1886 / 39 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Feb 1886 18:00:01 GMT) scan diff

3) I n

l D ae Rechtsftreitigkeiten, welche

der von Geldsirasen und oder aus der aufs

orgehen, erfolgt die Vertretung des auordnenden Behörde. Jf! nahme durch ein waldeckisches Tari angeordnet, wird der Fiskus durch den Rendanten

gerichts vertreten. i;

4) Jm Konkursverfahren erfolgt die Vertretung des Fiskus, sofern es sich um Kosten und die unter Nr. 2 bezeich- neten E handelt, durch den Rendanten der Kasse, zu welcher die Geldbeträge zu vereinnähmen sind.

Der General-Lieutenant von Rauch, Commandeur dev: 19. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen aus Hannover hier angekommen.

Der bisherige Spezial - Kommissarius, Regieru ngs-

mird Homann in Kassel, ist als außeretatsmäßiges der General-Kommission in Merseburg überwiesen worden.

S. M. Brigg „Mus quit o“, Kommandant Korvetten- Kapitän Piraly, ift am 12. Februar cr. in St. Croix ein- genen und beabfsihtigt am 15. d. M. die Reise fort- zusetzen.

Sachsen. Dresden, 12. Februar. (Dr. J.) Die Erste Kammer erklärte sih in ihrer heutigen Sißung mit dem Ankauf der Freiberger Gruben „Junge hohe Birke“, „Vereinigt Feld“, „Bescheert Glück“, „Himmelfahrt“ und Hünmelfürst“ durch den Etat für den Betrag von 2244 000 M einverstanden und bewilligte im Einklang mit der Zweiten Kammer die für diese Gruben eingestellten Be- triebszuschüsse.

, Die Zweite Kammer erledigte den Etat der Staats- Eisenbahnen.

_Vaden. Karlsruhe, 13. Februar. (W. T. B.) An- läßlih der Erklärung, welhe der Minister Turban bei Beantwortung der wegen des Branntwein-Monopols an D gerichteten Anfrage s D ist Seitens der liberalen

ammermehrheit der Antrag eingebraht worden: Die Kammer wolle die Resolution zu Protokoll geben: das Bestreben, aus dem Branntwein höhere Erträgnisse zu ziehen, sei bei der Belastung des Reichs und der Einzelstaaten, sowie im ég der Sittlichkeit und Gesundheit als erwünscht anzujehen. Das Aufgeben des Reservatrehts werde einer ge- wissenhaften Prüfung unterzogen werden.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 12. Februar. (Th. C.) Morgen wird der Landtag nach vierwöchentlicher Thätigkeit vertagt. Die von demselben erledigten Angelegen-

eiten berühren hauptsählich Eisenbahnen. Das Sekundär- s des Großherzogthums erhält durch die nunmehr ge- sicherte Herstellung ansehnliche Sekundärbahnen im Süden und Norden Weimars eine sehr bedeutende und vortheilhafte Erweiterung. Beide Anlagen, sowohl die Bahn Weimar— Berka—Blankènhain—Tannroda, wie die Bahn Weimar— Rastenberg— Großrudestedt ershließen fruchtbare und in- dustriell entwickelte Gegenden. Von sonstigen Be- shlüssen des Landtages ist noch zu erwähnen die Bewilligung der Mittel für den Bau eines neuen Gymnasiums in Weimar G Mittel für die Errihtung von Räumen für die Wartburg- L Gee in Eisenah werden morgen bewilligt werden) und die Einseßung eines Organisations-Ausschusses, der die aus der Mitte des Landtages angeregte Reform der Behörden- Organisation weiter verfolgen soll. Jm Herbst wird der Land-

tag Ln Weiterführung seiner Berathungen wieder versammelt werden.

Anhalt. Dessau, 12. Februar. Ein Extrablatt des „Anh. St. - Anz.“ veröffentlicht folgende Danksagung:

_ „In unserem tiefen Schmerz haben uns die vielen rührenden Be- V der herzlihen Theilnahme an unserem herben Verlust wahrhaft wohlgethan. S

Wir sagen hiermit Allen Denen, die sich uns in dieser schweren Zeit mit Wort und Schrift tröstend nahten und mit herr- lihen Blumenspenden den Sarg unseres theueren Entschlafenen schmüdckten, unseren tiefempfundenen herzlichsten Dank.

Dessau, den 12, Februar 1886.

Friedrich. Antoinette.“

_ Elsaß-Lothringen. Straßburg, 12. Februar. (Lds.-Ztg. f. La UON Jn der gestrigen (8.) Plenarsißung des Landesausschusses fand zunächst die Wahl zweier Mit- gear zur Präsentation für den Staatsrath statt, und wurden ie ausscheidenden Herren Dr. Schlumberger und Massing wiedergewählt. Jm Etat der Wasserbauverwaltung, welcher als 2. Gegenstand auf der Tagesordnung stand, wurden auf Vorschlag der Kommission und unter Zustimmung des Unter-Staatssekretärs Dr. Ledderhose die für Erweiterung des Hafens im Hüninger Zweigkanal bei Hüningen geforderten D9 Á. gestrihen. Fm UÜebrigen wurde der Etat unver- ändert angenommen, ebenso, ohne Debatte, der Etat der Hoch- und Wegebanverwaltung. Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Etat der Eisenbahnen. Der Abg. Klein plädirte für das Projekt einer Trambahn von Buchs- weiler nach FJngweiler. Der Abg. Baron Zorn von Bulach (Vater) trat besonders für die bisher wenig berück- Da Gegenden des Landes ein. Der Unter-Staatssekretär [ edderhose erörterte den Standpunkt der Regierung gegen- über dem Ausbau der Straßenbahnen; außer den genannten Herren griffen dann noch die Abgg. Baron Schauenburg (Be- rihterstatter), Wehrung, Baron A von Bulach (Sohn), welcher den Ausbau der Bahn Rothau-Saales von Reichs- wegen forderte, und Köhlin in die Debatte ein. Eine kurze neue Diskussion erhob sich gelegentlih der für die Straßen- bahn Straßburg-Truchtersheim ausgeworfenen Subvention, insbesondere über die Spurweite der Bahn. Stließ- lh wurde der Vorshlag der Kommission (1 m Spurweite) angenommen, ebenso zu Tit. 5 (Subvention für die Herstellung einer Anshlußbahn zwishen dem Bahn- hofshafen und dem irie zu Met) der Vorschlag der Komntmission: die ausgeworsenen 120 000 /6 auf 100 000 M. zu ermäßigen und als einen neuen Tit. 6 einzuseßzen: Sub- vention für die Herstellung einer Eisenbahn von Hagendingen nach Groß-Moyeuvre es Á6). Der Unter-Staatssekretär Dr. Ledderhose hatte seine Zustimmung zu dieser Aenderung erklärt. Der Schlußtitel (zu Studien 2c., für Straßen-

aus der stizbehörden erkannten® oder fest- geseßten Geldstkafen einshließlih der Exekutiv-, Disziplinar- die künftige Deckung von Geldstrafen und Kosten abzielenden Beschlagnahme ein- ner Gegenstände (W. 325, ‘480 der Strafprozeßordnung) isfus durh den endanten der Kasse der die Vokllstreckung oder Beschlagnahme Jst- die Vollstreckung oder e o

er Kasse dieses Amts-

stand der Tagedordnung, Etât der -Verwaltung der Gewerbe und des. Handels, führte #ur zu einer“ kurzen erkung des' Abg. Winterer, auf wêälche der Unter-Staat ekretär Dr“Wdder- ose erwiderte. Etat “ex direkten Steuern, der leßte Gegenstand der Tagesordnung, wurde wohne Debatte an- genommen.

Oesterräih-Ungarn. Wien, 12. Februar. (Wien. Abdp.) Der Budgetaus\chuß des Abgeordnetenhauses seßte gestern die Berathung über den Borausctas des Ministeriums des Jnnern fort und erledigte die Titel: „Staatsbau- dienst“, „Straßenbau“, „Wasserbau“ und „Neu- bauten der politishèn Verwaltung“. Die Ziffern- ansäße wurden bis auf einen Abstrich von 30 000 Fl. bei dem außerordentlichen Erforderniß von- 100 000 Fl. für die Re- gulirung der Donau bei Linz und Herstellung des Güter- umschlagplaßes daselbst durhgehends nah der Regierungs- vorlagé gene negs Der Berathung wohnte der Minister- Präsident und Leiter des Ministeriums des Junnern, Graf Taaffe, bei. Die Regierungsvorlage, betreffend die Her- stellung, beziehungsweise Erwerbung eigener Post- und Telegraphen-Gebäude in Krakau, Lemberg, Czernowiß, Triest, Bozen, Trient und Roveredo, wurde dem Abg. Dr. Fanderliek zur Berichterstattung zugewiesen.

Schweiz. Bern, 12. Februar. (W. T. B.) Der Bundesrath beschloß, an der von Württemberg ange- regten Konferenz von Sachver stän digen zur Vorbereitung von Tiefenmessungen im Bodensee und zur Herstellung einer Karte des Bodensees durch Entsendung von Delegirten theilzunehmen. Der Antrag: auf die Aufnahme eines Zusaßtes zu dem Handelsvertrage mit Deutschhla nd hinzuwirken, wonach Ausländer, welche den Hausirhandel mit Waaren in der Schweiz betreiben, ihren thatsählichen Wohnsiß in der Shweiz zu nehmen haben, wurde vom Bundesrath abgelehnt, da, eine derartige Bestimmung zu treffen, den Kantonen überlassen bleiben könne.

Belgien. Brüssel, 12. Februar. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat heute, bei der Berathung des Kriegs8budgets, die Amendements des Kriegs-Ministers, betreffend die Einberufung der beurlaubten Klassen der Wehr- dienstpflihtigen, mit 70 gegen 52 Stimmen angenommen. Es ist + 4 zur Bildung einér Armeereserve der Anfang gemacht.

Großbritannien und JFrland. London, 13. Februar. (W. T. B.) Auf Anordnung des Staatssekretärs des JFnnern, Childers, wird eine Kommission niedergeseßt werden, welche Erhebungen über den Ursprung und die Natur der Vorgänge am leyten Montag sowie über die Haltung der Polizei bei denselben anstellen soll. Childers wird der Kommission präsidiren. Die vom Lordmayor von London angerégten Sammlungen für die beshäf- tigungslosen Arbeiter in London haben bis gestern Abend 20 000 Pfd. Sterl. ergeben.

Jesse Collings ist zum Sekretär bei dem Local Government Board ernannt worden.

Bei der gestérn it.F ewcastle stattgehabten Neuwahl zum Unterbauf e wurde der Staats-Sekretär für Jrland, John Morley, mit 11110 Stimmen wieder servative Gegenkandidat Hamond erhielt 8449 Stimmen.

_Frankreih. Paris, 12. Februar. (W. T- B.) Der en de Freycinet empfing heute Vor- mittag eine Deputation der Linken desSenats, welche ihn ersuchte, gegen die Ausschreitungen in den Reden, die in Va Versammlungen gehalten würden, Maßregeln zu ergreifen. Der Minister-Präsident wiederholte seine in der R Sitzung der Deputirten- kammer abgegebene Erklärung, daß er die Wahrung der öffent- lichen Ordnung sich stets angelegen sein lassen werde, und ne hinzu: die bestehenden Geseße gewährten der Regierung

azu ausreichende Hülfsmittel. Die Regierung werde nicht zögern, solhe Redner in öffentlihen Versammlungen, welche i die Geseze verstießen, gerihtlich verfolgen zu assen.

(Köln. Ztg.) Jn Folge des Friedensschlusses mit den Hovas wird die Garnison von Madagaskar von 16 a 6 Compagnieen Marine-cFnfanterie vermindert; 2 gehen nah Réunion, so daß die dortige Besaßung künftig statt aus 2, aus 4 Compagnieen bestehen wird. Die übrigen kehren nah Frankreich zurück. Diese Compagnieen haben einen that- sächlichen Bestand von je 3 Offizieren und 100 Mann.

Das „Journal officiel“ theilt die genau festgestellten Ergebnisse der Finanzverwaltung für 1885 mit. Danach betrug der Ausfall gegen den Voranschlag an den direkten Steuern 141/,, an den indirekten 363/,, an der Ab- gabe von Einkünften aus Mobiliarwerthen (Aktien, Obliga- tionen 2c.) rund 3 Millionen, an den indirekten Steuern in Algerien 1 135 000 Fr., im Ganzen über 55 Millionen.

Rumänien. Bukarest, 12. Februar. (W. T. B.) Die „Polit. Couresp.“ meldet: Die Pforte hat von Madjid S! ha die Vorlegung der zwischen ihm und dem bulgarischen

elegirten Geschosf vereinbarten Friedensvorschlä ge ver- langt und Magid Pascha gleichzeitig angewiesen, sich vor dem Einlangen ihrer diesbezüglihen gutachtlihen Ansicht auf keinerlei Verhandlungen einzulassen. Die auf heute anbe- raumte Sißzung der Friedensdelegirten ist in Folge dessen unterblieben und sind die Verhandlungen bis auf Weiteres sistirt.

Serbien. Belgrad, 12. Februar. (W. T. B.) Der österreichische Gesandte Graf Khevenhüller- Met\ch begiebt sih heute nah Wien.

_ Afrika. ten Suakim, 9. Februar. (Allg. Corr.) Sir Charles arren, der neue Gouverneur, ist gestern hier angekommen. Osman Digma soll mit den egyptischen Kanonieren aus Kassala Tamai beseßt haben. Die berittene Jnfanterie-Patrouille wurde sowohl gestern wie heute innerhalb Yards von den Festungs- werken von starken Rebellen- Abtheilungen angegriffen.

ewählt; der kon-

Zeitungsstimmen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ meldet aus Worms, u. d. 8. Seuat: : O E

Von mehreren hundert Vertrauensmännern der nationalliberalen

bahnen 5000 4) führte zu keiner Debatte. Der fünfte Gegen-

Das Verhalten der “Mehrheitöparteien des Reichstags 16. Sanuar L. J. in der Polenfrage widerspricht den deutsh-nationa[. Snteressen und beweift Mangel an kräftigem Staatsbewnßtsein v patriotischem Sinn®ck In der \{chmerzlihen Erkenntniß, daß ie Mebr heit des Reichstags, nur geeint in der Verneinung und in dem gemein, samen Groll gegen den Reichskanzler, …. hohe nationaleInteressen hintenan seßt, gewährt es Trost zu sehen, wie d führende deuts{he Partie fularstaat Preußen, \sich feines deutschen“ Berufs bewußt, im Gege», saß zu dem Reichstag die deutsche Aufgabe in der Polenfrage G lôfen unternimint. Unser Reichskanzler, Fürst Bismarck, aber bat si aufs „neue den Dank des deutshen Volkes verdient dur d; Kraft und Energie, mit der er im PreustsGen Landtag den Geist s Boden trat, mit dem im Kampf seit 24 Jahren alle unsere nationalen Errungenschaften exstritten werden mußten.“ s

f ¿Sams einstimmig wurde hinsihtlich des Branntwein-Monopo[z resolvirt :

„Eine Ausbildung des indirekten Steuersystems im Reich if der einzige A zu wirksamer Steuerreform in den Einzelstaaten und zu steuerliher Entlastung der Gemeinden. Der. Branntwein ist in hervorragender Weise geeignet, als Steuerobjekt dem Reich solde Mehreinnahmen zu verféha| en. Bei der Besteuerung des Brannt weins mus aber în erster Linie darauf gerüsihtigt werden, daß Grof; und Kleinbrennereien als landwirthschaftliche Nebenbetriebe im ganzen Reich erhalten bleiben. Ohne daß hiermit zu der Branntwein Monopolvorlage, ehe dieselbe dem Reichstag zugegangen ist, bestimmte Stellung genommen werden foll, muß es als wünschenswerth bezeichnet werden, daß dieser Entwurf in dem Reichstag einer gründlichen Pri: fung ohne Voreingenommenheit unterzogen werde.“

Aus der Rede, welche der bayerische Finanz-Minist Dr. von Riedel in der Zweiten Kammer zum Bran Monopol gehalten , giebt die „Allgemeine Zeitung“ folgenden Passus dem Wortlaut nah wieder : „Bei der ganzen Agitation gegen das Branntwein-Monopol ist mir wirkli nichts unverständlicher als die Behauptung, daß die mittleren und kleinen Brenner dadurch geschädigt und zu Grunde geri(tet werden. Ih für meine Person kann diefe Behauptungen nidt begreifen, und wenn Sie mir einen Augenblick folgen- wollen, so hoffe ih, daß ih auch Sie überzeuge. Vergleihen Sie doch die Wage des fleinen und mittleren Brenners, wie sie heute if und wie sie nah dem Monopolentwurfe gestaltet würde oder gestaltet werden könnte. Heute sind unsere Brenner, selbst die kleinsten, mit wenigen Ausnahmen, die den direkten Aus\hank bewirken können, alle auf den Engrospreis angewiesen. Sie sind noch überdies auf den Preis angewiesen, den ihnen der Händler und der Fabrikant, zu dem sie die Waare gebracht haben, zu zahlen geneigt ist. Dieser Preis beträgt heute rund 46 H. in Bayern für den Hektoliter absoluten Alkohols. Hierzu kommt no, daß der Preis in Folge der Konkurren; davon können wir ja nah den Erfahrungen der leßten Jahre Einiges \prehen ein stetig schwankender ist, und daß das Sinken desselben natürlich für den kleineren und mittleren noch empfindlicher if als für den großen Brenner. Der Paget des Branntweins ist heute in ganz Deutschland, insbesondere aber in Süddeutschland, ein derartiger, daß sich die Brenner nur. mit äußerster Mühe über Wasser halten. Daran ist nicht die Steuer \{chuld, sondern wir würden, wenn Sie heute die Steuer ganz aufheben, die nämlihe Erscheinung vielleicht in noch höherem Maße, in Bayern einmal ganz sicher finden. Was geschieht nun unter dem Monopol? Nah Einführung des Mo- nopols würde durch eine aus Sachverständigen gebildete Kom- és nah billigem Ermessen das Quantum festgeseßt, das jeder bisherige Brenner für die Folge brennen darf. Er muß es nit brennen, aber er hat das Recht dazu. Und dieses Quantum muß ihm von der Monopolverwaltung abgenommen werden. Er bekommt einfa, nahdem er es zur amtlichen Vermessung oder Verwiegung gebracht hat, sein Geld; er ist vollständig unabhängig. Inwiefern diese Manipulation eine politisch wichtige sein sollte, kann ih au nicht begreifen, denn der Vorgang ist ein unendlih einfacher. Die Hauptsache ist natürlich der Preis, den er dafür bekommt, und in dieser Beziehung habe ih keinen Zweifel, daß der Normalpreis von 35 M wohl die Regel bilden wird. Es ist das der Preis, der \ih nah dem zehnjährigen Durchschnitt in Norddeutschland gebildet hat, und der mit etwa 5 4 Aufschlag auch für Süddeutschland vollständig entsprehend ist. Jn diesem Preise wird den Brennern nichts deWentt, denn sie haben ja auch viel höhere Preise {hon ge- habt, sie können aber mit dem Preise gut bestehen. Dazu kommt, daß der Kleinbrenner 2 weitere Bonififation Reichszuschlag be- kommt. Es kommt weiter dazu, daß er, was ih wünsche und hoffe und was ganz in Ihren Händen liegt, aus Landesmitteln einen Zu- chlag bis zu 5 4 erhalten kann; es sind das also 42 A Dabei ist er vollständig branntweinsteuerfrei, d. h. seine Steuer, die si zwischen 14 und 16 M. oder je nah seiner Ausbeute höher oder geringer be- rechnen kann, fällt weg. Das, was dem kleinen Brenner für die Folge vergütet wird, betrüge also nah der heutigen Notirung einen Preis von 56—58 4, während er heute sehr zufrieden sein darf, wenn er 46 4 bekommt. Jch darf wohl konstatiren, ohne mi einer Indiskretion {huldig zu machen, daß man im Bundesrath ein- f stimmig der Meinung war, daß die höheren Produktionskosten, welche zweifellos in Süddeutschland den Brennern erwachsen, dur einen Zuschlag aus Landesmitteln ausgeglihen werden können und sollen, und das ist nicht mehr als billig ; und wenn dieser Zuschlag dazu be- nußt werden sollte, um gleichfalls auf der anderen Seite gegen das Monopol Stimmung zu machen, so würde ih das sehr bedauern. Denn der Zuschlag ist keine Ungerechtigkeit, und wir werden in dem, was wiraus dem Monopol herausbekommen, hinreichend die Mittel finden, um diesen Zuschlag zu leisten. Das ist das Bild und die Lage des mittleren und kleinen Brenners von heute und in der Zukunft, wenn das Branntwein-Monopol Geseß werden sollte. Dazu kommt aber noth, daß der Brenner, wie im Ausschusse schon hervorgehoben wurde, In seinem eigenen Interesse ferngehalten wird von Spekulationen, bei denen er in der Regel nichts gewinnt. Es kommt ferner dazu, daß er sein Geld gleich bekommt und nicht auf Kredit arbeiten muß, und es k ommt weiter dazu, daß er von den Schwankungen in Bezug au! den Preis befreit ist und demnach cine \tetige, auf solider Grundlage ruhende Wirthschaft führen kann. Es kommt endlich dazu was sich allerdings von selbst versteht, aber doch konstatirt werden muß daß er frei von jeder Konkurrenz, und namentlich von der Konkurrenz der Großen nicht bedroht ift.“

Die „Kölnische Zeitung“ schreibt: e Nachdem nunmehr der Antrag auf Verlängerung des Sozialisten! geseßes um weitere fünf Jahre beim Reichstag eingegangen ist, n die Sorge, es könne dieser Körperschaft nah der Erledigung f Etats der Stoff zeitweilig ausgehen, wohl überall geshwunden 6 . . , Die lange Frist von fünf Jahren wird voraussichtlich aud) g in erster Linie angefochten werden. Das Gesetz selbst aber wird A \{chwerlich entbehren wollen noch entbehren können. Die sojtatbeme L L tishe Einigung und Wirksamkeit ist cine ausgesprochen internationa ei d worden, und erfahrungsgemäß treten dieselben Ausschreitungen ziem L N und gleichzeitig in den verschiedensten Ländern auf. N [usschreitungen von der Art, wie sie jüngst in London vorgetou sind, bei uns verhüten will, der kann und darf der Gewalt die ele nicht nehmen, deren sie bedarf, um solhen Ausschreitungen wir Be- vorzubeugen. Und seine vorbeugenden, verhütenden Wirkungen 2a zug auf Massenvergehen hat das Sozialistengeseß erfüllt, e hen es naturgemäß den Einzelnen vor dem Meuchelmord nit [8 ‘fen konnte, Wir glauben, daß auch das Centrum si ernstlich bede! wird, das Geseß einfach abzulehnen. :

D

: Statiftishe Nachrichten. Na Mittheilung des Statistishen Amts der sind bei den hiesigen Standesämtern in der 31. Januar bis incl. 6. Februar“ cr. zur Anmeldung

tadt Berlin s ‘Wothe vom

gekommen:

artei des diesseitigen Wahlkreises wurde gestern zu der Polenange- egenheit einstimmig folgende Resolution gefaßt: E g

n Eheschlicßungen, 961 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene, 547 Sterbe- älle.

Ur eine momentane gewesen; darauf deutet das höhnische

Gewerbe und Haudel.

ie: Aahener Bank für Handel und Industrie

ucheilt für das Jahr 1885 eine Dividende von 5%. _— Dem Geschäftsberiht der Kommerz- und Diskonto- ak in Hamburg entnehmen wir folgende Mittheilungen: Der ha Nertheilung an die Aktionäre verfügbare Gewinn beffer! sih zÆW 1885 auf 1 855 247 Æ (gegen 2012634 M im Vorjahre); die reftion beantragt, hieëvon 1800000 Æ zur Zahlung der 6/0 Go im Vorjahr) betragenden Dividende zu verwenden und den Rest ( 55247 # auf neue Reéhnung vorzutragen. Die London & Snseatic Bank limited deklarirte pro 1885 eine Dividende von 52%/o 0% im Vorjahr) und überwies außerdem dem Reservefonds 4000 £; ‘Nationalbank für Deutschland hat ihren Rehnungsabshluß pro die noh niht beendck, für 1884 betrug die Dividende derselben nur 3%. Von den jüngsten Aktienunternehmungen der Kanf ist die Norddeut e Zuerraffinerie bei Frellstedt seit Mai 1885 * ununterbrohenem Betrieb; für däs erste Geschäftsjahr sei ‘auf eine wöhnliche Verzinsung des darin angelegten Kapitals zu renen; der eutsche Rhederei-Verein dürfte ein wesentlich günstigeres Resultat 1s pro 1884 geben. Von den aus dem Jahre 1884 erübergenom- menen Finanzgeshäften ist das Norwegische 4 9/0 Konversions-Staats- mlehen 28 111 200 # vollständig und mit entsprehendem Nußen # ehen. Der Umsay in Wechseln auf Hamburg - Altona be- iferte ih auf 114883517 (gegen 108575932 Æ im Vorjahre), der Gewinn daran auf 144872 (gegen 145 332 M), der Umsaß in auêwärtigen Wechseln auf 161 822 835 (gegen 16% 259 414 M) mit einem Gewinn von 225 105 A (gegen 129 647 M). Das Delcredere auf Wechsel betrug 232685 ä. mit

18% Provision (gegen 413 719 „46 und 2347 ä). Das Effekten- ceäft bezifferte sich auf 70216 440 4 53 4 (gegen 57 684 027 4 1

Í und einen Ultimobestand von 11902962 #. (gegen 17188005 M) mit einem Nettogewinn von 702156 AMÆ (gegen 652569 M). Der Effektenbestand“ war angelegt in 16 078 Aktien der Gndon & Hanseatic Bank limited, nom. 1 860 300 , Nationalbank für Deutschland 500 000 A nom., Norddeutsche Zucker-Raffinerie 300000 Æ nom., Deutscher Nhederei-Verein_ Konsortialbetheiligungen 9608282 M, börsengängige verzinslihe Staats- und Kommunal- apiere 1603 827 H, börsengängige Aktien 598 068 4, Prioritäts- Obligationen 1736 291 Æ und div. Effekten 3116 M Das Depot- Norshußgeschäft bezifferte sih auf 22 953 721 A mit 293 001 H gegen 6163462 6 mit 360444 A im Vorjahre. Das Conto-Corrent- geschäft auf 505 400 286 6 mit 881 396 ffÆ Nettoerträgniß egen 490 989 940 A und 720 340 Æ im Vorjahre. Der Giro- werkehr bezifferte sich auf 2 758 903 591 Æ gegen 2 563 652 980 „j und Zinsvergütung von 51 649 M gegen 63514 A im Vorjahre. Das Fassa-Geschäft bezifferte sich auf 93 677 911 M gegen 88 173 930 M mit 14562 4 Gewinn gegen 5561 #& im Vorjahre. Das Depositen- gehäft nahm 23 377 927 M gegen 27 192 376 #4 im Voraus und «forderte an Zinsen 165 863 M. gegen 121 389 4 im Vorjahre. Für \ufbewahrung von Werthpapieren gingen 29742 H ein gegen 99 350 Æ im Vorjahre. Das Accepten-Conto seßte 78922 821 M um, gegen 69 477 582 4 im Vorjahre. Der Delcredere-Fonds der Bank stieg von 632 747 A auf 654 215 4, während der Reservefonds, für den die Effekten separat gehalten werden, unverändert 3 Millionen Mark beträgt. | Antwerpen, 12. Februar. (W. T. B) Wollauktion. Ingeboten 1287 Ballen La-Plata-Wollen, davon verkauft 1033 Ballen. Preise unverändert. N Brüssel, 12. Februar. (W. T. B.) Die Verhandlungen ¡wischen der Congo-Regierung und der Société générale in Brüssel, Mendelsohn & Co., J. T. Goldberger in Berlin und der Desterreichischen Länderbank in Wien behufs Aufnahme einer Jrämien-Anleihe in Höhe von 100 Millionen Fr. sind zum Abschluß gebracht. Dem für dieselbe gebildeten Syndikat gehören inter Anderen in Paris das Haus Rothschild, das Comptoir d'Escompte und die Banque de Paris et des Pays bas an. London, 12. Februar. (W. T. B.) Wollauktion. Tendenz träge bei geringer Nachfrage. New-York, 12. Februar. (W. T. B.) Baumwollen- er ere, Zufuhren in allen Unionshäfen 106/000 B., Aus- fuhr nah Großbritannien 74 000 B., Ausfuhr na dem Kontinent 31000 B., Verrath 1 015 000 B.

Verkehrs - Anstalten. j Bremen, 12. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer des Dent chenLloyd „Eider“ ist gestern Abend in Southampton eingetro fen.

Sanität8wesen und Quarantänewesen. Portugal. l

Durch cine unterm 4. Februar 1886 veröffentlihte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist die Quaran- tâne für die aus \panishen Häfen am Atlantischen Ocean kommenden Schiffe auf eine dreitägige Beobachtung herabgeseßt worden. Aus- geschlossen hiervon sind die Häfen der Südküste, von der Straße von Gibraltar bis zum Guadiana, welche au ferner als verseucht gelten, so daß die aus denselben kommenden Schiffe zum Löschen nicht zuge- lassen werden.

Türkei.

__ Dur Erlaß des internationalen Gesundheitsraths zu Konstan- tinopel vom 4. Februar 1886 is die gegen Provenienzen aus Venedig bestehende 48stündige Quarantäne („Reichs - Anzeiger“ Nr. 22 vom 25. Januar 1886) vom 4. Februar d. J. ab auf fünf Tage erhöht worden.

Schweden.

Laut Bekanntmachung des N \chwedischen Kommerz- Kollegiums vom 2. Februar 1886 sind Algier und Tunis als frei von der Cholera erklärt worden. (Vgl. „R.-A.“ Nr. 220 und 253 vom 19, September und 28. Oktober 1885.)

Berlin, 13. Februar 1886.

,_ In der Permanenten Ausstellung des Vereins Ber- liner Künstler (Kommandantenstr. 77/79) mat gearns ein Kolossalbild kulturhistorishen Genres, von George Rochegrosse, finem jungen französishen Maler, viel Aufsehen, Dasselbe \dhildert eine Episode aus dem Bauernausstande, genannt a Jacquerie“, der im Jahre 13568 im nördlichen drankreih tobte. Wir haben das im Styl jener Zeit vrähtig ausgestattete Frauengemah eines Schlosses vor uns, in welhes von der linken Seite die wilden Schaaren der Aufrührer \o- tben durch die zershlagenen Fenster mit Gewalt hereinstürmen, wäh- rend sich im rechten Vordergrunde des Zimmers die weiblichen Fa- nilienmitglieder, durh das im Innern des Schlosses wüthende Feuer im Fliehen behindert, entsezt in liegender und fkauernder Stellung zusammendrängen und ihren Untergan erwarten. ur eine ältere Dame, wohl die Mutter des Schloßherrn, dessen Haupt man ihr auf einer Pike entgegenhält, steht hoh aufgerichtet da, bereit, den Angreifern energishen Widerstand ege e und ire Kinder wie die Löwin ihre Jungen zu vertheidigen. Es hat auch metlich den Anschein, als ob ihre ehrwürdige hohe Gestalt inmitten % sonst so unnahbaren Frauengemachs die Horden einen Augenblick iudernd stußen machte, denn noch haben sie es nicht gewagt, die lefen Mauernischen der Fenster zu verlassen. Aber diese Gaus ist rinsen,

Be dem sie die h aile Frauen- und Kindergruppe am Boden traten, und ganz besonders die Stellung eines brutalen Gesellen, M wie ein Tiger zum Sprung anseßt und im et ist, sich auf die Wfere Edeldame zu stürzen. Ihr und ihrer Angehörigen grauen- S Ende unter den Händen der Mordgesellen kann niht mehr pgichaft sein. Diesen ganzen Vorgang hat der Maler klar und end in die Erscheinung geseßt, aber freilich mit mehr physischer êrgie und äußerlich ted em Können als geistiger Erfassung und

eriiefung. Das rücksihtslose Streben nah äußerster „Wahrheit“,

welches die jüngere Malerschule in Frankreich zu ihrem obersten Gese gemacht hat, führt ihre Anhänger immer. mehr und mehr vom Wege der „währen Kunst“ ab. Dafür bietet dieses Werk des jungen talentvollen Künstlers (man sagt, er. sei ers 23 Jahre alt) unsern Malern ein besonders lehrreiches Beispiel : allerdings nur für den, der sehen kann

* und will und si nicht der Einsicht so anne verschließen mag, bis es

zu spät ist und Spott und Hohn ihn zur Umkehr zwingen wird. Wie die Mehrzahl der jüngeren Künstler befißt auh Rochegrofse die vollste, sicherste Herrschaft über alle malerischen Ausdrucksmittel, und so ift denn auch das Interieur vom Estrih und den Teppichen bis zu den mit ‘Käfelung und Gobelins bekleideten Wänden nebst allen Geräthen des im gotbischen Styl dekorirten Zimmers mit sorgsamstem Fleiß und \rappanîíer“ Treue gemalt, ja die spiegelnden, prächtig bunten Fliesen des Fußbodens halten mit ihrer täushenden Wirkung den Blick ge- radezu gefangen. Daraus könnte man dem Maler eben noch immer feinen Vorwurf machen. WVerhängnißvoll jedoch wurde ihm diese Sucht nah Echtheit und täushenden Effekten bereits bei der Gewandung; denn hier ließ sich der Künstler dadurch zu einem Verstoß gegen den guten Geschmack verleiten, indem er sich mittels einer un- ästhetishen Anordnung des Kleides der ältesten Tochter des Burgherrn die Gelegenheit vershaffte, ein Paar kostbare Brokat- strümpfe (vermuthlich auchG nah alten Originalen) zu malen. Die Folge davon war eine höchst absichtlihe, gänzlih unwahre Pose, wie sie der Moment des Niederwerfens unmögli ergeben kann, son- dern das Resultat eines sorgsamen “künstlihen Arrangements ist. Ebenso gekünstelt und absichtlich ist die ganze iFrauen- und Kinder-Gruppe posirt und arrangirt : jeder einzelnen Figur fleht man die peinlih mühsame Probe, das stundenlange Stehen oder Liegen im Kostüm in der angeord- neten Stellung an, ganz vornehmlich der Hauptperson, der älteren Edelfrau, deren nur durch cine An zu ermöglichende Pose Entseten, Abscheu und äußerste Entschlossenheit zur Abwehr als momentane Bewegung ausdrüdcken soll, dur die sihtlich bei dem Modell einge- tretene Ermüdung des Oberkörpers aber alle Spannkraft und Ueber- zeugungsfähigkeit. verloren hat. Das Unzulängliche dieses gänzlih verkehrten Strebens nach Wahrheit, welhes Geist und Phantasie vom Modell-Apparat knechten läßt, wird hier zum Ereigniß und warnenden Exempel. Daß die Köpfe der Gruppe bei allem Suchen nach vornehmer Charakterisirung flach und auédruckslos erscheinen, ist die natür- lihe Folge dieser geistloscn Methode. Und nun die beiden Gruppen der Aufrührer! So sollte man sich die Vertreter jenes kraftvollen Bauerntypus, des „Jacques Bonhomme“ vorzustellen haben, denen es gelungen ift, den ganzen nordfranzösishen Adel der damaligen Zeit zittern zu machen ? Diese cretinhaften, verkümmerten Carikaturgestalten mit zum Theil wahren Affengesichtern, denen die thierishsten Leidenschaften aufgeprägt sind, mögen Typen aus der Bevölkerung der Fabrikvorstädte von Paris fein, aber nimmermehr solche einer kraftbewußten, bäuerlihen Bevölkerung, welche nicht einen bloßen Krawall anzuzetteln vorhatte, sondern plangemäß darauf ausging, ihr Joch abzuschütteln und ihren Herren in der That auch furchtbar wurde. Diese Doppelgruppe bleibt dermaßen hinter der beabsichtigten Wir- kung zurück, daß die leßtere eher in das Gegentheil umschlägt und lächerlich wird. Bei allem hohen Streben und Wollen hat der Künstler somit nicht das erreiht, was er sih zur Aufgabe gestellt hatte, und bleiben nur die malerischen Effekte übrig, an denen das Gemälde, wie ja niht zu leugnen, viele Wunder bietet. Indessen diese Mache läßt sih durch Schule und Dressur erwerben, der \{chöpfe- rische Geist muß mit dem Künstler geboren werden. Ob dieser unter jener verborgen noch in dem jnngen Kunstler {{lummert, werden wir ja hoffentlich an späteren, noch zu erwartenden Werken desselben zu beurtheilen Gelegenheit finden. / /

Im Uebrigen bietet die Ausstellung wenn auch niht hoh Hervorragendes, fo doch in kleineren Werken mannigfaltigster Art manches Interessante und Bemerkenswerthe, das den Kunstliebhaber dur zum Theil ganz auffällig bescheidene Preise zum Ankauf lockt. Auf dem Gebiet des ländliben Genres ist der Münchener Gustav Igler mit zwei gemüthlichen Bildern: „Das Lieblingslied“ und „Groß- papas Pfeifchen“ zu nennen, während Zaack unter dem Titel „Neckerei“ in delikater Ausführung eine elegante, în rosa Atlas gekleidete Dame mit Papagei und Hund malte. Die von Ch. Heyden ausgestellte Gruppe von drei dem Beschauer entgegenlahenden Männern, welche einem Karrikaturenzeihner bei seiner Beschäftigung assistiren, ift äußerst lebendig erfaßt und unwiderstehlich erheiternd, wenn auch einzelne der Dargestellten nicht eben salonmäßig erscheinen. Ferner verdient noch F. von Puteani Erwähnung, welcher uns mitten in das bunte Treiben des Fishmarkts von Venedig verseßt. Das Bildnißfach ist durch zwei beahtens8werthe Portraits von Lulvès und Koner ver- treten. Unter den Studien ragt eine von L. Pohle ausgestellte „Thüringerin“ durch Wärme der JIncarnation, pul- sirendes Leben und plastische Modellirung bei ungemein zurück- haltender, ernst gediegener Farbengebung besonders hervor. Troß der sehr fertigen und geschmackvollen Ausführung nimmt sich da- gegen das Aqguarell-Brujstbild einer Oberbayerin, von Völker (München), so kalt und konventionell aus, daß man eher eine ländlih kostümirte, vornehme Dame vor si zu haben meinen könnte. Als Thiermaler excellirt Steffeck mit einem höchst drolligen Mops, der es si auf einem weihen Fauteuil wohl sein läßt. Lulvès beweist seine Vielseitigkeit durch ein elegant gemaltes Pferde- porträt. Der als Pferdemaler geschäßte Hallaß if dur ein virtuos gemaltes Thiergenrebild „Brodneid“ vertreten. Besonders reich besetzt ist, wie immer, das Landschaftsfach. Voran zu nennen in dieser Kategorie sind: von Kameke mit einer grandiofen Ansicht der Zugspiße, sowie H. Schmidt mit einer Schilderung des Rechensecs in Tirol und der Ortlerkette dahinter. Eschke, der_erfolg- reiche Nachahmer Hildebrandts und dessen feuerflammender Sonnen- lihteffekte, ferner H. Gude, Müller-Kurzwelly, Fischer, J. H. Engelhardt (Schwarzwaldlandschaft) haben bemerkenswerthe Arbeiten eingesandt. Hermes bictet eine Ansicht des hügeligen, von saftig grünem Laub- walde bestandenen Ufers eines mecklenburgishen Landsees, Olof Winkler schildert den Venusberg (Hörselberg bei Cisenach) bei be- rückend gluthvollem Mondschein, Carl Rodeck eine s{höne Laubwald- oder Park-Landschaft mit Wasser, von Wille eine Frühlings-Land- haft mit Schloßarchitektur im Hintergrunde, Wansleben einen nebligen Frühlings8abend in sumpfiger Haide, Rahtjen die Zauber einer duftigen, mondscheinerfüllten Sommernacht 2c. Als Marinemaler bleibt der talentvolle Sturm mit einer Ansicht von Helgoland bei bewegter See vereinzelt. Die Architekturmalerei ist vertreten dur eine Ppoesie- volle Ansicht des Myrthenhofes der Alhambra bei Mondschein, von dem gründlichen Kenner dieses weltberühmten maurischen Pracht- b Possart, ferner die Aufnahme eines Portals von San

îarco in Venedig mit den Mosaikbildern auf Goldgrund darüber. In Aquarell ausgeführt bietet sodann Barthel eine Reihe von Auf- nahmen aus den Domen zu Mainz und Halberstadt sowie aus Stral- sund. Als Blumenmalerin excellirt auch hier Frau von Preushen- Schmidt in München. In Aquarell ausgeführt is eine anmuthige Kollektion Blumenmalereien von Fernow. In dem Nebenraum, der den Aquarellen angewiesen ist, sehen wir au eine vortreffliche Radirung von dem talentvollen, durch eine Reihe von Eaux fortes rößten iFormats {nell namhaft gewordenen Bernhard Mannfeldt. Die neueste Arbeit zeigt die malerische Ansicht des imposanten Ge- bäudekomplexes der Marienburg von der Nogatseite aus und ist von einer Wärme der Luftstimmung und Schattirung, wie man sie dieser Technik, welche sonst ihre Vorwürfe mehr in der Richtung auf geist- voll scharfe Miniaturcharaktcristik zu suchen pflegt, kaum zugetraut hätte. Als reproduzirende Kunst hat diese Radirung noch eine weitere hervor- ragende Vertretung gefunden, und zwar in der vorzüglichen Kollektion von Blättern nah Meisterwerken der alten Pinakothek in München. Zu den mit Sorgsamkeit und Geschmack von Professor J. F. Raab radirten Bildern hat der Galerie-Direktor Fr. von Roeber den er- klärenden Text geliefert. Eine jeßt nur noch selten geübte Kunst, die Silhouetten-Zeichnung, is durch zwei Rahmen mit höchst an- muthigen, poesievollen Bildchen vertreten, als deren Urheberin Hanna Böhm genannt wird. Baronin von Vietinghoff hat zu den reizend erfundenen, dem feinsinnigen? Paul Konewka na eifernden Blätthen hübsche, \timmungsvolle Verse gedichtet. In dem unteren Raum, den der Besucher der Ausstellung zuerst

betritt, haben die Sfulpturwerke ihren Plaß erhalten. Unter diesen verdienen namentli die sinnig êrdahten und fein geformten Thon- Reliefs für das Kücken-Denkmal in Schwéktin, von Brunow, sowie eine frappani lebensvolle Porter ene, vou demselben, Hervorhebung. Sehrx an- muvig ift ferner die Marmorbüste eines jungen {lummernden Mädchens, von M. Schulz, welche die Bezeichnung „Liebestraum“ erhalten hat. Nicht unterlassen woklen wir es* \{ließlich auch auf die zur Ver- loosung bestimmten Kunstwerke aufmerksam zu machen. Unter diesen ist besonders anziehend das wohl absihtlich in der Art der antiken Freskobilder aus Pompeji ernst und küblfarbig behandelte Bildniß eines zgriehisen ädchens, von Schick. Mit vortrefflihem Humor charafkterisirt if die Figur eines alten Bauern, von Harburger. Die Ansicht des \chneebedeckten Aas an einem Wintermorgen, von R. Schuster, ift sehr verdienstvol. Auch eine hübsche Erz- büste, von Pollack, ein orientalisches Mädchen darstellend, i} zur Ausfspielung erworben worden.

Der Frauenverein „,Edelweiß “, der es sich zur Aufgabe gestellz hat, verschämten Armen nachhaltige Hülfe zu bringen, hielt gestern Abend im festlich geschmückten Saale des Evangelischen Vereinshauses in der Oranienstraße sein 2. Jahresfest ab. Dem von dem Pästor Hülle erstatteten Bericht war zu entnehmen, daß sich dem Verein z. Z. be- reits 7000 Frauen und Mle Fiie angeschlofsen haben, die dur die Vereinszeitscrift „Edelweiß“ über die Wirksamkeit des Vereins orientirt werden. Die Mitglieder vertheilen sich über ganz Deutschland: in Berlin selbst zählt der Verein 600 Mitglieder; 5000 wohnen in Städten, 2000 auf dem Lande, 3000 gehören der Aristokratie, 4000 den bürgerlihen Ständen an ; unter leßteren befinden ih allein 550 Pastorenfrauen. Für die Zwecke der Armenpflege hat der Verein im leßten Jahre 10 000 #4 verwendet. Die Hälfte davon wurde baar verausgabt und zwar zur Unterstüßung von 39 Familien und 13 Wittwen. Der Verein unterhält außerdem eine Beschäf- tigungs8anstalt, in welcher im leßten Jahre von Hülfsbedürftigen Sachen im Werthe von 1250 #ÆsÆ angefertigt worden sind. Die Erzeugnisse * dieser Anstalt und - 200 Pakete alter Sachen, die aus allen Himmels8gegenden eingingen, wurden zu Weihnachten zwölf kirhlihen Frauenvereinen der Berliner Vorstadt- gemeinden zum Geschenk gemacht. In jeder diefer Gemeinden wurde außerdem aus Mitteln des Vereins eine Pflegerin unterhalten. Mit der Beschäftigungsanstalt geht die Stellenvermittelung Hand in Hand. Im Sommer wurde 18 kranken Nähßerinnen eine Sommerfrische ver- schafft, ebenso wurden 40 franke Kinder auf Gütern und 16, die an Skropheln litten, im Soolbad Kolberg verpflegt. Die Jahresfeier selbst verlief sehr weihevoll : der Kirchenhor von Nikolai und Marien sang, Pastor Vorberg hielt die Festpredigt.

London, 12. Februar, Nahhmittags. (W. T. B.) Aus Leicester wird von heute Mittag gemeldet: Die Unruhen haben sih feit heute früh in verstärktem Maße erneuert. Die Ruhestörer drangen in mehrere Magazine ein, zertrümmerten die Fenster und bewarfen die Polizei mit Steinen. Die Behörden forderten die Bürger auf, sie bei der Wiederherstellung der Ordnung zu unterstüßen.

12. Februar, Abends. (W. T. B.) Nach weiteren Meldun- gen aus Leicester, von Nahmittags 43 Uhr, begannen die \triken- den Arbeiter aus den Strurapfwaarenfabriken, die Maschinen in einzelnen Fabriken zu zerstören. Die Polizei war zu s{chwach, um dem Beginnen Einhalt zu thun. Die Behörden haben sich an die be- nahbarten Städte um Beistand gewendet.

13. Februar, früh. (W. T. B.) Nach den leßten Nachrichten aus Leicester, von gestern Abend 11 Uhr, gelang es der Polizei, nachdem sie ausreichende Verstärkungen erhalten hatte, die Ruhe- t ôörer ohne militärische Hülfe zu zerstreuen. 27 Personen wurden verhaftet. Die Arbeitgeber haben den Arbeitern einige Konzessionen gemacht und schlagen vor, andere streitige Punkte einem Schiedsrichter zu unterbreiten.

Im Deutschen Theater wird morgen, Sonntag, „Die Lorelei“ und am Montag „Das Käthchen von Heilbronn“ gegeben. Am nächsten Sonnabend, den 20., geht das vieraktige Lustspiel „Die armen Reichen“ von Hugo Lublîiner zum ersten Mal in Szene. Ferner bringt das Repertoire der nähsten Woche außer Wiederholungen von „Die Lorelei“ noch Aufführungen von „Die Räuber“ und „Der Bureaukrat.“

Ein so lustiger Abend, wie ihn gestern das Walhalla- Operetten-Theater seinen Besuchern bereitete, dürfte wohl seit langer Zeit nit dem Publikum geboten worden sein. Es war das alte Berlin, welhes dem jungen gestern auf der Bühne vorgeführt wurde, und der von Jacobson und Wilfen gewählte Titel „Das lahende Berlin“ is als ein fehr glückliher zu bezeihnen. Diese Fülle von Humor und gesundem Volkswit, wie wir fie in den altcn Possen finden, verfehlte auch in der von den Kompilatoren beliebten

orm seine Wirkung niht und riß die Zuschauer zu stets erneuten usbrühen der ungebundensten Heiterkeit hin. Nach dem oft recht gesuhten Wiß und dem erzwungenen Humor unserer neuesten Al lat muthet die unverdorbene Frische jener alten Volks- tücke doppelt erquickend an, und die Harmlosigkeit der kleinen Genre- bilden gereicht denselben zu besonderem Vorzuge. Der Versuch, diesen alten Schaß wieder zu heben und nußbar zu machen, ist als ein durhaus gelungener zu betrahten und wird wohl eine weitere Wiederbelebung der in Vergessenheit gerathenen alten Berliner humo- ristischen Bühnenliteratur zur Folge haben. Die Hrn. Jacobson und Wilken haben eine große Anzahl der bruchstücksweise dargebotenen Possen in einen losen Rahmen zusammengefaßt. Ob die Art, wie dies gesehen, namentlih im leßten Aft nicht etwas geschickter und geistreiher hätte sein können, foll hier nicht untersucht, sondern nur bestätigt werden, daß beide Autoren dem Berliner Publikum einen von Anfang bis zu Ende vergnügten Theaterabend bereitet haben. Daß die Direktion und die Regie Alles gethan haben, was in ihren Kräften stand, ist selbstverständlich, und so war denn der Erfolg in jeder Weise gesichert. Die Ausstattung und Inscenirung war länzend, das Spiel frisch und künstlerisch vollendet. Eine ganze teibe tüchtiger Kräfte hatte gestern Abend Gelegenheit, zum Gelingen des Unternehmens beizutragen. So fei in erster Reihe Hr. Unk erwähnt, welcher in jeder Rolle und er hatte deren eine ganze Anzahl einen neuen Beweis von seiner Vielseitigkeit ablegte, so als kokette Jungfer im ersten Stü, als Wiener im dritten Bild, als Isaac Stern in dem Einakter: „Einer von unsre Leut“ von Kalisch, und endlich zu allgemeiner Heiterkeit als Ballettänzerin, wobei er erftaunliche E ben seiner Tanzfertigkeit ablegte. Frl. Bäckers zeichnete \sich in ihren vershiedenen Rollen gleichfalls durch frisches, gefälliges Spiel aus, was auch von Frl. Dworek gesagt werden muß. Hr. Philipp hatte verschiedentlich Gelegenheit, sein hübsches Talent zu verwerthen ; EE Bollmann, Korschén, Worms spielten flott. Besonders hervorgehoben zu werden verdient aber Hr. Herrmann vom Deutschen Theater in Moskau, der durch feinen drafstishen Humor jedesmal einen großen Lacherfolg erzielte und den Beifall vollauf verdiente, welher ihm zu Theil wurde. Frl. Erdösy, Frl. Seebold und Frl. Zimaier traten im leßten Akt in ihren beliebtesten Rollen auf und erhöhten wesentlich den Glanz des Abends. Die lustige Stim- mung, welche das Haus \{chon vor Beginn der Vorstellung beherrschte, hielt bis zum Schlusse derselben an, und fo steht zu erwarten, daß noch an manchem Abend das alte „lachende Berlin“ die Räume des Walhalla-Theaters zum Sammelpunkt der lachlustigen jungen Berliner machen wird.

Im Königstädtishen Theater wird am 16. d. M. die „Miniatur-Soubrette“, die kleine Amerikanerin, Miß Marguerite Fi\h, die hier hon früher mit Erfolg gastirt hat, im Verein mit einer Lustspiel-Gefellschaft, in welcher Ä u. A. der bei dem Berliner Publikum beliebte Komiker Hr. Paul Pauli befindet , einen Cyclus moderner Lustspiele und Possen eröffnen, zunächst mit der Posse „Der Glüksengel“. Miß Marguerite, die fon nur englis \pricht, wird sich auf der Bühne der deutschen Sprache bedienen. Das Theater ist renovirt, und die Dircktion hat für eine gute Ausstattung der Stücke

geforgt.