1887 / 262 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Nov 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Finanz-Ministerium. Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Die am 1. Juli k. J. zu tilgenden Schuldverschrei- bungen der Staats-Anleihe vom Fahre 1868 A werden am

Freitag, den 2. Dezember d. J., Vormittags 11 An in unserem Sißungszimmer, Oranienstraße Nr. 108 IIl Treppen, im Beisein eines Notars öffentlich durch das Loos gezogen.

Die verloosten Schuldverschreibungen werden demnächst nah den Nummern und Beträgen durch Zeitungen und Amts- blätter bekannt gemacht.

Berlin, den 2. November 1887.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. Sydow.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. November. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin empfing heute in Koblenz den Besuch Sr. Königlichen“ Hoheit des Prinzen Heinrich, welcher Sich von dort. nah Darmstadt begiebt.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm ist gestern Abend 10 Uhr 22 Minuten von ‘Sidi über Kreiensen und Basel nah San Remo abgereist.

Wird bei einer Hauptverhandlung wegen Beleidigung vom erkennenden Richter die Beleidigung auf einen anderen als den im Eröffnungsbeshluß bezeichneten Verleßten bezogen, N enthält nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Straf- enats, vom 16. September d. J., dies keine unzulässige Klage- änderung, und der erkennende Richter hat auf Strafe zu erkennen, wenn der Strafantrag eines Berechtigten vorliegt. Jn einem Zeitungsartikel waren hinsichtlih der dem preuß: [n Minister für öffentlihe Arbeiten unterstellten Staatseisen- ahn-Verwaltung beleidigende Aeußerungen enthalten, durh welche die Staatsanwaltschaft den Minister selbst für be- leidigt erahtete. Auf den vom Minister gestellten Strafantrag wurde gegen den Nedacteur Anklage wegen Beleidigung des Ministers erhoben. Die Strafkammer nahm aber an, daß der fragliche Artikel Beleidigungen niht gegen den Minister, sondern gegen die dem Minister untergeordneten Behörden der Staatseisenbahn-Verwaltung enthielt und daß es eine unzu- lässige Klageänderung darstellen würde, den Angeklagten wegen einer den dem Minister untergeordneten Behörden zugefügten Beleidigung schuldig zu sprehen und zu bestrafen. Auf Revision des Staatsanwalts hob das Reichsgericht das Urtheil der Strafkammer auf.

Im Anschluß an den Cirkular-Erlaß vom 15. No- vember v. J., betreffend die praktische Ausbildung der Königlichen Regierungs-Bauführer des Hoch- und Jngenieurbaufachs im Dienstbereih der Militär- verwaltung, hat der Minister der öffentlihen Arbeiten unterm 21. Oktober d. J.,, nah Benehmen mit dem Kriegs- Minister, das Nachstehende bestimmt: i

1) Königliche Regierungs-Bauführer, welche den einjährigen praktishen BVorbereitungsdienst (S. 09 ff. der mit dem vor- oe Erlasse veröffentlichten Anweisung vom 15. November v. J.) oder die weitere ahtzehnmonatliche praktische Dienstzeit (§. 11 ff. a. a. O.) oder beides bei einem Garnison-Baubeaniten zurückzulegen wünschen, haben ihre bezüglihen Gesuche durh Vermittelung des Aen derjenigen Behörde, bei welcher sie als Königliche Regierungs-Bauführer zugelassen sind, an die betreffende Königliche Fntendantur zu richten.

2) Die Königlichen Jntendanturen entscheiden selbständig auf diese Gesuche, im Falle der Annahme unter entsprechen- der Mittheilung an den Präsidenten der unter 1 benannten Behörde. i

3) Beim Ausscheiden aus der Beschäftigung bei der Militärverwaltung erfolgt eine gleihe Benachrichtigung, wie u 2 vorgeschrieben, und zwar unter Uebersendung der in I 9 und 13 der Anweisung vom 15. November v. J. be- zeichneten euane.

4) Für die Dauer des Dienstes bei der Militärverwal- tung jind die Königlichen Regierungs-Bauführer von der im 8. 35 Absatz 3 der Vorschriften über die Ausbildung 2c. für den Staatsdienst im Baufache vom 6. Juli 1886 angeordneten Einreichung des Geschästsverzeichnisses an den vorgeseßten Präsidenten 2c. entbunden.

Die Ausbildung der Königlichen Regierungs-Bauführer wird im Uebrigen im Dienstbereich der Militärverwaltung in allen Beziehungen nach denjenigen Bestimmungen geleitet und überwacht werden, welche für den dem Minister unterstellten Bereich der preußishen Staatsbauverwaltung maßgebend sind.

Von der General-Kommission in Kassel ist der Regie- rungs-Rath Waldhecker an die General- Kommission in Bromberg als etatsmäßiges Mitglied verseßt worden.

Als Aerzte haben \ich niedergelassen die Herren : Dr. Feilchenfeld in Danzig, Dr. Lanßzius Beninga in Berg- quell bei Frauendorf, Dr. Löwenstein in Bärwalde i. Pomm., Dr. Ad. Gaul in Stolpmünde, Dr. Engelbrecht in Vienen- burg, Flicek in Runkel, Dr. Nikol. Müller in Dorchheim, Dr. Starck, Dr. Spuhn, Dr. Filbry und Dr. Heyder, sämmt- lih in Bonn, Dr. Haines in Mülheim a. Rh., Dr. Meerbeck in Ründeroth, Dr. Plehn in Krefeld, Dr. Döring in Wißh- E Stadler in Elberfeld, Dr. Voß in Kleve, Dr. Schmal- in Düsseldorf, Dr. Hoppe in Sonnborn, Dr. Salm in Lölklingen, Dr. Förster in Suhl.

Bayern. München, 8. November. (W. T. B.) Der Finanz-Aus\chuß genehmigte in seiner heutigen Sißung die Forderung der Regierung für die Altersver- sorgung der Arbeiter auf Staatsbahnen.

Sachsen. Dresden, 7. November. Wie das „Dr. J.“ meldet, wurde Prinz Max von Baden, welcher sih zur Zeit akademischer Studien halber in Leipzig aufhält, gestern Nachmittag von dem König und der Königin in der Königlichen Villa zu Strehlen empfangen und nahm sodann an der Familientafel theil.

Württemberg. Stuttgart, 7. November. (St.-A. f. W.) Der Fürst von Hohenzollern mit seinem Sohn, dem rinzen Ferdinand, waren am 5. d. M. zum Besuch des önigs und der Königin hier eingetroffen und sind gestern wieder abgereist. Der Großfürst und dieGroßfürstin Konstantin Konstantinowitsh von Rußland haben heute Stuttgart verlassen. Die Großfürstin begiebt sich nah Altenburg, während der Großfürst von hier aus in Begleitung des Schiffskapitäns von Zelonoy eine Reise nah Spanien angetreten hat.]

Hessen. Darmstadt, 8. November. (W. T. B.) Prinz Wilhelm von Preußen und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen sind mit dem Großherzog heute Vormittag aus Berlin hier eingetroffen. Prinz Wilhelm reist Nachmittags nah Basel weiter. Jn Seiner Begleitung befindet sich Dr. Schmidt aus Frankfurt.

“Sldenburg. Oldenburg, (. November. Der Groß- herzog empfing heute eine Deputation des Landtages, welche gewählt war, um Sr. Königlichen Hoheit die Ehr- erbietung des Landtages darzubringen. :

Nah dem dem Landtage regierungsseitig vorgelegten Etat der Centralkasse des Großherzogthums für 1888/90 sind an Kassenüberschüssen für die Landeskassen der Provinzen zu erwarten aus 1888: 139000 M, aus 1889: 164000 und aus 1890: 130000 A Das Budget für das Herzogthum wirst an Einnahmen aus: 6760000 M für 1888 4879000 M für 1889 und 4832000 #4 für 1890. Die Gesammtausgabe beziffert sich auf 5 710000 M für 1888, 5394 000 / für 1889 und 5314000 M für 1890. Herzogthums berechnet sih, abgesehen von der Eisenbahn- Prämienanleihe und den Kautionsgeldern, für Ende 1887 auf 23 543 168 M.

Anhalt. Dessau, 5. November. (Anh. St.-A.) Die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen ist heute mit Gefolge hier eingetroffen.

Lippe. Detmold, 6. November. (Hann. Cour.) Der Landtag des Fürstenthums Lippe ist auf den 6. Dezember einberufen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. November. (Wien. Ztg.) Der Budget-Auss\chuß der Delegation des Reichs- raths wird am 8. d. M. um 11 Uhr Vormittags eine Sizung abhalten. Auf der Tagesordnung steht der Vor- anschlag des Ministeriums des Aeußern für das Jahr 1888.

7. November. (W. T. B.) Der „Polit. Corresp.“ geht aus Pest die Meldung zu, daß nah den von dem ungarischen Minister für Landesvertheidigung, Féjervary, mit dem Reichs-Kriegs-Ministeruum geführten Unterhandlungen die Errichtung einer ungarishen Waffenfabri k im Prinzip beschlossen worden ist.

Pest, 5. November. (Pr.) Die oppositionellen Mitglieder der dritten Gerichtskommission, Eötvös und Horanszky, haben mit Bezug auf die Kaposvarer Wahl des Handels- Ministers Szechen yi, welhe von der Majorität verifizirt worden war, ein umfangreihes Separatvotum über- reiht, das den Nachweis zu führen versuht, daß die 24 Szenaer Stimmen, welhe für Körmendy abgegeben waren, dem Minister zugeschrieben wurden. Nach ihrer Be- rechnung hätte Körmendy eine Majorität von 28 Stimmen. U Uebertragung konnte wie das Separatvotum ferner ausführt nur nachträglih und durch cine Fälschung des Protokolls erfolgen.

Großbritannien und Frland. London, 6. November. (A. C.) Die Herzogin von Albany ist gestern mit ihren Kindern vom Kontinent nach England zurückgekehrt.

Der Ober-Sekretär für Jrland, Balfour, hielt gestern Abend im Stadthause in Birmingham an eine große Versammlung von Konservativen und liberalen Unionisten eine Ansprache über die Lage in Jrland. Derselbe sagte u. A.: die liberale Partei sei mit den Parnelliten nicht allein verbunden, sondern ver- \{chmolzen, und Mr. Gladstone bestrebe sih vorsäßlich, die Wiederherstellung von Gesey und Ordnung in Jrland durch unverantwortlihe Verdrehung von Thatsachen zu erschweren. Er scheine von dem Dämon der Ungenauigkeit in allen seinen Angriffen gegen die Regierung besessen zu sein. Spreche er von irischen Verbrechen, so geschehe dies nur, um phantastische Entschuldigungen dafür vorzubringen. Rede er von der Polizei, so geschehe dies nur, um ihr Schlehtes nachzusagen. Er be- schönige Verbrehen und ermuntere Geseßlosigkeit mit der- selben Zungenfertigkeit, als wenn seite Wiege westlich vom Shannon gestanden und er stets ein Anhänger Parnell's ge- wesen wäre. Gleichwohl würde die Politik der Regierung triumphiren. Er (Balfour) könne nur versprechen, daß an dieser Politik muthvoll festgehalten werden würde, und das Ergebniß würde sich in der Aufrechthaltung des Gesetzes, der Unterdrückung von Verbrechen, der Wiederkehr des Ver- trauens und dem Wiedererwachen der Loyalität in Jrland sicher offenbaren.

Der Schaykanzler Goschen sprach gestern in einer Unionistenversammlung in Bath und erklärte im Ver- lauf derselben: die Regierung werde in der nächsten Parlaments- session nicht allein die lang verheißene irische Boden - ankaufsvorlage, sondern au eine Bill für die Re- form der Lokalverwaltung in England einbringen, da sie gesonnen sei, diese wichtigen Fragen so ras als möglich zu erledigen.

7. November. (Standard.) Das Mitglied des Unter- hauses, Mr. Dillon, hielt gestern in einer Versammlung der Nationalliga in Castlerea . eine Ansprache, in welcher er das -irishe Volk aufforderte, die Verhaftung D'Brien's zu rächen und energisch für die Freiheit seines . Heimathlandes und die Nationalität Jrlands einzutreten. Er erklärte zugleih, daß friedlihe Verhältnisse nicht früher ein- treten könnten, als bis die Thore der Gefängnisse \ich allen denen geöffnet hätten, die, wie O'Brien, für die nationale Sache leiden müßten. Jn Carrick-0n- Shannon hielt Mr. Davitt eine Rede an Mitglieder der Nationalliga, in welcher er es als seine Ueberzeugung hin- stellte, daß, so dunkel die Aussichten auch augenblicklich wären, das irishe Volk bald durch die Errichtung einer nationalen legislativen Versammlung für Jrland belohnt werden würde.

7. November. (W. T. B.) Heute Nachmittag er- schien eine Deputation des hiesigen radikalen Klubs

Der Schuldenbestand des.

in der amerikanischen Gesandtschaft, um bei dem Ge- sandten wegen der verurtheilten Anarchisten in Chi- cago Schritte zu thun. Der Gesandte Phelps lehnte den Empfang der Deputation ab unter dem Hinweis darauf, daß er nicht geneigt sei, irgendwelhe Schritte in dieser An- gelegenheit zu thun.

Frankreich. Paris, 5. November. (Fr. C.) Die Kammer hat nicht blos die von Cunéo d'Orvnano bean- tragte Enquete angenommen, sondern dieselbe noch erwei- tert und auf „alle Akte der Verwaltung“ ausgedehnt, „welche dem Tadel oder der Repression unterworfen sind.“ „Dies ist“, bemerkt zie „République françgaise“ dazu, „kein bloßer Kanal mehr, es ist ein Meer, ein Ozean ohne Ufer. Denn um welche Akte handelt es sih, um welche Verwaltungen? Wo wird die Untersuhung anseßen ? Wo stehen bleiben? Es ist keine Grenze der Zeit noch des Raumes gezogen. Die Untersuhenden haben das Unendliche vor sih. Sie sind als Richter über die Gegenwart und über die Vergangenheit aufgestellt, die Herren der geheimen Papiere und Aktenbündel aller Ministerien, sie können, wenn sie wollen, ihre Nachforshungen auf das Regime des 24. Mai, des 16. Mai ausdehnen, die Herren de Broglie und de Fourtou vor ihre Schranken laden, selbst die Prozesse Teste und Cubières revidiren, die jedo nicht erscheinen werden, aus dem guten Grunde, weil sie todt sind... Die Enquete ist also beschlossen, die weiteste, die unbegrenzte und folglih auch unfruchtbare Enquete. Die Mitglieder der Enquete- Kommission werden eine oder zwei Wochen lang, vielleicht sogar drei, regelmäßig tagen; sie werden die Arbeit vertheilen, die Minister, die Häupter der Verwaltung berufen, Aussagen vernehmen, die Akten verlangen. Das Volk, welches die Dinge ernst nimmt, wird die Dhren spißzen. Aber dann fommen die Vakanzen, die Senatswahlen, und die Unter- suchenden werden mit ihren Papieren oder ohne sie davon fliegen. Wenn sih der Wind dreht, wird man etwas Anderes denken. Ein Skandal jagt den andern, und wir haben Blätter, die Kopf genug haben, um alle Tage einen neuen aufzutreiben. Unsere Kommissionsmitglieder werden, wenn zurückgekehrt, sich wieder an ihre Aufgabe machen, Mittheilungen an die VBlätter richten, und das Publikum wird erstaunt fragen, woher diese Leute fommen, was sie wollen, wovon sie reden. Denn wohlbemerkt, länger als einen Monat an das Gleiche zu denken, ist etwas, was über die Grenzen unseres guten fran- zösischen Volkes geht. Wir glauben mit Rouvier, daß si die Kammer s{chwer getäuscht hat, als sie die Enquete annahm, aber wir shlagen die Folgen dieses JFrrthums nicht hoch an. Wir haben gewiß große Fehler, aber die gute Natur korrigirte sie dadurch, daß sie uns die Unbeständigkeit verlieh. Diese ist das Heilmittel.“ Der „Figaro“ sagt: „Das französishe Volk wird mit Erstaunen vernehmen, daß die Untersuchung über den Fall Wilson sih mit dem Gebahren der Minister des 16. Mai beschäftigen soll. Dies ist eine der unerwartetsten Possen, die man sih denken kann. Wir sind überzeugt, daß, wenn Colfavru beantragt hätte, die Untersuhung auf die Dragonnaden und auf die Bartholomäusnacht auszudehnen, sich auch eine Mehrheit gefunden haben würde, um nach dem Herzen des Hrn. Colfavru zu stimmen. Was man gewollt hat, und was man sicher erreichen wird, ist, daß man die Sache so verwirrt und verbreitert, daß jede bestimmte Feststellung unmöglih wird. Man wird \ih mit einem allgemeinen und anonymen Tadel gegen die offiziellen Persönlichkeiten, welche ihre Stellung mißbrauchen, mißbraucht haben oder mißbrauchen werden, aus der Affaire ziehen.“

Hr. Constans hat seine provisorishe Ernennung zum General-Gouverneur von Hinterindien in Ceylon erfahren und dieselbe angenommen. Seine Ankunft in Hano? wird bis zum 12. d. M. erwartet. Zum General-S ekretär des General-Gouvernements is Konsul Klobukowski ecer- nannt. Nichaud, Gouverneur von Réunion, is an Stelle Bihourd's zum General-Residenten in Tongking er- nannt worden. General Munier, Befehlshaber der Be- saßungs-Division, wird auf Verlangen abgelöst und dur den Brigade-General Nismes, der eine der dortigen Brigaden kommandirt, erseßt.

6. November. (Köln. Ztg.) Der von der Kammer angenommene Antrag Colfavru lautet wörtlich:

„În dem Entschluß, der Verwaltung der Republik sowohl von Sciten der Beamten dieser Verwaltung, welche gegen ihre Pflicht ge- handelt haben, als auch von Seiten Derjenigen, wer sie auch sein mögen, welche der Ehre und dem Ansehen dieser Verwaltung oder ihrer Beamten Abbruch gethan, die gebührende Achtung zu verschaffen, beschließt die Kammer: Ein Ausshuß von 22 Mitgliedern wird in den Abtheilungen gewählt, der alle mit der Verwaltung zusammen- hängenden Thatsachen, welhe ihm cinen Tadel oder eine Bestrafung zu verdienen scheinen, ciner Untersuchung unterwerfen fell.“

Fn parlamentarischen Kreisen herrsht die Ansicht vor daß die Annahme des Antrages Colfavru vorläufig jeden Versuch zur Herbeiführung einer Ministerkrisis unmöglich machen werde.

Die Anhänger des Generals Boulanger bereiten nicht allein für den 14.,, wo der General in Paris eintrifft, sondern au für den 13.,, wo er von Clermond-Ferrand abgeht, Kundgebungen vor. Jn Paris haben sie Samm- lungen angestellt und hoffen, ihm bei seiner An- kunst einen großartigen Empfang bereiten zu können. Jn Clermont-Ferrand werden bei seiner Abreise am 13. alle radikalen Blätter durch Mitarbeiter und die Patriotenliga durch eine Abordnung vertreten sein. Dagegen fordert die „Lanterne“, das Hauptblatt der Boulangisten, ihre Freunde auf, keine Kund- gebung bei Boulanger's Eintreffen in Paris zu veranstalten, weil dies dem General Ferron Waffen gegen ihn liefern würde; Bou- langer werde übrigens sich selbst so einrihten, daß er nicht Gegenstand von Kundgebungen werde, die seine Freunde zwar e Vev möchten, die aber nur seinen Feinden dienlih werden

önnten.

7. November. sihtigte man in Douai eine Manifestation gegen den Unterrichts - Minister Spuller wegen der Verlegung der Fakultäten von Douai nach Lille. Die Behörde ließ daher bei der Abreise Spuller’'s den Bahn- hof und die Zugänge zur Bahn militärisch beseßen. Die Menge wurde durch einen Truppenkordon zurückgehalten, so daß sie die beabsichtigte Manifestation niht bewerkstelligen konnte. Nach der Abfahrt des Zuges zog ein Haufe nah der Unter- präfektur uud zertrümmerte daselbst durch Steinwürfe die R, Die Gendarmerie zerstreute \{chließlich die

enge.

Der Prozeß wider den General Caffarel, die Frauen Limouzin und Natazzi sowie den Senator

(W. T. BZ Gestern Abend beab-

General d’'Andlau, welcher Leßtere wegen nicht ent- \huldigten Ausbleibens vor Gericht verurt eilt ist, hat heute Vormittag vor dem Tribunal für Strafsachen begonnen. Die Vorgenannten sind betrügerischer Handlungen oder eabsihtigten Betruges angeklagt. Jn der Anklage ist keinerlei neues Material enthalten. Jm Verlauf der Verhandlung gab der General Caffarel seine geschäftlichen Beziehungen zu Frau Limouzin zu. Er habe sich auf zwei Ordensge\schäfte eingelassen, aber allein aus dem Grunde, um Frau Limouzin gefällig zu sein und ohne irgendwelchen Geldgewinn davon gehabt zu haben, wenn er auch gehofft habe, hierbei Quellen zu finden, die es ihm ermöglichen sollten, den Verlegenheiten, in welchen er sih befunden habe, abzuhelfen.

__— 7. November, Abends. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißgung der Deputirtenkammer brachte Delattre (radikal) seine Fnterpgllation ein über den Mobilisi- rungsversuch vom Gesichtspunkt des Eisenbahn-Trans- portwesens aus und erklärte: Frankrei stehe, was Schnelligkeit und Sicherheit der Transporte angehe, hinter Deutschland- zurück. Der Kriegs-Minister Ferron er- widerte: die Eisenbahngesellshaften hätten Verbesserungen vor- genommen; der jüngste Mobilisirungsversuch sei sehr befriedigend ausgefallen. Er danke der Kammer und dem Senat für die Genehmigung des Versuchs. Diese Erklärung wurde mit Beifall aufgenommen. Die Kammer nahm hierauf eine Tagesordnung an, in welcher die Regierung aufgefordert wird, die erforderlichen Maßregeln zu ergreifen für die Sicherheit und Schnelligkeit von Truppentrans- porten auf Eisenbahnen.

Der Senat genehmigte die Konversionsvorlage in der von der Kammer desSlofenen Fassung.

Jtalien. Nom, 6. November. (R. B.) Die „Trans- portdampfer „Bengala“, „Florio“ und „Bosforo“ sind heute, mit 2000 Mann Truppen und großen Quantitäten von Kriegsmaterial an Bord, von Neapel nah Massovah in See gegangen.

8. November. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ zufolge, ist der bisherige Botschafter am Londoner Hofe, Cortî, in Disponibilität versezt worden.

Der „Moniteur de Rome“ veröffentliht das Programm der gelegentlich des Jubiläums des Papstes stattfindenden Festlichkeiten. Danach wird der Papst am 31. Dezember die internationale Deputation des Jubiläums-Comité's empfangen und am 1. Januar die Jubelmesse celebriren. Am 2, Januar findet dann in der Kirhe von San Lorenzo ein Vortrag von Gedichten und Reden durch Notabilitäten der literarishen Welt über das Jubiläum statt. Am 3., 4, und 5. Januar werden die italienishen und fremden Wallfahrer vom Papst empfangen , und am 6. Januar wird der Papst unter Anwesenheit der Kardinäle und fremden Diplomaten die vatikanishe Ausstellung eröffnen. Am Tage der Drei Königs-Oktave werden mehrere Heiligsprehungen, am darauffolgenden Sonntage mehrere Seligsprehungen erfolgen.

Spanien. Nach einer der „Polit. Corresp. aus Madrid zugehenden Meldung wird die Königin-Regentin die auf den 1. Dezember einberufenen Cortes persönlich mit einer Thronrede eröffnen. Der Zeitraum bis zu den Weihnachtsferien dürste durch die Adreßdebatte ausgefüllt werden, die wie man in politischen Kreisen der spanischen Hauptstadt annimmt der Regierung Gelegenheit geben wird, sich über verschiedene s{chwebende Angelegenheiten und namentlich über die marokkaniscche zu äußern. Das Befinden der Königin-Regentin Marie Christine und des jungen Königs ist, Dank der kräftigenden Wirkung der Seeluft, überaus befriedigend.

Amerika. Chicago, 7. November. (W. T. B.) Die in der Zelle des Anarchisten Lingg vorgefundenen Bomben bestanden aus Gasleitungsröhren, welche mit dem stärksten Dynamit gefüllt waren. Lingg erhielt dieselben in Delikatessenbüchsen mit doppeltem Boden. Lingg ist bekannt als einer der erbittertsten Anarchisten, und es wird als zweifellos angesehen, daß er das Gefängniß in die Luft sprengen wollte.

Zeitungsstimmen.

Zu der Veröffentlihung des Gesezes, betreffend die Ver- mehrung der geseßlichen Feiertage in Elsaß-Lothringen, äußert das „Elsasser Journal“:

„Wie erinnerlih, hatte der Landesaus\huß von Elsaß-Loth-

ringen im vorigen Jahre ein Gese angenommen, durch welces--

die Zahl der geseßlichen Festtage vermehrt wurde. Indessen wurde damals der Tag nah Weihnachten, dem Antrage der Regierung zuwider, nicht in diese Feiertage aufgenommen. Der Gesetzentwurf war scit dem Beschluß des Landesausschusses in der Schwebe ge- blieben, und es lag die Vermuthung nahe, daß die Regierung die Zustimmung des Bundesraths zu diesem, dem ursprünglihen Entwurf nicht entsprehenden Gesetz niht verlangt hatte, oder auch si vor: genommen hatte, diesen Gegenstand vor den Reichstag zu bringen. Gestern hat aber die amtlihe Zeitung das Gesetz, mit der Kaiser- lihen Genehmigung versehen und «in der vom Landesaus\{uß von Cisaß-Lothringen angenommenen Fassung, veröffentlicht. Wir erblicken in der Bekanntmachung des Wortlauts dieses Geseßes ein Anzeichen der versöhnlichen Gesinnung der Regierung.“

Die „Norddeutsche Allgemeine E sagt über die Arbeiten des Deutschen Landwirthschaftsraths :

Der Landwirthschaftsrath hat seine Arbeiten beendet und hat ih hinsihtlich der beiden Fragen, in denen seine Verhandlungen in her- vorragender Weise das öffentlihe Interesse in Anspruh nahmen, nah wie vor der eingehendsten Berücksihtigung namentlich von Seiten

. Derer zu erfreuen, welche speziell in der Kornzollfrage anderer Mei-

nung sind, wie die im Landwirthschaftsrath verkörperte Vertretung der Gesammtheit der landwirthscaftlihen Interessen. Aber gerade der Eifer, mit welhem man freihändlischerseits theils egen die Beschlüsse des Landwirthschaftsraths protestirt, theils an eine Verhandlungen das kritishe Messer feot, gerade dieser Eifer be- weist unseres Erachtens am besten, daß, so sehr man sih auch dagegen sträuben mag, man jenen Beschlüssen und Verhandlungen ein wesent- liches Gewicht dennoch beilegt. Wollte man eaages nicht thun, so würde man gerade auf jener Seite in einige Bedrängniß gerathen ; denn hätte z. B. der Landwirthschaftsrath in entgegengeseßtem Sinne votirt, als es geschehen ist, so würden die Federhelden der Anti- Kornzoll-Liga niht müde werden, seine Weisheit zu preisen, wie das ja auch hinsihtlih-der wenigen im Landwirthschaftsrath von dessen Mehrheitsbeschluß betreffs der Kornzölle abweichenden Stimmen der Fall ist. Judem man aber, so wie die Dinge liegen, gegen den Land- wirthshaftsrath die gesammte in den Dienst des Manchesterthums gee Presse arbeiten läßt, verräth man damit selbst, wie sehr man esorgt, daß dessen Gutachten auf die definitive Entscheidung der Frage von maßgebendem Einfluß sein könnte.

Einigermaßen merkwürdig nimmt es sich aber aus, wena dem Landwitthsafteratb zum Vorwurf gemacht werden soll, er hätte nur die landwirthschaftlihen Interessen bei seiner Stellungnahme zu Rath gezogen. Es wäre kaum zu sagen, welche arderen Interessen denn der Landwirthschaftsrath zum Ausgangspunkt seiner Erwägungen hätte nehmen sollen, und gerade das „freisinnige“ Manchesterthum, welches Alles von der im Parlamentarismus verkörperten Weisheit erwartet, sollte füglih so viel Vertrauen zu leßterer haben, daß die dem land- wirthscaftlihen Interesse etwa widersprehenden anderen, an iener Stelle volle Berücksichtigung finden werden, welhe zum Ausgleich der E Interessen aller Erwerbszweige der Nation die erusene ilt.

Nicht minder erstaunt darf man aber sein, von einer Seite, welche seit Jahren ihre ganze Kraft auf die Entwickelung der agitatorishen Phrase verlegt hat, Klagen darüber zu vernchmen, daß es in den Verhandlungen des Landwirthschaftsraths an sachlichen Gesichtspunkten gemangelt habe. Wer freilich nur kennen lernt, was die freibändlerischen Waschzettelfabrikanten in ihre gegen die Beschlüsse des U Ca ras polemisirenden Artikel einflechten, oder wer die Berichte einzelner, besonders „objektiver“ Blätter liest, in welche gleich von der berihterstattenden Seite allerlei polemishe Zwischen- bemerkungen doch wohl deshalb eingefügt wurden, um dem Leser einen klaren Blick in jene Verhandlungen niht zu gönnen, dec kann allerdings solchen Klagen Glauben senken; wer aber die gepflogene Diskussion in ihrer Gesammtheit und ohne fremde Zuthat verfolgt, wird über jene Klagen den Kopf \{ütteln

Mit Bezug auf die Konstituirung der Seeberufs- genossenschaft schreibt die „Nord-ODstsee- Zeitung“:

Die definitive Gestaltung der Seeberufsgenossenshaft bedeutet das praktische Jnslebentreten eines Geseßes, welches einen ganz hervorragenden Theil unserer deutschen sozialpolitishen Geseßgebung ausmacht. Die Segnungen der leßteren werden sich damit über einen Kreis von Erwerbsgenossen erstrecken, welche ihr s{chwerer, entsagungs- voller und von steten Gefahren umgebener Beruf turch alle Zonen unseres Planeten führt. Durch die praktishe Ausführung des Geseßes wird das deutshe Seeschiffahrtsgewerbe in eine so wohlgegliederte Organisation zusammengefaßt, daß dieselbe befähigt und berufen ersheint, auch weitergehende Aufgaben als die der Unterstüßung ihrer Angehörigen in Unfällen, in näherer oder fernerer peit kraftvoll in Angriff zu nehmen. Im Uebrigen kann es nit ausbleiben und wird nur zum Segen des gesammten deutschen Seeschiffahrt8gewerbes dienen, daß ein um so innigerer nationaler Zu- sammenschluß desselben erfolgen wird, je mehr die Vortheile der sozialpolitischen Maßnahme praktisch in die Erscheinung treten. Mit berechtigtem Stolze aber können die deutshen Seeberufsgenossen, wenn ihr Beruf sie in fernere Meere führt, stets dessen eingedenk sein, daß in nimmer rastender menshlicher Fürsorge für sie und ihre Ange- hörigen in der Heimath unser junges Deutsches Reih allen anderen U auf dem Erdball mit leuhtendem Beispiele weit voran- geeilt ift!

Die „Landeszeitung für Elsaß-Lothringen“ bemerkt aus Anlaß der jüngsten Ersazwahl für den Bezirk Unter-Elsaß, bei welcher bekanntlich Bürgermeister Ba ge- wählt worden ist:

Im Anschluß an die allgemeinen Gemeindewahlen vom Juli 1886 und an die Ersaßwahl zum Reichstage vom Juli d. J. darf man in der neuesten Wahl wohl ein weiteres Symptom dafür erblicken, daß der Protest in der Landeshauptstadt an Boden verloren hat und rein sahliche Erwägungen maßgebend geworden sind. In der That läßt sich kaum ein {tärkerer Gegensaß denken, als die Wahl- stimmung bei der allgemeinen Reichstagswahl vom 21. Februar d. I. und bei der Crsaßwahl yom lehten Juli. Die Protestpartei, die im Februar so entschlossen und zuversihtlih auftrat, wie kaum jemals vorher, hat im Juli cinem deutschgesinnten Elsässer und im November einem Deutschen gegenüber \sich völlig unthätig verhalten. Inzwischen hatten nämlih die {hon im Spätherbst 1886 anläßlih des Hervortretens französisher Bestrebungen erlassenen und nach dea Reichstagswahlen vom Februar d. F. verschärfsten Bestimmungen über den Aufenthalt von Franzosea des Civil- und des Militär- standes und andere zur Sicherung des öffentlichen Friedens ergriffene Maßregeln ihre Wirkung geäußert, die jeßt klar vor Augen liegt. Die Fernhaltung der französishen Einflüsse hat genügt, um den Wahlen den Zauber der Gelegenheit zu Kundgebungen zu be- nehmen, und seitdem die Regierung den ernsten Entschluß gezeigt hat, folchen Störungen nachdrücklich zu begegnen, ist auch dem Protest in Straßburg der Muth gesunken, und den Führern ist der früher ganz gefahrlose und recht ergößliche politishe Sport, der in Frank- reih Ruhm und Ehre eintrug, in Deutschland aber nicht einmal eine Unannehmlichkeit breitete, gründlich verleidet worden. Auch andern Leuten ist das Spiel verdorben worden, nämlih jenen Meistern in der Kunst der Halbheit, welche es auf keiner Seite ver- derben wollen, weil man nicht wissen kann, was die Zukunft bringt; für diese Leute war der frühere Zustand das rechte Lebenselement. Gerade in diesen Kreisen bemüht man sich jeßt, der Ansiht Geltung zu verschaffen, daß so günstige Wahlergebnisse mit Zurücknahme des \härferen Programms beantwortet werden müssen. Das hieße aber der Negierung zumuthen, die bisherige Haltung in dem Augenblick aufzugeben, in welhem sich die Richtigkeit der Maßnahmen zu er- proben beginnt; man verlangt zu Gunsten der Elsässer die Zurü- nahme von Maßregeln, die gar niht gegen die Elsässer gerichtet sind, sondern gegen die O und deren Anhang, welche also die Elsässer nur dann treffen, wenn sie mit den Franzosen gemein- \chaftlice Sache mahen. Man beginnt au) \{chon das deutsche Mitgefühl gegen diese „Maßregeln“ anzurufen, unter welchen das Land feufze. Man könnte da wirklich glauben, daß man in Elsaß- Lothringen lebe, wie ehemals in den Niederlanden unter Herzog Alba. Diese Maßregeln bestehen in der Ershwerung des Aufenthalts für Fremde, in der Ausweisung verdächtiger Franzosen, in der Abseßung feindseliger Bürgermeister kurz, in der Abwehr fremder Ein- mishungen; gerade aus elsässishen Kreisen werden Stimmen laut, daß diese Freimahung der Bevölkerung von französishen Einschüch- terungen ein wahrer Segen sei. In deutschen Kreisen is man nah- gerade gewißigt, und es ist niht daran zu denken, daß man sih von der als richtig erprobten Haltung wieder abdrängen lasse und die stets von Mißerfolgen begleitete Politik der Liebenswürdigkeit und der Schwäche wieder aufnehmen könnte.

Landtags - Angelegenheiten.

Aachen, 8. November. (W. T. B.) Landrath Janssen (Centrum) hat fein Mandat als Landtags - Abgeordneter für den 2, gen Wahlkreis (Eupen, Aachen, Stadt Aachen) nieder- gelegt.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- beitsamts sind in der Ki vom 23, bis 29, Oktober von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchsnitt berehnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 17,2, in Breslau 28,2, in Königsberg 24,2, in Köln 17,2, in Frankfurt a. M. 16,2, in Wiesbaden 18,2, in Hannover 18,6, in Kassel 15,8, in Magdeburg 20,3, in Stettin 13,9, in Altona 21,5, in Straßburg 20,9, in Mey 14,3, in München 21,8, in Nürnberg 27,8, in Augsburg 19,3, in Dresden 13,7, in Leipzig 16,4, in Stuttgart 13,0, in Karlsruhe 16,0, in Braunschweig 16,5, in Hamburg 25,9, in Wien 21,6, in Pest 23,3, in Prag 25,6, in Triest 24,0, in Krakau 23,5, in Amsterdam 18,5, in Brüssel 17,0, in Paris 20,0, in Basel —, in London 21,5, in Glasgow 24,4, in Liverpool 24,8, in Dublin 32,0, in Edinburg 21,2, in Kopenhagen 26,5, in Stockholm 14,9, in Christiania 22,1, in St. Petersburg 21,7, in Warschau 29,0, in j Odessa 28,3, in Rom 26,1, in Turin 17,4, in Venedig 18,9, in

Alexandria 37,7. Ferner in der Zeit vom 2. bis 8 Oktober: in New-York 23,1, in Philadelphia 19,5, in Baltimore 15,8, in Kal- kutta 23,0, in Bombay —, in Madras 47,5.

Die allgemeine Sterblichkeit war auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas eine Me: nur die größeren eng- lischen Städte melden höhere Sterblichkeitsziffern als in der Vor- woche. Einer sehr günstigen Sterblichkeit (noch niht 15,0 pro Mille und Jabr) erfreuten sich Gladbach, Kiel, Stuttgart, Dresden, Plauen i. V., Rosto, Darmstadt, Elberfeld, Mülhausen i. E., Mey, Stock- holm. Außerdem war auch in einer großen Zahl von Städten die Sterb- lihkeit eine günstige und erreichte in denselben niht 20,0 pro Mille und Jahr, von denen wir hier nur Berlin, Augsburg, Leipzig, Köln, Frank- furt a. M,, Wiesbaden, Karlsruhe, Kassel. Hannover, Bremen, Barmen, Düsseldorf, Stettin, Braunschweig, Brüssel, Amsterdam, Lyon, Turin, Venedig nennen wollen; auh in München, Straßburg, Magdeburg, Wien, Paris, London, Edinburg, St. Petersburg war die allgemcine Sterblichkeit eine mäßig hohe. Unter den Todesursachen kamen Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder nur in wenigen Städten (Hamburg, Königsberg, St. Petersburg) noch in größerer Zahl als Todesveranlassung zur Anzeige. Auch akute Entzündungen der Athmungsorgane führten im Allgemeinen weniger Sterbefälle herbei. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war fast allgemein eine kleinere als in der Vorwoche. Von 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 47, in München 54 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten wurden Sterbefälle an Masern, Diphtherie und Pocken häufiger, an Scharlach, typhösen Fiebern und Keuchhusten etwas weniger mitgetheilt. Masern riefen in Hamburg, Pest, London, Dublin, Paris und „Kopenhagen (47 Todesfälle) zahlreiche Sterbefälle hervor, auch war in fast allen der genannten Orte, ferner in Christiania und in den Regierungsbezirken Crfurt, Aachen, Hildes- heim die Zahl der gemeldeten Neuerkrankungen eine große, in Kopen- hagen 995. S charlach gewann in Berlin, Wien, Prag, Lemberg, London, Liverpool, Glasgow, Dublin, Warschau, St. Petersburg, Chri- \tiania größere Ausdehnung; auch in Breslau und Nürnberg waren Scharlach-Erkrankungen häufig. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Breslau, Magdeburg, Frankfurt a. M., Königsberg, Hamburg, Altona, München, Nürnberg, Dresden, Chemniß, Wien, Pest, Prag, Lemberg, London, Christiania, St. Petersburg, Odessa u. a. noch eine gesteigerte; auch wurden aus den meisten der genannten Orte neue Erkrankungen in großer Zahl mit- getheilt. Todesfälle an typhösen Fiebern haben etwas ab- genommen, wie in London, Paris, Lyon, St. Petersburg; aus Cffen und Hamburg werden dagegen etwas mehr gemeldet ; in Hamburg, St. Petersburg und im Regierungsbezirk Schleswig war auch die Zahl der gemeldeten neuen Erkrankungen noch eine große. An Flecktyphus famen aus Rom, Praa, London je 1 Todesfall, Er- kranfungen aus Wien 1, aus Edinburg 4, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder 6 zur Anzeige. _An epidemischer Genistarre wird aus Kopenhagen 1 Todesfall und 1 Erkrankung mitgetheilt. Rofenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut verliefen in London nicht selten tödtlich. Der Keuchhu sen wurde in Berlin, London und Glasgow etwas häufiger Todesveranlassung; auch in Hamburg, Kopenhagen, St. Petersburg zeigte sih der Keuchhusten in größerer Verbreitung. An Pocken wurden aus Wien, Lemberg, London und St. Petersburg einzelne, aus Pest 3, aus Prag 5, aus Paris 6, aus Triest 10, aus Nom 11, aus Warschau 22 Sterbefälle mit- getheilt ; Erkrankungen aus Wien 3, aus St. Petersburg 4, aus Pest 8. Ueber die Cholera in Italien liegen wenig neuere Nahh- rihten vor; in den Küstenstädten der Abruzzenregion hat die Cholera aufgehört. Auch in Malta hat die Cholera abgenommen, doch kamen in der 2. Hälste des Oktober noch immer neue Erkrankungen vor.

Auch in dieser Berichtswohe war der \sanitäre Zustand in Berlin ein günstiger, die Sterblichkeit sogar eine kleine. Unter den Todesursachen erfuhren Darmkatarrhe und Brechdurhfälle der Kinder eine weitere Abnahme, so daß nur 27 Sterbefälle daran registrirt wurden. Akute Entzündungen der Athmungsorgane wurden wohl etwas häufiger Erkrankungsursahen, doch blieb der Verlauf in den überaus meisien Fällen ein milder. Von den Infektionskrankheiten haben Masern besonders auf dem Wedding, Scharlah namentlich im Stralauer Viertel, Diphtherie in der Tempelhofer Vorstadt und in der diesseitigen Luisenstadt etwas mehr Erkrankungen hervorgerufen als in der Vorwoche, während das Vor- kommen von typhösen Fiebern das gleiche beschränkte wie in der voran- gegangenen Woche blicb. Auch rosenartige Entzündungen des Zell- gewebcs der Haut zeigten kein wesentlich verändertes Vorkommen, während Erkrankungen und Sterbefälle an Keuchhusten etwas häufiger, an Kindbettfieber dagegen seltener zur Anzeige gelangten. Rheuma- tische Beschwerden der Muskeln sowie akute Gelenkrheumatismen kamen in wenig gegen die Vorwoche veränderter Zahl zur ärztlichen Beobachtung.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von Ernst und Korn (Wilh. Ernst) in Berlin ist der „Erlaß des Ministers der öffentlihen Arbeiten über das Verdingungswesen vom 17. Juli 1885“ in einem Sonderabdruck auf Reichsformat, unter Berücksihtigung der Nach- träge zu obigem Erlaß vom 7. November, 3. Dezember 1885 und 23, Januar 1886, erschienen. Einzelne Exemplare kosten je 30 4, 50 Gremplare 19 4, 100 Exemplare 17 M4 50 §., Dieser Neudruck ist für Hochbauten sowie Cisenbahnbauten zusammengestellt.

Auch die „Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Staatsbauten“, Sonderabdruck aus dem Cirkularerlaß vom 17. Juli 1885, sind daselbst, mit Zwischenblättern für handschriftliche Zusätze ausgestattet, erschienen. Sie kosten 50 Stüdck 4 M und 50 H Porto, 100 Stück 7 X und 50 4 Porto.

Das Novemberheft der „JFnternationalen Revue über die gesammten Heere und Flotten“ (Verlag von Fischer in Kassel) hat folgenden Inhalt: Die kriegerische Eigenart der Völker Europas. Ein ethnologisher Versuch von Carl Rhamm. Die Festungsverstärkung, brieflih besprochen. (Zweiter Brief.) Ueber Versorgung der Infanterie mit Munition. Der Thierschuß im Kriege. Die Abschaffung der Fachlehrer an den österreihi\{- ungarishen Militär-Bildungsanstalten. Englands Kanada-Pacific- bahn in threr militärishen Bedeutung gegen die russishen Bestrebungen in Ost-Asien. Welchcs Interesse hat Rußland an einem Bündniß mit Frankrei. Mobilisation du 17e. corps d’armée français. Ftalienishe Correspondence. Von R... n. Die Festung Holland. Bon R. B. /

Waldfahrten, Wild-, Wald- und Waidmannßs- bilder aus Oesterreihs Bergen, von Hanns von Kadich, gen, Waldlieb (Neudamm, J. Neumann, 1888). 15 recht hübsch erzählte Schilderungen aus dem Wald- und Forstleben, die auh dem Nichtjäger gefallen werden. Das Leben des Berufsjägers im Hochgebirge wird uns nah seinen verschiedenen Phafen, welche die Jahreszeiten bedingen dargestellt, Wild-, Wald- und Waidmannstypen mit solcher Anschaulichkeit und Treue gezeihnet, daß man beim Lesen der einzelnen Efsays wohl zur Ueberzeugung gelangt, der Verfasser habe alle diefe Eindrücke auf einsam-stillen Pirschgängen und Waldfahrten selbst ge- sammelt. Freie und über das alltäglihe Niveau erhabene Auffassung carakterisirt das Ganze, cin frisher, grüner Zug weht uns aus den einzelnen Blättern entgegen, ein zarter, tiefpoetischer Hauch kennzeichnet die Schilderungen des Waldlebens natürlihe und \{hlichte, dabei aber eingehende und treue Malerei die der Charaktere. Der Preis des Buchs beträgt 2,40 A (1 Fl. 50 Kr. öst. W.).

Im Verlage von Artaria u. Co. zu Wien gelangt soeben zur Ausgabe: Karte von Südost-Europa, die Staaten der Balkan-Halbinsel sammt Theilen von Oesterreich-Ungarn bis Pest und Wien und den übrigen angrenzenden Ländern, redigirt und be- \crieben von A. Steinhaufer, K. K. Regierungs-Rath. Maßstab 1 : 2000000 der Natur. Gefalzt in Umschlag, mit beigegebener Tabelle: die politishe Eintheilung, statistishe Uebersicht und deutsche Uebersetzung der sflavischen, türkischen, rumänischen und griechischen Be- nennungen, Preis 4 4 50 „Z, Diese Karte umfaßt nah Norden zu

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