1906 / 10 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Jan 1906 18:00:01 GMT) scan diff

b. bei den außechalb des Geltungsbereißs von Verträgen der zu a. gedahten Art erforderlih werdenden Beshaffungen von Bau- und Betriebsstoffen oder von sonstigen beweglichen Sachen, die im Verkehr nah Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen, die „allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen oder Lieferungen“. l

(3) Aenderungen der allgemeinen Vertragsbedingungen find nur in den Fällen gestattet, für welhe ausdrücklich eine abweichende pa r, durh die besonderen Vertragsbedingungen als zulässig be- zeihnet ist (vergl. Abschnitt IV). t

(4) Für die einzelnen Gruppen von häufiger vorkommenden Ae oder Lieferungen sind einheitliße Vertragsbedingungen estzustellen.

(5) In der Vertragsurkunde müssen außer der Bezeichnung der vertragschließenden Parteien die besonderen der Verdingung zu Grunde gelegten Bedingungen enthalten sein.

(6) Der Vertrags[hluß geschieht seitens des beauftragten Beamten namens der die Verwaltung vertretenden Behörde.

(7) Für den Vertrags\chluß kommen namentlih in Betracht :

a. der Gegenstand der Verdingung unter Bezeichnung der Be- zugsquelle, falls eine derartige Angabe ausnahmsweise verlangt ist;

b. die Höhe der Vergütung und die Kasse, dur welche die Zahlungen zu erfolgen haben ; : 24

c. die Vollendungs frist und die etwaigen Teeen:

d. die Höbe einer etwaigen Vertragsstrafe sowie die Voraus- seßungen, unter denen sie fällig wird; /

e. die Höhe einer etwa zu bestellenden Sicherheit unter genauer Bezeichnung derjenigen Verbi-dlichkeiten, für deren Erfüllung diese haften soll, sowie derjenigen Vorausseßungen, unter denen die Rück- gabe zu erfolgen hat;

f. das Nähere inbetref der Abnahme der Leistungen oder Lieferungen sowie der Dauer und des Umfangs der von dem Unter- nehmer zu leistenden Gewähr ; i .

g. ‘die Abweihungen von den allgemeinen Vertragsbedingungen in betref der Ernennung der Schiedsrichter und der Wahl eines Ob- manns; J h. die technischen Vorschriften wegen der Beschaffenheit dzr Baus- stoffe, der Art der Ausführung und der dabei zu beachtenden Gesichts- punkte, soweit diese sich niht bereits aus dea Anschlägen und Zeich- nungen ergeben. / ;

(8) Soweit der Unternehmer von ihm felbst im Inlande erzeugte Mengen von Sachen oder Waren liefert, ist dies nah den stempzl- rechtlihen Vorschriften in der Vertragsurkunde zum Auédruck zu bringen. Bei Werkverträgen. über niht beweglihe Gegenstände ift nicht nur der Gesamtpreis, sondern auch der Wert der Baustoffe in demjenigen Zustande, in welchem sie mit dem Grund und Boden in dauernde Verbindung gebracht werden sollen, im Vertrage anzu eben.

(9) Die allgemeinen Vertragsbedingungen sind, insofern nicht bei einfahen Vertragsverbhältnissen zweckmäßiger die Aufnahme der wesentlichsten Bestimmungen in den Vertrag felbst erfolgt, der Vectragsurkunde beizufügen. i |

(10) Verdingungsansläge, Zeichnungen, allgemeine und besondere Bedingungen find durch Anheften mit Schnur und Siegel zu Bestand- teilen des Vertrag?:s zu machen. Umfangreichere Zeihnunzen find als Anlagen lose beizufügen und als folhe beiderseits anzuerkennen.

(11) Durchstreihungen, Radierungen, Einschaltungen sind in den Vertragsurkunden zu vermeiden. Werden Berichtigungen erforderlich, so sind sie am Rande dur die Unterschrift beider Teile anzuerkennen.

(12) Die Seiten der Vertragêurkunden find mit fortlaufenden Zahlen zu bezeichnen.

1V. Snhalt und Ausführung der Verträge.

Die Verbindblidkeiten, die den Unternehmern auferlegt werden, dürfen dasjenige Maß nicht übersteigen, welhes Pcivatpersonen sich in ähnlichen Fällen auëzubedingen pflegen. In den Verträgen find nit nur die Pflibten, sondern auch die ihnen entsprechenden Rechte der Unternehmer zu verzeichnen.

Im einzelnen.

1) Zahlung. 2 :

(1) Die Zablungen find unter tunlicster Berücksichtigung der Verkehrssitte aufs äußerste zu beschleunigen. i

(2) Die Abnahme hat alsbald nach Fertigstellung oder Ablieferung der Leistung oder Lieferung zu erfolgen. i

(3) Verzögert \sich die Zahlung infolge der notwendigen genauen Feststellung des Geleisteten oder Gelieferten oder erstreckt sich die Ausführung über einen längeren Zeitraum, so sind Abshlagszahlungen bis zu demjenigen Betrage zu leisten, den der abnehmende Beamte nah pflihtmäßigem Ermessen zu vertreten vermag. 44

(4) Wird dem Unternehmer von der Verwaltung eine Frist für die Einreichung der Schlußrechnung geseßt, fo hat die Prüfung und Feststelung der richtig befundenen Sglußrehnung innerhalb einer anschließenden aleihen Frist zu erfolgen.

(5) Auf Antrag der Unternehmer sind Zahlungen an sie durch Vermittlung der Reichsbank zu leisten.

2) Sicherheitsleistung. Í i

(1) Die Zulassung zu dem Ausschreibungsverfahren ist von einer vorgängigen Sicherheitsleistung niht abhängig zu machen; dagegen fann in den bierzu geeigneten Fällen vor der Erteilung des Zuschlages die ungesäumte Sicherheitsleistung verlangt werden. / N

(2) Die Sicherheit kann durch Bürgen oder dur Pfänder bestellt werden.

(3) Bei Bemessung der Höbe der Sicherheit und der Bestimmung darüber, ob sie auch während der Gewährleistungszeit ganz oder teil- weise einbehalten wird, is über dasjenige Maß nicht hinauszugeben, welches geboten ist, um die Verwaltung vor Schaden zu bewahren.

(4) Der Regel nach ist die Sicherheit nit höher als auf 5 vom Hundert der Vertragésurnme zu bemessen. ; i: :

(5) Wenn die Vertragssumme 10 000 #4 nit übersteigt oder wenn die zu hinterlegende Sicherheit den Betrag von 520 4 nicht erreichen würde, is auf Sicherheitsleistung in den Fällen zu v?r- zihten, in denen die Unternehmer als leijtungsfähig und zuverlässig bekannt sind.

(6) Sicherheiten bis zu 1000 M können durch Einbehaltung von den Abschlagszahlungen cingezogen werden. : E

(7) Zur Hinterlegung von Sparkassenbüchein als Sicherheit dürfen nicht nur Abrechnungsbücher von sfolhen öffentliten Sparkaffen, die bebördlich zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt find, sondern auch Abrehnuncsbücher von anderen öffentlichen und Privat- \parkassen, Banken, Kreditg-nossenshaften und sonstigen privaten An- stalten angenommen werden. Bei der Sicherheitsbestellung durch Abrehnungsbücher der leßtgedachten Art ist jedo zugleih der Nachweis zu erbringen, daß die betreffenden Anstalten nah ihren finanziellen Sn aon und organisatorishen Einrihtungen ausreichende Sicher- heit bieten.

(8) Der Bürge hat einen Bürgschein naß dem Muster der Anlage 2 auszustellen.

(9) Der Unternehmer, der in das Reich2- oder Staatéshuldbuch eingetragene Forderungen, Depotscheine der Neihsbank oder der Königl. Seehandlung e Pen Staatsbank), oder aber Sparkassen- bücher zum Pfande bestellt, hat i s Diese soll bei Forderungen, die in das Reichs\huldbuh oder in das preußishe Staatsshuldbuh eingetragen sind, den Wortlaut der An-

3, bei Verpfändung von Depotscheinen der Reichsbank oder der | el | rial. Scebandiuna (Preuß. Staatsbank) und von Sparkassenbüchern | kräfte neu angefertigt werden können. Der Name des Bewerbers, an

den Wortlaut der Anlage 4 haben.

zu senden, welche die zweite Ausfertigung mit der entsprehenden Er- klärung zurücksendet.

(11) Bei Verpfändung von Sparkassenguthaben hat_ der Ver- | pfänder nachzuweisen, daß er dem ODritts@uldner (der Sparkassen- |

verwaltung) die Verpfändung angezeigt hat. Bei Verpfändung von

at elne Verpfändungsurkunde auszustellen. !

(10) Der Verpfänder von Depotscheinen der Reichsbank oder der | gegeben.

Königl. Seehandlung (Preuß. Staatsbank) hat außerdem eine Er- | flärung nah Anlage 5 in doppelter Ausfertigung beizubringen. Die ! Erklärungen sind, nachdem unter die erste Ausfertigung das darunter ;

[ s seßt ift, die Reichsbank oder die Seehandlung ! i ee R Vie fell Ai ! schreibung geforderten Ueberschrift versehen, verschlossen, porto- und

uch eingeiragenen Forderungen ist vori ihm der“ während dessen vorausslh (13) Pfänder hat, nächdem die Verpflichtungen, Von dem Vorbehalt einer einseitigen Vermehrung oder Ver- 4) Vertragsstrafen. 9) Die Höhe der Vertragsstrafen is in angemessenen Grenzen G D eberschreitung dieser Grenzen nah den

in das Reichs- oder Staatss Sp erbringen, daß die Verpfändung in das eine der W ere für denjenigen Zeitraum, ih die Leistung oder Lieferung noch in der Ausführung beg vird, können in den geeigneten Fällen den Unternehmern belassen zu deren fie gedient ohne Verzug zu erfolgen. 3) Mekbr- und Minderaufträge. minderung der verdungenen Lieferungen oder Leistungen unter Bei- behaltung der bedungenen Preiseinheits\äße ist Abstand zu nehmen.

(1) Vertragsstrafen sind nur auszubedingen, wenn ein erhebliches Intere an der Po E Vertragserfüllung besteht. zu halten, gus fie bei U geseßzlihen Bestimmungen auf Antrag des Schuldners dur Urteil auf einen verhältnismäßigen Betrag herabgeseßt werden können.

(3) Von der Vereinbarung solcher Strasen ist ganz abzusehen, wenn der Bervingargruenfiaud vorkommendenfalls ohne weiteres in der bedungenen Menge und Güte anderweit zu beschaffen ist.

5) Ueberwachung der Ausführung. Die Kosten der Ueberwahung und der Abnahme der Leistungen

oder Lieferungen find von der Verwaltung zu tragen, soweit in den Vertragsbegingungen nihts anderes bestimmt ift.

6) Meinungsverschiedenheiten.

(1) Bei der Vergebung von Lieferungen ist es niht zulässig, daß die vertragshließende Behörde sich die alleinige Entscheidung über die vertragam Beschaffenheit des gelieferten Gegenstandes mit Aus- {luß der nersang G Schiedsgerichts -vertraglih vorbehält.

(2) Bei allen Streitigkeiten über die durch Verträge über Liefe- rungen und Leistungen begründeten Rehte und Pflichten hat zunächst die vertrag\shließende Behörde eine förmliche Entscheidung zu treffen und dem Unternehmer zuzustellen. Der Entscheidung der Behörde soll tunlihst éine mündliche Erörterung mit dem Unternehmer voraus- gehen. Der Unternehmer ist in der behördlihen Entscheidung auf die in den allgemeinen ed maun en für die Beantragung der \chiedörihterlihen Entscheidung festgeseßte Frist und den mit deren Ablauf verbundenen tsnachhteil ausdrücklich hinzuweisen. Erst gegen die Entscheidung der Behörde kann das Schiedsgericht angerufen werden.

(3) Soweit erforderli, sind Bestimmungen über die Bildung ce Schiedsgerichts in die besonderen Vertragsbedingungen auf- unehmen.

: (4) Falls es als vorteilhaft erkannt werden “at von vornherein einen dritten Schiedsrichter als Obmann zuzuztehen, so ist den Ver- tragsbedingungen folgende Fafsung zu geben: / / „Das edsgeriht wird in der Weise gebildet, daß die beiden gewählten Schiedsrichter vor Eintritt in die Ver- handlung einen Obmann wählen. Findet über die Person des letzteren keine Einigung statt, so wird er von dem Leiter der- jenigen benachbarten Provinzialbehörde desselben Verwaltungs- zweigs ernannt, deren Siß dem Siye der vertragshließenden Behörde am nächsten belegen ist.“ e (5) Je nah Art und Umfang der Leistungen oder Lieferungen

fann-die Entscheidung streitiger Fälle Einzel‘chiedsrihtern übertragen f

werden. Geaebenenfalls würde die betreffende Bestimmung der Ver- tragsbedingungen dahin zu lauten haben, : daß das Schiedsgericht dur einen Schiedsrihter gebildet wird, welcher mangels Einigung unter den Parteien von dem Leiter derjenigen benachbarten Provinzialbehörde desfelben Verwaltungs- zweigs zu ernennen ist, déren ee dem Sitze der vertrags- \{ließenden Behörde am nächsten Tiegt.

(6) Für Streitigkeiten, die ih auf ein verwideltes Vertrags- verhältnis oder vorwiegend L Rechtsfragen beziehen, is von der zur Wahl oder Ernennung eines Schiedsrichters berufenen Behörde daran festzuhalten, daß bei Schiedsgerichten mit nur einem Schiedsrichter dieser Schiedsrichter, bei Schiedsgerihten mit zwei Schiedêrichtern mindestens der eine Schiedsrichter und bei Shiedsgerichten mit drei Sghiedêrichtern jedenfalls der Obmann die Befähigung zum Richter- amte besißen und im unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienste oder im Dienste einer deutshen Eisenbahnverwaltung angestellt scin muß.

7) Kosten des Vertragsabschlusses.

(1) Zu den Kosten, die von dem Unternehmer nah dem Vertrage zur Hälfte mitgetragen werden, gehören nur diejenigen Gebühren und Auslagen, welche dur etwaige notacielle oder gzrihtliße Aufnahme des Vertrages entstehen. A

(2) Bezüglih der Uebernahme von Stempelkosten auf die Ver- waltung sind die geseßlihen Vorschriften maßgebend.

8) Zeugnisse für die Unternehmer.

(1) Offene Zeugnisse über Leistungsfähigkeit dürfen Unternehmern nit erteilt werden, dagegen find ihnen auf Antrag von dea bau- leitenden Behörden Bescheinigungen über Art und Zeit der aus- geführten Leistungen und Lieferungen und über die Bewährung der gelieferten Baustoffe auszustellen. .

(2) Die bauleitenden Behörden haben anderen aussreibenden Behörden die von ihnen gewünschte Auskunft shleunigst und erschöpfend zu erteilen. :

9) Rechnungslegung.

(1) Bei vertraglichen Leistungen und Lieferungen ist in der Schluß- rechnung zu vermerken, ob dem Vertrag8abshluß ein öffentliches oder engeres Auéshreibung8verfahren vorangegangen und ob der Unternehmer Mindestfordernder gewesen it. /

(2) Soweit Leistungen und Lieferungen im Werie von mehr als 3000 freihändig oder auf Grund eines engeren Ausf{hreibungs8- verfahrens vergeben s\iad, ist zur Shiußrehnung anzugeben, aus welden Gründen von jeder Ausschreibung oder von einer öffentlihen Aus- {reibung abgesehen ist. Außerdem bedarf es in diesen Fällen einer Begründung bei der Zuschlagerteilung an Nichtmindestfordernde.

(3) Die Angaben zu (2) sind în einer besonderen Anlage dem Rechnungsbelage beizufügen.

Aulage 1. E Bedingungen

für die Bewerbung um Arbeiten und Lieferungen.

D 1, Persönlihe Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit der Be- werber. Bei der Vergebung von Arbeiten oder Lieferungen hat niemand Aussicht, als Unternehmer angenommen zu werden, der nicht für ihre tüchtige und pünkiliche Ausführung ge erforderliche Sicherheit bietet.

Einsicht und Bezug der Verdingungsunterlagen.

Verdingungsanshläge, Zeichnungen, Bedingungen usw. find an den in der Ausschreibung bezeihneten Stellen einzusehen. Verviel- fettgaeges werden auf Ersuchen gegen Erstattung der Selbstkosten verabfolgt, soweit fle vorrätig find, oder dur die verfügbaren Hilfs-

den die Verdingungsunterlagen verabfolgt sind, wird niht bekannt

S 0. Form und Inhalt der Angebote.

(1) Die Angebote sind unter Benußung der etwa vorgeschriebenen Vordrúcke, von den Bewerbern untershriebzn, mit der in der Aus-

bestellgeldfrei vis zu dem angegebenen Zeitpunkte einzureichen. (2) Die Angebote E enthalten: a. die ausdrückli%e Erklärung, daß der Bewerber \sih den Be-

dingungen, die der Ausschreibung zu Grunde gelegt sind, unterwirft ;

b. die Angabe der geforderten Preise nah Reichswährung, und zwar sowohl der Preise für die Einheiten als auch der Gesamt- forderung in Zahlen und Buchstaben ; stimmt die Angabe der Einheits- preise in Zahlen mit der in Buchstaben nicht überein, so foll die Angabe in Buchstaben maßgebend sein; die Gesamtforderung wird aus den Einheitêpreisen .rehnerisch festgestellt ;

c. die genaue Bezeichnung und Selle des Bewerbers :

d. von gemeinshaftlih bietenten Personen die Erklärung, daß sie sich für das Angebot als Gesamtschuldner verbindlich machen, jowie die Bezeichnung eines zur Geschäftsführung und zur Empfangnahme der Son Bevollmächtigten; leßteres Erfordernis gilt auch für die Gebote von Gesellshaften und juristishen Personen ; /

e. nähere Angaben über die Bezeihnung der etwa mit ein-

ereihten Proben. Die Proben selbst müssen ebenfalls vor der Ver- andlung zur Eröffnung der Angebote eingesandt und derart be- jeidnet lein, daß ih ohne weiteres erkennen läßt, zu welhem Angebot ¡e gehören ;

f. die etwa vorgeschriebenen Angaben über die Bezugéquellen der Waren und die zu deren Herstellung verwendeten Roh- und Hilfs\toffe.

(3) Angebote, die diesen Vorschriften nit entsprehen, ins- besondere solche, die bezügli des Gegenstandes von der Ausschreibung selbst abweichen oder das Gebot an Sonderbedingungen knüpfen, haben keine Ausficht auf DINARAS

Wirkung des Angebots.

(1) Die Bewerber bleiben von dem Eintreffen des Angebots bei der aus\reibenden Behörde bis zum Ablauf der festgeseßten Zu- \{lagsfrist an ihre Angebote gebunden.

(2) Die Bewerber unterwerfen sich mit Abgabe des Angebots wegen allzr für sie daraus entstehenden Rehte und Verbindlichkeiten der Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem die ausschreibende Behörde ihren Sig hat.

5. _ Erteilung des Zuschlags.

(1) Der Zuschlag wird von dem mit der Ausschreibung beauf- tragten Beamten oder von der aus\hreibenden Behörde oder von einer dieser übergeordneten Behörde entweder in der von dem gewählten Unternehmer mit zu vollziehenden Verbandlungsniederschrift oder durch besondere \{hrifilihe Mitteilung erteilt.

(2) Letterenfalls ist der Zuschlag mit bindender Kcaft erfolgt, wenn die Benachrichtigung hiervon innerhalb der Zuschlagsfrist als Depesche oder Brief dem Telegraphen- oder Postamt zur Beförderung an die in dem Angebot bezeichnete Adresse übergeben worden ift.

g Diejenigen Bewerber, die dea Zuschlag nicht erhalten, werden benahrichtigt, und zwar erfolgt die Nachricht als portopflichtige Dienstsacze. Proben werden im Falle der Ablehnung des Angebots nur dann zurückgegeben, wenn dies in dem Angebotschreiben aus- drücklich verlangt oder ein dahin gehender Antrag innerhalb vier Wochen nah Eröffnung der Angebote gestellt wird, vorausgeseßt, daß die Proben bei den Prüfungen nicht verbrauht sind. Die Rück- sendung erfolgt alsdann auf Kosten des betreffenden Bewerbers. Eine Rückgabe findet im Falle der Annahme des Angebots in der Negel niht ftatt; wertvolle Proben föônnen jedoch auf die zu O Menge angerechnet, oder, soweit angängig, nach beendeter Lieferung dem Unternehmer auf seine Kosten wieder zugestellt werden.

(4) Eingereichte Entwürfe werden geheim gehalten und auf Ver- langen zurüdckgegeben. /

5) Den Empfang des Zuschlagsschreibens hat der Unternehmer umgehend schriftlih zu bestätigen.

Beurkundung des Vertrages.

(1) Der Bewerber, der den Zuschlag erhält, ist verpflichtet, auf Erfordern über den durch die Erteilung des Zuschlags zustande ge- kommenen Vertrag eine \rifiliche Urkunde zu vollziehen.

(2) Sofern die Unterschrift des Bewerbers der Behörde nicht bekannt ist, bleibt vorbehalten, ihre Beglaubigung zu verlangen.

(3) Die der Ausschreibung zu Grunde liegenden Verdingungs- anschläge, Zeichnungen, Bedingungen usw., welhe bereits dur das Angebot anerkannt sind, hat der Bewerber bei Abshluß des Vertrages mit zu unterzeichnen.

Ta Sicherheitsleistung.

Innerhalb 14 Tage nah der Erteilung des gulhlags hat der Unternehmer die vorgeschriebene Sicherheit zu bestellen, widrigeafalls die Behörde befugt ist, von dem Vertrage zurückzutreten und Schaden- ersat zu beanipruchen. La

Kosten der Auss\chreibung. Zu den durch die Ausfchreibung selbst entstehenden Kosten hat der Unternehmer nicht beizutragen.

Anlage 2. i Bürgschein. Für die Erfüllung der von dem dem Vertraze vom bindlichkeiten ._ verbürge . hierdurch selbsts{huldnerisch unter Verzicht auf die Einreden der An- fehtung, der Aufrehnung und der Vorausklage (§§ 770, 771 des Bürgerlichen Geseßbuhs) bis zum Betrage von 4 (ge- schrieben ). Auf Anzeige gemäß § 777 des Bürgerlihen Gesezbuchs E E S, en Angenommen : Königliche (Unterschrift.)

Aulage 3.

(Unterschrift des Bürgen.)

Verpfändungsurkunde. Zur Sicherheit für die Forderungen, tvelche der Verwaltung aus dem Vertrage vom z gegen den ….... etwa erwachsen möchten, wird dieser hierdurch diejenige Forderung von : Mark verpfändet, welhe dem Unterzeichneten gegen die Hauptverwaltung der Staats\hulden laut Konto Neichs\huldenverwaltung zusteht. Zugleich wird die ; L ermächtigt, den Antrag auf gänzliche oder teilweise Löshung der Forderung, gegen Ausreichung von Schuldverschreibungen der . 0/0 Tonsolidierten Nea an sie, selbs zu stellen und die Zinsen des Kontos zu erheben.

Angenommen : Königliche (Unterschrift.)

(Unterschrift des Verpfänders.) (Diese Unterschrift ist gerihtlih oder notariell zu beglaubigen.)

Anlage 4. s Verpfändungsurkunde.

Zur Sicherheit für die Forderungen, welche der Verwaltung aus dem Vertrage vom gegen den etwa erwachsen möchten, wird dieser hierdurch diejenige Forderung verpfändet, welche dem Unter zeichneten gegen die Deutsche Reichsbank laut Depotshein Nr. . - - gegen die Königl. Seehandlung (Preuß. Staatsbank) laut Depot- schein Nr. gegen die Sparkasse zu laut Sparkafsenbuch Nr auf Herausgabe dtr des im leßteren bezeihneten Wertpapiere Guthbabens zusteht. Zugleich wird die j ermächtigt, do vorstehende Devot bei der Reichsbank Königl. Seehandluns (Preuß. Staatsbank) Guthaben bei der Sparkasse zu erheben und darüber Quittung zu erteilen.

Angenommen : Königliche

(Unterschrift.) (Unterschrift des Verpfänders.)

Anlage S5. Erste Ausfertigung.

das Kontor für Wertpapi der Reihshauptbank der Königl. Sechand mg (Preu . Staatsbank) 7 in Berlin. Die Reichsbank Königl. Seehandlung ; die na dem Dep otschein ung benahhrihtige . . . ., r

für eigene Rechnung dort in Verwahrung gegebenen Wertpyapi

das . der Reichsbank Königl. Seehandlung S zustehende Nückforderungsrecht der Königlichen

als Sicherheit für

verpfändet habe.

Die Reichsbank Königl. Seehandlung ersuche , die vorbezeihneten Werlpapiere nebst Zinsscheinen und Anweisungen fortan für die genannte Behörde zu verwahren und nur dieser gegen deren Quittung herauszugeben.

(Unterschrift.)

A A Sti ne WO : an das Kontor für Wertpapiere der Reihshauptbank der Königl. Seehandlung (Preuß. Staatsbank)

h ; in Berlin mit dem Erfuhen zu übersenden, die anliegende zweite Ausfertigung des obigen Antrages, welhem wir uns anschließen, nah Abgabe der darunter befindlihen Erklärung an uns zurückzusenden.

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das Kontor für Wertpapiere der Neihshauptbank der Königl. Seehandlung ren C aatany) —— : L n Berlin. 22 Die Reichsbank Königl. Seehandlung benádtidtiae . i die nah dem Devotschein Nr über M.

M

für eigene Rechnung dort in Verwahrung gegebenen Wertpapiere und das .. .. der Reichsbank Königl. Seehandlung gegenüber zustehende Nückforderungsrecht der Königlichen

erp e E s le Neichsbank Königl. Seehandlung ersuche DIE vorbezeichneten Wertpapiere nebst Zinss{einen R Anweisungen fortan für die genannte Behörde zu verwahren und nur dieser gegen deren Quittung E f nterschrift. Der Königlichen Rid

bestätigen wir, eine gleihlautende Ausfertigung erhalten zu haben ; ¿ugleich erklären wir uns bereit, das bezüglihe Depot gegen Ueber- nahme d . . . bezeichneten quittierten Depotschein . . . . und dieser Bescheinigung an die Königliche

hândigen.

Berlin, den E i Kontoc für Wertpapiere der Reihshauptbank Königl. Seehandlung (Preuß. Staatsbank) (Unterschrift.)

Deutscher Reichstag.

17. Sißung vom 11. Januar 1906, Nachmittags 1 Uhr 20 Minuten. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Tagesordnung: Fortseßung der ersten Beratung des Ent- wurfs eines Gesegzes, betreffend die Ordnung des Rei hs-

aushalts und die Tilgung der Reichs\huld, mit den Anlagen: Gese wegen Aenderung des Brau- und Tabak- lteuergeseßes, Zigarettensteuergesez, Geseß wegen Aenderung des Reichsstempelgesezes und Erb Gaftsüieuergeies.

_ Staatssekretär des Reichsshazamts Stengel:

Meine Herren, nahdem nun zwei Tage hindurch nur Redner aus dem Hause zum Worte gekommen sind, möchte ih heute mir gestatten, auf die vielfachen Angriffe und Bemängelungen, die die Vorlage erfahren hat, meinerseits einiges zu erwidern.

i Mehrere der Herren Redner haben offenbar sich zur Aufgabe gestellt, die gegenwärtige Generaldebatte mögli{st detailliert zu ge- stalten. Ich beabsichtige niht, meine Herren, den Herren auf diesem Wege naHzufolgen. Die Erörterungen über die Reichsfinanz- reformvorlage gewinnen nach der Natur der Sache erft dann ihren vollen Wert, wenn man über die Höhe des gesamten Deckungsbedarfs sich im reinen befindet. Eine folche gegenseitige Verständigung über die Höhe des gesamten De@Xungsbedarfs ist aber, wie ih bei einer früheren Gelegenheit hervorzuheben mir gestattete, nah Lage der Sache nur in der Kommission mögli.

Ueberdies, meine Herren, ist ja der Vorlage selbst eine ausführliche Begründung von seiten der verbündeten Regierungen beigegeben worden, und außerdem war man bei dem ersten Teil der General- debatte vom Regierungétisch aus bemüht, jene Begründung zu er- ganzen und zu vervollständigen. Jch werde unter diesen Verhält- nisten mich jeßt grundsäßlich darauf beschränken, in meiner Er- widerung nur noch rihtig zu stellen, was etwa nah dem Gange der bisherigen Verhandlungen der besonderen Richtigstellung und Klar- stellung bedarf. Auch innerhalb dieses Rahmens werde ih mich auf die wihtigsten Punkte beschränken; troß alledem wird es sich viel- leiht nicht umgehen lassen, daß meine Ausführungen bei dem außer- ordentlihen Umfang des Stoffes eine größere Ausdehnung annehmen, als mir selbst lieb ist. Ader ich will mich wenigstens der größten Kürze befleißigen.

_ Der Herr Abg. Büsing hat mir einen Vorwurf daraus gemacht, daß ih in meiner einleitenden Rede am 6. Dezember v. I. gesagt hätte“. „Lösen Sie aus dem Bau au nur einen Stein heraus, so wird das ganze Gebäude zusammenfallen.“ Mit fo wenig Vorsicht habe ih mih in meiner Rede nit ausgedrückt. Ih habe den stenographischen

Freiherr von

Bericht von dem betreffenden Tage vor mir; ih habe nicht gesagt, daß in einem solchen Falle das Gebäude zufsammenstürzen werde, sondern ih habe gesagt: „Wenn Sie einen solhen Stein aus dem Bau herauslösen, dann riskieren Sie, daß das ganze Gebäude ins Wanken gerät* (Lachen links), das heißt: ich habe ausdrüdcklih hervorgehoben, daß Sie dann die Gefahr hervorrufen, daß die ganze Vorlage unter Umständen \{heitern könnte. Ganz anders liegt die Sache, wenn es etwa den beiden Baumeistern, die bei diesem Bau beteiligt sind, dem Reichstag und dem Bundesrat, gelingen sollte, in beiderseitigem Einverständnis einen Stein, den Sie herauslösen, durch einen anderen geeigneten Stein zu erseßen. In diesem Falle würde eine Gefährdung der Vorlage meines Erachtens niht in Mitte liegen.

Der Herr Abg. Speck hat dann davon gesprochen, daß der von mir mehrfach geltend gemachte Grundgedanke der Vorlage der Rüksihtnahme auf die wirtshaftlich Schwachen ihm bei dem Studium der Vorlage bald verloren gegangen sei. Meine Herren, ih möchte annehmen, daß der Herr Abgeordnete Speck, wenn das zunächst das Ergebnis seines Studiums war, doch vielleicht diesen roten Faden,

der sih dur die ganze Vorlage zieht, nicht mit dem Grade von Sorgfalt und Genauigkeit verfolgt hat, den wir sonst bei dem Herrn Abgeordneten Speck gewöhnt sind. Jedenfalls war das Beispiel, das er zur Begründung seiner Auffassung vorgefüÿrt hat, niht glücklih gewählt, das Beispiel nämlich von jenem Dienstboten, dem nicht tausend, sondern hundert Mark mehr, 1100 legtwillig zugewandt werden und der um dieser hundert Mark willen nun mit einer Erbschafiésteuer von 110 # belastet werde. Wenn der Herr Abg. Speck die Güte gehabt hätte, in dem Gesetz- entwurf noch wenige Paragraphen weiterzulesen, so würde er die Entdeckung gema#t haben, daß der Dienstbote in diesem Fall nicht mit 110 Æ, sondern nicht einmal mit der Hälfte dieses Betrages zur Erbschafts\teuer herangezogen werden würde. Sollte auch dieser Be- trag, der ja gegenüber einem Legat von 1100 Æ immerhin niht von so großer Erheblichkeit ist, noch allzu hoch und drückend erscheinen, \o würde sich ja über eine Milderung folher etwaiger Härten des Ge- seßentwurfs noch recht wohl in der Kommission reden laffen; es ift jedenfalls fein Kardinalpunkt, über den man \ich beiderseits besonders zu erecifern bätte.

Von demselben Redner wurde bemängelt, daß § 2 des Gesetzes vom 28. März 1903 über die Tilgung der Zushußanleihe nah dem vorliegenden Mantelgesezentwurf aufgehoben werden soll. Wir haben die Aufhebung dieses Paragraphen hauptsächlich um deswillen vor- {lagen zu sollen geglaubt, weil in der Tat seit Aufhebung der Franckensteinshen Klausel in Ansehung der hauptsächlihsten Ueber- weisungssteuern, nämlich der Zölle, diefe Bestimmung ihre praktische Bedeutung verloren hat. Wenn diese Bestimmung durch das Finanz- reformgeseß nicht aufgehoben wird, so würde aller Voraussicht nah nur die Folge eintreten, daß der betreffende Paragraph in Vergessen- heit gerät, daß er obsolet wird. Wenn von seiten dieses hohen Hauses Wert darauf gelegt werden follte, daß gleihwohl diese Bestimmung aufrecht erhalten bleibt: ich glaube, auch im Schoß der verbündeten Regierungen würde dagegen ein Widerspruch fih niht erheben.

Es ist nun mehrfah behauptet worden, daß der künftige Ertrag der Zölle offenbar zu niedrig eingeshäßt sei. Es ift daran die Be- merkung geknüpft worden, die verbündeten Regierungen verlangten hier offenbar Steuern auf Vorrat. Ih möchte meinerseits nur bilten, auch in dieser Beziehung abzuwarten, bis wic Jhnen gelegentlich der Kom- missionsberatung die nötigen Materialien zur Prüfung dieser Frage vorgelegt haben werden. Ich besorge eher, daß, wenn die Kommission sih in dem Besiße der Materialien befindet, uns der Vorwurf ge- macht wird, daß wir den künftigen Ertrag der Zölle noch zu hoch ver- ans{lagt haben.

Im übrigen, meine Herren, erahte ich die Besorgnis einer etwaigen Vergeudung fspäterer Uebershüsse, wenn wir zu folchen je wieder gelangen sollten, für durchaus hinfällig, da wir ja durch den neuen Art. 70 Abs. 2 der Reichsverfassung {on Vorsorge getroffen haben, daß solche Ueberschüsse künftig nicht mehr zu fortdauernden Ausgaben verwendet werden sollen, daß sie in den außer- ordentlihen Etat übertragen werden und dort ihre Verwendung finden sollen zunähst zur Verminderung der Reihs\{huld. So ängstlich ist also diese Sache in der Tat nicht.

Von verschiedenen Seiten wurde dann der Vorschlag beanstandet, die Erbschaftssteuer in gewissem Sinne beweglih zu machen, nämlich bezüglih des Anteils des Neichs an der Erbschaftsfteuer. Nach der von den virbündeten Negierungen vorgeshlagenen Regelung würde, worauf ih {on bei der früheren Beratung hingewiesen habe, der Anteil des Reichs an der Erbschaftssteuer, in seinem innersten Kern betrachtet, sozusagen den Charakter ciner Art von Matrikularbeitrag annehmen, nur mit dem Abmafe, daß dieser Matrikularbeitrag von den Einzelstaaten abgestuft nah dem Wohlstand ihrer Bevölkerung entrihtet würde. Eine derartige Regelung is ja von seiten des hohen Hauses auch in den leßten Tagen wieder- holt verlangt worden. Die verbündeten Regierungen waren deshalb der Meinurg, daß sie {on aus diesem Grunde, ganz ab- gesehen von den Vorteilen eines beweglihen Faktors an sich, ein Entgegenkommen gegenüber den Wünschen des Reichstags bekundeten, wenn sie dem Gesetzgeber vorbehielten, jedes Jahr dur das Etatsgeseßz diesen Anteil des Reichs zu bestimmen. Wenn der Reichstag seinerseits etwa gegen eine folhe Regelung gleiGwohl Bedenken hegen sollte, so glaube ich heute schon hier versichern zu können, im Schoße der verbündeten Regierungen würde gegen einen Antrag, von vornherein diesen Anteil des Reichs auf eine bestimmte Quote, auf die Quote von zwei Drittel des Gesamtanfalls festzulegen, ein Widerspruch kaum sich erheben.

Von der linken Seite dieses hohen Hauses wurde wiederum auf den § 6 des Flottengesezes Bezug genommen und diesem § 6 eine programmatische Bedeutung für die ganze zukünftige Finanzpolitik des Reiches beigemessen. Ih möchte beute nicht wiederholen, was ich früher in eingehender Weise über diesen Punkt gegenüber einigen Rednern des Zentrums mir zu bemerken gestattete. Von seitcn des Zentrums find meine Ausführungen über die Auslegung jenes § 6 hinterher doch in der Tat als zutreffend und rihtig anerkannt worden. Daß jeßt Abgeordnete, die der linken Seite dieses Hauses angehören, Vertreter der Freisinnigen Volkspartei und der sozialdemekratishen Fraktion, auf diesen § 6 in der bezeihneten Bedeutung wieder zurückommen, ist mir, offen gestanden, um so merkwürdiger, als es doch gerade die fozialdemokratische Fraktion und die Freisinnige Volkspartei waren, welche laut

stenog raphishem Bericht über die namentlichen Abstimmungen feinerzeit

gegen das Flottengeseß gestimmt haben. (Heiterkeii.) sie doch auch gegen den § 6 Stellung genommen. den Sozialdemokraten.) :

Der Herr Abg. Pachnie hat sih bemüht, gegenüber einer Aeußerung des Herrn Reichskanzlers aus der Entftehungsgeshihte des Art. 4 der Reichsverfassung nachzuweisen, daß dem Reih auch die Befugnis zur Einführung direkter Reichssteuern zukomme. Vor der Aenderung des Art. 70 der Reichsverfassung durch das kleinere Finanzreformgeseßz vom 14, Mai 1904 würde dieser Auffassung des Herrn Abg. Pachnidte wohl beizupflihten gewesen fein, den1 der alte Art. 70 der Reichs- verfassung enthielt eine mit jenem Art. 4 der Reichsver- fassung korrespondierende Bestimmung, die fogenannte clausula Miquel, eine Bestimmung, wonach die Bundesftaaten ver- pflichtet sein sollten, subsidiär Matrikularbeiträge nur zu zahlen, folange noch keine Neichsfteuern bestehen. Die Klausel besagt aus- drücklih: „Solange Reichssteuern niht eingeführt sind“, dürfen Ma- trikularbeiträge erhoben werden. Diese clausula Miquel wurde aber, und zwar, wie ih betone, auf die Initiative des Neichstags, bei der Beratung des kleinen Finanzreformgeseßentwurfs aus dem neuen Art. 70 der Reichsverfassung ausgemerzt, und nah der jeßigen Fafsung des Art. 70 der Reichsverfassung läßt sich die Auffassung wohl vertreten, daß die Einführung direkter Reichssteuern nit in der Absicht der Verfassung gelegen sei. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Die verbündeten Regierungen mathhen sich meines Erachtens keines Wider- \pruchs \chuldig, wenn sie Ihnen gleihwohl die Beteiligung des Reichs an der Erbschafts\teuer in Vorschlag bringen ; denn, wie ih neulich schon zu erwähnen Gelegenheit hatte, ist die Erbshafts\teuer ihrem Wesen nach doch niht zu den eigentlihen direkten Steuern zu rechnen. Sie steht etwa in der Mitte zwischen direkten und indirekten Steuern. Sie ist eine Art Stempel- oder Umsaßsteuer, und ih kann bei- fügen, daß heute noch in Preußen die Erbschaftssteuer auf dem Etat der indirekten Steuern steht, und daß in Sachsen heute noch die Erbschafts - steuer in der Form von Stempelzeichen zur Erhebung gelangt.

Der Herr Abg. Wiemer war es, wenn ih nit irre, der gegen die verbündeten Regierungen den Vorwurf erhoben hat, daß sie für den Aufwand für Heer, Marine und Kolonien bauptsählich verantwort- lih seien und infolgedessen die Hauptshuld an der gegenwärtigen Misere zu tragen hätten. Es kommt ja wohl, meine Herren, auch im Familienleben bisweilen vor, daß, wenn das Geld ausgeht, man fih gegenseitig Vershwendung vorwirft. Aber hier im Reich liegen die Verhältnisse doch wesentliß anders. Das Reich ist ein fonstitutionell organisiertes Gemeinwesen, in dem ohne Zustimmung des Reichstags auch niht eine Mark ausgegeben werden darf. Die von der Regierung geforderten Ausgaben für Macßt- und Kulturaufgaben des Reichs sind von der Mehrheit des Reichstags genehmigt worden; wären sie niht genehmigt worden, so hätten sie niht ausgegeben werden können. Sie sind genehmigt worden, weil die Mehrheit des Reichstags diese Ausgaben als notwendig zur Erhaltung des Friedens und zur Erfüllung der Kultur- aufgaben des Reis erachtet hat. (Sehr rihtig!)) Der erhobene Vorwurf richtet sich also nicht allein gegen die verbündeten Regierungen, sondern in der Tat auch gegen die Mehrheit des Neichs- tags; und ich weiß niht, ob es dem konstitutionellen Gedanken ganz entspriht, wenn eine Minderheit gegen die Mehrheit, die doch nur ihre patriotische Pflicht zu erfüllen glaubte, hinterher deswegen den Vorwurf der Vershwendung erhebt.

Meine Herren, ich will Ihnen ofen verraten, worin der eigentlihe Grund unserer gegenwärtigen finanziellen Misere steckt, der eigentliße Grund, warum wir immer tiefer in die Schulden- wirtschaft hineingeraten, während die Schulden verschiedener anderer großer Staaten wenigstens seit einer Reibe von Fahren sih fortgeseßt verringern. Der Hauptgrund dafür ist, glaube ih, der, daß es in unserem Volke leider nicht an zahlreichen Elementen fehlt, die seit Dezennien eine ihrer Hauptaufgaben darin erblicken, jeden ernsten Versuch einer nahhaltigen Kräftigung der Reichsfinanzen im Keime zu ersticken. (Sehr rihtig!) Solange es diesen Elementen gelingt, ihre Bestrebungen durhzuseßen, muß es nah meiner Ueberzeugung mit der Finanzwirtshaft im Reiche fort und fort weiter abwärts gehen. Der Herr Abg. Pachnicke meinte zwar, das sei niht so ängstlih; er fügte tröftend bei, die Sache mit Vermehrung unserer Reihs\{huld stehe in der Tat niht so {limm. Ich bin da anderer Meinung. Für mi erscheint die wachsende Vershuldung des Reichs in der Tat {limm genug, und ich weiß bestimmt, daß eine Reihe von Autoritäten auf dem Gebiete des Finanzwesens diese meine Anschauungen und meine Beforgnifse durchaus teilen.

Ich komme nun mit ein paar Worten auf die Anregungen der Herren Abgg. Wiemer und Pachnicke wegen Beseitigung der sog. Liebesgabe. Ich bemerke, daß ih mich darüber in meiner Nede vom 6. Dezember 1905 bereits ziemlich flar und deutliÞh aus- gesprochen habe. Ih legte damals ausführlich dar, daß und warum die verbündeten Regierungen zur Zeit Bedenken tragen, tiefeingreifende Aenderungen der Branntweinsteuergesezgebung dem Neich2tage vorzushlagen. Ich sagte, daß erst vor einigen Jahren nach mühsamen, langwierigen Verhandlungen zwischen den geseß- gebenden Faktoren ein Kompromiß zustande kam, dessen Zweck doch wohl kein anderer war als der, das Brennereigewerbe \sich endlih einmal auf eine Reihe von Jahren es war das Jahr 1912 ins Auge gefaßt in Ruhe entwickeln und so auf eine spätere, gründlihere Reform vorbereiten zu lassen. Jh sagte weiter, daß ein vorzeitiges Rütteln an diesem Kompromiß nur geeignet wäre, das Vertrauen in die Stetigkeit der Gesetzgebung des Reichs zu erschüttern. Was soll die Bevölkerung, was sollen die Interessentenkreise draußen im Volke \ich denken von geseb- gebenden Körperschaften, die heute über Bord werfen, was fie gestern vereinbart haben! (Zuruf) Ih habe nicht verstanden. Persönlich bin ich aug niht der Meinung, daß jede Reform auf dem Gebiete der Brannt- weinsteuergeseßzgebung für alle Zeiten ausgeschlossen wäre. Was aber die Gegner des geltenden Nechtszustandes anlangt, das, meine Herren, ist alles andere eher als eine Reform. Das würde, abgesehen von \{chwerwiegenden agrarpolitisWen und auch verfafsungsrecht- lihen Bedenken, auf “die ich unlängst {hon hingewiesen habe, nur geeignet sein, Tausende von kleinen und kleinsten Existenzen und Betrieben auf das äußerste zu bedrohen und vielleiht auch einen großen Teil derselben vollends zu vernihten. Unter allen! Umständen aber würde eine fol&e Maßnahme, die nicht Hand in Hand geht mit einer durhgreifenden Reform der ganzen Materie, eine

Damit haben (Widerspruch bei

preissteigernde Wirkung ausüben, eine Wirkung, die, da sie sih ins-

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