1904 / 247 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Oct 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Sachsen.

Seine Majestät der König hat, wie das „Dresdner Journal“ meldet, folgenden Erla an das XIT. (1. Königlich Sächsische) Armeekorps, dessen fommandierender General Allerhöchstderselbe bis zu seiner Thronbesteigung gewejen ift, gerichtet :

Dreéden, den 15. Oktober 1904. An Mein Armeekorps. S

Durch das tief beirübende Ableben Meines heißgeliebien Vaters bin Ich früher, als Ih gehofft hatte, genötigt worden, tas Kommando des Armeekorps abzugeben. Die zwei Iabre, in denen Ich an feiner Spitze steben durfte, werden Mir unvergeßlih bleiben als die s{önste Erinnerung Meiner Dienstzeit Mit Wehmut benuye Ich die Gelegenheit, um allen Offizieren, Sanitätéoffizieren, Unteroffizieren, Mannschaften und Beamten des Armeekorps Weinen herzlichsten Dank auszusprehen für ibre opferfreudige Hingabe, die allein es Mir ermögliht hat, im vorigen Jahre für die auten Leistungen des Korps aus Allerböchstem Munde volle, uneinges{ränkie Anerkennung zu finden. Ich hoffe zuversihilih, daß das Korps Mir auch als Kriegsherrn dieselbe Freude machen wird wie bisher durch gute Leistungen im Kriege wie im Frieden. Möchte es stets den Nuhm- und Ehrenplaß in der großen deutschen Armee behaupten, den es bis jeßt inne hatte.

Friedrich August.

Das Publikum war gesiern von 11 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nachmittags, wie „W.T.B.“ berichtet, zur Besichtigung der Leiche des verewigten Königs in der katholischen Hoffirche zu Dresden zugelassen. Tausende von Personen schritten dur ein Spalier von Truppen nach dem Katafalk und zogen in ununterbrohener Reihenfolge an der Bahre vorüber. Die Ordnung war musterhaft, kein Zwischenfall störte die Stille des Gotteëhauses. Auch heute findet um dieselbe Zeit eine öffent-

liche Ausstellung der Leiche des Königs statt.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten is gestern nachmittag, wie .W. T. B.“ meldet, zusammengetreten und erledigte zahlreiche persönliche Eingaben. Am Sonnabend soll die laufende Se|}tion des Landtags geschlossen und in der nälsten Woche der neue

Landtag eröffnet werden.

Elsaß-Lothringen.

Der Landesaus\chuß für Elsaß-Lothringen, der gesiern wieder in Strafburg zusammengetreten ist, nahm einen Antrag der Abgg. Göt und Genossen an, über den in der lezten Sihung im Frütjabr niht mehr verhandelt worten war. Der Antrag lautet, nah einer Meldung des „W. T. B.“ : Der Landesauëschuß wolle be- ließen, die Landesregierung zu ersuchen, beim Reichéfanzler dahin vorstellig zu werden, daß den aesetgebenden_ Körperschaften des Reichs ein Gesetz vorgelegt werde, durch das bestimmt wird, 1) daß die Verfassung des Deutschen Reichs sowie die Neichége)eße, betreffend die Verfassung und Verwaltung von Elsaß- Lothringen, dahin abgeändert würten, daß Elsaß-Lothringen ¡um Bundesstaat erhoben und als folher den übrigen Bundes- staaten werfassungErechtlich vollständig gleichgestellt werde, 2) daß die auf Grund dieser neuen Verfassung einzuseßende Volksvertretung aus dem allgemeinen gleichen direkten und geheimen Wablrecht bervorgehen solle. Die Abstimmung war namertlich. Der erste Absaß wurde einstimmig, der zweite mit 32 Ja- und 12 Nein» stimmen angenommen.

Deutsche Kolonien.

Der Etappenkommandant, Major von Redern meldet aus Okahandja in Deutsch- Südwestafrika, wie „W. T. B.“ berichtet: Der Generalleutnant von Trotha trifft etwa am 20. Oktober von Epukiro über Kehoro in Windhuk ein. Die Bastardabteilung, deren Stamm treu ist, kommt unter ‘dem Oberleutnant Böttlin mit Beutevich am 18. d. M. in Wind- huk an. Die Witboiabteilung ist in Otjosondu entwaffnet; sie befindet sih im Marsch unter Bedeckung nah Okahandja und

cht mit der Bahn am 20. Oktober nah Swakopmund.

us Windhuk wird gemeldet: Der Hoachanasser Kapitän ist aufständish, der Gokhasser und der Veldshoendrager wahr- scheinlih auch. Der Bezhanier if bemüht, seine Leute zurück- zuhalten, der Bersabaner wahrscheinlich auch. Der Feind jammelt sih in der Gegend Rietmond-Kalkfontein.

Ueber die Unruhen in Friedrich-Wilhelmshafen (Kaiser-Wilhelmsland) liegt bisher nur folgender kurze Bericht des Kaiserlihen Gouverneurs in Herbertshöhe Hahl vom 5. August d. J. vor:

S. M. S. „Môwe“* traf am 27. Juli in Friedrih-Wilhelms- hafen ein und fand dort folgende, mir durch den Bezirk#amtmann Stulharkt brieflich kurz bestätigte Lage vor. Die Eingeborenen der Infeln Stir und Rageta, zusammen etwa 80 wehrfähige Yänner aufweisend, hätten sich verbündet, um zu bestimmter Stunde sämtlihe Europäer in Friedrih-Wilhelmshafen zu ermorden und sih der Waren und Waffen zu bemächtigen. Die Ausführung sollte am 26. Juli früh stattfinden. Es fel auf, daß zahlreihe Kanus der Eingeborenen im Hafen er» schienen, die mit Waffen gut ausgerüstet waren. Die Eingeborenen landeten zum Teil und legten vor dem Amishause Geschenke in Früchten nieder. Der Amtmann sollte ers{lagen werden, während er sih von ibrer Besichtigung um- und dem Hause zuwandte. Die Dogge des Amtmanns {lug aber an, sodaß er sich wendete und dem Streich entging. Es war au kurz vorher von dem MNRegierungêarzt Dr. Hoff- mann eine Warnnng übersandt worden, sodaß die Truppe unter Gewehr gehalten war. Die Eingeborenen stürzten sofort nach Mikßlingen des Streiches in ihre Kanus und flüchteten, die Truppe versuchte die Verfolgung, {oß einen Mann nieder, wurde aber dur den Amtmann an jedem weiteren Vorgehen verhindert, der ohne ge- nügende Aufklärung ein Gefecht niht einleiten wollte, das zur völligen Vernictung der Eingeborenen geführt hätte. Der Missionar Weber in Siar behauptet, das ganze Vorkommnis entspringe einem Miß- verständnis, die Eingeborenen hätten nie an ein Vorgehen gegen die Europäer gedaht; sie wüßten doch sicher, daß sie in jedem Falle rettungaslos verloren seien.

Es traf sih außerordentlih günstig, daß S. M. S. „Möwe“ am 27. Juli einlief. Die verlangten Rädelsführer wurden sofort ausgeliefert, angeblich sind es früber im Dienste des Gouvernements

ewesene Soldaten. Die Bevölkerung ist in das Gebirge geflüchtet.

ie volle Aufklärung und rihtige Darstellung kann erft die durch den Amtmann eingeleitete Untersuchung geben. ch halte ebenso wie der Bezirksamtmann die Lage für völlig sicher, fofern nur die Wachsam- keit nit erlahmt und immer wieder eine starke Macht gezeigt wird.

Nach einem späteren amtlichen Telegramm des Kaiser- lichen Gouvernements sind sechs Rädelsführer hingerichtet und zehn Eingeborene zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Oesterreich-Ungarn.

Die Kossuth-Partei wählte, wie „W. T. B.“ meldet, in einer gestern in Budapest abgehaltenen Konferenz einen Aus\chuß für die Frage der Ordnung der Debatte im Parlament und einen zweiten Aus\{chuß, der sih mit der Frage beschäftigen soll, welhe Schritte gegen die Negierung zu unternehmen seien, weil fie das Handels- vertragsprovisorium mit Jtalien durch Verordnung in Kraft geseßt habe.

Fraukreih.

Der König von Griechenland ist heute vormittag in Paris eingetroffen.

Der Ministerrat beshloß, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern, bei der Deputiertenkammer zu beantragen, daß an die Spiße der JInterpellationen diejenigen gestellt werden sollten, die den Bruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Vatikan beträfen. Der Ministerpräsident Combes gab seine Antworten auf diese Jnterpellationen im Ministerrat bekannt.

Die Deputiertenkammer ist gestern wieder zusammengetreten. Ueber die Festseßung der Tagesordnung entspann sich eine lange Er- örterung, da jeder Interpellant seine Interpellation auf die Tages- ordnung geseßt sehen wollte. Der Deputierte La sies (Antisemit) behauptete, er habe shwerwiegende Vorwürfe über die Desorganisation des Heeres an der Dstgrenze zu erheben. Der Deputierte Lepelletier (Nationalist), der eine Interpellation über die jüngsten Ausstände behandelt fehen wollte, bemerkte. als er den Ministerpräsidenten Combes mit einem Deputierten \spreden sah, Combes sei, wie immer, unverschämt. Er wurde dafür zur Ordnung gerufen. Der Deputierte Ursleur (ratifal) forderte zunächst die Beratung seiner Interpellation über die Angelegenheit Lagrave. Der Minijterpräsident Combes bekämpfte diesen Äntrag, worauf er mit 289 gegen 259 Stimmen abgelehnt wurde. Schließ- lid wurde die von der Regierung vorgeschlagene Tagesordnung mit 327 gegen 230 Stimmen angenommen. Die Kammer beshloß als- dann, daß über die eingebrahten Interpellationen nur jeden Freitag beraten werden und am Montag die Verhandlung über die Einkommen- steuer beginnen folle. Die Sihung wurde ?odann ges{chlofsen.

Rußland.

Gestern nachmittag um 2/4 Uhr ist, wie „W. De A mitteilt, ein Teil des baltishen Geschwaders, nämlich 3 Panzerschiffe, 2 Torpedoboote und 1 Transportdampfer, von Langeland nordwärts gegangen. Der übrige Teil der Flotte folgte heute früh. :

Ftalien.

Das Dekret, durch das die Auflösung der Deputiertenkammer angeordnet wird, wird durch ein Erposé eingeleitet, das, dem „W. T. B.“ zufolge, besagt:

Am 1. Dezember v. ÎÏ. babe die Regierung der Kammer ihr Programm unterbreitet, das mit einer Mehrheit von 167 Stimmen gebilligt worden sei. In weniger als einem Fahre sei das ganze Programm verwiz2klicht worden und die Gesetzgebung habe einen noch viel \{nelleren Fortgang genommen. Weiter werden ver- schiedene Reformen angeführt, die ebenfalls durhgeführt worden seicn. Wenn man nun allen diesen Arbeiten den Abschluß der Handelêverträge mit Deutschland, der Schweiz, Oesterreich-Ungarn, Brasilien sowie die gut eingeleiteten Verhandiurgen mit Rußland und die Vorlage über das Eisenbahnwesen hinzufüge, so fei es klar, daß die mit großer Leichtfertigkeit gegen die Regierung erhobene An- \chuldigung, daß diese nämlich keine wirksame reformatorishe Tätigkeit entwidckelt habe, vollständig unbegründet sei. Das Erposé erinnert dann an die vom Parlament im leßten Jahre geleistete fruchtbare Arbeit. Das Ministerium habe gehofft, die Handelsvertragsfragen und die Organisation der Eisenbahn noch lösen zu können, als das Land durch fünstiih Hervocgerufene Ruhestörungen -aufs tiefste in Ver- wirrung gebracht urd ein Zustand geschaffen worden sci, der der Kammer nicht die nôtige Nuhe geben würdz, für die wirtschaftliche Zukunft Italiens entscheidende Lebensfragen zu l öfen, Das Ministerium \chlage deshalb dem Könige vor, das Land zu befragen, damit das Land selbst dem Ministerium die Wege weise, die es befolgt zu schen wünshe. Das Exposc: legt weiter das Programm des Ministeriums für die innere Politik in seinen Grundzügen dar. Das Ministerium }26rde nihts an seinem seit Februar 1901 be- folgten Programm än 215 Das Verirauen in die liberale Politik der Regiexung könne / 4? dur die Gewälttätigkeiten einer tleinen Minderheit, die im ganzen Lande Mißbilligung erfahren habe, er- \§üttert werden. Diese Gewakttätigkeiten zeigten sogar, daß die Freiheit selb von den revolutionären Elementen gefürchtet werde, die unter - einem freien Regime jede Eristenzbere&tigung und j:des Ansehen verlören. Sie hätten durch ihr Auftreten gezeigt, daß sie, um einen beherrs{enden Einfluß zu gewinnen, genötigt seien, jede Freiheit zu unterdrücken, auch die Freiheit der Presse, da sie in der Unmöglichkeit befänden, vurch Vernunftgründe ibre tôörihten Ideen zu beleaen. Die Erfahrung der legten Jahre habe bewiesen, daß das Regime der Freiheit in matecieller und moralisccker Hinsicht namentlich den Arbeitern und der Landbevöikerung zugute komme. Die Re- gierung, überzeugt, daß nur durch das Wohl der arbeiienden Klassen das wahre Wohl des Landes und der wahre soziale Friede gesichert werden fônne, werde mit Festigkeit ihre Richtschnur innehalten im Vertrauen, daß die Arbeiterklassen ihr wahres Interesse begreifen würden. Dieses Programm von Freiheit finde lebhaften Widec- spruH§ bei den beiden extremen Parteien, aber sei entsGlossen, daran festzuhalten, da es unbegrenztes Vertrauen in die Weisheit des italienischen Volkes habe. Jn der großen sozialen Reformberegung, die sich in den leßten Jahren in Italien vollzogen, habe man cinige Unzuträglihkeiten und Gewaltsamkeiten zu beklagen gehabt; es sei Pflicht der Regierung, deren Ursachen zu studieren und Heilmittel dafür zu suchen. Deshalb und ferncr, weil die Oidnung in gefährliter Weise durch Sträflinge gestört worden

| diese

i auf die Japaner, die

| Die russish- Front

: russischen : ! die japanise Höhenstellung begann 20 Minuten ncch 12 Uhr. Der

! Kampf war um diese Zeit auf der ganzen Linie bis Jantai allgemein. | Die Korps griffen die Pässe vonTumanling und Tshauschanling j an und ! Gerwebrfeuer entschlossen vorrüdten, die Basis der feindlichen Stellung.

| durchzuführen.

i | rückenden Nufsen. das Kabinett |

sei, werde die Regierung dem Parlamente Geseßentwürfe, betreffend die |

Vermehrung der Sicherheitspolizei und betreffend den Straf- vollzug, vorlegen. Ferner werde die Regierung in dem Besireben, cine Gefährdung der Freibeit hintanzuhalten, Gesegentwürfe dem Par- lamente unterbreiten, durch die ter Unterricht und die Erziehung der unteren Schichten verbessert und au die Ausbiltung der wohlbabenderen Klassen mehr den Erfordernissen der Neuzeit ent- sprechend gerege!t werden sollten. Das Exposé spricht sich ferner für die Verstaatlichung der Eisenbahnen aus und bemerkt sovann, Regierung und Parlament müßten ih mit den Fragen beschäftigen, wie man Ausstänte des Eisenbahnversonals und des Personals der anderen öffentlihen Anstalten verhindern und gleichzeitig be- rechtigten Forderungen dieser Angestellten Rechnung tragen fônne. Nah Beschluß*assung über die Handelsverträge und die Eisenbahnfragen werde sich das Parlament wieder mit Sozialpolitik und der Reform der Steuergeseß- gebung zu befassen haben. Das Exposé weist fodann nach, daß diejenigen, welhe die Finarz-n und den Staatékredit zu {wägen und wieder eine Zeit von Emissionen und Schulden zu eröffnen suchten, die gefährlihsten Feinde ter Arbeiterklassen seien. Die Pflicht, das Bu dget zu schüßen, ergete fh auch daraus, daß nur durch die Befestigung des öffentlihen Kredits die Konversion der Staats\{chuld in einem nicht zu fernen Zeitraum möglich sein werde. Die Konversion würde {hon dur{geführt sein, wenn niht der Krieg im fernen Osten den ganzen Weltmarkt er- \{üttert hätte. Man müsse ferner bedenken, daß es ohne ein solides Budget zwecklos sei, von Steuerreformen zu sprechcn, und daß der Regierung eine hobe nationale Aufgabe gestellt sci, nämli die, das Werk der wirtshaftlihen Wiederaufrihtung der südlichen Provinzen fortzuseßen. In dem Erxvosó beißt es dann weiter, die von Italien und scinen Verbündeten loyal beobahteten Bündnisverträge und die herzlihe Freundschaft mit den benahbarten Mächten sicherten heute die Erhaltung des Friedens. Es sei aber auch sicher, daß die Verteidigung des Landes niht improvisiert werden könne im Augenblick der Gefahr, sondern daß sie von langerHand vorbereitet werden müsse, unddaß Bündnisse geschlossen und aufrecht erhalten würden unter starken Völkern, aber daß sie niemals, damit die Würde des Vaterlandes gewahrt bleibe, die Form eines Schußverhältnisses annehmen dürften. Diese Not- wendigkeit, stark zu sein und si sicher zu wissen, werde so tief empfunden, mehr noch durch die Völker als durch die Regierungen, daß in unseren Zeiten gerade die Länder, die die populärsten Regierungen hâtten, ihre militärischen Autgaben beträchtlih vermchrten. Irgendeine

einhalbprozentige Rente stehe über Pari, das

Herabsetzung der Heereëausgaben fei daher mit der Sicherheit des Staats unvereinbar. Das Exposé führt sodann aus, daß der öffentliche Kredit eine bisber nie erreichte Höhe erlangt habe. Die neue drei- oldagio sei verschwunden ohne Anwendung eines künstlichen Mittels; so habe das Land eine finanzielle Unabhängigkeit erobert. Der Diskontsaß werde immer niedriger. Die Depots in den Sparkassen und Banken, die Ergebnisse der Eisen- bahnen, Posten und Telegraphen wiesen einen wirtschaftlichen For! schritt auf, der sih immer noch steigere. In politischer Hinsicht bave Italien einen Grad von Freiheit erreiht, der nicht geringer als der jedes anderen Volkes sei. Die Freiheit sei somit nur von den Gemwalt- maßregeln der Demagogie bedroht, gegen die der gute Sinn des Bolkes einen niht zu ershütternden Damm bilde. So werde Italien unter den Auspizien der Staatseinrihtungen, die die Ginbeit des Vaterlandes ihm gegeben, und im Genusse größerer Freiheit fih den sotalen Frieden sihern und eine sehr hohe Stufe der Bivilisation, der Wohlfahrt und der Größe erreichen. Spanien.

Die Leiche der Prinzessin von Asturien wird heute, wie „W. T. B.“ berichtet, von Madrid nach dem Eskurial überführt werden. Die Sigzungen der Cortes sind bis nag dem Leickenbegängnis vertagt worden. Der älteste Sohn der Verstorbenen, Alfonso Maria, wird den Titel Prinz von Asturien führen.

Serbien.

Die Reise des Königs nah Sofia ist, wie „W. T. B.“ erfährt, nunmehr auf den 30. Oktober festgeseßt worden. Der Minister des Aeußern Paschitsh wird den König begleiten.

Afien.

Das „Reutershe Bureau“ erhält aus dem Haupt: quartier der östlichen russishen Armee folgenden zu- sammenfassenden Bericht über die Schlacht am Schaho:

Der Vormarsch dieser Armee begann am 5. Oktober in gleicher Linie mit dem Vormarsch der westlihen Armee. Ihr Ziel war Liau- jang. In erster Linie wurde erwartet, daß der Feind sich zwischen Santai und Beniapudsa verteidigen werde. Die russischen Truppen wurden ernftlih ermahnt, keine Anstrengung zu scheuen, und tüdten vertrauensvell aus. Die Stimmung der Leute war vorzügli. Bald gelangte man in s{wieriges, gebirgiges Gelände, und die Avantgarde traf auf Javaner. Am 7. Oktober meldete der General Rennen- kamvf, daß der Taitseho erreicht sei; man hôrte während des ganzen Tages seine Geshüßze. Am 9. Oftober erreihte die Armee Beniapudsa, und die Avantgarde wurde in einen Kampf verwielt. Das Artilleriefeuer dauerte bis zum Eintritt der Dunkelheit. Um Zeit besetten tie Russen die japanischen Verschanzungen, die ih meist in unfertigem Zustande becfander, obne Widerstand. Das Zentrum war“ zu tieser Zeit 25 Werst vom Taitseho entfernt. Am 10. Oktober um 11 Uhr Vormittags begann ein beftiges Artilleriefeuer in der Richtung auf Jantai zu, das bis zum Eintritt der Dunkelheit anhielt. Im Laufe des Tages lief eine Mitteilung des Generals Kuropatkin ein, die besagte, daß er Stackelberg zu feinem erfolgreichen Marsd:e zur Beseßung von Beniopudfa bealückwünsche. Am 11. d. M. früh 6 Uhr 50 Minuten entwickelte sh die Schlacht auf dem

| redten Flügel und dehnte sich auf das Zentrum und den !infen

Vier Korps eröffneten ein heftiges Artilleriefeuer ich in einer die Gegend behertsd‘enden Stellung befanden, da sie die Eipfel einer Reihe «bober, felfiger Berge besezt hatten, durch die sih viele Pässe hindurchzogen. batte ihre Nihtung nach dem Südweiten sh 45 km südwistli von Mukden. Die In-

aus.

Flügel

und befand

fanterie traf flcine japauische Abtcilungen auf niedrigen Hügeln vor

| der Stellung, die die Japaner auf den Höhen inne hatten, und trieb

sie zuück. Ein Korps wurde in Reserve gehalten. Die japanische Ariillerie beshoß die vorrückende Infanterie mit Granaten, ohne den Geschüßen Aufmerksamkeit zu schenken. Der Angriff auf

errzihten, indem sie unter heftigem Schropnell- und Um 3 Ubr Nachmittags erging der Befehl, den Angriff gegen diese Die rufsische Artillerie hatte bald die japanischen Batterien zum Schweigen gebraht. Sie mate sich dadur für den ganzen Tag zum Herrn der Situation. Sie s{choß durhweg vorzüglich.

| Die Zahl der feindlihen Geschüße, welche der Abteilung des Generals ; Stadckelberg gegenüberstanden, schien geringer zu sein; es waren dies } nur | war nah Westen zu gegen die russishe Mitielstellung zusammen-

Gebirasbatterien. Die Hauptmacht der feindliten Artillerie gezogen. Die japanischen Maschinengewehre und die íInfanterie unterbielien aber ein lebhaftes Feuer gegen die in drei Linien vor Die russischen Feuerlinien schienen niemals i#tuk Die Leute waren mit ihrem Gepäck {wer beladen,

genug zu sein. ) R! 1 \{lüvfrig waren, wurden nur langsame

und da die Bergabhänge

| Fortschritte gemacht. Troßdein die Artillerie die Infanterie vorzüglich | unterstüßte, traten doch häufig Augenblicke ein, ! Fuer

| Flanke j Zu derselben Zeit | vom Feinde besegten Höbe:

in denen das einschlie. Ein Korps versuchte, die Japaner in der zu fassen, machte aber feine befriedigenden Fortschritte. erlitt die Bewegung gegen di- westüchen i durch einen japanischcn Gegenangrif aus Besorgnis für die

in ter Flanke, die vier Regimenter umfaßte, Zehn Minuten vor

Sicherheit zweier Batterien eine Verzögerung.

| 6 Uhr Nachmittags meldete jedoh der- Kommandeur der Angriffs-

| kolonne, daß er Granatfeuer auf die Pâsse vor der Front richte. im

späten Nachmittag stand das russische Korps innerbalb einer Eaul- fernung von 100 m vor der japanishen Stellung. Aber die Japaner

\hcssen bei Anbruch der Nacht noch immer auf die Russen berunter, obglei) leßtere nur ncch 50 m unter ihnen standen. Die Schlacht

| tobte die ganze Nacht bindur; als der Morgen anbrach, war die Lage

| noch unverändert.

Der Kampf wurde mit ungeshwächter Energie fortgeführt. Die Japaner hatten ihre Stellungen, die noch immer unershüttert blieben, verstärkt. Der General Bildering meldete diesen Morgen, daß seine Kolonne keine Fortschritte made. Um 1 Ubr 30 Minuten lief die Nachri§t ein, daß das russische

| Zentrum nah einer furchtbaren Kanonade zurückgeshlagen worden sei

und daß die Japaner tie leßten und niedrigsten Höhenketten beseßt

| hielten, nahdem der russische 1edbte Flügel in die Ebene zurückgetriecen worden fei. Japanishe Schrapnells barsten 16 Kilometer nach Nord-

; westen zu.

Aus einer späteren Meldung ging hervor, daß das Zentrum der russishen Armee durchbrochen war, und daß das Korps, aus tem cs bestand, sich auf dem Rückzuge befand, sowie daß der General Stackel- berg, die Bagage, der Train und die Reserven nah Norden hin im Abzug begriffen waren. Auf diese Weise entstand eine große Lüde im russischen Zertrum. Die Japaner drängten sich hinein. Der russische Kommandierende fandte ein Korps, um das Zentrum zu rerstärken. Dieses Korps geriet wieder in einen heftigen Kamy. Die Iapaner machten einen Gegenangriff auf dieses Korps

| in einem Winkel, der gegen das Zentrum der russischen Front und

damit gegen seinen empfindlichen Teil gerichtet war, und drohten aus diese Weise die Armee des Generals Kuropatkin in zwei Teile zu spalten und jeden Teil dann cinzeln zu schlagen. Die Japaner hatten ein Ko1ps im Westen konzent:iert, wo fie die Nuffen zurücks{lugen. Dann griffen sie das Zentrum an, während sie leihzeitig mit der linken Kolonne den linfen russishen Flügel beschäftigt hielten. Gegen 14 Uhr sandte General Stackelberg vier Reserveregimenter vor, um einen Angriff auf tie westlihe Flanke der Japaner mohen und zu versuchen, die Lücke zu ließen. Um 4 Uhr 20 Minuten war die Lücke zum Teil geschlossen, aber das Resultat des Kampfes war, daß die rufsishe Armee sich in fritisher Lage und noch immer in Gefahr befand, in zwei Teile gespalten zu werden. Am 13, hielten das erste und dritte Korps immer noh ihre

. Gegen Mittag begannen die Japaner einen Angriff auf Flanfe tiefer öôsilihen Armee. Zwei Divisionen wurden m Schuß der Pans in den Kampf gebracht; aber die S ayaneTr hatten eine beherrshende Stellung gewonnen, die die usen nit zu nehmen vermochten. Die Schlacht nahm am ‘3 Sftober nad Westen zu ihren Fortgang; es wurde wieder sehr arf gekämpft. Die Japaner trieben immer noch den General Kuropatkin urúck. Um 34 Uhr Nathmittags erhielten die vershiedenen Korps der aftlichen Armee den Befehl, den Kampf abzubrehen. In der Nacht um 14. ging ein Teil dieser Armee im Norden zurück, kämpfte aber m 14. immer noch. Im Westen, wo die Armee aleichmäßig zurüd- ing, wurde wieder furchtbares Feuer gehört. Die Länge der Schlacht - Font zu säßen, ist unmöglich. Am 15 dauerte die Schlacht noch an, aber os Feuer hôrte gegen Mittag auf. Die russischen Verluste and sehr {wer. Aus St. Petersburg vom gestrigen Tage wird dem n T. B.“ berichtet: “Gin Telegramm des Gererals Ssacharow an den General- tab vom 18. d. M. meldet: In der Nacht zum 17. Oktooer griffen - Japaner wiederholt unseren rechten Flügel an, wurden aber urüge\chlagen. Im Laufe des Tages nahmen unsere Truppen as Deif Salantsi, das am Shaho, ostlih von Schahopu, ect Der Feind beshoß unsere Stellungen bei dem eroberten Dorfe heftig, ging aber niht zum Angriff über. Eine bedeutende Nerstärfung der feindlichen Truppen gegen unser Zentrum ist zu be- ‘erken. Auf dem linken Flügel haben am 17. Oktober keine Zu- ammenstöße stattgesunden. Eine Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Mukden m T d V E Die Japaner versuchen fortwährend, die Stärke des russischen

o rirums und des reten Flügels in Ersabrung zu bringen, fürchten

; D fe fönnt frishe Nosî î 1 | ber offenbar, im Kampfe könnten frishe Reserven zur Entwickelung | |

| in der er uns gegenübertritt, und zugleich mit jener seltenen

ommen. Die Wege von Süden und Südosten find voll flüchiigzr Land-

on der Ebene bis zu den Höhen von Taschang. Die Japaner ürmten S dD E c tacis das Dorf Sintschengpu am nördlichen Ufer des Swah nd besezten dort eine hochgelegene Pagode, von der aus die Artillerie in vorzügliches Schußfeld bat. Die Wiedereroberung der Pagode jelang den Russen bis zum 17. nicht.

Bom 18, wird demselben Bureau gemeldet :

Die Japaner maŸÿten am 17. Abonds den Versuch, die bewaldeten Höhen von Tafchang zu nehmen; sie beseßten die niedrigen Hügel-

etten und maten dann den Versuch, die Hügel am Schaho zu

Proben. } Der „Birshewija elearaphiert:

‘In der Nacht auf den 17. Oktober gingen die Russen vor und arfen die Japaner aus 6 Stellungen, wobei fie 8 Geschütze erbeuteten. iz Japaner seßten sich dann auf einer starken bergigen Stellung ot. Die Russen stürmten dieselbe gegen 2 Uhr Nachmittags und roberien wieder 16 Geschüße und 8 Schnellfeuergeshüße. Das Gefecht uert fort.

Eine gestern in Tokio eingegangene amtliche Mitteilung esagt, dem „W. T. B.“ zufolge:

Am 16. d. M. rückte eiae Truppe unter dem Brigadegeneral lamada vor, um die Abteilung der linken Armee, die den Feind ördlih von Schahopu'* angriff, zu verstärken. Sie {lug den Feind bei Weichialoutsu, wobei sie ihm zwei Geschüße und wei Munitionswagen abnahm, {lug dann einen neuen feind- hen Angriff bei Santaufautse zurück und befand ih uf dem Nücfmarsh nah ihrer ursprünglihen Stellung, als sie [ôblich um 7 Uhr Abends von etwa eincr Division russischer ruppen umzingelt wurde. Nach einem heftigen Kampfe Mann gegen ann gelang es ihr, di? feindlih? Stellung zu durhbrechzn und

Wiedomosti“ wird aus Charbin

hren früheren Plaß wieder zu erreihen; inzwisden aber büßte die | jedèr Lc

panische Ar!illerie ihre meisten Pferde ein, und die Viannschaft mußte un Feldgeshüze und fünf andere Geshüße im Stiche lassen. Dem einde sind in der Stellung gegenüber dem japanischen Zentrum Perstärkungen zugegangen. Die Verluste der Japaner irugen etwa 100 Mann.

_ Der Marschall Oyama berichtet, daß in der Nacht zum 18. Ok ber die Russen zweimal heftige Angriffe gegen den reten Flügel nd die rehte Armee unternahmen, und daß sämtliche Angriffe zurü- ihlagen worden seien. Der Feind sei unter Zurücklassung vieler oten wieder zurückgegangen.

Aus Schanghai vom gestrigen Tage meldet „W. T. a a ein englishes Kanonenboot auf die Nachrichi, auf em Westfluß unweit Canton seien die englischen Dampfer ‘etfong“ und „Hoiho“ von Seeräubern angegriffen worden,

Montagabend nah der Gegend, wo der Ueberfall ge- | E v s | dem Licht in der Hand

ehen, abgegangen sei.

Einem Telegramm aus Kota-Radja (Atschin) zufolge | A t ) bei Peusangan ; on Eingeborenen mit der blanken Waffe angegriffen worden. |

nd die niederländishen Truppen Gefecht wurde ein Leutnant getötet.

Afrika.

Die fremden Gesandten in Tanger sind durch den |

érireter des Sultans Muhammed-el-Torres in Kenntnis let worden, daß das Verbot des Küstenhandels mit

rotgetreide um 3 Monate hinausgeschoben worden sei. |

Statiftik und Volkswirtschaft.

L Wöchnerinnenschuy seitens der Arbeitgeber. „in Dornater Fabrikant gewährt seinen Arbeiterinnen eine Fr epause von sechs Wochen nah der Entbindung bei voller Lohn- ‘ung; die Folge war von Anfang an ein auffallendes Sinken q auglingésterblichfeit. Neun Großindustrielle in Mülhausen Ft. für ihr weiblihes Personal eine Association des itglied „en couches gegründet, deren Beiträge teils von den S Gee WUE bos. ben s entrihtet werden, und ine 4 (30 Centimes), zusammen also 48 (60 Centimes) ller Lon lied monatlih; dafür erfolgt Wochenbettunterstüßung in T, ohnhôhe. In Paris gibt es eine 1891 vom „Zentralaus\chuß natlipeanternehmungen“ ins Leben gerufene Kasse, deren Mitglieder oen 1 90 Centimes einzahlen und dafür im Entbindungsfalle vier Ledéraufe wöchentlih 18 Francs empfangen; erklärt ein Arzt die K snabme der Arbeit nach dieser Zeit für untunlih, so läuft dre 1000 O noch zwei Wochen lang. Diese Hilfskasse ¿äblte im ete Y 2 rund tausend Mitglieder; sie bietet den leßteren noch othefp, teile: ärztlihe Sprehstunden, 20 °/o Ermäßigung in den ridtun v. Auch in Lille und in Dammarin-les-Lys sind ähnliche haften, vorhanden, kleinere noch in 80 anderen französischen ticniert. De siad über 30 vom Staat anerkannt und sub- en die B "iese Vereine heißen sociétés de charité maternelle und st sis, oingung, daß die Mütter, wenn irgend möglich, ihre Kleinen ers A Hinsichtlich des Erfolges der Pariser Kasse teilt Else bett Aufsay über gEDbchnerinneu|hus und Mutterschaftê- in d, i Hilgers „Jllustriertem Frauenjahrbuch 1904/05" mit, Ç betrs angeführten Rahmen die Säuglingssterblihkeit nur ¿pelragt gegenüber einer solhen von 36 v. H. für ganz Angesichts so beredter Ziffern muß man schnlichst Veranstaltungen allenthalben in großer Zahl ent-

ute. Die russishe Stellung am 17. erstreckte sih den Schah o entlang j

na® vorheriger Beschießung am 16. d. M. um 11 Uhr | des Swaho j

am Sonntag | 1 L E L E x | spricht diese tiefe, seelishe Kraft, die immer den ganzen Menschen er- | faßt und durchdrungen hat.

linfen Armee und einige \{chwähzere Angriffe gegen die mittlere | di | ist auch | des Vollmondes von draußen fämpft mit dem Ampellicht. Nicodemus | grübelt, verworren und gequält, Christus lehnt am Fenster; ihm ist,

| einer Kraft, die er kennt. i beredt | Lebens.

g Zur Arbeiterbewegung.

ur Ausf\perrung der Berliner Holzarbeiter (vgl. Nr. 246 d. Bl.) teilt die „Voss. Ztg.“ mit, daß eine allgemeine Tischlerver- sammlung beschlossen hat, die Aussperrungen überall mit der Arbeits- niederlegung zu beantworten. Die Folge davon würde dann der Generalauéstand sein. In verschiedenen größeren Betrieben haben auch {on die Arbeiter, nachdem Ausfperrungen vorgenommen find, sämtli die Arbeit niedergelegt.

_Das Eisenhütten- und Emaillierwerk Tangerhütte erklärt dem „W. L. B.* zufolge die Meldung des „Altmärkers“ in Stendal vom 15. d. M. über den Ausstand seiner Arbeiter (vgl. Nr. 244 d. Bl.) für unzutreffend und teilt mit, daß tat- \ächlih am leßten Sonnabendmorgen im ganzen etwa 120 Arbeiter aus verschiedenen Werkstätten die Arbeit niedergelegt haben, daß im übrigen aber der Betrieb niht gestört ift und durhaus aufreht E en e

ie Dokarbeiter von Havre haben, der „Frkf. Ztg.* zufolge, beshlofsen, am Montag in den Ausftand zu treten. 8 s

In Tourcoing haben, wie die „Köln. Ztg." erfährt, die Teppichweber, die nah halbjährigem Ausftand vor 14 Tagen die Arbeit wieder aufgenommen hatten, von neuem den allgemeinen Aus- stand beschloffen.

Kunst und Wissenschaft.

v. A. Eine Ausstellung, die au auf das weitere Publikum eine große Anziehungékraft auëúbt, ist gegenwärtig im Künstler- hause eröffnet. Sie bringt eine ziemli große Anzahl von Werken Eduard von Gebhardt s, und, was besonders interessant ist, eine Fülle von Studien zu seinen größeren Gemälden, die einen Einblick in die Arbeits\tätte des Künstlers gewähren, wie er noch nicht oft ge- boten ift. Zweifelles achôrt Gebhardt zu den eigenartigsten Er- s{einungen unseres Kunstlebens; modern, troß der Veikleidung,

Gabe ausgestattet, für das hödhste, geistige Leben individuelle Träger von erschütternter Wahrheit zu schaffen. Er hat seinerzeit einen gewaltigen Schritt über alle anderen hinaus getan, als er die Heilsgeschichte in deuis{es Land, unter deutshe Menschen versetzte und unbekümmert mit der Ueberlieferung bra, die gerade damals das Hauptgewicht auf äußerste Treue des Historishen legte und die Modelle zu den religisfen Bildern am liebsten in Palästina selbst suchte. Gebhardt war der erste, der sh sagte, daß dadurch ein Element in die Bilder gebracht würde, das ihrem gemütlichen Wirfen im Wege stehen und direkt ein fkühßl.fkritishes Beurteilen bervorrufen mußte. Er empfand, daß ein tiefes, nachaltices Mit- erleben des Gegenstandes nur möglich wäre, wenn er Menschen hin- stellte, die uns im Füblen und Denken verwandt waren, die wir begreifen konnten. Dennoch konnte er noch nit jenen leßten Schritt tun, den Uhde später unter fo viel Anfeindung unternahm, Menschen aus unserer Zeit zu wählen, fondern er wandte ch dem Mittelalter, jener Zeit erhöhten, religiösen Lebens, zu. Und fühlen wir auch mitanter, wie auch diese immerhin fremdartige Welt noþ genug der äußeren Ablenkung enthält, so muß doch vor den einheitliden Schöpfungen des Meisters die Widerrede verstummen. Das geistige Leben in diesen Menschen, deren Typen uns fo vertraut sind, deren Gedanken und deren Art des Fühlens wir zu kennen meinen, tritt so mächtig bervor, daß wir das zufällige Kleid, das si? tragen, vergessen. Wir folgen an des Meisters Hand, wo er uns hbinführt, und \ehen mit Lust, wie cs ihm gelingt, auß das Höchste

| auszudrüccken und Gestalten von unzerstörbarer Lebenskraft bhinzuftellen.

Die tiefinnerliße Gewalt, von der all seine Menschen crschüttert sind, vleibt immer die Hauptsache bei Gebhardt.

Das bestätigen von neuem die im Künstlerhause ausgestellten Bilder. Besonders interessant ist die „Bergpredigt“, diese Darstellung der andächtigen Menge, die den Blick versunken auf einen Punkt ge- richtet hält auf einen Punkt auferbalb des Bildes, Chrijtus felbst ist nicht mit dargestellt ganz Ohr, ganz Hingebung und dadurch zu einer wunderbaren Einheit zusammengefaßt , während doch e einzelne sein ausgeprägtes Leben für sich führt, das Gehörte in besonderer Weise auffaßt. Der Künstler hat hier prachtvolle Typen gcwählt, und die Studien zu diefem Werke zeigen feine fonzentrierte, nimmer müde Arbeit; {on aus dem Entwurf

Man spürt, wie er das Modell nur wählt, es überhaupt nur sieht als den Von merkwürdig nachhaltiger Wirkung „Christus bei Nicodemus“. Der Schein

unter diesem Gesichtépurkt Träger des Ausdrucks8. das Bild

was er saat, eine einfache, bohe Selbstverständlichkeit, die Wirkung } i Das drüdtt die einfahe Gestalt unsäglih _ Auch „Die Fahrt auf dem Meer* ist voll packenden In den „Jüngern von Emmaus“ wählt Gebhardt Vorliebe den Moment „Und er verschwand vor ihnen“, hier dur die verwundert hbereinschauende Frau mit : : einen realistisben Nachdruck gibt. Zur Er- gänzung der ausgestellten Gemälde ift eine Anzahl von Photographien ausgelegt. Auch sie g2ven nur annähernd einen Begriff von dem reihén, sih immer auf der Höhe haltenden Schaffen des greisen Künsilers. Nachdrücklih sei noch auf die prächtigen Studienköpfe hingewiesen, vielfah Typen aus der esthländishen Heimat Gebhardts,

aus.

nit dem er

| die auch farbig von hohem Neiz sind.

Bei Eduard Schulte wird die Ausstellung des Bismarck-

| bildnisses aus fürstliÞh Bismarckschem Besiß von Lenbah, der Werke

von Vöcklin 2c. aud noch am kommenden Sonntag bis 3 Uhr Nach- mittags gecffnet sein.

Dem zur Zeit in Paris tagenden Chirurgenkongreß matte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Dr. Doyen eine Mit- teilung über seine Behandlung des Krebses, die zwar niÿht eine Heilung in jedem Fall gewährleiste, aber doch zur Besserung und teilweise zur Heilung geführt habe. Von 242 Fällen habe er bis jet/40 geheilt. Dr. Poirier besiritt diese Be- hauptung. Der Kongreß wird morgen, Donnerstag, den Antcag zur Diékussion bringen, das Verfahren Doyens dur das Institut Pafteur prüfen zu laffen.

Bauwesen.

Ein Wettbewerb um Entwurfsskizzen für ein neues Geschäftshaus der Allgemeinen Elefktrizitäts-Gesell- \chaft in Berlin wird unter den in Deutschland ansässigen Architekten autgeshrieben mit Frist bis zum 15. Januar 1905. Zwei erste Preise von je 9000 4, zwei zweite Preise von je 6000 M -und ¡wei dritte Preise von je 3000 K find ausgeseßt. Das Preisgericht bilden Ministerial- und Ober- baudirektor Hinckeldeyn, Geheimer Baurat Kayser, Geheimer Baurat Schwechten, Königlicher Baurat Neher, Professor Gabriel von Seidl, Staatssekretär a D. Hollmann und Geheimer Baurat Rathenau. Die Unterlagen können gegen Hinterlegung von 10 #, die nah der Entscheidung zuglei mit dem nicht vreisgekrönten Entwurfe zurückgegeben werden, vom Sefkretariate der Allgemeinen Elektrizitäts- Gesellschaft in Berlin bezogen werden.

Verkeßrsanftalteu.

Laut Telegramm aus Cöln hat die dritte englische Post über Ostende vom 18. d. M. in Cöln den Anschluß an Zug 13 nach Berlin über Hannover nicht erreiht. Grund: Zugverspätung in Belgien.

Nächste Postverbindungen nah Swakopmund: 1) für Brief fendungen mit ausdrücklichem Leitvermerk dur den Ertradampfer „Elsa Menzell“ ab Hamburg 21. Oktober, in Swakopmund ungefähr am 21. November. Leute Absendung aus Berlin Lehrter Bahnhof 20. Oktober 11,12 Abends. Schluß in Hamburg am 21. Oktober 10,0 Vm., 2) für Briefsendungen obne Einschränkung durch den engliscken Posldampfer nah Kapstadt, ab Southampton 22. Oktober, von Kap- stadt weiter mit nächster Schiffegelegenheit, spätestens am 15. Nos vember mit dem heimkehrenden Reichspostdampfer der Deutschen Ostafrika-Linie, Ankunft in Swakopmund 17. November. Letzte Ab- sendung am 21. Oktober ab Cöln 6,1 Nm., ab Oberhausen 7,24 Nbends, ab Berlin Schles. Bhf. 11,23 Vorm.

Automobilverkehr im Congostaat.

- Im Congostaat wird in ‘einer Länge vop 10090 km, in der Richtung des Uelleflusses verlaufend, an dem Bau einer Straße für den Automobilverkehr gearbeitet, die eine Verbindung zwischen den westlihen Küstenbezicken und dem äußersten Nordosten des Congo- gebiets herstellen joll. Der Bau ist von beiden Seiten in Angriff genommen, dürfte alfo in verhältni?mäßig kurzer Zeit zu Ende geführt werden Eönnen. In Belgien sind zugleich seit längerer Zeit Versuche im Gange, um einen für die congolesischen Wegeverbältnisse passenden Automobiltyp zu finden. Indessen sind die Untersuhungen und Probefahrten dieser Art noch niht abgeschlossen. Die Verwaltung des Unabhängigen Congoslaats hat für den Norden des Gebietes zu dem Mittel des Automobilverkehrs gegriffen, um der S{hwierigkeiten, die die großen Entfernungen verursachen, Herr zu werden, da die sehr zahlreihen Katarakte, die sowohl der Ubangi wie der Mbomu und der UVellefluß aufweisen, die Einrichtung eines durchgehenden Schiffahrts- verkehrs niht gestatten. Ein regelmäßiger Automobilverkehr auf einer 1020 km langen Straße ist der erste Versu tiefer Art in größerem Maßstabe, und man wird von ihm wertvolle Ergebnisse für die Lösung kolonialer Verkehrsfragen erwarten dürfen.

Theater und Musik. Berliner Theater.

_ Frau Sarah Bernhardt, die mit ibrer französischen Gesell- schaft wieder in Berlin eingekehrt ist, eröfncte thr Gastspiel am Montag vor ausverkauftem Hause mit der „Kam-liendame“. Am gestrigen zweiten Abend“ vermittelte sie uns die Bekanntschaft mit dem jüngsten Werke Sardous, dem sie in ihrer langen Bühnen- [laufbahn bereits zu manhem Erfolge verholfen und der bx Wiederum in „La Sorcióres, (Die. Here) eine dank- bare Mole gelwassen al lese Noll die wie das ganze Stück im Opernstil gehalten ift, bringt nah drei Akten etwas sentimentaler und allzusehr auf einen Ton gestimmter Lyrik im vierten einen arienhaftea Leidenshaftêausbruch, in dem die Kunst Sarah Bernhardts im hellsten Lichte erglänzen fann, um dann im fünften wieder mit einem Decreêscendo zu s{chließen. In Spanien, wo am Anfang des 16° Jahrhunderts Herxenglaube und Fnguisitions- geriht ihre schrecklichen Orgien feierten, svi-lt die Handlung, deren Inhalt folgender ist. Der Edelmann Don Enrique verliebt ih in Zoraya, cine \{chdône, aber als Here verrufene Maurin, die er wegen eines Vergehens zu strafen hatte, der er aber, dur ihr Wesen bezaubert, die Freiheit shenkt. Jn der Tat versteht ih Zoraya auf allerlei Künste, die zu jener Zeit für Zauberei galten : sie weiß aus der Hand die Zukunft zu lesen, von Blüten und Kräutern duftige Essenzen zu ziehen, aber auch heilfräftigen und giftigen Trank zu mishen, sie ist mit dem Somn- ambulismus vertraut und fennt die suggestive Kraft ihres Willens auf solde Menschen, die von ihm befallen sind. Niemals hat sie aber von ihrem Wissen einen anderen Gebrau gemacht, als um wohblzutun. Da wird eines Tages ein blafses Fräulein zu ihr gebraht, Juana, die Tochter Lopez’, des Gouverneurs von Toledo, die ihr flagt, daß sie S(lafwandlerin sei, und bittet, da siz un- mittelbar vor ihrer Verheiratung stehe, fie von diesem Leiden zu be- freien, damit der Gatte nihts Uebles von ihr denke. Zoraya versenkt das Mädchen in hypnotishen Schlaf und übt ihre suggestive Kraft in diesem Sinne aus. Kaum aber ist die Geheilte ge- gangen, so erfährt Zoraya, daß Don Enrique, den sie selbst leidenschaftlih liebt, fi mit Juana vermählen werde. Unter dem Vorwand, na ihrer Patientin zu sehen, geht fie zu Juana und verseßt die Braut gleich nah der Hochzeitsfzier vermittels ihrer Willenskraft in eine Lethargie, aus der es ohne sie kein Erwachen gibt. Die Hochzeitsgäste sind gegangen, Enrique will zu seinem jungeu Weibe, als ihm plöulich in seinem eigenen Hause Zoraya gegenüber- tritt. Hier gesteht er, daß er rur fie liebe, daß er nur dur ein Gelöbnis gezwungen, sh mit Juana vermählt habe. Zoraya überredet ihn, mit ihr zu fliehen zu \pät, vor der Tür harrt bereits ein Abgesandter des Inquisitionsgerihts, der Zoraya {hon lange auf der Spur war und fie ins Haus hatte shleiczen sehen. In der Wut tötet ihn Don Enrique; aber zur Flucht ist nun keine Gelegenheit mebr, er wird von den Häschern als Mörder verhaftet und mit der Maurin dem Inquisitionsgeriht vorgeführt. Hier soll Zoraya gestehen, daß sie Here sei. Sie leugnet es. Zwei Frauen zeugen wider e Die Qne Ut Une ZBahninnige, die Q [elvit [ur eine Satansbraut Hält und behauptet, Zoraya vom Herensabbat her bestimmt wiederzuerkennen, die zweite ist ein armes eib, dem dasselbe Geständnis durch die Folter erpreßt wird. Juana eugnet, leugnet mit Leidenschaft und wirft den fanatishen Richtern das Verwerflihe ihres Tuns vor; als ihr aber klar wird, daß ihr Geständnis den Geliebten retten Tônne, der nur dur ihre Zauber- fünste zum Mörder geworden féêin soll, befeunt fie H schuldig und wird zum Scheiterhaufen verurteilt. FInzwishen [\chläft Juana fort. Zoraya allein vermag sfi2 zu erweden; der Gouverneur wverspriht ihr Begnadigung, wenn fie es tut. Es geschieht, und Zoraya darf ihrer Wege ziehen. Aker das dur die Priester aufgewiegelte Volk verstellt ihr den Weg und droht sie und auch Don Enrique, der ihr beistehen will, zu erschlagen. Ein Flächen Gift, das sie bei fh führt, erlöst aber sowohl sie wie den Geliebten vor einem qualvollen Ende. Die Auffflhrung erfreute diesmal dur ihre Geschlossenheit : Frau Bernharäüberragte zwar die anderen Mitwirkenden, aber sie blieb do. stets innerhalb der für die Harmonie des Zusammenspiels gébotenen Grenzen. In den ersten Akten hielt sie mit ihren Mitteln ‘sogar fast zu sehr zurück, um ihre ganze Kraft für den vierten Aft aufzufparen. Ihre Darstellung erschien daher anfangs ein wenig einförmig, später aber trat die flug vorbereitete Wirkung um so mächtiger hervor und trug ihr Stürme des Beifalls ein. Sehr gut war ihr Partner Herr Magnier als Don Enrique, vortrefflih traf ferner Fräulein Rofy als Juana den visionären Ton der Somnambule. Die beiden Zeuginnen vor Gericht, die Damen Dufrène und Nau, fielen ebenfalls dur e Leistungen auf. Schön und charakteristisch war au die Aus- \taitung.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Donnerstag, „Robert der Teufel“, romantishe Oper in fünf Akten von G. Meyer- beer, zum ersten Mal in dieser Spielzeit gegeben. Die Damen Destinu (Alice), Herzog (Isabella), die Herren Grüning (Nobert), Mödlinger (Bertram), Philipp (Raimbaud) sind Träger der Hauptrollen. Kapell- meister Dr. Strauß dirigiert. Im Bacchanal des dritten Aufzuges tanzen Fräulein Dell’Era und die Solotänzerinnen der Königlichen Oper. (Anfang 7 Uhr.)

Fn der ersten Ausführung des „Florian Geyer“, die das Lesfin g- theater am Sonnabend gibt, wird die Titelrolle von Rudolf Rittner dargestellt. Außer dem gesamten männlihen Perfonal wirken in Hauptmanns Werk Margarete Albreht, Hedwig Pauli und Irene Triesch mit.

Im Sthillertheater 0, (Wallnertheater) geht morgen, Donnerstag, „Die Jüdin von Toledo" von Franz Grillparzer zum ersten Male in Szene.