1863 / 156 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

stimmt werden. Die Gesandten von Preußen, Holstein - Lauenbur g und Luxemburg - Limburg nahmen an diesem Berathungs8gegenstand nicht Theil,

Es ward dann in Folge eines über den Antrag der Königlich preußischen Regierung auf Abänderung der allgemeinen Cartel- convention in einer früheren Sißung erstatteten Aus\hußvortrags über die in demselben gemachten Vorschläge abgestimmt und nach dem Ergebnisse dieser Abstimmung folgender Beschluß gefaßt :

1) die Bundescartelconvention vom 10. Februar 1831, und na- mentlich den Artikel 8 derselben, dahin abzuändern, daß künf- tig, außer der im Artikel 9 der Convention für Einlieferung von Deserteuren und mitgenommenen Pferden festgeseßten Prämie, keinerlei Vergütung der dnrch die Auslieferung von Deserteuren entstehenden Kosten weder für den Transport, die Bewachung 2c., noch für den Unterhalt der Deserteure und und der mitgenommenen Pferde zu gewähren sei, und

2) daß diese kostenfreie Auslieferung vier Wochen nach Fassung des gegenwärtigen Beschlusses einzutreten habe.

Nach einer Erklärung der Königlich niederländischen Regierung werden diese neuen Bestimmungen zwar auch für das Königreich der Niederlande Giltigkeit erlangen, nicht aber für die Kolonicen, wegen deren die Königliche Regierung zu besonderen Vereinbarungen mit den einzelnen Regierungen bereit ist. Die Königlich dänische Herzoglich holstein - lauenburgische Regierung tritt dieser neuen Ein- richtung zwar für Holstein und Lauenburg bei, hinsichtlich des Königreichs Dänemark und des Herzogthums Schleswig wird es aber bei den Bestimmungen der Cartelconvention von 1831 be- wenden.

Endlich ward über die in einer früheren“ Sizung gestellien, die Kosten der Unterkunft und Verpflegung der hiesigen Bundesgarnison betreffenden Aus\chußanträge abgestimmt. Diese Anträge sind fol- gende:

Hohe Bundesversammlung wolle beschließen :

1) daß sie den Anspruch der freien Stadt Frankfurt auf den voll- ständigen Ersay der von ihr für die hiesige Bundesgarnison abzüglich der Zahlungen der einzelnen Kontingente seit- her geleisteten Mehrausgabe als rechtlich begründet nicht aner- kenne, vorbehaltlich der Beschlußfassung Über einzelne Posten, welche nah dem Ergebnisse der von der Bundesmilitairkom- mission vorzunehmenden Prüfung der neuerdings von Seiten der freien Stadt Frankfurt gemachten Rehnungsvorlagen etwa als dem Bunde zur Last fallend anerkannt werden könnten ;

2) die freie Stadt Frankfurt , insofern sie für die Zukunft eine anderweite Regelung ihrer Leistungen für die biesige Bundes- garnison, resp. der ihr hierfür zu gewährenden Entschädigung wünschen sollte, zunächst. darauf zu verweisen, zu dem Ende mit den Kntingent-Regierungen nach Kündigung der mit die- sen von ibr abgeschlossenen Vereinbarungen in Verhandlung zu treten ;

3) sih bereit zu erklären, mit der freien Stadt Frankfurt , falls leßtere dies wünschen sollte , Bebufs endlicher Herbeiführung eines Bundesbeschlusses zur definitiven Feslstellung der hiesigen Garnisonsverhältnisse in kommissarische Verhandlung zu treten;

4) den Herrn Gesandten der freien Stadt Frankfurt zu ersuchen, diese Bescblüsse zur Kenntniß des hohen Senats zu bringen;

virung Kenntniß zu geben.

Bei dieser Abstimmung suchte der Gesandte der freien Städte, indem er für die Curie den Ausschußanträgen beistimmte, für Frankfurt in einem umfassenden Voto das Ausschußgutachten in verschiedenen Punkten zu widerlegen, behauptete die Be- rechtigung der Stadt auf vollen Ersaß der Leistungen sowohl für die Vergangenheit, als die Zukunft, theilte mit, daß die mit den Kontingentsherren der biesigen Garnison abgeschlossenen Vereinbarungen gekündigt werden würden, gab aber auth die Be- reitwilligfeit des Senats zu erkennen, wegen der zu gewährenden Entschädigung, zu Herbeiführung eines Bundesbeschlusses in kom- missarische Verhandlungen einzutreten, und protestirte endlih gegen jede weitere Anmuthung irgend einer unentgeldlichen Leistung.

Die dóbigen Anträge wurden ohne sonstigen Widerspruch zum Beschlusse erhoben, von einigen Bundesstaaten war aber bei den Ab- stimmungen in einer oder der anderen in Frage kommenden Be- ziehung eine billige Rücksihtnahme empfohlen worden.

Baden. Mannheim, 4. Juli. Die badische Abgeordneten- Kammer hat, wie der »Köln. Ztg.« berichtet wird, die Einladung des FFestcomité's des badischen Schüßentages zum heutigen Rendezvous mit den nachbarstaatlihen Abgeordneten in der Schügzenhalle schrift- lich abgelehnt, weil ein Mitglied des Festcomité's sich in der Banket- Rede unziemend Über die Wirksaimnkeit badischer Abgeordneten ge- äußert habe.

Desterreich. Salzbúrg, 2. Juli, König Ludwig von Bayern fam gestern mit Gefolge hier an und begab sich sogleih nach Berchtesgaden, wo er während des Monats Juli den gewöhnlichen

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Sommeraufenthalt nehmen wird, um dann Anfangs August nah Leopoldskron bei Salzburg zu Übersiedeln und daselbst den Spät: sommer im Kreise mehrerer höchsten Herrschaften zuzubringen.

Großbritannien und Jrland. London, 4. Iul, Jhre Majestät die Königin von Preußen reiste gestern Nachmittag, nachdem Alerhöchstdieselbe von der Königin Victoria im Schlosse Windsor Abschied genommen, in Begleitung der Gräfin Schulen- burg, der Gräfin Schwerin, des Grafen Boos-Waldeck und des Dr. Brandis nah London, woselbst Jhre Majestät um halb 5 Uhr an- kam und im Hotel des preußischen Botschafters abstieg. Der Prin; von Wales machte Jhrer preußischen Majestät dort cinen Besuch, und Beide begaben sih am Abend mit ihrem Gefolge zur italie- nischen Oper in Coventgarden. j

Im Oberhause beantragte vorgestern der Herzog von Newcastle die zweite Lesung der die Feststellung der Grenzen von Britisch - Columbien

bezweckenden Vill. Kraft derselben wird Britisch-Columbien und Vancouver-

Island getrennt. Der Herzog sehte aus einander, was die Regierung zur Hebung dieser Kolonieen eingeleitet (Sträßen und Telegraphen durch Britisch: Amerika), und theilte bei dieser Gelegenheit dem Hause mit, daß die Jnter- national-Financial-Association (der sogenannte Londoner Crédit Mobilier) die Besißungen und Rechte der Hudsonsbai-Compagnie an sich ge- bracht habe, wodurch diesem Tyeile der britischen Besißungen und den an- grenzenden Territorien eine segensreiche Zukunft erwachsen dürfte. Lord Taunton drückte einige Bedenken wegen dieser Uebertragung aus, insofern als die Hauptagenten der neuen Compagnie, wie verlaute, Amerikaner seien und der Mittelpunkt des Pelzhandels von London nach Rew-York über- tragen werden möchte. Troß dieser Bedenken wurde die Bill zum zweiten Male verlesen.

] Im Unterha use fündigte vorgestern Herr Horsman folgende neue Resolution in Betreff Polens an: »Daß zufolge der Meinung dieses Hauses die durh den Wiener Traktat in Bezug auf Polen getroffenen Arrange- ments nicht im Stande gewesen , eine gute Regierung für Polen und den Grieden für Europa zu sichern, und daß jeder fernere Versuch, Polen unter die Stipulationen jenes Vertrages zu stellen, ernste Verlegenheiten für Polen und Gefahren für Europa verursachen müsse.« Herr Horsman interpellirte ferner den Unterstaatssecretair des Auswärtigen (Lord Palmerston war näm- lich noch nicht wieder im Parlament erschienen), wann die verschiedenen Noten in St. Petersburg überreicht worden seien, wann die öster- reichische eingetroffen und ob der britische Gesandte angewiesen worden , die englische Note bis zum Eintreffen der österreichischen zurückzuhalten. Herr Layard antwortete: »Die drei Noten kamen an demselben Tage, am 21. nämlich, in St. Petersburg an. Am 23sten beriethen die drei Gesandten, welche Schritte sie demnächst zu thun hätten. Das Resultat dieser Berathung war, den Fürsten Gortschakoff zu ersuchen, daß er einen Tag zur Entgegennahme der Noten bestimme. Fürst Gortschakoff bestimmte dazu den 27sten, an welchem Tage er aus den Händen der drei Gesandten die Noten empfing und die Erklärung abgab, daß er dieselben seinem Kaiser vorlegen wolle. Dem britischen Gesandten is nicht die Weisung zugegangen, daß er das Eintreffen der österreichischen Note abwarten solle, wohl aber, daß er sich mit den Botschaftern Oesterreichs und Frankreichs über den Tag und die Art der Uebergabe in Einvernehmen seßen solle. Bis zur Stunde ist die Petersburger Antwort nicht eingetroffen ; sie soll aber gleich nah Empfang dem Hause vorgelegt werden,« Auf eine Anfrage des Obersten French, in welcher Weise man sich von dem Wunsche der Jo- nier, dem griechischen Königreiche einverleibt zu werden, überzeugen wolle, erwiderte Herr C. Fortescue (Unterstaats-Secretair der Kolonieen): »Am besten dadurch, daß man das gegenwärtige Parlament auflöst, ein neues beruft und dieses vermittelst einer Proclamation von deim besonderen Zwecke seiner Einberufung in Kenntniß seßt. Die betreffenden Mittheilungen sind

5) der Militairkommission von diesem Beschlusse und dessen Moti- bereits vom Kolonialamt an den Lord - Oberkommissär abgegangen.

Herr Forster ersuchte den Unterstaats - Secretair des Auswärtigen, zwei FFragen zu beantworten: 1) ob die Angabe des Herrn Roebuck ahr sei, daß ein vor wenigen Monaten vom Kaiser der Franzosen der britischen Regierung gemachter Vermittelungs8vorschlag in Be- treff Amerikas durch den britischen Gesandten Lord Lyons dem ameri- kanischen Staatssecretair Herrn Seward mitgetheilt worden sei, und 2) ob der hiesige französische Botschafter dem auswärtigen Amte in den lehten Tagen eine Mittheilung gemacht habe, welche mit den Angaben Roebucks Übereinstimme. Hr. Layard antwortete: Diese Fragen sind so wichtig daß ih um die Nachsicht des Hauses bitte, wenn ih sie ausführlicher be- antworte, als sonst üblich ist. Hr. Roebuck: »Dem widerseße ih mich und gestatte es nur dann, wenn Sie einen Antrag auf Vertagung des Hauses stellen@ (d. h. wenn Herr Layard einen formellen Antrag stellt, an den er dann weiter anknüpfen kann). Herr Layard: »Tch stelle die Entscheidung dem Hause anheim. Es handelt sich hier um eine Berichtigung von That- sachen (hört, hört}, und wenn das Haus will, so bin ich gern bereit, die Vertagung

zu beantragen. Das ehrenwerthe Mitglied hat im Namen eines auswär tigen Monarchen in diesem Hause eine Beschuldigung der ernstesten Art gegen Jhrer Majestät Regierung erhoben. Ich ersuche das Haus, mir zu F gestatten, die thatsächlichen Beweise beizubringen, daß die Angaben des ehren- werthen Mitglieds ungegründet sind«. (Hört, hört!) Herr Roebuck: »Tch F

rufe den Redner zur Ordnung und bestehe darauf.« (Verworrener Ruf:

Zur Ordnung!) Herr Coningham: »Das ehrenwerthe und gelehrte Mit- « glied ist nicht der Diktator dieses Hauses«. (Hört, hört!) Herr Roebudck: «T appellire an Sie, Herr Sprecher, gestüht auf die Regel, daß in diesem |

Hause nichts gesagt werden darf, worauf nicht eine sofortige Erwiderung möglich ist.« Der Sprecher: »Ein ehrenwerthes Mitglied hat an den Unterstaatssecretair eine Frage gerichtet, worauf dieser sih anschickte, diese Frage zu beantworten. Es ist somit nichts geschehen, was gegen die Regel des Hauses verstieße.« (Hört, hört!) Herr Layard: »Es ist im. Namen

eines fremden Monarchen von dem ehrenwerthen Mitgliede behauptet wor F den, daß die Regierung schuldig. Herr Roebuck: »Tch rufe aber F

mals zur Ordnung. Denn das ehrenwerthe Mitglied bringt eine Beschul-

digung gegen mich vor, ohne daß es möglich wäre, eine Diskussion anzu- fnüpfen.« Da der Sprecher fich weiter [nicht einmischte, seßte nun Herr Layard auseinander , wie ganz falsch die Angabe Roebus von einer JTndiscretion der Regierung sei. Die Depesche des Herrn Drouyn de Lhuys, in welcher England zu einer gemeinschaftlichen Vermittelung in Amerika aufgefordert worden, sei , ivie sich Jedermann aus den Blaubüchern über- zeugen fönne, vom 10. Oktober datirt, der Regierung aber erst am 10, No-

vember mitgetheilt worden, und zwar blos vorgelesen, ohne daß ihr eine |

Abschrift gegeben wäre. Schon drei Tage später, am 13. November, somit bevor die britische Regierung geantwortet , sei die französische Depesche im »Moniteur« abgedruckt erschienen. Erst am folgenden Tage habe Lord Cowley die britische Antwort in Paris überreicht , welche gleichzeitig (am 14. November) in der »London Gazette« erschienen sei. Wieder einen Tag später, am 15ten, sei diese Depesche an Lord Lyons nah Washing- ton geschickt worden, und am 2d8sten habe Lord Lyons an Graf Russell berichtet, daß der Vermittelungs - Vorschlag Frankreichs am 2dsten durh den Telegraphen von Cape Race in den New - Yorker Blät- tern bekannt geworden sei. Aus den hier gegebenen Daten gehe hervor: erstens, daß der französische Vorschlag nicht von der briti schen Regierung, sondern von der französischen im »Moniteur« veröffentlicht worden, be- vor sie noch die Antwort aus London in Händen ‘gebabt. Zweitens, daß Lord Lyons die französische Note dem amerikanischen Staatssecretair nicht mitgetheilt haben fonnte, da sie selbst gar feine Abschrift derselben besessen (Hört, hört!), und drittens, daß somit Lord Lyons über diese Note nicht zuerst mit Herrn Seward habe sprechen können, sondern daß Leßterer zu Ersterem darüber gesprochen. Die Regierung könne es daher getrost dem Lande und dem Hause überlassen, über die Stichhaltigkeit der gegen sie erhobenen Anklagen ein Urtheil zu fällen. (Beifall.) Herr Roebu ck wünschte nun noch die eine Frage zu stellen, ob nicht vielleicht ein Vermitt- lungs - Vorschlag Frankreichs in diesem Frühjahr nah London gelangt sei. Herr Layard erwiderte, er habe das ganze Ministerium des Auswärtigen

durchstöbern lassen und nichts Derartiges gefunden, was ein neueres Datum |

als das des November vorigen Jahres trage. Lord Robert Cecil: »Hat auch keine mündlichèé Mittheilung stattgefunden?« Herr Layard: » So viel mir bekannt is, keine. « Auf eine Anfrage des Herrn Bentinck erwiderte Herr Hennessy, er wolle heute seinen Adreß-Antrag in Betreff Polens noch nicht einbringen und lieber warten, bis die von Graf Russell versprochene Vorlage der betreffenden Noten geschehen sei, was hoffentlich in den nächsten Tagen der Fall sein werde. Nun erhob sich der Kanzler der Schaßkammer, um eine Geldbewilligung von 405,000. Pfund Sterling behufs Ankaufs und Reparatur des Ausfstellungs-Gebäudes zu beantragen. Die Diskussion über diesen Gegenstand war außerordentlich lebhaft und zog sich bis in den Mor- gen hinein. Vergebens bemühte sich Herr Gladstone, die Vortheile des Kaufs ins beste Licht zu stellen. Es trat ein Gegner nach dem anderen auf; von Parteisubordination war dabei keine Spur zu finden. Mehrere Konservative sprachen für, noch mehr Liberale gegen den Antrag der Regierung. Nach Mitternacht wußte Jedermann schon ziemlich gewiß, daß der Antrag nicht

durchgehen werde. Man wollte weder Herrn Visraeli, noch irgend Jemand |

mehr zu Wort kommen lassen; das Haus schritt zur Abstimmung und ver- warf den Antrag mit 287 gegen 121 Stimmen. Die Ankündigung dieser großen Majorität (166) wurde mit dem lautesten Beifall aufgenommen, in welchen Mitglieder von allen Seiten und Besiegte sowohl wie Sieger ein- stimmten. Die Sihung {loß erst gegen 2 Uhr Morgens.

Gestern überreichte im Oberhause Graf Russell eine von Kollegien- vorstehern, Professoren und sonstigen Mitgliedern der Oxforder Uni- versität unterzeichnete Petition, welhe um Abschaffung des bisherigen Brauches bittet, daß Jeder, der einen akademischen Grad erhalten soll, ein religiöses anglikanisches Glaubensbekenntniß unterschreiben müsse. Graf Russell äußerte dabei die Ansicht, daß durch bloße Unter- shreikung von Glaubensartikeln der Moral eher geschadet, als genügt werde und daß es Zeit sei, einer Unbilligkeit gegen alle nicht der anglikanischen Kirche angehörende Staatsbürger ein Ende zu machen ; er hofft daher, daß, wenn nicht in dieser Session, doch in der näch- sten dem Wunsche der Bittsteller durch ein betreffendes Geseg werde Genüge geleistet werden. Lord Derby (Kanzler der Universität Oxford) behauptete dagegen mit Entschiedenheit, daß in der vorliegenden Petition die Wünsche nur eines kleinen Theiles der Universität vertreten seien, und erklärte sich ebenso entschieden gegen jede derartige Neuerung. Jhm {loß sih Lord Harrowkby an, während Lord Granville und der Bischof von London auf Seiten Lord Russells standen. Leßterer hält es für einen großen Fehler der Uni- versität, von ihren Mitgliedern eine Erklärung zu verlangen, die, weil sie eben ge- [leistet werden m ü \\e, gedankenlos abgegeben werde und die traurige Folge habe, daß Viele sich zur Unterschreibung eines Glaubensbekenntnisses herbeiließen, dessen Inhalt sie kaum kennen, für dessen Wahrheit sie nicht cinzustehen vermöchten und bei dessen Auslegung sie sih später vielleicht zu sophistischen Kunst- griffen verleitet sähen. Aus diesen Gründen stimmte er für die Berücksich- tigung der vorliegenden Petition. Der Bischof von Oxford is der entgegengeseßten Ansicht , vornehmlich deshalb , weil die eine Konzession zu unabsehbaren weiteren Forderungen führen würde. Nachdem noch der Lord-Kanzler seine juridischen Zweifel ausgesprochen, ob die Universität aus eigener Machtvolllommenheit das fragliche Statut zu ändern befugt sei, ließ man den Gegenstand einstweilen fallen.

Im Unterhause wurde gestern der bei weitem größte Theil der Sigung durch eine Diskussion über Baumwolle, ihre Bezugsquellen u. st. w. ausgefüllt. Veranlassung dazu gab ein von Herrn Caird ge- stellter Antrag : daß ein besonderer Ausschuß ernannt werde, welcher unter- suchen solle, ob und wie die Baumwollenproduction Indiens mit Hülfe der Regierung gehoben werden könne. Der Antragsteller hob die Thatsache hervor, daß seit Beginn der amerikanischen Krise die Zufuhr aus Jndien sih wunderbar rasch gehoben habe. Es sei dies der schlägendste Beweis für die Productionsfähigkeit des Landes, und es bedürfe blos einer verständigen Unterstüßung seitens der Regierung, um FJndien zum reichsten aller baumwolleerzeugenden Staaten zu machen. Herr Smollett sprah gegen den Antrag, nicht, weil er an der Productionskraft

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Indiens, sondern an der Möglichkeit zweifle, daß dieselbe durch Re ierungs- mittel gesteigert werden könne. Herr Cobden theilte diese Zweifel durchaus nicht. Er äußerte im Gegentheil die Ueberzeugung, daß unter den eigen- thümlichen Verhältnissen , in welchen England und Jndien zu einander stehen, die britishe Regierung, als Haupteigenthümerin des Bodens daselbst, gerechtfertigt wäre , vermittelst ihrer dortigen Beamten für Unterricht der Landleute in der Baumwollenkultur, für Preisausschreibungen, kleine Unter- stüßungen und dergleichen zu sorgen, um auf diese Weise die Production zu fördern. Leider seien statt dessen den kleinen Landbebauern in Indien wäh- rend derleßten zwei Jahre Hindernisse in den Weg gelegt worden. SirCharles Wood (Staaksfecretair für Indien) erkannte es als eine Pflicht der Re- gierung an, die Communicationsmittel in Jndien zu verbessern; doch sei diese Pflicht auch bis jet nicht außer Augen gesezt worden, und die Com- munication in Indien sei wenigstens eben so gut wie die in den Vereinigten Staaten, Was die Baumwollenkultur betreffe, so seien bereits 5 Jahre hin- durch Versuche darin angestellt worden, aber gescheitert. Einige geringere Erfolge ausgenommen, habe sich herausgestellt, daß eine Konkurrenz indischer Baumwolle mit der unter günstigeren Bedingungen erzeugten unmöglich sei. Doch werde die Regierung stets bereit sein, Privatleute in der Baumwollen- kultur zu unterstügen. Nachdem sih noch mehrere Redner an der Diskussion betheiligt, wurde der Antrag zurückgezogen. i

Lord Palmerston's Befinden hat sich so weit gebessert, daß für heute ein Ministerrath in seiner Amtswohnung in Downing-Street angesagt werden konnte.

Herr William Smith O'Brien, der kürzlich von ciner Reise durch Polen zurückgekehrt ist, hielt vorgestern auf vielfah an ihn gerichtetes Ersuchen in Dublin einen Vortrag über jenes Land und den gegenwärtigen Aufstand. Dabei sagte er von den Agenten der britischen Regierung in Polen, dieselben sprächen von den Aufständi- hen nur als von Aufrührern, und ein intelligenter russischer Offi- zier, mit dem er eine lange Unteredung gehabt, habe ihm versichert, allen zu seiner Kenntniß gekommenen Vorgängen nah zu \{licßen, sei die englische Regierung eher den Russen günstig gestimmt, als den Polen. Als er auf seiner Reise nah Krakau gekommen, habe er geglaubt, auf Seiten Oesterreichs aus politischen Gründen die strikteste Neutralität finden zu müssen, aber er habe im Gegentheil gefunden , daß alle anwendbare Mittel in Bewegung geseht worden, um, ohne offen für Rußland Partei zu nehmen, den Russen zu hel- fen und die Polen in Nachtheil zu seten.

Als das Unterhaus den Ankauf des Ausstellungsgebäudes am Donnerstag abgelehnt hatte, entstanden Zweifel, ob die Bauunter- nehmer, die Herren Kelk und Lucas, sih bald zum Niederreißen des Gebäudes entschließen, oder bis zum völligen Ablauf der kontraktlih festgeseßten Frist warten würden; doch erklären diese Herren nun, daß sie schon am nächsten Montag mit dem Abbruch bezinnen werden.

Frankreich. Paris, 4. Juli. Dem heutigen »Moniteur« zufolge ist von dem französischen Minister des Auswärtigen und dem belgischen Gesandten eine Convention bchufs des Betriebes einer Eisenbahn von Lille nah Tournai unterzeichnet worden.

Das amtliche Blatt meldet ferner die Beförderung von fünf Obersten des mexikanischen Expeditions-Heeres zu Generalen.

Das General-Secretariat im Ministerium des Jnnern ist wieder hergestellt; die General - Direction der Departemental- und Kom- munal-Verwaltung und die Personal - Direction, wie sie Graf Per- signy als Minister des Jnnern vor drei Jahren cingerichtet hatte, sind ivieder aufgehoben. Staatsrath Thuillier, der bisher an der Spitze dieser Direction stand, is zum Abtheilungs-Präsidenten (sür Fnneres, Unterricht und Kultus) im Staatsrath, und Herr Boinvilliers, der diesen Posten bisher innegehabt, zum Präsidenten der Abtheilung für Ackerbau, Handel und öffentliche Arbeiten, sein Vorgänger aber in diesem Amt, Herr Vuillefroy, zum Senator ernannt. Auch Mar- quis de Gricourt is zum Senator ernannt. Der Nachfolger des jeßigen Ministers des Jnnern, Herr Boudet, im Präsidium der Staatsraths - Abtheilung für streitige Fälle ist der Staatsrath Bau- chart. Zum General - Secretair im Ministerium des Jnnern is der Requetenmeister Chamblain ernannt und zugleich zum Staatsrath befördert worden. Der Allier-Präfekt Gentour is an Gustav Rou- land’s Stelle General-Secretair im Unterrichts-Ministerium geworden. Herr Rouher hat seinen Sohn Gustav, Auditeur k. Klasse, zu sei- nem Kabinetschef ernannt. Der Kabinetschef des Ministers des Innern ist der Auditeur l. Klasse Herr Perret geworden. Der bis- herige General-Secretair im Staats-Ministerium, Armand Lefèvre, ist zum bevollmächtigten Minister 1. Klasse ernannt, an seine Stelle tritt der Staatsrath Eugène Marchand.

Aus. Havana erfährt die »France« , daß der von Puebla nach Vera-Cruz dirigirte Zug der Kriegsgefangenen, circa 2000 Soldaten und 800 Offiziere, in leßterer Stadt am 2. Juni eingetroffen war. Die Offiziere sollten auf dem Transportdampfer »Séèêvre« eingeschifft und nach Frankreich gebracht werden. Die Zahl derjenigen, welche unterwegs nebst Ortega entkommen sind, soll beinahe 400 fein. Dar- unter is auch der General Mendoza , der Chef vom Generalstabe Ortega's. :

Der so eben zum Marschall ernannte General Elie Frederic Forey ist nach der »-France« am L10ten Januar 1504 geboren und 1822 in die Militairshule von St. Cyr eingetreten. Den Zug nach Algier machte er mit und diente in Afrika mit Auszeichnung bis 1844, wo er als Oberst nach Frankreich zu-

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