1908 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 May 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Artikel T1. ;

Die Uebergangsbestimmungen 8) erhalten folgenden ad.

Die Artikel 11 und VIl des Pensionsgeseßes vom 27, Véai 1907 (G.-S. S. 95) finden auch auf diejenigen Beamten Anwêndung, für deren Pensionierung Artikel T des mittels Allerhöchsten Erlasses vom 21. Januar 1892 Landesherrlih genehmigten Nachtrags zu den reglementarischen Bestimmungen des Kur- und Neumärkishen Ritter- \caftlihen Krédit-Instituts maßgebend geblieben it.

Hinsichtlich der Witwen- und Waisenfürsorge haben diese Beamten nochmals innerhalb einer von der Haupt -Ritterschafts-Direktion fest- zuseßzenden Frist zu wählen, ob die älteren oder die dur Cas Nachtrag ergänzten Sestimmunten des uter E Le 905 Landesherrlih genehmigten Nachtrags maßgebend ]etn ¿

‘Wilen sie lepleréE so ift ges der L ANNEn in Absäy 2 und 3 der Uebergängsbeftimmungen ¿i ve:fahren.

Kur- und Neumärkische Haupt-Rilferschafts. Direktion. (Siegel.) Beglaubigèt : Í Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. von Arnim.

Ministerium für Landwirtshaft, Domänen und Forsten. Der Kreistierarzt Traeger zu Belgard ist nach Berlin verseht worden.

Ministerium der geisilihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

An der Königlichen Luijénstiftung in Posen ist der bis- herige Lehrer an der städkishen Lehreritinènbildungsanstalt in Kolbérg Martin Krüger als ordentlihet Seminarlehrer endgültig angestellt worden.

Bekanntmachung.

Das Stipendium dèr von dem zu Be:lin verstorbenen Ge- heimen Medizinalrat, Professor Dr. Joseph Meyer testamentarish begründeten Julius-Adelheid-Stiftung im Betrage von 240 foll für das Kalenderjahr 1909 an einen talentvollen, würdigen und bedürftigen Studierenden des Baufaches jüdischen Glaubens verliehen werden. : :

‘toe Betwerber werden aufgefordert, ihre Gesuhe bis zum 15. Juli d. J. an das Kuratorium genanrter Stifung, zu Händen des unterzeihneten Professors Dr. Kalischer in Berlin W. 15, Konstanzerstraße 2, einzureichen und ihnen beizufügen :

1) einen kurzen Lebenslauf, E :

2) eine Urkunde, daß Bewerber jüdishen Glaubens ift,

3) ein amtlihes Bedürftigkeitsattest mit spezieller Angabe der Vermögensverbältnisse des Bewerber,

4) ein Führungsattest von der Tehnishen Hochschule,

5) ein Zeugnis über Fleiß und Fortshritte während des Studiums.

Berlin, den 19, Mai 1908. j G

Das Kuratorium der Julius. Adelheid-Stiftung. Professor Dr. Kälklisher. Martin Meyer.

Niqchkanitliches. Deutsches Reich.

Préüßei Berlin, 20. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König, Aller-

höhstwelhe heute vormittag von Wiesbaden hier wieder ein-

etroffen sind, hörten auf der Eisenbahnfahrt den Vortrag des Friegsministers, Generals der Kavallerie von Einem.

Der Kaiserlihe Botschafter in Washington Freiherr Speck von S teenh urg hat einen ihm un ne atr igl bewilligten Urlaub angetreten. Mährend seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Botschaft von dem Botschaftsrat Grafen von Haßfeldt-Wildenburg geführt.

Jn der Ersten und Zweiten Beilage zur Heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichs- eisenbahnamt aufgestellte tabellarishe Uebersiht der Be- ccieboergebnisie deutsher Eisenbahnen für den Monat April 1908 veröffentliht, auf die am Montag an dieser Stelle auszüglih hingewiesen worden ift.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkanonen- boot „Tsingtau“ gestern von Canton nah Tungkun gegangen und beabsichtigt, heute nah Canton zurückzukehren.

Wiesbaden, 20. Mai. Seine Majestät der Kaiser und König hielt gestern vormittag, „W. T. B.“ zufolge eine Parade über die: Garnisonen Wiesbaden und Homburg v. d. Höhe vor dem Kurhause ab. Nah dem Abreiten der Fronten der aufgestellten Truppen . nahm Seine Majestät einen Vorbeimarsh entgegen und kehrte an der Spiße der Fahnenkömpagnie nah dem Sthlosse zurück. Später fand daselbst bei Jhren Majestäten anläßlich des Geburts- tages Seiner Majestät des Kaisers von Rußland eine Ea statt, an der der Reichskanzler Fürst von Bülow, der russishe Botschafter Graf von der Osten- Saen, die Herren der russishen Botschaft, die direkten Vor- eseßten und Kommandeure der Truppen, die in Parade ge- Adi hatten, u. A. teilnahmen. Jm Verlaufe der Tafel brachte Seine Majestät der Kaiser die Gesundheit des Kaisers von Rußland aus.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten seßte ree die Debatte über den Vollzug des Reichsvereinsgeseßes fort. Nah d:m Bericht des ,W. T. B.“ führte der Abz. Cafssel- ganze Debatte sei im Grunde über- fissig, da alle mit den Anordrungen, wel@e die bayerische egierung getroffen habe, cinverstanden seien. Bei der Bekämpfung des Reichsvérein8geseßes werde mit maßlosen Uebertreibungen ge- arbeitet; tatsähli® bringe des ganze Geseg für Bayern keine einzige i Ge R Wenn die liberalen Parteien im NReichs- tage das Gefeß abgelehnt hätten, so wären die zahlreihen frei- beitlihen Bestimmungen niemals in ein preußts{ches Vereinsgesehß

mann (liberal) aus, die

-dué nâtionalen Gtünden entstand L 1D eine sonstige Einwirkung stattgefunden, habe der Siaatösefretôr s Inrern bereits zweimal

4 Een E

Der

hineingekommen. ister von Brettreih @klärte im weiteren Verlauf der Situng, der

Sprackenparagraph set lediglich

auf das bestimmteste für unrichtig erklärt. Jugendliche unier 18 Jahren vei zur Beurteilung von Fragen des öffentlihen. Lebens noch nicht in der Lage. Zur Regelüng des Plakatwesens fei die bayerishe Regierung bereit. Die Erlaubnis zum Anschlagen von Plakaten dürfe nur verweigert werden bei Verstößen oes Gesetz, öffentlihe Ordnung und gute Sitte. Bezüglich der Gewerkschaften bleibe alles beim alten. ie bayertsWe Regierung: erachte fie als nicht politis. i i :

Der Gesetzentwurf über den Vollzug des Reichsvereins- geseßes wurde darauf einstimmig angenommen. -

Fn der gentrinen Sihung des Finanzausschusses der Kammer der Abgeordneten kam auf Anregung des Referenten Abg. Dr. Schaedler die Frage des Eigentum- verhältnisses der Walhallä bei Re ur que Sprache. Nach dem Willen König Ludwigs T. sollte die Walhalla dem neuen Deutschen Reiche übergeben werden. Fraglich aber sei, ob das Deutsche Reich, wie es im Jahre 1871. unter Aus\{hluß Oesterreihs gegründet wörden si, dem Reich entsprehe, das König Ludwig im Auge g habe. .

Der Kultusminister Dr. von Wehner erklärte, obiger Quelle zufolge, daß über diese Angelegenheit ein Gutachten des Kronanwalts eingefordert worden, aber noch niht eingelaufen set.

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Oesterxeich-Ungarn.

Das österreihishe Abgeordnetenhaus hat gestern nach längerer Dehatte die Dringlichkeit des Antrages Schraffl und die vom Wéinkulturauss{huß vorgeschlagenen Resolutionen zu Gunsten der von einem Notstande betroffenen weinbautreibenden Beévölkeruñg angenommen. Vor Schluß der Sißung brachte, „W. T. B.“ zufolge, déèr Sozialdemokrat Nemec den vor- gestern abend in Prag auf den böhmischen Sozialdemokraten Sveceny von den Tschechish:-Radikalen unternommenen Ueberfall Ur rate: Mehrere böhmische D gen stürzten ch gegen die Bank, auf der Klofac fich befand, und ver- suchten, auf ihn einzudringen. Es gelang jedoh, Tätlichkeiten zu verhindern. :

Nach einer langen, tumultuosen Szene sprach der Präsident Weiskirhner sein tiefftes Bedauern über den Vorfall sowie darüber aus, daß politische Kämpfe niht mit den Waffen des Geistes au8getragen werden. Er erklärte, den Fall der Obmännerkonferenz unterbreiten zu wollen und än fie zu äppellieren, auf die Klubgenoffen im Sinne des Friedens und der Versöhnung einwirken zu wollen. Der Abg. Klofac erklärte, er sei gègen Feinde stets loyal gewesen; er habe den Vorfall selbst mißbilligt.

Unter dem Vorsiß des Obmanns des Neunerausscusses Sylvester haben gestern abend in Wien die deutshfrei- heitlihen Parteien des Abgeordnetenhauses eine Vollversammlung abgehalteñ, an “der auch die Minister Dr. Derschaita, Dr. Marchet und Prade teilnahmen. Nach längerer Debatte wurde, obiger Quelle zufolge, eine Resolution ein- stimmig angenommen, in der die Entrüstung der Parteien über den von den klerifalen Abgeordneten veranstalteten Ein- bruch iùñ die G L TETL rersität sowie über die Ge- walttätigkeiten der {.; IL | Flen Studenten in Fnns- b ruck ausgesprochen wird,

ver Resolution heißt es weiter : Die Versammlurg feyt volles Vertrauen in den Unterrichts- minister, - er die Freiheit der Wissenschaft {ügen und dem Geseß Achtung verschaffen wird. Den Profefsoren der Hochschulen wird für ihr entshiederies und würtevolles Vorgehen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der Hohshulen der wärmfte Dank ausgesprochen. Die antideutschen Kundgebungen haben fh gestern: abend in Prag bei der deutshen Turnhalle erneuert. Die Demonstranten wurden von der Polizei zästreut und 15 Verhaftungen vorgenommen. ege Jm ungarischen Abgeordnetenhause kündigte gestetn der Landivirtschafisminister Daranyi einen Geseß- entwurf über Parzellierung an, durch den Rentengüter geschaffen und Pachtgenossenschaften gebildet werden sollen, ferner ein Geseg über Landwirtschaftskammern, einen Antrag auf jährlihe Zuwendung von 650 000 Kronen zur örderung der Viehzucht und Weidewirtschaft und hließlih eine Gesegze8vorlage, betreffend die industrielle Verwertung der Wasserkräfte.

Großbritannien und JFrland.

Jin der gestrigen Sißung des Unterhauses bat der Abg. Ashley (Kons.) die Regierung um Mitteilungen über die Fortschritte in den D E zwischen der englischen und russischen Regierung hinsihtlich der mazedonishen Reformen.

In Beantwo1tung der Anfrage teilte der Staatssekretär des Autwätrtigen Amts Sir Edward Grey, laut Bericht des „W. T. B.*, mit, daß die Verhandlungen über einige Punkte noch nicht abgeschlofsen seien. Er könne aber gegenwärtig den Mit- teilungen, die dem Hause bereits vorgelegen bätten, nihts hinzufügen.

Auf die weiteren Fragen Ashleys, ob Gesandte Mulay Hafids im uswärtigen Amt um eine Audienz nachgesuht hätien, und ob es die Absicht der Regierung sei, Mulay Hafid als Sultan anzuerkennen, wenn dier, der bereits Marrakesh in Besiy habe und sih auf dem Wege nah Fes befinde, in Fes seinen Einzug halte, erwiderte der Staatssekretär :

Die erste Frage kônne er verneinen; bezüglih der zweiten könne er nur erklären, daß er niht davon unterrihtet sei, daß irgend ein Ereignis eingetreten sei, welches rechtfertige, daß die Regierung einem derartigen Plan nähertrete.

Frankreich.

Der gestern abgehaltene Ministerrat hat, „W. T. B.“ ufolge, endgültige Vorschriften für den General d’Amade zur Bollenbun der Pazifikation im Gebiete der Schaujas und für den Stnétal yautey wegen der Obliegenheiten des Dber- fommissars beschlossen und ferner, daß die Regierung amtlich an den aus Anlaß des dreihundertjährigen Jubiläums in Quebec stattfindenden Festlichkeiten teilnehmen und vom Parlament Mittel zur Entschädigung der aus den Militär- werkstätten entlassenen Arbeiter verlangen solle.

Jn der Deputiertenkammer interpellierte gestern der Abg. Gauthier de Clagny (Nationalist) wegen der Unterschrift des Ministers Briand unter dem Aufruf der sozialistishen Vereinigung der Loire, der die follekti- vistischen Grundsäße empfiehlt, B

Nah dem Bericht tes „W. T. B." erinnerte der Minifier Briand daran, daß er {on erklärt habe, niemand sei befugt ge- wesen, scine, des Ministers, Unterschrift unter diesen Aufruf zu segen. Schließlih wurde die einfahe Tagesordnung durch Handaufheben ans

Dann nahm die Kammer die Erörterung über die Einz kfommensteuervorlage wieder auf.

Rußland.

Anläßlich der E des Geburtstages des Kaisers Nikolaus fand gestern in Zarskoje Sselo ein Festgottesdienst statt, an dem die Majestäten, die gesamte Kaiserlihe Familie, die Königin von Griechenland, der Großherzog und die Groß- herzogin von Hessen, der rumänische Thronfolger mit Gemählin und der Jnfant Don Pedro von Spanien teilnahmen. Nach dem Gottesdienst fand ein Frühstück ftait, zu dem, „W. T. B.“ ufolge, vom E Korps geladen waren der spanische Botschafter, der grie{hishe und der L esandte, der déutshe Geschäftsträger und der deutsche Militärbèvollmächtigte.

Spanien.

Der Minister des Aeußern Allendesalazar teilt, nah einer Meldung des „W. T. B.“, in einer Note mit, daß der Zwischenfall in Casablanca, wo gelegentlih eines Zu- jammenstoßes mit französischen Soldaten ein in spanischen Diensten stehender Riffsoldat ershossen worden war, beigelegt sei. Die fünf Schuldigen seien verhaftet und den franzöfischen Behörden zur Bestrafung übergeben worden. Sobald der Minister aus Casablanca die nötigen Mitteilungen erhalten haben wird, sollen Beschlüsse gefaßt werden, um die Wieder- fehr derartiger Vorfälle in Zukunft zu verhirtdèrü.

Amerika.

Der amerikanishe Kongreß hat gestern, wie das „W. T. B.“ meldet, einstimmig eine Ges esvorlage, be- treffend die De von anderthalb Millionen Dollars zur Beteiligung Amerikas an der im Jahre 1912 in Tokio stattfindenden Jnternationalen Ausftellung, angenommen.

s Asien.

Ueber die Lage an der russish-persishen Grenze teilt, „W. T. B.“ zufolge, der aus Beljassuwar nah Tifl zurückgekehrte Chef des Grenzbezirks General Schein mit, daß alles ruhig sei, obshon vereinzelte Ueberfälle dur persische Räuber vorkämen, die aber nur zum Zwecke des Viehraubes erfolgten. Die rufssishe, gegenwärtig in der Nähe des Dyman- postens befindliche Strafexpedition habe bisher niht einge- griffen. Der Expeditionshef beshränke sih vorläufig darauf, von den Stammesältesten Schadenersagzleistungen an die Ge- shädigten zu verlangen. /

Wie das „Reutershe Bureau“ aus Naha kki meldet, ist die Brigade des Generals Barretto bis zum Bohoidag- Tale vorgerückt und dabei auf hartnäckigen Widerstand ge- stoßen. Die Verluste des Feindes, der Mann stark war, betrugen 60 Tote. Unter den Anführern befand sich Sirdar Nasr:Ullah-Chan, ein Bruder des Emirs von Afghanistan. Auf britisher Scite sind 29 Mann gefallen.

Afrika.

Wie dem „Temps“ aus Tanger gemeldet wird, ist Mulay Hatid am 16. Mai in Mekines eingetroffen. Einem Londoner lati wird, „W. T. B.“ zufolge, gemeldet, daß auf dem Mars befindlihe Truppen des Sultans Abdul Äsis im Gebiet der Beni Snassen von feindlihen Stämmen in ihrem Vormarsch aufgehalten und E S RLLEEN worden sein sollen. Eine Abordnung Mulay af s soll im Lager einge- troffen sein, um über die Uebergabe der ganzen Streitmacht zu

verhandeln.

Nr. 22 des „Zentralblatts für das Deutsche Reih“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 15 Mai, hat folgenden Snhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennung; Entlassungen; Erxequatur- erteilung; Todesfall. 2) Bankwesen : Status der deutshen Noten- banken Ende April 1908. 3) Polizeiwesen : Ausweisung von Aus- ländern aus dem Reich3gebiet.

Nr. 39 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus- gégeben îm Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 16. Mai, hat folgendén Inhalt: Amtliches: Dienstnachrihten. Nichtamtliches : Karl Schäfer |. Die Erneuerung des Rathauses in Fürstenwalde a. d. Spree. Vermischtes: Girweihung der Hohkönigsburg. Endesche Stiftung. Leins-Stiftung. Wettbewerb um Entwürfe für ein Realgymnasium in Spremberg. X1I. Internationaler Swhiffahrtskongreß 1908. Bücherschau.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle im Deutschen Reiche während des Jahres 1906.

Nah einer im ersten Heft des Jahrgangs 1908 der „Vierteljahr2- hefte zur Statiftik des Deutschen Reichs* hierüber veröffentlichten Statistik wurden währénd des Jahres 1906 in Deutschland 498 990 Ehen ges{lofsen, d. #.- 13084 mebr als während des Vorjahres; von je 10 000 Bewohnern heirateten hiernah im lezten Berichtsjahre 163 gegen nur 158 161,0 161,4 in den drei Vorjahren 1903, 1904 und 1905. Allerdings ist auch die Zahl der Ehescheidungen scit dem Vorjahre um 965 und seit dem Jahre 1900 sogar stetig von 7928 auf 12180, d. i. im Laufe der 6 Jahre um 536% gestiegen; am blutige waren im Verhältnis zu je 100 000 Einwohnern die be- scheidungen in Berlin, wo schon auf je 14 Ebeshließungen eine Ebe- scheidung kam. Was das Lebensalter bei Einçehung der Ehe betrifft, jo standen von den ebeshließerden Männern 28,9 9/9, von den ehbe- schließenden Frauen 56,9 9% im Alter bis zu 25 Jahren, andererseits hatten 2,7 9/6 der ersteren und 1,0 9%%/ der leßteren bei der Eheschließung das 50. Lebensjahr {on zurückgelegt. In einem höheren Lebensalter als die von ihnen geheirateten Frauen standen 71,4 9/6 sämtlicher ehe- shließenden Männer, in der gleihen Altersstufe: 8,8 9/0, mithin in einem jüngeren Leben®alter: 19,8 9/%. ;

Lebendgeboren wurden während des Jahres 19C6 im Deutschen Neiche 2 022 477 Kinder, d. \. 35324 mehr als während des Vor- jahres, darunter 170 020 Kinder außereheliher Abkunft (8,4 %/o der Gesamtzahl). Totgeboren wurden 62262 Kinder, darunter 7040 (11,3 9/6) außerebeliher Abkunft. Es waren somit von je 1090 ehelich geborenen Kindern 29, von je 1000 außereßelich geborenen 40 tot zur Weli gekommen, bezw. als totgeboren angemeldet. Von den 26802 Mehrlingsgeburten waren 26535 Zwillings-, 266 Drilling8ceburten und 1 Vierlingsgeburt, sodaß auf die 2084739 neugeborenen Kinder nur 2059 935 Wöchnerinnen kamen. Das Ver- hältnis der neugeborenen Mädchen zu den Knaben war im ganzen wie 109 : 106.

Gestorben sind i. F. 1906 (aus\{ließlich der Totgeborenen) 1112 202 Personen, d. s. 82112 weniger als im Jahre vorher; die Abrahme war besonders auffällig in den Monaten Januar, Februar, August, Juli und März, wogegen für die Monate Dejemben, Sep- tember und November eine Auliabide der Todesfälle im Vergleich mit dem Vorjahre festgestellt worden ist. Der Geburten-

genommen.

überschuß is für das Deutsche Reih auf 14,9% der Ein-

Goldshmiede die Entwürfe von Shmucksachen

ohnerzahl gegenüber 13,2% im Vorjahre errechnet;

v var in Europa, soweit für das Berihtsjabr 1907 son Bergleihsziffern vorliegen, nur in Dänemark etwas höher {15,1 °/oo). Während des Vorjahres 1905 war der Geburtenübershuß tn Bulgarien (21,9), den Niederlanden (15,5), Rumänien (13,5) und Dänemark (13,3) höher, sonst, foweit Angaben aus 20 Ländern Europas vorliegen, durchweg niedriger als im Deutschen Reiche ge- wesen, z. B. in Frankreich nur 0,9%. Von den 1112202 Ge- storbenen des leßten Berichtsjahres standen 374 636, d. \. 33,7 % der Gesamtizabl, im 1. Lebensjahre und 107 465, d. \. 9,66 9%, im Alter von 1 bis 5 Jahren, andererseits hatten abgesehen von den 315 Gestorbenen unbekannten Alters 312075, d. #. 28,1 von je 100 Gestorbenen, das Alter von 60 Jahren und 61715 (5,55 9/0) das von 80 Jahren überschritten. Von je 100 Bewohnern des Deutschen Reiches, die das am meisten gefahrvolle, erste Lebensjahr iherstanden hatten, find demnach 42 bis 43 (42,4) mindestens 69 Jahre alt geworden, und zwar von je 100 männlichen Personen faum 40, von je 100 weiblihen Personen rund 46.

Was die 374636 im 1. Lebensjahre gestorbenen Kinder betrifft, so war diese Eut um 33363 kleiner als im Vorjahre; 50044 der gestorbenen Säuglinge waren außerehelich geboren, soda auf je 100 ehelich Lebendgeborene 17,5 und auf je 100 außercheli

Wbendgeborene 29,4 Sterbefälle im Säuglingsalter kamen. Im ganzen '

war die Ziffer der Säuglingssterblihkeit 18,5 von je 109 Lebendgeborenen geringerals in jedem der 3 Vorjahre ; innerha[b des Reiches war sie bäbrend des Berichisjahres am höchsten in Reuß j. L. (25,8), demnächst im rechtsrheinischen Bayern (23,6) und in Salhsen- Altenburg (23,2), am niedrigsten in den drei Fürstentümern Waldeck (8,2), S ape (10,8), Lippe O) und innerhalb Preußens in der Provinz Hefsen-Naffau (11,4). it der Lang nage elidteit in außerdeutshen Staaten ist die im Deutschen Reihe nicht wohl vergleihbar, da in mehreren außerdeutshen Ländern, z. B. in Holland, Belgien und Anr, die in den ersten Lebenstagen“ verstorbenen Kinder, falls der Tod innerhalb der festgeseßten Anmeldefrist erfolgt,

häufig zu den Totgeborenen gerechnet werden, während in Deutschland jedes Kind, das geatmet hat, zu den Lebendgeborenen gezählt wird.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Essen wird der „Frkf. Ztg.“ F lagcapd tent: Die im Bau- ewerbe von Rheinland und Westfalen noch bestehenden treitigkeiten find durch einen Schieds\spruch des von den bes

teiligten fünf Organisationen eingeseßten Schiedsgerihts nunmehr endgültig beseitigt worden. Der Sciedsspruh bestimmt u. a., daß

die zusdläge für Ueberstunden, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit sowie ür Arbeiten an geseßlichen Feiertagen in den einzelnen Vertrags- gebieten dieselben bleiben wie bisher. Auch die Arbeitszeit, nah den

Jahreszeiten abgestuft, wird durch den Schiedsspruch festgesetzt.

Um die Aussperrung der Etuiarbeiter in Pforzheim (vgl. Nr. 106 d. Bl ) beilegen zu können, ist, der „Köln. Ztg.“ zufolge, das dortige Sewerbegeriht als Einigungsamt angerufen worden.

Der Ausstand der italienischen Landarbeiter dehnte si, wie die „Frkf. Ztg.*® erfährt, jeßt auch auf einen osen Teil der gens iacenza aus, weil dortige Grundbesißer Ersaßkräfte ins

treikgebiet von Parma gesandt hatten. Dadurch ist die Hoffnung auf baldige Beilegung des Streiks wieder vermindert worden.

In Lille beschlossen, wie ,„W. T. B.* meldet, die Maurer- gehilfen den Gesamtausfland, da die Arbeitgeber die geforderten Lohnerhöhungen abgelehnt bätten.

Kunst und Wissenschaft.

Im Kunstgewerbemuseum sind Schülerarbeiten aus der Königlichen Zeihen-Akademie in Hanau ausgestellt, die unter Leitung des Direktors, Professor Petersen vorwiegend der Goldshmiedekunst dient. Besonders fesseln aus der (U für

n Far org- fältig dargestellt, knüpfen fie an Ueberlieferungen an, berüdsihtigen aber alle Ansprüche der Materialien und zeitgemäßer Formen- auffafung, sodaß sie der heutigen Juwelier- und Goldshmiede- kunst und namentlich ihrer breiteren Produktion mannigfahe An- regung geben können. Wie die Schüler für diese Aufgaben vor- bereitet werden, zeigen die Aufnahmen alter Stücke in Verbindung mit Uebungen im Gedächtniszeichnen, in denen die Phantasie be- fruhtet und dem trägen Kopieren vorgebeugt wird. Daneben sind auh Uebungen für Medaillenschnitt, charaktervoll in Gips geschnitten, ausgestellt. Die Tendenzen des Unterrichts find in einem Aufsaß des Direktors Petersen über moderne Shmuckompositionen erläutert, der in der Aus\tellung an Interessenten abgegeben wird. Die Dauer der Ausstellung is auf 2 bis 3 Wochen berechnet.

Literatur.

Veröffentlihungen des Vereins für Geschihte der Mark Brandenburg. Leipzig, Verlag von Duncker und ptlot. Hardenberg und die ftändishe Opposition 1810/1811. on Dr. Wilhelm Steffens. 1907. 203 S. # 5,60. Hof- und Zentralverwaltung der Mark Brandenburg im Mittelalter. Von Hans Spangenberg. 1908. 548 S. % 14,40 6 Von den beiden vorliegenden Veröffentlihungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg beruht die erstgenannte Abhandlun im wesentlihen auf Akten des Geheimen Staatsarchivs jowie des Märkishen Ständearchivs zu. Berlin. In der Einleitung wird Hardenbergs Stellung zu dem Gedanken einer National- epräsentation in Preußen des näheren erörtert. War Stein der Vater dieses Gedankens, hatte er der Nation als Krönung seines Werkes Reichsstände zugedaht, wirkliche, gewählte Vertreter des Volkes, so hat Hardenberg eine ursprüngliche Abneigung gegen jede râsentativverfassung nie überwunden, fo starken Abwandlungen au seine Ansichten. unterworfen waren. Nationalversammlungen waren in seinen Augen etwas Gefährliches, troßdem wurde in dem Edikt tom 27. Oftober 1810, das sein Finanzyrogramm enthielt, dem breußihen Volk „eine zweckmäßig eingerichtete, Tonsultative tprâsentation, sowohl in den Provingen wie für das Ganze“ tersprohen. Es war das erste Mal, daß eine derartige lage für den gesamten preußishen Staat öffentlich pro- amiert „wurde. Als aber namentlich der Adel seinen Reformen den stärksten Widerstand entgegénseßte, entshloß si Hardenberg im eiember 1810, jeßt wieder auf frühere Ideen zurückgreifend, zur Be- sung von Notabeln. Der Einleitung folgt eine Darstellung der geren Zustände und Vorgänge in Preußen. Das Selbstgefühl des Al s war nah dem Sturz Steins unter dem Ministerium Dohna- tensiein sehr \{chnell wieder gewachsen, seine Jdeen waren auf die lederherstellung des ständishen Staates gerihtet. "Der urgehbeuer- E Faridlag wurde gemacht: um auf ein stärkeres Vertrauen zwischen L Grundbe hern und ten verschiedenen, besonders den Provinzial- udrden binzuwirken, möge man bei der Beseßung der Stellen A fer, wie zur Zeit üblich, das Prinzip der Intelligenz, als das der igkeit in einer Provinz vorwalten lassen. Die kurmärkischen ee zitierten in einer Eingabe an Hardenberg den großen Rezeß b M008, in dem Kurfürst Friedri Wilhelm dies versprochen hatte : ; x wollen in wihtigen Sachen, daran des Landes Gedeihen oder it erd gelegen, ohne Unserer getreuen Landbehörde BVorwifsen und e nichts iQliehen noch vornehmen.“ Die Forderung trat auf, daß ind onarch mit den Ständen über die etwa nötigen Ver- iflieE Sen und Auflagen verhandele und einen Vertrag ab- foebe. Den Geist des alten fstäzdishen Provinzialstaates Meulierte am s@roffsten der Friedersdorfer Gutsherr von der vheih, Ihm war die preußische Monarchie „ein Zusammen- L ges aus vielen an Gesezen und Sewohnheiten höchst us serenen Provinzen“ ohne Aussicht, jemals eine Nation zu werden. für polen Anschauungen heraus wurde ein einheitlihes Steuersytem bine én ganzen Staat verworfen; es sollte nah den einzelnen Pro- n verschieden. sein, Nach diesen Ausführungen über die politischen

Forderungen des Adels geht der Verfasser die einzelnen Provinzen durch. Zu den Deputierten, die von den westpreußishen Gutsherren nach Berlin entsandt wurden, um dort Eiuspruch- gegen das neue Steuersystem zu erheben, gehörte der Landshaftsdirektor

Hippel, der dann von Hardenberg Ende Dezember 1810 zur Notabelnversammlung berufen und ein Jahr darauf als vortragender Rat in den Staatsdienst gezogen wurde. Er îst in der Geschichte dadurch bekannt, daß er 1813 bei der Abfassung des Aufrufs An mein Volk“ mitwirkte. Den stärksten Widerstand leistete der fkur- märfishe Adel, dessen Deputierte fich in Berlin in einer landtag- ähnlihen, Versammlung. vereinigten. Für ihre Anschauungen ist es bezeihnend, daß z. B. ein neumärkischer Deputierter erklärte, die Neumark s\ci eine Provinz für sih und könne dergestalt S nit in ihrer Befugnis, überall und ohne Gegenftimmung anderer Provinzen ihr Bestes ‘wahrzunehmen, beschränken lassen. Die hervorragendsten Mitglieder der kurmärkishen Deputierten fowie der Kurmärker unter den Notabeln werden einer besonderen Betrahtung unterzogen, am eingehendsten der bekannte spätere Generalleutnant v. d. Marwit. Von den Deputierten, die in den Provinzen von den Ständen gewählt wurden, find zu untersheiden diejenigen Männer, die von der Staatsregierung aus dem ganzen Land berufen wurden, die sogenannten „Notabeln“. Allerdings war auch in dieser Versammlung der Adel zahlrei vertreten; von 64 Mitgliedern ge- börten ihm 30 an. Manche Deputierte wurden noch nachträglih zu Notabeln ernannt, und {hon daran läßt si ermessen, wie weit Hardenberg vor der ständishen Bewegung zurückwih. Immerhin war es do, wie der Verfasser hervorhebt, ein bedeutungsvoller Augenblick in der Geschihte des preußishen Staates, als hier zum ersten Male seit dem Bestehen des Gemeinwesens- Vertreter der Hauptberufs\stände aus allen Provinzen zusammentraten, um die Regierung bei der Wahl der Hilf8mittel, die der Not des Landes steuern sollten, zu beraten. Die Eröffnungsrede Hardenbergs am 23. Februar 1811, die Aufgaben der Versammlung und ihre Geschäftsordnung, ihre Bedeutung für die Verfafsungéfrage, ihr Unterschied von den französishen Notabeln, die 24 Jahre vorber zusammengetreten waren, wird Punkt für Punkt untersucht. In dem zweiten Abschnitt erörtert der Verfasser die Frage, wieweit die Reformpläne denbergs dur die Opposition det Stände umgestaltet wurden; er scheidet Hardenbergs Entwürfe nah den beiden großen Gesichtspunkten einer Agrar- und einer Finanz- reform. In dem Cdikt über die Regelung der gutsherrlihen und bäuer- lien Verhältnisse vom 14. September 1811 war zwar der Grundgedanke der Neform seitgehglien, Eigentumsverleihung und Ablösbarkeit der Dienste und Servituten war geseßlich ausgesprohen, aber die Ausführungebestimmungen warkn den Gutsherren derart günstig, daß sih die Besißzverhältnifse tatsählich nur wenig vershoben. In der noch heute geltenden Gesindeordnung vom *8. November 1810 blieb allerdings die Regierung allen Einwendungen gegenüber fest. Un- geachtet der heftigen Klagen über die Auflösung patriarhalisher Bande wurde das Verhältnis zwischen Herrschaft und Gesinde auf den Begriff des Vertrages gegründet. Nachdeur Hardenberg bereits im Finanzedikt vom 27. Oktober 1810 völlige Gewerbefreiheit ver- kündet batte, Ticeß er am 2. November das Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer folgen. Den Gutsherren wurden aber in dem Edikt vom 7. September 1811. besondere Zugeständnisse gemacht. Das Recht, zum Absaß an Andere zu brauen, und das Recht, Branntwein zu brennen, verblieb auf dem Lande den bisherigen Besigern. Eine Ausdehnung der Grundsteuer auf die ganze Monarchie nah gleihförmigen Grundsäßen unterblieb. Die Verfassungsfrage war in der Notabelnversammlung gar nicht zur Diskussion Gestellt worder, und die Schuld daran, daß diese Angelegenheit troß wieder- bolter Versprehungen nicht erledigt wurde, mißt der Verfafser haupt- AUY Hardenberg bei, der sich mit dem Gedanken der Volksvertretung nicht babe befreunden können. Jn einer Schlußbetrahtung gibt der Verfasser eine Gesamtwürdigung Hardenbergs, indem er den Nahdruck f des Srobe und Bleibende legt, das er nach Steins Rücktritt geschaffen ha

In der Schrift „Hof- und Zentralverwaltung der Mark Branden- burg“ sucht Hans Spangenberg eine Lücke der bisherigen Forshung auszufüllen. Er bemerkt im Vorwort, die bekannten Werke über die Geschichte des Beamtentums und der Verwaltung des preußishen Staates gäben nur knappe Uebersichten über die Anfänge der Ent- wicklung. Gründlihe und erfolgreiße Bearbeitung habe nur das Gerihtswesen gefunden, sonst habe sich fast überall, besonders für das weite Gebiet der Finanzverwaltung, der Mangel zuverlässiger Einzel- forschung fühlbar gemaht. Indem er in der Einleitung eine Uebersicht über die Quellen gibt, führt er aus, daß ein rihtiges Bild von der Gntftehung und Zusammenseßung des Rats und seinem Verhältnis zum Landesberrn und zu den Ständen nur dadur gewonnen werden könne, daß in den urkundlihen Konsensvermerken und Zeugenreihen, die in engem Zusammenhang zu einander \tänden, der Mitwirkung des Nats gedaht werde. Für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts ift eine unshäßbare Quelle Karls IV. um 1375 entstandenes Landbuh der Mark Brandenburg, eine großartig angelegte, amtlih statistische Aufnahme über die Einnahmen des Markgrafen, den gesamten, nit nur landesherrlihen Grundbesiß, seine Leistungen und Abgaben. Die sodann vermutlich zum Zweck der Steuerveranlagung aufgenommenen «Schcßregister der mittelmärkishen Kreise aus den Jahren 1450, 1451 1480 und 1481“ hat bereits Friedrihs des Großen Minister von Herzberg in seiner Ausgabe des Landbuhs (1781) veröffentliht. Der Verfasser betrahtet dann die Zentralverwaltung zunähst nah ihrer Organisation (der Markgraf und das neue Beamtentum, der Rat, die Kanzlei), sodann nach ihren Funktionen (Justizverwaltung, Finanzwesen, Heer- wesen). Es ist unmögli, die gewaltige Summe von Arbeit, die in diesen Untersuchungen fteckt, im einzelnen zu zergliedern, jedenfalls ist die Kenntnis der mittelalterlihen brandenburgishen Geshihte von n Verfasser des vorliegenden Buches ganz wesentlich gefördert worden.

Aus Kanzlei und Kammer. Erörterungen zur Kurtalen Hof- und Verwaltungsgeshihte im 13., 14. und 15. Jahrhundert. Von Paul Maria Baumgarten. Bullatores. Taxatores domorum. Cursores. Freiburg im Breisgau. Herdershe Verlags- handlung. 1907. gr. (XVIII und 412). 20 4. Der Verfasser des vorliegenden Buches gehört zu denen, die die wihtigste Aufgabe der mittelalterlihen Kirchengeshihte in der eingehenden Erforshung der kurialen Verwaltung sehen; sein großer Band über die Camera Collegii Cardinalium, der 1898 ¡um Ab\chluß gelangte, gibt die Richtung an, in der sih seine Forschungen bewegen. In dem neuesten Werk legt er vor, was er in den vatikanishen Beständen über die Siegel- beamten, die Bullatores, ermittelt hat. Er erörtert zunächst Titel und Zahl dieser wichtigen Kanzleibeamten und gibt ein zeitlih ge- ordnetes Verzeichnis von ihnen für das 14. und 15. Jahrhundert. Die anderen Abschnitte behandeln die Familie (= Dienerschaft) der Bullatoren, ihre Ernennung und Vereidigung, die Ausstattung des Siegelamts, die Stempel schneider, die Vernihtung des Namensstempels nah dem Tode des Papstes, den Gebrauch der Bulla defectiva vor der Krönung eines Papstes, die Besiegelung und Auslieferung der Urkunden hierbei s{ildert er das collegium cursorum der päpst- lien Boten —, die Geldangelegeneiten des Siegelamts, die außer- gewöhrlihe Tätigkeit der Bullatoren und ihre Privilegien. Die Be- bandlung der Miet3zahlungen für die Bullarie führte den Verfasser zu der Frage, wie überhaupt das kfuriale Wohnungswesen eingerichtet war. Die päpstlihen Beamten, die mit seiner Regelung betraut waren, hießen taxatores domorum: fo erflärt fich die Beifügung dieses Stichworts auf dem Titel. Die Tätigkeit der cursores wie der taxa- tores domorum hat der Verfasser zwar nur nebenher, aber doch in den Grundlinien zum ersten Male gezeihnet. Auch sonst hat er mancherlei von dem, was ißm der Kenntnis wert s{chien- ohne daß es unbedingt in den Gang der Untersuchung hineingehörte, den einzelnen Abschnitten eingefügt und deshalb dem Buch den umfassenden Obertitel „Aus Kanzlei und Kammer“ gegeben. In dem Anhang sind die Urkunden mitgeteilt; angehängt ist ein chronologishes Verzeichnis aller im Text vorkommenden Urkunden und Handschriftenauszüge. Auf das umfangreihe Register folgen die Listen der im Text vorkommenden

Päpste, Kardinäle ünd Hofbeamten sowie der Verwaltungsbeamten im inneren und äußeren Dienst der Kurie.

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j Mangel

Land- und Forstwirtschaft. Ueber Eselzucht und Eselhaltung-in Deutschland

veröffentlidt Dr. Ernst deker- Lehrte in den . „Mitteilungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellshaft" einen beahtenswerten Seitrag, dem die folgenden Ausführungen entnommen feien.

Wenn die Frage der Einführung einer Maultierzuht in Deutsch- [and zur Befriedigung bestimmter Besyannungsbedürfnisse erwogen ift, so können für die Einführung einer deutshen E}elzuht noch umfassendere Gründe beigebraht werden. Wiederholt {on ist dafür eingetreten worden, Esel als Ersaß von Hunden vor kleinen Fuhrwerken zu ver- wenden, freilich mit geringem Erfolg, 4 des Mangels einer eigenen deutshen Zucht, deren Fehlen eben die Beshaffung umständlich und teuer mat. Eine ungleih wihtigere Frage ift die Verwendung von Eseln in Gemüsebau- und anderen Kleinbetrieben. Aber au hier \heitert die imeck mäßige Einführung an der \{chwierigen Be- shaffung8möglihkeit gerade für unsere Verhältnisse geeigneter Vertreter dieser genügsamen und ausdauernden Zugviehklaffe. Nachdem jz. B. für das bekannte Gemüsebaugebiet hei Bardowiek (Hannover) eine. größere Anzahl Esel eingeführt war, hat man {ließlich nach Verlauf von mehreren J

andere, Gegenden laffen sich ähnlihe vergeblihe Versuche anführen, Versuche, die nur mißlangen, weil stets der Ersatz shwierig bleiben mußte, da man auf ganz gelegentlihe Einfuhr oder auf die Einfuhr mit bestimmtem Auftrag bei in beiden Fällen teurem Preise angewiesen war, wobet hinzukam, daß außerordentlich ungleiGmäßiges Material geliefert wurde. Denn unter den Eseln gibt e3 ebenso große Unterschiede, wie unter den Pferden, und das ift bei der geringen Bekanntschaft mit jenem Zugvieh in Deutschland wobl besonders hervorzuheben. y

Gegen die Zweckmäßigkeit der Verwendung von Eseln in Deutsch- land spriht also durhaus nit die Zahl der vergeblihen Versuche. Es darf dabei ferner niht vergefsen werden, daß \ih die Einfuhr von leihten Pferden immer mehr hob und daß dadur diese Art Pferde den Käufern immer mehr zugänglih wurde, während die Be- shafung von Eseln mehr und mehr werung erfuhr. Unter diesen Gesichttpunkten ift auch die Abnahme von Eseln im Laufe der leßten Jahrzehnte in Deutschland zu betrachten. Während in Preußen bei der Zählung vom 10. Januar 1873 noch 8774 Esel sowie 934 Maultiere und Maulesel bei einem Pferdebestande von 2 278 724 gezählt wurden, war die Zahl der Esel am 1. Dezember 1900 auf 4674 gesunken, die Zahl der Maultiere und Maulesel betrug nur noch 351, die Zahl der Pferde war auf 2923 627 gestiegen. Für Deutshland würde siherlich der Vergleichß ein ähnlihes Ergebnis haben, leider stehen dafür keine zusammenfaßbaren Zahlen bezüglich dieser Tierart zur Verfügung.

Seit 1885 hat \ihch die Zahl der in Deutschland eingeführten Pferde annähernd verdoppelt, einen besonders großen Anteil nehmen dabei immer mehr die Russen ein, welche fast die Hälfte der ganzen Jahreseinfuhr ausmachen. Die Billigkeit der russishen Pferde macht die Nachfrage fo groß, und da Deutschland kleine Pferde nicht jo billig erzeugen kann wie Rußland, sind wir auf wachsende Einfuhr zunächst angewiesen. Deutschland wäre aber imstande, Esel in erheb- liher Menge als teilweisen oder {ließlich vollständigen Ersatz dieser russishen Pferde zu zühten, und das könnte nur als erwünsht be- zeichnet werden. Für die erste Einrihtung einer deutshen Eselzucht wird aber unbedingt die Hilfe ftaatliher Organe nötig sein.

In den alten Kulturländern einer subtropishen Zone bedingten Wasfser- und Bodenverhältnifse nah dem Aufgeben der Weidewirtschaft meist eine gartenmäßige Bodenkultur, während in der gemäßigten Bone der in den Einzelflähen umfangreihere Feldbau eintrat und

ier erst mit der stärkeren Besiedelung zu eingesprengten kleineren Gartenbauflächen führte. Jene ausgedehnte gartenmäßige Boden- kultur gebraußte ein genügsames, ohne viel Kornfutter zu er- nährendes Last- und Zugtier, und fo wurde dort der Esel austier. Bei uns in Deutschland hat nun unter dem influfsse der wirtshaftlißhen und sozialen Entwicklung der leßten 25 Jahre der gartenmäßige Anbau immer größere Flächen eingenommen und wird vorausfihtlich noch erheblich an Umfang zu- nehmen. Für diese Bodennußung kommt der Esel auch bei uns in Deutschland jeßt als Zugtier in Betracht. Die leihten Pferde, welche N werden müfsen, verteuern nur unnötig die Arbeit vieler [einbetriebe, und felbst in Mittel- und Großbetrieben mit Gemüsebau, Milchfuhren usw. if der Esel, wie Beispiele genügend zeigen, mit Vorteil zu gebrauhen. Klimatishe Verhältnisse verbieten keines- wegs, wie oft gemeint wird, die Zuht und Haltung des Esels in Deutschland, das beweisen Oesfterreih-Ungarn, die Schweiz und ere. Mit der Steigerung und den Fortschritten der Garten- ultur in den subtropischen Ländern und den deshalb wachsenden An- sprüchen an die Fortshaffung von Früchten und Waren wurde dort das gleich anspruchslole, stärkere Maultier verwandt. Wenn dfe Haltung und Zucht von Maultieren auch bei uns erörtert ist, so würde fie ebenfalls erft eine feste Grundlage in einer heimischen Eselzucht finden können. Im allgemeinen würden wir Esel für kleinere Fuhrwerke züchten; wenn sie etwas stärker werden, als die heute meist eingeführten, so wird die Nachfrage um fo größer sein. Besonders gute Eselhengste aus dieser heimishen Zucht würden der Maultierzuht als vollständig eingebürgert besser dienen können, als eingeführte.

Auch würde die Einführung einer deutshen Eselzuht s{chließlich für die Bestrebungen der inneren Kolonisation von Wert sein. Denn kommt auch noch immer das Rind in Kleinwirtshaften als Zugtier zur Verwendung, so wird do in vielen Gemüsebau- und anderen Kleinbetrieben aus bestimmten, zwingenden Gründen (Zufuhr ¡u den Marktpläßen usw.) immer mehr auf das Pferd zurückgegriffen, für das aber voll und ganz ein heimis{er Esel an die Stelle treten könnte, dessen Haltung wesentlihe Ersparnisse bringen würde.

Der Stammbvater unseres Hausesels is der in Afrika in zwei Lokalshlägen vorkommende Wildesel; Equus africanus bewohnt die nördlichen Teile des mittleren Ostafrikas von Hochnubien bis an das Rote Meer, Equus somalicus das Somaliland. Erstere Unterart ist hell-graulih-gelb, unten heller mit einem \{chwarzen Schulter- und einem von diesem rückwärts laufenden Rückenstreifen. Der Somali-Esel, auch Maskatesel genannt, is größer, mit bängender Mähne ohne Sghulter- und mit nur {wachen Rücenstreifen. Die Beine haben viele und deutliche dunkle Querringe. Die Bedeutung des Esels wird nirgends mehr gewürdigt als in dem dunklen Erdteil. Das zeigen auch die Nach- weisungen über den Viehbestand in Deut \ch-Südwe stafrika, die der Jahresbericht über die Entwicklung der Schutgebiete in Afrika und der Südsee im Jahre 1906/07 enthält. Jn den Verwaltungsbezirken Grootfontein, Outjo, Omaruru, Karibib, Dana Gobabis, Windhuk, Rehoboth, Gibeon, Keetmanshoop, Warmbad, Lüderitz- buht und Swakopmund sind im Jahre 1907 3119 Pferde gezählt, davon 978 in Militärbesiß, gegenüber 5265 Stück im Jahre 1903. Esel wurden im Jahre 1907 2155 gezählt, davon 1630 in Purivatbesiß, gegen 899 im Jahre 1903; unter den Eseln, die fih bis auf zwei Stük im Besitze von Weißen befanden, wurden 237 Hengste, 514 Stuten und 79 Fohlen sowie 438 Wallahe festgestellt, bezüglih des Restes fehlt die Angabe des Geschletes. Gegenüber der erheblihen Abnahme der Pferde zeigt sch also eine grobe Vermehrung der Esel, ebenso eine ganz außerordent- ihe Zunahme der Maultiere, mit denen leider die chwächeren Maulesel zusammengezählt sind. Maultiere und Maulesel ver- mehrten sih nämlich von 88 Stück im Jahre 1903 auf 5450 Stück im Jahre 1907. Davon kamen die meisten, nämlich 4216, auf Militärbesißy. Daß unter ben verschiedenen Arten des Faul auch Abkömmlinge vom asiatisGen Wildesel, dem Kulan, nd, wird niht angenommen. Jn Europa sind Großbritannien, BrankreiW, Spanien und Jtalien eselzühtende Länder; in Oester- reih-Ungarn (Istrien) if mit gutem Erfolge versuht, den kleinen istrianer Esel durch Zuführung von italienischem Blut größer und [leiftungsfähiger zu machen, Jn Nordeuropa is der Esel aus an Zuchtfiättea vollständig entartet und in vielen Gegenden beinahe ausgestotrben. Die nach Deutschland einge-

ahren doch wieder auf leihte Pferde namentlich russischer Herkunft zurückgreifen müssen. Für viele -

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