1888 / 229 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Sep 1888 18:00:01 GMT) scan diff

gegenüber niht in Betracht, ganz abgesehen davon, daß nah allgemeiner Rehtsregel (vergleihe 8. 293 Absay 1 der Civil- rozeßordnung und Entscheidungen des Reichsgerichts in Civil- achen Band 7 Seiten 354 ff.) die Gründe einer Entscheidung als eine solche stellt sich im Gebiet der Unfallversicherung der Bescheid des Feststellungsorgans dar überhaupt nicht rechtskrästig werden. Jm Hinblick auf die Besonderheit der Fälle der vorliegenden Art wird auch dur diese Rehtsansicht der natürlichen, einfahen Lebensanshauung und zumal dem einfahen Fassungsvermögen der regelmäßig hier in Betracht kommenden Personen Rechnung getragen. Es ist unter Umständen ganz verständlih, daß der Berech- tigte gegen den Bescheid, durch welchen ein von ihm auf Grund des §8. 7 erhobener Anspruch der wegen der zeit- lihen Beschränkung vielfa geringfügig ist und vielleicht einen Vermögenswerth von nur wenigen Mark darstellt abgelehnt wird, lediglih um dieser Geringfügigkeit willen keine Berufung einlegt und ihn so rehtskräftig werden läßt, ohne irgend ge- willt zu sein, damit auch auf eine etwaige spätere Dauerrente zu verzihten. Hiernach ist Klägerin berechtigt, troß der rehts- kräftigen Abweisung ihres Anspruchs aus §. 7 Absaß 2 a. a. O. mittelst des Bescheides vom 10. September 1886, nunmehr eine erneute Entscheidung über ihren aus §. 6 Ziffer 2b a. a. D. erhobenen Anspruch im E Jnstanzenzuge herbeizu- führen. (Vergleihe auch Entscheidungen 319 und 482.)

Dem Bezirks verbande des Regierungsbezirks Kassel ist für die Grundstücke, welche zu der von ihm beab- sihtigten Erweiterung der Birsteiner Landstraße im Orte Birstein, Kreises Gelnhausen, erforderlich sind, dur Allerhöchste Kabinetsordre vom 24. August d. J. das Ent- eignungsreht verliehen worden.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich rumänischen Hofe, von Bülow, ist von dem ihm V bewilligten Ürlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

—- Der Gouverneux des hiesigen Jnvalidenhauses, General der Jnfanterie von Wulffen, à la suite des 6. Brandenburgishen Jnfanterie-Regiments Nr. 52, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre ist der General- Major Golz, Präses des Jngenieur-Comités, mit Wahr- nehmung der Geschäfte der General-Jnspektion des Jngenieur- Corps beauftragt worden.

Dombrowka, 7. September. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser und König traf heute A 4 Uhr 21 Min. mittelst Extrazuges auf dem festlih dekorirten E hierselbst, in Begleitung des Chess des Generalstabes, Grafen Waldersee, des Kriegs-Ministers Bronsart von Schellen- dorf, des Chefs des Militärkabinets, General - Lieute- nants von Hahnke, sowie des dienstthuenden General- Adjutanten ein. Zur Begrüßung Sr. Majestät waren auf dem Bahnhofe anwesend: der kommandirende Gensral Frhr. von Meerscheidt-Hüllessem, sowie die Spigzen der Civil- und Militär- behörden. Nach kurzem Aufenthalt erfolgte um 5 Uhr unter begeisterten Hochrufen der zahlreichen Menge die Abfahrt nah dem Manöverfelde bei Konarzewo. Vormittags 101/24 Uhr kehrte Se. Majestät der Kaiser hierher zurück. Jn dem Kaiserlihen Salonwagen war ein Frühstück zu einigen zwanzig Gedecken angerichtet, zu welhem der kommandirende General Frhr. von Meerscheidt-Hüllessem sowie der Ober-Präsident Graf von Zedliß und deren Begleitung zugezogen wurden. Um 11 Uhr trat Se. Majestät der Kaiser die Rückfahrt nah Potsdam an.} ¿i E

Sigmaringen, 5. September. (Schw. Merk.) Die Königin Pia von Portugal sowie Prinz Alfons trafen heute Mittag hier ein. Zum Empfang der Königin hatten sich der König sowie die E Hohen- zollern’ \chen Herrschaften mit ihrem beiderseitigen Gefolge auf dem Bahnhof eingefunden, woselbst auch die Spitzen der Königlichen, Fürstlihen und städtischen Behörden anwesend waren. Die Königin wird voraussichllih einige A verweilen, um sodann mit dem König nah Jtalien zu reisen.

Bayern. München, 7. September. (W. T. B.) Der Prinz von Wales hat pot der Reise nah Gmunden heute Früh den hiesigen Bahnhof passirt.

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5, September. (St. A. f. W.) Die Erbgroßherzogin von Sachsen- Weimar hat heute Vormittag, nah längerem Aufenthalt bei Jhren Majestäten, Friedrichshafen nebst Gefolge wieder ver- lassen, um sich zunähst nah München und sodann auf einige Zeit nah Meran zu begeben.

Württemberg. n,

Großbritannien und Jrland. London, 5. September.

(A. C.) Eine Depesche aus Ottawa macht Mittheilungen über die Sißung des kanadishen Kabinets, in welcher die Zoll-Repressalien-Vorlage des Präsidenten Cleveland erwogen wurde. Danach telegraphirte die bri- tische Regierung, gleich als es bekannt wurde, daß der Kongreß angegangen werden würde, eine Repressalien-Vorlage egen Canada anzunehmen, an den Minister-Präsidenten

Sir John Macdonald und ersuhte ihn, über die Ausdehnung und die Natur der Handelsbeziehungen, die zwischen den Vereinigten Staaten und Canada seit der Konföderation der britishen nordamerikanishen Provinzen bestanden haben, ausführlich zu berihten; ferner klar anzugeben, welche Vorstelungen Seitens der Vereinigten Staaten wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten in den den Bürgern der Vereinigten Staaten vertragsmäßig enes Rechten gemacht worden; endlich vollstän- ige Auskunft zu liefern über die Wirkung, welche eine Ausführung der vorgeschlagenen Repressalien auf Canada aus- üben dürfte. Diese Jnformation wurde vorbereitet und vor ihrer Absendung an die britishe Regierung dem Kabinet vor- elegt. Aus zuverlässiger Quelle verlautet, daß Lord Salis-

ury bei der Gelegenheit dieser canadischen Regierung einschärfte,

ih gegenwärtig der größten Vorsicht zu- befleißigen, da jeder

alshe Schritt die feindselige Stimmung gegen Canada ver-

chlimmern würde. Auf Seiten mehrerer Minister gab sich eine

starke Neigung kund, unverzüglich die anstößige Verordnung aufzuheben, welche amerikanischen Schiffen beim Benuten canadischer Kanäle Differenzialgebühren auferlegt; aber Die- jenigen, welche diesen Schritt beanstandeten, gaben als Grund dafür an, daß es so aussehen könnte, als ob die canadische

Regierung durch Furcht zu dieser Maßregel Beg gen worden fei. Alsdann wurde hervorgehoben, daß Präsident Cleveland nicht befugt sei, den Abschnitt 29 des Washingtoner Vertrages ohne vorherige peyrige Kündigung zu suspen- diren, falls er si nicht eines Vertragsbruches {uldig machen wolle. Es kam indeß zu keinem endgültigen Beschluß. Wie verlautet, ist in Folge der Einmishung der Reichsregierung ‘ein ernster Bruch in Sir John Macdonald's Kabinet nicht un- wahrscheinlich. S

Aus Simla vom 4. September liegt folgendes Telegramm des Reuter’shen Bureaus vor: i

Heute ging die Genehmigung des Staatssekretärs ein, im H erkt einen Streifzug nach den shwarzen rgen zu unternehmen. Brigade-General McQue en wird den Zug befehligen, welher wahr- \heinlich am 1. Oktober aufbrechen und aus dem 1. Bataillon des Suffolk- und des Regiments der e dem 2. Bataillon der Northumberland-Füsiliere, des Susser-Regiments und der Seaforth- Hotländer, der 2. Batterie der 1. Brigade der schottishen Division, der 3. Batterie der 1. Brigade der irischen Division und 11 Regi- mentern bengalisher Infanterie bestehen wird.

Aus Calcutta vom 4. September wird gemeldet :

Bis jeyt haben in S ikkim noch keine Gefechte stattgefunden. Obwohl Oberst Graham schon vor einer Woche Verstärkungen erhalten hat, wird er doch abwarten, bis das Wetter umschlägt, und dann in das Chumbithal vorrüdcken.

(W. T. B.)

Frankreich. Toulon, 6. September. i i Die in Dienst gestellten Kriegs\chifse sind hier wieder ein- O Die Flottenmanöver werden als beendet an- gesehen.

Griechenland. Athen, 6. September. (W. T. B.) Die „Pol. Corresp.“ veröffentliht ein Schreiben, welches den freudigen Eindruck hervorhebt, den die Verlobung des Kronprinzen mit der Prinzessin Sophie von Preußen überall in Griechenland hervorbringe. Man gebe si in allen griechischen Kreisen der Erwartung hin, daß die Anknüpfung so reger verwandtschaftliher Bande zwischen dem Deutschen Kaiserhause und dem griechischen Königshause die Befestigung und Vertiefung der Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland zur erwünschten Folge haben

werde. (W. T. B.) Der Minister des

7. September. / : Jnnern, Lombardos, ist gestorben. Die Beerdigung

desselben soll auf Kosten des Staats stattfinden.

Zeitungsftimmen.

Unter der Ueberschrist „Die Wahlbewegung und die arteien in Preußen“ sagt der „Hamburgische Korre- pondent“: : .

Wie sehr auch die Auffassungen über die Tragweite der Er- nennung Hrn. von Bennigsen's auseinandergehen oder wohl richtiger auseinander zu gehen seinen, so_ ist doch deren voraussichtliche Wirkung- auf die bevorstehenden Wahlen zum rreußishen Landtage wenigstens nah einer Richtung bereits zu übersehen. Sie wird unzweifelhaft verhüten, daß der Wahlkampf in einer Weise geführt wird, welhe dem Zusammengehen der nationalen Parteien im Reich und bei den Reichstagswahlen nachtheilig sein würde. Dafür sprechen wesentlih drei Gründe.

Zunächst werden die Nationa[liberalen na dem Verhalten der freisinnigen Presse nur noch schärfer von links bekämpft als vorher und daher naturgemäß mehr zum Anschluß nach rechts gedrängt werden. Sodann ist von der konservativen Partci ein ungleich ent- gegenkommenderes Verhalten zu erwarten, als dies anfänglich den Anschein hatte. Nicht nur ist der anfänglih von den Heißspornen der Partei in Aussicht genommene Eroberungszug gegen den rheinisch{- westfälishen und hannoverschen Besißstand der Nationalliberalen auf- gegeben, sondern das offizielle Organ der Partei deutet bei Besprehung der Ernennung Bennigsen's an, daß von derselben in der extremen konservativen Richtung, wie sie von der „Kreuz-Zeitung“ und dem „Reichsboten® vertreten wird, eine Gefahr für die Stellung der kon- servativen Partei im Staatsleben erkannt wird. Wenn diefer Er- kenntniß für die Wahlen dahin praktische Folge gegeben wird, daß die Partei selbst auf die thunlihste Ersezung der Männer der äußersten Rechten durch gemäßigte Parteigenofsen hinwirkt, so fällt eines der wesentlihsten Hindernisse für ein weitgehendes E der Nationalliberalen mit den Konservativen fort.

enn niht die Wahl gemäßigt konservativer, aufrihtig dem Zusammenwirken mit den Mittelparteien geneigter Männer ift selbst unter dem Gesichtspunkte der Angliederung der jeßt partei- freien früheren Nationalliberalen bedenklich, vielmehr ift es allein die Unterstüßung solher Ertremen, welche, wie politisch, so insbesondere vom wahltaktischen Standpunkte aus den Nationalliberalen nicht erwünscht sein dürfen. Werden aber derartige extreme Elemente im Einvernehmen mit den Nationalliberalen durch gemäßigte Männer erseyt, so wird auf den Anschluß der früheren Parteigenossen um so mehr zu renen sein, als diese dur die symptomatishe Bedeutung der Ernennung Bennigsen's ohnehin in der Neigung, die nationale M zu fördern, auf welhe die Regierung sich ügt, bestärkt werden.

Wie tas Interesse, wird aber auch endli die Neigung der Nationalliberalen, in den Ostprovinzen die Konservativen über die einzélnen Fälle von wirklich prafktisher Bedeutung hinaus zu be- kämpfen, dur die neueste Wendung abgeschwächt sein. Die Gefahr einer klerikal-konservativen Politik liegt niht vor, für absehbare Zeit braucht wenigstens mit derselben nit gerechnet zu werden. Wenn daraus also ein Beweggrund, în den Ostprovinzen die Konservativen in weiterem Umfange zu bekämpfen, hergeleitet wurde, so ist jeßt wenigstens eine der Voraussetzungen fortgefallen, unter denen eine weitergehende, selbständige Aktion der Nationalliberalen in Aussicht genommen war. Es werden also wohl nur diejenigen wenigen Wahlkreise als Kampffeld übrig bleiben, deren Eroberung Seitens der Konservativen bei den leßten Wahlen nur als ein Ergebniß der damals mangelhaften Organisation der Nationalliberalen und des daraus sich ergebenden Uebergewihts der Linksliberalen bei der Aufstellung der Kandidaten und bei der Leitung des Wahlkampfes angesehen wird. Die Zahl dieser Wahlkreise ist nit erheblich, sie wird {werlich über den Kreis derjenigen hinaus- gehen, in welchen 1887 Nationalliberale und Konservative \ih wenigstens im ersten Wahlgang gleichfalls bekämpften. Noch weniger zahlreich werden voraussihtlich die Fälle sein, in welhen es zur Sammlung der Partei nothwendig erscheint, wenigstens im ersten Wahlgang troy nicht vorhandener Aussiht auf Wahlerfolg eigene Kandidaten aufzustellen. Wenn überdies für ein Zusammengehen bei etwaiger Stichwahl gesorgt wird, so dürfte daraus \{chwerlich eine für al ems der nationalen Elemente {hädlihe Verstimmung resultiren.

Die Beseitigung der Möglichkeit einer klerikal - konservativen Mehrheit ersheint äußerst unwahrscheinlich. Einige welfische und kflerikale Wahlkreise werden zwar mit Aussiht auf Erfolg angegriffen. Die Konservativen müßten aber noh ungleich mehr Sige verlieren, als die Nationalliberalen bestenfalls zu erobern hoffen dürfen, um unter die zur Mehrheitsbildung nothwendige Zahl hinunterzusinken. Die Freisinnigen mögen in dem einen oder anderen bei den leßten Wahlen verlorenen e Hoffnung auf besseren Erfolg haben, allein ihre {hon ohnehin stark reduzirten Hoffnungen haben, wie aus

dem Verhalten ihrer Presse bei der Berufung des Herrn von Ben-

nigsen zum Ober-Präsidenten von Hannover hervorgeht, dadurch einen neuen empfindliden Schlag erbalten. L Es ist daher vom Standpunkt des dauernden Zusammenschlufses der nationalen Parteien auch taktisch rihtiger, den Schwerpunkt der bevorstehenden Wakblaktion niht sowohl auf die Beseitigung der äußeren Möglichkeit, àls auf die Beseitigung oder wenig tens Ab- \{chwäung der inneren Vorausfeßzung für die Bildung einer klerikal- Fonservativen Mebrheit im preußishen Abgeordnetenhause zu legen und zwar dur Stärkung der gemäßigten Elemente in der konser-

vativen Fraktion auf Kosten der extremen.

Jm Hinblick auf die Ersazwahl im 6. Berliner Reichstagswahlkreise bemerkt das „Posener T ageblatt“ über die Pflichten der Kartellparteien : :

Wenn an leitender Stelle der Berliner Kartellbewegung erst ein- mal die absolute Nothwendigkeit erkannt und in Gemäßheit derselben dafür gesorgt wird, den breiten Schichten des Volkes per- fönlich näher zu treten, dann wird die nationale Sache ihre werbende Kraft zu voller Höhe entfalten können. Es ift ein Irrthum, zu glauben, daß man Berliner Wähler en masse nur durch ein Programm allein hon zu gewinnen vermöge. Man wende nit ein, daß bei der leßten allgemeinen Reichstagswahl das nationale Programm im 6. Berliner Reichstagswahlkreise 16 000 Stimmen auf ih vereinigte. Das geschah unter dem Druck von Ereignissen, die Herz und Nierea des gesammten deutshen Volks er- griffen. Ja, damals war das Eis gebrochen, aber, statt die Brucdch- stelle ofen zu halten und allmählich zu erweitern, zogen sih die Berliner Wortführer der nationalen Sache wieder in ihre fühle Abgeschlossenheit zurück worauf dann das im Stich gelassene Terrain s\chleunigst von anderen Besit- lüsternen offupirt wurde. Dazu kam dieswal noch, daß der Kartellkandidat es niht einmal der Mühe werth hielt, persönlich seine Sache zu führen, was von Vornhbinein auf Tausende von Wählern den Eindruck machen mußte und auc in der That machte, daß es den verbündeten nationalen Parteien mit ihrem Wahlfeldzug gar niht Ernst sei. Also fort mit der bisherigen Lauheit, die mehr Schaden stiftet, als völlige Enthaltung! Die nationale Sache in Berlin brauht Männer, welche ihrem Publi- fum Aug in Aug gegenübertreten, welche ihre Meinung in kerniger Weise darzulegen und ebensowohl dur die Macht ihrer Persönlichkeit als durch ihre Beweisführung zu imponiren wissen. Während des größten Theils des Jahres die Hände in den Schoß legen ‘und dann, wenn die Zeit drängt, Alles mit einem Male zwingen wollen, das thut es in Wahlgeschäften ebenso wenig, als in irgend einer anderen Lebensaufgabe. Erst gilt es, Fühlung mit den breiten Schichten des Volkes suchen, dann, die gewonnene Fühlung festhalten und vertiefen. Nach dieser Taktik find Fortschritt und Sozialdemokratie in Berlin verfahren und haben sich das Reich erobert, troßdem ihr Programm dem Volke nur Steine statt des Brotes bietet. Wie ganz anders, mit vollen Händen, ge- stattet das Programm der Kaiserbotschaft vom 17. November 1881 seinen Wortführern, dem Volke zu nahen, sobald sie es erst über ih gewinnen werden, von Gegnern zu lernen, wie man das Vertrauen der Wähler erringt.

Jn der „Deutschen volkswirthschaftlichen Correspondenz“ lesen wr: i :

Zu wiederholten Malen haben wir über Stimmen zu berichten Gelegenheit gehabt, die gegen den vordem si breit machenden Abusus laut wurden, daß die deutshe Handelswelt immer noch deutsche Waaren unter fremder Bezeichnung verkaufte. Gottlob ist der Wider- wille gegen ein derartiges nicht nationales Vorgehen von Jahr zu Fahr lebhafter geworden und das Ausland selbst, insbesondere Eng- land und Frankrei, hat niht unerheblich dazu beigetragen, die ln- \chauungen des deutschen Handelsstandes über diesen Gegenstand im Sinne des nationalen Denkens und Fühlens zu festigen.

Wiederum, wie vor Kurzem, sind wir heute in der Lage, den Bericht einer Handelskammer zu citiren, welcher in ebenso einfacher wie offener Weise die Weisheit unseres Herrschergeshlechts, die Voraussicht des ersten Staatsmannes der Welt preist, die den deut- \chen Handel von den ihn beengenden Fesseln befreit und bewirkt haben, daß der deutsche Kaufmann cine Ehre darin seyt, deutsche Waaren unter deutscher Bezeichnung zu verkaufen und der Konkurrenz gegenüber mit offenem Visir zu fämpfen. Folgendermaßen_ läßt sich hierüber der Bericht der Handelskammer von Reichenbach-Schweidniß und Waldenburg für das Jahr 1887 vernehmen :

„Wenn sihh die Fürsorge aller Herrsher aus dem Hohenzollern- schen Hause auch stets in hohem Maße auf die Interessen der Gewerbe- treibenden ausgedehnt hat, so dürfte doh die Regierung kaum eines derselben dur cinen so mächtigen Aufshwung des Handels und der Industrie gekennzeichnet sein, als diese leßte. Wohl wirken dabei die hervorragenden S in der Kenntniß der Naturkräfte, dur welche unser Jahrhundert sih auszeichnet und die nun beginnt, Allge- meingut zu werden, in bedeatsamer Weise mit, und bei allen Völkern, welche sich dieselbe angeeignet haben, sehen wir ihren mächtigen Einfluß, aber feines derselben tritt dabei mehr in ten Vordergrund, als das deutshe. Dies verdanken wir vor Allem der großen befreienden That unseres erhabenen Herrschers, der Wiederbegründung und Mahht- entfaltung des Deutschen Reichs. Dur sie wurde der Muth und die Thatkraft der Fabrikanten und Kaufleute in einer Weise an- gespornt und gefördert, wie bei keinem anderen Volk der gegenwär- tigen Generation. QDeutshe Fabrikate suchen heute nicht mehr wie früher unter fremder Vermittelung ein \{üchternes Pläßhen auf dem Weltmarkt zu erringen, fie haben den Wettbewerb mit ihren früheren übermächtigen Konkur- renten auf der ganzen Linie aufgexommen und sind als Deutsche überall gesucht und gern gekauft. Nicht mehr hören wir die Klagen deutscher Kaufleute aus der Fremde, daß ihre Interessen keinen Schuß fänden und sie genöthigt wären, bei den Vertretern anderer Nationen Hülfe zu suhen. Eine große Zahl deutscher konsularischer Beamten steht ihnen heut mit Rath und That bei, die deutsche Post vermittelt ihre Correspondenz, und die deutsche Kriegsflagge, welche si auf allen Meeren entfaltet und fern im Osten und Westen mit Achtung begrüßt wird, deckt sie vor der Willkür des Auslandes.

Der Schuß der nationalen Arbeit und der nationalen Produk- tion hat bei dieser Wandlung kräftig mitgewirkt, er ift also entgegen den Warnungen der Pessimisten, die eine Versumpfung der Thätigkeit und eine Erlahmung in der Konkurrenzarbeit prophezeiten, zum Besten des Gesammtwohles ausgefallen. Die frühere Devise: „billig und \{chlecht“ ist Gottlob längst über Bord geworfen, der deutsche Kauf- mann ist unter dem Schuß einer weisen Regierung in die Lage ver- set worden, qualitativ das Beste zu leisten und von Tag zu Tag dem ersten und gefährlihsten Konkurrenten gegenüber bestehen zu Fönnen. Zuerst gewann uns diese Fürsorge den einheimischen Marktt und, nachdem derselbe errungen war, ging man leichten Herzens daran, ih auch auf dem Weltmarkte zu behaupten. Der vorerwähnte Bericht spricht darüber in folgender anerkennender Weise: i

„Durch eine weise Zollgeseßgebung ist dem deutschen Fabrikanten der weitaus größte Theil des heimishen Marktes gesichert und sind ihm die Mittel und die Muße gewährt worden, seine industrielle Thâtigkeit auf die Höhe der Zeit zu bringen. Deutschland, das noch vor wenigen Jahrzehnten ein blutarmes Land war, dem keine Kolonien zu Gebote standen, in denen, wie bei anderen Nationen, ungezählte Millionen seit Jahrhunderten für die Bereicherung des Mutterlandes mitgearbeitet haben, das einen guten Theil seiner besten Kräfte zur Vertheidigung seiner Grenzen opfern muß, steht heute finanziell fest auf eigenen Füßen, es besißt heute die Mittel, um seine Industrie in der größten Vollkommenheit zu erhalten und sich des Genusses einecc

Eee ga Kultur zu erfreuen. Das Alles verdanken wir unserem

seligen Kaiser; seiner Regierung wird auch in der Geschichte U Handels und deutscher Industrie ein ruhmvolles Blatt ge- widmet sein.“

Statistische Nachrichten.

Bon der „Deutschen Kriminalstatistik* ist jeßt der Jahr- gang 1886 als Band 30 der „Statistik des Deutshen Reichs“ erschienen. ie Anordnung des Tabellenwerks ist dieselbe wie in den vorhergehenden 4 Jahrgängen ; der erläuternde Text ist im Reihs-Justizamt und im Kaiserlichen statistishen Amt bearbeitet und dieses Mal mit einer Anzabl interessanter kartograpbis{cher Darstellungen versehen. Die Zakl der wegen Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgescße' im Jahre 1886 von deutschen Gerichten Verurtheilten betrug 353 000, d. i. 19/0 der strafmündigen (über 12 Jahr alten) Einwohner (0,72 %/0 der Einwohner überhaupt); darunter waren 271857 männliche, 61 563 weiblihe Verurtkbeilte, d i. 1,7 bezw. 0,4 der entsprehenden strafmündigen Einwohnerzahl. Von wesentlihen Veränderungen in den Kriminalitätsverhältnissen den Vorjahr n gegenüber ist namentli die Abnahme der Diebstahlsvergehen hervorzuheben. Im Jahre 1882 wurden 103 050, im Jahre 1886 nur 88 816 Personen wegen Dieb- stahls (§8. 242/44 des Strafgeseßbuchs) verurtheilt.

Nath Mittheilung des Statistishen* Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 26. August bis inkl, 1, September cr. zur Anmeldung gekommen: 162 Che- \chließungen, 889 Lebendgeborene, 45 Todtgeborene, 606 Sterbefälle.

Statistisckes Jahrbuc für das Großherzogthum Baden. Neunzehnter Jahrgang, 1886. it der Herausgabe des statistishen Jahrbubs wird die Aufgabe verfolgt, für das Großherzogthum Baden eine Sammlung des hauptsäclicsten statistishen Zahlenmaterials zu bringen, welhes ih im Gange der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung dur jährliche oder regel- mäßig wiederkehrende oder durch einmalige besondere Aufzeihnungen und Erbebungen ergiebt. Diese Aufgabe ist auch dem gegenwärtigen Jahrbuche für 1886, dem neunzehnten in ter Reihe der bisherigen Jahrgänge, gestellt worden. Dasselbe {ließt \sich in seiner Einrichtung, fowie rishen Darstellungen im Allgemeinen den in und Anordnung des Stoffes gegen die früheren Jahr- gänge abgeänderten und erweiterten Jahrgängen für 1885 und 1884 an. Für einige Gegenstände sind jedo, entsprechend der in dem Eingang des vorhergehenden Jahrbuds ausgesprochenen Absicht, theils zur weiteren Bereicherung des Inhalts Erweiterungen und Er- gänzungen, theils zur Vereinfahung und besseren Uebersiht Kürzungen und Weglassungen eingetreten. Der statistishe Stoff des Bandes ist folgendermaßen geordnet: T. Abtbeilung Gebiet, Bewohnung und Stand der Bevölkerung. 11. Bewegung der Bevölkerung. 111. Boden- benußung, Land- und Forstwirth|cha\ft. 1V. Gewerbe. V. Verkehr und Verkehrswege. ‘VI. Handel, Kredit und Versicherung, Preise und Löhne. VII. Gesundheitswesen und Versorgung. VIII. Unterricht und Bildung. IX. Rechtspflege, X. Verwaltung und Polizei. XI. Finanzen. X1I. Kirche. XIII. Prüfungen 1877—1886. Anhang A. Die größeren Gemeinden. Anhang B. Ergebnisse der an den meteorologishen Sta- tionen des Großherzogthums Baden im Jahre 1886 angestellten Be- obachtungen.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von dem „Neuen Lausißzishen Magazin“, welches Professor Dr. Schönwälder, Sekretär der Oberlausißischen Ge- jellshaft der Wissenshaften in deren Auftrage heraus8giebt, liegt uns das 1. Heft 64. Bandes vor (Görliß, Selbstverlag der Ge- sellshaft und in Kommission der Buchbandlung von E. Remer). Jn dem Heft gelangt die von der Gesellshaft gekrönte Preis\chrift des Dr. Carl Franke, betitelt: „Grundzüge der Schriftsprache Luther's*, zur Publikation. Der Verfasser versuht darin eine historiiche Grammatik der Scriftsprahe des MReformators aufzustellen und gelangt dabei zu folgenden Ergebnissen : Im Lautstande, der Schreibweise und der Mointeauns hat er sich der hochdeutshen Kanzleifprahe angeschlossen und zwar besonders der kursähsischen ; neben dieser sind nahweiébar noch die Kaiserliche und die Nordost-Thüringens auf ihn von Einfluß gewesen, desgleichen auc seine thüringische Mundart, wiewohl die mitteldeutshe Färbung seines Lautstandes zum größten Theil der Einwirkung der fursäcksishen Kanzleisprahe zuzuschreiben ist. Im Wortschaß,. dèr Wortbildung und im Saßbau bielt er sich aber in richtiger Erkenntniß des deutshen Sprachgeistes an die lebendige Sprache des Volkes, welche er im Beichtstuhl und auf der Kanzel sfich {hon in hohem Grade angeeignet und veredelt hatte. So ist denn seine Spràche dem Kerne nah eine echte Volkssprache, hervorgegangen aus der Ausdrucksweise des gewöhnlihen Volkes, veredelt durch die des zum Herzen des Volkes redenden Predigers und umkleidet mit der Schreibweise der hohdeutshen Kanzleien. Die Schwächen und Mängel dieses Kleides hatte Luther's \charfes kritishes Auge bald erkannt, und diese Erkenntniß drängte ihn zur Reform der S(riftsprache. Ein zunächst unbedeutender Anfang der- selben ist hinsichtlich des Lautstandes und der Rehtschreibung seit dem Jahre 1520, dem fünften Jahre seiner nahweisbaren schriftstelleriscen Thätigkeit, zu konstatiren. Schon bedeutender wird die Umwandlung auf diesen beiden Gebieten 1522; au beseitigt er noch cinige syn- taktishe Mängel, indem er sih namentlich in seinen Ueberseßungen freier von dem Originale mat und dem deutshen Sprachgeiste mehr anpaßt. 1523 säubert er seinen Wortshaß noh von cinigen Fremd- wörtern und die Wortbiegung von einigen veralteten mittelhochdeut- \hen Formen. Sein Streben nach Einheit in dem Lautstande und der Rehtschreibung tritt aber besonders in den Jahren 1524 bis 1526 hervor, indem er die veralteten mittelhohdeutshen und die dialektisch mitteldeutschen Formen sowie die s Hâäufung der Konsonanten zu beseitigen sucht. Zwar hört die Läuterung der Rehtschreibung nach 1530 mit Ausnahme der Großschreibung der Hauptwörter und die des Lautstandes nach 1531 fast ganz auf, ohne zur vollständigen Einheit geführt zu haben; doch haben Luther's Schriften seit diesem Jahre bedeutend mehr einheitliches Gepräge als die der damaligen Kanzleien, und auch die Rechtshreibung ist viel geregelter. Bis zu dieser Zeit bat er auch die Wortbiegung von mehreren mittelhohdeutshen oder mitteldeutschen Formen gesäubert, sodaß die neuhohdeutshen immer mehr überwiegen; vollständig wird aber das Schwanken zwischen ihnen und den mittelhohdeutshen nicht beseitigt, Die Frage: Welche Verdienste hat Luther um die neuhohdeutshe Schriftsprache? beantwortet Franke dahin: am Wortscaß und Saybau war die deutsche Kanzleisprae auf dem Wege, sih und damit überhaupt die Scriftsprahe der lebendigen Volkssprahe immer mehr zu entfremden. Dieser Entfremdung der Scriftsprahe durch die Kanzleisprahe gebot Luther ein energisches Halt, indem er an Stelle leßterer seine Bibelüberseßung dem deutshen Schriftthum als klassishes Muster binstellte. So hat denn Luther das unsterbliche Verdienst um die deutshe Schriftsprache, den im Werden begriffenen Einheitsprozeß ibrer äußeren Form wirklich vollzogen und fie hinsihtlih des inneren Kernes zurückgeführt zu haben zu ihrem ewig jungen Quell, der lebendigen Sprache des Volkes. ___— Nit der Erzählung „Eine Marmorgruppe“, deren sehr an- ziehenden Schluß das jüngst ausgegebene neunte Heft von „Unsere A (herausgegeben von Friedrich Bienemann; Leipzig. L A. Brodchaus) bringt, hat M. Asmus sich als beactenswerthe

ihterin erwiesen. Der Leser wird an der feinen Schürzung der Verwickelung, wie an ihrer durchaus gesunden Lösung seine Freude haben. Professor Schwicker in Pest entwirft auf Grund der dem ungarishen Reichstage zugegangenen und von demselben genehmigten Vorlagen den Plan der Regulirung des Eisernen Thores an der unteren Donau und schildert die Geschichte der Bestrebungen zur Erfüllung dieses den Handelsinteressen Desterreihs und Deutschlands in bohem Grade dienstbar werdenden Werkes; eine Skizze des Strom- [aufs auf der betreffenden Strecke erläuteri die beabsihtigten Maß- nahmen, „Das- deutsche Kunsthandwerk auf der nationalen Aus- stellung zu München“ wird von H. E. von Berlepsh charakterisirt.

Eintheilung

Heinrich Adler greift in Ergänzung der im leßten Heft veranschaulichten

agrarpolitishen Fragen auf ihren leßten Gedanken, die Selbsthülfe der Landwirthe durch Association, in seinem Bullen „Landwirthschaft, Zwischenhandel und Konsum* zurück. Von Wilh. Rullmann wird auf Grund des von F. von Krones herausgegebenen Werkes über Moritz

nah dem Inhalt der einzelnen tabella-'

von Kaiserfeld (Leivzig, Duncker u. Humblot) ein Charakterbild dieses österreichischen und steirishen Staatsmannes geliefert. ConsulMarshall in atras entwirft in seinen „Reisebildern aus Neugriecbenland* eine an- chaulihe Darstellung seiner Streifzüge durch Akarnanien und Aetolien, wobei er au der Vertheidigung Messolonghis im Jahre 1826 ein- gehend gedenkt. „Darwin's Verhältniß zu deutschen Naturforschern“ wird von Dr. Wilh. Breitenbach auf Grund des vom Sohne des berühmten Gelehrten veröffentlihten Briefwesels dargestellt. W. P. Uhland endlich bringt interessante Mittheilungen über den zum undertjährigen L der Revolution von 1789 in Paris im Bau befindli@en Eiffel-T in seiner Vollendung i} beigegeben. Todtenshau* den Abschluß des Heftes. Erzählungen aus der mittleren, neuen und neuesten Geschichte. Von Prof. Dr. Ludwig Statcke, Prorektor a. D. 11. Theil: Erzählungen aus der neuen Gescbichte (bis 1815) in biographisher Form. 12. Auflage. Oldenburg, Druck und Verlag von Gerhard Stalling, 1888. (Pr. 2 A 50 9.) Von diesen fefselnd geschriebenen, kurz gefaßten Darstellungen der bedeutendsten historishen Ereignisse der Neuzeit ist bereits die 12. Auf- lage nöthig. geworden, was für die Beliebtheit und weite Verbreitung der Stacke’schen Geschichtserzählungen hinreihend zeugt. Auch die R Auflage kat vielfahe Verbesserungen und Berichtigungen erfahren. -

urm ; eine Abbildung des geplanten Werkes Wie gewöhnlich bildet die

Land- und Forstwirthschaft.

Das in Falfreisen mit großem Interesse erwartete Urtheil des Preisgerichts für die auf der Breslauer Ausstellung der Deutscben Landwirthschafts-Gesellshaft in Wettbewerb getretenen deutschen Saatgutzücter wird soeben veröffentlicht. Das wesentlich Neue bei dieser Bewerbung war, taß das Preisgericht nicht allein auf Grund des ausgestellten Saatgutes zu entscheiden hatte, sondern auf einer Rundreise durch Besichtigung der si be- werbenden Güter feststellen mußte, daß auf denselben Saat- gut erzeugt wird, welches qualitativ dem ausgestellten entspricht, und zwar in Quantitäten, welche die Leistungsfähigkeit des Züchters erweisen. Es kamen hierbei in erfter Linie Winterweizen und Hafer in Betracht, von denen mindestens 10 ha, in zweiter Linie Roggen und Gerste, von denen 5 ha in Anbau be- griffen sein mußten. Die drei großen silbernen Denkmünzen der Ge- sell'chaft wurden (in alphabetisher Ordnung) Hrn. Klostergutspächter F. Heine, Emersleben, Provinz Sachsen, Hrn. Amtsrath Rimpau, Slanstedt, Provinz Sachsen, und Hrn. Gutsbesiger O. Steiger, Leutewiß, Königreih Sachsen, zugesprohen. Ehrende Anerkennungen in Form cines Diploms erhielten die Hrrn. G. Bestehorn zu Bebiy, &. Knauer zu Gröbers, H. Rimpau zu Anderbeck und Major von Trotha zu Gänsefurth. Ein eingehender Bericht des Preisgerichts wird in dem nächsten Jahrbuch der Gesellschaft in Aussicht gestellt.

__ Karlsruhe, 4, September. (Karlsr. Ztg.) Ernteausfall im Jahr 1888, Die vorläufigen Berichte, welhe die Großherzog- [ichen Bezirkëämter alljährlich über den Auëfall der Getreide- und Gutterernte erstatten, konnten in diesem Jahre zu einem großen Theile erst Ende August zur Vorlage gelangen, da die Getreideernte infolge der ungünstigen Witterung sich erheblich verzögert hat. Das regnerishe Wetter des zu Ende gehenden Sommers hat sowohl die Getreideernte als die Futter- ernte nachtheilig beeinflußt und einen guten Theil der Hoff- nungen, die der Landwirth bei Beginn des Sommers hegen durfte, nicht zur Erfüllung gelangen lassen. Mit Ausnahme des Hafers, der im Gegensay zu vorigem Jabr, in welchem er dur die Troenheit des Sommers nachtheilig beeinflußt wurde, in diesem Jahre gut ge- rathen ift, sind sämmtliche Getreidearten, wenn man den Ernteausfall im ganzen Großherzogthum ins Auge faßt, hinter dem Durtschnitt früherer Jahre zurückgeblieben. Dies gilt von dem Körnerertrage, noch mehr aber von dem Ertrage an Stroh. Wenn man das Ernteergebniß bezüglich - der einzelnen Getreide- arten nah den verschiedenen Landesgegenden betrahtet, so hat der Weizen nur in der Rheinebene und in dem begleitenden Berg- und Hügellande den Durchschnitt gerade noh erreiht; in der Bodensce- gegerd, im Schwarzwald, im Odenwald und in der Main- und Tauber- gegend ift er ziemli s{chlecht gera Spelz ift fast durchweg hinter dem Durch{shnitt zurückgeblieben, Roggen hat denselben nur in der oberen Rheinebene erreiht und ist insbesondere im Schwarzwald ziemlich {lecht gerathen. Ein besseres Ergebniß als die vorgenannten Getreidearten hat die Gerste geliefert: dasselbe wird in der Bodensee- gegend als ein gutes, im Schwarzwald als ein ziemli gutes und im Odenmald als ein durscnittliches bezeihnet; nur in der Rhein- ebene ist der Durchschnitt nicht erreiht worden. Hafer ift, wie {on oben bemerkt, fast durchweg gut gerathen, Mishfruht hat in der Bodenfeegegend und in der oberen Rheinebene den Durh- \{chnitt überschritten, ist aber im Uebrigen hinter dem- selben zurückgeblicben. Raps hat in der Rheinebene einen Durchsrittéertrag geliefert, sonst aber denselben nicht er- reitt. Das Ergebniß der Heuernte ist fast durchweg, sowohl bezüglich der Menge als bezüglich der Ausfallsgüte, hinter dem Durchschnitt zurückgeblieben, da das Wachsthum durch die andauernde Trokenheit im Monat Mai, die Güte durch unausgeseßtes Regenwetter zur Zeit des Einbringens nactheilig beeinflußt wurde. Besser sind die Acker- futterkräuter (Klee, Luzerne, E]1parsette) gerathen; dieselben haben im Allgemeinen einen Durchschnittsertrag, in der oberen Rheinebene einen ziemlih guten Ertrag geliefert.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

E Niederlande.

Zufolge einer im eNederlandshen Staatskurant" veröffentlichten Bekanntmachung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 21. August d. I. ist die Ein- und Duarch{hfuhr von Schweinen, von frishem und gesalzenem Schweinefleisch, sowie von ungeshmolzenem Fett, Klauen, Mist und anderen Abfällen von Schweinen nah den Niederlanden verboten worden.

_ Die Kommissare in den verschiedenen Provinzen sind ermächtigt, ti ea von dem Verbot unter nachstehenden Bedingungen zu ertheilen ;

a, die Art und Menge der ein- odec dur{zuführenden Gegen- stände und die Herkunfts- und Bestimmungsorte sind anzugeben, : b. es ist der Nahweis zu führen, daß die ein- oder durchzuführen- den Gegenstände niht aus einem von ansteckenden Krankheiten, denen Schweine ausgeseßt sind, heimgesuhten Orte kommen,

e, die Güter müssen gehörig verpackt oder zugedeckt und dürfen beim Transport nicht mit Vieh in Berührung gekommen sein. Die- selben sind in dem Fuhrwerk oder Fahrzeug in besonderen nicht für den Viehtransport bestimmten Aa unterzubringen.

___ d, Im Interesse der Abwehr von Ansteckung können außerdem für jeden besonderen Fall aus Anlaß lokaler und anderer Umstände dur die Kommissare des Königs besondere Vorsihtsmaßregeln für den Transport, das Lagern und Behandeln der ein- oder durh- zuführenden Gegenstände vorgeschrieben werden.

Gewerbe und Handel.

_ Nah dem Bericht der Eilenburger Kattunmanufaktur über das legte Betriebsjahr kann an die Aktionäre eine Dividende von 4 9/0 vertheilt werden. Vorher sind Abschreibungen in Höhe von 38 555 # gemacht, dem Reservefonds sind 3602 4, dem Extra- reservefonds 11 000 #4, dem Delkrederefonds 12 475 #4 zugewiesen. Die a Gesammtabschreibungen beziffern sich auf 322 720 M, der Reservefonds umfaßt nunmehr 45 4, der Notenrescrvefonds 21 000 Æ, der Delkrederefonds 27267 A Das Immobilienconto umfaßt 254 000 #, das Maschinenconto 45 000 #, das Kupfer- walzenconto 53 000 4, Geschirrconto 400 4

Dem Aufsichtsrath der Chemnizger Werkzeug- maschinenfabrik vorm. Joh. Zimmermann wurde vom Vorstande der Abschluß pro 1887/88 vorgelegt. Derselbe ergiebt

einen Bruttogewinn von 398 145 Æ und nah Abzug von 169 681 #6

Abschreibungen einen Reingewinn von 228 464 „4 Der Aufsichtsrath genehmigte die Vorschläge des Vorstandes, eine Dividende von 34 % zu vertheilen und nah Abrechnung der Dotirung des Refervefonds sowie der statutenmäßigen Tantièmen 20 000 #4 für außergewöhn- ie Ausgaben zurückzustellen und 4062 # auf neue Rechnung vor- zutragen.

Dem Geschäftsbericht der Württembergishen Kattun- Manufaktur zu Heidenheim für das Jahr 1887/88 entnehmen wir folgendes: Eins\cließlich der aus dem Vorjahr übernommenen 27381 M beträgt der Bruttogewinn 739 839 4 (1886/87 899 151 A), wovon für Abschreibungen 142 794 M abgehen, dem Obligationen- Tilungsfonds 9500 #, dem Delcredere-Conto 15 216 4, dem Reserve- fonds 40 000 Æ und dem Pensionsfonds 20 000 M überwiesen werden, Auf das Aktienkapital von 2,24 Mill. Mark wird eine Dividende in der vorjährigen Höhe von 20%/9 vertheilt und 39 080 A bleiben für neue Rechnung. Die Anleiheshuld beläuft sich auf 891 500 4, der Reservefonds erböht sch durch die vorgeschlagene Dotirung auf 540 000 M, das Delcredere-Conto enthält 200 000 A Von den oben N Gesammtabschreibungen entfallen 50 000 A auf Waaren-

onto.

Danzig, 7. September. (W.T. B.) Die Einnahmen der Marienburg-Mlawkaer Eisenbahn betrugen im August cr., nach provisorisher Feststellung, 177650 A gegen 164 300 # nah provisorischer Feststelung im August 1887, mithin mehr 13 350 4 Die definitive Einnahme “im August 1887 betrug 158 648 M

Wien, 6. September. (W. T. B.) Ausweis der Oesterreichi ch- ungarischen Staatsbahn in der Woche vom 26. August bis Li September 773 560 Fl., Mehreinrahme 40420 Fl. Ausweis der Südbahn vom 27. August bis 2, September 837 756 Fl., Mehreinnahme 26 668 Fl.

London, 6. September. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen- ladung angeboten.

„B radford, 6. September. (W. T. B.) Wolle ruhig, un- verändert, Kreuzzuhten und feine Merinos gefragt; Garne gefragter, jedo sind die angebotenen Preise den Spinnern zu niedrig, Stoffe unverändert.

_St. Petersburg, 6. September. (W. T. B.) Aus Nischni-Nowgorod wird gemeldet: Nach Ablauf der Konzessions- frist zur Bildung einer Baucompagnie für die Petroleum- leitung Baku-Batum beshloß eine Versammlung der zur Messe in Nishni-Nowgorod anwesenden Kaufleute: bei der Regierung dahin zu wirken, daß die Bildung einer neuen Gesellschaft für das er- wähnte Unternehmen verhindert werden möge, da die Beförderung von O auf der Wolga alljährlich einen immer größeren Umfang gewinne.

Montevideo, 3. September. (W T. B.) Während des Monats Au gu st sind hier 73 überseeische Dampfer mit 958 Einwanderern angekommen. Die Waareneinfuhr betrug in demselben Monat ca. 21 000 Tonnen, und die Zolleinnahmen beliefen sih auf ca. 704 000 Pesos.

Submissionen im Auslande. L Italien. 1) 7. September. Savona. Reclusorio militare: Papier in verschiedener Größe und Güte, auch buntes und Pafpapier, in drei Loosfeu zu 93 200, 53 590 und 13 650 Lire.

2) 10, September. Venedig. Direz. d’Art. e Torped. 30 E maritt. : Lieferung von Papier und anderen Kanzleibedürfs- nissen.

Voranschlag 8813,82 Lire.

39) 11, September. Spezia. Dir, Armam. Dip. maritt,: Tischgeräth von Christofle und weißem Metall für die Messen der Kriegsschiffe. j

Voranschlag 100 000 Lire; {hon einmal ausgeschrieben. Schluß- termin 2. Oktober.

4) 11. September. Venedig. Dir. Armam. Dip. maritt. ; Ein eiserner Heizkessel mit Zubehör für einen Priestmann' schen Bagger.

Voranschlag 2380 Lire.

9) 11. September. Venedig. Ebenda: 36 000 kg Kupfer und 4000 kg Zinn in Broden. Zusammen 92 600 Lire; schon ein- mal ausgeschrieben. Schlußtermin 1, Oktober.

6) 17. September. Terre Annunziata R. Fabbrica Armi : 6000 Stück Leder zu Säbelscheiden. Voranschlag 6000 Lire.

Ferner in Aussicht stehend:

a. bei der Direktion der adriatishen Eisenbahnen in Florenz: Bau eines zweiten Geleises auf der Strecke Lucca—Cerasomma, Linie Pistoia —Pisa.

Voranschlag 556 000 Lire ;

b, bei der Direktion der Mittelmeerbahnen in Mailand. Bau des 4. Abschnitts der Linie Aulla—Lucca zwischen Ponte-Campia und Castelnuovo, 8325 m.

Voransclag 7 297 090 Lire.

Galbvanisirtes Eisenwellblech zur Erneuerung des großen Daches der inneren Station in Rom, nebst einschlägigen Arbeiten.

Voranschlag 55 000 Lire.

Verkehrs - Anstalten.

(Telegramm von Köln.) Die erste euglishe Poß vom 6. September, 9 Uhr 45 Minuten Vormittags, hat in

Köln den Anschluß nicht erreiht. Grund: Betriebsstörung zwischen Ehrenfeld und Köln.

Hamburg, 6. September. (W. T. B.) Der Postdampfer „Moravia“ der Hamburg- Amerikanishen Patcket- sahrt-Aktiengesellschaft is, von New-York kommend, heute Mittag 1 Uhr auf der Elbe eingetroffen.

London, 6. September. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer eNorham Castle“ ist heute auf der Ausreise in Capetown an- ekommen. Der Union-Dampfer „Moor“ ist heute auf der

eimreise von Capetown abgegangen.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause beendete Fr. Pierson- Brethol gestern Akead ihr erfolgreihes Gastspiel als Valentine in den „Hugenotten“ und krönte mit dieser Schlußrolle die Reihe ihrer nstlerishen Leistungen. Die Sängerin entfaltete in überrashender Weise die Vorzüge ihrer Begabung und bestätigte vollauf alles Lobenêwerthe, was von der geshäßten Gastin im Laufe ihres Auftretens hervorgehoben werden konnte. Besonders reizvoll ge- staltete sie in gesangliher wie \chauspielerisher Beziehung die Nachiscene des dritten Akts mit Marcel, wofür sie ein Hervorruf bei offener Scene belohnte,. Die dramatishe Ge- walt ihres Spieles im vierten Akt bot eine Fülle wirkungsvoller Eindrücke dar; feine Gliederung und naturwahrer Ausdruck arter seelisher Regungen gegenüber den elementaren Aus- rühen des Schmerzes und der Verzweiflung ftellten diese Scenen in den Mittelpunkt des dramatischen Interesses, Frl. Leisinger sang die Partie der Margarethe mit tadelloser Technik und spielte mit der ihr eigenthümlihen Vornehmheit, durch welhe sie immer fesselnd wirkt. MRecht erfreulich war die gesanglihe Leistung des Hrn. Rothmühl als Raoul zu nennen. Hr. Elmblad brahte die derbe und religiöse Gesinnung des Marcel, wie {hon früher, in packender Weise zur Geltung. Der Sänger verfügt über einen volltönenden Baß, welcher in der Tiefe ausreihende Stärke und in der Mittellage sehr an- genehmen Klang besißt; die Höhe wird zuweilen durch Forcirung in ihrer Wirkung getrübt. Den Pagen sang Frl. Gleiß zufrieden- stellend. Hr. Bey wirkte als Graf v. St. Bris, wie immer, mächtig durch die Schönheit seiner Stimme, und auhch die übrigen mitwirkenden Kräfte trugen angemessen zu s{hönem Gelingen des Ensembles bei.

Die Czi-

bulka’sche Operettenneuheit

Friedrich-Wilhelmstädtishes Theater. pe „Der Glücksritter“ wird in der nächsten Woche, am Sonnabend, den 15. d. M, zum ersten Male in Scene