1887 / 172 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jul 1887 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Der Königliche Regierungs-Baumeister Engel meier in Birnbaum is zum Königlichen Kreis-Bauinspektor ernannt Ben Ie die Kreis-Bauinspektorstelle daselbst verliehen worden.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesezes vom 21. Oktober 1878,

Auf Grund des §. 12 des Reichsgesezes gegen die ge- bingen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 91. Oktober 1878 wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Druckschrift: „An das arbeitende Volk von Lüden- scheid und Umgegend“, herausgegeben, gedruckt und ver- legt von der Genossenschaftsdruerei in Hottingen-Zürich, ge- mäß der Vorschrift des §. 11 des citirten Geseges von mir verboten worden ist.

Arnsberg, den 23. Juli 1887. _

Der Regierungs-Präfident. von Rosen.

Das mit Bekanntmachung vom 21. v. M. veröffentlichte, auf dem 8. 1 des Reichsgesezes vom 21. Oktober 1878 be- ruhende Verbot des Fachvereins der Tischler zu Weimar wird auf den neugegründeten, sich nah angestellten Ermittelungen sahlih als die alte, verbotene Vereinigung darstellenden Lokalverein des deutshen Tishlerverbandes zu Weimar hiermit erstreckt.

Weimar, den 22. Juli 1887. _ '

Der Ses Ae Bezirksdirektor. . Bo.

Nichtamtliches. Deutsches Reid.

Preußen. Berlin, 26. Juli. Se. Majestät derx Kaiser und König nahmen, wie „W. T. B.“ aus Bad Gastein meldet, gestern Abend den Thee bei der Gräfin Lehn- dorff, welche Sr. Majestät zu Ehren eine Theatervorstellung veranstaltet hatte.

Heute Morgen nahmen Se. Majestät ein Bad und macht:n sodann eine Spazierfahrt auf dem Wege nah Böcistein.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin ist gestern Abend in Homburg eingetroffen.

Den Kammerbherrendienst bei Allerhöchstderselben hat der Königlihe Kammerherr, Schloßhauptmann Freiherr von Ompteda, übernommen.

Jhre Majestät empfing heute den Besuch Jhrer König- lichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen.

Die im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellte, in

der Ersten bezw. Zweiten Beilage veröffentlihte Ueber- siht der Betriebsergebnisse deutsher Eisen- bahnen für den Monat Juni d. J. ergiebt für die

63 Bahnen, welche auch schon im entsprehenden Monat des Vorjahres im Betriebe waren und zur Vergleihung gezogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebslänge von 33 088,36 km, nachstehende Daten: Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im Juni d. J. auf ein Kilometer Betriebslänge bei 29 Bahnen, mit zusammen 28 740,62 km, höher und bei 34 Bahnen, mit zusammen 4347,74 km (darunter 5 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge), niedriger als in demselben Monat des Vorjahres. Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war in der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende Juni d. J. auf ein Kilometer Betriebslänge bei 41 Bahnen, mit zusammen 31495,97km, höher und bei 22 Bahnen, mit zusammen 1592,39 km (darunter 4 eas mit vermehrter Betriebslänge), geringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. ei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, aus\chließlih der vom Staat für eigene Rehnung verwalteten Bahnen , betrug Ende Juni d. F das gesammte fkon- zessionirte Anlagekapital 21 609 900 M (14 655 000 M Stammaktien, 2454900 F Prioritäts-Stammaktien und 4 500 000 Æ Prioritäts-Obligationen), und die Länge der- jenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt ist, 89,15 km, so daß auf je 1 km 242399 M entfallen. Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat- bahnen betrug Ende Juni_d. J. das gesammte konzessio- nirte Anlagekapital 571 932329 A (300 491550 Stammaktien, 78 881 650 F Prioritäts-Stammaktien und 192 559 129 4 Prioritäts-Obligationen), und die Länge dengen Strecken, für welche dieses Kapital bestimmt ist, 367842 km, so daß auf je 1 km 155483 S entfallen. Eröffnet wurden am 1. Juni d. J. die Strecke Kirhen— Wehbach 3,10 km (Königliche Eisenbahn-Direktion Elberfeld), und die neue Verbindungsbahn zwishen dem Bahnhof Riesa und dem Elbquai 0,99 km (Königlih Sächsische Staatseisen- bahnen), am 20. Juni die Strede Schönberg Schleiz 14,90 km (Königlih Sächsishe Staatsei)enbahnen), am 25. Juni die Strecken Warendorf—Rheda 23,58 km (Königliche Eisenbahn - Direktion Köln rechtsrheinishe) und Lippstadt— Rheda 23,18 km (Königliche Eisenbahn-Direktion Hannover).

Hefen. Darmstadt, 25. Juli. (Darmst. Ztg.) Die Wahlen der Abgeordneten zum 26. Landtage finden am 2. August statt.

7“ Anhalt. Ballenstedt, 23. Juli. (Anh. St.-A.) Der Erbprinz ist heute aus England hierher zurücgekehrt.

Großbritannien und Jrland. London, 25. Juli.

(A. C.) Das e DoClUE ContS El welches am vori- gen Dienstag die Königliche Sanktion erhielt, ist nunmehr, laut einer am Sonnabend Abend vom Vize-König von rland erlassenen Proklamation, ¿m größeren Theil von ¡rland in Kraft getreten. Die verschiedenen Polizei: rihter, die Chefs der Königlich irishen Polizei und die Spigen anderer Verwaltungsbehörden wurden

nach der Dubliner Burg berufen, um ihr Gutachten darüber ab- eben, bis zu welchem Grade das Geseß in Kraft treten Po e, und das Ergebniß war die Proklamation, welche am Sonnabend Abend in einer Extraausgabe der Dubliner Amtszeitung erschien. Darnah sind 18 Grafschaften, darunter Clare, , und Limerick gänzli, 13 Grafschaften, darunter Carlow, Cavan, Dublin, Londonderry und Tyrone, sowie die Städte Dublin, Cork, Limerick, Belfast 2c. theilweise unter die Bestimmungen des Berhee mengen gestellt. Also mit alleiniger Aus- nahme der Grafshaft Antrim ist über ganz Jrland der Ausnahmezustand gänzlih oder theilweise verhängt.

Die Rarlament sf ion wird wegen der vielen Rük- stände, die aufzuräumen sind, wahrscheinlich niht vor Ende Auguÿjt geshlo}sen werden können. :

%5. Zuli. (W. T. B.) Sir H. Drummond Wolff ist heute hierher zurüdckgekehrt. -

Jm Unterhause erklärte heute der Unter-Staatssekretär Fergusson auf eine bezügliche Anfrage: es sei kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß Stanley getödtet worden sei. Was die Frage der afghanishen Nord-

renze betreffe, so seien die Bedingungen zur Lösung der- selben von den englishen und rusfishen Kommissaren unter- zeihnet worden und bedürften nur noch der Annahme Sei- tens der betreffenden Regierungen. 4

Im Oberhause erwiderte Lord Salisbury auf eine bezüglihe Anfrage: es sei über die Lösung der streitigen Punkte in der afghanishen Grenzfrage eine Ver- einbarung erzielt, und der Schriftwehsel darüber würde demnächst vorgelegt werden. Auf eine Anfrage Kimber- ley's, ob der Emir den Khamiab-Distrikt behalte, erwiderte Lord Salisbury: er glaube, daß dies der Fall sein dürfte. Jm ferneren Lauf der Debatte er- flärte der Premier: es sei jeßt weniger Ausficht als je auf Errichtung eines internationalen Schiedsgerichts zur Schlichtung internationaler Streitfragen. Der Marquis Bristol zog hierauf seinen Antrag auf Errichtung eines solhen Schiedsgerichts zurü ck.

Frankreich. Paris, 25. Juli. (W. T. B.) Jules Ferry hielt gestern in Epinal eine Rede, in welcher er saate: man müsse die Fortschritte loben, die die Armee seit 17 Jahren unter der thätigen Leitung der jeweiligen Minister, welhe niht für ih, sondern für das Vaterland arbeiteten, gemacht hätte; man müsse aber die Absicht, die Dienstzeit zu verkürzen, tadeln. Frankreih bedürfe nicht einer Nationalgarde, sondern einer Defensiv-Armee. Es sei anzuerkennen, daß die Armee ih stets von der Politik fern gehalten habe. Diejenigen müßten getadelt werden, welhe die Regierung an- klagten, daß sie antinational sei, nur weil sie nit an die Stelle der überlegten freien Aktion der öffent- lichen Gewalt eine Aktion der Massen, welche niht zur Verantwortung gezogen werden fkönnten, treten lassen wolle. Ansiatt die Republik zu verschließen, sollte man sie lieber allen Männern, welche guten Willen zeigten, öffnen. Was Frankrei in den Augen Europas am meisten schade, seien die inneren en und das Hervortreten einer gouvernementalen Anarchie. Die Republik stehe für eine Eini- gung aller Republikaner und aller Franzosen unter der Fahne des Vaterlandes offen.“ °

Ftalien. Rom, 25. Juli. (W. T. B.) Der „Moniteur d'e Nome“ veröffentliht ein Schreiben des Papstes, vom 15. Zuni, an den Kardinal-Staatssekretär Rampolla über die Regierungsgrundsätze der Kirche. Darin heißt es : der Papst habe die Mission übernommen, das Papstthum mit den Völkern und den Regierungen wieder auszuföhnen. Bezüglich Jtaliens entwickelt der Papst die in der Allo- fution vom 23. Mai enthaltenen Jdeen über die rö-

mishe Frage: Man habe seinen Gedanken entstellt, indem er als die Grundlagen der Pacifikation die Gerechtigkeit, die Würde und Unabhängigkeit

des heiligen Stuhles und des Papstes bezeichnet habe. Nach einem D Rückblick auf die weltlihe Gewalt und das päpstlide Rom heißt es dann : die territoriale Sou- veränetät sei die unumgängliche Bedingung einer jeden Lösung und Versöhnung. Alle anderen Projekte seien unannehmbar, weil eine territoriale Sou- veränetät allein eine wirksame Garantie für die Freiheit des päpstlihen Stuhles bilde. Jtalien würden übrigens n diese Lösung die kostbarsten Früchte im Jnnern und na außen zufallen. Was Preußen angehe, so folle das Werk des religiösen Friedens dort bis zur Vollendung fortgeseßt werden. Wohl habe man viel erreicht, und es ließen die Geneigt- heiten und der gute Wille der Regierung hoffen, daß die An- strengungen des Papstes, die Lage der Kirhe noch mehr zu verbessern und den gerehten Wünschen der katholishen Bevölke- rung zu genügen, nit vergeblih ein würden. Die gleiche Sorge habe der Papst auch für die übrigen deutschen Staaten. Lns esondere gene er den besten Wunsch für Bayern. wünsche, daß alle Staaten sih entshlössen, den guten Weg einzuschlagen. Bezüglich Oesterreih-Ungarns heißt es in dem Schreiben: die Frömmigkeit des Kaisers und seine Ergebenheit an den päpstlichen Stuhl sowie die der Mitglieder der Kaiser- lichen Familie machten die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Monarchie zu den bestmöglihen. Hierdurch und dur die Weisheit der Männer, welche das Vertrauen des Kaisers genießen, werde es möglih sein, die religiösen Jnteressen in Oesterreih-Ungarn zu fördern, die Hindernisse zu beseitigen und Schwierigkeiten in vollem Einvernehmen zu regeln. Sodann beschäftigt sich der Papst mit Frankreich, bezüglih dessen er Eintraht wünscht, ferner mit Spanien, Portugal und Belgien. Der Papst wünscht auch die englishen Kolonien und Rußland dem guten Einfluß der Kirche zugänglih machen zu können und betont s{ließlih: es sei Pflicht des päpstlichen Stuhles, die Religion dort, wo sie auf breiter Unterlage be- ruhe, wie in vielen Staaten Amerikas, zu pflegen und zu stärken, die Missionen in den uncivilisirten Ländern zu begün- stigen und diejenigen Völker wieder zur Einheit zurückzu- führen, die si getrennt, wie im Orient und namentlich in

Griechenland, von dem der Papst lebhaft wünscht, daß es

wieder zum Centrum der katholischen Einheit zurückehre und den alten Glanz wiedererlange.

Türkei. Konstantinopel, 24. Juli. (Köln. Ztg.) Jn Kreta sind die christlihen Abgeordneten wieder in die Nationalversammlung eingetreten.

%6. Juli. (W. T. B.) Die kretensische National- versammlung hat gesternKFihre Sitzungen wieder aufge- nommen.

Saitqus und Polen. S t. Peterarurg,. 26. Juli. (W. T. B.) Heute Mittag fand im Beisei Kaisers und der Kaiserin au S Bieigen Marinewerft der Stapel- Gul des Panzershiffs „Alexander I1“ statt. Das Schiff faßt 8440 Tons und führt 14 shwere Geschüße sowie 10 Revolverkanonen nah dem System Hotchkiß.

Zeitungsstimmen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt :

Aus dem Jahresberiht des Aeltestenkollegiums der Berliner Kaufmannschaft theilten wir bereits im Zusammenhang mit anderen Ausführungen einen Pafsus mit, welcher lautet :

„Eine eigenthümlihe Erscheinung des Jahres 1886 war das Auftreten massenhaftec Arbeiterstrikes und sozialistisher Demon- strationen zum Theil unter Einwirkuug anarhistischer Elemente, im April und Mai in Nord-Amerika, im Februar und November in London, îm Frühjahr in Belgien, im Som- mer in ees u. st w. Deutshland is voa solchen Szenen glücklicherweise vershont geblieben. Zwar zeigen sich auch bei uns die JIllusionen sozialdemokratisher Doktrinen noch immer wirksam, indessen hoffen wir, daß die große Mehrzahl der arbeitenden Klassen sich dem Eindruck des Ernstes, mit welhem die Sozial- geseßgebung und deren Dur{führung unter der Mitwirkung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Deutschland betrieben wird, auf die Dauer nicht entziehen werde. Das Sinken des Preises der Lebensmittel und anderer unentbehrliber Be- dürfnisse hat ohne Zweifel eine Verbesserung der Lage der arbeitenden Klafsen herbeigeführt, und das starke Anwachsen der Spar- fasseneinlagen in Preußen während der leßten acht Jahre (von 1385 auf 2261 Millionen Mark) um_ 876 Millionen läßt mit einiger Sicherheit darauf \chließen, daß Sparsinn und Sparfäbigkeit gestiegen sind. Die sinkenden Preise und die zeitweise Geschäftsstockung der leßtvergangenen Zeiten haben in hohem Maße dea Unternehmer- gewinn, aber in sehr verschwindendem Maße die im Ganzen ftabil gebliebenen Löhne geschmälert.“

Die „Kölnische Zeitung“ legt dieser Darlegung des Aeltestenkollegiums eine große Bedeutung bei und knüpft ihrerseits an dieselbe folgende weitere Ausführungen über unsere foziale Lage im Allgemeinen: 7

„Unzweifelhaft ist es für Deuts{land und namentlich für die Arbeiter selbst das größte Glück gewesen, daß wir von den sozialen Unruhen, welche unsere Nachbarländer heimgefucht haben, verschont geblieben sind. Wo fie ausbrachen, ift ibnen meistens das Elend auf dem Fuße gefolgt. Aber wir dürfen uns niht verheblen, daß wir die Bewahrung vor diesem Unheil nicht etwa allein dem geseßz- lihen Sinne unserer Arbeiter, sondern vor allem au der Stärke unserer Regierungen verdanken, welche jeden fozialrevolutionären Ausbruh von vornherein als ausfichtslos erscheinen ließ. Es wird daber noch immer der geistigen Arbeit bedürfen, um unsern Hand- arbeiter nit allein zu einem äußerlih ruhigen, sondern auch zu einem innerlich zufriedenen Manne zu machen. 5

Wahr ift es, daß der Arbeiter in Deutschland zur Zeit am wenigsten Grund hat, mit seinem Loose unzufrieden zu sein. Unab- läïsig ist die Geseßzzebung des Reichs fortgeschritten, um die s{chwer- sten Nachtheile vom Arbeiterstande binwegzunehmen. So lange der Arbeiter gesund und rüftig ift, ist sein Loos sehr wohl zu ertragen. Man fann mit bescheidenen Mitteln gerade fo glücklih leben, wie mit reicen. Was aber auf der arbeitenden Klasse {wer lastete, das war die Noth, in welche fie verfiel, sobald ein Unglück über sie hereinbraw; wenn Unfall, Krankheit oder Siech- thum die Arbeiter, vielleiht den Ernährer einer ganzen Familie arbeitsunfähig machte. Hiergegen Abhülfe zu gewähren, ift das Ziel, welcbes die deutshe Gefeßgebung sih gesezt hat; und sie hat dieses Ziel nahezu {hon erreiht. Ist das Werk erst ganz vollendet, so ist es das großartigste, welches je auf fozialem Gebiete geschaffen worden ist. S E 7

Daneben aber ist im Laufe der jüngst verflossenen Jahre ein wirthshaftlicher Umschwung eingetreten, der in seinem leßten Erfolg vor allem den unbemittelten Klafsen, also namentlich dem Arbeiter, zugute fommt. ;

Die Massenbaftigkeit der beutigen Gütererzeugung ift endlich in der Art zum Durcbruch gekommen, daß überall eine Fülle von Gütern si zeigt, die auch zufolge der so sehr erleihterten Verkehrs- mittel zum Gemeingut der gesammten Erde geworden sind. Aller- dings bat dies die Folge gehabt, daß manche Produzenten wegen Ueberproduktion zu klagen haben. Und wo diese Ueberproduktion in der Art wirkt, daß sie nügliche Produktionszweige des eignen Landes zu ersticken droht, da mag es sich rechtfertigen, auf bes sondern Sch{uy folcher Produktionszweige gegen die überwältigende Produktion des Auslands Bedacht zu nehmen. Im großen Ganzen aber hat die vermehrte Produktion es bewirkt, daß ein weit größeres Angebot von Gütern vorhanden ift und daß demgemäs die Preise der Güter, namentlich auch der Lebensmittel, gesunken sind. Da dies vor allem dem gemeinen Mann zugute kommt, so dürfen wir darin ein wirthschaftlihes Unglück nicht erblicken.

Wenn in Folge der vermehrten Produktion mane Unternehmer mit geringerem Gewinn als früher fic begnügen müssen, so ift dies gewiß für sie selbst zu beklagen. Daneben aber vermerkt der Bericht die merkwürdige Thatsache, daß die Arbeitslöhne nur in verswin- dendem Mafe zurückgegangen, dagegen im Ganzen ständig geblieben seien. Wir wollen die Gründe diefer Erscheinung nicht weiter ver- folgen. Jedenfalls beweist dieselbe, daß unsere Unternehmer im Stande sind, au bei geringerem Gewinn die höheren Löhne zu bezahlen. Und wenn dem so ist, so können wir au in dieser Lobnzahlung kein wirthschaftliches Unglück erkennen, sondern nur eine Thatsache, welche der sozialen Gerechtigkeit zugute kommt.

Zufolge des Sinkens der Preise der Lebensmittel einerseits und des stehen gebliebenen Arbeitslohnes andererseits ist ohne Zweifel die Lebensführung unserer Arbeiter etwas besser geworden. Der Bericht erwähnt in dieser Beziehung noch einer anderen erfreulichen Thatsache, daß nämli die Einlagen der Sparkassen in den leßten aht ISahren erheblich gewachsen sind und zur Zeit in Preußen an 2261 Millionen Mark betragen. Für ganz Deutschland werden demnach die Spar- fasseneinlagen nabezu auf 4 Milliarden zu verans&lagen sein. Erwägt man nun, daß diese Einlagen größtentheils von den geringeren Klassen herrühren, so erweist sh in dieser Thatsache das erfreuliche Ergebniß, daß auch unsere geringen Leute in erheblicher Zahl jeßt bereits zu dem vielbeneideten Stande der „Kapitalisten“ gehören.

__ Aber au dieser Stand ist nicht mehr so beneidenêwerth wie früher. Im Bereich des jüngsten Umschwungs hat auch ein Sinken des Zinéfußes gelegen. Es hat si eine große so Mafse von Kapital an- gesammelt, daß dasfelbe für nuybringende Unternehmungen weit schwerer als früher zu verwenden ist. Ohne Zweifel ist dieses Sinken des Zinsfußes für solche, die auf ihr Zinseinkbommen mit ihrem Lebens- unterhalt angewiesen sind, sehr beklagenswerth. Im großen Ganzen können wir aber auch in dieser Erscheinung kein Unglück erblicken. Es ist eine Mahnung an unsere Unternehmer, in dereri Hand vorzugs- weise die Kapitalansammlung stattgehabt hat, daß fie in dieser Be- ziehung bereits genug gethan haben und statt defsen lieber ihren Ar- beitern durch reichlihe Löhne gerecht werden mögen.

__ Betrachten wir das Gesammter des wirthschaftlihen Um- \{wungs. Unternebmergewinn und Einkommen und S sind gesunken. Der Arbeitslohn ist stehen geblieben und ift dur inken der Preise für die Lebensmittel noch werthvoller geworden. Damit sind wir dem sozialen A den unsere Sozialdemokraten mit unsinnigen und gebässigen Mitteln erftreben, auf friedlichem Wege ein Stü“ näher gerückt. an fann sagen: noch niemals hat der Arbeiter im Verhältniß zu dem Gesammtreihthum der Nation eine so günstige Siellung gehabt, wie der heutige deutshe Arbeiter. Möchte es doh au gelingen, dies unseren Arbeitern zum Bewußtsein zu bringen, und möchten diese vor allem es beherzigen.“

„Unsere Leser“ fo fährt die „Norddeutsche Allgemeine eitung“ fort „werden si erinnern, daß in der „Nordd. Allg. .* {on vor etwa zwei Jahren auf die große Wichtigkeit dieses A vollziehenden sozialen Ausgleichs hingewiesen wurde. Es geschah das zu einer Zeit, als die ersten Symptome einer \inkenden Tendenz der Rente in allen Zweigen der erwerbenden Unternehmerthätigkeit hervortraten. Was wir damals prognostizirt haben, liegt heute flar zu Tage, und wir dürfen wohl eine gewisse Genugthuung darin er- blicken, wenn Organe, welche wirthshaftlich durchaus niht immer unseren Standpunkt theilen, in dieser wihtigen Angelegenheit zu den- selben Konsequenzen Eongen, die wir selbst früher gezogen haben. Daß aber gerade das Aeltestenkollegium der Berliner Kaufmannschaft das Material lieferte, um die Ri E unserer Anschauung zu be- kräftigen, ift ein hôöchst werthvoller Beweis eben für die Richtigkeit und Unwiderleglichkeit derselben.“

Die „Deutsche Volkswirthschaftlihe Cor- respondenz“ carakterisirt einen Artikel der „Freifinnigen ae e M welcher die Haltung der freifinnigen Partei im

eihstage darstellt, folgendermaßen:

Ueber die Septennatsfrage geht die merkwürdige Revue der Negationen mit wenig Worten hinweg. „In dem neuen Reichstage“, heißt es dortselbst, „nahm die freisinnige Partei genau die- selbe Stellung ein, wie in dem früheren Reichstage“; sie wiederholte ihre früheren Anträge, die mit 233 gegen 48 Stimmen abgelehnt wurden, sie stimmte endlich gegen das Septennatsgeseß im Ganzen ; allein bier blieb sie au so gut wie allein in der Opposition, da das Gefeß mit 227 gegen 31 Stim- men angenommen wurde. Nachdem dieses sauere Stück Arbeit voll- endet, wurde die deatshfreifinnige Partei ängstlich; sie stimmte an- standélos für die einmaligen Ausgaben für die Militärverwaltung im Betrage von 156 624 783 # ; niht das Geld der Steuerzahler kommt in Betracht, nur das Prinzip der [ti hier bandelt es sich nah der Ansicht der „Freisinnigen Zeitung“ [lediglib um Mehr- belastungen von aus\s{ließlich militärtechnisher finanzieller Be- deutung, denen ein freisinniger Mann zustimmen kann, während sie das Septennat zu bekämpfen für eine unabweisbare Pflicht hält, weil es sih da angeblih um Mehrbelastungen handelt, „bei welchen volkswirthschaftliche Interessen sih kreuzen mit militäris@en Inter- essen“. Unverbüllter kann man in der That seiner innersten Üeber- zeugung nicht Ausdruck geben; ein Kampf aufs Messer wird für opportun erachtet, wo es fich um die heiligen Prinzipien der Partei handelt, während die Interessen der geehrten Herren Wäbler dann nicht mehr in Betracht kommen, wenn sich für die Vermehrung des äußeren Rubmes \{lechterdings nihts machen läßt.

Ganz köstlih ist die Beschreibung der Fallftricke, welche von den Deutschfreisinnigen in den Steuerfragen gelegt wurden, um die Wähler mit einem „nt aliquid fecisse videatur“ . .. binweg- zutäuschen. Eine Reform der Zukersteuer, à la bonne heure! Die Deutschfceisinnigen wollen eine Reform dieser Steuern, aber sie wollen sie lediglich nah ihren eigenen Ideen. So ventiliren sie denn das bekannte Lied von der Aufhebung der Ausfuhrprämien; sie stimmen der Zukersteuer zu, aber nur unter der. Bedingung der Aufhetung der Ausfuhrprämien auf Zucker. Die Methode ist ge\ceit genug, um für alle Jene, wel{e nit weiter denken, ais bis dabin, wo Andere ihnen vorgedacht baben, eine Falle abzugeben. Wir Alle wünschen eine Aufhebung der Ausfuhrvrämien auf Zucker; allein wir wünschen ebenso den Frieden, fönnen aber begreifliherweise nichts-

destoweniger nicht abrüsten, weil eben die uns umgeben- den Staaten von einem solhen Vorgehen den einzigen Nuten haben würden. Genau so find wir angesichts

der Geseßgebungen, welche Jn anderen Staaten, wie Frankreich, bestehen, angesihts der Maßregeln, die, wie dies in Desterreich der Fall, eine Erböbung der Vonifikation in Aussicht stellen, nit in der Lage, die finanziellen Intereffen einfach und sicher durch eine neue Ver- brauhs- oder Fabrikatssteuer zu befriedigen, da dieses neuermittelte Vorgehen, wie Staatssekretär Dr. Jacobi ganz richtig bemerkte, „die Merbedentlicsien Folgen fir die Zuckerindustrie berbeiführen würde, deren Verhütung der Regierung nicht minder am Herzen liegt, wie das fiskalis&e Interesse“. Nachdem nun solchergestalt die Deutschfreisinnigen durch Aufstellung unmöglicher, jedenfalls derzeit unmöglider Bedingungen, die Annahme ihrer eigenen Anträge unmöglich gemacht haben, ziehen sie aus den von ihnen auf- estellten falsden Prämissen falsve Schlüsse und erklären, daß ihre Refor 35 Millionen Mebrerträgniß von Zucker geliefert hätte, wäh- rend sie borribile dictu für den angebli nur noch 12 Mil- lionen betragenden Rest der Erfordernisse eine „Reis-Cinkommen- fteuer“ in petto haben. Mit diesem Projekt abenteuerlicher Natur erzielten die Herren aber einen allgemeinen Durchfall; „der Antrag,“ bemerkt die „Freisinnige Zeitung“ vom 20. Juli, „ist ab- gelehnt worden, indem die Freisinnige Partei nur Unterstützung bei den Sozialisten fand.“ Ganz ähnlih wie bei der Zuckersteuer geht die Partei bei der Branntweinsteuer vor. Sie stimmt „im Prinzip* für diese Steuer, allein sie verlangt eine Aufhebung des Kaffeczolls. Hier wie dort wird der Zweck beider Steuern , die finanzielle Kräftigung des Reichs unter denselben nichtigen Vorwänden vereitelt, wie dies betreffs der militärishen Konsolidirung desselben gelegentlich der Septennatéfrage der Fall war ; die positiven Anträge der Majori- tâten sollen durch allerlei Ausflühte bei Seite geschoben werden, wäbrend ein bengalishes Feuerwerk die eigenen Parteibäupter in brillanter Beleuchtung und in der Bereitung von allerlei Gegengiften vorführt. Nach wie vor bleibt das Scbibboleth, dem die Herren von der freisinnigen Observanz folgen: „Nitimur in vetitum semper cupimusque negata“,

Statistishe Nachrichten.

Semäß den Veröffentlihungen des Kaiserliben Gesund--

heit8samts sind in der Zeit vom 10. Juli bis 16. Juli cr. von je 1600 Bewohnern, auf den Jahresdur{schnitt berehnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 28,8, in Breslau 36,6, in Königsberg 40,1, in Köln 33,7, in Franffurt a. M. 23,7, in Wiesbaden 31,0, in Hannover 16,8, in Kafsel 15,8, in Magdeburg 29,0, in Stettin 29,6, ‘in Altona 22,4, in Straßburg 22,7, in Mes 16,3, in München 29,2, in Nürnberg 26,9, in Augsburg 22,4, in Dresden 23,7, in Leipzig 17,6, in Stuttgart 15,6, in Karlsruhe 24,9, in Braunschweig 22,4, in Hamburg 33,2, in Wien 27,8, in Pest 29,2, in Prag 30,2, in Triest 24,3, in Krakau 33,5, in Amsterdam 21,4, in Brüssel 19,9, in Paris 20,6, in Basel —, in London 21,9, in Glasgow 17,5, in Liverpool 20,6, in Dublin 27,8, in Edinburg 19,9, in Kopenhagen 24,2, in Stockbolm 21,6, in Chriftiania 37,3, in St. Petersburg 23,1, in Warschau 22,6, in Odessa 26,3, in Rom 22,3, in Turin —, in Venedig 25,4, in Alexandria 36,5. Ferner in der Zeit vom 19. bis 25. Juni cr.: in New - York 29,3, in Philadelphia 24,1, in Baltimore 24,1, in Kalkutta 20,4, in Bombay 21,2, in Madras 38,1. - E _ Die Sterblichkeit bat in der Berihtswoche in den meisten Groß- städten Europas eine erheblihe Steigerung erfahren und zwar hat in den meisten derselben, namentlich in den deutschen, in Folge der beißen Witterung, die besonders in der zweiten Wochenbälfte in ganz Deutschland vorhberrshend war (in Berlin stieg am 14. Juli das Thermometer bis 32,9 C.), eine bedeutende Zunahme der Todesfälle an Darmkatarrhen und Brebdurcbfällen der Kinder stattgefunden, durch welhe die Sterblichkeitsziffern in den - meisten Städten bedingt wurden. Einer geringen Sterblichkeit (noch nicht 20,0 pro Mille und Jahr) erfreuten \sich Lübeck (11,9), Kafsel, Mey, Stuttgart, Hannover, Elberfeld, Barmen, Dortmund, Leipzig, Darmstadt, Roftock, Brüssel, Glasgow, Edinburg. Günstig (20,0 pro Mille und etwas darüber) war auch die Sterblichkeit in Duisburg, Seiden, Mülhausen i. E., Münster, Paris, London, Stocktholm. Hoch (über 30,0 pr. M.) war die Sterblichkeit unter den deutshen Städten in Breslau, Königsberg, Köln, Wiesbaden, Ham- burg, Danzig, Erfurt, Chemni, Frankfurt a. O. Die Theilnahme des Säuglingëalters war durch die bedeutend gesteigerte Zahi von

Tode2fällen an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen eine fast allge- mein erhöhte; doch blieb die Zabl der an jenen Krankheits- formen gestorbenen Kinder hinter der in der entsprebenden Woche des Vorjahres in den meisten Orten zurück, obwohl dieselbe besonders in Berlin, Breslau, München, Hamburg, Köln, Königsberg, Magdeburg, Stettin, Nürnberg, Wien, London,

est, Paris eine ansehnliche ist. Von je 10000 Lebenden ftarben in Berlin 161 (in der entsprechenden Woche des Vorjahres 178), in Münden 140 (im Vorjahre 112) Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungsorgane riefen dagegen in den meisten Großstädten weniger Todesfälle hervor. Von den Infektionskrank'eiten wurden Sterbefälle an Masern, typhösen Fiebern und Pocken mehr, an Scharlach, Diphtherie und Keucbhuften weniger gemeldet als in der vorbergegangenen Woche. So waren Sterbefälle an Masern in Breslau, Königsberg, Bremen, Danzig, Wien, Kopenhagen, Dublin zablreiher, während fie in Münden, Köln, London, Paris und St. A seltener wurden. Neue Erkrankungen gelangten aus

reslau, Wien, Pest, Kopenhagen, Stockholm, sowie aus den Regierungs- bezirken Düffeldorf, Königsberg und Münster in größerer Zabl zur Be- rihterstattung.—DasScharlachfieber hat in Berlin, Danzig, Wien, Paris etwas mehr, in London weniger Opfer verlangt; neue Erkran- fungen haben in Berlin, Hamburg, Wien, Edinburg abgenommen. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Daibnra Breslau, Dresden, Königsberg, Wien, Paris, St. Peters- urg eine geringere, dagegen in Frankfurt a. M., Magdekurg, Chem- nitz, London, Kopenhagen, Christiania eine größere. Das Vorkommen von neuen Erkrankungen war in Berlin, Hamburg, Kopenbagen, Chri- stiania, St. Petersburg sowie im Regierungsbezirk Schleëwig kein gegen die Vorwoche wesentlich verändertes. Unterleibs- tvphen veranlaßten in Paris mehr, in St. Petersburg weniger Sterbefälle, in St. Petersburg jedoch mehr neue Erkrankungen. An Flecktyphus kamen aus Danzig 3, aus Krakau und aus dem Regierungsbezirk Aachen je 1 Todesfall, aus St. Petersburg au no 1, aus tem Regierungsbezirk Königsberg 4 neue Erkrankungen zur Anzeige. Auch wurden aus Berlin und St. Petersburg je 1 Er- kfranfung an Rückfallsfieber beobahtet. Rosfenartige Entzün- dungen des Zellgewebes der Haut kamen in Berlin, Paris, London weniger zum Verschein, während der Keuchbusten in London, Paris und Cristiania mebr, in Berlin und Liverpool weniger Sterbe- fälle veranlaßte; auch in Kopenhagen nahm die Zahl der Erkrankungen an Keuchhusten ab. Todesfälle an Pocken wurden bâäufiger zur Anzeige gebracht. Einzelne Sterbefälle kamen in Chemniz, Mül- bausen i. E., Lemberg und London vor; mehrfache (2 und 3) in Pest, Prag und in dem Regierungsbezirk Königsberg; aus Rom wurden 4, aus Triest, Warschau, St. Petersburg je 5, aus Paris 10 gemeldet. Erfrankungen wurden aus Berlin und Breslau je 1, aus Nürnberg 2, aus Wien 4, aus dem Regierungsbezick Königsberg 5, aus Pest 8, aus St. Petersburg 17 mitgetheilt.

Kunft, Wissenschaft und Literatur

Von den „Annalen des Deutschen Reichs für Gesetz- gebuna, Verwaltung und Statistik, staatëwissenschaftliße Zeitschrift und Materialiensammlung“, herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Mar Sevdel (Verlag von G. Hirth in Mönchen und Leipzig, jährlich 12 Hefte, Abonnementépreis viertelj“ lich 4 S6), ist soeben die Doppelnummer 5/6, Jahrg. 1887, erschienea. Dieselbe bat folgenden Inhalt: Deutsches Kolonialstaats- recht, mit Berücksihtigung des internationalen Kolonial- rets und dés Kolonialstaatsrechts anderer euroväicher Staaten. Von Carl von Stengel, Professor der Rechte in Breslau. Bericht über die Thätigkeit des Reichskommifsars für das Aus- wanderungêwesen während des Jahres 1886. (Fortseßung folgt.) Das Reich3gefet. per die Unfall- und Krankenversiherung der in

lande und forîtwirt ftlihen Vricteoru Luf &zetigten Pers N Regierungs Rath Dr. Zeller in Darmitadt. (Shlus fige LA 2

Als 87. Grgänzunasbeft zu „Petermann's Mittheilungen aus Justus Perthes' Geographischer Anstalt“ erschienen vor Kurzem: „Forschungêreisen in den Australishen Alpen“, von Dr. R. Lendenfeld, mit 3 Karten auf 2 Tafeln (Gotka, Justus O 1887). Der Verfasser bât auf Koften der Kolonial- Regierungen von Neu-Südwales und Victoria in den Jahren 1885 und 1886 zwei Reisen zur Etrforschung der Australishen Alpen unter- nommen. Im Jahre 1885 untersuhte er die Gruppe des Meunt Koësciusco und entdeckte und erstieg bei dieser Gelegenheit den höchiten Punkt Avstraliens. Im Jahre 1886 bereiste er die Bogong- Kette. Der Hauptzweck beider Expeditionen war: zu ermitteln, ob es in Australien so wie anderwärts eine Eiszeit gegeben habe, und in der That ist es Lendenfeld gelungen, sowobl am Mount Cos- ciuêco wie am Mount Bogong unzweideutige Spuren einer einstigen Vergletsherung naGzuweisen. Er beschreibt zunächst die australischen Alpen im Allgemeinen in geologischer und phbysiographischer Hinsicht, ibre Gebirgsfämme und Thäler, die Flüsse, Seen, sowie die meteoro- logischen Verhältnisse, und dann die Koscinsco- und die Bogong- Gruppe im Besonderen, nebst Bericht über die früheren sowohl wie seine eigenen Forschungsreisen. Am Schluß sind die Resultate zu- sammengestellt, zu denen der Verf. im Verfolg seiner Fors{ungen nach Spuren einstiger Vergletsherung gelangt ist. Dabei werden auch die früber und von anderer Seite darüber ausgesprochenen Ansibten einer Reibe von Gelehrten mitgetheilt und fkritisirt. Wenngleich die Forshung nach Gletsherspuren in Australien erst begonnen bat und die Alpen nah Lendenfeld's Behauptung vor seinen Reisen niemals von Kennern der Gletscherspu-en der europäischen Alpen besucht worden sind, so ift doch glei{wobl, wie aus den von ihm mitgetheilten Beobachtungen hervorgeht, ein verbältnißmäßig bedeutendes Material von Thatsachen zusammengebracht worden. Es kann, wie er sagt, feinem Zweifel unterliegen, daß einft das ganze Hothland von Australien vergletschert gewesen ist, und daß die Eis- ftrôme an vielen Orten bis zu großen Tiefen herab vorgedrungen sind. Diese Gletscherperiode dürfte wahrscheinlich mit jener Zeit zusammenfallen, da in Australien ein viel feuhteres und regnerisceres Klima geherrsht habe als heutzutage. Daß während der Tertiärperiode ein solhes Klima geberrs{t habe, bewiesen nicht nur die riesigen Beutelthiere, die damals gelebt, und die jedenfalls einer viel reicheren Vegetation zur Ernährung bedurft bâtten, als ihnen der beutige Pflanzenwus bieten würde, sondern auch die kolossalen Geröllablagerungen, die in vielen Tbälern gefunden würden und die auf eine viel bedeutendere Größe der Flüfte jener Zeit \chließen ließen. Es sei wobl als sicher anzunehmen, daß die Eiszeit in Neuseeland mit der Glacial- und Pluvialperiode in Australien zeitlich zusammenfalle. Weny somit der Beweis erbracht sei, daß es auf der südlichen Hemisphäre, im Gebiet Auftraliens, eine auêëgedehnte Glacialperiode gegeben habe, die in jeder Hinsicht der europâishen und amerikanischen Eiszeit homolog sci, so lasse fich freilich die Frage, ob die Eiszeit der südlihen Hemisphäre mit der der nörd- lien zeitlich zusammenfalle, oder ob etwa die Kälteperiode oder die Kälteperioden des Südens mit denen des Nordens abwehselten, leider bis jeßt auf keine Weise entscheiden. _ :

Von dem „Rudolph Töpffer - Album“, komishe Bilder, Romane und Karikaturen des berühmten Verfassers der „Genfer Novellen“ (20 Lieferungen à 60 ck mit ca. 15 Jllustrationen; Stutt- gart, Paul Neff) liegea die Lieferungen 2 bis 7 vor. In der 4. Liefe- ruyg wird die akenteuerlihe Geshihte des „MalerPinsel* mit dem 213. Bilde zum versöhnenden Abs{luß gebracht, in den drei folgenden die Erzählung „Herr Krause“, der sein Glück in der vornehmen Ge- sellshaft suht, durch 123 Bilder verdeutliht. Wie {on bei der ersten Lieferung dieses Werks bemerkt, liegt das Anziehende des- selben nicht in den sehr einfahen Erzählungen, sondern in den \fkizzenhaften, harmlosen Zeichnungen , in denen der Künstler mit wenigen Strichen seiner reichen Phantasie , seinem fköstlichen

umor, seiner scharfen Satire, dann wieder seinem tiefen Gemüth sdruck zu geben und den Beschauer zu unterhalten versteht. Mit welhem Geshick sind die handelnden Personen auf jedem Bilde in ibrer Individualität sofort kenntlich dargestellt, und wie ganz ver- schieden ift doch die eine Figur in ihrer Auffaffung und ihrem Aus-

druck von der andern, und alles das nur durch wenige, wie von einer

ganz ungeübten Hand hingeworfene Striche erzielt!! Wer flüchtig

über die Bilder binwegblickt, legt sie vielleibt verähtlih bei Seite ;

wer sie genauer betrachtet, wird sie aber als ein eigenartiges Kunst-

werk hochshäßen, das dem deutshen Volke zu einem fo billigen

Der zugänglich gemacht zu baben, man der Verlagshandlung großen ank wissen muß.

Land- und Forstwirthschaft.

; J. D. Sauerlaender's Verlag zu Frankfurt a. M. ersi soeben der „Jahresbericht über die Leistuncen M E schritte in der Forstwirtbschaft, zusammengestellt für aus- übende Forstmänner und Privatwaldbesizer, unter Mitwirkung von Fachgenofsen und herausgegeben von Orcerförster Saalborn, chter Jahrgang, 1886.° Der neueste Jahrgang dieser stets mit großem Fleiß bearbeitcten periodisben Publikation schenkt der Beschreibung der Forsten im Deutschen Rei, der Holzfortirung und den Ertragsverbältnifsen besondere Aufmerksamkeit und üt infolge dessen umfangreicher als die früheren. Der Inbalt zerfällt in folgende Abschnitte: 1) Ginleitung. 2) Die Faktoren des forstwirthscaft- lihen Betriebs. 3) Die Forstwirthschaft. 4) Resultate der Forst- verwaltung. 5) Literaturverzeichniß. E

Gewerbe und Handel.

Die „Gazzetta ufficiale del regno d’Italia“ Nr. 166 vom 18. d. M. enthält die amtliche Publikation des durch Königlihe Verordnung vom 14. d. M. genehmigten Ges eßes, betreffend den neuen italienischen Zolltarif. Nach Art. 1 des Gesetzes tritt der eigt ver angefügte Ein- und Ausfuhr- Zolltarif am 1. Januar 1888 in Kraft.

Der Zolltarif felbst ift in einer Beilage zu der „Gazzetta ufficiale“ Nr. 167 vom 19. d. M. versffentli6t worden. (Eine nibtamtliche Separatausgabe des neuen Tarifs, in welcher den neuen Zollsäßen die noch bis zum Ablauf d. I. in Gültigkeit bleibenden alten General- tarifsâße gegenübergestellt sind, ift bei der Agentur A. Miazzon & Co. in Mailand, 5 Via Carmine, ershienen und dort zum Preise von 1 Lire zu beziehen.)

Der Einlö sungscours für die in Silber in Berlin zabl- baren österreichischen Silbercoupons ist auf 16150 für 100 F[. E aen.

Gewerbeblatt aus Württemberg, herausgegeben v der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und L A Ne. 20, e

Inhalt: Dienstnachrihten. Reichsgeseß, betreffend Abänderung der Gewerbeordnung. Vom 6. Juli 1887. Der Einfluß des Regens auf den Gerbstoffgebalt der Eichenrinde. Verscbiedene Mitthei- lungen. Entscheidung des Reichsgeribts. Ausstellungëwesen. Neues im Landes-Gewerbe-Museum. Literarische Erscheinungen.

4 Breslau, 29. Juli. (W. D. B) Bei der Kesselexplo- sion auf den der Oberschlesischen Eisenbahnbedarfs8- Gesellschaft gehörigen Werken in Friedenshütte sind 5 Per- sonen getödtet worden.

_ Siegen, 24. Juli. (Köln. Volksztg.) Der gute Ton auf dem Eisenmarkt bat sih auch in der vergangenen Woche ertalten. Die Notirungen für Roheisen baben sich weiter befeitigt und gegen- wärtig ift bier unter 42—43 die Tonne nit mehr anzukommen ;* manche Produzenten halten mit Offerten ganz zurück. Man glaubt auf eine weitere Steigerung für Robeisen rebnen zu dürfen, zumal au die Koksvreise bober gehalten werden, und mit dem IV. Quartal eine nochmalige Vertheuerung des Koks in Aussicht steht. Für ge- wöhnlihes Sviegeleisen, wie fsolhes vom Syndikat verkauft wird, war die Nacfrage hon einige Zeit wenig lebhaft. Dagegen findet hoGmanganbaltiges Spiegeleisen, welches hauptsäh- lih die größern Hochofenwerke produziren, zu annehmbaren Preisen

uten Abfaß. In jüngster Zeit foll ein Auftrag von 10000 t E R Hütten eingegangen sein. Eisenstein bat A feine guie Gttage zu verzei@nen, und die um etwa ò bis willigt; Vorrätbe ind“ n. A ees n E M p werke sind jeut stark beschäftigt, nahe Fecinblech-Walze denselben recht bedeutende Aufträge zugeführt baben. “Die um mebrere Mark ver Tonne gestiegenen Preise werden obne Schwierigkeit durchgeseßt; die Werke halten um so mehr an den böheren Forderungen fest, als sie erfahrungëgemäß wissen, daß ihnen in den Herbstmonaten fast niemals die Aufträge feblen. Bezüglich der Konventions-Verbandlungen iît es im Sieger- land überall rubig geworden, und auf ein Zustandekommen irgend einer neuen Vereinigung ist nit zu rechnen, da eine Einigung sowohl der Robeisen- als auch Feinblech-Produzenten nit zu erzielen ift.

Glasgow, 25. Juli. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Wodbe 7700 Tons gegen 11 100 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 25. Iuli. (W. T. B) Wolle rubig, aber stetig, Garne und Stoffe rubig.

Submissionen im Auslande.

: I. Jtalien.

1) 1. August. Direz. d’Artiglieria e Torped. 1. dipart. in Spezia: Dampfkessel, Typus Cornovaglia; Voran'chlag 8000 Lire.

9) 2. August. Direzione armamenti della R. Marina 2. dipart. in Neavel: Segeltuch balbleinen (cotonina und olona); Vor- anschlag 111 562 Lire. :

3) 8. August. R. Polverificio (Pulverfabrik) in Fofsano: 1000 kg Glycerin; Voranschlag 2000 Lire.

Fn Aussicht stehend: a. Bei der Direktion der Adriatischen Eisenbahn in Florenz:

4) 10 Cisternenwagen für Trinkwasser-Transporte.

b. Bei der Direktion der Mittelmeerbabn in Mailand:

5) 11 eiserne Träger für Brückenbauten längs der Linie Battipaglia—Castrocucco zwischen Vallo und Piéciotta (Unter-Italien),

nämli: 1) Brüde über den Palistro, 63,40 m, 2) über die Sant Antonio-S&lucht 21,40 m, 3) über die Macarta-Schluht 39,19 m, 4) über die Fiori-Schlucht 41,50 m. Die übrigen

Träger variiren zwischen 2,20 m und 1255 m. Voranfÿlag 230 000 Lire. 6) Stahblschienen für die Station Pieve-Sori, Linie Spezia— Genua; Voranschlag 72 500 Lire. II. Niederlande. 1) 28. Juli. Gemeente-Bestuur zu Kampen: _ : Lieferurg von gußeisernen Rohren und Hülfftüäcken für die im Bau begriffene Gemeindewaßerleitung. Bedingungen im Bureau der Waterleiding für 2,50 Fl. käuflich. 2) 10. August, Nachmittags 1 Uhr. Kolonial-Ministerium, im Gebäude der Maatschappy tot nut van ’'t Allgemeen in Amsterdam. N. Z. Voorburgwal Nr. 212, in 33 Abtheilungen. Lieferung von gegossenen eisernen Robren, galvanisirtem Eisen 2., Kupferdraht, Blei, Droguen- und Manufakturwaaren. Bedingungen käuflih bei den Buchbändlern Gebr. van Cleef im Haag, Spui 23a. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen. : 3) 19. August. Nachmittags 1 Uhr. staat, Handel en Nyverheid im Haag. x Lieferung für das Jahr 1888 von Kleidertuh für die Uniform der Postbeamten. : / Bedingungen auf Franco-Anfrage käuflich bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag, Spui 28 a.

Verkehrs - Anstalten.

In China sind mehrere neue Telearaphenanstalten eröffnet worden. Die Worttare beträgt für die Beförderung über Rußland, Persien oder über Triest, oder Malta 2c. 2c.

Miristerie van Water-

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