1908 / 15 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Jan 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Personalveränderungen.

Königlich Bayerische Armee.

München, 15. Januar. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luityold, des Königreichs Bayern Verweser, haben Sich unterm 14. d. M. Allerhöch\ bewogen gefunden, nabstehende Personalveränderungen Allergnädigst zu verfügen: a. bei den Offizieren und Fähnridhen : im aktiven Heere: den Fähnr. Geyer des 15. Inf. Regts. König F:iedrih August von Sachsen zur Res. zu beurlauben; den Abschied mit der geseßlihen Pension zu be- willigen: den Majoren und Bats. Kommandeuren Sauter des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bayern und Haus des 15. Inf. Regts. König Friedrich August von Sachsen, den Hauptleuten Jamin, Komp. Chef im 20. Infanterieregiment Prinz Rupprecht, und Frhrn. v. Tubeuf der Kriegsshul-, dem Oberlt. Höttinger des 8. Inf. Regts. Großherzog Friedrih von Baden, sämtlichen mit der Erlaubnis zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeshriebenen Abzeichen; zu entheben: von der Stellung als Komp. Chef die Hauptleute Pößneccker des 4. Inf. Regts. Köntg Wilhelm von Württemberg und Graßmann des 20. Inf. Negts. Prinz Rupprecht ; zu ernennen: zu Bats. Komman- deuren die Majore Vocke, Mitglied der Militärschießshule, im 3. Inf. Regt. Prinz Karl von Bayern und Schmid beim Stabe des 15, Inf. Regts. König Friedrih August von Sachsen in diesem Regt., zum Mitglied der Militärshießshule den Hauptm. Friedmann, Komp. Chef im 3. Inf. Negt. Prinz Karl von Bayern, ¡u Komv. Chefs die Hauptleute Griot-Sévenot des 20. Inf. Regts. Prinz Nuppreht, bisher ohne Gehalt beurlaubt, im 3. Jaf. Regt. Prinz Karl von Bayern, Frhrn. v. Freyberg, Adjutanten bei der 2. Inf. Brig,, im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württemberg, Stephan des 15. Jnf. Negts. König Friedrich August von Sachsen, in diesem Negt., die Oberlts. Söldner u. Weißmann des 20. Inf. Regts. Prinz Nuppreht, beide in diefem Regiment unter Beförderurg zu Hauptleuten ohne Patent, zum Adjutanten bei der 7. Inf. Brig. den Oberlt. Pflügel des 9. Inf. Regts. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen; zu versetzen : den Hauptm. Sing, Komp. Chef im 15. Inf. Regt. König Friedrich August von Sachsen, zum Stabe dieses Negts, den Oberlt. Melchior, Adjutanten bei der 7. Inf. Brig., in gleicher Eigén- {haft zur 2. Inf. Brig. und den Lt. Er. v. Almeida des 1. Ulan. Regts. Kaiser Wilhelm I1., König von Preußen, zu den Res. Offizieren des genannten MRegts.; zu befördern: zum Festungsbau- oberlt. ten Festungsbault. Grünewald der Fortifikation Ingolstadt, zum Festungébault. bei der Fortifikation Ingolstadt den Oberwall- meister Gra hn der Fortifikation Germersheim; im Beurlaubten- stande: den Abschied zu bewilligen: von der Lindw. 2. Aufgebots den Nittmeistern e Le) und Thormann (Hof) vom Train, beiden mit der Erlaubnis zum Tragen der Landwehr- uniform mit den für Verabschiedete vorgeschrielænen Abzeichen, dann den Oberlts. Ziegler (Kempten) von der Inf.,, Knoblauch (Hof) von der Kav. und Devin (Kaiserslautern) vom Train; zu befördern : zum Oberlt. den Lt. Wagner in der Mes. des 2. Fußart. Regts. mit Patent vom 20. Dezember 1907; b. im Sanitätskorps: den Abschied mit der geseßlihen Pension zu bewilligen: dem Gen. Oberarzt Dr. Hummel, Div. Arzt der 1. Div., mit der Erlaubnis ¡um Forttragen der Uaiform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen unter Verleihung des Charakters als Gen. Arzt, dann dem Oberarzt Dr. Walter des 21. Inf. Regts.; zu versezen: die Oberärzte Dr. Enders vom 2. Ulan. Regt. König zum 6. Inf. Regt. Kaifer Wilhelm, König von Preußen, und Dr. Guthmann vom 8. Feldart. Regt. zum 19. Inf. Regt. König Viktor Emanuel II1. von Italien.

An Stelle des Oberftlts. Kneußl, Direktor der Kriegsakademie und der Art. und Ingen. Schule, wurde der Oberstlt. Endres, Abteil. Chef bei der Zentralstelle des Generalstabes, zum Mitglted der Oberstudien- und Examinationskommission bestimmt.

Königlich Sächsische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde- rungen und Verseßungen. 3. Januar. v. Wolffersdorff Oberlt. im 2. Ulan. Regt. Nr. 18, vom 10. Januar d. Is. ab auf ein Jahr zur Dienstleistung bei der Gesandtsast in Weimar kom- mandiert. Herrmann, charakteris. Fähnr. im 3. Ulan. Regt. Nr. 21 Kaiser Wilhelm T1, König von Preußen, Georgt, Ehrhardt, Müller, Unteroffiziere im 5. Inf. Regt. Kronprinz Nr. 104, zu Fähnrichen ernannt.

10. Januar. Dumas, Oberlt, Fiedler, Lt.,, mit dem Ausscheiden aus dem Ostasiat. Detcchement in der Armee wieder- angestellt, und zwar Dumas als Oberlt. mit einem Patent vom 20. Februar 1905 A! im 8. Inf. Regt. Prinz Fohann Georg Nr. 107, Fiedler als Oberlt. mit einem Patert rom 21. Mai 1907 W2w! im 4. Feldart. Negt. Nr. 48.

Abschiedsbewilligungen. 8. Januar. Haevernick, Hauptm. und Komp. Chef im 11. Inf. Negt. Ne. 139, mit Pension and er Erlaubnis zum Tragen der Regts. Uniform der Abschied be- willigt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 29, De- zember. Hagemann, Müller, Lazarettinsyektoren in Dreöden bzw. Chemniß, unterm 1. April 1998 gegenseitig versetzt.

13. Januar. Wust, Honig, Unterapotheker der Res. im Eo és 1I Dresden, zu Oberapothekern des Beurlaubtenftandes efördert.

Durch Allerhöchsten Beschluß. 30. Dezember. Günther, Stabstrompeter des 3. Feldart. Regts. Nr. 32, der Titel Militär- musikdirigent. verliehen.

Kaiserliche Schuttruppen.

Verfügung des Reichskolonialamts der Shußtruppen).

Zu Geheimen expedierenden Sekretären und Kalkulatoren ernannt : Koch (Wilhelm), bisheriger Intend. Sekretär in der Schußtruppe für Südwestafrika, mit einem Dienstalter vom 24. Dezember 1907; die Militärintend. Sekretäre Hoeft, Neuhaus, Omonsky, sämtlih mit einem Dienstalter vom 24. Dezember 1907.

Zu Intend. Sekretären ernannt: die Militärintend. Sekretäre Lucas, Isberner, beide mit einem Dienstalter vom 4. April 1899; die bisher!’gen Intend. Sekretäre in der Schußtruppe für Südwest- afrika Kirchner, mit einem Dienstalter vom 14. April 1902, Krainick, mit einem Dienstalter vom 6. April 1903, Kolbit, mit einem Dienstalter vom 7. September 1903.

Schuttruppe für Südwestafrika.

21. Dezember. Langkopf, Oberapotheker, am 31. Dezember 1907, behufs Ueberweisung zu. den Oberapotbekern der Res., aus der Schutztruppe ausgeschteden.

Schutßtruppe für Kamerun.

21. Dezember. Bock, Zabhustr. in der Schußtruppe für Südwestafrika, mit dem 1. Januar 1908 in die Schußtruppe versetzt.

(Kommando

Koloniales.

Der Zentralaus\chuß für die innere Mission der deutschen evangelishen Kirhe (Berlin W. 30, Nollendorf- straße 17 1) hat als neue Aufgabe die Peeiorge r unglüdliche Kinder in Deutsh-Südwestafrika, besonders für solche r ie H e die der sittlihen und körperlihen Verwahrlosung preisgegeben sind, und die ohne die rechte Fürsorae später eine ernste Gefahr für den Bestand und die Wohlfahrt des Schugßgebietes bilden würden, übernommen. Vor ihm hat bereits die evangelishe rhei- nishe Mission die hier vorliegende Aufgabe erkannt und Hand ans Werk gelegt, indem sie für einen Teil dieser Kinder in Okahandja

und in Keetmanshoop Grziehungsanslalten eingerichtet, neuerdings auch einen Lehrer dafür binausgefandt hat. Aber die rheinis Mi fonte aft hat erklärt und zwar in vollem Einverftändn mit [chuß der deutshen evangelishen Missionen —, daß fie die Fürsorge für diese evangelishen Kinder auf die Dauer nit leisten könne, da eine e Arbeit niht zu den Aufgaben der De een gehört. Man hat daher dem Zentralaus\chuß für die innere Mission diese Arbeit angetragen, der einmütig beshlossen hat, sie zu übernehmen. Für die Organisation der neuen Arbeit is eine Kommis sion für innere Mission in den deutshen Shußgebieten mit dem Recht der frelen Zuwahl gebildet worden, zu der folgende Herren ge- bôren: Präsident des Zentralaus\husses für die innere Mission, Direktor Spiecker, Oberverwaltungsgerihtsrat Berner, Gesandter Dr. von Eucken-Addenhausen , Direktor Hennig-H1mburg , Pastor W. Scheffen, Divisionspfarrer Lic. Schmidt. Potsdam, Missions- inspektor Spiecker-Barmen, Hofprediger a. D. D. Stoecker und I. K. Vietor-Bremen. Der Zentralauss{chuß für die innere Mission ruft - nun alle evangelishen Deutschen, welhe die Bedeutung dieser großen Aufgabe erkennen, auf, fich ihm anzuschließen, und bittet zugleih um Liebesgaben, da jede menshlihe Unternehmung auch der Geldmittel bedarf. Solche Beiträge für die Arbeiten der inneren Mission in den deutshen Schußgebieten bittet der Zentralaus\{uß an seinen L F. A. Spieckter, Berlin SW. 11, Askanischer Play 3, zu senden.

Demnächst wird der Geheime Oberbaurat R. Schmick in Darwstadt eine Reise nah Deuatsch-Südwest- und Deutsh-Ost- afrika antreten. Der „Deutschen Kolonialzeitung“ wird hierzu mit- geteilt: „In Südwestafrika, und zwar im füdlihen Teil des Schußtgebietes, etwa 40 km südwestlich von Keetmanshoop wird be- absichtigt, eine große Talsperre von etwa 200 000 000 cbm Inhalt zu erbauen und das unterhalb liegende fruchtbare, aber wegen Wasser- mangels geacnwärtig nichi anbauungsfähige Gelände zu berieseln. In Ostafrika ist die Aufgabe, einige Flußläufe zu Lies und fest- zustellen, inwieweit fie sich zu einer wasserwirtshaftlihen Ausnüßzung, insbesondere auch zu Berieselungszwecken heranziehen lassen.“

Der Zusammens{luß der Farmer in Deutsh-Südwestafrika hat nun stattgefunden. Nach eingehenden Besprehungen wurde der „Deutsch-südwestafrikanishe Farmerbund“ gegründet. Als seine Ausgaben bezeihnen die Satzungen: 1) die Vertretung der Interessen des Farmerstandes, insbesondere auf dem Gebiete der Gesetz- ebung und Verwaltung; 2) die Förderung der Interessen des Farmer- standes in allgemein wirtschaftliher Hinsicht, insbesondere dur: a. die Veranstaltung von Wanderversammlungen (Farmertage) und Aus- stellungen, b. die Vornahme oder Unterstüßung iweckvoller und systema- tischer Zuht- und Kulturversuhe, c. die Vermittlung besonderer Vorteile auf den Gebieten der Lebens-, Unfall- und Feuerversicherung auf Grund besonderer Abkommen, d. die Organisation auf den Ge- bieten des Kredits sowie des Gin- und Verkaufs ; 3) die Herausgabe eines regelmäßig ersheinenden Preß- und Fachorgans als eines Mittels zur zweckentsprehenden Grfüllung der obliegenden Aufgaben. Die Organe des Bundes sind: der Deutsch-südwestafrikanishe Farmertag, der Bundesauss{uß und der Bundesvorsitßende. Als solcher wurde

err Erdmann-Windhuk, zu seinem Stellvertreter Herr Mittelstädt- lisenheim gewählt. Es wurde beschlossen, den ersten Farmertag im Mai 1908 in Groo!fontein (Nord) abzuhalten.

Deutscher Reichstag.

82. Sißung vom 17. Januar 1908, Nahmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Zur Verhandlung stehen die Jnterpellationen, betreffend reihsgeseßlihe Regelung des Knappschaftswesens. Ueber den Anfang der Sigzung if in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Vor zwei Jahren

Abg. Sqhiffer (Zentr.) fortfahrend : haben die Bergarbeiter fünf Wochen lang gekämpft; wenn sie \hließlich sid bereit erklärt hatten, die Arbeit wieder auf- zunehmen, so geshah dies in der Hoffnung auf die preußische Re- erung und Geseßgebung. Dann kamen diese shrecklihen, diese itteren Enttäushungen. Weder in der Berggeseßnovelle, noch in dem Knappschaftsgesep kam es zu einer wirklich durchgreifenden Reform sür die Bergarbeiter. Das Geseß von 1865 war doch höchstens auf die damaligen Verhältnisse zugeshnitten. Damals volliog fich die Kohlengewinnung unter anderen Verhältnissen als heute; noch nit in solher Teufe; die Temperatur war nicht so hoh. Die Wurmkrankheit gab es noch nicht, der Bergbau war niht so anstrengend und gesundheits\{ädlich. Troßdem hat die Knappschaftsbewegung stillgestanden. Viel mehr als die Steigerung der Produktion haben sich die Krankheitsziffern gesteigert. Jn rets betzug in den fünf Oberbergämtern mit über 70 Knapp- chaftsvereinen 1896 die Zahl der be|chäftigten Arbeiter 496 153, 1905 betrug sie 693785, stieg also um 48 %. Die Zahl der invaliden Arbeiter betrug 1896 48 298, 1905 71 404, stieg also auch um 48 9%/. Dagegen ist die Zahl der durch Unfälle arbeits- unfähig gewordenen Bergleute noch um 20 9/ mehr gestiegen, 1896 kamen 17 Krankheitôtage, 1905 18,9 Krankheitstage auf den Arbeiter. Im Oberbergamtsbezirk Dortmund stieg die Zahl der Arbeiter um 49 9/0, die Zahl der Krankheitsfälle um 107 9%/% und die Zahl der Krankentage um 130 9/4. Das Dienstalter der Bergleute ist von 1902 bis 1905 von durschnittlich 22,4 auf 19,7 Jahre zurück- gegangen ; das Lebensalter ist von 1896 bis 1905’ von 43,6 auf 43 Jahre zurückgegangen. Die gewaltige Steigerung der Kranken-, Jnvaliden- und Sterblichkeitsziffer ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß die preußische Regierung und der Landtag von 1865 bis 1905 nichts Wesentliches für den Bergarbeitershuß getan haben, namentlich nit bezü,lih der Schihtdauer, der UÜebershihten und Nebenschichten. Nach der Novelle von 1905 foll zwar zwischen einer regelmäßigen und einer Nebenschicht eine Nuhepause von aht Stunden sein, aber das kümmert die Zeherverwaltungen herzlih wentg, sie lassen einfa Doppel schihten verfahren. So wurden im Jahre 1906 allein im Ruhrgebiet über 10 Millionen Ueberschichten verfahren, so daß auf je Schicht eine Ueberschicht kam. Infolge des Stillstandes der Knappschaftsgeseßgebung wurten die Knappschaftsvereine nah Gut- dünken verwaltet, die Renten wurden herabgeseßt, in einigen Ver- einen sogar wiederholt, und die Werkbesißer seßten im Einverständnis mit willfährigen Arbeitervertretern ihre eigenen Beiträge niedriger fest als die der Arbeiter. Nah dem Gesey können die Arbeitgeber nur ein Drittel der Gesamtbeiträge der Arbeiter übernehmen- und diese Mindestgrenze dur die Statuten stseten. Bis 1885 bezahlten die Werksbesißer im NRuhrrevier dieselben Beiträge wie die Arbeiter. Als die Beiträge allgemein erhöht wurden, gelang es aber den Werksbesißgern mit gefügigen Arbeitervertretern, ihre eigenen Beiträge um 5 9/9 gegenüber denen der Arbeiter zu ermäßigen, so daß jeßt die Werksbesißger nur noch 75 9% der Arbeiter- beiträge bezahlen. Dem allgemeinen Knappschaftsverein in Bochum hat man berechnet, daß er eigentlich 60 Millionen Mark Sghulden . habe und auf eine viel solidcre versiherungstehnische Grundlage ges stellt werden müßte. Wenn die Werksbesißer von 1885 bis 1907 dieselben Beiträge geleistet hätten wie die Arbeiter, wären wohl diese 60 Mil- lionen mehr herausge?ommen. Die Werksbesißer müßten eigentlich die- selben Beiträge zahlen wie die Arbeiter, weil sie in der Verwaltung die p der Stimmen und noch dazu den Vorsiß haben. Im Ruhrgebiet haben die Werksbesißer von 1895 bis 1906 weniger als die Arbeiter bezahlt, 1895 um 1,7 Million, 1896 um 1,8, 1897 um 1,9, 1898 um 2,1, 1899 um 3,6, 1900 um 3,1, 1901 um 3,3, 1902 um 3,3, 1903 um 3,5, 1904 um 3,7, 1905 um über 4 und 1906 um

4,4 Millionen Mark. Hätten sie ebensoviel geleistet wie die Arbeiter, brauchten sie jeßt Gefa über Belastung dur die notwendige Reform zu Tagen. Die Gefamtbeiträge für' das Knappschaftswesen stiegen

für den Kopf von 1895 bis 1906 von 41,47 & auf 61,87 Mg, Arbeitern und von 31,03 „M auf 46,30 # für die We de Jm Saarrevier, wo es um Staatsbergwerke handelt, 1, inge ganz anders; da hat der Staat stets dieselben Beträge wie die Arbeiter; die staatlihen Knappschaftskassen dort K daher auch in der Lage, mehr zu leisten als das Ruh “U Die Frage, ob hier die Bergwerksbesitzer ebenso hohe Bes leisten könnten wie die Arbeiter, ist ja niht unwitiz, gi man in “Betracht zieht, wie ungemein die Preise der Koble Ruhrreviers in den leßten 20 Jahren gestiegen, welche Polof immer steigenden Unternehmergewinne troß der Steigerung * Löhne übrig geblieben sind, so geareilt man wirkli nidt x die Bergwerksbesißzer Glauben für ihre Behauptungen fo können, daß sie die 2 S für Kopf und Woche mehr für die Fug schaftskassen ;niht zahlen könnten. Wenn sie sich darauf h, daß sie auch die Lasten der Unfallversiherung zu tragen so ist darauf doch kein Wert zu legen. Nicht bloß im Rubr sondern au anderswo haken \ich diese Vorgänge abgespie(t & preußische Regierung hat es zugelassen, daß die Knappschaftet, dem Bankrott immer näher kamen; erst 1906 wurde ein neueg F schaftsgesez gemaht. Als die Vorlage eingebraht wurde, war j Bergarbeiterschaft troß aller Mißstimmung durchaus geneigt, y uten Willen der Regierung anzuerkennen. Aber wie fam ‘4

irflichkeit? Man hat die Invaliden ihres passiven Wahlrg, das sie sogar nach dem G von 1865 besaßen, beraubt uny zugestanden, daß die vorhandenen, im Vorstande der ; fißenden Jnvaliden weiter amtieren dürften. Jm Nuhrgebiet „4 es niht weniger als 29000 Invaliden. Den Kern der dan Streitfrage bei den leßten Verhandlungen über die Gestaltung Statuts zwishen den Bergarbeitern und den Werkshef,“ bildete das Kindergeld, das für jedes Kind unter 14 Jahr 38,40 A betrug und als Zusagrente für die Juvaliden gal Dieses Kindergeld, das bei 29000 Invaliden mit etwa 40 Kindern 1 570 015 Æ betrug, E jeßt fortfallen. Aus dieser Fo derung der Werksbesißer entstanden die großen, noch heute ,, geshlihteten Streitigkeiten zwishen den beiden Parteien. Gi entsprehende Steigerung der Invalidenrente, selbs für den Fort des Kindergeldes, wurde nicht oder nur in ganz ungenügender H angeboten,, so daß gerade die Familien mit großer Kinderzahl q \chwerste benachteiligt werden mußten. Nach dem alten Stz hâtten sich die invaliden Bergleute ungleih befser gestanden y nach dem neuen Angebot der Werksbesißer und dem damit identisga Zwangsstatut. Das Krankengeld hat durch das neue Statut \ folge der veränderten Anrehung des Lohnes ebenfalls eine Y, minderung erfahren. Da ist es doch kein Wunder, daß die By leute das neue Statut \{ließlich abgelehnt haben. Troß «l; Rechtsverminderung, die sie seit 1889 haben erfahren müssen, fu bor den Forderungen' der Werksbesißer bei den Verhandlungen i das Statut Schritt für Schritt zurückgewichen, sie hätten aug } Kindergeld fallen lassen, bis es niht weiter ging. Die Berginvalid renten und Reichsinvalidenrenten zu vergleihen, wie es jeßt vie eshicht, um die Ansprüche der Bergleute ais unberechtigt hin ollen, ist ein Vorgehen, das {hon deshalb zurückgewiesen wah als* es der Objektivität entbehrt. Auf das Verhaly der Unternehmer, die trog der ungeheuren Gewinne die 2 ablehnten und dadurch die Verhandlungen zum Seitz brahten, kann sich jeder leiht einen Vers machen. Die Unt nehmerpresse shiebt selbstverständlih den Arbeitern die Shuld 4 Dabei wird das Zusammengehen der verschiedenen Bergarbeitz organisfationen sehr unliebsam vermerkt. Jn f\olhen eminent beru lichen und organisatorishen Fragen könnten doch die verschiedene Organisationen sehr wohl vereint marschieren. Der Reichstag hi Rejolutionen, wie die unsrige, {hon mehrmals - angenommen, {hon 1896 bei Gelegenheit der Beratung des Bürgerlichen Geseßbudd Später find Anträge der Freisinnigen, des Zentrums und der Sojii demokraten auf reih3geseßlihe Regelung des Bergwesens und h Knoppschaften wiederholt eingebraht worden. Schon jetzt haben n einheitliche Regelung auch auf diesem Gebiete in den verschiedenst Beziehungen, so bezüglih der Sonntagsruhe, der Unfa versiherung usw. Es wird ein einheitlihes MNeichsvereinsgest beraten. n einer solhen Zeit kann die Forderung reih8geseßlide Negelung des Knappschaftswesens nur günstige Aufnahme fd / Das Reich ist ein einheitlihes Wirtschaftsgebiet mit völlig Srengigteit: da muß endlih die uge euerlihe Anomali allen, M ein Bergarbeiter, der aus einem Staate in den ander verzieht, seine durch Beitragsleistungen erworbenen Ansprüche an d Kassen, aus deren Bereich er ih entfernt, einfach einbüßt. Dieselbe Gründe, die für einen Rückversiherunzsverband für Preußen spreche haben niht minder für ganz Deutschland Geltung. Es handelt f auch nicht bloß um die Erhaltung der erworbenen Rechte, sonder au um deren dauernde Sicherstellung in der Zukunft, und das kan nur durch größere Kassenbezirke, durch das Verschwinden der A kassen erreicht werden. Auf das Dreiklassenhaus und auf d preußishe Herrenhaus können wir “keine Hoffnungen mehr seßen wir glauben niht mehr daran, daß dort die berehtigten Ansprü der Bergarbeiter Gehör finden; denn nicht einmal, was di Regierung vorschlug, ist von diesen Häusern zugelassen word, man hat vielmehr ganz erheblihe Verschlechterungen beshlosse Die Berggeseßnovelle ist vom Abgeordnetenhause so verschledhte worden, daß die „Nheinish-Westfälishe Zeitung“ die preußische Re gierung höhnisch fragte, ob sie den gerupften Vogel noch wiede erkenne. Zum Reichstag und den verbündeten Regierungen haben wi denn doh mehr Vertrauen ‘als zum preußischen Landtag und zu de preußishen Regiecung, denn in dieser sigen ohnehin seit Jahren di Väter aller Hindernisse. Fürst Bülow hat als preußischex Ministe präsident nah den Hauptwahlen dem Kaiser über die Fortseßun) der Sozialreform gesagt: Nun erst recht! Sollten wir keinen Erfol) haben, fo werden wir eventuell bei der Beratung der Gewerbenovelt einen Vorstoß machen, um zum Ziele zu kommen.

Zur Begründung der dritten Jnterpellation erhält da Wort der

Abg. Hue (Soz.): Wir haben zur Reform des Bergwerlb wesens schon wiederholt Anträge gestellt. Wenn die „National-Zeitung die Haltung der Arbeitervertreter auf politische Motive zurüdyefüht hat, so ist darauf hinzuweisen van, in der Siebenerkommission niemal! Beschlüsse aus parteipolitishen Erwägungen gefaßt worden sind; rufe dafür den Kollegen Behrens zum Zeugen an. Er nickt mir il In der Siebenerkommission saßen doch auch Vertreter des jebig!! Blocks. Wir haben niemals behauptet, daß das Zentrum im Ab geordnetenhause Verschlehterungsanträge gestellt habe, sondern nut; daß es ihnen zugestimmt habe und de?halb dafür verantwortlih j Polen und Freisinnige, mit ihnen die Abgg. Fishbeck Kopsh u Wiemer, haben gegen die Berggeseßnovelle est mmt. Hâtte si da Pentrum auch dahinter gestellt, so wäre wenigstens das zustande ommen, was die ursprüngliche Vorlage wollte, und die Regieruni hätte sich den Konservativen und Nationalliberalen nicht gebeud Das ist es, was wir Euch (zum Zentrum) zum Vorwurfe machen. Kollege Schiffer hat von der reaktionären Mehrheit des Abgeordneten hauses gesproen. Ich machs dem Abg. Spahn und seinen Freun ; nit den Da daß sie aus persönlihem Interesse oder aus Feind schaft gegen die Arbeiter dieser oder jener Gese esbestimmung p

estimmt haben. Die Herren hätten aber die Stimme der Ar é J ören sollen. Jn den verschiedensten Bezirken sind unter der ge reichen Berggesetnovelle so viele Uebershihten vorgekommen, u zuvor. 1905 vor dem Gesetz betrug die Zahl der Verleßten e 4 im Jahre 1906 - 98820. Im Saarrevier wurden im bots Jahre unter dem gepriesenen neuen arbeiter von Mafsenunglücksfällen betroffen. hon einen bezügliGen Antrag gestellt, sih der Vertreter des Zentrums, Lerno, ganz ents eine reih8geseßlihe Regelung aus. Der Professor Dr.

N

muß,

Arndt, 0e Autorität auf diesem Gebiete, hatte für diese Regelung in eint

Broschüre sih ausgesprochen, ebenso eine Reihe anderer Autoritäten.

Als wir nah dem Bürgerlichen Geseßbuh den Antrag stellten, d

Vorbehalt dieser Angelegen für die Lande8gesetzgebun 25 streihen, wurde dieser Antra abgelehnt. G S wollten die Freisinnigen eine reihsgeseßlihe Regelung, und viel später erst das Zentrum. Man würde heute viel weiter ein, wenn die anderen Parteien mit uns gegangen wären ; Ba wäre man auch mit der Syndikatsfrage weiter. Auch die Knappschaftsangelegenheit wäre längst geregelt, wenn man 1883 unseren Abänderungsantrag zum Siaukenkalsengeses angenommen hâtte. Der Abg. Marx Hirsch stellte einen Antrag, der wesentlihe Fortschritte gebraht hätte, wenn er angenommen worden wäre. Allein die Abgg. von Stumm und andere wollten die Ausnahmestellung der Knappschaften niht aufgeben. Die Regelung des Knappschaf1swesens ist inzwishen so fkompliziert geworden, daß \sich viele Ju- risten in dem Wirrwarr nicht mehr zurecht finden. Wie foll sich da erst ein Bergarbeiter zurechtfinden ! Wir wünschen deshalb aus Gründen der geseßlihen Klarheit, daß hier eine Novelle vorgelegt werde. Die preußishe Regierung wagt nicht, die Geheimakten, die in ihren Archiven ruhen, bekannt zu geben, die die Klagen der Bergarbeiter bestätigen, weil sie den Werksbesißern nicht wehe tun will. Die Berg- geseßnovelle hat den Werksbesißern wesentlihe Vorteile gebracht, materiell und hinsihtlich ihres Einflusses auf die Knappschafts- kassen. Die Invaliden hat man des aktiven und passiven Wahl- rechts beraubt. Die Novelle stellt \sch dar als eine Fort- seßung der Entrechtung der Bergarbeiter, wie sie durch das erste Knapp|chaftsgeseß begonnen worden ist. Das haben auch die christlih- nationalen Bergarbeiter eingesehen, ihr Organ „Der Bergknappe“ sprach von einer Gesetespfuscherei” des ODreiklassenparlaments. Die preußishe Regierung hat damals aus Furht vor den Zechen- besißern ihre ursprünglihe Vorlage im Stich gelassen, denn diese enthielt verschiedene Vebesserungen, z. B. die Einführung der geheimen Wahl bei den Aeltestenwahlen. Wenn hier im Reichstag zu Vorlagen Verbesserungsanträge gestellt werden, sagt die Regierung oft, damit sei die Voclage unannehmbar, aber im preußi- sen Landtag wird eine Vorlage der Regierung gerupft, wie ih die nationalliberale „Rheinish-Westfälishe Zeitung“ ausdrüdckte, und diesen gerupften Vogel bat die Regterung akzeptiert. Die Regierung wagt es nicht,“ den Zechenbesißern entgegen ju treten. Genullt wird oft bis zu 15 und 20 9% der Produktion ; bei Besprehung des großen Streiks im Landtag erklärte aber die Regierung, das Nullen ginge höchstens bis zu 2 oder 3 9%, und nur in besonderen Fällen bis zu. 6 9%. In den Akten des preußishen Bergwerks- minifteriums finden sich aber die Angaben, - daß in einzelnen Gewerkschaften 10, 17, 18, 20 bis zu 28 % der gesamten Monats- produktion genullt sind. Dieses Material is der Kommission des Abgeordnetenhauses nur als vertraulich mitgeteilt worden. Man tut den Bergarbeitern \{mähblich unrecht, wenn man das ver- tusht. Ob das Korruption ist, will ich nicht sagen, ih drücke mich milder aus, wenn ih sage, aus Furt vor den Zechenbesizern wagt die Regierung das niht zu veröffentiihen. Die Knappschaftskassen sind von den Arbeitern gegründet und wurden ursprünglih allein von den Aeltesten verwaltet, jeßt aber sind im Vorstand der allerwenigsten Knappschaftékassen noch Aelteste tätig, man hat sie einfah ver- gewaltigt. Als 1857 den Knappschasten ein Statut aufgedrängt wurde, kam es zu Krawallen, und es mußte Militär geholt werden.

Damals gab es aber noch keine sozialdemokratishen Heter, die Berg-"

arbeiter haben sich vielmehr selbst gegen ihre Entrechtung empört. Wenn es beute nicht {hon zum Aufruhr der Bergleute gekommen ift, so ist das der Organisation zu verdanken. Dur Verordnungen hat die Negierund allerdings auf gleihe Beiträge ¡wischen den Werks- besißern und den Arbeitern hingewirkt, aber die Werksbesizer haben ihre Beiträge immer weiter ermäßigt. Von 1857 bis jetzt ift in dem Knappschaftsvorstand“ in Weßlar niht ein einziger Arbeiter- vertreter gewesen. Auch die Leistungen der Knappschaftskassen sind herabgedrückt worden. Man bemüht \ich, das Knappschafts- geseß zu verhunzen, es kommen Penfionen von 15, 10 und 9 4 in einzelnen Knappschaftsvereinen vor. Die finanzielle Basis der Knappschaftövereine ist eben ruiniert. Bei der Vorlage im preußischen Landtag mit dem geheimen Wablreht für die Aeltesten- wahlen erklärte in der Kommission ein Regierungsvertreter, daß durch die geheime Wahl den Arbeitern wenigstens Gelegenheit gegeben werde, sich an ihrer Kassenverwaltung zu beteiligen. Damit hat die Regierung anerkannt, daß bei der öffentlihen Wahl die Herrschaft der Mächtigen die Arbeiter rechtlos maht. Wie konnte deshalb jeßt das öôffentliche Wahlreht als Stüße des Staatswohles bezeichnet werden ? (Der Vizepräsident Dr. Paasche bittet den Redner, zur Interpellation zu \prechen.) In der Kommission des Abgeordnetenhauses stimmten für das geheime Wahlrecht nur drei Kommissionsmitglieder, in der Kommission faßen aber vier Zentrumts- mitglieder. Bei der geheimen Wahl hat also die reaktionäre Mehrheit des Landtages Zuzug aus dem Zentrum bekommen. Jett segt sich das Zentrum auf das hohe Pferd als Anbänger des allgemeinen gleihen Wahlrehts. In jener Kommissionssißung waren anwesend Graf Ballestrem, Glattfelter, Hiße und Dasbach, von diesen vier Zentrumsleuten stimmten nur drei für die geheime Wahl. Der Vers treter des Bundesstaates Sachsen, der jeßt nicht bi-r ijt, könnte be- stätigen, daß in Sachsen den Bergarbeitern sogar Rechte vorenthalten werden, die ihnen reihs8geseßlich zustehen. Die Knappschafts-

beiträge der Werksbesißer find ursprünglih nihts als ein Teil |

der Abgabe an den Staat für die kostenlose Ueberlassung der Berg- felder. Wenn die Bergwerksabgabe . niht abgeshafft wäre, würde fie 1906 allein 24 Millionen betragen haben. Die sind aus den Taschen der Steuerzahler den Werksbesißzern geshenkt worden. Das Zwangsstatut ist nun durch die Behörde eingeführt worden. Nach dem Geseze muß es die geen Mindestleistungen enthalten ; das ist aber nit der Fall, jetenfals nicht hinsihtlich tes Kinder- geldes, dessen Abschaffung durch das Berggeseß um fo weniger be- hauptet werden kann, als das Kindergeld nah einem reisgericht- lihen Urteil gegen den Knappschafteverein Bochum kein Teil der Invalidenrente, sondern eine selbständige Unterstützung ift, welche ab- zuschaffen die Bergbebörde kein Recht hat. Die Bergarbeiter haben bis zum leßten Augenblick gehofft, es werde der Regierung gelingen, die Verhandlung zu einem positiven Ergebnis zu führen. Der Ober- bergrat Steinbrinck hat sich au viele Mühe gegeben, er stellte zahl- reiche Vermittlungsanträge, auch betreffs des Kindergeldes oder des teil- weisen Ersates desselben; aber die Aeltesten der Bergarbeiter baben diefen Anträgen nicht zugestimmt. Die Aeltesten haben ja \chließlich alles aufgegeben, sie haben sich auf die 2 4 zurückzezogen und diesen geringen Mehrbetrag flehentlich und demütig von den Werksbesitzern erbeten, um auf diesem Wege eine Erhöhung der Rente zu ermög- lihen. In den Kreisen der Bergarbeiter herrsht die Meinung vor, daß die Aeltesten mit dieser Haltung hon in ihrer Nachgiebigkeit viel zu weit gegangen wären; von einer Brüskierung der Werksbesitzer durch ihr Verhalten kann vollends - keine Rede sein. Ver Antrag der Aeltesten bedeutet überhaupt nur 0,4 für die Tonne, während erst neuerdings die Abschlußpreise für die Tonne wieder um bis 35. F erhöht worden sind. Wenn man da

von einer Belastung, die der Bergbau nicht tragen könne, spricht, so verträgt sich das nicht mit der historishen Wahrheit. ie wenig Reichsinvalidenrente und Knappschaftsrente ohne weiteres vergleihen lassen, hat der Abg. Schiffer hon ausgeführt. Die Invaliden mit starker Kinderzahl verlieren durch den Fortfall des Kindergeldes ganz erhebliche Beträge jährlich, bis zu 250 / und noch mehr; sollte es da nicht selbst für die Bergwerksbesißer ein Gebot der einfachsten Gerechtigkeit sein, hier einen Ausgleich eintreten zu E ? Gerade den ärmsten Teufeln wird hier die \hwerste Schädigvng zugefügt. Man bedenke au, daß der Inralide, der vielleiht 15 M monatlich Nente erhält, wenn er erkrankt, keine Spur einer weiteren Untérstügung efommt, sondern mit denselben 15.4 mit seiner ganzen Familie aus- kommen muß. Welcher Beamte würde fich gefallen lassen, wenn man ibm plöglich seine redlih verdienten Pensionsansprühe in ähn- liber Weise kürzen wollte? Dabei gebt der Bergmann verhältnis- mäßig in frühem Lebensalter an seiner Arbeit zu Grunde; im Rubhr- gebiet ist das Durhschnittsalter der Bergleute von 48 auf 41 Jahre zurückgegangen. Und es ist damit zu rehnen, daß es noch weiter

urüdckgehen wird. Um so \{werer trifft die Werksbesizer und die Bergbebbrden A der Härte. Die Prozentzabl der Invaliden steigt unausgesezt; 1906 war fie im Ruhrgebiet 'auf 30 gestiegen ! Der Beraban frißt förmlich Menschen; und da wollen die Werks- besißer und die Negtexzing, denen ich die Anklage ins Gesicht shleudere, daß sie durch die Verhunzung des Knappschaftsgesetzes den Grund zu diesen elenden Verhältnissen gelegt haben, verlangen, daß auch noch der Hunger sein Werk tue, um die Bergleute zu unterjohen? In den leßten Jahren sind in dem Ruhr- gettete die Armenlasten {hon ganz bedeutend gesteigert worden : as ist die angeblihe - Zunahme des Volkswohles! Wo sind en, die in der langen Pro-

denn die Riesenjummen tunden 2c. herausgewirtschaftet wurden ?

speritätsperiode durch Ueber c 130 Werksbesigzer haben für die Anträge der Aeltesten gestimmt, ein Beweis, daß diese Anträge durchführbar sind, denn jene E wissen doch au, was der Bergbau tragen kann. Aber nicht bloß gegen die Arbeiter geht man derartig vor. Sehen Sie \sich das Organ des Steigerverbandes an; rücksichtslos werden die Beamten hinausgeshmissen, wenn sie irgendwie niht parieren. Jh rufe den Reichstag und die Pes um Hilfe für den Bergmann an, der die schwarzen Diamanten aus der Erde holt, um der Menschh-it zu dienen und ihr Behaglichkeit zu vershaffen. Tausende und. aber Tausende von Bergleuten werden jährlich verkrüppelt; Tausende fallen jährlich auf dem Schlachtfeld der Arbeit. Edel sei der Mensch, hilfreih und gut!

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatsminister, Staats- sekretär des Jnnern Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Wenn ih zunächst auf die Frage antworten darf, die in den Jnterpellationen auf Nr. 561 und 562 der Druck- sachen übereinstimmend an die Spitze geftellt worden ist, so habe ich zu sagen, daß dem Herrn Reichskanzler die Vorkommnisse bekannt find, welche das Zustandekommen des Knappschaftéstatuts im Ober- bergamtsbezirk Dortmund vereitelt und die preußische Bergverroaltung sehr gegen ihren Willen genötigt haben, ein Zwangsstatut zu erlassen. Auf diese Vorkommnisse im einzelnen einzugehen, muß ich mir versagen, da es sih um die Ausführung eines preußischen Gesetzes handelt und dem Herrn Reichskanzler in dieser Beziehung irgend ein Eingriff niht zusteht. (Sehr richtig! rechts.)

Wenn ich eins bemerken darf, \o wird das Sgeitern des Knappschaftsstatuts wohl auf allen Seiten bedauert, und wenn es richtig ist, daß an dem Scheitern des Statuts eine Malht- probe {huld gewesen ist, die sei es von der einen, sei es von der andern Seite, sei es von beiden Seiten angestellt worden ist, so würde ih es doppelt beklagen, daß eine sol&e Machtprobe um eines materiell nit bedeutenden Differenzpunktes willen (hört! hört! bei den Soz.) bei einer Gelegenheit veranstaltet worden ist, die niht etwa mit cinem vorübergehenden Lohnkampfe verglihen werden kann (sehr richtig! bei den Soz.), sondern bei der es sih darum handelt, die Grundlage für einen dauernden Zustand zu etablieren. JIch möchte meinerseits die Hoffnung nicht aufgeben, daß eine Nachrevision des Standpunktes, der bei dieser Gelegenheit von den beiden Seiten eingenommen worden ift, dazu führen wird, die Angelegenheit noch in einer anderen Weise zu lösen, als es bisher möglih gewesen ift. \

Meine Herren, ih kann im übrigen auf die sehr eingebende Kritik, die namentlih von den heutigen Herren Rednern an den preußischen Zuständen geübt worden iff auf die hat sih ja die Diskussion bisher ‘eigentlih beschränkt hier nit“ cingehen. Täte ih es, so würde ih meinerseits eine Kritik an der Gesezgebung und der Ver- waltung eines Einzelstaates üben müssen (hört! hört! bei den Sozial- demokraten) eine Kritik nach der einen oder nach der anderen Seite; meine Herren, nehmen Sie nit an, daß jede Kritik eine ab- sprechende ist. Wir Deutschen sind ja daran gewöhnt, in der Kritik nur die Negative zu erblicken (Rufe: Aha! bei den Sozialdemokraten) ; ih will mit diesem Wort „Kritik“ nihts in der Sache gesagt haben. Aber wenn ich auf die Dinge eingehen würde, dann würde ih Stellung zu nehmen haben ich will es einmal fo ausdrücken zu der Geseßgebung und Verwaltung eines Einzelstaates, in einer Materie, die durch Reichsgeseß ausdrücklich den Einzelstaaten über- laffen worden ist, und das ist nicht zulässig (sehr richtig! rechts), darauf kann ih die Neichsverwaltung nicht einlassen. (Bravo! rets.) Ich habe insofern eine s{hwierigere Position als die Herren Inter- pellanten, die auf die Beziehungen zur Reichsgesetgebung zum Teil mit sehr kurzen Worten eingegangen find und die ihre Reden darauf beschränkt haben, die Verhältnisse in den Einzelstaaten zu kritisieren. Meine Herren, ich bin bei dieser Sa(lage gezwungen, die positiven Momente aus den vorliegenden drei SJunter- pellationen herauszugreifen, soweit sie die Reichsgesezgebung angehen, und wmich nur zu ihnen zu äußern. Alle drei Interpellationen haben das gemeinsam, daß sie wegen der Schäden, die die Herren Interpellanten in dem Knappschaftswesen, in dem Berg- wesen von Einzelstaaten beobachten, das Eingreifen der Reichsgesezgebung fordern. Meine Herren, grundsäßlich unter- liegt es den schwersten Bedenken, sofort nach der Reich9- geseßgebung zu rufen, sobald einem die Verhältnifse eines Einjel- staates auf einem Gebiete, wo dieser Einzelstaat souverän ist, nicht gefallen, oder sobald wie der Herr Abg. Hue es vorhin aus- geführt hat das Parlament und die Regierung des Einzel- staates dem Kritiker niht gefallen. Täten wir das, so beschritten wir einen Weg, der seinen Ausgangs8punkt nicht mehr nimmt in unseren verfassungsmäßigen Grundlagen und der zu einem Ziele führen würde, das vollkommen unabsehbar ist (Zuruf links: Lothringen !) und das mit den verfaffungsmäßigen Grundlagen des deutschen Neichs niht mehr in Einklang zu bringen is. Die Berggeseßgebung einshließlich des Knappschaftswesens unterliegt der Regelung dur die Einzelstaaten kraft ausdrückliher Bestimmung einer Reihe von Reichsgeseßen. Das wird von den Herren teilweise lebhaft beklagt. Die gesetzgebenden Faktoren des Reihs, Bundesrat und Reichstag, haben sich bei einer so wichtigen Gelegenheit, wie dem Erlaß des Bürgerlichen Geseßbuhs und des Einführungsgeseßes dazu, auf den Standpunkt gestellt, daß es richtig sei, das Bergret der. Einzelstaaten zu belassen. Der Bundesrat hat bis in die leßten Jahre an diesem Standpunkt festgehalten, und ih bin nicht in der Lage, Jhnen in Aus- sicht zu stellen, daß er von diesem Standpunkt abweichen würde. (Hört! hört! in der Mitte.) Daß das Reich diesen Standpunkt bisher eingenommen hat, ist duraus niht etwas Willkürlihes. Jh glaube, der Herr Abg. Behrens war es, der gestern sehr richtig auseinanders seßte, wie die historishe Entwikelung des Bergwesens in Deutschland zur einzelstaatlihen Ausgestaltung des Bergrechts geführt hat. Es ist beim Grlaß des Einfükrungsgeseßes zum Bürgerlichen Geseßbuch, von dem ih soeben spra, von dem Herrn Staatssekretär des Neihs- justizamts seiner Zeit au darauf Hingewiesen worden, daß das Berg- recht eine Reihe dfentrechtliher polizeiliher Materien umfaßt, in

denen nah der Reichsverfassung das Reich nicht zuständig ist, und daß es niht empfehlenswert “erscheinen könnte, nah der historishen Gntwicklung des Bergbaus in den Einzelfstaäfen in dieser Beziehung die Kompetenz des Reichs auszudehnen.

Wenn dies allgemeine Gesichtspunkte sind, darf ich auf die speziellen Anträge der drei Jnterpellationen noch im einzelnen ein- gehen. - Die eine Interpellation, die der Herren Albrecht und Ge- nossen, verlangt eine Novelle zum Krankenversiherungsgesez. Ich habe es bedauert, aus den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Hue nicht entnehmen zu könnnen, welche Bestimmungen diese Novelle zum Krankenversiherungsgesez enthalten soll, ich bin daber kaum in der Lage, im gegenwärtigen Moment hierzu Stellung zu nehmen. Gewisse Andeutungen aus den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Hue ließen mih aber darauf \{ließen, daß es si im wesentlihen um die geheime Wahl der Knappschafttältesten handelt. Ich weiß nicht, ob ih darin richtig unterrichtet bin. Diese Frage ift ja hier im Reichstag hon wiederholt erörtert worden, sie Harl im übrigen au die Gesetzgebung desjenigen Staates, der im Bergwesen die Hauptrolle spielt, Preußens, beschäftigt. Ih brauhe auf die Einzelheiten nit einzugehen sie sind von dem Herrren Vorredner erwähnt worden —, ih brauche nicht einzugehen auf die Hergänge bei der Vorlage der Novelle zum preußishen Knappschafiszeseß, auf die Vorschläge der preußischen Regierung, auf die Beschlüsse des preußishen Landtags.

Sieht man die Angelegenheit einmal vow praktishen Gesichts, punkte aus an, fo ist ja den Herren bekannt, daß der § 37 des Krankenversiherungsgejezes, der von der geheimen Wahl der De- legierten zu den Krankenkassengeneralversammlungen \priht, auf das Knappschaftswesen nicht ausdrückih übertragen worden i. Insofern beschäftigt sich aber die Reichsgesezgebung doch mit der. geheimen Wahl der Aeltesten, als bei denjenig en Knappschaftsvereinen, welche nah den §§ 8 bis 10 des Invalidenversicherunggesetzes als besondere „Kafseneinrihtungen" zugelassen worden sind, bei denen also der reih8geseßlihen Invalidenversiherungspfliht genügt werden kann, die Wahlen, und zwar auch für die Aufgaben der Vereine auf dem Gebiete der Krankenversiherung, geheim vorzunehmen find. Da die beiden großen preußischen Kassenvereinigungen, welche als solche Kasscneinriltungen auf Grund - des Inbalidenversicherung8gesezes zugelafsen sind, fast die Hälfte der preußishen Knappschaftsmitglieder umfassen, und tatsächlih auch eine ganze Reihe anderer Knappschaftsvereine statutarish die geheime Wahl eingeführt haben, so ist nah den statistis@en Mit- teilungen, welhe mir zugänglich find, gegenwärtig das Verhältnis ungefähr so, daß von mehr als 700 000 preußishen Knappschafts- mitgliedern mehr als 409 000 die Wahlen geheim vollziehen. (Zuruf des Abgeordneten Hue: Jn wieviel Kassen? Darauf kommt es an!) Es ift doch immerbin die große Mehrzahl der Bergarbeiter, die an der Frage interessiert sind, welhe in geheimer Wahl wählt.

Eine andere Interpellation wünscht die Regelung des ge- samten Knappschaftöwesens durch das Reih. Meine Herren, das Knappschaftswesen hängt so eng mit dem Bergwefen als solhem zusammen, daß es mir außerordentliG bedenklih erscheinen würde, die Materie des Knappschaftêwesens auszuscheiden, das Knappschaftäwesen reih8geseßlich zu regeln und das Bergwesen im übrigen den Einzelstaatéte zu überlassen. (Zuruf von den Sozial- demokraten: Machen Sie doch ein Reichsberggesetz, damit sind wir auch einverstanden!) Ich habe ja hon gesagt: ein Reihsberggesetz halte ich nit für zulässig! (Zuruf von den Sozialdemokraten: Das wollen die Herren niht!) Wie nahe die Knappschaftsangelegenheiten zusammenhängen mit dem Bergrecht als solhem, das haben, glaube ih, die Reden der Herren, die gestern und heute gesprochen haben, zur Genüge ergeben; denn sie finb von den Verhältnissen des Knappshafts- wesens immer auf diejenigen des Bergwesens übergesprungen. (Sehr rihtig! rechts.) Alfo diese Trennung tis außerordentlih bedenklich.

Ich glaube, ih habe soeben den Zwischenruf von einem der Herren gehört, man wage das BergreŸht nicht zu machen wegen der Bergwerks- verwaltungen. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Bergwerksherren !) Ich komme damit es ist gut, daß ich daran erinnert werde auf einen Punkt, den ich vorhin vergessen habe, zu be- handeln. Als ih gesagt hatte, daß ih auf die Klagen über die preußisGen Zustände niht eingehen wollte, habe ih noch folgendes bemerken wollen. Der Herr Abg. Hue hat gemeint, die preußishe Reyierung sei ja vielleiht in den Fragen des Knappschafts- und Bergwesens noch etwas liberaler als das preußische Parlament, tatsählich häiten ja die Vorshläge der Knapp- shaftsnovelle einen den Bergarbeitern erwünshteren Inhalt gehabt als nachher die Beschlüsse des Landtags ; aber er hat dann hinzugefügt, die preußishe Regierung habe diese besseren Vorschläge niht durchs geseßt aus Angst vor den Zechenverwaltungen. Er hat dabei auch mit dem Worte „Korruvtion* gespielt und gesagt, Korruption wolle er niht vorwerfen aber er hat dies Wort mehrmals in den Mund genommen. Ich habe den Eindruck, Herr Abg. Hue: wenn Sie der preußishen Regierung keine Korruption vorwerfen wollen, dann wäre es besser gewesen, Sie hätten dies Wort überhaupt nicht gebraucht- (Lebhafte Zustimmung rechts. Zurufe von den Sozialdemokraten.) Und was die Behauptung anlangt, daß die preußis&e Regierung aus Angst vor den Zechenverwaltungen gewisse Dince nicht getan habe, so erlaube ich mir, für die preußische Regierung zu erilären, daß sie ihre Politik nit aus Angst vor irgend jemandem treibt. (Lebhafte Zustimmung rechts. Na! na! bei den Sozialdemokraten.)

Zum Beweise seiner Behauptungen hat der Herr Abg. Hue des weiteren auf vertraulihe Vorgänge aus der Berggeseßkommission des preußischen Landtags Bezug genommen. Mir sind diefe Vorgänge nicht bekannt. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Aber wahr sind sie!) Ich sage ja nur, daß sie mir nicht bekannt sind. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Wären sie mir bekannt, so würde ih niht darüber zu sprechen haben, wenn sie mir als vertrauliche befannt geworden wären. (Sehr gut! rechts.) Ob die preußische - Berg- verwaltung Veranlassung nehmen toird, auf den Fall hier oder im preußischen Landtag einzugehen, weiß ih nicht; ih behalte ihr das vor.

Ich komme zum Thema zurück. Ein dritter Punkt der Inter- pellation wendet fih gegen die angeblihen Mißstände, die auf dem Ge- biete des knappschafilihen Jnvalidenwesens bestehen sollen. Ich habe niht genau ersehen können, nach welcher Rihiung hin durch Maß- nahmen der Reichsgeseßgebung etwaigen Mißständen begegnet werden soll. Gegenwärtig ist der Rechtszustand bekanntlich der, daß den Berge arbeitern die Wohltaten der reihsgeseßlihen Invalidenversichexung ge- sichert sind wie jedem anderen Arbeiter, daß die Versicherung aug

geführt werden kann zum Teil. bei bergrechtlihen Organisationen unter