1884 / 77 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

R S E E E T

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T P R I

wörtlide Redensarten erklärt: Mit dem langen großen Messer wird bei Tische die Speise aufgeschnitten und vorgelegt; hieraus entwidelt si die Redensart bezügli des Auf- tishens und Herumbietens von Erzählungen in prahlerishem Sinne („aufs{neiden“). Eine übermüthige Unterhaltung bei Tische war es, na dem „Grobianvs“, auf das Messer, das Jemand mit der Schneide (so wird wohl ftatt Scheide zu lesen sein) nach oben hatte liegen laffen, mit einem eisernen Heft so lange zu \{lagen. wie die Anderen die Meilenzahl bis Rom abzählten; daher die Redensart: „Das Meffer ist so stumpf, man könnte-darauf nab Rom reiten.“ Viele Com- posita mit „Messer“ {ließen sich an. Messing, früher Messe (Mischung von Kupfer und Zink) ift entstanden aus dem lateinischen massa und be- deutete ursprüngli im Allgemeinen einen ges{molzenen Metallklumpen. Met kommt vom althochdeutschen metu, sansfritisch madhu, Honig, und ist ein starkes daraus bereitetes Getränk. Ferner seien hervorgehoben : Metall mit Verwandten ; Mette (von matutina [hora], althocdeutsch wattina, mittelhowdeutsch mettine), Mettwurst (vom altsäcsiscen meti, die zugemessene Kost, Speise), Mete, meln und meten, meßtzgen und Meßger 2c., die Zusammensetzungen mit meuchel (mit fehr interessanter und eingehender etymologisher Erklärung), Meute (vom franz. meute, lat. mota, eigentli Zug im Allgemeinen), meutern (ein Wort der Soldatensprahe, son vor dem 30jährigen Kriege aus dem französisden mutiner indirekt aber niederländisches muyten herübergenommen), Michel (die Redens- art vom „deutschen Michel“ hat Wattenbab auf die in Frankreich und Deutschland verspotteten Wallfahrer nach Mont-Saint-Micel in der Normandie zyrückzuführen gesuct, indessen läßt Heyne tie Frage offen); Mieder, Miene (französis mine, vielleibt vom provenzalischen mena, menare. wie gestus von gerere), miethen und Verwandte, Milbe (ein Thier, welbes „milbt“ , d. h. Gegenstände in Mehl, Staub verwandelt), Mil, milde und Verwandte, Milz, minder und mindest, Mine (vom lateinishen minare, führen, betreiben). Ganz besonders anzichend ift der Artikel „Minne“. In der interessanten, ausführlichen Untersubung über die Herkunft und sprachgeschichtliche Entwielung dieses Wo1ts heißt: „Minne“ steht zunäst im Ablaut- verhältniß zu „meinen"; wenn dieses aus dem Begriff „im Sinne haben“, „gesinnt scin“, zu der des „fürsoralih, liebend gesinnt seins“ überspringt, so ist aub für „Minne“ die Entfaltung der Bedeutung gewesen, die zunäst die Handlung des Sinnens, Denkens ist, aber alsbald zu dem bedeutenden Sinne des geneicten Denkens, der Für- forge und Zärtlihkeit sih wendet und von da aus sich weiter ent- wickelt, in ursprürgliÞh völliger Bedeutungsverschiedenheit von Liebe, das ecigentlich Verlangen ausdrückt, bald aber indem die Begriffe beider Worte ineinander übergehen, wodur Liebe selbst das edlere wird und allein weiter lebt.“ Diefer Artikel ist au ganz besonders rei mit Citaten von Schrift- stellern aus allen Epochen der deutschen Literatur ausgestattet. Die- selben beginnen mit Tatians Evangelienharmonie und reiben über Notker, Otfried und Walter von der Vogelweide bis auf unsere Klassiker und Romantiker herab. Endlich nennen wir noch aus der Lieferung die Abschnitte: Minute, mischen, und die zahlreichen Bil- dungen mit der Vorsilbe „miß“. Mit dem Wort „mißlih“ \chließt das Heft. Wie die Verlagshandlung über den Fortgang des Werks mittheilt, sind des IV. Bandes I. Abtheilung II. Hälfte 6. Lieferung (G), des VI. Bandes 13. Lieferung (M) und des VIL, Bandes 5, Lieferung (N) unter der Presse. Ueber die Entstehung des großen nationalen Werks brachte übrigens kürzlich die Münchener „Allgemeine Zeitung“ in einer Reihe von Aufsäßen aus der Feder Albert Dunkers über „Die Gebrüder Grimm“ seh: interessante Mittheilungen, Es hieß darin: Nachdem der Ge- danke eines teutschen Wörterbuhs mit mehreren Freunden brieflich erörtert worden war, erschien im März 1838 einer der beiden Besitzer der Weidmannshen Buwhandlung in Leipzig, Karl Neimer, mit dem Professor Moriz Haupt bei Jakob Grimm in Caffel und besprach mit ibm einen Vertrag wegen der Ausführung des Werkes durch die Brüder. Im Sommer reiste Jakob Grimm nach Leipzig, um die Besprechung fort- zuseßen; auch hoffte er, an der dortigen Universität cine Stellung zu finden. Lebtere Hoffnung erfüllte fih nit; dagegen wurde mit dem Beginne der Vorarbeiten für das Wörterbuch nun Ernft gemacht. Aber no vierzehn Jahre dauerte es, bis 1852 die erste Lieferung desselben erscheinen konnte. Von dem Umfange der wissenschaftlichen Correspondenz, den das großartige Unternehmen erforderte, erhält man eine Ahnung, wenn man hört, daß dreiundachtzig Gelehrte den Brüdern dafür Auszüge aus einer großen Menge von Werken aus vier FIahrhunderten lieferten, und daß diese Auszüge auf mehr als 600000 Zetteln enthalten waren. Für jedes Wort follte die älteste zu ermittelnde historische Bedeutung nachgewiesen und nit nur der Sprachschatz der Gegcn- wart, sondern auch der Einblick in die Entwickelung des Neuhoch- deutschen seit seinen Anfängen geboten werden. Das Werk sollte er- möglichen, die Sprache Luthers und seiner Zeitgenossen zu erkennen, entnahm daher seine Citate den deutschen Schriftstellern seit der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Jakob Grimms Mei- nung war, „das Wörterbuh könne zum Hausbedarf und mit Ver- langen oft mit Andacht gelesen werden. Warum, \{chreibt er, ollte sich nit der Vater ein paar Wörter ausheben und fie, Abends mit „den Knaben durhgehend, zugleich ihre Sprachgabe prüfen und die eigene auffrishen. Die Mutter würde gern zuhören“. Hinsichtlich dieser Wirkung des Wörterbuches täuschte er sid. Das „Deutsche Wörterbuch“ sowohl als seine „Deutshe Grammatik“ setzen überall Leser mit Gymnasialbildung voraus. Volksbücber können und werden sie niemals werden. Das \{chmälert aber ihren hohen Werth nit, und die Dankbarkeit gegen den Mann, der uns mit folen wissenschaftlichen Schäten beschenkte, ist darum keine geringere.

Die Fertigstellung der Buchstaben A, B, C, E und F bis zum Worte „Frucht“ rührt von ihm, die Bearbeitung des Buchstaben D von Wilhelm ker. Jakob erlebte noch, daß drei Bände des gewaltigen Werks erschienen. Seit mehreren Jahren hat bekanntlih die Regierung des Deutschen Reichs die pekuniäre Sicherung der Fortseßung in die Hand genommen und gewährt den mit der Arbeit jeßt betrauten Gelehrten und der Ver- lagshandlung „nit unbeträchtlihe Mittel. Vollendet sind von dem Wörterbuch bis jeßt vier Bände: der erste, zweite, dritte und fünfte ; außerdem vom vierten die erste Abtheilung der ersten Hälfte und die ganze zweite Abtheilung. An der Beendigung der zweiten Hälfte des ersten Theils des besonders umfangreichen vierten Bandes wird ge- arbeitet. Ebenso sind der sechste und siebente Band in An- griff genommen. Die bearbeiteten Buchstaben reien bis zum N, das noch nicht ganz vollendet U au von G und M. fehlen noch Stücke. Bei der Gründlichkeit, die dem Riesenwerk gewidmet wird, mag, wenn der Tod niht von Neuem, wie durch das Hinscheiden F. L. K. Weigands, \chmerzlihe Lücken in den Reihen der Mitarbeiter reißt, doch noch mehr als ein Menschenalter hingehen, bis es vollständig beendet ift. „Haben dann auch andere Hände das Nationalwerk durchgeführt, das die Brüder begonnen, so wird ihr Verdienst darum doch nimmermehr vergessen sein. Das „Deutsche Wörterbuh“ bleibt stets mit dem Namen der beiden Grimms verknüpft.

_— Die altdeuts{en Gläser. Beitrag zur Terminologie und Geschichte des Glases. Von Carl Friedrich, Bibliothekar des Bayerischen Gewerbemuseums. Herausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg. Nürnberg 1884, Druck und Verlag von G. P. J. Bieling (G. Diet). Von dem Bayerischen Gewerbemuseum werden {on feit einer Reihe von Jahren Mono- graphien über einzelne Gebiete des Kunstgewerbes publizirt, in welchen sowohl die technise Herftellung wie die künstlerische Aus\{mückung der Objekte des betreffenden Zweiges eingehend geschildert und gleihmäßig au die Entwickelungsgescbichke berücksichtigt wird. Die vorliegende Arbeit reiht sich denselben würdig an. Der Verfasser derselben ist uns aus der Zeitschrift „Kunst und Gewerbe“, dem Publikations8organ des bayerischen Gewerbemuseums, durch Beiträge über dieses Fah wohl- bekannt. Auch der „Spre{saal“, Organ der Porzellan-, Glas- und Thonwaaren-Industrie in Coburg, und die „Wartburg“, Organ des Münchener Alterthumsvereins, hat interessante Aufsäße über den- felben Gegenstand von ihm veröffentlicht. Diese zerstreuten Abhandlungen

sind dem Buche zu Grunde gelegt ; indessen ift es nicht eine bloße Samm- lung derselben, sondern eine selbständige, erweiterte und infolge neuerer Aufklärungen über den behandelten Gegenstand auch dem Inhalte nah wesentlih modifizirte Arbeit. Jn der Einleitung dazu behandelt der Verfasser kurz die Geschichte der HohlglasindustrieFim Aligemeinen seit dem Beginn des Mittelalters, und zwar (wir folgen seinem eigenen Resumé) zunächst den Stand der Glasindustrie in den nördlichen Ländern, die Entwickelung derselben in Venedig, den Einfluß der lehteren auf die erstere, das Selbständigbleiben der deutschen Gefäßformen und den neuen Anfs{wung, welcher von Böhmen ausging. Dieser orientiren- den Einleitung folgt sodann eine ausführlibe Beschreibung der Oefen und des Verfahrens beim Schmelzen und Verarbeiten des Glasfes; au die Geschichte der Werkzeuge ist darin eingehend berüsichtigt. Der nächbste Abs{nitt handelt von den altdeutshen Gefäßrormen, namentlich in Bezug auf die alten Bezeichnungen. Derselbe berichtet manches Neue über die Gattung der „Römer“, \childert die Formen des Spechters und Krautstrunks und alle übrigen Formen, soweit dies aus den erhaltenen Gläfern und Natrihten möglich war. Der 3. Abschnitt is den Gläsern mit Emailmalerei gewidmet À n demselben wird nachgewiesen, daß diese Art des Glâäser- \ckmudes nicht aus Byzanz, sondern aus dem sarazeniscen Drient nah dem Abendlande und zwar speziell nah Venedig kam, wo man sich anfangs blos auf die Nachahmung der orientalischen Vorbilder verlegte. Der folgende Abschnitt handelt von den Schaper- gläsern, blauen Gläsern, Kunkelgläsern und den Gläsern mit Gold- \{muck, der fünfte von den gescliffenen und geschnittenen Gläsern. Für diesen lagen gar keine Vorarbeiten vor; jedoch ist es dem Ver- fasser gelungen, nicht nur den Entwickelungsgang der Glas\cneiderei von den Sarazenen bis Venedig, sondern auch die Entwickelung der Technik felbst, bis zu der Zeit, da Lehmann in Prag den heutigen Glas\cneiderstuhl erfand, klar darzulegen, und gehört sonach dieser Abschnitt zu den werthvollsten und interessantesten des ganzen Buches. Der 6. Abschnitt endlich handelt ausführlih von den Gläsern „à la façon de Venise“ und weist u. A. nah, daß man im 15., 16, und noch im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts unter „verres de cristal“ nur die in Venedig hergestellten Krystallgläser verstand und mit „Verres cristallins“ alle Nachbildungen dieser venetianisben Krystall- gläfer in anderen Ländern bezeihnete. Das Buch wendet \ich zunächst an die Facbgenossen, namentlich an die Musecumsvorstände und Be- amten, aber auch den Sammlern und Antiguaren dürfte dasselbe willkommen sein und nicht minder allen Freunden des Kunstgewerbes und seiner {önsten Erzeugnisse. Die einface, ungekünstelte Sprache und die zahlreichen in den Text cingedruckten Abbildungen machen es aber au zu cinem praktish brauchbaren Rathgeber für den Glas- mater, Glas\cneider, Emailleur und Jeden der \sich mit der Glasizxdustrie beschäftigt oder die Geschichte seines Faches kennen lernen will. Das treffliche Buch empfiehlt si also in mannigfaltiger Beziehung.

Von der Bu(- und Antiquariatshandlung von Joseph Jolowicz in Posen ist über ibr antiquarisches Bücherlager Ka- talog 82, Theologie betr., veröffentliht worden. Derselbe führt im Ganzen 1456 theologishe Schriften unter folgenden Rubriken auf ; I. Encyclopädien, Literargeschichte der Theologie; I. Gesammt- werke u. (theologisbe) Zeitichriften; 111. Religionsgeschichte, Reli- gionétphilosophie, Mystik; 1V. Christologie, Geschichte der Apoftel u. apostolishen Zeit; V. Kircenväter mit Einschluß der Scholastiker ; VI. Leben u. Schriften der Reformatoren u. Vorreformatoren (Huß, Wicleff, Luther, Melanchton, Calvin); VII. Exegese u. Kritik (1) Bibelausgaben im Allgemeinen u. Altes Testament; 2) Erläute- rungsschriften zur Bibel im Allgem. z 3) Pentateuch; 4) Erläuterungs- riften zum Pentateuch; 5) Propheten, Psalmen 2c.; 6) Neues Testament ; 7) Erläuterungs\criften zum Neuen Testament); VIII. das heil, Land, kirchliche u. religiöse Alterthümer; IX. Systemat, Theo- logie, Dogmatik, Moral, Symbolik 2c.; X. Kirchengeschichte ; XI. Staat u. Kirhe; XII. Mönchsorden, Jesuiten, Heiligenleben ; X1]II. Kultus, Liturgik, Ritus, Hymnologie; XIV. Predigten, Ascese ; XV. Kircenrecht.

Gewerbe und Handel.

Vrantfurt a M 25 Mi (V. T. B) Die gestrigen Verhandlungen der Konferenz zur Regelung des Arlbergbahn- verkehrs haben, wie die „Frkf. Ztg.“ meldet, auch in der Abend- sißung nur bezüglich einiger untergeordneter Punkte zu einer Ver- ständigung zwischen den Vertretern der bayeris{-württembergischen Route und derjenigen der Arlberg-Route geführt. Man besc{ränkte sich darauf, die hauptsächlihen Differenzen zu konstatiren und be- raumte eine neue Konferenz auf den 1. Mai in Wien an.

Hamburg, 29. März. (W. T. B,) Die Generalversammlung der Norddeutschen Jutespinnerei und Weberei beschloß definitiv die Erhöhung des Aktienkapitals um eine Million Mark.

Wien, 29. März, (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der „Presse“ wird die Böhmische Westbahn die Konvertirung ihrer Prioritäten in Angriff nehmen, s\obald die Konvertirung der Prio- ritäten der Rudolfsbahn beendet ift.

ew Dor, 26 Man (W D. B) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 53 000 B,, Ausfuhr nach Großbritannien 46 000 B., Ausfuhr na dem Konti- nent 26 000 B., Vorrath 745 000 B.

Verkehrs-Anstalten.

Dremen, 28 Matz (V G B) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Habsburg® ist heute in Baltimore und der Dampfer „Oder“ derselben Gesellschaft ist heute früh 6 Uhr in New-York eingetroffen.

Hamburg, 28. März. (W. T. B,) In der vergangenen Nacht kollidirte der nah London abgehende, dem Rheder Kirsten gehörige Dampfer „Portia“ mit dem bei St. Pauly vor Anker liegenden Dampfer der Hansa „Grasbrook“, welcher mit Kohlen nah Westindien bestimmt war. Letzterer wurde derartig beschädigt, daß er voll Wasser lief und auf Grund steht. Die „Portia* ist anschei- nend nicht beschädigt, hat ihre Reise fortgeseßt und ist heute Vor- mittag in See gegangen.

Hamburg, 28. März. (W. T. B.) Der Postdampfer e Allemannia“ der Hamburg-Amerikanischen Patdcket- fahrt-Aktiengesellschaft ist heute in St. Thomas eingetroffen.

Berkin, 29. März 1884.

_In Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin und Ks- nigin trat heute Mittag im Adlersaale des Xöniglichen Palais der Frauen-Lazarethverein zu seiner Generalversamn:lung zusammen. Dem vom Regierungs-Rath Haß, als Mitglied des Kuratoriums, erstatteten Jahresberichte is zu entnehmen, daß das abgelaufene Geschäftsjahr ein hobedeutungsvolles ‘war, indem am 26. März in Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin und Ihrer Königlichen Hoheit der Groß- herzogin von Baden das neue Gebäude eingeweiht wurde, das als Station für kranke Frauen dienen soll. Es enthält 34 Lager- stellen in zwei großen und zwei kleinen Sälen. Die bisher dazu verwandten Räume dienen jeßt theils als Isolirstation für die von der Diphterie befallenen Kinder, theils als Krankenzimmer 1. und 2. Klasse. Was das Augustahospital betrifft, so wurde dasselbe von 1852 Kranken mit 53 775 Verpflegungstagen in Anspruch genommen. Unter den Krankheiten nimmt, wie gewöhnlich, die Diphterie mit 91 Fällen einen der hervorragendsten Pläte ein, und das für einen Zeitraum von vier Monaten, da während des Baues der Jsolirbaracke Diphterishe überhaupt nicht angenommen wurden. Von den Diphterischen starben 50 9/0. Von 1198 Kranken starben eins{ließlich der Diphterischen 9,76 9%, ohne dieselben 6,41% gegen 6,79 im Vorjahre. Dabei sind noch 5 Sterbende und 6 hoffnungslos Eingebrahte mitgerechnet. 668 große Ope- rationen wurden vorgenommen. Für vie Wundbehandlung ist statt der Karbolsäure jeßt aus\chließlich das Sublimat eingeführt, da es sich von allen bisher bekannten Mitteln für niedere pflanzliche und thierishe Organismen als das intensivste Gift ‘erweist, auf höher

gestellte Organismen jedoch nur selten einen {ädlichen Einfluß aus- ubt. Die Zahl der Patienten der Abtheilung für innere Kranke be- lief sid auf 720. Die Gesammtsterblichkeit betrug hier 21 9% gegen 184 im Vorjahre. Die meisten Opfer erforderte die Lungens{wind- fut und zwar 60; 53 Patienten hatten Unterleibstyvhus, 31 Ge- lenkrheumatiêmus, 36 Brustfellentzündung. Der Vorstand erx- litt eine Veränderung durch den vielbeklagten Tod der ersten stellvertretenden Vorsißenden, Frau Justiz-Rath Wil- helmine Mörs; die Vertreter des gjrauen-Lazareth-Vereins folgten dem Sarge, auf den Jhre ajestät die Kaiserin einen prachtvollen Blumenkranz hatte niederlegen lassen. Die big» herige zweite stellvertretende Vorsitende, Frau Geh. Rath Borsig wurde zur ersten, zur zweiten Frau Minister Delbrück bestimmt. Für die \{ulpflichtigen Kinder wurde eine erprobte Gemeindes{ul- lehrerin angestellt, die viermal in der Woche halbgesunden Kindern Unterricht ertheilt. An der Hygiene-Ausftellung betheiligte sich der Verein durch Ausstellung eines wasserdihten Zeltes zur Lagerung von Kranken in den Gartenanlagen, die auf Koften Ikbrer Majestät der Kaiserin wiederum manche Verschönerung und Erweiterung erfahren haben. Die Hauskapelle ift renovirt; außerdem sind zwei gemeinsame Schlafzimmer für die Krankenwärter eingerichtet. Was das Krankenpfegerinnen-Institut betrifft, so hat daselbe eine treue brave Pflegerin, Selma Hepner. die in der Ausübung ihres Berufes starb, verloren. In der Außenpflege haben die Pflegerinnen 1812 Tage zugebraht. Das Deutsche Hospital in New-York wird in kurzer Zeit ledigli von Pflegerinnen aus dem Frauen-Lazareth bedient werden. An den beiden Kursen zur Ausbildung von Pflegerinnen betheiligten \sich 46 Personen. Außerdem wurden, und zwar zum ersten Male als Versu, am ersten Kursus 17, am zweiten 15 Damen, nicht um si völlig auszubilden, sondern nur um einea Begriff von der Krankenpflege zu bekommen, zugelassen. Sie sollen die Pflegerinnen unterstüßen und die Ausübung der Vorschriften beim Kranken fontroliren ; als eine {were Verirrung ist es aber den Damen vor die Augen geführt, wenn sie jemals den Arzt ersetzen und selbständig eingreifen wollen. Die Poliklinik endli ist von 16 199 Kranken in Anspru genommen worden, eine Frequenz, die der der Vorjahre völlig gleich bleibt. Die Einnahmen und Ausgaben des Vereins balanciren mit 159 344 46 Für die Dauer der nästen 2 Jahre hat „Ihre Majeftät die Kaiserin Fr. Emma Mühlberg, Fr. Sophie Pringéheim, Fr. Gräfin Waldersee, den Hof- marschall Grafen Perponcher und den Konsul Frhr. von der Heydt berufen. Die Vorsitzende des Vereins ist Freifrau von Patow; das Kuratorium bilden die Herren Geheimer Regierungs-Rath Spinola, der Regierungs-Rath Haß und der Eisenbahn- Direktor Magnus.

_ Swinemünde, 29, März. (W. T. B.) Die hier erbaute

chinesise Panzerkorvette „Chen Yuen“ ift, mit dem binesishen Gesandten Li-Fong-Pao an Bord, heute früh na Eckernför de abgegangen, um vom dortigen Hafen aus Probefahr- ten abzuhalten. : __ Géstern Abend trat im Königlichen Opernhause Frl. Leisinger, eine neue Erscheinung, vor das Publikum, welche die Partie der „Rosine“ in Rossini's komischer Oper „Der Barbier von Sevilla“ zu ihrem „theatralishen Versuche“ gewählt hatte. Die junge Dame, welche mit sibtliher Befangenheit die Bühne betrat, errang si gleih bei ihrem ersten Auftreten durch die Wiedergabe der mit Koloraturen überaus reichges{mückten Arie der Rosine „Frag? ih mein beklommenes Herz“ den Beifall der Hörer in reichem Maße, der sich bis zum Schluß der Vorstellung steigerte. Die Künstlerin bringt eine fkräftige, frishe und hell kflingende Stimme mit, auf welcher noch der volle Schmelz der Jugend ruht. Die Tonbildung ift rein und die Stimme voll und wohlklingend bis in die höchsten Lagen hinauf. Die Koloraturen, auf welche | die Künstlerin offenbar vielen Fleiß verwendet, quellen zart und leicht und doch mit einer für den großen Raum ausreichenden Kraft her- vor; der Vortrag ift eindrucksvoll und nur die \causpielerische Leistung, bei der die natürliche Befangenheit des „Versuchens*“ eine Rolle spielt, ließ etwas zu wünschen übrig. Man darf aber wehbl au in dieser Beziehung auf eine ungezwungene Entfaltung der Kraft zukünftig renen. Im zweitea Akte sang Frl. Leisinger als Einlage „Variationen“ von Rode und zum Schluß „Farfalla“, Walzer von E. Gelli, durch deren künstlerishe Ausführung das Publikum zu rauschendem Beifall hingerissen wurde und die Sängerin wiederholt vor den Vorhang rief. In Sunima {téeken der Künstlerin in jeder Beziehung, in Betreff des Tonregisters, der Tonfülle urd in der Gewandtheit des Vortrages so viele glänzende Eigenschaften zur Seite, daß ihr eine erfolgreihe Zukunft winken wird. Auch die übrigen Partieen wurden in bekannter Vortrefflich- keit zu Gehör gebraht. Hr. Rothmühl, der Darsteller des Grafen Almaviva, gewann besonders dur den Vortrag der „Spanischen Serenade“ von Martin Roeder reien Beifall; im Ganzen aber fand er für diese Partie niht immer den treffenden, sicheren Ausdruck. Alle Mitwirkenden erfreuten ih übrigens fortgeseßter Beifallsbezeu- gungen Seitens des voll beseßten Hauses.

Das Repertoire des Deutschen Theaters erhält in dieser Woche durch die Rückkehr der Fr. Niemann und des Hrn. Barnay von ihrem Urlaub fowie durch das Eintreffen eines neuen Gasftes eine reihe Abwecselung. Am Dienstag, den 1. April, tritt Fr. Nie- mann zum ersten Male wieder in den „Journalisten“ und am Sonnabend, den 5. gemeinsam mit Hrn. Barnay in „Viel Lärm um Nicbts*“ auf. Am Freitag, den 4., geht „Graf Essex“ von Laube neu in Scene. Die Titelrolle spielt Hr. Arthur Krausneck vom Hoftheater in Karls- rube als erste Gastrolle. An den übrigen Tagen der Woche finden außer dem heute gegebenen „Richter von Zalamea® nochþ Wieder- holungen von „Don Carlos“, „Probepfeil*“ und „Romeo und Julia“ statt. E

Mm Meuen Friedri ch - Wilhelmftädtishen Theater hat die Offenbachsche phantastishe Oper „Hoffmanns Erzählungen“, wie die erste Vierzahl der Aufführungen, bezw. der Verlauf der ersten Woche bewiesen, einen fensationellen Erfolg gehabt. Das Publikum, welches sich allabendlih in großer Anzahl einfand, ist von der Schön- heit der Musik und der geistvollen Originalität des Librettous entzüdt und gab dies an jedeni Abend in rauschenden Beifalls\penden und Hervor- rufen kund, während der dritte, bekanntlich bizarr ernste Gespensterakt des „Doktor Mirakel eine besonders nachhaltige Wirkung erzielt. Diese künstlerishe Schöpfung Offenbachs ist in Wahrheit eine Bereicherung des Repertoires und wird auf lange Zeit hin das Interesse des Publi- kums in hohem Grade in Anspru nehmen. Die Anwesenheit vieler auêwärtigen Direktoren bei den Vorstellungen läßt übrigens darauf \chließen, daß von Berlin aus das leßte Offenbahsche Werk nun- mehr auch seinen rashen Weg über die deutschen Bühnen neh- men wird.

Residenz-Theater. Hr. Carl Sontag, welcher sein Gast- spiel am 1. April beginnt, wird nicht, wie ursprünglich beabsichtigt war, den ganzen Monat April hindur gastiren, sondern nur in dem Stück von Franz Schasler, „Ums Regiment“, und zwar in der von ihm auswärts kreirten Rolle des „Professor Ludwig“ auftreten.

Central-Theater. Zu der am Dienstag ftattfindenden hun- dertsten Aufführung der beliebten und unverwüstlihen Mannstädt- Wilkenshen Posse „Mein Herzensfriz“ wird Hr. Direktor Wilken in sciner unnabahmlihen Weise einen komischen Prolog verfafsen. Daß dem Publikum an diesem Jubiläumstage überhaupt etwas ganz R Crheiterndes geboten werden wird, brauchen wir kaum her- vorzuheben.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W, Elsner.

Fünf Beilagen einschließlich Börsen-Beilage).

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Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 29. März

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Personalveränderungen.

Königli Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versezunger. Im aktiven Peere. Borlin, 20, Mirz v. Daum, Sec. Lt. vom 2. Garde-Regt. z. F.,, in das Inf. Regt. Nr. 75, von der Burchard, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 91, in das Inf. Regt. Nr. 24 verseßt. 25. März. Imhoff, Pr. Lt. à la suite des Feld-Art. Regts. Nr. 23, unter Versct. in das Feld- Art. Regt. Nr. 19, mit ult. d. M. von der Stellung al3 Milit. Lehrer bei der Haupt-Kadettenanstalt entbunden. Schwarz, Pr. Lt. vom Feld-Art. Regt. Nr. 19, unter Stellung à la suite des Regts., mit dem 1. April cr. als Milit. Lehrer zur Haupt-Kadettenanfstalt verseßt. Z 2 Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 17. Vears, Ooril, Zeug-Pr. Lt. vom Art. Depot zu Metz, zur Art. Werkstatt in Danzig versetzt.

"BbsGiedtbewilligunaen Im aktiven Heere. Berlin, 20. März. v. Stuemer, Major a. D., zuletzt Abtheil. Comman- deur im Feld-Art. Regt. Nr. 6, der Charakter als Oberst-Lieut. ver-

liehen. XIL. (Königlich Sächsisches) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen und Bersebungen, Im aktiven Heere. 19. März. v. Schöuberg, charakteris. Pr. Lt. im 1. Jäger-Bat. Nr. 12, zum etatsm. Pr. Lt. mit einem Patent vom Tage der Charakteris. ernannt. Möller Ik, Pr. Lt. im Inf. Neat, Ne, 138, zum Inf, Negt. Nr. 107, y, Pillement, Pr. Lt. im letßtgen. Regt, zum Inf. Regt. Nr. 133, verseßt. v. Schönberg, Sec. Lt. im Karab. Regt. zum Pr. Lt., Meißner, charakteris. Hauptm. im Feld-Art. Regt. Nr. 28, zum etatsmäß. Hauptm. und Battr. Chef mit einem Patent vom Tage der Charak- terisirung, Haase, Pr. Lt. in dems Regt., zum Hauptm. und Battr. Chef im Feld-Art. Regt. Nr. 12, v. Larisch, charakteris. PP El, im leßtgen. Regt., mit einem Patent vom Tage der Charakteris. und unter Verseß. zum Feld-Art. Regt. Nr. 28, Meißner, Sec. L. m lettgenannten Neat, zu Px, Ls, ernaunt. Richter, Sec. Lt, im Feld-Art. Negt. Nr. 12, der Charakter als Pr. Lt. verlichen. Ni ter, charakteris. Oberst z. D., zum Bez. Commandeur des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 107, v. Wittern, charakteris. Oberst-Lt. z. D., zuin Bez, Commandeur des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 101, Jen ner, Oberst-Lt. z. D, zum Bez. Commandeur des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 107, Schroeder, Oberst-Lt. z. D., zum Bez. Commandeur des 2, Bats. Landw. Regts. Nr. 102, ernannt.

Im Beurlaubtenstande. 19, März. Hertwig, Sec. Lt. der Res. des Karab. Regts., zum Pr. Lt. der Res., Dreßler, Sec. Lt. der Landw. Inf. des Res. Landw. Bats, Nr. 108, zum Pr. Lt. der Landw. Inf., ernannt. L

Abschiedsbewilligungen. Im aktivenHeere. 1. März. Friedrich II, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 104, der erbetene Ab- \chied bewilligt. 19. März. Richter, Oberst-Lt. und etatsmäß. Stabsoffiz. im Inf. Regt. Nr. 102, unter Verleih. des Charakters als Oberst, v. Wittern, Major und Bats. Commandeur in dems. Regmt., unter Verleihung des Charakters als Oberst-Lieutenant, Jenner, Oberst-Lt. und Bats. Comdr. im Inf. Regt. Nr. 103, Schroeder, Oberst-Lt. und Bats. Commandeur im Scüßen- (Füs.) Regt. Ir. 108, in Genehm. ihrer Abschiedsgesuche, mit der geseßl. Pens. und der Erlaubniß zum Forttragen ihrer resp. Regts. Unif. mit den vorgeschrieb. Abzeichen, zur Disp. gestellt. Roßberg- Leipniß, Hauptm. und Comp. Chef im Inf. Negt. Nr. 103, in Genebhm. seines Gesuches, mit der geseßl. Pens. und der Erlaubniß zum Forttragen der Regiments-Uniform mit den vorgeschriebenen Ab- zeichen, Kleeberg, Seconde-Lieutenant im Feld-Artillerie-Regi- ment Nr. 28, in Genehmigung seines Gesuches, der Abschied bewilligt. Puscber, charakteris. Oberst z. D. und Bez. Comman- deur des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 101, v. Stransky von Stranka und Greiffenfels, charakteris. Oberst z. D, und Bez. Commandeur des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 102, Auen- müller, charakteris. Major z. D. und Bez. Commandeur des 2, Bats. Landw. Regts. Nr. 107, Küstner, charakteris. Major z. D. und Bez. Commandeur des 1. Bats. desselben Landw. Regts., in Genehmigung ihrer Gesuche, unter Fortgewährung der geseßlichen Penfion und der Erlaubniß zum Forttragen der bisher. Unif., von der Stellung als Bez. Commandeure enthoben.

Im Beurlaubtenstande. 28. Februar. Vogel, Pr. Lt. der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 104, der er- betene Abschied bewilligt, 19. März. Gringmuth, Hauptm. der Res. des Schüßen- (Füs.) Regts. Nr. 108, Vogel, Pr. Lb Der Res. des Inf. Regts. Nr. 104, Langbein, Pr. Lt. der Res. des Inf. Regts. Nr. 107, Teubert, Pr. Lt. der Res. des Schützen- (Füs ) Negts. Nr. 108, sämmtlichen mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee-Unif, Dr, Thürmer, Pr. Lt. der Res. des Inf. Regts. Nr. 107, Kaul, Sec. Lt. der Res. des Fuß-Art. Regts. Nr. 12, Siegel, Pr. Lt. der Res des Pion. Bats. Nr. 12, Ulbricht, Hauptm. der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 101, diesem mit der Erlaubniß ¿zum Tragen der Landw. Armee- Unif., Thieme, Sec, Lt. der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr, 102, Madelung, Pr. Lt. der Landw. Inf. des 2. Bats. dess. Landw. Regts., Fritsche, Pr. Lt. der Landw. Inf. des 2. Bats. Landw. Regts, Nr. 105," Kürzel, Pr. Lt. der Landw. Kav. des 1. Bats. desselben Landw. Regts, Kürzel, Pr. Lt. der Feld-Art. des 1, Bats, desselben Landw. Regts., der erbetene Abschied bewilligt. Steiger, Pr. Lt. der Landw. Kav. a. D., die Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee-Unif. ertheilt. i;

Im Sanitäts-Corps. 17. März. Dr. v. Villers, Assist. art L Kl. des Feld-Art. Regts. Nr. 12, zum Inf. Regt. Nr. 102 versetzt.

XIUVE. (Königlih Württembergisches) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen und Verseupungen. Im aktiven Heere. 17. März. Graf v. Degenfeld-Schom- burg, Oberst-Lt. und Bats. Commandeur im Inf. Regt. Rr. 126, zum etatsmäß. Stabsoffiz, Goez, Major und etatsmäß. Stabs- offizier im Inf. Regt. Nr. 126, v. Camerer, Major in dems. Regt, zu Bats. Commandeuren ernannt. Nagel I., Hauptm. im Inf. Regt. Nr. 121, unter Beförd, zum Maj. als Bats. Commandeur in das Inf. Regt. Nr. 120, Renner, Hauptm. u. Comp. Chef im Gren. Regt. Nr. 123, in die erste Hauptmannsstelle des Inf. Regts. Nr. 124, Kallenberger, Hauptm. nnd Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 120; in die erjte Hauptmannëéstelle des Inf. Regts. Nr. 121, Bauer, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 111, unter Beförder. zum Hauptm. und Comp. Chef, in das Inf Regt. Nr. 120, Sigel, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, unter Vorbehalt der Patentirung, zum Hauptmann und Compagnie-Chef befördert und in das Infanterie-Regiment Nr. 126 verseßt. Hummel, Pr. Lt. im Grenadier-Negiment Nr, 123, unter Vorbehalt der Lun, zum Hauptm. und Comp. Chef, Huff\chmid, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, zum Pr. Lt. befördert. Burtar, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 126, ein Patent

einer Charge verlichen. Frhr. v. Soden, Sec. Lt. im Inf. Regt. r. 125, unter Beförder. zum Pr. Lt., in das Gren. Regt. Nr. 123, offmann, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 125, unter Beförder. zum r. Lt., in das Inf. Regt. Nr. 126, verseßt. Auwärter, Sec. Lt.

a D br Nr. 121, unter Vorbehalt der Patentirung, zum Pr. . befördert.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 29. März. Die gestrige (14.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats-Minister von Boetticher, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, wurde vom Präsidenten von Leveßow um 2 Uhr 20 Minuten

Der Präsident theilte mit, daß eine Denkschrift über die Ausführung des Reichtagsbaues eingegangen sei, daß er mehrere ohne Angabe von Gründen eingereilßte Urlaubs- gesuche abgelehnt habe, und daß er ebenso auch künftighin verfahren werde.

Das Haus trat sofort in die Tagezordnung ein, deren die dritte Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend die Bewilligung von Mitteln zu Zwecken der Marineverwaltung, auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenommenen Beschlüsse der Kommission für den Reichshaushalts-Etat,

In der Generaldebatte bemerkte der Abg. Dr, Dohrn, in der Denkschrift, welche der Vorlage zu Grunde liege, werde erwähnt, daß eine Vermehrung von Jndienststellungen und damit zusammenhängend eine Vermehrung von Mannschaften der Marine voraussihtlich in nächster Zeit nicht erforderlich Nun sei vor wenigen Tagen die Nachricht durch die Zeitungen gegangen, und bis jeßt unwidersprochen geblieben, daß die Einrichtung einer Kohlenstation für die deutshe Marine an der westafrikanishen Küste in Aussicht genommen, und eine dahingehende Bewilligung Seitens der spanischen Regierung worden sei. der Admiralität Auskunft darüber, was in dieser Hinsicht ge- schehen oder beabsichtigt sei; die Angelegenheit sei niht ohne Bedeulung, da ja der westafrikanishe Handel und die ander- weiten Beziehungen zu Westafrika in der leßten Zeit allseitig viel interessanter, als je zuvor geworden seien.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi das Wort:

Vor mehreren Monaten hat \fich das Auswärtige Amt an die Admiralität mit dem Ersuchen gewendet, cin Kanonenboot in Dienst zu stellen, das bestimmt sei, den Dienst an der westafrikanischen Küste zu übernehmen, Die Küsten fremder Landestheile sind in Stationen eingetheilt. Wir haben bisher in Westafrika keine Station gehabt. Es ging aus den Verhandlungen hervor, daß man darüber noch nidt \chlüssig ift, wie die Einzelheiten zu handhaben seien. Man wollte einen Kommissar hinschicken, der die Untersuhung an Ort und Stelle Zu dessen Schutz, und um ihn zu befördern, Weiter habe ich von der

erster Gegenstand war:

sein werde.

der Chef

weiter führen foll. follte das Kanonenboot hingescbhickt werden. Sache keine dienstliche Kenntniß.

Im Uebrigen wurde das Geseg mit dem Nachtragsetat ohne Debatte in dritter Lesung genéhmigt, ebenso in dritter Berathung der Entwurf eines Geseßes, betreffend die Prisen- gerihtsbarkeit, auf Grund der in zweiter Berathung unver- ändert angenommenen Vorlage.

Es folgte die dritte Berathung des am 12. Dezember v. Js. in Berlin mit Belgien getroffenen Abkommens, und zwar die Uebereinkunft, betreffend den gegenseitigen Schutz an Werken der Literatux und Kunst.

Die Artikel 1—9 wurden ohne Debatte unverändert nach der zweiten Lesung genehmigt.

Bei Artikel 10, bei welhem in der zweiten Lesung der Abg. Dr. Kapp eine Bestimmung vermißt hatte, wie der An- fangstermin der Schußjahre zu bemessen sei, bemerkte in der Generaldebatte der Bundeskommissar, Geheime Rath Reichardt: Der Abg. Dr. Kapp habe gestern bei Art. 10 eine Anfrage gestellt, die hier an dieser Stelle nicht deutlich vernehmbar

Legations-

wiederholt durch persönlihe Besprehung mit dem Abg. Kapp mögli gewesen, den Jnhalt der Anfrage und er werde nunmehr die gewünshte Antwort ertheilen. Der Abg. Dr, Kapp habe in Artikel 10 eine Be- stimmung über den Anfangstermin der Schußfrist vermißt, und dabei auf die entsprehenden Beslimmungen der deutschen Reichsgeseßgebung verwiesen. Leßtere enthielten die Vorschrift, daß das Kalenderjahr, in welchem ein Werk erscheine, bei der Berechnung der Fristen niht mitgerehnet werde, so daß ein für allemal der 31. Dezember als Anfangstermin anzusehen Es beruhe y | : zunehmen seine, auf einem Ueberschen, wenn bei Abs{hluß dieser Literar-Konvention eine entsprechende Bestimmung nicht den Gegenstand von Erörterungen fowohl bei Abschluß der Konvention mit

daß, da durch

Zeitungsberichte erst heute

zu erfahren,

aufgenommen

Frankreich, übereingekommen, l Konventionen in Abweihung von allen früheren Verträgen, und auch von der Reichsgeseßgebung die Schußfrist begüglich des Ueberseßzungs\chußes erheblich verlängert worden sei, man nicht dur eine Bestimmung analog derjenigen, wonach das Ka- lenderjahr des Erscheinens nicht mitgerehnet werden solle, noch indirekt eine weitere Verlängerung der Schußfrist habe ver- Man sei davon abgestanden, da die Sach- verständigen erklärt hätten, daß es sehr wohl möglich sei, sich über den Tag des Erscheinens eines Werkes zu informiren. Die Annahme, daß dies möglich sein müsse, liege ja auch derjenigen Spezialbestimmung der Reihsgeseßgebung zu Grunde, wonach die Schußfrist bezüglih der dramatishen Werke, die nur auf 6 Monate bemessen sei, vom Tage zum Tage ge- Dies seien die Gründe, weshalb davon Ab- stand genommen sei, eine besondere Bestimmung aufzunehmen. Er glaube es besonders darum betonen zu müssen, weil der Wunsch, den der Abg Dr. Kapp an seine Anträge geknüpft have, es möchte künstig auf Abhülfe der von demselben bezeichneten Beziehung Bedacht genommen werden, unter den erwähnten Umständen vielleiht nicht erfüllbar sein würde.

Der Abg. Dr. Kapp erklärte sih dur diese Darlegung für durchaus befriedigt.

Der Bundeskommissar, Geh. Ober:Postrath Dr. Dambach be- merkte, er möchte dem Abg. Dr. Kapp eine Beruhigung aus der Praxis geben. Jn keinem Nachdruksgeseß der Welt, in

einbaren wollen.

rehnet werde.

keinem internationalen Nachdrucksvertrage sei eine Bestim- mung bis jeßt darüber enthalten, von welchem Tage ab das Erscheinen eines Werkes zu renen sei. Er sei mit der Ma- terie seit 30 Jahren in der Praxis speziell betraut. Er dürfe sagen, daß kein einziger Nahdrucksprozeß im Deutschen Reiche in dieser Zeit geführt worden sei, bei dem die Frage, wann ein Werk erschienen sei, zur gerihtlihen Konstellation ge- kommen sei. Denn es lasse sich fo leiht konstatiren, an welchem Tage ein Werk erschienen sei, daß der Abg. Dr. Kapp darüber beruhigt sein könne. Es würden aus dem Wortlaut des Art. 10 niemals praktishe Schwierigkeiten entstehen.

Die Generaldebatte wurde geschlossen, in der Spezial- debatte nahm Niemand das Wort. Die Konvention wurde in dritter Lesuna unverändert angenommen, ebenso die Ueber- einkunft mit Belgien, betreffend den gegenseitigen Schutz der gewerblichen Muster und Modelle.

Hiermit war die Tagesordnung erlediat.

Der Präsident von Levezow erklärte, wie er {hon gestern angedeutet habe, beabsichtige er, die nächste Sißung auf morgen, Sonnabend, anzuberaumen, und auf die Tagesord- nung das Militärpensions- und Neliktengeseß zu seßen.

Der Abg. Dr. Baumbach bemerkte zur Geschäftsordnung, er möchte es der Erwägung des Präsidenten und des hohen Hauses anheimstellen, ob es nicht zweckmäßig wäre, die Be- rathung so wihtiger Vorlagen auf eine spätere Zeit zu ver- schieben. Es dürste sich doch nicht ewpfehlen, über derartige Vorlagen vor s{wach beseßtem Hause in Abwesenheit der meisten der Abgeordneten aus Süddeutschland zu verhandeln. Es sei ja in den leßten Tagen durchgehends die Meinung verbreitet gewesen, daß gestern oder heute der S{luß der Sizungen eintreten sollte. Hiernach könne er nur wiederholen, daß es zwelmäßig wäre, die Berathungen jeßt auszuseßen und die nächste Sißung nah Ostern anzuberaumen.

Der Präsident von Leveßow entgegnete, es sei seine Pflicht, die Arbeiten möglich{st zu fördern. Jede Arbeit, die das Haus jeßt erledige, erspare demselben einen Aufwand an Zeit im Sommer, einen Aufwand, der nit die Abgeordneten allein, sondern au diejenigen treffe, die an den Arbeiten des Hauses mitbetheiligt seien. Es sei nun angedeutet worden, daß eigentlih schon der Beginn der Ferien, und bereits gestern der Schluß der Sißungen hätte eintreten sollen. Er möchte dazu bemerken, daß die bisherige Praxis des Hauses dazu eigent- lih feine Veranlassung gebe. Meist sei der Schluß der Berathungen vor Ostern erst am Palmsonntag eingetreten, und er könne nicht wohl einsehen, daß danach eine Be- rechtigung zu einem früheren Schluß vorliege. Au sei das Material für die Berathungen noch durchaus nicht erschöpft ; man habe dessen noch für Dienstag und Mitlwoch genügend. Wenn das Haus jeßt schon für den Schluß siimme, so werde man desto länger bis in den Sommer hinein tagen müssen. Er sei daher nicht in der Lage, von seiner Absicht, auf morgen eine Sißung anzuberaumen, abzugehen.

Die Abstimmung ergab nah sehr sorgfältig vorgenommener Probe und Gegenprobe, die einer Zählung fast gleihkam, daß die Mehrheit des Hauses vor Ostern keine Sizung mehr halten wollte.

Der Präsident {lug deshalb die nächste Sitzung nunmehr für Dienstag, den 22. April, 1 Uhr vor.

Der Abg. Kayser bat, wenn möglich, die noch restirenden Wahlprüfungen, namentlich auch die im 4. Wahlkreise des Königreichs Sachsen baldigst auf die Tagesordnung zu seßen; die Wahlprüfungskommission könnte in den Ferien diese Prü- fungen sehr wohl erledigen. .

Der Präsident hielt es nicht für angemessen, Gegenstände auf die Tagesordnung zu seßen, von denen er nicht mit Sicherheit wissen könne, ob sie bis dahin zur Berathung reif sein würden.

Der Abg. Dr, Dohrn erwiderte, wenn in den Worten des Abg. Kayfer ein Vorwurf gegen die Wablprüfungskommission liegen sollte, so möchte er konstatiren, daß speziell bezüglich der Wahl im 4. sähsishen Wahlkreise die Kommission noch nit in der Lage gewesen sei, sich mit der Sache zu beschäf- tigen, da die betreffenden Akten noch nit an die Kommission zurückgekommen seien. j

Der Präsident exklärte, er habe noch die Bitte an das Haus zu richten, daß doch die Kommissionen während der Pause in den Sigungen namentlich zu Anfang und gegen Ende derselben mit ihren Arbeiten recht ernstlich fortfahren möchten, damit das Haus beim Zusammentritt reichliches Arbeitsmaterial vorfinde, und nicht Uebelstände eintreten könnten, wie man sie schon oft zu beklagen gehabt habe. Es könnte von ibnen recht wohl noch Mancherlei geleistet werden, und er müsse bekennen, daß einige Kommissionen si mit ihren Arbeiten nicht übereilt hätten. Wenn die Rehnungskommission die ihrigen noch nicht wesentlih gefördert habe, so liege das wohl in den Detailvorbereitungen, die zu ihren Arbeiten gehörten. Fm Ganzen aber wäre es wohl möglih, wenn au mit einer ge- wissen Kraftanstrengung, daß z. B. die Wahlprüfungs- kommission, welche seit drei Wochen erst einen Bericht erstattet habe, und der noch 24 Aufträge vorlägen, noch mehr erledigen fönnte. Auch die Kommission für den Gesetzentwurf über den Feingehalt der Gold- und Silberwaaren bitte er recht sehr, ihre Arbeiten weiter zu fördern.

Der Abg. Freiherr von Malgahn-Gülß bemerkte, von der Unfall-Kommission möchte er konftatiren, daß dieselbe die Novelle zum Ra bereits erledigt habe, daß sie in der Berathung des Unfallgeseßes begriffen sei, und daß sie heute einstimmig beschlossen habe, noh die ganze nähste Woche

durdzuarbeiten.

Der Präsident von Leveßow erklärte, das werde das Haus schr dankbar anerkennen. R

Hierauf vertagte ih das Haus um 3 Uhr auf Dienstag, 24. April, 1 UhL

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (67.) Sihung des Hauses der Abgeordneten wurde die. zweite Berathung des Entwurfs einer Fagdordnung mit der Diskussion des §. 54 fortgeseßt. L

Derselbe lautet nah der Fassung der Kommission: