1907 / 296 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Dec 1907 18:00:01 GMT) scan diff

werden; uu wird sie in solchen Fällen nahträglih seitens der Polizeibehörden zu erfolgen haben. Für die Gren¡kceise wird eine deraciige Legitimation dur die Polizeibehörden wahrscheinlih über- haupt auf die Dauer zugelassen werden müssen. diese Ausnahme in einzelnen Fällen die Möglichkeit der Umgehung zu- läßt, im großen ganzen aber wird die Einführung des Legitimations- papiers ihre Wirkung nicht verfehlen und sich davon bin ih über- zeugt als wiiksame Maßregel zur Bekämpfung des Kontraktbhruchs erweisen. i

Es ist hon von dem Kerrn Vorredner erwähnt worden, daß als Korrelat für die Abhängigkeit, in die der Arbeiter durch eine solche Arbeitskarte dem betreffenden Arbeitgeber gegenüber kommt, au Maßregeln zu ihrem Schuße geschaffen werden müssen. Denn, wenn auch, wie das shon ausgeführt worden ist, in der überwiegenden Zahl der Fälle beim Kontraktbruch die Arbeiter die Schuldigen sind, so gibt es natürlich unter den Arbeitgebern auch räudige Schafe, solche, die ihren Verpflichtungen den Arbeitern gegenüber nicht nachkommen. Die Feldarbeiterzentrale und die mit ihr verbundenen Arbeitsämter

der Landwirtschaftskammer [len i ä ilfe î | ; [haf n sollen in solchen Fällen mit Hilfe ihrer | werden. Mir kommt es so vor, als ob sckon geringe Anzeichen dafür

sprahkundigen Beamten zunächst den Streit zu {hlichten suchen, und id kann sagen, daß die Feldarbeiterzentrale in dem vergangenen Jahre hon recht günstige Erfahrungen hierin gemacht hat. Es soll ferner

denjenigen Arbeitern, welhe ihre Arbeitsftelle zwar im Streite mit |

ihren Arbeitgebern, aber unter triftigen Gründen, weil ihnen das JIhrige nicht geworden if, verlassen, die Möglichkeit gegeben werden, daß die Arbeitskarte auf einen anderen Arbeitgeber, bei dem sie in den Dienst treten wollen, umgeschrieben wird. Die Entscheidung darüber soll dem Landrat zustehen, dem, wo nötig, die sprachkundigen Beamten der Feldarbeiterzentrale und der Landwirtshaftskammern zur Verfügung gestellt werden sollen.

Meine Herren, die Königliche Staatsregierung glaubt, daß es auf | fandetit

diese Weise gelingen wird, die beklagten Mißstände allmählich ein- zudämmen und wieder normale Zustände zu schaffen. Jedenfalls, meine Herren, dürfte es sch empfehlen, die Wirkung dieser Maßregel abzuwarten, ehe man zu weiteren geseßgeberischen Maßnahmen gegen den Kontraktbruh schreitet. Es dürfte sich das um so mehr empfehlen, als ein Funktionteren dieser Legitimierung die Vorbedingung für irgend welche geseßlihe Maßregel ist. Das ist ja von dem Herrn Vorredner, dem Herrn Abg. von Pappenheim, auß {hon betont worden. Ich bitte also, meine Herren, warten Sie ab, welchen Erfolg im nächsten Jahr diese Legitimation und die damit verbundene scharfe Maßregel der Ausweisung zur Folge haben wird, und lassen Sie uns dann prüfen, ob noch weitere geseßlihe Maßregeln notwendig sein werden.

Auf Antrag des Abg. von Arnim (kons.) findet die Besprehung der Interpellation statt.

Abg. Dippe (nl.): Auch wir erkennen die durch den Konttrakt- bruch auséländisher Arbeiter verursahten Mißftände an. Mir sind aber {on dieselben Bedenken gekommen, die der Minister bezüglich der Wirksamkeit der in Aussiht geno:nmenen Legitimationskarten ge- habt hat. Der Arbeitgeber muß auch noch dagegen ges{üßt werden, daß ihm die Leute einfa weglaufen ; man wird daa ob das viel- fah geschieht, weil die Leute ja niht wissen, wo sie hin sollen, aber es hat fi herausgestellt, daß sie nach England und Dänemark ab- gewandert sind. Im Gegensaß zu dem Abg. von 'Woyna möchte ih doch mehr Wert darauf gelegt sehen, daß die Arbeiter fi bei uns wohl fühlen. Herr von Pappenheim verlangt ganze Arbeit: strenge Bestrafung des Kontraktbruhs bei Arbeitern und Arbeitgebern. Denken Sie doch an den geringen Erfolg der strengen Bestimmungen der Gesindeordunng. Der Minister warnte vor allen Au8nahmegeseßen bezüglich der Landwirtschaft, und eine Bestrafung des Kontraktbruchs diefer Arbeiter wäre ein Ausnahmegeseßy. Ich teile die Entrüstung über bie Demoralisation, die durch das Weglaufen der Arbeiter ein- reißt, aber hoffentlichß können wir von einer Bestrafung des Kontrakt- bruchs absehen.

___Ninister für Landwirtschaft 2c. von Arnim:

Meine Herren! Nur einen ganz kleinen Nachtrag zu dem, was ih vorhin gesagt habe. Sämtliche Arbeiter, die die Grenze über- schreiten, also auch industrielle Arbeiter, sollen mit der Legitimations- karte versehen werden, und die Kontrolle soll ebenjo bei den industriellen Arbeitern stattfinden. Es würde also ein industrieller Arbeiter, der mit einer falschen, nicht auf den betreffenden Arbeitgeber lautenden

Karte angetroffen wird, ebenso gut ausgewiesen werden wie in dem- selben Falle ein landwirtschaftliher Arbeiter.

Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.) begrüßt die Erklärung des Ministers mit lebhafter Befriedigung, daß man die landwirtschaftlihen Arbeiter nicht durch Polizei und Strafgesey drangsalieren wolle. Bei dieser Gelegenheit wäre daran zu erinnern, daß auch die Gesinde- ordnung unter zeitgemäße Nehtsnormen gebraht würde. Der Kontrakt- bruch landwirtschafstliher Arbeiter dlirsfe nur zivilrehtlich ve1folgt werden. Herrn von Pappenheim genügten Geldstrafen und kleine EOREES niht, er wolle Arbeiter und Arbeitgeber ins Gefängnis ringen. (Abg. von Pappenheim ruft: Woher wissen Sie denn das? Ich habe nichts davon gesagt!) Man sollte es do aber auch einmal mit liberalen Grundsäßen versuhen, nach- dem man dur die bisherigen Maßnahmen nur das platte Land entvölkert habe.

Abg. Herold (Zentr.): Von den Erklärungen des Ministers hat mi besonders die befriedigt, daß auch bei Streitigkeiten die Arbeiter der entsprehende Vermerke in der Legitimationskarte gegen Arbeitgeber geshüßt werden können, wenn von deren Seite ein Verschulden vor- liegt. Nach wie vor muß sich meine Partei gegen jede Bestrafung des Kontraktbruhs ländlicher Arbeiter, wie der Arbeiter überhaupt aus- sprehen. Für Kontraktbruch wird überall nur eine Entschädigung verlangt, dieser Grundsay muß auch Anwendurg finden gegenüber dem Arbeiter. Es isl niht angängig, die bestehenden Gesetze darüber noch zu vershärfen. Das Gesey von 1854 hat auf anderen Gebieten noch keine Anwendung gefunden. Das Ziel muß sogar dahin gehen, dieses Geseg in bezug auf die fkriminelle Bestrafung - des Kontraktbruchs abzuändern. Es kann nicht gesagt werden, daß die Landwirte dann ganz \{ußl!os wären. Jn dem Gese steht zunächst Geldstrafe und nur im Unvermögensfall Haftstrafe. Der Schadens- ersay seitens des Arbeiters würde aber über den Höchstbetrag der Geld- strafe hinausgehen. Die Gewerbeordnung läßt einen Scbadensersayz bis zu einem Wochenlohn zu, es steht aber auch dem Arbeitgeber frei, den wirklihen Schadenétersaß zu fordern. Mit etner solhen Be- stimmung aus der Geroerbeordnung würden wir eine Gleichstellung der industriellen und ländlichen Arbeiter erreihen. Wir könnten festsezen, daß der Arbeitgeber einen gewissen Betrag des Lohnes als icherheit zurückbehalten kann. Aber der Grundsatz des bloßen zivilrechtlichen Anspruchs muß zur Geltung gebraht werden, Nach F 125 der Gewerbeordnung ist auch haftbar, wer eine Arbeit annimmt, wenn er noch an anderer Stelle verpflichtet ist. Es bedarf also nur einer Ds wonach diese Bestimmungen der Gewerbeordnung auf das [andwirtshaftlihe Arbeitsverhältnis übectragen werden, und Bau ist ein genügender Sts gegen den Kontraktbruh gegeben.

e Koalition der ländlichen Arbeiter im engeren Sinne is durch De Geschz verboten, insofern sie nit streifen dürfen. Ein Zusammen- chluß der ländlihen Arbeiter an sh ist \{chon jeyt möglich.

s{ließlih fann man auch das Recht zur Vereinigung behufs

Ich gebe zu, daß |

¡ nationalen Gründen nicht empfehlen.

| Arbeitseinstellung den ländlichen Arbeitern nicht vorenthalten. as Saufen der Arbeiter während der Ernte läßt sich dur ge-

| enen Mittel verhindern. Sollte aber einmal durch einen Streik | whiklich die Ernte des ganzen Landes vernichtet werden, so wäre das | eine große Kalamität für das ganze Land, auch für die Arbeiter. Aber troß dieser Möglichkeit großer Schädigungen kann das Koalitions- recht den ländlichen Arbeitern nicht vorentbalten werden, höchstens könnte man es Ls die. Zeit der Ernte ausshließen. Eine Ausnahme darf aber sonst für die ländlichen Arbeiter nicht gemaht werden. Uebrigens sind die Gefahren eines Streiks der ländlichen Arbeiter nicht so groß, solche Streiks sind auch noch niht vorgekommen. (Abg. v. Pappen- heim: Italien!) Gewiß. Jn Jtalien und Ungarn sind Streiks vor- gekommen, aber dort liegen die Verhältnisse anders als bei uns. Aber im allgemeinen können die Mißstände, wie sie sich jeßt in den ländlichen Arbeitsverhältnissen zeigen, nicht durh Zwangs- maßregeln beseitigt werden, dazu gehöct vielmehr eine Regulierung der Gesamtverbältnisse, eine Vermehrung der ländlihen Bevölkerung, die Ansiedlung von Arbeitern, die bessere Bezahlung und Ausdehnung der Wohlfahrktspflege auf dem Lande usw. Jn dieser Qn find, wertvolle Aufgaben zu lösen. Es dürfen keine Kosten für die 2 oblfahrts- pflege gespart werden. Allmählih wird auf diese Weise eine Besserung erzielt werden. Der Zug nah den Fndustriestädten wird au, vielleicht {on in nit zu ferner Zeit, dur eine rückläufige Bewegung abgelöst

vorliegen. Allerdings sind das alles noch Zukunftsbilder, aber wir müssen au in die Zukunft blicken. Die Landwirtschaft kann fich zu- nächst helfen durch den stärkeren Heranzug ausländisher Arbeiter. Hoffentlich kommen wir aber durch die Zunahme der Bevölkerung dabin, wieder ohne ausländishe Arbeiter in der Landwirtschaft und in der Industrie auszukommen, besonders dann, wenn der Aufihwung der Industrie niht mehr so \prunghaft ist. Bet einer plößlichen Hohkonjunkkur, wie in den lezten Jahren, ist der Arbeitermangel nur natürlich. Eine regelmäßige Entwicklung der Industrie wird nur von Borteil für unser Vaterland sein. Bemühen wir uns alle nach beften Kräften, Besserung herbeizuföhren. Aber Polizeimaßregeln werden uns nimmermehr zum Ziele führen.

Abg. Ne h bel (koas.): Wir stehen tatsählich unter dem Zeichen des Kontraktbruchs der Arbeiter, nicht bloß in der Landwirtschaft, auch in der Industrie. In der Industrie haben die Tarifverträge viel geholfen, aber in der Landwirtschaft i} der Kontraktbruch tatsählich unbeschränkt. Wir haben nur noh neben Kindern 9 und Greiïen die invaliden Arbeiter zur Ver- fügung. Die Unmoralität muß unter Strafe gestellt werden. Prof. Ghrenberg sagt, der Kontraktbruch ist eine Massenerscheinung, welche das Rechtsbewußtsein untergräbt und zum Ruin der Landwirtschaft führen kann. Deshalb is cine Bestrafung am Plaße. Der In- dustrtelle kann sich über eine Arbeitseinstellung noch hinweghelfen, der Landwirt ist aber dem Ruin preitgegeben; wenn thm die Arbeiter während der Ernte fortlaufen, ist der Verdicnst eines ganzen Jahres in Frage gestellt. Es handelt si, wie Professor Ehrenberg weiter fagt, um ein öffentlihes Interesse. Die Gründe des Kontraktbruchs liegen in der Knappheit der Arbeiter, in der immer s{lechter werdenden Qualität ‘der Arbeiter und in dem Agentenunwesen. Sichere Mittel dagegen anzugeben, ist {wierig. Ein Mittel wäre die Seßhaftmachung der ausländishen Arbeiter, aber dieses Mittel würde ih aus Wir Deutsche sind ja fleißig in der Kinderet¡eagung, und wir müssen abwarten, wann der Rückstau aus der Industrie kommt, und wir die Arbeiter zurüd- bekommen, die wir mit {weren Kosten auf den Schulen erzogen haben. Die Zahl der abgewanderten Arbeiter au3 den Ostprovinzen! gebt in die Hunderttausende. Zwar hat der Osten einen Geburtenübershuß von 132 000 im Jahre, aber davon gehen 759/% dur Abwanderung wieder verloren. Wir haben außer Greisen und Kindern nur noch invalide Nentner. Mag der Mann auch nur eine Schnapsrente be- kommen, so ift er doch weniger geneigt, Arbeit anzunehmen, und immerhin ist er infolge der Rente leihter zum Kontraktbruh geneigt. Dazu kommt das böse Beispiel anderer Arbeiter. Ich bitte den Minister, bei Einführung des Paßzwanges für die ausländischen Arbeiter auch mit anderen Staaten Verträge abzuschließen, daß 4 Ah ebenso gegen- über fkfontraftbrühigen Arbeitern verhalten. ie Agenten brauchen wir nit zu unterstüßen, die Arbeitsämter der Landwirtschaftskammern fönnen genügen, um uns Arbeiter zu besorgen. Mit Hercn Gold- {midt will ih mih nicht beschäftigen; ih weiß niht, wo er feine Kenntnis von ländlichen Verhältnissen her hat; milde ausgedrückt, waren seine Ausführungen nicht durch Sachkenntnis getrübt. Da- gegen wundere ich mich über die Stellung des Akg. Herold zum Koalitionsrecht der Landarbeiter. Freiherr von Schorlemer-Lieser hat erst jüngst gesagt, daß die Verhältnisse auf dem Lande do ganz andere seien in bezug auf das Koalitionsre{cht. Wir kommen ja nit bloß bei der Ecnte durch einen Streik in Gefahr, sondern das ganze Jahr hindur; bedenken Sie doch nur, wenn eines Tages das Vieh nicht mehr gefütlert werden kann. Es ist auf die verbesserungsfäbigen MWobhlfahrtseinrihtungen auf dem Lande hingewtesen; aber daran feblt es tatsächlich nicht nach meiner Kenntnis der Verhältnisse in den öft- lichen Provinzen. Es fehlt niht aa höheren Löhnen und Wohlfahrts- einrihtungen. Jeder Arbeitgeber auf dem Lande wird aus nationalen, sozialen und wirtshaftlihen Gründen an ber Lösung dieser Frage mitarbeiten, aber wir rechnen auch auf die Hilfe der Staatsregierung, denn es ist auch ein gewisses Maß von Strenge in der Bestrafung des Kontraktbruhs unerläßlich.

Abg. Dr. Hirsch- Essen (nl.) : Daß wir in der Landwirtschaft und der Industrie, in Ost und West Arbeiternot haben, kann nicht bezweifelt werden. In welchem Umfange in der Industrie im Westen auswärtige Arbeitskräfte gebrauht werden, darüber könnte ih Ihnen Ziffern angeben, die Sie in Erstaunen seßen würden; z. B. sind im Ruhrkohlenbergbau 1906 ca. 23 000 ausläandische Arbeiter be- schäftigt worden ; rechnen Sie dazu die Arbeiter in der Eisenindustrie, in Ziegeleien, bei Bauten, so kommen Sie auf das Dret- bis Fünffache. Die Klage, daß gerade von den auéländiswen Arbeitern Kontrakt- bruch geübt wird, und der Notshrei nah Maßregeln dagegen find als berechtigt anzuerkennen. Wenn man aber dagegen Maßregeln ergreift, so muß man dafür forgen, daß sie so eingerichtet werden, daß der Zuzug dec ausländischen Arbeiter, die wir unbedingt nötig haben, nit eingedämmt wird. Man kann bedauern, daß wir auf diese aus- ländischen nit einwandsfreien Arbeiter angewiesen sind, aber ändern können wir es niht. Der Vorschlag, für die ausländischen Arbeiter eine Inlandslegitimation einzuführen, dürfte seinem Zwecke wohl ent- sprehen und in weiterem Umfange dem Kontraktbruch entgegenwirken. Fn industriellen Kreisen i tieser Punkt eingehend -erroogen worden, und man hat sch gesagt, daß eine solche Maßnahme, wenn sie auf die iadustriellen Arbeiter ausgedehnt wird, mit mancherlei Unbequemlichkeiten und wabrscheinlich aud mit Kosten verbunden sein würde. Aber man hat do, um dem Kontrakt- bruch und der Leutenot etwas zu steuern, dieser Maßregel zugestimmt, und die Industrie ist durhaus auf den Boden dieser Maßnahme ge- treten, Wenn diese keine Wirkung haben sollte, so muß man andere Maßregeln finden.

Abg. Herold (Zentr.) erwidert dem Abg. Nehbel, daß er keineswegs allein auf die Wohlfahrtseinrihtungen hingewiesen habe, und hält seine Auffassung über das Koalitionsrecht aufrecht; wenn auch große Schwierigkeiten daraus entstehen könnten, so dürfe doch ein wichtiges Menschenrecht nicht verkümmert werden.

Darauf wird die Besprchung geschlossen. pellationen sind damit erledigt.

ersöónlich bemerkt der

Abg. Goldshmidt: Der Abg Nehbel hat wieder einmal die ab- gebrauhte Nedensart angewendet, daß man auf der Linken Sachkunde in Landwirt\chaftsfragen nit vorausseßen könne. Alle diese Fragen find keine rein landwirischaftlihen, sondern allgemein volkswt1tschaft- lihe, Jh stehe diesen Fragen so nahe, daß nur noch ein / Herr Nehbel mir Unkenntnis vorwerfen kann.

Abg. N ehbel (kons.): Jh habe nur von Herrn Goldschmidt und niht von der Linken gesprochen. Was ich von Herrn Goldschmidt jagte,

Die Jnter-

halte ich aufrecht, zumal ich damit niht allein stehe.

Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.): Jedem Redner ‘von der Linken, der ländwirtschaftlihe Fragen ‘bespriht, wird derselbe Vor- wurf gemacht. (Präsident von Kröcher: Für jeden Redner von der Linken können Sie ketne P Bemerkungen machen.) Sowohl der Abg. Herold wie der Minister haben mit meinen Ausführungen übereingestimmt, und dieje sind doch gewiß sahverständig.

A mt, so bekundet das noch n eine i landwirischaftlihen Fragen. A P N

Schluß nah 4 Uhr. Nächste Sißung Mittwoch, den

8, Januar, 1 Uhr. (Entgegennahme von Vorlagen der Re- ierung; Antrag Bachmann wegen der Haftung der Beamten; ntrag Hammer, betr. das Submissionswesen.)

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstag e ist der Entwurf einer neuen Maß- und Gewichtsordnung zugegangen. Schon in der vorigen Legis- laturperiode hat ein solcher Entwurf die gesetzgebenden Körper- schaften wiederholt beschäftigt. Der unterm 1. April 1905 dem Reichstage vorgelegte Entwurf war na Ueberweisung an eine Kommission von dieser nur in erster Lesung beraten worden. Zur Verabschiedung is es wegen Schlusses der Session nicht ge- fommen. Jn der nächsten Session wurde der Entwurf in nur unwesentlih veränderter Fassung dem Bundesrat und untcrm 28. November 1905 dem Reichstage von neuem vorgelegt. Die IX. Kommission des Reichstags hat die Vorlage in 3 Lesungen durhberaten und einen ausführlichen Bericht erstattet. Eine weitere Beratung im Plenum hat infolge der Auflösung des Reichstags nicht stattgefunden. Der jeßt vorliegende Entwurf, dessen Fassung den Beschlüssen der Reichstagskommission völlig entspricht, bezweckt, unter Würdigung des Ergebnisses der Verhandlungen über die früheren Geseßesvorlagen die als wünschenswert erkannten Verbesserungen auf dem Gebiete des Maß- und Gewichtswesens berbëtzuführên, insbesondere das System der periodischen Nacheihung der Meßgeräte im Wege der Neichsgesehgebung allgemein zur Durhführung zu bringen.

Der Entwurf lautet:

§ 1. Die Grundlagen des Maßes und des Gewichi8 find tas Meter und das Kilogramm. Das Meter ist der Abstand „when den Endstrihen des internationalen Meterprototyps bei der Temperatur des s{chmelzenden Eises. Das Kilogramm i| die Masse des in!er- nationalen Kilogrammprototyps.

& 2. Als deutsches Urmaß gilt derjenige mit dem Prototyp für das Meter verglichene Maßstab aus Platin-J:idium, welcher dur die Internationale Generalkonferenz für Maß und Gewicht dem Deutschen Reich als nationales Prototyp überwiesen worden ist. Er wird von der Kaiserlichen Normalcihungskommission aufbewahrt.

& 3. Aus dem Meter wird die Einheit des Flähenmaßes das Quadratmeter und die Ginheit des Körpermaßes das Kubikmeter gebildet A die Teile und die Vielfachen der Maß- einheiten gelten folgende ezeihnungen :

A. Längenmaße: Der zehnte Teil des Meters heißt das Dejzi- meter; der hunderiste Teil des Meters heißt das Zentimeter; der tausendste Teil des Meteis heißt das Millimeter; tausend Mitter heißen das Kilometer.

_B. Flächenmaße: Der hundertste Teil des Quadratmeter s heißt das Quadratdezimeter; der hundertste Teil des Quadratdezt- meters heißt daé Quadratzentimeter ; der hundertste Teil des Quadrat- zentimeters heißt das Quadratmillimeter; hundert Quadratmeter heißen das Ar; bundert Ar heißen das Hektar; hundert Hektar heißen das Quadratkilometer.

C. Körpermaße: Der tausendste Teil des Kudikmeters ten

das Kubikdezimeter; der tausendste Teil des Kubikdezimeters heißt das Kubikzentimeter; der tausendste Teil des Kubikzentimeters heißt das Kubikmillimeter. Dem Kubikdezimeter wird im Verkchr der von einem Kilogramm reinen Wassers bei seiner größten Dichte unter dem Druck einer Atmosphäre eingenommene Rautn gleichgeatet. Diese Raumaröße heißt das Liter. Der tausendste Teil des Liters heißt das Milliliier; hundert Liter heißen das Hektoliter. __§ 4. Als deutsches Urgewicht gilt dasjenige mit dem Prototyp für das Kilogramm vergliene Gewichtsstück aus Platin-IJridium, welches durch die Internationale Generalkonferenz für Maß und Gewicht dem Leutschen Reiche als nationalcs Prototyp überwiesen i bu Es wird von der Kaiserlichen Normaleihungskommission aufbewahrt.

8 5, Für die Teile und die Vielfahèn des Kilogramms gelten folge'de Bezeichnungen: Der tausendste Teil des Kilogcamms heißt das Gramm; der tausendste Teil des Gramms heißt das Milligramm; hundert Gramm beißen das Hektogramm; hundert Kilogramm heißen der Doppelzentner; tausend Kilogramm heißen die Tonne.

8 6. Zum Messen und Wägen im öffentlihen Verkehr, sofern dadur der Umfang von Leistungen bestimmt werden soll, dürfen nur geeihte Maße, Gewichte und Wagen angewendet und bereit gehalten werden. Zum öffenilihen Verkehr gekbört der Handelsverkehr au dann, wenn er niht in offenen Verkaufsstellen stattfindet. Auch zur Ermittelung der Arbeitslohns in fabrikmäßigen Betrieben dürfen nur geeihte Vaße, Gewichte und Wagen angewendet und bereit gehalten werden. Den Maßen stehen im Sinne dieses Geseßes glei die zur Raummessung bcstimmten Meßwerkzeuge für Flüssigkeiten und für trodene Gegenstände. Unberührt bleiben die Vorschriften über die zu steueramtlihen Zwecken bestimmten Geräte.

Durch Beschluß des Bundesrats kann für bestimmte Arten von Betrieben sowie für den De bestimmter Arten von Waren, insbesondere für den Verkehr nah und von dem Auslande, die An- wendung und Bereithaltung solcher niht nach den inländishen Vor- schriften geeichter aris. pat zugelaffen werden, welhe auf einem anderen als dem metrishen System beruhen.

8& 7, Soweit Förderwagen und Fördergefäße im Bergwer?ss betriebe zur Ermittlung des Arbeitslohns dienen, bedürfen fie der Neueichung.

§ 8. Für den Verkauf weingeistiger Flüssigkeiten nah Stä:ke- graden dürfen nur geeihte Thermo-Alkoholometer, für die entgeltliche Abgabe von Gas nur geeihte Gasmesser angewendet und bereit gehalten werden. ,

8 9, Wein, Obsiwein und Bier dürfen bei faßweisem Verkaufe dem Käufer nur in solhen Fässern überliefert werden, welche auf ihren Raumgehalt geeiht sind. Eine Ausnahme Bus bezüglich des- jenigen ausländishen Weines, Obstweines und Bieres statt, dessen Weiterverkauf in den Originalgebiaden erfolgt. Ebenso findet eine Ausnahme bezügli desjerigen ausländishen Weines statt, eum Weiterverkauf in ausländischen, für den betreffenden Wein im Ur- sprungslande gebräuchlichen Gebinden und dessen Berehnung nicht nah Litern, sondern nach der Bezeichnung des Gebindes (Orboft, Pipe, Both usw.) erfolgt, auß wenn Umfüllungen des Weines statt- O Gichung besteht i

ÿ_10. e ung besteht in der vorschriftsmäßigen Prüfun und Stempelung der Meßgeräte durch die zuständige Behörde; ste it entweder Neueihung oder Nacheichung.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

innerhalb bestimmter Fristen zur Nahheichung zu bringen. Die Fristen, innerhalb deren- die Nacheihung vorzunehmen und zu wiederholen ist,

Jal Die tem eichpflihtigen Verkehre dienenden Meßgeräte sind betragen bei a. den Längenmaßen, den Flüssigkeitsmaßen, den Meßwerk-

: l en für Flüssigkeiten, den Hohlmaßen und Meßwerkzeugen für trockene | ugen Hine E Gewichten, den Wagen für eine größte zulässige Last bis

| ausfchlie li 3000 kg sowie den Fässern für Bier zwei Jahre, b. den f und darüber, den .

Wagen für eine größte zulässige Last von 3000 k festfundamentierten Wagen und den Fässern für Wein und Obstwein drei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Ablaufe desjenigen Kalender- jahrs, in welhem die legte Eihung vorgenommen worden ist. Bei Fässern, in denen Wein gelagert ist, endet die Nacheichungsfrist nicht, bevor das Faß entleert worden ist. Gasmesser sind von der Nach- eichung ausgenommen. j

8 12. Der Bundesrat ist ermächtigt, die Verpflichtung zur Neu- eichung oder Naheihung auf andere als die in den §8 6 bis 9 be- zeichneten Gegenstände auszudehnen sowie einzelne Arten von Gegen- ständen, die nah den Vorschriften des Gesetzes eihpflichtig find, von der Verpflihtung zur Neueihung oder Nacheichung auszunehmen. Er ist ermächtigt, die Vorschriften über - die Fristen für die Nacheihung in Ansehung einzelner Arten von Gegenständen abzuändern und zu er- gänzen. Die auf Grund des Abs. 1 erlassenen Vorschriften sind dem Reichstage, wenn er versammelt it, sofort, sonst bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu seyen, soweit der Reichstag die Genehmigung versagt. |

8 13. Im eichpflihtigen Verkehr ist die Anwendung und Bereit- haltung von unrichtigen Maßen, Gewichten, Wagen, Thermo-Alkoholo- metern und Gasmessern sowie die Anwendung von unrichtigen Fässern untersagt. Das Gleiche gilt für solche Gegenstände, welhe gemäß & 12 vom Bundesrate für eihpflihtig erklärt worden sind. Als un- rihtig gelten diejenigen Meßgeräte, welche über die vom Bundesrate feftgelebten Grenzen (Verkehrsfehlergrenzen) hinaus von der Nichtigkeit abweichen.

8 14. Zur Eichung sind nur zuzulassen: dien gen Längen- maße, welhe dem Meter oder bi ganzen Vielfachen, oder seiner Hälfte, seinem fünften oder seinem zehnten Teile entsprechen; die- jenigen Körpermaße, welhe dem Kubikmeter, dem halben Kubik- meter, dem Hektoliter oder dem halben Hektoliter oder den ganzen Vielfachen dieser Maßgrößen, oder dem Liter, seinem Zwet-, Fünf-, Zehn- oder A mau asen, oder seiner Hälfte, seinem vierten, fünften, zehnten, zwanzigsten, sünfzigsten oder hundertsten Teile entsprechen ; diejenigen Gewichte, welche dem Kilogramm, dem Gramm oder dem Milligramm, oder dem Zwei-, Fünfs, Zehn-, Zwanzig-, oder Fünfzigfachen dieser Größen oder der älfte, dem vierten, dem fünften, dem achten oder dem zehnten Teile des Kilogramms ore der Hälfte, dem fünften oder dem zehnten Teile des Grammes entsprehen. Außer- dem sind zur Eichung zuzulassen Förderwagen und Fördergefäße im Bergwerksbetrieb ohne Rücksicht auf den RNaumgehalt.

S 15. Die Sun wird durch Cichämter ausgeübt. Ste werden hierzu mit den erforderxlihen Gihnormalen, Apparaten und Stempeln ausgerüstet. Die Eihämter können auf besondere Zweige des Eich- wesens beshränkt werden. -

ê 16. Der Bundesrat erläßt die Bestimmungen über die von den Eichbehörden zu erhebenden Gebühren. Die Festseßung der Nach- eihungsgebühren erfolgt innerhalb der vom Bundesrat zu bestimmenden

öchstbeträge dur die Landesregierungen. Bei der Festsegung der Ge- ühren ist von dem Grundsay auszugehen, daß die Gesamteinnahmen aus den Gebühren die Kosten des Eichwesens nicht übersteigen follen.

8 17, Die mit der Aufsicht über die Geschäftsführung der Eich-

ämter zu betrauenden Behörden oder Beamten (Auffichtsbehörden) sind verpflichtet, für die Ordnungsmäßigkeit und für die Nichtighaltung der Eichmittel zu sorgen und die Eihnormale in angemessenen Fristen nazuprüfen, Sie können ermächtigt werden, in geeigneten Fällen E ihrer Bezirke die Tätigkeit der Eihämter selbst zu über- nehmen. 8& 18, Die Eichämter und die Aufsichtsbehörden sind staatliche Behörden. Ihre Errichtung, Ausrüstung und Unterhaltung, die An- stellung und Besoldung der Beamten erfolgt durch die Landesregie- rungen. Die Errichtung gemeinschaftlicher Eichbehörden für mehrere Bundesstaaten bleibt der Vereinbarung zwischen den Landesregierungen vorbehalten. Die Landesregierungen sind befugt, Gemeinden, welche zur Zeit des Inkrafttretens des gegenwärtigen LURE eigene Eich- ämter besitzen, die Beibehaltung der leyteren in w derrufliher Weise zu gestatten. Die Bm und Unterhaltung der Eichämter sowie die Besoldung der Beamten liegt alsdann den Gemeinden ob, welche die Gebühren vereinnahmen. Im übrigen gelten für die Gemeinde- eihämter die gleichen Bestimmungen wie für die Staatseihämter.

8& 19, Die Kaiserliche Normaleichungskommission hat darüber zu wachen, daß das Cihwesen im gesamten Neichsgebiete nah überein- stimmenden Regeln und dem Interesse des Verkehrs entsprehend ge- handhabt wird. Ihr liegt die Verabfolgung der Normale an die Aufsihtsbehörden und deren periodis wiederkehrende Ver- E mit dem emals und dem Urgewiht ob. Sie ist efugt, zeitweilig, mit enehmigung des Bundesrats dauernd die Eichung bestimmter Gattungen von Mefßgeräten ih aus\chließlich vorzubehalten oder unter ihre unmittelbare Aufs- sicht zu stellen. Sie hat die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz über Material, Gestalt, sonstige Einrichtung und Bezeihnung aller eihfähigen Meßgeräte sowie über die Bedingungen ihrer Eich- fähigkeit zu erlassen und die von den Eichbehörden innezuhaltenden Fehlergrenzen (Cichfehlergrenzen) festzuseßen. Ihr ist es vorbehalten, zu bestiinmen, ob und unter welhen Vorausseßungen Gegenstände zur EGichung zuzulassen sind, die dén allgemeinen Ausführungsvorschriften nicht entsprechen.

Der Kaiserlichen Normaleihungskommission liegt ob, das bei der Eichung zu beobachtende Verfahren sowte die Bedingungen festzustellen, unter denen Meßgeräte, die niht oder nicht mehr den Vorschristen entsprehen, aus dem Verkehre zu ziehen sind, überhaupt alle die tech- nishe Seite des Eichwesens Pes Fragen zu regeln. Meß- geräte, die von der Kaiserlichen ormaleihungtkommission geprüft und gestempelt sind, gelten als geeiht im Sinne dieses Ge ige

& 90. Sämtliche Eichbehörden haben sich bei der Eichung der vom Bundesrat festzuseßenden Stempel- und Jahreszeichen zu be- dienen. Bei der Nacheihung ist das Jahreszeichen allein anzuwenden, soweit nicht von der Kaiserlichen Normaleihungskommission für einzelne Arten von Gegenständen abweichende Bestimmungen getroffen werden oder der gän¡;lihe Fortfall der Stempelung zugelassen wird.

& 21. Meßgeräte, die den Dettaen dieses Geseyes ent- sprechend geeiht sind, dürfen im ganzen Reich8gebiet angewendet werden.

& 92, Wer in Ausübung eines Gewerbes den Vorschriften der 88 6 bis 9, 11, 13 dieses Geseyes, den par! Grund des § 12 dieses Geseyzes erlassenen Anordnungen des Bundesrats oder den sonstigen Vor- orte der * aße und Gewichtspoltzei zuwiderhandelt, wird mit Geld- trafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft Der Aus- übung eines Gewerbes im Sinne dieer Vorschrift steht der Geschäfts- betrieb von Vereinen auch insoweit glei, als er si auf die Mitglieder beschränkt. Neben der Strafe ist auf die Unbrauchbarmachung oder die Bugtehung der vorschriftswidrigen Meßgeräte zu erkennen, auch kann deren Vernichtung ausgesprohen werden. Es macht keinen Unterschied, ob die Geräte dem Verurteilten gehören oder niht. Ist

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Ï 1e 296.

Berlin, Freitag, den 13. Dezember

die Verfolgung oder die Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Unbrauhbarmachung oder die Einziehung und auf die Vernichtung selbständig erkannt werden.

8& 23. Dur Kaiserlihe Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats wird der Zeitpunkt bestimmt, mit welhem diese Maß- und Gewichtsordnung ganz oder teilweise in Kraft tritt; jedoch soll das Inkrafttreten der Vorschriften über die Organisation der Eich- behörden nit vor dem 1. Januar 1912 erfolgen. Auf demselben Wege können Uebergangsbestimmungen erlafsen werden. Den Landes- regierungen liegi ob, soweit niht durch dieses Geseh die Zuständigkeit anderweit geregelt ist, diejenigen Anordnungen zu treffen, welhe zur Sicherung der Einführung und Durchführung der in dem Geseh ent- haltenen Bestimmungen erforderli sind.

Mit dem Inkrafttreten dieses Geseßes treten außer Geltung: die ae und Gewichttordnung für den Norddeutshen Bund vom 17. August 1868 nebft den Geseßen vom 11. Juli 1884 und vom 26. April 1893; das Bei, betreffend die Einführung der Maß- und Gewichtsordnung für den Norddeutshen Bund vom 17. August 1868 in Bayern, vom 26. November 1871; das Gesey, betreffend die Ein- führung der Maß- und Gewichtsordnung vom 17. August 1868 in Elsaß-Lothringen, vom 19. Dezember 1874; § 369 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des E rafgeleaude,

8 24. Für diejenigen Meßgeräte, welche beim Inkrafttreten dieses Geseßes bereits mit einem die Zeit ihrer Gichung oder leßten Nah- eihung bezeihnenden Jahreszeichen versehen find, Nen die im § 11 festge]epten Fristen für die Nacheihung oder deren Wiederholung mit dem Ablauf des so bezeichneten Kalenderjahrs, für diejenigen Meß- (ae die noh kein Sahreszeichen tragen, mit dem Ablauf des Jahres, n welchem dieses Gesetz in Kraft tritt.

& 25. Die Vorschriften des § 19 dieses Gesezes finden auf Bayern mit der Maßgabe Anwendung, daß die Königlich bayerische Nacraaleinhagtommission für Bayern die gleichen F hat wie die Kaiserlihe Normaleihungskommission nah § 19 Ab}. 2 und 3 im übrigen Reichsgebiete. Ste hat jedoch die M rungobe mgen zu diesem Gese, die Vorschriften über die Zulassung anderweiter Meßgeräte zur Eichung, über das bei der Eichung zu beobachtende Verfahren und über die von den Eichbehörden innezuhaltenden Fehler- grenzen in Uebereinstimmung mit den für das übrige Reichsgebiet ergebenden Vorschriften zu erlassen.

Dem Reichstage ist ferner der Entwurf eines Geseßes, betreffend Aenderung des §833 des Bürgerlichen Geseß- buchs, der von den verbündeten erungen bereits am 24. Februar 1906 vorgelegt worden, über die erste Lesung aber infolge Auflösung des Reichstags nicht hinaus gekommen war, wiederum zugegangen. Nah dem Entwurf erhält der 8 833 folgenden zweiten Saß:

Die Ersaupflicht tritt niht ein, wenn der Schaden dur ein Haustier verunlacgt wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu dienen bestimmt is, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr er- forderlihe Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Literatur.

Neueste Geschichte (1815—1900). Uebersichten und Ausführungen. Von Professor Dr. Ludwig Stade. Siebente Auflage, neu bearbeitet und- von 1881 bis 1900 fortgeseßt von Dr. Heinrih Stein, Geh. Schulrat. Mit Personenliste und Zeit- tafel. Oldenburg i. Gr., Druck und Verlag von Gerhard Stalling. 1908. 756 Seiten Lexikonformat. Preis broschiert 6,25 M, elegant gebunden in Futteral 7,50 „6 Die verschiedenen Bände der Stackeschen „Erzählungen aus der Geschichte" haben bisher eine Verbreitung von mehr als einer halben Million Exemplaren gefunden. Der leßte Band, Er- zählungen aus der neuesten Geschichte, seit 1870 echsmal aufgelegt, ersheint jeßt, nahdem der erfasser hochbejahrt dahingeschieden ist, in der siebenten Auflage als eine durchgreifende Neubearbeitung aus der Hand eines hervorragenden Swhulmanns und bewährten Ge- \{ichtsforshers, des Geheimrats Stein in Oldenburg. Im Gegensaß zu der bisherigen Anlage des Werks hat sich Stein das Ziel gesteckt, nicht mehr aus der Geschichte seit 1815, ondern diese Geschichte selbst zu erzählen; dement prechend lautet eßt der gegen früher geänderte Titel: „Neueste Geschichte“. Die Bewältigung der Aufgabe ist ihm dadur gelungen, daß er ih unbeschadet der es zusammenhängenden Erzählung auf das Wesentliche beshränkt, dies aber eingehend und in voller Beleuhtung dargestellt hat. Die Befreiung und Einigung Italiens, die Lösung der deutschen Frage, die Zurückdrängung Oesterreih-Ungarns und Frankreihs aus ihren überwiegenden Stellungen, die Begründung des QDeutshen Reichs - und ‘einer zentralen Machtstelung in Europa, das sind aus der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts 8 1815) die hauptsächlihsten Ereignisse, aus denen das geshiht- lihe Verständnis der Btgenwar! gewonnen wird. So kommt es, daß in diesem Buch ein besonderer Nachdruck auf die Schilderung der gewaltigen inneren und äußeren Kämpfe, die das siebente Jahr- zehnt des vergangenen Jahrhunderts erfüllten, gelegt ist. Daß dabei die deutshe Geshichte stark in den Vordergrund tritt, [iegt in dem Gang der Dinge begründet,“ „nit bloß in der patriotischen Vorliebe deren ich ein deutshes und für Deutsche bestimmtes Geschichtsbu nit zu s{chämen brauht". Die vorhergehenden Jahrzehnte, be- sonders die taten- und ergebnisarme Zeit von 1815 bis 1848, behält für das heutige Geshlecht nur noch die Bedeutung einer Vorgeshihte jener großen Epoche und ift daher weniger ausführlich behandelt worden. Für die beiden legten Jahrzehnte ist das reiche Material verarbeitet, das in den von DelbrüX und seit 1894 von Roloff redigierten Jaurgun en des Schultheßshen Geschichtskalenders gesammelt vorliegt. as die An- ordnung des Stoffs betrifft, so ist das Verfahren Stackes, den Jnhalt nach kürzeren Zeiträumen zu gliedern (4. Bi 1864 1871) und in diesen Grenzen um die größeren Staaten zu gruppieren, ibehalten worden. Dur die Benußung neuerer Forschungen find mán Beritaun en von Jrrtlwarn möglih das zeigt k u die rstellung der Vorgeschihte des deutsg franzö sen Krieges. Wertvoll sind auch die beiden Zugaben, eine Personenliste und eine eittafel, die durch stetige inweise auf die zugehörigen Text- eiten zuglei ein Jnhaltoverzeichnis darstellen. Sehr \chön sagt Stein von dem erziehlichen Wert der Geschichtskenntnis in unsern Tagen: „Im Lande der allgemeinen Schul- und Wehrpflicht, des allgemeinen leihen Wahlrechts sollte jeder Due ch verpflichtet glauben, die Entstebungs eshichte des Reiches, die Grundzüge einer Verfassung und Geseygebung, seine soziale und wirtschaftl Entfaltung kennen zu lernen und von dieser Kenntnis aus sein Urteil und sein Handeln in den politischen und sozialen Kämpfen selbständig zu bestimmen." Von der Lektüre des Buches, uud sei es auch nur ein gelegentliches Nacsehen, läßt si für jeden ein guter Gewinn erwarten. Ein Mainzer Domherr der erz uttint en Zeit. Wennemar von Bodelschwingh. 1558—1605. Leben, Haus und Habe, Nach urkundlichen Quellen von D. Friedrih Schneider.

geworden,

Tasses des 1605 gestorbenen Mainzer Domherrn

1907.

reiburg im Breisgau 1907. Herdersche Verlags andlung. gr. 89 1TY und 206). 6 M Die vorliegende Arbeit beruht auf einer Handschrift der Mainzer Stadtbibliothek, die das Inventar des Nach- Wennemar von Das Inventar ift * als Lee im Wortlaut abgedruckt und im Zusammenhang der Dar tellung eingehend erläutert. Auh sonst find archivalische Quellen benußt worden, und wenn au keine Briefe “Und eigenhändigen Auf- zeihnungen des Domherrn aufzufinden waren, so hat der Berfasser doch versucht, ein Lebensbild zu entwerfen. Wennemar von Bodel- \{wingh entstammt einem westfälishen Adelsgeshlecht, das seinen Namen von dem gleichnamigen Stammhaus im Landkreise Dortmund hat. Die Familie, 1753 în männlicer Linie ausgestorben, existiert beute unter dem Namen der Grafen von Bodelshwingh-Plettenberg. Mennemar war unter neun Kindern, sieben Söhnen und zwei Töchtern, der fünfte Sohn. Er wurde im Alter von neun Jahren nah Ablegung der Ahnenprobe ins Mainzer Domkapitel aufgenommen und tudierte dann in Cöln (1569—1574), weiter in Douai (im spanischen Flandern unter Philipp 11. gegründet), Bourges, Padua und - Siena. Mit 921 Jahren kehrte er in die Heimat zurück und gelangte mit 24 Jahren, nah 15 jähriger Exspektanz, in den S des Kanonikats. Auf Verwendung des Würzburger Bischofs Julius Ehter von Mespel- brunn wurde Bodelswingh außerdem zum Kanonikus des dortigen Nitterstifts St. Burkard ernannt (1590) und nach feiner Vorstellung dort und dem damit verbundenen längeren Aufenthalt (1596) dur die Würde des Dekans ausgezeihnet (1597). Die Doppelstellung, die in der Zugehörigkeit zu einem Mainzer und zu einem Würzburger Kapitel lag, bereitete aber dem neuen Dechanten so viel Schwierigkeiten, daß er \chließlich auf dieses Amt verzichiete (1602). Krankheit feute seinem Leben vor der Zeit ein Ziel, er erreihte nur ein Alter von etwa 47 Fahren. Im Dom zu Mainz steht ein Denkmal von ihm mit seinem Wappen. Der Verfafser hat sich aber nicht damit begnügt, ein niht sehr ereignisreihes Einzelleben aus der Zeit der Gegenreformation der Vergessenheit zu entreißen, sondern er hat zugleich an passenden Stellen Betrahtungen über damalige Zustände angestellt und dadurch über Dinge, die wenig bekannt sind, Licht verbreitet. Was bedeuteten die adligen Domkapitel in Deutsh- land, wie ergäniten sie sh überhaupt, wie waren in ihnen flihten und Rechte verteilt? Solche und ähnliche Fragen hat der erfafser mit liebevoller Versenkung in das Detail aus allerlei urkundlichen uf» zeihnungen beantwortet. Bodelshwinghs Kanonikat zu Mainz fiel mit der Negierung von vier Erzbischöfen zusammen: dies nimmt der Verfasser zum Anlaß, die verschiedenen Charaktere dieser vier ürsten miteinander zu vergleichen. Oder eine Lüdke aus dem eben des Kanonikus, die drei Jahre von 1585 bis 1588, wird damit ausgefüllt, E die hohe Kanzel im Dom, die damals (1587) in fünstlerisch vollendeter Weite restauriert wurde, ausführlih geschildert Zu einer wahren Fundgrube kulturhistorisher Belehrung hat Friedrich Schneider das Kapitel über den Bodelshwinghschen Hausrat gestaltet; alle die Dinge, die im Inventar angegeben sind, die Gewands trube mit ihrem Inhalt, die Waffenausstattung, vor allem aber die Bibliothek mit ihren 62 Nummern (die Titel mit interessanten Bemer- fungen dazu sind abgedruckt) werden mit siherem Blick dazu verwertet, die Lebensführung und Geistesrihtung des westfälishen Edelmanns und Mainzer Domkerrn zu beleuhten. Zwei Abbildungen des Stamm- \{chlo}es Bodelschwingh, ein Grundriß der Kurie „Zum Sendtner“ am Leihhof zu Mainz, wo der Kanonikus wohnte, sowie! ein Bild seines Grabdenkmals im Dom {ind beigegeben. Dazu kommt ein Personen-, Sach- und Ortsverzeichnis sowie eine Uebersicht der benußten Literatur. Die Fürstinnen auf dem Throne dar Je enzollern in Brandenburg-Preußen. Von F. Bornhak, Mit Mulgnd, ¡wanzig Bildnissen. Zweite Auflage. Alten S.. A. Stephan Geibels Verlag. 1907. 608 S. 9 H, gebunden 10 M 2 vorliegende Buch erschien in erster Auflage im Jahre 1889 am 30. September, dem Geburtstag Ihrer Ma der Kaiserin und Königin Augusta, der es auch gewidmet ist Die Verfafserin hatte fich die Auf- gabe gestellt, den Anteil aufzuzeigen, den die Hohenzollernfürstinnen nah dem Urteil der Geschichte an der Pflege deutsher Art hätten, fie hatte deshalb die vorhandene Literatur in weitestem Umfang, von Rankes preußisher Geschichte bis zu Einzelforshungen, zum Teil au die Quellen selbst, z. B. berühmte Memoiren, ernstlich benußt und die Lebensbilder aus genauer Kenntnis der Tatsachen herausgearbeitet. In der zweiten, von Conrad Bornhak, dem Sohn der Verfasserin, besorgten Auflage sind die Lebensbeschreibungen der drei Kaiserinnen auf Grund neuerer Darstellungen, z. B. von Delbrück und Nippold, ergänzt worden, das andere ist im wesentlihen unverändert geblieben. Fedem Lebenslauf ist ein kurzer Sinnspruch, meist ein pafsendes Dichterwort, vorausgeschickt. Es ist ein vornehm gehaltenes Buch, das dem Gegenstand, dem es fich widmet, in würdiger Weise ge-

recht wird. Verlage der Königlichen Universitätsdruckerei von H.

Stra Im Stürt in Würzburg ist soeben zum Preise von 1,4 der XIV. Jahr- ilder erschienen. Auch dieser

gang (1908) der Altfränkischen neue Jahrgang wird seinen Ruf als historisches Wanderbuh durch große und kleine Orte der fränkishen Lande rechtfertigen. Die Alt- fränkishen Bilder sollen Bausteine zusammentragen für eine künftige umfassende Kunstgel Bee Frankens sowie Blick und Verständnis wecken und \{chärfen, wie man beim ra r Sa von alten fränkischen S und Gassen fast überall eine reihe Fülle bedeutsamer Reste und Erinnerungen an Kunst und Geschichte der Vergangenheit findet, wenn man dié Augen für solhe Dinge ofen zu halten fich gewöhnt.

Bodelshwingh enthält.

wird.

NULIE A101 gen

neu ershienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilhelmstraße 32, zu rihten. Rücksendung findet in keinem Falle ftatt.

Das Swhwurgericht. Unter Berücksichtigung der Neht- rechung des Reichsgerihts für die Praxis dargestellt von E: eddersen. Nebst einem Anhange: Instruktion für den

Dienst als Geri feireidec in Shwurgerihts\sizungen. 5 #, gebdn. 6 - Berlin W. 57, \otédamerstr. 96, Otto Liebmann .

Der Verständigungszweck im- Ret. Von Dr. jur. Adolf ten Hompel. 5,40 Æ& Berlin W. 8, Mohrenstr. 13/14,

Franz Vahlen. S

nleitung für die juristishe Uebungs- und Examens- arbeit. Von Professor Dr. Franz ou ulark. Kart. 1,20 Æ Berlin W. 8, Mohrenstr. 13/14, Franz Vahlen.

Militär-Strafgeseßbuch für das Deutsche Reich. Pt mit Anmerkungen und Saheepte von - Dr. Paul

neI und Or: Georg Ern. L. Aufl. dn. 3,60 #& Berlin W. Fee 13/14 Sranz Vablen.

Das uftsGiff völkerre{tliher und ftrafrechtlicher Be- ena ven Or. Grünwald. 1 F Hannover, wingshe

erlag :

Der Gi heidungskampf um den Boden der Ostmar k. Mittel und e um Ziele. Von Dr. jur. E. Herr, 1, München, J. F. Lehmann. E -; ‘d a u Hi d Ce Grievrigt pes Leo en. O Dr. G. e

olz, Herausge u en orrespon nz. Fr Großen“. Mit 5 Bildern. 4,50 G, gebdn. 6 K S Tite Andreas Perthes.