1908 / 285 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Dec 1908 18:00:01 GMT) scan diff

vorgehoben, daß jedes der Bänden der Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt“, dauerhaft in Leinwand gebunden, nur 1,25 46 kostet. ÎIn der ebenfalls rühmlithst bekannten Sammlung „Wissen- haft und Bildung“, Einzeldarstellungen aus allen Gebieten des ifsens, herausgegeben vom Privatdozenten Dr. Paul Herre (Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig) liegt gleichfalls eine ganze Reihe neuer Bände vor. Im 33. gibt Friedri Lienbard unter dem Titel „Das klassishe Weimar“ eine Zusammenfassung alles dessen, was er in seiner bekannten Samm- îung „Wege nah Weimar*® eingehender behandelt hat. Er läßt uns die ganze: klassishe Epoche mit ihrer Vorbereitung und Weiter- entwicklung miterleben. Als Vorbereiter gelten Friedri der Große, Klopstock, Lessing und, zur Epoche hinüberleitend, Herder. Nicht außer att gelassen ist aber auch Kant, dessen Au namentli auf Schiller gezeigt wird. Die Hauptabschnitte behandeln „Weimar aus der Vogelshau*“ und „Schiller “und Goethe“. Ein leßtes Kapitel „Klassisher Idealismus der Zukunft“ führt in die Gegenwart hinüber. Im Band 39 behandelt der Pro- fessor an der Universität Heidelberg Dr. Niebergall „Die evangelishe Kirche und ihre Reformen“. Das Gefühl von einer Reformbedürftigkeit der evangelischen Kirche im Innern wie im Aeußern if in weiten Schichten der evangelischen Bevölkerung überaus lebendig. Das unter dem Gefühl der außer- ordentlihen Wichtigkeit der Frage mit Sachkenntnis, Wärme und ¡ugleich mit Mäßigung Elen Büchlein des Heidelberger Theologen dürfte in diesen Kreisen auf Interesse rechnen dürfen. Im Band 60 behandelt der Lroliser an der Universität Heidelberg Dr. L Sütterlin „Die LeYte von der Lautbildung“, im Band 38 der Professor Dr. Hippolyt Haas-Kiel „Die vul- kanishen Gewalten der Erde und ihre Erscheinungen“. Jedes ter Büchlein kostet 1, bezw. gebunden 1,25 H.

Verkehrsanfstalten.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die heute nachmittag um 6 Uhr in Berlin fällige Post aus Frankreich infolge Nebels in Belgien und Frankreich ausgeblieben.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus.

Zwei sehr ungleihartige und ungleihwertige Werke erfuhren Erstaufführung: Leo

estern im Königlihen Opernhause ihre C lech3 einaktige komishe Oper „Versiegelt“ und „La abanera , Oper in drei Akten von Raoul Laparre. Leo

lechs Oper, deren Text von Battka und Pordes-Milo eine Bearbeî- tung von Raupachs einst viel gespielter Pofie „Der versiegelte Bürger- meister* darstellt, ist ein liebenswürdiges Werk von harmloser Heiter- keit, das auch musikalish gefällig und anspruchslos auftritt. Die Komik der Situation ergibt sih aus dem Umstand, daß der einer jungen Witwe den Hof machende Bürgermeister eines S!ädtchens sich in der Wohnung der Witwe in einem Schrank verbirgt, der unmittelbar darauf von dem Ratsdiener gepfändet wird. In dieser Lage muß er ih zunächst dazu verstehen, der Verbindung seiner Tochter mit dem jungen Natsschreiber Bertel seinen väterlichen Segen zu geben, und zum zweiten, fich dazu bequemen, in allen Ehren um die Hand der Witwe anzuhalten. Aus seiner unfreiwilligen Haft befreit, foppt er dann selbst diejenigen, die ihn noch in dem Shrank vermuten, vor allen den findigen Nats- diener, indem er seine Tobter und den Ratsschreiber darin verbirgt. Die Blehshe Veusik hat zwar keine stark persönliche Note Mojart, Lorßing, Rossini und Wagner find ihre Vor- bilder aber man darf sie im besten Sinne eflektis{ch nennen. Sie tändelt und tänzelt lahend einher, macht zuweilen bei ein-m liedartigen Satze, einem ernsteren Liebesduett Nast, um dann im Eiltempo der Posse weiterzuhüpfen. Eine ganz vors treffliche Aufführung unter des Komponisten eigener Leitung kam ihr sehr zustatten. Herr Hoffmann als Bürgermeister, Fräulein Hempel als lustige Witwe, Herr Kirchhoff, dessen humoristishe Ader bei dieser Gelegenheit entdeckt wurde, als Bertel, Fräulein Dietrich als seine Braut, Herr Knüpfer als zungenfertiger Iatsdiener u. a. bildeten ein gesanglih und darstellerisch ungemein flottes Ensemble und erftritten dem Werke einen vollen, Dauer verheißenden Erfo!g.

Dieser blieb der ¡weiten Gabe des Abends, dem Musikdrama „Habanera* des Franzosen Raoul Laparre, das zu Anfang dieses Jahres in Paris außerordentlich gefallen haben soll, gänzlich versagt ; ja, es erfuhr bier sogar eine sehr nahdrücklihe Ablehnung. Der Inhalt des Werkes, dessen Text ebenfalls von dem Kombponisten herrührt, bildet eine teils blutrünstig-realistishe, teils mystish-gespenstishe castilianische Dorfgeshihte. Ramon erftiht seinen Nebenbuhler und Bruder, den Bräutigam der von ihm geliebten Pilar. Die Tat bleibt unentdeckt. Aber das Gewissen läßt den Mörder niht ruhen, allerhand Spukhaftes be- unruhigt ihn, überall glaubt er die Stimme Pedros zu vernehmen, dessen Geist dann erscheint, um ihm zu künden, daß er Pilar zu fih ins Grab ziehen werde, wenn er, Ramon, seine Bluttat nicht bekenne. Da Ramon verstockt bleibt, erfüllt sich der Fluh. Am Jahrestage des Mordes finkt Pilar, wie von unsihtbarer Hand niedergeftreckt, am Grabe Pedros tot nieder, während Ramon felbst in Wahnsinn verfällt. Diese an fich wenig shmackhafte, in ihrer Absichtlichkeit

Theater. Königliche Schauspiele. Freitag:

haus. Mittags 12 Uhr: Symphoniematinee. Abends 74 Uhr: 4. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle. Ein Theaterbillettverkauf

det te nicht ftatt. finde Ae pielhaus. 271. Abonnementsvorstellung.

Die Welt, in der man fich langweilt. Lust- spiel in 3 Aufzügen von Edouard Pailleron, über- seßt von Emerich von Bukovics. Regie: Herr Regisseur Keßler. Anfang 7f Uhr. Sonnabend: Opernhaus. 257. Abonnements- | frefser. vorstellung. Verfiegelt. Komische Oper in einem Akt nach Rauppah von Richard Baika und Pordes- Milo. Musik von Leo Blech. La Habanera. Dper in drei Akten. Text und Musik von Raoul . (Gewöhnlihe Preise.) Anfang 74 Uhr. Sauspielhaus. 272. “Abonnementsvorstellung.

Caesar.

Ernft von Wildenbruch. Anfang 7f Uhr.

Neues Operntheater. Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Auf Allerhöchsien Befehl: Zweite Vor- ftelung für die Berliner Arbeiterschaft: Minua von Barnhelm. Die Billette werden dur die Zentralstelle für Volkswohlfahrt nur an Arbeiterverèine, Fabriken usw. abgegeben. kauf an einzelne Personen findet niht statt. Abends 8 Uhr: 144, Billetreservésay. Dienst- und Freiplätze sind aufgehoben. Johann vou Paris.

de la Barc

Deutsches Theater. Freitag: Revolution | Charlottenburg. Freitag, Abends 8 Uhr: Die in Krähwinkel. Anfang 74 übr. E M Es willingsschwester. spiel in vier Aufzügen von E E m s r: Treulieb un udw a. erte Waundberhold. N Abends 74 Uhr: Revolution in | Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der schwarze N Ö N Krähwiukel. Kavalier. Philharmonie. Freitag, Sonntag, Nahmittags 3 Uhr: Die Braut vou | 2 Elitekonzert Kammerspiele. Mesfina. Abends 8 Uhr: Die Jungfrau von |“* a reitag: Dex Arzt am Scheidewege. Anfang | Orleans. Singakademie. Freitag, Abends 8 Uhr:

8 Uhr. Sonnabend: Zum ersten Male: Niemaud weif es.

nit einmal grufelig wirkende Handlung, die nach dem Nationaltanz im beiteren Teil des ersten Aktes benannt ist, dessen Weise später in allen möglichen ragilhen und verzerrten Varianten wiederkehrt, wird durch die Musik in keine höhere Sphäre erhoben. Ste mutet wie ein Rückfall in die \{limmsten Zeiten des Verismo mit seinen grellen und rohen Effekten an und ließ, da diese Wirkungen peeit gar völlig kalt. Diesmal hat das Publikum einen Wahrspruch gefällt, dem. die Kritik nihts hinzu- zufügen hat. Schade nur um die Mühe der Einstudierung und um die \chône und charakteristische Ausstattung, besonders des ersten und zweiten Aktes; Frau Plaichinger (Pilar), die Herren Bischoff (Ramon), Grüning (Pedro) u. a. seyten ihre besle Kraft vergebens für das Musikdrama ein, das gar keinen Beifall zu erringen vermochte.

Deutsches Theater.

Einen Blick in die geheimnisvolle Zauberwelt ließ Elisabeth Weirauch, eine junge, talentvolle Dichterin, ihr großes und kleines Publikum gestern in einer von den Mitgliedern des Deutschen Theaters um wohltätigen Zweck veranstalteten Nachmittagsvorstellung tun.

ufgeführt wurde zum ersten Male das Weihnahtémärchen „LTreu- lieb. und Wunderhold“. Die Heldin des Stückes, eine: liebliche Prinzessin, der kein Wunsh in ihrem Leben bisher unerfüllt geblieben war, wünshte sch in der Launen Uebermut en lich den Silbermond vom Himmelszelte. Sie wurde tief traurig und kein Lachen erhellte mehr ihr Angesicht. als ihr dieser Wunsch unerfüllt bleiben sollte. Da ließ der König, ihr Vater, bekannt geben, er werde dem, der seinem Kinde den Mond bringe und es wieder frohgemut mache, die Hälfte seines Königreichs geben. Treulieb, der Prinzessin Page, zieht vun aus, den Mond zu holen. Zu Hexen, Nixen und Riesen, duch Rosengärten und Zauber- wälder führt sein Weg. Die wunderbaren Erlebnisse der Fahrt werden in den 8 Bildern des Märchenspiels e!ndrucksvoll, von poetishem Haute durchdrungen, in geshickt erfundenen, abwechslungsreihen und lebensfrishen Szenen vorgeführt. Schließlih geleiten dann die guten Weihnachtsgeister den müden Wanderer wieder nas Hause und bescheren ihn der Prinzessin Wunderhold, in einer Weihnachts- kiste wohlverpadt, zum Festabend. Sie nimmt ihn, den sie hon lange liebte, auch ohne den ersehnten Mond mit tausend Freuden auf, die ihr das sonnige Lächeln wieder auf das Antliy ¡aubein. Die Inhaber der beiden Titelrollen, die Damen Höflich und Eibenshüß, waren trefflihe Vertreter ihrer Märchenfiguren, ebenso verstanden es aber au die andern zahlrés{hen Mitwirkenden, si in den Geist der tale Dichtung zu? versenken. So u. a. die Damen: Müller (Königin), Kurz (Hexe), Schlüter (erste Nixe), Wangel (Riesentochter), sowie die Herren von Winterstein (Riese) und Tiedtke (König). Die Dekorationen waren gleihfalls äußerst stimmungtévoll, namentli der lébentgrüne Tannenwald im 7. Bilde. Das Stück wurde von Groß und Klein nit großem Beifall aufgenommen.

Im Königlihen Opernhause findet morgen, Mittags 12 Übr, die! Symphoniematinee, Abends 74 Uhr das 4. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdtrektors Dr. Strauß statt.

Im Königlihen Schauspielhause wird morgen das Pailleronshe Lustspiel „Die Welt, in der man sih langweilt“, mit den Herren Vollmer, Sommerstorf, Patry, Vallentin, Molenar, Egzeling, Zeisler, Werrack und den Damen Buyze, Abih, Eschborn, Arnftädt, Steinsieck, von Mayburg, Wienrich und von Arnauld in den Hauptrollen, wiederholt.

Mannigfaltiges. Ber lin, 3..Dezember 1908.

Im Salon Cassirer fand am Montag ein vom Verein für Run veranstalteter Vortragsabend stait, an dem der dänische Schriftsteller Dr. Karl Larsen über „Krieg und Menschen“ sprach Er stellte an der Hand von A Os und Originalbrtefen die Eindrücke und Gesinnungen fest, die in allen Schichten der dänischen Bevölkerung währeud des legten Krieges 1864 herrschten. Er erörterte die brieflihen Aeußerungen von Kombattanten und Nichtkämpfenden, einsließlich der Frauen, im psyologischen Sinne, um zu dem Schluß zu gelangen, daß bei der Mehrzahl das National ‘fühl binter das der Sclbsterhaltung tritt. Der stark ausgebildete Familiensinn der nordishen Völker läßt den Kompagniehef fich nah

den Seinen sehnen: „als Soldat sollte man nicht verhetratet scin*,

heißt es in einem Briefe des Offiziers. Die Großmutter warnt den Enkel: „hüte Dich vor den Kugeln“. Sie alle fassen den Krieg als notwendiges Ucbel auf. Der Redner gab in kleinen Miniatur- gemälden ein Bild des Volktempfindens. Auch beleuchtete er das Berbältnis der Bevölkerung ¡um Feinde sowie das der kämpfenden Gegner, das er als relativ gut und niht von Haß durchdrungen

hinstellte.

Ein neuer Lavaerguß des Vulkans auf Sawaii (Deutsh-Samoa). Na einem Beriht des Souvernements hat ich im September d. I. ein neuer Lavastrom in der Richtung auf das Dorf Samelaeulu zu ergofsen, er hat jedoch eiwa 25 m

vor dem Dorfe Halt gemacht. Dle Bewohner räumten ihre äuser und sind auf das östlihe Ufer des dort befindlichen Baches übergesiedelt. Verwüstungen konnte der neue Lavaerguß verhältnit- mäßig wenig anrichten, da er der Hauptsache nah einem alten Lava- strom folgte und diesen zum Teil überdeckte.

Essen a. R., 3. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge- meldet: Gestern, am 2. Dezember, Abends 10 Uhr 42 Minuten, entgleiste auf der Strecke von Mülheim-Ruhr —Styrum nah Duisburg in der Nähèé des ersteren Bahnhofs von dem Berlin—Cölner Schnellzug D 22 die zweite Lokomotive und der. Packwagen aus bisher unbekannter Ursahe. Die übrigen Fahrzeuge blieben auf dem Eleise. ersonen sind nicht verletzt worden. Die Personen- und der Speisewagen wurden nach Bahnhof Styrum zurückgeholt und, da beide Gleise gesperrt waren, über Oberhausen nach Duisburg geleitet. Das Gleis Duis- burg—Styrum ist von 6 Uhr früh fahrbar geworden, das andere wird im Laufe des Vormittags betriebsfähig werden.

Lissabon, 2. Dezember. (W. T. B.) Aus Tavira in der rovinz Algarve werden dente Stürme, verbunden mit Regen und

agelshlog, gemeldet, die Ueber schwemmungen bis zu einem Meter Höhe verursachten, sodaß der Eisenbahnverkehr gestört wurde und verschiedene Gebäude einstürzten. Zwei Menschen sind umgekommen.

__ Brüssel, 2. Dezember. (W. T. B.) Ja der heutigen Sc(lußtagung des Plenums der Internationalen Aus- fell Nag Ton Terenz (vgl. Nr. 284 d. Bl.) wurden die Ergebnisse der Sektionsberatungen vorgelegt und überal einstimmige Beschlüffe gefaßt. Diese betrafen vornehmlih: Organisation der Jury, Regelung des Medaillenwesens, Einschränkung zu verleihender Auszeihnungen, Bestimmungen über den Verkauf au3gestellter Gegenstände, eisenbahntarijlihe und zolltechnische Behandlung von Ausftellungs- gütern, Schuß des gewerblichen, künstlerishen und literarishen Gigen- tums, Festlegung von Zeitintervallen für Weltausstellungen, Be- kämpfung des Ausftellungs- und Medaillenunwesens. Ferner wurden für einzelne Gebiete besondere Kommissionen eingeseßt zur Bericht- erstaitung an die Dritte Internationale Konferenz in Berlin 1910.

Auf der Station Waterloo fuhr gestern nachmittag 5 Uhr der Personenzug Brüssel—Charleroi aufeinerangierende

Maschine auf. Hlerbei wurden etwa zwanzig Personen ver- leßt, unter ihnen einige s{chwer.

Kobe (Iapan), 2. Dezember. (W. T. B.) Einer Lloyd- meldung zufolge ist der Dampfer „Ginsei Maru“ auf der Höhe VeE P untergegangen. Es soll niemand ge- rettet sein.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Prag, 3. Dezember. (Meldung des „K. K. Telegr.- Korresp.-Bureaus“.) Der Rektor der ts{chechishen Uni- versität stellte die weitere Abhaltung von Vorlesungen bis nah den Weihnachtsferien ein.

Konstantinopel, 3. Dezember. (Meldung des „K. K. Telegr.-Korresp.-Bureaus“.) estern abend erschien beim Divisionsgeneral Jsmail Mahir-Pasha ein Mann mit einem Briefe des Kriegsministers, in dem der General“ gebeten wurde, zum Minister zu kommen. Di dem Wege dahin wurde Jsmail Mahir von einem Offizier erschossen. Der Morder ist entflohen.

Port au Prince, 3. Dezember. (W. T. B.) Die be- reits gemeldete Flucht des Präsidenten Nord Alexis vollzog fih unter dem Schuße des französishen Gesandten. Der Präsident war auf dem ganzen Wege dem Hohn und Spott der Volksmenge ausgeseßt. Alle zum Kampfe gegen die Rebellen ausgesandten Truppen sind nah Port au Prince zurückgekehrt und haben die Waffen niedergelegt.

(Fortsezung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

| Neues Schauspielhaus.

Anfang 8 Uhr.

Opern- Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Schneewittcheu. Abends 73 Uhr: Faust, L. Teil.

Hebbeltheater. (Königgräger Straße 57/58.) Freitaz: Hohes Spiel. Anfang 8 Uhr. Sonnabend: Hohes Spiel.

Berliner Theater. Freitag: Der Veilchen-

Anfang 8 Uhr. Sonnabend: Herodes und Mariamne.

Lessingtheater. - Freitag, Abends 7# Uhr: Neu einftudiert: Ein Volksfeind. Sor nabend, Abends 8 Uhr: Baumeister Solunefß.

Die Nabeusteinerin. Schauspiel in 4 Akten von | Schauspiel in drei Akten von Henrik Ibsen. Sonntag, Nachmîttags 3 Uhr: Die versunkene

Glocke. Abends 8 Uhr: Baumeister Solueß.

Schillertheater. F eitag, Abends 8 É: Ein Ver- O Schauspiel in 3 Aufzügen von Calderon

a. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Vater und Sohn. Sonntag, Nahmittags 3 Uhr : Der rote Leutuaut.

Abends 8 Uhr: Vater und Sohn.

Garten. Kantstraße 12.) Bauer. Operette von Leo Fall.

Komische Oper. Freitag:

Die blaue Maus. Sonnabend: Madame Flirt.

blut. Anfang 8 Uhr.

(Wallnertheater.) Der Richter von

Friedrichftraße.) Freitag:

Anfang 8 Uhr

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Dornröschen. Abends 8 Uhr: Der fidele Vauer.

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) Freitag: Anfarg 8 Uhr.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Freitag: Gastspiel Alexander Girardi: Künstler- | 9; ereheliht: -Hr.

Sonnabend: Künftlerblut,

Trianontheater. (Georgenstraße, nahe Bahnhof | Gestorben: Die Liebe wacht.

Sonnabend: Die Liebe wait.

Freitag: Julius | Theater des Westens. (Station: Zoologiser | Saal Bechstein. Freitag, Abends 72 Uhr: Freitag :

Der fidele | Liederabend von Hilde Ellger.

Anfang 8 Uhr.

Klindworth-Scharwenka-Saal. Freitag, Abends 8 Uhr: D. Konzert von Jacques vau Lier (Violoncello).

Tosca. Anfang

8 Uhr. Mozart-Saal. Freitag, Abends 8 Uhr: Sonnabend: Pelleas und Melisaude. 3. Kammermusikabend. José Viauna da Moita, Alfred Wittenberg, Auton Hetking.

Birkus Schumann. Freitag, Abends präzise 74 Ubr: Das Sensationsprogramm, sämtliche

Spezialitäten, Clowns, Auguste und um 97 Uhr: Ausstattungspantomime:

Refidenztheater. (Direktion: Richard Alexander.) | Die diesjährige große

reitaz: Kümmere Dich um Amelie. Schwank Golo, der Seeräuber und Mädchenhäudler. s 3 Akten (4 Bildern) von Georges Feydeau. U. a.: Der weiße Elefaut.

Sonnabend: Kümmere Dich um Amelie.

R E ai ein

Familiennachrichten.

Regtierungsasséfsor John Mengen mit Frl. Annemarie Gropius (Posen). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister Frhrn.

von Ritter zu Gruensteyn (Paderborn). . Generalmajor ¿. D. Wilhelm Fsenbart (Koblenz).

Verantwortlicher Redakteur:

S. Konzert von Elsa Tegtmeier.

Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

- Obermayer bet der 4. Feldart. Brig. Nr. 40, zur Pulverfabrik,

Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin.

Abends 8 Uhr: | Druck der Norddeutshen Buchdruckterei und Verlags- klage einen Staatsgerihtshof für das Deutsche Reih bei

Erste Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

i 285.

Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember

1908,

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Beamte der Militärjustizverwaltung.

Durch Allerhöchsten Erlaß. 19. November. Den Krieg3gerihtsräten: Burmann bet der 33 Diy.,, Bolck bei der 4. Div.,, Mahnkopf bei der 19. Div.,, Dr. Heß bei der Groß- herzogl. Heff. (25.) Div., Engel bei der 21. Div.,, Schönewerk beim Generalkommando des Gardekorps, Conradi bei der Kom- mandantur in Koblenz und Ehrenbreitstein, Förster bei der 29. Div. Mülhausen i. Els.), der Stellenrang der vierten Klafse der oberen Provinzialbeamten verliehen. /

Durch Allerhöchsten Abschied. 19. November. Dr. Osiander, Kriegegerichisrat bei der 16. Div., auf seinen Antrag mit Penfion in ten Ruhestand verseßt.

Beamte der Militärverwaltung.

DurchAllerhöchsteBeftallung. 19.November. Streubel, Oberintend. Rat, bcauftragt mit Wahrnehmung der Militärintens dantenstelle des XVII1, Armeekorps, zum Geheimen Kriegsrat und Militärintend., Pfaff, Baurat, Militärbauinsp., von der Intend, des XVI. Armeekorp8, zum Intend. und Baurat, ernannt.

Durch Allerhöchsten Abschied. 19. November. Gaul, FIntend. Rat von der Intend. des 1V. Armeekorps, auf seinen Antrag zum 1. Dezember 1908 mit Pension in den Ruhestand verseßt.

Den Oberzahlmeistern: Lenz vom Inf. Regt. von Goeben (2. Rhein.) Nr. 28, Sarry, Fischer vom 2. Kurhefs. Inf. Negt. Nr. 82, Dropmann vom 1. Naffau. Inf. Regt. Nr. 87, bei ibrem Ausscheiden aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnungsrat verliehen.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 17. No- vember. Alker, Militärbausekretär auf Probe beim Bauamt I1 in Mey, endgültig angestellt. Ehrhardt (Stendal), Oberveterinär der Landw. 1. Aufgebots, zum Stabsveterinär des Beurlaubtenstandes, Schulz (Neuhaldensleben—Garde), Dunkel (1 Bohum—Garde), Retgen (Hagen—Garde), Braun (Detmold), Unterveterinäre der Nes, zu Oberveterinären des Beurlaubtenstandes, ernannt.

19, November. Geisler, Oberzahlmstr. vom I. Bat. Inf. Regts. voa der Goltz (7. Pomm.) Nr. 54, auf feinen Antrag mit Pension ir den Ruhestand versetzt. D

Königlich Sächfische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. 24. November. Nitsch- mann, Köntgl. preuß. Oberlt. a. D., bisher im Gren. Regt. Prinz- Carl von Preußen (2. Brandenburg.) Nr. 12, in der Armee und zwar als Oberlt. mit einem Patent vom 27. Januar 1906 E im 5, Inf. Reat. Kronprinz Nr. 104 angestellt.

29. November. Hain, Pp im 6. Inf. Regt. Nr. 105 König Wilbelm I1. vo- Württemberg, kommandiert zur Dienstleistung beim Bekleidungs8amt X1X. (2. K. S.) Armeekorps3, als Mitglied zu elm eigt verseht, E N I

u Fähnrichen ernannt: v. Sandersleben, charakteris. Fähnr. im 14. Inf. Regt. Nr. 179, v. Winckler, charakteris. e Gadnr, 1. Jägerbat. Nr. 12; die Unteroffiziere: Klauder, Horn im 3. Inf, Negt. Nr. 102 Prinz-Regent Luitpold von Bayern, Anspach, Bamberg im 7. Inf. Regt. König Georg Nr. 106, Krause im 10. Inf. Regt. Nr. 134, Lahode, Reichel, Agricola im 12. Inf. Regt. Nr. 177, Ulbricht, Merz im 2. Feldart. Regt. Nr. 28, Rudloff im 3. Feldart Regt. Nr. 32, Hauffe, Bauer, Hartig im 4. Feldart. Regt. Nr. 48, Calberla, Leonhardt, Vogel im 5. Feldart. Regt. Nr. 64, Behrens, Fisser im “agr Negt. Nr. 12, Schlenzig, Bauch im 2. Pion. Bat.

Mit dem 1. Dezember d. J. verseßt: die Feuerwerkshauptleute : Rapp beim Art. Depot Dresden, zur 4. Feldart. Brig Nr 40,

Brödner bet der Pulverfabrik, zum Art. Depot Dresden ; die Zeugs- havptleute: Naumann bei der Munitionsfabrik, zur Pulverfabrik, ees bei der Pulverfabrik, zur Munitionsfabrik; die Zeuglts. : arthel beim Art. Depot Leipzig, zur Pulverfabrik, Krebs bei der Pulverfabrik, zum Art. Depot Leipzig.

Im Sanitätskorps. 24. November. Dr. Fischer, Stabsarzt, bis 30. November d. J. in der Kaiserlichen Schußtruppe für Südwestafrika, mit dem 1. Dezember d. F. in der Armee, und ¿war im 8. Inf. Negt. Prinz Johann Georg Nr. 107, wtederangestellt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 23. No- vember. Irmscher, Obermilitärintend. Sekretär von der Intend. der 2. Div. Nr. 24, Höppirng, Intend. Sekretär von der Jntend. XIX. (2. K. S.) Armeekorps, unterm 1. Dezember d. J. gegen- seitig vaten, b Ba

. November. ach, Militärbauinsp.,, technisher Hilfs- arbeiter bei der Intend. des XII. (1. K. S.) a a F t d E des Militärbauamts Bautzen unterm 1. Dezember

. J. versett.

Deutscher Reichstag. -

174. Sißung vom 2. Dezember 1908, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

ur Beratung steht der von den Abgg. Dr. Ablaß und Genossen eingebrachte Antrag, betreffend die Verantwort- lihkeit des Reichskanzlers usw. Jn Verbindung damit En beraten :

der von dem Abg. Ablaß und Genossen eingebrachte Geseßentwurf auf Abänderung der Verfassung R Deutschen Reiches.

Der eingebrahte Geseßentwurf will in Art. 17 der Verfassung die Worte „welher dadur die Verantwortung übernimmt“ streichen und die Verantwortlichkeit des Kanzlers durch eine Reihe neuer Artikel 17a bis 17g ershöpfend regeln.

Art. 17a foll lauten: „Der Reichskanzler oder dcssen Stell- vertreter im Sinne des § 2 des Neichageseßes vom 17. März 1878 D für ihre Amtéführung dem Reichstage verantwortlih. Diese

erantwortlihkeit erstreckt sh auch auf alle Handlungen des Kaisers, welche die innere oder die äußere Politik des Reiches zu beein- P ge bie ét, verleiht dem Reichstage das Recht der Anklage, die indes nur durch Beschluß einer Zweidrittelmehrheit der geseßlihen An- zahl der Mitglieder erhoben werden kann.

Nach Art. 17 c exfolgt die Anklage wegen Verleßung der Reichs- verfassung sowie wegen \{werer Gefährdung der Sicherheit oder Wohl- fahrt des Neichs dur pflihtwidrige Handlungen oder Unterlassungen.

Art. 17 4 seyt zur Verhandlung und Entscheidung über die An-

Nach Art.217f und g werden die Beisißer bezw. Ersazmä bei dem Beginn jeder Legislaturperiode gewählt, und n Ponte Metrios 1A E, Le e E Delttes, |

, estimmt, daß die Hälfte der Beisißer die Befähi utt oder zum Rehiolehree an einer benisiten Ur iverlitas

Art. 17i {ließt Mitgli | 1 der Wädlbarfeit Tory tglieder des Bundesrats und des Reichstags

ah Art. 171 ernennt der Reichstag die Vertreter der Anklage ; Mitglieder des Reicht ührung der Anklage jug-laffen chêtags sind zur Erhebung und Durhführung der

a rt. 17m fann das Urteil “nur auf Frei 1 Verlust des Amtes lauten; in letzterem Falle al I Ent: ziehung der Pension erkannt werden. | B 170 A C e und das Necht der

ann na mi imm i iertel-

mehrheit des Neichstàgs ausgeübt Wochen. E

¿ S Antrag des Zentrums (Graf Hompesh ; „Die ‘verbündeten Regierungen zu erfuhen, dem Reichst i

Gesezentwurf vorzulegen, welher die Verantwortlichkeit E Reihe»

kanilers und der Stellvertreter des Reichskanzlers sowie das zur

L Ins dieser Verantwortlichkeit einzuhaltende Verfahren

3) Der von der sozialdemokratishen Fraktion (Albrecht u. Gen.) eingebrachte Geseßentwurf, Sa hinter Art. 17 der Reichsverfassung die Art. 17a bis 171i eingefügt werden sollen. /

_ Art. 17a soll [auten: „Der Reichskanzler ist für seine Amts- führung dem Reichstage verantwortlich. Diese Berat brei e streckt ih auf alle politishen Handlungen und Unterlafsungen des E Der Reichskanzler ist zu entlassen, wenn der Reichstag es

Art. 17b bestimmt: „Wenn der Reichstag den Reichskanzler \{huldig hält, dur eine von ihm zu verantwortende eee Aa Unterlassung vorfäßlih oder großtahrlaisig seine Amtépflichten verleßt, namentli verfafsungswidrig gehandelt oder sonst das Wohl des Reiches geschädigt zu haben, so kann der Reichstag gegen den Neichs- kan;ler Anklage erheben. Mit dieser Anklage kann der Reichstag die Anklage wegen solcher Handlungen des Reichskanzlers verbinden, welche unter das allgemeine Strafgeseß fallen, soweit fie mit den öffentlihen Obliegenheiten des Nekchekanzlers zusammenfallen.“

Art. 17e seßt für die Anklage einen Staatsgerihtshof von 24 Mitgliedern ein, wovon nach Art. 174 der Reichskanzler die Hâlfte ohne Angabe von Gründen ablehnen kann; 12 bilden den Gerichtshof und wählen den Vorsitzenden aus ihrer Mitte.

Rie 1 9 gas E 4

rt. 17f bestimmt, daß von der Beschlußfassung des Reich?- tages über die Erhebung der Anklage bis zur “ls r des Bee: fahrens der angeklagte Reichskanzler vom Amte suspendiert ist.

Nach Art. 17g ist im Falle der Verurteilung der Kanzler seines Amtes S 00 Lu eee,

_Naqh Art, arf das Necht zur Begnadigung oder Straf- milderung nur auf Antrag des Rei staged ausge übe wetden. il _ Art. 17i besagt, daß der Reichskarzler vor den ordentlichen Ge- rihten auf Ersaß des Schadens belangt werden kann, den er 1) dur Anweisung einer vom Reich3tage niht genehmigten Ausgabe oder durch eine mit den Beschlüssen des Reichstages nicht überein- E E As E Tee Tee dem Neiche oder eine vom Staatsgerichtshof für d dem Neiche oder Privaten zugefüzt hat. E Oa __4) Der von den Polen (Abg. Brandys und Genossen mit hte Bettag einer Anzahl von A laliedente gebrachte Geseßentwurf auf Verfassungsänderung. Beruf Ls Rels A x An Puzugelüge werden: „Die ages m! H Mit- erer vin Ri erfolgen, sobald fie von !/; der Mit

5) Der von den Sozialdemokaten eingebrahte Geset- entwurf wegen Abänderung des Art. 11 M Reis: U af [ ung.

n dem zweiten Absaß des Art. 11 der Verfafsung follen hinter „Zustimmung des Bundesrats" die Worte , Rei * ein- «Hnd dos orte „und des Reichstages“ ein

Endlich liegen zwei Anträge auf Abänderung der Geschäftsordnung des Reichstages vor. Die “aibaa Albrecht und Genossen (Soz.) beantragen eine anderweite Fassung der die Jnterpellationen betreffenden §8 32 und 33.

Die bisherige Anfrage an den Präfidenten, ob und waan der Reichkanzler die Interpellationen beantworten wolle, soll fortfallen; vielmehr ist die Interpellation auf die TageSordnung einer der nädsten drei Sihungen zu seßen; ferner sollen Anträge bei der Besprehung zulässig fein. Außerdem wollen dieselben Antragsteller raa S ¿ F M erg dann ändern, daß über Aus-

n eine ertreters de undesrats außerhalb o

ordnung die Diskussion zu eröffnen ist. ata Gil ap Die Abgg. Ablaß und Genossen beantragen : „Der Reichstag wolle beschließen, die Geshäftsordnung des Reihs- tages einer durhgreifenden Revision zu unterziehen, insbesondere in der Nichtung, daß bet der Besprehung von Interpellationen die Stellung von Anträgen zugelassen wird.“ i

Staatssekretär des FJnnern Dr. Hollweg;:

Meine Herren! Gestatten Sie mir gleich beim Beginn Ihrer heutigen Beratungen wenige Worte, um formal die Stellung der verbündeten Regierungen zu kennzeiGnen. Der Ausgangspunkt der vorliegenden Anträge {eint mir die Verantwortlihkeit des Reichs- kanzlers zu sein. Sie ist beim Erlaß der Verfassung für den Nord- deutshen Bund und ebenso später beim Erlaß der Verfassung für das Deutsche Reih mit vollem Bewußtsein als ein politisches Prinzip hingestellt, und es sind die Anträge abgelehnt worden, welche Be- stimmungen über die Rechtsformen hinzufügen wollten, in denen die VerantwortliGkeit geltend zu machen sei. Man erblickte in dem politishen Prinzip selbst den wirksamsten und das Wesen der Minister- verantwortlihkeit am sichersten treffenden Ausdruck der geforderten Garantien und dachte, wie sehr charakteristische Aeußerungen hervor- ragender Parlamentarier es dartun, von dem Wert juristisher Formen nur gering.

Nichtsdestoweniger hat die Frage, welche für die staatsrechtliche Doktrin allezeit ein Gegenstand besonderen Interesses gewesen ist, welche aber auch gleihzeitig einen programmatishen Grundsaß großer politisher Parteien kildet, auch in der Folgezeit dieses hohe Haus

von Bethmann

dem Reichsgericht in Leipzig ein, der nach Art. 176 aus dem Prä- sidenten des Reichsgerihts und 12 Beisitzern bestehen soll. R

wiederholt beschäftigt, ohne daß {ih indessen die Erörterungen zu festen Beschlüssen verdichtet hätten.

So ist es, gekommen, daß der andere Faktor der Geseßgebung, der Bundesrat, seither weder Veranlassung noch Gelegenheit gefunden hat, über diese Frage zu beraten und zu beschließen.

Wenn nunmehr verschiedene Parteien den Zeitpunkt für ge- kommen erachten, um den Gegenftand erneut und in Versuchen zu praktischer Ausgestaltung zu behandelr, gleichzeitig alle:dines daran zum Teil sehr viel weitergehende Anträge angliedern, dann wollen Sie es begreiflih finden daß die verbündeten Regierun&en si außers stande scher, zu Fragen, die für die verfassungsmäßizen Grundicgen unsercs politishen Lebens so bedeutungsvoll sind, materiell Stellung zu nehmen, ehe sie Gelegenheit gehabt haben werden, auf der Grund- lage fester Beschlüsse des Reichstags ihrerseits an eine Beschluß- faffung heranzutreten. (Sehr richtig! rechts.) Aber au§ÿ aus ciner folhen nit unmittelbar mittätigen Beteiligung an Ihren heutigen Beratungen und aus dem Abweichen von einer Gepflogenheit, die den Bundesrat sonst bei der Behandlung von Jnitiativanträgen eire noch weitergehende Zurückhaltung üben läßt, wollen Sie erkenn:n, welchen Wert die verbündeten Negierungen darauf legen, avch dur den un- mittelbaren Eindruck von den Ansichten und Stimmungen diescs hohen Hauses ihrea Entschließungen eine besondere U-terlage zu ge- währen. (Beifall.)

Abg. Dr. Müll er-Meiningen (fr. Volksp.) : beantrage n der [inksliberalen Fraktionsgemeinschaft, Made tag e Debatte stehenden Anträge an die auf 28 Mitglieder zu verstärkende Geschäfts- ordnungskcmmission des Neichst1ges zu verweisen. Bevor ih auf die bedeutsame Erklärung des Staatzsekretärs eingehe, mödte ih ganz kurz unseren Antrag bezüglih der Geschäftsordnung des Deutschen Reichstages begründen, der bezweckt, die Ges@äftsordr ung des Deutschen Reichstages einer durchgreifenden Revision zu unter- ziehen. Der frühere Präsident des Reichstags Graf Ballestrem er- klärte einmal, unsere Geschäftsordnung ist noch lange nit so bekannt wie sie sein follte. Ebenjo trihtig kann man sagen, die Geschäfts- ordnung des Deutsken Reichstages ist noch lange nit so klar und deu!lich, wie sie sein sollte. Jh möchte nur noh darauf verweilen, daß Arti. 36 unserer Geshäftsordnung eine offene Verfassungsverlezung bedeutet, denn nah Art. 22 der Deutschen Reichsverfassung sind alle Sißungen des Hauses öffentlihe Sitzungen. Fast alle Parteien dieses Haujes find sih darüber einig, daß die De- batte bei den Interpellationen bei un3 nah der Geshäftsordnung aus- geht wie das Hornberger Schießen. Es muß gewährleistet werden, daß au Anträge zulässig sind in Anknüpfung an Interpell tionen. Im übrigen wird zu untersuchen sein, ob niht nah dem Muster des eng- lishen Parlaments auf eine kurze Anfrage hin auf dem Gebiet der inneren und äußeren Politik die Anshauungen der verbünteten Re- gierungen zu erfahren find. Es wird vielleiht dur derartige Ein- führungen von kurzen Anfragen au zu erreichen fein, daß dec greße Apparat der. Interpellationen nicht allzu vers&wenderisch abgenußt wird. Vielleicht gelingt es auch, bei dieser Gelegenheit der wichtigen Institution des Seniorenkonvenis einen wirklihen Plaß in der Geschäftsordnung des Reichstages anzuweisen. Was nun unseren Verfassungsantrag anlangt, so möchte ih zunächst betonen, daß unser grundlegender Antrag bereits unter dem 26. Februar 1907, also un- mittelbar nah Zusammentritt des jeyigen Reichs‘ages von unserer Seite gestellt wurde. In dem Antrage wird die Aufforderung an den Bundesrat gerichtet, ein Ministerveran!wortlihkeitsgeses für das Neich vorzulegen und verantwortliche Reichsminister zx \chaffen. Es ist dies eine alte Forderung der Fortschrittêpartei und nah ihr der Freisinnigen Partei ; eine ebenso alte Forterung der national- liberalen Partei, cine Forderung, die seit Begründung des Nord- deutschen Bundes niemals zur Ruhe kam, und die nah metner Ueberzeugung bis zur endlihen Lösung niemals zur Ruhe in diesem Hause kommen wird und kommen kann. Der „Neichs- anzeiger“ shrieb am 16. Norember d. J.: „Der Kaiser gab Seinen Willen kund, daß Er Seine vornehmste Aufgabe in der Sicherung der Stetigkeit der Reichspolitik unter Wahrung der verfassungs- mäßigen Verantwortlichkeiten erblicke. Der Kaiser billigte die Aus- führungen des Reichskanzlers im Reichstage und versicherte den Ben Bülow Seines fortdauernden®Vertrauens,“ Wir halten unser- eits cs nit für im Interesse des Reiches gelegen, auf die Verhand- [ungen dieses Hauses vom 10. und 11. November zurückzuk-mmen. Trozz ihrer auffallenden Kürze und ihrer teilweise staatsretlihen Un- tlarheiten {ließen wir aus dieser Kundgebung, daß die in Betracht kommenden Faktoren jeßt bereit sind, den verfassungsmäßigen Weg zu gehen, der in unserem Antrage angedeutet ist. Aber wir sind ber Meinung, daß das, was der, Reich8anzeiger* enthielt, eine \taatsreMt- lihe Grundlage in der Reichéverfassung finden muß. Wir wollen ihm dur unsere Ant:äge feste verfassungsmäßige Fundamente ver- leihen. Jh schließe aus den Erklärungen des Staatssekretärs, daß au seitens der verbündeten Regierungen dem deutschen Par- lament in dieser Richtung mit Vertrauen entgegengekommen wird. Wir haben anderthalb Jahre lang gewartet, daß der Bundesrat etwas in der Richtung uzferes Antrages tue. Da dies aber niht ge- chehen ift, da von seiten der verbündeten Regierungen eine Vorlage nit erfolgt ist, so halten wir unserseits es für eine absolute Not- wendigkeit, die Initiative im einzelnen zu ergreifen, um, da der An- trag der Sozialdemokratie uns nah verschiedenen Richtungen un- annehmbar erscheint, die Sache einem Abschlvß entgegenzuführen. Ich will mih bei der Begründung dieses verfassungsmäßigen An- trages auf die Hauptgrundsäße beschränken. Wir wollen mit unferem Antrage statt der fogenannten moralischen Verantwortli(- keit des Reichskanzlers die staatsrechtlißze und juristische Verantwortlihkeit im Deutshen Reih zum Durchbruch bringen. Die beste Begründung für die innere Berechtigung unseres Antrages hat der Reichskanzler selbst in seiner Rede zur Reichéfinanzreforimn gegeben. Der Reichekanzler hat gefagt, die Gründung des Reiches war die Grundsteinlegung, der Entwurf von Grundriß und Plan und die Ausführung der Grundæauern, an dem Hause bauen wir auch heute noch. Am Schluß meinte er, jeßt heißt es, die Hypotheken ab- tragen, die Baugelder regeln und für den Haushalt dur erhöhte Beiträge vorsorgen. Das ist ein etwas sehr starker Sprung, Der Reichskanzler ist auf dem Gebiete der Bausachen und ter Beschaffung

von Baugeldern do etwas Laie. Die Zeit der Hypothekenabtragung kann erft kommen, wenn der*Grundpfeiler des Gebäudes gelegt ift, wenn die inneren Gemäher wohnlich eingerihtet und vor allem die Rechte der Inwohner festgelegt sind, aker hier liegt überhaupt die Mangelhaftigkeit des ganzen Neichsgebäudes. Unsere Verfassung hat troß threr bewunderr swerten künstlerischen Struktur ebenso wie unsere Geschäftsordnung die Spuren eines über- hasteten E Nea eues an sich Der S(töpfer der Ver- fassung, Fürst Bismarck, wußte am allerbesten, daß sie bald einer Revifion und Klarstellung unterzogen werden müßte. Die unklarste Bestimmung ist zuglei die allerwichtigste, die den Grundstein unseres ganzen konstitutionellen Gebäudes bildet. Say 2 des Artikels 17 bestimmt: „Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im “Namen des Reiches erlassen und bedürfen zu ihrer Gültig- keit der Gegenzeihnung des Reichskanzlers, welcher dadur

die Verantwortlichkeit übernimmt.* In dem leßten Nelativsay iegt die ganze Shwierigkeit für die Sorteltvina bee dents@bens Ver.

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