

malige Tentirung zu bewilligen ist. : Weitere preæktishe Ausbildung.

Die weitere Ausbildung der Expektanten zerfällt in die

Die praktische Ausbildung

g, U.

| lung der Maschinen, auf Bearbeitung der Materialien, Anfertigung der " Werkzeuge und Kenntniß von allen baulichen Einrichtungen, insbesondere

ven=-, resp. Neferendariats- Prüfung) bezweckt, den Nachweis der Amtsbefähigung überhaupt, und genügt zur Erlangung der im §. 2 unter |

3 und 4 bezeichneten Aemter.

Zur Erlangung der im §. 2 unter 1 und 2 bezeichneten Aemter ist |

auch die zweite Prüfung (Assessor - Prüfung) erforderlich.

§. 4. Für die Stellen der Berg-Jnspefktoren und Berggeschworenen | auf Bergwerken des Staates (Grubengeschworenen), so wie anderer tech- |

nischer Unterbeamten der Berg-, Hütten- und Salinenbverwaltung sind dice im §. 3 vorgeschriebenen Prüfungen nicht erforderlich; die praktische Be-

fähigung dafür ist nach den darüber besonders zu- erlassenden Bestim-

mungen nachzuweisen.

Für die Stellen der Markscheider, Bau- und Maschinenmeister ist der Nachweis der dafür erforderlichen technischen Qualification nach den da- für bestehenden Vorschriften zu erbringen.

L i Schulbildung.

_§, 9. Wer die exste und die zweite Prüfung (§. 3) abzulegen be- absichtigt, muß auf einem. Gymnasium die vorschriftsmäßige Abiturienten- prüfung bestanden und das Zeugniß der Neife zur Universität erlangt haben; dagegen genügt für Denjenigen, welcher sich auf die Ablegung der Elchenprüfung beschränken will , der Besuch und das Zeugniß der Neife des Abganges aus der ersten Klasse einer der in der beigefügten Nachweisung benannten Real- und höheren Bürgerschulen, deren Ab- gangszeugnisse anzunehmen sind.

. Das vorzulegende Abgangszeugniß muß die Reife in sämmtlichen Un- terrichtszweigen bekunden.

Meldung zum Eintritt.

a) beim Bergfache auf die Gruben-Tage- und Aufbereitungsarbei-

ten, überhaupt auf alle Arbeiten und Ausführungen , welche bei

dem Bergwerksöbetriebe vorkominen oder damit in Verbindung stehen, so wie-auf das praktische Markscheiden ;

b) beim HZüttenfache, außer den eigentlichen Hüttenarbeiten, auch auf Köhlercibetrieb , Koksdarstellung, Förmerei, Bearbeitung der Gußstücke, Feuerbau, so wie auf die Nöstung oder andere Vorbe- reitung der Erze und Schmelzmaterialien ;

c) beim Salinenfache, außer den praktischen Arbeiten bei der Gra- dirung und Siedung, auch auf Tiefbohrungen, Sehachtabteufen und Schachtausbau, so wie auf die Land- und Wasserbauten und Baus- Constructionen, Uebrigens kann den Salinen-Expektanten auch eine Beschäftigung in chemischen Fabriken, Alaun- und Vitriolwerken, insoweit sie nicht über ein Jahr dauert, als praktische Arbeitszeit angerechnet werden.

Auch wer sich nur einem Fache widmet, muß in den übrigen Fächern wenigstens cine allgemeine Kenntniß von den wichtigeren Arbeiten und Betriebsanstalten erwerben.

Für diesen Theil der praktischen Ausbildung wird, mit Einschluß des Probejahrs (§Y. 8), eine ‘Zeit von wenigstens drei Jahren be- stimmt; es sind die darüber von den Bergamts- oder Werksdirefkkoren auszustellenden vollständigen Zeugnisse beizubringen, so wie über unter- nommene Jnstructionsreisen in einheimische oder auswärtige Neviere die geführten Tagebücher oder Neiseberichte einzureichen.

§. 12. Außerdem gehört zu der praktischen Ausbildung eine min-

| destens einjährige Beschäftigung“ im Nechnungswesen und Bureau-

§. 6. Die Meldung wegen Zulassung zu den praktishen Arbeiten erfolgt \{riftlich bei cinem Ober-Bergamte und muß die Erklärung" ent-

halten , für welhes Fach oder für welhe Fächer der Eintritt in den

Dienst gewünscht wird; beizufügen ist : a) das Abituxienten- oder Abgangs- Zeugniß (§. 5.), b) ein ärztlihes Gesundheits-Attest; c) ein selbstverfaßter und ‘eigenhändig geschriebener Lebenslauf, worin Name, Alter, Ort der Gebutt, Name und Stand der Eltern und die kurze Geschichte der Ausbildung auf der Schule, namentlich

dienste, namentlich i ; a) bei der Geld-, Produkten- und Material - Buchführung auf den Werken, / G þ) bei der Nechnungs-Nevision und Kalkulatur, c) bei den Negistratur- und Kanzleiarbeiten und im Secretariat. Der Expectant muß sich mit diesen Zweigen“ des Dienstes gründlich be-

| kannt machen, insbesondere durch Lesen der Acten,, Fertigung von Ab-

shriften und dur ihm zu übertragende Expeditionen den Geschäftsstyl kennen lernenz ex hat sich hierbei einer guten und leserlichen Handschrift zu befleißigen.

Ueber die Art und die- Dauer solcher Beschäftigungen sind Atteste der Rechnungsbeamten, beziehungsweise der Büreauvorsteher beizubringen. §. 13. Jeder Expektänt muß, vom Antritt des Probejahrs (§. 8) an, wenigstens zwei Jahre lang nah §. 11 praktisch beschäftigt gèwesen sein, ebe er si auf die Universität begeben darf. Theoretische Ausbildung.

g. 14. Die theoretische Ausbildung haben die Expektanten auf einer Universität dur einen zweijährigen Besuch, diejenigen aber, welche demnächst auch die zweite Prüfung ablegen wollen, durch dreijährige Universitätsstudien zu erwerben, den leßteren soll jedo ein einjähriger Aufenthalt auf der Bergakademie zu Freiberg auf diese Zeit angerehnet werden. i : Es sind über alle Hülfswissenschaften des gewählten Faches, insbe- sondere über diejenigen Gegenstände Vorlesungen zu hören, deren Kennt- niß in den Prüfungen; nah den weiter unten - folgenden Vorschriften, verlangt wird. | ;

Die Reihenfolge, in welcher solches geschieht, bleibt Jedem Über- lassen, eben so, ob derselbe die Universitätsstudien hintereinander verfol- gen oder dazwischen praktische Beschäfigungen treiben will. Als Stu- dienzeit können uur diejenigen Semester gerechnet werden, in welcher der Expektant mindestens drei Vorlesungen über Hülfswissenschaften des Berg-, Hütten- und Salinenfaches besucht hat.

j Anzeigen über die Beschäftigung. |

F. 15. Die Expektanten haben regelmäßig zwet Mal im Jahre, und zwar Mitte Juni und Mitte Dezember, dem Ober - Bergamte, von welchem sie angenommen sind, von ihrem Aufenthalte und ihrer Beschäf- tigung Anzeige zu machen. Wer dies zwei Mal hinter einander unter- läßt, wird als ausgeschieden betrachtet und sein Name, ohne alle Be- nachrichtigung, in den Listen gestrichen. j

Meldung zur ersten Prüfung. : F. 16. Nach Ablauf der für die praktische und theoretische Ausbil- dung (§ÿ 11, 12 und 14) bestimmten Zeit hat der Expektant fich bei dem Ober-Bergamte zur Prüfung zu melden. Derselbe kann sich entweder ) a) für alle drei Fächer zum Referendarius oder

b) für eins oder zwei derselben zum Eleven : prüfen lassen, und hat sich hierüber in seiner Eingabe bestimmt zu er- flâren.

Dieser Eingabe, welche den bis dahin verfolgten Gang der Ausbil- dung speziell angeben muß, sind beizufügen :

a) die Atteste úber die praftishe Beschäftigung (§§. 11 und 12), auch bei unternommenen Jnstructionsreisen die desfallsigen Tagebücher oder Neiseberichte ; ;

þ) die Zeugnisse über die gehörten Vorlesungen (14);

c) die Zeugnisse über die Ableistung der Militairdienstpflicht oder über

die Befreiung von derselben. Sollte das Schulzeugniß (F§. 5 und 6) zurückgegeben sein , so. ist solches wieder einzureichen.

Aus den Zeugnissen unter a. und b. muß sih die Erfüllung der im §. 13 vorgeschriebenen Bedingung ergeben.

Probezeichnung en. g. 17. Mit der Meldung (§. 16) ist einzureichen : ‘eine Zeichnung von einem Gebäude (leicht getuscht}, eine Zeichnung von einer Maschin e (in Linien), eine Situationszeichhnung von einer Bergwerks -, Hütten- oder Salinenanlage,

4) die Darstellung von Tabellen. j

Die Zeichnungen Nr. 1 und 2 können vereinigt werden, eben so Nr. 3 und 4.

Dieselben müssen nach eigenen Aufnahmen selbst angefertigt und von dem Kandidaten mit Beifügung des Datums und der Jahreszahl unter- schrieben, auch in Bezug auf die eigene Ausführung von denjenigen Königlichen Beamten, in deren Dienstkreisen die dargestellten Gegenstände liegen, als richtig bescheinigt sein.

Außerdem ist zu der Prüfung im Verg fache:

5) die Zulage eines Grubenzuges mit einer Durchschlag8angabe, nebst den zugehörigen Profilen und den Observationen einzureichen, und über die Nichtigkeit der Aufnahme und der Zeichnung, so wie der Angabe ein Attest des betreffenden Königlichen Markscheiders beizufügen.

Endlich find auch noch j ;

6) einige Zeichnungen, dur welche die erlangte Fertigkeit im Fret- handzeichnen, im Tuschen und in der Bergeschraffur, so wie in der Planbeschreibung nachzuweisen is, vorzulegen. Es können dies Nachzeichnungen nah Vorlegeblättern und solche sein, die von dem Kandidaten schon vor längerer Zeit gefertigt sind.

§. 18. Wenn bei der Meldung Zeichnungen nicht eingereicht sind, oder das Ober s Vergamt die eingesandten uicht genügend findet, so be- stimmt dasselbe die Gegenstände, welche aufzunehmen und zu zeichnen sind; die Einreichung diesex Zeichnungen muß alsdann innerhalb der im §. 21 bestimmten Frist erfolgen, s

Ueberdies bleibt es vorbehalten, in Fällen, wo Zweifel darüber entstehen, ob der Einsender die Zeichnungen oder die Schrift auf densel- ben eigenhändig und ohne Hülfe eines Anderen ausgeführt hat, denselben hierin bei der nahherigen mündlichen Prüfung noch besonders und unter Clausur zu prüfen.

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einem Nivellement in Zeichnung und

(Fortseßung folgt.)

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Justiz-Ministerium.

Der Landgerichts-Referendarius Carl Fränkel in Elberfeld ist auf Grund der bestandenen dritten Prüfung zum Advokaten im

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i

ezirke des Königlichen Appellationsgerichtshofes zu Cöln ernannt worden. ; : O

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Mediziuùual: Angelegenheiten.

Dem Geheimen Medizinalrathe und Professor Dr. Mitscherlicch ist die Direction des pharmazeutishen Studiums an der hiesigen Universität übertragen.

Angekommen: Se, Excellenz der Herzoglich sächsische Staats- minister von Le pel, von Coburg.

Abgereist: Se. Excellenz der Staats- und Justiz-Minister Simons, nah Elberfeld. Der Contre-Admiral Schröder, nach Danzig.

Nicvtamtliches.

Preußen. Berlin, 3, April. Jn der gestrigen Sißbung des Abgeordnetenhauses begann die Spezialberathung der rheini- shen Städte-Ordnung. §. 1 bestimmt, daß dieselbe nur für Stádte von mehr als 10,000 Einwohnern und für diejeuigen, in denen bei Verkündigung der Gemeinde - Ordnung von 4850 die revidirte Städte - Ordnung vom 17. März 1831 galt, Anwendung findet. Die verschiedenen zu diesem Paragraphen gestellten Amendements wurden bei der Abstimmung verworfen und §. 1 darauf angenommen,

Hannuover, 2. April, Nach Beendigung der in der König- lihen Schloßkapelle heute Morgen stattgehabten kirhlihen Feier versammelten sich die Deputirten der Stände beider Kammern gegen 125 Uhr in dem Thronsaale des landschaftlichen Hauses.

Um 15 Uhr erschien der Königliche Kommissarius, Staats= Minister Graf von Kielmansegge, geführt von dem Erbland- marschall und den General - Secretairen uud begleitet von den . übrigen Staatsministern. Der Königliche Kommissarius hielt, nachdem er auf dem vor dem Throne aufgestellten Sessel sih nieder- gelassen, folgende Anrede :

„Meine Herren! Von Sr. Majestät, dem Könige, unserem aller- gnädigsten Herrn, bin ih beauftragt worden, die berufene Versammlung der allgemeinen Stände des Königreichs zu erôffnen, und in Allerhöchst- dero Namen Folgendes vor Jhnen auszusprechen :

Des Himmels gnädige Fügung hat Europa die böchste Segnung der Völker, den Frieden, wiedergegeben!

Vom deutschen Vaterlande ist dadurch #ie Gefahr abgewandt, in den Krieg verwickelt zu werden, welcher zwischen mehreren europäischen Mäch- ten ausgebrochen war. Gleichwohl sind die drohenden Verhältnisse, in deuen Deutschland seit dem Beginn des europäischen Konflikts stand, nicht ohne Einwirkung auf die militairishe Verfassung des deutshen Bundes und der Bundesstaaten geblieben. :

Sie hatten die Bundesversammlung genöthigt , durch Beschluß vom 8, Februar vorigen Jahres cine Kriegsbereitshaft des Bundesheeres an- zuordnen , woraus für die Regierung die Pflicht entstand, zum Zwe@ck jener Bereitschaft außerordentlihe Ausgaben zu machen. Außerdem sind in Folge der Bestimmungen der revidirten Bundeskriegsverfassung , das Bundes - Kontingent, die Präsenzzahl und die Präsenzzeit, ohnehin in einer Weise erhöht, daß eine bleibende Vermehrung der Kosten für das Heer unabweislich erforderlich geworden ist. Se. Königliche Majestät er- warten, daß die allgemeine Ständeversammlung bei den Vorlagen, die ihx dieserhalb gemacht werden, der Nothwendigkeit eingedenk bleibt , die Verpflichtungin gegen den deutschen Bund gewissenhaft zu erfüllen,

Es ist Jhnen bekannt, daß Sich des Königs Majestät genöthigt ge- sehen baben, zur Erfüllung der Beschlüsse des deutschen Bundes vom 23, August 1851 und bom 12, und 19. April 1855 eine Reihe von Ab- änderungen im Verfassungsgeseye von 1848 durch die Verordnung bom 1. August v. J. vorzunebmen, nachdem auch der dritte Versuch, eine Aenderung jenes Verfassungs8geseßes auf dem Wege der Verhandlung mit der allgemeinen Ständebersammlung zu erreichen, fruchtlos geblieben war. Jett werden noch die Aenderungen nachzutragen sein, welche in der Verordnung vom 1. August v. J. vorbehalten sind. Es sollen Jhnen Vorschläge wegen Modifikation der Kammern-Komposition und des Wakhl- gesetzes, ferner über Modifikation des zweiten Absaßes im §. 171 des LandesverfassunggeseBes von 1840 und wegen Abänderung des Finanz-

apitels vorgelegt werden.

0 Den Entwurf wegen Aenderung des Finanz-Kapitels empfehlen des Königs Majestät Jhrer besondern Beachtung. Die Art und Weise, wie das Verfassungsgesehß von 1848 die Kassenvereinigung hergestellt hat, ent- hält eine so bedenkliche und bundeSwidrige Schmälerung der Königlichen Nechte, daß des Königs Majestät fest entschlossen find, eine wesentliche und durchgreifende Aenderung dieses Theiles der Verfassung zu bewirken. Allerhöchstdieselben hegen die Zuversicht, daß die allgemeinen Stände des Königrei{s mit altbewährter Treue den Allerböchsten Absichten auf eine geréchte und heilsame Regelung der betreffenden Verfassungs-Bestimmun-

en werden.

Ma r Cindedbaterlichen Herzen Sr. Majestät des Königs that es wohl, auch bei der Eröffnung dieses Landtágs aussprechen“ zu fönnen, daß fich die materiellen Interessen des Königreichs in blühendem und immer bor- wärtsshreitéèndem Zustande befinden, und dem Vaterkande eine immer reichere Zukünft versprechen. Dieses günstigé Verhältniß" und der allgemein ‘ber-