1884 / 166 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Jul 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Anzeige der Cholerafälle.

4 5, 6.

Ob der Familien- Geshlecht

Wohnung Erkrankte| Name

7, 8

Stand Alter oder Gewerbe

(Straße, Hausnummer,|- Stockwerk).

zugereift,

und woher ?

Zabl der Bewohner des befallenen Hauses.

wann ves Grant ten

männli@. | weiblich.

Bemerkungen.

Anmerkungen: Y

8. i Kindern unter 14 Jahren ist Stand oder Gewerbe der

Bu I bei Personen, die gewöhnli außerbalb ihrer Wohnung

arbeiten, auch der betreffende Aufenthaltsort, z. B. die Werk-

statt, Fabrik, das Bergwerk 2c., wo se arbeiten, zu bemerken.

11. Hier sind wo möglih Andeutungen über Beschaffenheit der

Bu e der Aborte, des Trinkwc. sers, der Verkehrsverhält- niffse 2c. zu machen.

Die ersten Cholerakranken sind entweder in ihren Wohnun- gen selbst zu isoliren, oder nach einer Krankenanstalt überzu-

ren. i Auf das letztere ist namentlih hinzuwirken bei Kranken, welche sich in ungünstigen häuslichen Verhältnissen befinden. Unter Umständen kann es sich empfehlen, den Kranken in der Wohnung zu belassen und die Gesunden aus derselben fortzuschaffen. Zur Unterbringung der leßteren eignen ih am Besten disponible Gebäude auf qrei und hoch gelegenen Pläßen, namentlih an solchen Stellen, von denen etwa be- kannt ist, daß sie in früheren Epidemien von der Seuche ver- ont geblieben sind. E U Für den Transport der Kranken sind dem öffentlichen Verkehr dienende Fuh1werke (Droschken 2c.) niht zu benußen. Hat eine solhe Benußung troßdem stattgefunden, fo ist das Gefährt vor weiterem Gebrauch zu desinfiztiren. /

Leichen der on Cholera Gestorbenen sind thunlichst bald aus der Behausung zu entfernen, namentlih dann, wenn für die Aufstellung der Leiche ein gesonderter Raum nicht vor- handen ist. | : e

Für Einrichtung von Leichenhäusern ist Sorge zu tragen, die Ausstellung der Leichen vor dem Begräbniß zu untersagen, das Leichengefolge möglichst zu beschränken und dessen Eintritt in die Sterbewohnung zu verbieten. Die Beerdigung ist unter | Abkürzung der für gewöhnliche Zeiten vorgeschriebenen Fristen thunlichst zu bes{leunigen. : i E

Für Ortschaften, welche keinen cigenen Begräbnißplaßz be- sitzen, ist erforderlichenfalls ein solchec einzurichten. E

Sollte sich im Laufe der Epidemie ein Mangel an ärgt- liher Hülfe oder an Medikamenten fühlbar machen, so hat die Ortspolizeibehörde die erforderlichen Anträge zu stellen.

Die Sanitätskommissionen haven, au während die Epi- demie am Orte herrscht, ihre Thätigkeit behufs Ermittelung gesundheitswidriger örtlicher Verhältnisse fortzuseßen.

Sie haben si persönlih in geeigneter Weije über den Gesundheitszustand der Bewohner in Kenntniß zu erhalten. Jn Häusern, wo Cholerafälle vorkommen, haben ste nach Maßgabe der anliegenden Jnstruktion die erforderlichen An- ordnungen und Belehrungen betreffs der Desinfektion der Abgänge sowie der Umgebungen des Kranken oder Ge- storbenen zu geben. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist der Desinfektion der Betten und der Leibwäsche des Kranken oder Gestorbenen zu widmen, wobei darauf hinzu- weisen ist, daß geringwerthige Sachen am besten sofort zu verbrennen sind. Jn feinem Falle ist das Spülen vor. Ge- fäßen und Wäsche, welhe mit Cholerakranken in Berührung gekommen sind, an Brunnen oder sonstigen Wasserentnahme- {tellen zu gestatten. E

Weder die Ausleerungen der Cholerakranken, noch irgend welhe mit solchen Ausleerungen beschmußte Gegenstände dürfen, abgesehen von dem Transport der leßteren nach Des- infektionsanstalten, aus dem Kranken- (Sterbe-) Raum vor erfolgter Desinfektion entfernt werden.

Es ist dahin zu wirken, daß in den von Cholerakranken benußten Räumen nicht gegessen oder getrunken wird.

Bei Ausführung dieser Maßregeln is thunlichst Alles zu vermeiden, was Aufregung oder Beunruhigung in die Be- völkerung hineintragen könnte. Die Bevölkerung muß auf der einen Seite die Ueberzeugung gewinnen , daß die mit der Fürsorge für die öffentlihe Gesundheit betrauten Behörden mit vollem Ernst und mit voller Hingebung ihre Pflicht thun, auf der anderen Seite aber wird jie sih auch der Erkenntniß nicht verschließen dürfen, daß das, was die Behörden verlangen und anordnen, nicht anderes ist, als was unter allen Vorausfeßungen den öffentlichen Gesundheits- zustand zu heben und zu fördern geeignet ist, und daß ein Jeder, welcher sich der Mäßigkeit und dex Reinlichkeit an seinem Körper, wie in seiner Umgebung befleißigt und in Fällen dec Erkrankung, insbesondere der Verdauungsorgane, baldigst ärztlihe Hülfe in Anspruh nimmt, nicht allein für sich clbst am Besten sorgt, sondern auch die auf das allgemeine Wohl gerichteten Anstrengungen der Behörden am wirksamsten unterstüßt. E f

Indem ih vertraue, daß die Sanitätsbehörden den zur Abwehr der Choleragefahr zu treffenden Moßnahmen ihre volle Aufmerksamkeit zuwenden und die Durhjührung der- selben auf das strengste beobachten werden, bemerle ih, daß ih über alle beahtenswerthen, insbesondere auf eine Annäherung der Cholera hinweisenden Vorgänge umgehende, den Umstän-

den nach telegraphische Berichterstattung erwarte.

Berlin, den 14. Juli 1884.

von Goßler.

An sämmtliche Königliche Regierungs-Präsidenten, bzw. Regierungen und Landdrosteien, sowie an den Königlichen Polizei-Präsidenten von Berlin.

Abschrift vorstehenden Erlasses theile ih Ew. 2c. zur ge- fälligen Kenntnißnahme ganz ergebenst mit, indem ih bitte, dem Gegenstande auch Zhre besondere Aufmerksamkeit zuzu- wenden.

oon Goßler.

Von den früher Erkrankten Namen der Verstorbenen:

sind gestorben . . . «

Instruktion für Vornahme der Desinfektion.

1) Die Ausleerungen der Cholerakranken sind womöglich sofort in einem Gefäß aufzufangen, welches eine Karbolsäure- Lösung enthält, die durch Auflösung von 1 Theil sogenannter 100 prozentiger Karbolsäure (Acidum carbolicum depuratum) in 18 Theilen Wasser unter häufigem Umrühren erhalten wird. Die Menge der zur Desinfektion der Ausleerungen zu verwendenden Karbolsäure-Lösung muß mindestens den fünften Theil der ersteren ausmachen. |

2) Mit den Ausleerungen beshmugßte Leib- und Bett- wäsche ist sofort in cine gleiche Lösung hineinzulegen und zum Zweck der Desinfektion 48 Stunden in derselben ein- geweichi bleiben, sodann aber mit Wasser zu spülen.

3) Kleidungsstücke, für welche dieselbe Art der Behand- lung niht angängig ist, sowie Betten und andere Effekten sind mit heißen Wasserdämpfen zu behandeln. (S. Nr. 6.)

4) Mit den Auzleerungen der Kranken verunreinigke Möbel, Fußboden u. \. w. sind mit trockenen Lappen wieder: holt und gründlih abzureiven, leßtere aber zu ver- brennen oder sofort in die vorerwähnie Karbollösung zu legen und nach der Vorschrift ad 2 zu desinfiziren.

5) Alle Personen, welhe mit dem Cholerakranken oder seinen Effekten ¿n Berührung gekommen, namentlich aber von den Ausleerungen desselben beshmutßt sind, haben sih, bevor sie wieder mit Menschen in Verkehr treten oder etwas genießen, gründlih zu reinigen und die Hände mit der vor: erwähnten Karbollösung zu waschen. i S

6) Zur Ausführung der Desinfektion mittelst heißer Wasserdämpfe sind nur solhe Apparate geeignei, in welchen ein fortwährendes Durchströmen von heißen Wasserdämpfen durch den Desinfektionsraum stattfindet und bei welchen die Temperatur der Wasserdämpfe im Desinfektionsraume überall mindestens 100 Grad C. beträgt. Diese Bedingung wird erfüllt, wenn ein in die Oeffnung, durh welche der Dampf den Äpparat wieder verläßt, gebrachtes Thermometer die Lem- peratur von 100 Grad C. erreicht. L

Die Zeit, während welcher die zu desinfizirenden Gegen- stände den heißen Wasserdämpfen ausgeseßt werden, darf, bei leiht zu durhdringenden Gegenständen, 5. B. Kleidern, nit weniger als eine Stunde, bei schwer zu durhdringenden Gegenständen nicht weniger als zwei Stunden betragen. Hierbei ist die Zeit nicht mitgerehnet, welche vergeht, bis der Dampf, welcher aus dem Desinfektionsraume ausströmt, die Temperatur von 100 Grad C. errciht hat. F

Der Wasserdampf wird am besten in einem Dampfkessel entwickelt und mittelst einer Röhre in den Desinfektionsraur1 unten eingeleitet, um ihn oben durch eine Deffnung, nicgt größer als die Zuleitungsröhre, abströmen zu lassen.

Wo ein Dampfkessel fehlt, kann ein größerer Wasch- kessel dienen, über den man ein Holzsaß als Desinfektions- raum stürzt, dessen unterer Boden herausgenommen ist, und dessen oberer Boden zum Ausströmen d. s Dampfes eine cunde Oeffnung hat, in welche ein Thermometer eingeseßt werden kann. Die zu desinfizirenden Gegenstände sind in das Faß zu legen und deren Herabfallen in den Kessel dur Schnüre oder Horden oder auf eine andere Weise zu rer- hindern. Ein solhes Faß muß möglichst vicht auf dem Rande des Waschkessels aufsißen. E :

7) Wo eine anderweitige genügende Desinfektion nicht ueikear is, wie z. B. bei Polstermöbeln, Bettfedern, Matraten, Wagenpolstern und dergl. is: eine Außer-Gebrauch- sezung dexselben und dauernde Lüftung an einem warmen, ‘rockenen, vor Negen geshüßten Orte durch mindestens 6 Tage in Anwendung zu bringen. Ebenso sind Wohnräume, in denen Cholerakranke gelegen haben, wenn mögli zu räumen und gleihfalls 6 Tage lang zu lüsten, damit sie vollständig austcötnen. Eventuell ist daz Austrocknen dur Heizen zu unterstüßen. j i

8) Gegenstände von geringerem Werthe sind, wenn thunlich, statt sie einer Desinfektion zu unterwerfen, zu ver- brennen.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. Juli. Se. Majestät der Kaiser n König nahmen, laut Meldung des „W. T. B. aus Gastein, gestern früh das erste Bad und machten darauf gegen 10 Uhr in Begleitung des Flügeladjutanten Prinzen Reuß einen Spaziergang auf der Kaiserpromenade. Auf dem ganzen Weoe wurden Se. Majestät von den Kurgästen ehrfurchtsvo!l begrüßt; mit dem Statthalter Grafen Thun knüpften Se. Majestät eine kurze Unterredung an und kehrten ers nach ciner Stunde in das Badeschloß zurü.

Heute früh ist folgendes Bulletin ausgegeben worden : E ‘Marmorpalais, den 17. Juli 1884. Jn dem Befinden eer Königlichen Hoheit der gs Prinzessin Wilhelm und des neugeborenen

rinzen ijt keine Störung eingetreten. : in S Schröder. Ebmeier.

Die Befugniß des Richters, die wiederholte Ver - nehmung der Zeugen anzuordnen, welche ihm S. 363 der Civilprozeßordnung giebt, steht nah einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 7. Juni d. J., ihm in gleiher Weise, mit oder ohne Antrag der Partei, na ch freiem Ermejsen zu.

Der Stadtgemeinde Langenberg (im Kreise Mett- mann) ist durch Allerhöchfte Ordre vom 16. Juni d. F. zur Ausführung der von ihr projektirten Wasserleitung auf Grund des Ge)eßes vom 11. Juni 1874 das Recht ver- liehen worden, die in dem Vermessungsregister des Jn- genieurs und vereidigten Feldmessers Disselhoff zu Jserlohn vom 11. April 1882 aufgeführten, in der Bürgermeisterei Hardenberg, Katastergemeinde Richrath, belegenen Grundstüe, soweit erforderlich, im Wege der Enteignung zu erwerben.

Dem Wegeverbande des Amtes Jork im Landdrostei- bezirk Stade is dur Allerhöchste Ordre vom 4. Juli d. J. das Enteignungsreht für die zur Verlängerung der Nincop-Neuenfelder Landstraße über den Elbdeih bis zum Außenfleth der sogenannten Kirchenshleuse zu Neuenfelde erforderlihen Brundstücke verliehen worden.

Der Königliche Gesandte am Württembergischen Hofe, Graf von Wesdehlen, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Stutt- gart fungirt der Legations-Sekretär von Bülow als interimistisher Geschäftsträger.

Das „Marine-Ver.-Bl.“ veröffentlicht folgende Nach- rihten über Schiffsbewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nah dem Orte Abgang von dort). S. M. Knbt. „Albatroß“ 24./6. Sidney. Beab- sihtigte am 1./8. nah Apia in See zu gehen. (Poststation : Sidney [Australien].) S. M. Panzerknbt. „Brummer 29./6, Wihelnshaven von Bremen kommend. S. M. Av. „Bliß“ Zoppot 8./7. 10./7. Kiel 11./7. (Postsiation: Zoppot), S. M. S. „Blücher“ 11./7. Pillau 11./7. 12./7. Memel 12./7. 13./7. Stolpmünde 14./7. 14./7. Colberg 14./7. 14./7. Swinemünde 17./7. (Posistation: Kiel.) S. M. Knbt. „Cyclop“ 11/6. Wilhelmshaven 17./6. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Knbt. „Drache“ 14./6. Wilhelms- haven 27./6. (Poststation: Bremerhaven.) S. M. S. „Elisabeth“ 7./6. St. Vincent [Cap Verds] 11/6. (Posi- station : Kapstadt.) S. M. S. „Freya“ 1./6. Hampton-roads 11./6. nah Halifax. (Poststation : Plymouth.) S. M. S. „Hansa“ 29./6. Zoppot 8./7. 10./7. Kiel. (Poststation : Kiel.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 1./4. Sidney 3./5. 22./5. Apia. (Poststation: Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Jltis“ 5./5. Hongkong 14./5. 24./5. Shanghai 27./5. nach Nagasaki. (Voststation : Hongkong.) S. M. S. „Leipzig“ 12/0 Simons- town bei Capsiadt. (Poststation: St. Vincent [Cap Verd’'sche JInseln].) S. M. Av. „Loreley“ 10./4. Konstantinopel. Legte Nachricht von dort 3./7. (Poststation: Konstantinopel.) S, M. S. „Marie“ 19./5. Callao. Leßte Nachricht von dort 11 /6. (Poststation : Panama.) S. M. Knbt. _,Moewe“ 9,/6. St. Vincert (Cap Verds) 11./6. (Posistation: Madeira.) S. M. Knbt. „Nautilus“ 16./5. Canton. (Post- station: Hongkong.) S. M. S. „Niobe“ 19./6. Zoppot 10./7. (Poststation : bis 18./7. Arendal [Norwegen], dann Dartmouth [England] bis 2./8.) S. M. S. „Nymphe“ 24 /6. Zoppot 8./7. 10./7. Kiel. (Poststation : Kiel.) S. M. S. „Prinz

Ada! bert“ 22,/5. Nagasaki. (Poststation: Honkong.) S. M. Brigg

„Rov:r“ 12./7. Saßnig. (Poststation : bis 20./7. Saßnißz [Insel Rügen], dann Swinemünde bis 9./8,). S. M. S. Sophie“ 23./6. Zoppot 8./7. (Poststation: bis 23./7. Swinemünde, vom 24/7. bis 13./8. Neustadt in Holstein [Neustädter Bucht]). S. M. S. „Stosch“ 12./4, Shanghai. Leßte Nachricht von dort 16./5. (Poststation : Hongkong.) S. M. Brigg „Undine“ 22./6. Zoppot 9/7. 9./7. Neufahrwasser 14./7. (Poststation: bis 20./7. Swinemünde, dann Saßniß [Insel Rügen] bis 30./7.) S. M. Knbt. „Wolf“ 9./6. Singapore 12./6. (Poststation: Kapstadt.) Uebungsgeshwader 13./6. Neufahrwasser. (Poststation: vom 17./7. bs 21./7. Kiel, vom 22./7. bis 28./7. Wilhelmshaven, vom 29/7. bis 2,/8. Cuxhaoen, vom 3./8. bis 10./8. Bremerhaven, vom 11./8. ab Wilhelmshaven). Panzerkanonenbootsdivision 26./6. Zoppot. (Poststation : Zoppot.) Torpedobootsdivision 18./6, Neufahrwasser. (Poststation : Kiel.)

Danzig, 17. Juli. (W. T. B.) Das aus den Panzer- korvetten „Baden“, „Bayern“, „Würltemberg“, „Sachsen“, 4 Panzerkanonenbooten, sowie den Avisos „Bliy” und „Grille“ bestehende Panzergeshwader hat heute früh. die hiesige Rhede verlassen, um nah Kiel zu dampfen.

Baden. Karlsruhe, 16. Juli. (W. T. B.) Der Großherzog, die Großherzogin und der Ecbgroß- herzog sind heute Abend nah Potsdam abgereiiït, um von dort morgen Abend die Reise nah Tulgarn zum Besuch der Kronprinzessin von Shweden fortzuseßen.

Meckelenburg - Schwerin. Rostock, 15. Juli. Als Deputirte der Stadt waren gestern die Bürgermeister Dr. Giese und Burchacd und die Senioren der beiden Quartiere nach Schwerin gereist, um an den Großherzog die Bitte zu rihten, in Begleitung der Großherzogin die Stadt Rostock mit einem Besuche zu beehren. Wie die „Rost. Ztg.“ hört, hat der Großherzog den Besuch zugesagt. Der Einzug wird um die Zeit des 10. August erfolgen, und die Dauer des Aufenthalts der Großherzoglichen Herrschasten hierselbst ist auf etwa 1!/, Tage bemessen.

Oesterreich-Ungarn. Jnnsbru ck, 15. Juli. (Prag. Ztg.) Jm Landtage beantragten heute die nationalliberalen Ab- geordneten Wälschtirols die Einführung eines wälschtiroler Kreistages und Kreisausschusses in Trient, unter Beibehaltung des Tiroler Landtages für die gemeinsamen Angelegenheiten. Der Antrag wird nächstens zur Verhand-

An sämmtliche Königliche Ober-Präsidenten.

Abends 7 Uhr unternahmen Se. Majestät der Kaiser bei prachtvo!llem Wetter eine Spazierfahrt nah Bödlkstein,

lung gelangen.

Brünn, 15. Juli. (Presse.) Der Finanzausshu§ genehmigte in der heutigen Abendsizung den Rechnungs- avshluß des Landesfonds pro 1883, welcher sich um 300 000 Gulden aünstiger als das Präliminare stellt.

Niederlande. Haag, 17. Juli. (W. T. B.) Die feierlihe Beiseyung der Leiche des Prinzen von Oranien hat heute Vormittag stattgefunden. Dem Leichen- zuge, welher um 9 Uhr das Palais des Verstorbenen verließ, folgten zu Wagen der König, der Großherzog von Sachsen-Weimar, der Prinz Albrecht von Preußen, der Fürst zu Wied, der Graf von Flandern sowie die offiziellen Vertreter Frankreihs, Englands, Rußlands, Schwedens, der Türkei, Rumäniens, Jtaliens, Württembergs, Waldecks und des Herzogs von Nassau.

Großbritannien und Jrland. London, 15. Juli. (Allg. Corr.) Die Agitation gegen das Oberhaus fängt an ihre ersten Blüthen zu treiben, und zwar geht die Provinz mit dem Beispiel voran. Jn Edinburgh hielten vorgestern die verschiedenen Gewerkvereine eine großartige Versammlung ab, an der ungefähr 20 000 Personen theil- nahmen. Die Gewerke zogen mit ihren Fahnen und Bannern und mit Musik nah dem Queens Park, wo Resolutionen zu Gunsten der Wahlreform angenommen wurden. Gestern wurden aub Protestmeetings in Bristol, Birmingham, Exeter, Stalybridge, Leeds, Accrington und einer Menge an- derer Städte abgehalten. Gestern Abend fand auf Clerken- well-green eine Massenversammlung von Arbeitern statt, welche gegen die Verwerfung der Wahlreformbill durch das Ober- haus protestirte.

Frankreih. Paris, 16. Juli. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet: Die Nachriht der „Times“ aus Shanghai, daß der hinesishe Tsungli-Yamen die Vorschläge des französishen Gesandten Patenotre abgelehnt habe, wird formell dementirt; vielmehr gilt eine Vecständigung zwischen China und Frankreih für nahe bevorstehend.

Der Polizeikommissar Galien, welchem der Vor- wurf gemacht wird, bei dem Tumult vor dem mit Fahnen geschmückten Hotel Continental nicht die nöthige Energie ge- zeigt zu haben, ist abgeseßt worden.

(Köln. Ztg.) Jn der Deputirtenkammer wurde am Dienstag der Gesehentwurf vertheilt, nah welchem ver Präsident der Republik ermächtigt werden soll, den am 6. Juni zwishen Frankreich und Anam abgeshlofenen Vertrag zu genehmigen. Ju der Begründung werden die Abänderungen bezeihnet, welhe der ursprünglihe Vertrag vom 21. August v. F. erfahren hat, und die Befugnisse des französischen Residenten in Hüé fowie die Bedingungen des Protektorats auseinandergeseßt. Die vier ersten Artikel des Vertrages lauten wie folgt:

Art. 1. Anam willigt in die Schutzhecrschaft Frankreichs und erkennt diesclbe an. Frankreih vertriit in Zukunft Unam in allen seinen autwärtigen Beziehungen. Die im Auslande sib aufhaltenden Anamiten stehen unter dem Scute Frankreichs, Art. 2. Thuan-an wird eine fortdauernde französische Besatzung erhalten. Alle Festung8- wcrke und sonstigen militärisÞben Bauten längs des Flusses von Hüé werden geschleist werden. Art. 3. Die anamitiscen Beamten von der Grenze von Cochinchina bis an die Grenze von Ninh-binh werden fortfahren, die zwischen diesen beiden Grenzen gelegenen Proxinzen zu verwalten, mit Ausnahine der Zölle, der öffentliben Bauten und überhaupt der Dienstzweige, welhe eine einzige Leitung oder die Anwendung von europäischen Ingenieuren oder Beamten erfordern. Art. 4. Innerhalb der oben bezeichneten Schranken wird die anamitishe Regierung, aufer dem Hafen von Quinove, die Häfen von Tourane und Huanday dem Handel aller Nationen für offen erklären. Nach vorläufigem Uebereinkommen werten später noch andere Häfen für offen erklärt werden können. Die französische Regierung wird darin Beamten halten, die unter dem Befehl des Residenten in Hüé stehen werden.

Die übrigen 15 Artikel regeln die verschiedenen Einzel- heiten der Verwaltung.

17. Juli. (W. T. B.) Von gestern Abend bis heute fräh 10 Uhr starben in Marseille 21 Personen und in Toulon 14 Personen an der Cholera. Unter den in Toulon Gestorbenen befinden sich der Kassirer der Banque de France und seine Frau.

Fn Marseille sind am 14. d. M. 69 Cholera- Todesfälle vorgekommen.

Toulon, 16. Juli, Abends. (W. T. B.) Die hier eingetroffenen Minister Waldeck-Rousseau, Raynal und Hérisson besuchten im Laufe des Tages die Marin e- hospitäler. Von heute Vormittag 10 Uhr bis heute Abend starben hier 11 Personen an der Cholera.

Marseille, 16. Juli, Abends. (W. T. B.) Die Zahl der von heute Vormittag 10 Uhr bis heute Abend 7 Uhr an der Cholera Gestorbenen stellt sih auf 22,

Türkei. Konstantinopel, 14. Juli. (Allg. Corr.) Die Pforte hat an das internationale Postbureau in Bern sowie an die Großmächte eine Note gerichtet, in welcher sie die Schließung der fremden Postbureaus in der Türkei verlangt, und zwar aus dem Grunde, weil der otto- manische Postdienst jeßt volllommen organisirt sei und die türkische Regierung die Mittel besiße, den internationalen Postdienst in gleich befriedigender Weise zu verrichten.

Serbien. Belgrad, 16. Juli. (W. T. B.) Die von auswärtigen Blättern über die Vervollständi- gung des Kabinets gebrahten Meldungen werden in Regierungskreisen als verfrüht bezeichnet.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Juli (W. T. B.) Ueber Stadt und Kreis Nishny-Now- gorod sowie über die Kreise Balachna, Ssemenoff und Gorbatoff ist für die Zeit vom 13, Juli bis zum 22. Sep- tember d. J. die Maßregel der verschärften Sicher- heitsaussicht verhängt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 14, Juli. (Allg. Corr.) 70 Mann des türkischen Bataillons verließen heute früh unter Major Grant Kairo, um nah Assuan zu marschiren. Die übrigen 200 Mann, welche das Bataillon bildeten, de- sertirten gestern, und selbst die siebenzig konnten nur mit 4M Schwierigkeit dazu gebracht werden, den Marsch an- zutreten.

Ein Telegramm aus Korosko meldet, daß Lieutenant Van Koughnet, auf dem Wege nach Wady Halfa, daselbst mit zwei Kriegsdampfern angekommen sei. Es ist gegenwärtig unmöglih, Nachrihten aus Dongola zu er- langen, da der Mudir die vollständige Kontrole über den Telegraphen hat. Die Rebellen sind im Besiß der Stadt.

Jn Alexandrien ist am 14. d. M. ein Todes- fall an Cholera festgestellt worden. Die betreffende Nach-

riht bezeihnet es als noch zweifelhaft, ob ein neuer Ausbruch einer Epedemie vorliegt.

Zeitungsstimmen.

Der „Norddeutshen Allgemeinen Zeitung“ entnehmen wir folgende weitere Kundgebungen für die Kolonialpolitik und die Dampfersubvention :

Die Handelskammer zu Hagen beschloß einstimmig, nachdem mehrere sich in diesem Sinne aussprechende Petitionen ihr zur Vor- lage gebraht worden, in einer besonderen Eingabe an den Herrn Reichskanzler sih ebenfalls für die betreffende Dampfcrsubvention auszusprechen.

Die Handelskammer zu Leipzig nahm folgende Resolution an:

„Die Handelékammer hat die Vorlage wegen Unterstützung über- seeisher Dampferlinien im Interesse der selbständigen Entwickelung des deutschen Exporthandels mit Genugthuung begrüßt und hofft auf deren Verwirklichung beim nächsten Reichstage, erklärt zugleicb ihre freudige Zustimmung zu ten vom Reichskanzler entwickelten Grund- sätzen der Kolonialpolitik.

In Göttingen gingen neben dcm Kolonialverein, der zur kräftigen Unterstüßung seiner bereits mitgetheilten Adresse an den Fürsten Biemarck eine größere Bürger- und Studentenversammlung berufen hatte, aub die städtis{en Kollegien, welche bei jenem Vor- gehen des Vereins nicht betheiligt waren, mit ciner begeisterten Zu- stimmungsterklärung zu der neuen nationalen Großthat des Reichs- kanzlers vor. Sie hielten sih dazu bei dem besonders freundlichen Verhältnisse zu dem Ehrenbürger der Stadt verpflichtet. Eine Ab- \crift wurde aa den Reicbstagsabgeordneten Baron Göß von Olen- husen expedirt, der übrigens bereits gleichfclls seine Zustimmung zu dem Vorgehen des Fürsten verschiedentlih ausgesprochen haben soll.

Ein Telegramm des konservativen Vereins zu Frankfurt a. M. spricht „die freudige Zustimmung zu der Kolonialpolitik des Fürsten Bismarck aus, wie sie in den leßten Reichstagssißungen zum Ausdruck gekommen ift.“

Kundgebungen im gleihen Sinne sind ergangen Seitens des Mainzer Kolonialvereins, der Handelskammer zu Cassel, des Gewverbevereins- und Handelsstandes zu Ueberlingen. Die (Zau- versammlung der deutschen Partei zu Heilbronn {loß sich der be- reits mitgetheilten Tübinger Resolution an.

Die Handels- und Gewerbekammer für Mittelfranken (Nürnberg) erflärt ausd-ücklib ihren Anschluß zu der bereits ver- öffentlihten, von der Mannheimer Handelskammer eingegangenen Denkschrift.

Der aus 147 Mitalicdern bestehende Gewerbeverein zu Weißen- burg in Sachsen und rine erhebliche Anzahl von Vürgern dieser Stadt, sowie eine Anzahl von Gewerbetreibenden und Fabrikanten aus Nieder-Kunnersdorf in Sachsen sprechen ihr besonderes Be- dauern darüber aus, „daß eine Anzahl Parlamentarier die Bedürf- nisse der Nation völlig verkannt und dic Erledigung der Vorlage in der nunmehr geschlossenen Legiéslaturperiode unmöglich gemacht hat“.

Eire aus Worms übersendete Adresse, die an 1000 Unter- schriften trägt, lautet :

: Worms, den 7. Juli 1884. Durdwlauchtigster Fürst-Reichskanzler!

Die anliegende Kundgebung einer großen Zahl unserer Mit- bürger spricht deren freudige Zustimmung aus zu der von Ew, Dur(- laucht vertretenen Kolontalpolitik.

Wir hoffen von einem gütigen Geschik, daß die Thatkrafi des deutschen Reichskanzlers noch lange erhalten bleibe zum Segen des Meichs!

Genehmigen Ew. Durchlaucht die actungsvolle Ergebenheit, mit der wir Sie auch als den Ehrenbürger der Stadt Worms begrüßen.

(Folgen die Untersriften.)

« Kundgebung

Die unterzeichneten Bürger von Worms, welcbe stolz sind auf die Größe und Macht ihres deutschen Vaterlandes, begrüßen mit Freuden die Kolonialpolitik des Reichskanzlers Fürsten Bismarck, wie fie von demselben in ier sogenannten Vostdampfervorlage vertreten wurde, und mißbilligen laut und entscbieden den kleinlihen Partei- standpunkt von RNicbter, Bamberger und Genossen in dieser Sache.

Worms, den 27. Iuni 1884.

(Folgen die Unterschriften.)

Aus Düren ift dem Reichskanzler folgendes Schrciben zu- gegangen:

„Düren, den 2. Juli 1884.

Die unterzeichneten Jndustriellen Dürens begrüßen mit Freude die dahin gerichteten Bestrebungen der hohen MReichéregierung, die überseeischen Interessen Deutschlands zu fördern und eine feiner Würde entsprechende Stelluag unter den seefahrenden Nationcn her- beizuführen. Sie balten die Ucbernahme des Schutzes der deutschen Niederlassungen in Ang:a Pequeña, die Finsprache gegen den Kongo- Vertrag, den Abschluß : es Handels- und Schiffahrtsvertrages mit Korea in Verbindung mit der Geseßesvcrlage wegen Subvention von Postdampfer-WBerbindungen mit Ostasien und Australien für geeignete Maßregeln, den Export zu heben und Kolonisationen hervorzurufen, welche der Zusammenhang mit dem Vaterlande festhalten.

Mit ehrerbietigstem Danke für das kräftige Vorgehen in dieser Richtung und der ergebensten Bitte, festzuhalten an den das Ghr- gefübl der Deutschen im Jn- und Auslande mit \stolzer Befriedigung erfüllenten Bestrebungen verharren

Ew. Durchlaucht : gehorsamste i (folgen die Unterschriften.)

Dem „Schwäbischen Merkur“ wird aus Berlin geschrieben :

._,_, Es war das Erfreulihsie an der Verständigung über das Unfallversicherungsgesct, daß dasselbe nicht allein durch cine knappe, unfichere konservativ-klerikale Mehrheit, sondern durch eine große, auch den gemäßigten Liberalismus in sich begreifende, nur die äußerste Linke auss{ließende Mehrheit zu Stande gekommen ist. Die soziale Reform i} damit den politischen und Parteikämpfen so viel wie möglich entrückt; es hat sich ergeben, daß eine überwältigende Mehrheit des Reichstags entschlossen ist, an der sozialen Reform positiv mitzuarbeiten und sie aus der Sphäre enger Parteipolitik möglichst herauszuheben. Es ist ganz undenkbar, daß in dieser Hinsicht der nächste Reichstag einen anderen Charakter zeigen sollte. Wir sind vielmehr überzeugt, die prinzipiellen oder thatsählichen Gegner positiver Sozialreform twoerden im nächsten Reichstag noch mehr zusammengeschwunden sein, als im gegenwärtigen. Sie haben in dieser, wie in vielen anderen Fragen den Geist der Zeit und die Stimmung des Volks nicht mehr für sib; sie sind verloren, wenn sie sich diesen Aufgaben gegenüber nicht aus der unfruchtbaren Ver- neinung empor zu arbeiten vermögen.

Amtsblatt des Reihs-Postamts. Nr. 35, Inhalt: Verfügungen: vom 7. Juli 1884; Verbot der Versendung von so- genanntem Holzpulver oder Schultzepulver mit der Post; vom 1. Juli 1884: Ueberwachung des Geld- und Kassenverkehrs der Posts agenturenz vom 8. Juli 1884: Eröffnung der Eisenbahnstrece Scharzfeld—Lauterberg (Harz).

Marineverordnungsblatt. Nr. 15. Inhalt: Dienst- reisen zwischen Kiél und Friedrihs8ort. Stempelsteuer für Kauf- und Lieferungsverträge. Personalveränderungen. Benachrichti- gungen.

Central-Blatt der Abgaben-Geseßgebung und Vero waltung in den Königlich preußischenStaaten. Nr. 14.

Inhalt: Anzeige der in der Geseßsammlung erschienenen Gesetze und Verordnungen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Grund- säße für die Berechnung der Reise- und Umzugskosten der Staats- beamten. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. IlI. JIndirekte Steuern: Gesetz, be- treffend die Stempelsteuer für Kauf» und Lieferungsverträge im kauf- männischen Verkehr und für Werkverdingungsverträge. Debit von Stempelmarken und gestempelten Blankets zur Entrichtung der Wecbselstempelsteuer. Zuständigkeit Königlich bayerischer Amtsftellen zur Abstempelung von Formularen auf Grund. des Reichs-Stempel- gesetzes. —- VI. Personalnachrichten.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Göttingen, 14. Juli. Gestern verstarb hierselb \# plößlich am Herzscblage der Leiter und Direktor des cbemischen Laboratoriums, Professor Dr. Hans Hübner, der Nabfolger Wöhlers.

Von den Publikationen aus den Kön*glich preußi- schen Staatsarchiven (veranlaßt und unterstützt dur die Königliche Archiv-Verwaltung; Verlag von S. Hirzel in Leipzig) ift soeben der 20. Band ausgegeben worden. Derselbe enthält den ersten Theil ciner urkundlihen Geschichte von Hannover und Braunschweig oder ricbtiger ciner Gefcbibte der poli- tishen Beziehungen des FürstliÞ braunschweig - lüneburgischen Hauses zu den Mitständen des römischen Reibs und den großen Mächten Europas in dem Zeitraum von 1648 bis 1714, und ist von Adolf Köcher bearbeitet. Der vorliegende erste Band bietet mit den urkundlichen, illustrirenden Belegen eine Darstellung der Politik des Hauses Braunschweig-Lüneburg in der Epoche vom west- fälishen Frieden bis zum Jahre 16683; der zweite wird die Dokumente bis zum Jahre 1688 bringen, ein dritter die Errichtung des neuntea Kur- fürsténthums und ein vierter Band die Thronfolge in England be- handeln. Die Entwickelung der inneren Angelegenheiten ift, der ganzen Anlage der Publikation entsprechend, welche die äußeren poli- tischen Beziehungen zum Gegenstande der Darstellung macht, nur infoweit berücksichtigt, als fie auf jene unmittelbar cingewirkt hat. So bietet der erste Band neben kürzeren Exkursen mehrere Kapitel über die persönlicben Verhältnisse im Fürstlichen Hause fowie ihre, die Politik mitbestimmende Wirkung, und soll im zweiten Bande, bei der Schilderung des Kampfes zwischen der Fürstlihen Oberhoheit und den Landständen, auch eine Darlegung der ständisben Verhältnisse folgen. Abweicbend von früheren Bearbeitungen der braunschweig-lüneburgi- schen Geschichte ist nicht jede Theilherrshaft des Fürstliben Hauses in Wolfenbüttel, Calenberg, Celle und Osnabrück gesondert behan“ delt, sondern stets der Blick auf sämmtliche regierenden Linien zu- gleich gerichtet und die bei aller Theilung im Grunde doch einhcitliche Gesammtmacht des Hauses zur Anschauung gebract. Da alle wich- tigeren Aktionen vom Gesammthause berathen und festaestelt worden find, so bildeten die Protokolle über die Ministerkonferenzen des Leßteren auch die hauptsächlibste Quelle für die QDarstel- lung Köchers, welchber allein für diesen ersten, umfänrglichen Band beinahe 300 Aftenkonvolute zu verarbeiten hatte. Daß er dabei bemüht gewesen ift, die Territcrialgesbichte auf die breitere Basis der allgemeinen deutschen und europäischen Geschichte zu stellen und überall zugleih die Ziele und Komplikationen der großen Politik mitdarzulegen, soweit diese bestimmend für die Haltung des Fürsten- hauses gewesen sind, ist gewiß dankenswerth,. Im Einzelnen ist übrigens, was der Verfasser in diesem erten Bande zu bieten hat, niht eben besonders anziehend, wie er selbs zugiebt; es sind meistens nur weitsbichtige, mühselige Traktate mit immer neuen Kautelen und ängstlihen Bedenken, kurz Stürme im Wasserglase. Und doc gewahrt man darin die „unverwüstlihe Lebenskraft unseres Volkes, wie fie aus den Verheerungen des großen Krieges erst \{chÜücch- tern tastend, bald aber selbstbewußt emporsteigt und in rasch wechseln- den Einungen nach neuen Formen des Gemeinlebens sucht,“ —- Be- sondere Anerkennung verdient die Mühe, die fich der Verfasser ge- geben hat, die Resultate seiner archivalishen Studien unmittelbar im Text zu verarbeiten und durh Citate im Text oder Anmerkungen unter demselben dem Leser entgegenzukommen, während die wich- tigeren Dokumente in einem Anhange wörtlih mitgetheilt sind. Den Stoff des ersten Theils hat er in 5 Büchern vertheilt, welche zunächst den Hildesheimer Bund, dann die protestantiswe Fürsten- partei und die brandenburgishen Unionsbestrebungen, den Rheinbund, die Konflikte im Hause Braunschweig- Lüneburg und endlih Schwedens und Frankreichs Aktionen zur Dur(brechung des westfäliscen Friedens zu Gegenständen der Darstellung haben. Ia den ersten Kapiteln des ersten Buches wird eine einleitende Uebersicht über die Hauptepochen der braunschioeig-lüneburgishen Politik bis zum westfälishen Frieden gegeben, dann die Crbfolgeordnung in den lüneburgishen Fürsten- thümern fowie die lothringishen Ansprüche an Calenbera, die Kreis- Einungen im Reiche und das Prozramm des Fürstlichen Hauses dar- M Dem Bande ift ein forgfältiges alphabetis ches Register ange- angt,

Bibliotheca Hassiaca, Repertorium der landesherr- lichen Literatur für ten vreußischen Regierungsbezirk Cassel. Be- arbeitet von Dr. Karl Ackermann. Cassel 1884. Verlag von F. Keßlez, Der vocstehende, die Landeskunde des Regierungsbezirks von Cassel betreffende Katalog i mit großer Sorgfalt und Umf:ht ge- orbeitet und muß seinem Verfasser viel Mühe und Zeit ackostet haben ; denn das darin zusammengestellte Literatur-Material erstreckt sich nit blos auf die selbständigen Schriften, sondern, was wir durchaus billigen, auh auf die große Menge von Abhandlungen und Aufsäten, welche in wissenschaftlichen Zeitschriften, in Vereinsschriften, Zeitungen und Programmen, als Dissertationen und Gelegenheits\{riften zer- streut sind. Der Katalog !}st| aber nicht allein für den Regierungs- bezirk Cassel, sondern zugle:ch auch für das ganze Hefsenland und die umltegenden Landschaften nichtig; denn er bringt eine Menge von Schriften und Abhandlungen, welhe das ganze Hessenland angehen, uad betrifft aub außerdem im Westen die benachbarten Gebiete des Fürstenthums Waldeck und der darmftädtishen Provinz Oberhessen, sowie im Südosten das Gebiet der Rhön in seinem ganzen Umfange und einige andere kleinere Gebiete. Was die Anordnung des ges

| sammten Materials anlangt. so ist der ganze Katalog in 3 Haupt-

theile getheilt; A, Natur (ca. 1159 Nrn.), B. Bewohner (ca. 700 Nra.), C. Eigentlibe Landes- und Ortskunde (ca. 750 Nrn.). Der 1. Haupttheil (Natur) zerfällt wieder in folgende 6 Unterabthei- lungen: 1) Allgemeines (Sammelwerke, welche die verschiedenen hier- bergehörigen Dis8ziplinen behandeln); 2) Bodenkunde (Geologisch:8 ein\chl. Bergbau, Oberflächengestaltung und Reliefverhältnisse und zwar hinsihtlib Hessens sowohl in seinem gesammten Gebie!:8- umfange als in seinen einzelnen Landschaften; Höhenmessungen, Landesvermessungen); 3) Hydrographie (Flüsse und Bäche, nebst Binnenseen; Balneologie (zuglei die hessischen Badeort: umfassend) ; 4) Klima eins{l. Meteorologie, Phänologie und Erdmagnetiismus ; i _Pflanzenverbreitung; 6) Thierverbreitung, Der 2. Haupt- theil (Bewohner) gliedert sich in folgende 5 Unterabtheilungen : Bevölkerungsstatistik und Gesundheitsverhältnisse; 2) Wirthschaftliche Kultur (Landwirthschaft, Forstwirthschaft, Jägerei und Fischerei; Verkehrswesen, Straßen- und Kanalbau; Industrie, Gewerbe und Handel ; Münzverkbältni}e) ; 3) Geistige Kultur (Religions- u. Kirchen- wesen, Schulwesen; Wissen!\chaft und Kunst, eins{l. Sammlungen u. Vereine); 4) Volksthümliches (Sagen, Märchen, Aberglaube; Sitten, Gebräuche und Trachten; Bauart und Einrichtung der Häuser; Mundart u. Volkslied); 5) Aligemeingeschihtlihes (Etha1ographie im Sinne der Herkunftslehre der Bewohner; Gau- und Territorial- kunde, Lokal-, Orts- und Flurnamen, Wüstungenz; Archäologisches). Der 3. Hauptiheil (Eigentliche Landes- und Ortskunde) umfaßt die Landesbeschreibung und Landesgescbichte, soweit sie mit geographischen und topographischen Verhältnissen in Beziehung siehen, sowie Beschrei- bung und Gescbichte einzelner (einiger 70) Orte (darurter 170 S(briften, eins{l. der Pläne urd Ansichten, über Cassel) in alphabetischer Reihen- folge, Die Karten, Pläne, Ansicbten, deren eine große Menge an- geführt wird, befinden \ch am Schlusse der beireffenden Gruppen. Schon aus dieser kurzen Inhaltsangabe ergiebt st% die ungemeine