1888 / 320 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Dec 1888 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten, : Am Schullehrer-Seminar zu Homberg ist der Präparanden- lehrer Sander daselbst als Hülsslehrer angestellt worden.

-«Bekanntmachunsg.

n Gemäßheit des §. 4 des Geseyes vom 27. Juli 1885, betreffend Ergänzung und Abänderung einiger Bestimmungen über Erhebung der auf das Einkommen gelegten direkten Kommunalabgaben E Wo S. 327), wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das im laufenden Steuer- jahr kommunalabgabepflihtige Reineinkommen aus dem Be- triebsjahre 1887 s j

bei der Peine-Jlseder Eisenbahn auf 40 615,84 M festgestellt worden ist.

Berlin, den 18. Dezember 1888. L -- Königliches Eisenbahn-Kommissariat. Bensen.

ANAighßtamtliches. Deutsches Neicc.

Preußen. Berlin, 20. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König arbeiteten gestern in den Morgen- stunden allein und empfingen um 11 Uhr den Kaiserlichen Gesandten, Freiherrn von Rotenhan.

Um 3 Uhr begaben Se. Majestät Sih nach Potsdam, nahmen an der Mittagstafel bei dem Offizier-Corps des 1. Garde- Regiments z. F. Theil und wohnten darauf einem Kriegsspiel nebit daran si s{ließendem kriegsgeschihhtlihen Vortrag bei.

Die Rückehr nah Berlin P um 101/4 Uhr Abends.

Jhre Majestät die Kaiserin und Köni in Augusta ertheilte gestern dem ehemaligen spanishen Bot- after, Grafen Benomar nebst Gemahlin eine Abschieds- Audienz ¡und dem neu; ernannten rumänischen Gesandten Ghika die erbetene Antritts-Audienz. O :

Gestern Abend sah Jhre Majestät Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin-Mutter von Mellenburg-Schwerin zum Thee bei Sih und stattete Jhrer Königlichen Hoheit heute im Schlosse einen Abschiedsbesuh ab.

Die Mitglieder der Magistratsdeputationen in preußishen Städten, gleichviel, op diese Deputationen bloß aus Mitgliedern des Magistrats oder aus beiden Gemeinde- behörden oder aus leyteren und aus stimmfähigen Bürgern gebildet sind, sind nah einem Urtheil des Rei sgerihts, IV. Strafsenats, vom 12. Oktober d. J., als dem Magistrat untergeordnete Beamte im Sinne des Strafgeseßbuchs zu erahten, und die Beleidigung gegen ein Deputations- mitglied ist auf den Strafantrag des Magistrats zu verfolgen.

Aerztliche Rezepte sind nach einem Urtheil des Reich ¿nri 7 II. Strafsenats, vom 12. Oktober d. J., ha en, welche zum Beweise von Rechten und

echtsverhältnissen von Erheblichkeit sind, und ihre Fälschung ist als Urkundenfälshung zu bestrafen.

Das einem Holzarbeiter von seinem Arbeitgeber für den häuslichen Bedarf gewährte freie Brennholz ist, nah einer Entscheidung des Reichs - Versicherungsamts vom 28. September d. J. (Nr. 633) als ein Naturalbezug im Sinne des 8. 3 Abs. 1 des Unsallversicherungsgeseßes zu be- traten. Dafür, daß das Holz lediglih als Geschenk von Seiten des Arbeitgebers hingegeben worden wäre, wie be- hauptet wurde, fehlt jeder Anhalt. Vielmehr ist anzunehmen, daß die Gewährung von freiem Brennholz, * wenn au nicht ausdrücklich ausbedungen, stillschweigend beiderseits bei dem Arbeitsvertrage vorausgeseßt war, und der Kläger daher mit Grund darauf renen konnte, zumal in Holzgeschäften den Arbeitern der Holzabfall vielfah ohne Entgelt Überlassen wird. Die Minderwerthigkeit des dem Kläger gewährten, aus Abfällen bestehenden Holzes ist bei der Ermittelung des an- rechnungsfähigen Betrages zu berücksichtigen.

Dem Kreise Wehlau im Regierungsbezirk Königs- berg, welcher den Bau einer Chaussee von der Königsberg- Gumbinner Provinzialstraße beî A L bis zur Grenze des Forstreviers Greiben hintcr Neuendorf beschlossen D ist durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 5. Dezember d. F. das Ent- eignungsrecht für die zu dieser Chaussee erforderlichen Grundstücke, sowie gegen Uebernahme der künftigen hausjee- mäßigen Unterhaltung der Straße das Recht zur Er- A des Chausseegeldes auf derselben nah den

estimmungen des Chausseegeld-Tarifs vom 29. Februar 1840 (G.-S. S. 94 i) einschließlih der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusäßlihen Vorschriften vorbehalt- lih der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestim- mungen verliehen worden. Auch sollen die dem Chaussee- geld-Tarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmun- gen wegen der Chaussee-Polizeivergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.

Dur Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 5. Dezember d. J. ist genehmigt worden, daß die dem Chausseegeld-Tarif vom 29. Februar 1840 (Geseß-Samml. S. 94 ff.) angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee - Polizeivergehen auf die im Kreise Neuhaldensleben, Regierungsbezirk Magdeburg, belegene Chaussee von der WedringenNeuen- hofer Chaussee über Hillersleben bis zur Kreisgrenze in der Richtung auf Meseberg zur Anwendung kommen.

Der General-Lieutenant von Lettow-Vorbeck, bisher Commandeur der 4. Jnfanterie-Brigade, welcher zum Kommandanten von Thorn ernannt worden, ift zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.

Der Regierungs-Assessor Neumann zu Münster ist an die Königliche Regierung zu Schleswig und der Regierungs- Assessor von Wehrs zu Schleswig an die Königliche Regie- rung zu Münster verseßt worden.“ j

Die Regierungs-Referendare Longard aus Köln, von Klißing aus Merseburg, Bönish aus Oppeln und von Meer aus Minden, sowie der Landrath Dr. jur. von Zander

Prinzen Alexander im

aus Königsber i Pr... haben am +15. d. M. die zweite Staatsprüfüng, füx den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

“— S. M. eug „Loreley“, Kommandant Kapitän- Lieutenant Fr L A Lynder, ist am 18. Dezember cr. in Konstantinopel ‘eingetroffen.

Bayern. Münthen, 19. Dezember. (Allg. Ztg:) Der rinz-Regent empfing heute den neuernannten belgischen O Baron Greindl, in Gegenwart des Staats- Ministers des Königlichen s und des Aeußern, Freiherrn von Crailsheim,’ im Thronjaale des Hofgartenbaues zur Ent- gegennahme seines Beglaubigungs\creibens.

Württemberg. Stuttgart,18. Dezember. (St.-A. f. W.) Der König CUpRRS am Sonntag in Nizza den Besuch des Großherzogs und der Großherzogin von Medcklen- burg-Shwerin, welche gegenwärtig in Cannes verweilen. Die Großherzoglichen Hexrshaften nahmen mit dem Herzog Georg von Leuchtenberg das Frühstück bei Sr. Majestät ein und kehrten Nahmittag® wieder nah Cannes zurüd. tg.)

Hefen. Darmstadt, 18. Dezember. (Darmst. Der Großherzog empfing heute den österreichish-ungari chen Gesandten, Freiherrn von Herbert - Rathkeal, behufs Entgegennahme feines Beglaubigungsschreibens.

Die Ueberführung der Leiche des Prinzen Alexander von dem Palais auf dem Louisenplage nah der Stadtkirche fand heute Abend zwischen 7 und 8 Uhr unter dem vor- gesehenen Ceremoniell statt. Eine dihtgedrängte Menschen- menge hatte die Straßen und Pläye bejeßt, durch welche sh

der Zug bewegte. i

. 6 9. Berit. (W. T. B.) Heute Nachmittag 3 Uhr

fand die feierlihe Beisezung der Leiche des ausoleum auf der Rosen-

Von fürstlichen Personen

öhe , programmgemäß statt. L Bort der Großherzog und

wohnten der Trauerfeier bei: die nähsten Angehörigen des Verstorbenen, ferner

rinz Heinrih von Preußen, die Großfürsten

ergius und Paul von Rußland, Prinz Wilhelm von Baden, Prinz Hermann von Sachsen-Weimar, Landgraf Alexis von Hessen-Philippsthal, die Landgräfin von Hessen, die Erb- prinzessin von Anhalt, Herzog Adolf und Prinz Nicolaus von Nassau und der Fúrst von Hohenzollern.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Dezember. (Wien. Ztg.) Im Budgetausshuß erklärte der Unterrichts - Minister Dr. von Gautsh heute, er habe nicht das fortgeseßte S inken der Frequenz der Wiener Hochschule für Boden- kultur übersehen ; auch die ausländischen Anstalten seien gering frequentirt. Gegenwärtig vermöge er über die Zukunst der Anstalt keine bestimmte Meinung abzugeben. Die vom Abg. Zeithammer beantragte Erneuerung der vorjährigen diesbezüglichen Resolution, wurde mit 13 gegen 12 Stimmen abgelehnt. e L

19." Dezember. (W. T. B.) Die Verordnung des Gesammt - Ministeriums betreffs Suspendirung der Schwurgerichte in fünfzehn unter dem Anarchisten- gesey stehenden Gerichts\prengeln wurde im Abgeord- netenhause genehmigt, nahdem der Minoritätsantrag auf sofortige Aufhebung der Verordnung mit 142 gegen 122 Stimmen abgelehnt worden war. Die nächste Sißung is un- bestimmt.

Großbritannien und Jrland. London, 19. Dezember. (A. C.) Die Königin trat gestern, begleitet von der Kaiserin Friedrih und deren drei Prinzessinen - Töchtern, von Windsor die. Reise nah Osborne auf der Insel Wight an, wo der Hof bis Ende Januar verweilen wird.

Dem Parlament wurde vorgestern der Wortlaut des dem General Grenfell von Osman Digma übersandten Schreibens sowie der beigefügte Bericht Osman Salih's im Wortlaut vorgelegt. Sir E. Baring hatte beide Schriftstücke telegraphish an Lord Salisbury gesandt. Der vom 10. Safar 1306 datirte Beriht Osman Salih's lautet :

„Im Namen des großen Gottes 2c. Dieses ist vom geringsten Knechte Gottes an seinen Herrn und Ober-Khalifen 2c. Wir gingen mit den Dampfern und der Armee vor, erreihten die Stadt Lado, wo Emin, der Mudir des Aequators, weilt. Wir erreichtn diesen Ort am 15. Safar 1306. Wir müssen den Offizieren und Mannschaften danken, welche diesen Sieg leiht vor unserer Ankunft maten. Sie nahmen Emin und einen bei ibm befindlihen Reisenden ge- fangen und legten sie in Ketten, Die Offiziere und Mannstaften weigerten sih, nach Egypten mit den Türken zu gehen. Tewfik \andte Emin einen Reisenden, defsen Namen Stanley ist. Dieser Stanlcy brate einen Brief von Tewfik an Emin, datirt 8. Jemal Awwal 1304 Nr. 81, worin er Emin aufforderte, mit Stanley zu gehen und den Uebrigen die Wahl zu_ lassen, nach Kairo zu ziehen oder dort zu bleiben. Die Soldaten weigerten si, dem türkischen Befehl zu gehorchen, und empfingen uns mit Freuden. Ih babe viel Federn und Clfenbein gefunden. Ich shicke mit diesem Schreiben an Bord des „Bordain® die Offiziere und den Oberschreiber. Ih schicke au den Brief Tewfik's an Emin und die den Türken abgenommenen Fahnen. Ich höre, daß da noch ein anderer Reisender ist, welcher zu Emin gekommen is, erfahre aber, daß er wieder fort ist, Ih haue mi um nah ihm. Wenn er zurück- kommt, werde ih ihn sicher abfassen. Alle Häuptlinge der Provinz urd die Einwohner haben uns begeistert empfangen. Jch habe alle Waffen und Munition konfiszirt. Schicke bitte die Osfiziere und den Oberschreiber zurück, wenn Du sie gesehen und ihnen die nöthigen Anweisungen gegeben hast, weil sie mir sehr nüßlich sein werden.“

20. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Nach einem Telegramm aus Suakim hat General Grenfell mit 4000 Mann englischer und egyptisher Truppen die feind- lihen Verjchanzungen am Morgen mit Sturm ge- nommen. Die englisch - egyptishen Verluste sind gering. Der Feind hat mehr als 1000 Mann verloren. Der Sieg war ein vollständiger und binnen einer halben Stunde errungen. Ein Kavallerieangriff führte die völlige Niederlage der Feinde herbei. Dieselben zogen sh nah Hascheen und Tamai zurück; die Truppen Grenfell's halten die feind- lihen Verschanzungen beseßt.

Frankreih. Paris, 19. Dezember. (W.T.B.) Der Senat begann heute die Budgetberathung. Challemel- Lacour sagte, es handele si E niht mehr um die Zu- kunst der Finanzen, sondern um die Zukunft Frankreichs selber. Redner tadelte die Politik der Regierung in der Schulfrage, dur welche in das Leben der Familie verlegend angearen werde; die Ursache des Uebels liege aber in dem Radikalismus elbst, der die alten Begründer der Republik mit N ver- olge und unerfüllbare Versprehungen gemacht habe. Und nun

j onarchie gebrochen

alle Frankreich, das mit der ruhmreichsten oh en. Das gegenwärtige

habe, dem ersten besten Manne zu

Kabinet, welches die Bewegung nah dem Abgrunde hin auf- alten müßte, stürze das Land im Gegentheil in denselben binab, Es sei Zeit, zu einer Politik“ der gesunden Ver- nunst zurückzukehren. Der Redner appellirte \{ließlich an die Rechte, sich mit den Männern der Ordnung und der Freiheit von der Linken zu vereinigen, um das Vaterland zu retten. Diese Rede wurde mit begeistertem Beifall aufgenommen ; alle Senatoren erhoben e. Léon Say beantragte, die Rede drucken und in allen Gemeinden öffentlih anschlagen zu lassen. Die Abstimmung über diesen Antrag wurde bis zur nächsten qung vershoben und die egenwärtige Sißung sodann für kurze Zeit unterbrochen. Nach Wiederaufnahme der Sißung ergriff der Minister- Präsident Floquet das Wort, um zunächst verschiedene Ausführungen Challemel-Lacour's, namentlich aber dessen Appell an die Rechte zurüczuweisen. -_ Der Minister, welher vielfah unterbrohen wurde, erklärte sodann, er habe sich um die Gewalt niht beworben, dieselbe fei ihm vielmehr aufgenöthigt worden; er habe versucht, innerhalb der Linken eine Konzentration herbeizuführen; die Politik der gegenwärtigen Regierung sei eine vorsichtige, in wirk- li republikanishem Sinne reformatorische. Er habe so- eben erst den Entwurf wegen Wiederherstellung des Einzel- \krutiniums eingebraht, um den Kampf für die Konsolidi- rung der Republik fortzuseßen. Léon Say gab seiner Be- wunderung für die Rede Challemel-Lacour's Ausdruck und bedauerte, daß Floquet's Rede niht auf der gleichen Höhe sich bewegt habe. Tol ain vertheidigte unter andauernder Unruhe die radikale Politik des Ministeriums ; alles Uebel komme von der Weigerung der Konservativen, \sich der Republik voll und ganz anzuschließen. Floquet erklärte, er werde, wenn nötbig, die Gesezgebung zu Hülfe rufen, um gegen die Gefahr, von welcher Challemel gesprochen, zu kämpfen. Die Sißung wurde sodann unter lebhafter Bewegung aufgehoben. i

(Köln. Ztg.) Der Auss{chuß der Deputirten- kammer zur Vorr uaa des Antrags, Frauen das Wahlrecht für die Handelsgerichte zu verleihen, wird in seiner Mehrheit für diesen Vorschlag eintreten. ,

20, Dezember. T. B.) Mehrere republi- kanishe Blätter mahen dem Senator Challemel- Lacour den Vorwurf, durch seine r Ausführungen gegen die radikale Partei die Republik selbst angegriffen zu aben. Das „Journal des Débats“ hebt dagegen lobend a, daß Challemel den Muth gehabt habe, die Fehler seiner eigenen Partei aufzudecken. i

Die verschiedenen Gruppen des Senats werden sich heute vor der Sißung versammeln, um sich über den A n- trag Léon Say's wegen A und öffentlichen Anschlags der Challemel'shen Rede s{hlüssig zu machen.

Ftalien. Nom, 19. Dezember. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer legte der Minister der ösfent- lihen Arbeiten heute einen Geseßentwurf, betreffend Vorkehrungen zur Verpflegung des Militärs beim Transport auf den bereits im Betrieb befindlihen Eisen- bahnen, vor, verlangte die Dringlichkeit für denselben und beantragte die Ueberweisung des Entwurfs an die mit der Vorberathung der außerordentlihen Militärkredite betraute Kommission. Die Kammer stimmte diesen Anträgen zu.

Schweiz. Bern, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Nationalrath und der Ständerath beschlossen überein- stimmend, die jeßige ordentlihe Session im Frühling fortzusegen und dem Bundesrath den Zeitpunkt der Einberufung zu überlassen. Der Ständerath genehmigte mit 24 gegen 9 Stimmen den Handelsvertrag mit Desterreich- Ungarn und nahm den Zusaßvertragzu dem Handels- vertrage mit Deutschland einstimmig an.

Rumänien. Bukarest, 19. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer berieth heute die Adresse an den König. Das Amendement von Nicolas Jonesco, welches eine absolute Neutralität und eine Union der Balkanstaaten verlangt, ferner die Bitte an den König enthält, nur eine von der ganzen Nation gebilligte Politik zu befolgen, wurde a b- gelehnt, nahdem der Minister des Aeußern, Carp, wiederholt ausgeführt hatte, daß die äußere Politik den Kämpfen der Parteien entrückt bleiben müsse, damit nicht gesagt werden könne, daß die Uebernahme der Regierung dur diese oder jene Partei au den Triumph der entsprehendén auswärtigen Politik bedeute. i

Der ehemalige Kriegs-Minister Angelescu ist wegen Erpressung zu einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten, 3000 Fr. Geldbuße und 30 000 Fr. Entschädigung an den Kriegs-Minister verurtheilt worden. :

Zeitungsstimmen.

Die „Landes-Zeitung für Elsaß-Lothringen“ reibt :

[9 Auch das im Reichêtage am vergangenen Donnerstag einer ersten Berathung unterzogene Geset, betreffend die Erwerbs- und Wirthschafis- genossenschasten, hat eine sozialreformatorishe Bedeutung. Wie die Ver- siherungsgesetze. die Existenz der Arbeiter im Falle von Krankheit, Unfällen, Invalidität und Alter s\icherstellen, so ist das Genofsen- \chaftsgeseß vornehmlih ein Gesey für die Wahrung und Hebun der wirthschaftlihen Interessen des kleinen Mitteltandes. Au in diesem Stande zeigt \ih, wohin wir blicken, viel Noth und Elend. Der Einzelne, auf si allein angewiesen, ist oft nicht im Stande, sih vor den Widerwärtigkeiten des Lebens zu s{ühen; wenn ihm für die Ne des täglichen Lebens zu hohe, mit seinen Einnahmen in Widerspruch stehende Preise abgenommen werden, wenn er, um si zu heben und zu fördern, Geld brauht und dem Wuerer in die Hände fällt, vermehrt sih zusehends das sojiale Elend. Die genossenshaftlihe Vereinigung kann ihn retten und [chüßen. Nber es liegt auf der Hand, daß hierfür das Prinzip des Zwangs, welcher den Industriearbeitern und Arbeitgebern au E werden muß, keine Anwen- dung finden kann. Auf diesem Gebiet hat die Selbsthülfe noch ihre Berech? tigung, freilich nicht die Selbsthülfe des Einzelnen, sondern die Selbsthülfe von Vereinigungen, welche si durch gleiche Interessen und Zwecke verbun- den fühlen. Der Staat aber kann und muß die Regeln vorschreiben, in welhen \sich die genossenschaftlihe Selbsthülfe bethätigen kann. Es geschah dies zuerst dur das une Genossenschaftsgeseß vom 27. März 1867, welhes die Grundlage des Bundesge|eßes vom 4. Iuli 1868 bildete. Dies Gese hat \ih indeß für die Pflege des Gedankens der genossensha]tlihen Selbsthülfe nit als förderlich genug erwiesen, hauptsäblih weil es den Grundsay der unbeschränkten Haftbarkeit aller Mitglieder gegenüber den Gläu- bigern der Genossenschaft hinstellte, wodurch viele wohlhabendere Elemente von der Betheiligung zurückgeschreck wurden. Das neuë Geseß will hauptsählih diesem Mangel abhelfen und neben der unbeshränkten Solidarhaft auch Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht zulassen. Klassen, welche niht unbemittelt sind, verlangen

ihrerseits mit Ret, an den - Vortheilen der genossenschaftlichen Associationen theilzunehmen, und können anderseits durh den Beitritt zu einer solhen den weniger bemittelten Genossen durch Besiy und Ginsidt von Nugea sein. Aber gerade sie werden durch die unbe- schränkte Haftpflicbt, wobei sie mit ihrem ghmnzen Vermögen für die Schulden der Genossenschaft haften, von der Betheiligung abgeschreckt. Daß aber auch die Sicherheit der Gläubiger sich mit einer milderen M iesen läßt, wird durch die Lage der Genossenschaften im usland bewiesen.

In ‘früherer Zeit waren die Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht ein Dogma der Ster und des fortschrittlichen Vaters des Genossenschaftswesens Schulze-Delißsch. Aber wie viele fortshrittlide Ideen, so hat auch diese jegt ihre Macht verloren, uind die Veryandlungen des Reichstages beweisen, daß der insbesondere von fonservativer Seite vertretene Gedanke der be- hränkten Haftbarkeit zu allgemeiner Anerkennung durchgedrungen i. Erft hierdurch wird das Aufblühen des Genossenshaftswesens auf einer durch die weiteren Bestimmungen des Gesetzes \sicher- gestellten gesunden Grundlage möglich sein. Nah dem Jahres- bericht des Allgemeinen Genofsenschaftsverbandes für 1886 existiren außer den spezifisch ländlichen Genossenshaften im Ganzen 4438. Es sind aber wie es in einem Kapitel des kürzlich erschienenen „Katehismus der Sozialreform*“ mit Ret heißt ihrer 30 000 his 40 000 nöthig, wenn die wirthschaftlichen, sozialen und sittlichen Zwecke erfüllt werden sollen, denen sie dienen sollen. - In jedem leinen Dorfe haust ein Wucherer, um der Bevölkerung das Blut auszusaugen, aber es fonnten, hauptsächlich wegen der abshreckenden Solidarhaft, seit etwa 30 Jahren erst in einigen hundert Ort- haften auf dem Genofsenschaftëprinzip beruhende und so segens- reih wirkende Raiffeisen’she Darlehnskassen ins Leben gerufen werden. Wenn in jedem Orte Wirthscbaftsgenossenschaften für die verschiedensten Zwede bestehen, erst dann werden dem wirthschaftlihen und sozialen Elend seine Hauptquellen abgegraben sein. Ganz besonders ist bier- von auch die Erhaltung und Stärkung des kleinen und mittleren Bauernstandes zu erhoffen, Das Genossenschaftswesen hat auf dem Lande s\c{hon einen hübshen Anfang genommen. Neben den erwähnten Darlehnskassen-Vereinen zur Besfrie- digung des Kreditbedürfnisses der bäuerlihen Bevölkerung existiren landwirthschaftlißhe Konsumvereine zum gemeinsamen Bezug der Bedürfnisse an Kunstdünger, Saatgut, Viehfutter und derglei®en, Genoffenschaften zur Beschaffung landwirthschaftliher Maschinen und Eeräthe oder zum gemeinfamen Halten von Zuchtvieh, Produktiv- und Magazinvereine, wie namentlich Molkerei-, Winzer- und Hopfen- hau - Genossenschaften. Die beabsichtigte Erleichterung der Be- dingungen bei Gründung von Genossenschaften wird wesentlich zur Besserung der Lage der bäuerlichen Bevölkerung beitragen. Die große Masse der Nichtbesißenden muß auf den rettenden Weg der genossenschaftlihen Selbsthülfe hingewiesen werden, damit sie der rettenden Hülfe der woblhabenderen Klassen theilhaftig werden kann. Nur so wird dem wirthschaftlihen Nothstand in dem fleinen Mittel- stande ein Hemmschuh angelegt werden können. Wir wollen hoffen und in dieser Hoffaung werden wir durch die bisherigen Reichs- tagéverhandlungen über das in Rede stehende Geseß bestärkt —, daß der Reichstag Verständniß genug für die Sozialreform auch auf diesem Gebiete hat, um jenen Weg ebnen zu helfen.

Das „Deutsche Tageblatt bringt folgende wirth- shaftlihe Betrachtung :

Am 15. Dezember waren es zehn Jahre, daß Fürst Bismarck dur seinen Weihnachtsbrief das Signal füc den Uebergang zu der jeßigen Wirtbschafts- und Steuerpolitik gab. Jahr für Jahr hat \ich Herr Eugen Richter bemüht, das vollständige Fiasko dieser Bismarck- hen Politik vor versammeltem Kriegsvolk auszuschreien. Wenn er in neuerer Zeit darauf verzichtet, die bekannte Rede mit dem noch bekannteren Schlusse: Fort mit dem System Bismarck! immer wiedcr aufs Neue zu halten, so ist der Hauptgrund wohl der, daß er daran erinnert zu werden befürchtet, wie er selbst mit seinen Getreuen nah den Septennatswahlen für die Bewilligung von solchen Ausgaben im Interesse der Erhaltung dec Wehrfähigkeit und der Sicherheit des Deutschen Reichs eingetreten ift, die gar nicht hätten gemaht werden können, wenn sich niht in den leßten zehn Jahren die eigenen Einnahmen des Reichs in dem Maße vermehrt haben würden, in welhem dics vom Fürsten Bismarck im Jahre 1878 als unb. dingt nothwendig vorausgesehen wurde,

Daß der leitende Staatêmann damals die einzig richtige Direktive für die Gesammtpolitik des Deutscken Reichs ausgab, wicd aber auch dadurch in efklatantester Weise erhärtet, daß es im Laufe der legten zehn Jahre gelungen ist, in sozialpolitisher Be- ziehung diejenigen Schritte zu thun, welche den arbeitenden Klassen mit der Zeit das Bewußtsein ihres Zusammenhangs mit der Ent- wickelung des Staatsélebens zurüczugeben versprehen. Ebenso wenig roie cs denkbar erscheint, daß das Deutsche Reich die Rüstung hätte bestreiten können, welche es zur Behauptung feiner Stellung inmitten des neidishen Europas anzulegen gezwungen war, ebenso wenig wäre es möglih gewesen, daß das Reih und die Industrie oder die Land- wirtbschaft alle die Lasten, welhe die Sozialreform ihnen auferlegte, auf ihre Schultern zu nehmen si hätten bereit finden lassen können, wenn nicht durch die Jnaugurirung der neuen Wirthschafts- und Steuerpolitik diejenigen Bürgschaften für den Schuß der nationalen Arbeit endlich gegeben worden wären, welchbe es der Industrie ge- statteten, ihre Hochöfen unausgeblasen zu lassen und der Landwirth- shaft den Konkurrenzkampf mit den unter glückliheren Bedingungen wirthshaftenden Auslandsrivalen wenigstens zur Noth auszuhalten.

Ein weiteres Moment, welches hier nicht unbeachtet gelassen werden kann, ist entschieden dies: daß dur den Uebergang zu der jeßigen Wirthschafts- und Steucrpolitik ein sehr gewichtiger, um nicht ¡u sagen der größte Theil der deutshen Bundesstaaten ohne Frage in einem so hohen Grade an das Deutsche Reich gekéttét und mit der Einigung Deutschlands dur Preußen versöhnt worden ist, in welhem dies auf anderem am wenigsten aber auf dem berühmten mora- lishen Wege nimmer .möglih gewesen sein würde.

Die Beweisführung für das Gesagte könnte uns durchaus nicht shwer fallen. Wir beschränken uns darauf, an das Königreich

asen zu erinnern, in welhem der Partikularismus seit dem Jahre 1878 so gut wie ganz auégerottet worden ist und in welhem die ebenso reichsfreundlihen wie von dem entschiedensten Staatsbewußt- lein getragenen Vestrebungen der Ordnungéparteien zur Bekämpfung 2 ua Demokratie entschieden die größten Fortschritte aufzu- en haben.

Die „Germania“ bemerkt: :

Der zehnjährige Jahrestag des Bismarl'shen Briefes vom 15, Dezember 1878 ist von verschiedenen Blättern zum Anlaß einer Betrachtung über die seitdem im Deutschen Reich eingehaltene Wirth- [hafts- und Steuerpolitik genommen worden. Selbstverständlih gehen dabei die Urtheile in extremster Weise auseinander. Von der \hârfften und unbedingtesten Verurtheilung auf freisinniger Seite bis ¿ur unbedingtesten Bewunderung jenes „Ergebnisses genialer Intuition“ des Fürsten BismarckX auf gouvernementaler Seite sind alle Nüancen des Urtheils vertreten

Wir freuen uns auch heute noch des Werkes, das im folgenden Jahre 1879 dann begann und zu dessen Vollbringung das Centrum und auH die „Germania“ speziell so Vieles hat beitragen können und zu dessen Vertheidigung wir alle die Jahre auf der Schanze gestanden aben und noch weiter stehen werden. Unser Erwerbsleben ist vor dem Ruin bewahrt geblieben, die arbeitenden Klassen sind in Arbeit und Brot geblieben, die ZoUverträge haben we|entlih mitgeholfen ¡ur Besserung der Staatsfinanzen und hier und da auch zu Steuer- gelaftungen von den prophezeiten bôsen Folgen der Umkehr der

irth\hafts- und ZoUpolitik aber ist Manches gar niht und Manches

kur in niht nennenêwerthem Grade eingetreten.

Die „Deutshe volkswirthshaftlihe Cor- respondenz“ bemerkt über die Entwickelung der Konsumtions-

kraft in Deutschland:

Daß die wirthschaftlihe Krisis der siebziger Jahre keinesvegs nur eine Börsenkrisis, sondern in hohem Maße au eine Gewerbe- krisis gewesen und ebensosehr das legitime Waaren- und Geldgeschäft, wie den mühelosen spekulativen Erwerb getroffen hat, ist Iedem klar,

der die gewerblihe Entwicklung Deutsblanbs in den Jahren der Grün- -

dungen, in denen der folgenden Krisis und dann in denen des Auf- \{wungs verfolgt hat Was hierbei namentli die Großindustrie be- trifft, so wurde dieselbe kurz nah Beendigung des französischen Krieges, mitten in ihrer technischen Ausbildung begriffen, dur einen plôöglih großartig - anschwellenden Waarenbedarf zu außerordentlicher Erweiterung ihxer Geschäftsthätigkeit verführt. Mit der Kohlen- und Eisenindustrie beginnend, dehnte sih die Bedarfsfteigerung im natür- lihen Verlaufe der Dinge bald au auf alle übrigen Gewerbszweige aus. Ueberall dahte man damals nur an s{hleunige Erweiterung der Werke, Vermehrung der Produktion, Gründung neuer Unternehmungen, weil der Absay wirklich lohnend war und man der riesigen Nachfrage genügen wollte.

Als nun die goldene Zeit plößlich ein Ende nahm, die Arbeits- löhne wieder auf ein normales Maß, hin und wieder auch unter dasselbe zurückgingen und die große Masse der Arbeiter mit dem allgemeinen Rückgange der Löhne an Konsumtionsfähigkeit einbüßte, geriethen erst die erweiterten und neu gegründeten, dann alle übrigen Werke in eine s{hwierige Lage. Vordem nicht im Stande, die fabel- haften Anforderungen des Konsums zu erfüllen, blieb jeßt der Bedarf hinter ihrer Leistungsfähigkeit zurück; in kurzer Zeit sammelten sich bei dem allgemeinen Rückgange des Verbrauchs sehr vbeträhtlihe Vorräthe an Waaren an, welche den Niedergang der Preise beshleunigten und die Unrentabilität der Produktion besiegelten, eine Bewegung, die noch unterstüßt wurde durch die fast ungehinderte Freiheit der Bewegung, welche man der ausländishen Konkurrenz auf dem deutschen Markt gewährte.

Erst durch Beseitigung der leßteren, durch Wiedereroberung des inneren Marktes für die heimishe Industrie, durch weise“ Ein- \chränkung der Produktion der leßteren, dur eine allmähliche Steige- rung der Ausfuhr ist na und nach eine Gesundung eingetreten, welche sich in einer erfreulichen Verbrauchésteigerung von allen Er- zeugnissen unserer Großindustrie äußerte und endlih auch eine Besse- rung der Preise dieser Erzeugnisse herbeizuführen vermocht hat.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 22. Inhalt: I. Aktenstücke und Aufsäße: Die Post- und Telegraphenscbule in Frankrei. Der telegraphishe Verkehr zwishen Berlin und Rom während der Anwesenheit Sr. Majestät des Deutschen Kaisers in Jtalien. Das Wederrelais. Betriebsergebnisse der preußischen Staats-Eisenbahnen für das Jahr 1886/87. Die Breslauer Post» hâuser und das neue Reichs-Post- und Telegrapbhengebäude in Breslau. 1I. Kleine Mittheilungen: Die 10 000. Reichs-Telegraphenanstalt. Der Anschluß von Hamburg und Bremen an das deutsche Zoll- gebiet. Der fünfzehnte Verwaltungsberiht der japanishen Post- verwaltung. Das Feldtelegraphenwesen in Belgien. Nansen's Forschungsreise durch Grönland. III. Literatur des Verkehrswesens : Technishes Wörterbub für Telegraphie und Post. Deutsch-englisch und english-deutsch. Von F. Hennickde. Zum 3. November 1888, Von Gleim, Geheimer Ober-Regierungs-Rath. (Archiv für Eisen- bahnwesen, Jahrgang 1888. Heft 6.) IV. Zeitschriften-Ueberschau. Beröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheits- amts. Nr. 51. Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswohe. Gesundheitsstand in Niederländisch-Indien. Der 18. Jahresbericht des Landes-Medizinal-Kollegiums über das Medizinalwesen im Königreich Sachsen 1886. Sterbefälle in deutshen Städten von 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Der öffentliche Gesundheitszustand 2c. in Leipzig 1886. Sanitäts- beriht des K. K. Landes-Sanitätsrathes für Mähren 1886. Witterung. Veterinärpolizeiliße Maßregeln. Medizinal-Geseß- gon 2c. (Preußen.) Schließung von Schulen bei ansteckenden rankheiten. Epidemishe Genickstarre. Wöcnerinnen-Asyle. Vermischtes. (Preußen. Berlin.) Geheimmittel. (Bremen.) Untersuchungen des chemischen Laboratoriums 1884 bis 1886. Sa Desinfektionsverfahren bei dem Quarantäne-System. Geschenkliste. Bevölkerungsvorgänge in deutshen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern im Jahre 1887 und im Durchschnitt der Jahre 1878/1887.

Statistishe Nachrichten.

Im Anschluß an die bereits“ Ende Juli d. Js. erschienene

10 NOE von Band 35 neuer Folge der „Statistik des Deutschen Reichs*, enthaltend die „Schiffsunfälle an der deutschen Küste im Jahre 1887*, den „Nachweis der im Jahre 1887 als ver- unglückt angezeigten deutshen Seeschiffe*, den „Bestand der deutschen Kauffahrteischiffe am 1. Ianuar 1888 und die Bestandsveränderungen während des Jahres 1887“, hat das Kaiserliche Statistishe Amt nun- mehr die 11. Abtheilung dieses Bandes veröffentliht, welche ein- gehende Angaben über den Seeverkehr in den deutshen Hafen- pläßen und die Seereisen deutsher Schiffe im Jahre 1887 ent- hâlt und die Statistik dec deutshen Seeschiffahrt für das Jahr 1887 vervollständigt. Der gesammte Seeverkehr in den deutschen Hafenpläten zu Handelszwecken stellte sih im Jahre 1887 auf 119 737 o ene und abgegangene Schiffe mit 21 501953 Reg. -T., gegenüber 114 042 Schiffen mit 20122 348 Reg.-T. im Vorjahr. Es ergiebt dies für das Jahr 1887 eine Zu- nahme des Schiffsverkehrs um 5695 Schiffe und 1 379 605 Reg.-T., und zwar hat zugenommen der Seglerverkehr in den deutshen Häfen gegen das Vorjahr um 2076 Stwiffe und 154276 Reg.-T., der Dampferverkehr um 3619 Sciffe und 1225 329 Reg.-T. In Bezug auf die drei Hauptverkehrsrihtungen ergiebt die Vergleichung fol- gende Resultate. Es vergrößerte sih im Jahre 1887 gegen dasVorjahr : 1) der Verkehr der deutshen Häfen unter sich um 2705 Schiffe und 391 349 Reg.-T., 2) der Verkehr mit außerdeutshen europäischen Häfen um 2919 Sciffe und 646 335 Reg.-T, 3) der Verkehr mit außereuropäishen Häfen um 71 Schiffe und 341 921 Reg.-T. Von der Gesammtzahl der ein- und ausgegangenen Schiffe waren 60,4 %/%o Segelschiffe und 39,6 9/9 Dampfschiffe, und von je 100 Reg.-T. der verkehrenden Schiffe kommen auf Segelschiffe 22,0 9/0, auf Dampf- chiffe 78,0%. Der Flagge nach waren unter den sämmtlichen Schiffen 73,7 9/0 deutshe und 26,3 9/0 fremde, in Bezug auf den Tonnen- geLalt stellt h das Verhältniß der deutschen Schiffe zu denen fremder ationalität wie 52,2 : 47,8. Den bei weitem bedeutendsten Seeverkehr unter den deutschen Häfen hat sowobl der Zahl wie auch dem Raum- gehalt der ein- vnd ausgegangenen Schiffe nah Hamburg, demnächst folgen _nach der Gesammtzahl der verkehrenden Schiffe die Häfen Kiel, Stettin, Lübeck, Norderney (fast nur Watten- und Fährverkehr) und Neufahrwasser (Danzig); nach dem Raumgehalt sämmtlicher verkehrender Schiffe dagegen Stettin, Bremerhaven, Neufahrwasser, Kiel und Lübeck. Die Gesammtzahl der von deutshenSchiffen emachten Seereisen betiug im Jahre 1887 66551 und der ent- prehende Tonnengehalt 20 302 566 Reg.-T. ; dies ergiebt im Vergleich mit den im Jahre 1886 nachgewiesenen Reisen eine Zunahme in der Zahl der Seereisen um 3034 und cine Vergrößerung des Gesammt- raumgehalts um 1696079 Reg.-T. Werden die im Ballast oder leer fahrenden Schiffe (zusammen 12 559) außer Betracht gelassen und nur die beladenen berücksichtigt, so belief sh im Jahre 1887 die Sahl der ei deutsher Schiffe zwischen deutshen Häfen auf 27 788 mit 1537 119 Reg.-T. (26 943 Reisen mit 1 379 842 Reg.-T. im Vorjahre), vom Auslande nah deutshen Häfen auf 8439 mit 3 554 114 Reg.-T. (7708 Reisen mit 3 293 521 Reg.-T. im Vorjahre), von deutshen Häfen nach dem Auslande auf 7315 mit 3077 872 e (6763 Reisen und 2870007 Reg -T. im Vorjahre) und zwischen außerdeutshen Häfen auf 10450 Reisen mit 9 62 721 Reg.-T. (9879 Reisen und 8 696 191 Reg.-T. im Vorjahre). Dabei

ist \elbftverständlih jedes Schiff so oft gezählt , als es die betreffende Reise machte.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Kriegsgeschihtlihe Einzelschriften. Herausgegeben vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte. Heft 10: von Clausewiß. „Nachrichten über Preußen in seiner großen Katastrophe“. Mit 2 Skizzen. E. S. Mittler u Sohn, Königliche Hofbuhhandlung, Berlin 8W12, Kochstr. 68— 70. (Pr. 2,25 #) Die Abtheilung für Kriegsgeshichte des Großen Generalstabes veröffen1liht in dem soeben erscheinenden zehnten Hefte ihrer „Kriegsge|chichtlihen Einzelschriften“ Aufsäße des Generals von Clausewiß von höchstem Werthe: „Nahhrihten über Preußen in seiner großen Katastrophe.“ Eine erhebende Vaterlands- liebe, Schärfe und Sicherheit des Urtheils und ein edler, gewaltiger Schwung der Darstellung vereinigen \sih hier zu einem klassischen Werke, dessen Gegenstand uns dassclbe doppelt werthvoll macht. Die Ursachen der Niederlagen, welche das einstmals fridericianishe Preußen im Kriege gegen Napoleon erlitt, werden in einer Cha- rakteristik der einzelnen leitenden Personen, in einer Schilderung der Heere8zustände und in einer Kritik des Feldzugs von 1806 mit über- zeugender, bewundernswerther Klarheit dargelegt. Diese Sicherheit des Urtheils und die begeisterte Vaterlandsliebe, welche die Dar- stellung dur{dringt, bewirken, daß die Offenheit, mit welcher die Schwächen der Heere8sorganisation und -Ausrüstung, die Fehler der Politik und Kriegführung dargelegt werden, niht im min- desten verleßt. Wie das kürzlih ershienene „Kriegerleben des J. v. Borcke_ (1806—1815)*“ durch die ergreifenden Erlebnisse eines einzelnen Offiziers, spricht auch dieses Werk, in einer Gesammt- beurtheilung unseres damaligen Staates und Heeres mahnend und lehrend zu uns Nachkommen, unablässig unsere Kräfte zu üben und zu mehren, um kampfbereit für des Vaterlandes Beistand und Heil einzustehen. Für die Geschichtsforshung besißt diese Publikation den Werth eines Quellenwerks ersten Ranges; die Kriegsgeschichte von 1806 insbesondere ist durch dasselbe endgültig flargestellt und ab- \cließend beurtheilt. L :

Der häusliche Beruf und wirthschaftliche Erfah- rungen von Lina Morgenstern. Studien für Frauen und Mädchen, Handbuch für Haushaltungs- und Fortbildungsschulen. Berlin, 1889, Verlag der „Deutshen Hausfrauenzeitung“, Lützow- play 14. (Eleg. gebunden 3 M 50 4.) „Dieses Werk wird sicher viel Segensreiches und Gutes in den weitesten Kreisen stiften“ so ließ Ihre Königlihe Hoheit die Großherzogin von Baden der Ver- fafserin schreiben, als die hohe Frau nah Kenntnißnahme des Inhalts die Widmung des Buches annahm. Die Verfasserin sagt: Die Frauen- bestrebungen unserer Zeit haben keinen Werth, wenn fie sih nit als höchstes Ziel stecken die Sittlichkeit und Reinheit des Familienlebens und die Erziehur(i zur Arbeit und Pflichttreue als Grundlage des Staatslebens. Sie will daher in vorliegender Schrift einen Weg- weiser zum häuslihen Glück bieten durch Feststellung der Wirksam- keitssphäre der Frau im Hause, welche in selbstloscr Liebe, Kenntniß der Berufspfslichten und Verständniß der wirth\chaftlichen Verhältnisse zu bestehen habe. Aus dem überaus reichen Inhalt heben wir folgende Abschnitte hervor: Die Grundpfeiler wirthschaftlicher Wohlfahrt. Die Erleichterung häutlicher Arbeiten. Häusliche Erziehung, Gesundheits- und Krankenpflege, ferner die ausführlichen praftishen Anleitungen zur Einrichtung der Wohnung, zu sämmtlichen häuslichen und Hand- arbeiten, zur Erziehung der Dienstboten u. \. w.

Dem Iugend-Album von Julius Lohmeyer: „Deutsche Jugend“ (Neue Folae, in Bänden und Monatshesten, Verlag von Gebrüder Kröner in Stuttgart) gebührt gegenüber der andrängenden Fluth von minderwerthigen Erscheinungen auf dem hochzuhaltenden Gebiet der Iugendliteratur die Anerkennung eines altbewährten, ge- diegenen Jugendwerks von künstlerisch edlem Gehalt in Wort und Bild, in Unterhaltung und Belehrung, das den befonders für die Gemütbs- und Geschmacksbildung ihrer Kinder beforgten Eltern wiederholt zu empfehlen ist. Das sehr unterhaltende, inhaltsreiche Dezemberheft enthält neben einer poetisch werthvollen Jugend- Erzählung: „Die Heimkehr in der Christnaht“, von Julie Ludwig, mit sehr reizvollen Jllustrationen von Hermann Vogel, ein anmuthiges Märchen von Frida Schanz: „Der Finfenfranzl“, mit prächtigem Farbendruck nah einer Aquarelle des- selben Künstlers, eine Weihnachts-Humoreske von B. Renz mit allerliebster Illustration von C. W. Allers, Weihnahtsdichtungen von Julius Lohmeyer und Georg Lang, ferner vielfahe Anregungen zu hübshen Weibhnactsarbeiten von A. Fränckel und M. Laudien, und eine Fülle von Verstandesaufgaben, Knacknandeln, Räthseln und dergleichen. (Das Abonnement auf dieses für Knaben und Mädchen N s 15 Jahren bestimmte Jugend-Album beträgt halbjährlich M 2,40.

Die am 22, d. M. erscheinende Nr. 2373 der „Jlluftrirten

eitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Die- Zuckerdüte. tah einem Gemälde von Anton Dieffenbach. Durch Dik und Dünn. Nach einem Gemälde voa_Jaroétlav Vésin. Tranéport der Kirchenglocken nah dem neuen St. Andreasthurm in Hildesbeim. Alte Weihnachts-Pfefferkuhenformen. In Nürnberg aufgefundenen Holzformen nacbgebildet. 5 Abbildungen. Madonna. Nah einem Oelgemälde von Professor Theodor Grosse. Bilder aus Tirol : Schloß Taufers. Julius Köstlin. Die Krippendarstellung in der Pfarrkirhe zu Plantlünne. Karl Zeiß. Studienkopf von Franz von Defregger. Zwei Vignetten zur Weihnachtsnovelle.

Gewerbe und Handel.

Die Berliner Dampfshiffahrts-Gesellschaft hat am 4. d. M. ihre Liquidation beschlossen.

__— Ueber die oberschlesishe Zink- und Bleiproduktion wird in der von Dr, Bernhard Koßmann verfaßten Fest\christ für die XXIX. Hauptversammlung des Vereins deutsher Ingenieure zu Breslau: „Oberschlesien, sein Land und seine Industrie“ mitgetheilt : Der obersclesische Rohzink empfängt zwar vom Londoner Markt seine Preise, nimmt aber glei{hwohl daselbst und zugleih für den Welt- markt eine maßgebende Stellung ein, derselbe geht in alle Welttheile, nah Amerika und Ost-JIndien, wo besondere Marken ausschließlih gekannt und abfaßfähig sind. Zinkbleche haben in den leßten Dayeen eine weitgehende Verwendung und Versendung gefunden. as obershlesishe Kaufblei ist wegen seiner reinen Beschaffenheit berühmt und daher zur Verarbeitung auf andere Ganz- freun e Jeor gesuht, in Blechen, Röhren für Munition gelangt es in überseeisher Ausfuhr in alle Welttheile. Rußland bezog in 1887 an oberschlesishem Blei 4838 t, Oesterreich 2655 t, zusammen 7493 t, d. h. 33,6 9% der gesammten Produktion. Ueber Roheisen, Gußwaaren und Walzwerkfabrikate meldet dieselbe Srift : Der R voa Puddelroheisen beschränkt si nahezu auf den einheimishen Industriebezirk; nah Desterreih is neben der Rohbeinfuhr durch die Zollerhöhung auf 1 Fl. 20 Kr. pro 50 kg in 1881 der Weg verlegt und nah Rußland ist sie durch die mit dem 1. März 1885 in Kraft getretene Er- böhung des Zolls auf Roheisen völlig unmöglich geworden. Die hohen rufsi)chen Eingangszölle auf Walzeisen hatten Anfangs dieses Jahrzehnts eine Anzahl diesseitiger Werke (Königshütte, Friedens- hütte, Falvabütte) veranlaßt, auf russishem Gebiet Filialwerke anzu- legen, welhe mit diesscitigem Roheisen versorgt wurden. Auf diese Weise war eine Ausfuhr von etwa 60 000 t Roheisen jährlich angebahnt. Vor Einführung der leßten Zollerhöhung vermochte man zwar die Filial- werke noch auf längere Zeit mit Roheisenvorräthen zu versehen, so daß das Jahr 1887 noch cine Ausfuhr von 25 700 t nazweist, auf die Rentabilität jener Filialwerke blieb aber die bezeihnete Maß- regel niht ohne Einfluß, Der Eingangszoll ist in 1887 auf 30 Kop. Gold pro Pad, also auf 2,80 „6 pro Centner erhöht worden. Das oberschlesishe Gießereiroheisen, welhes man in sehr braucbarer Oualität darzustellen gelernt hat, findet außer auf oberschlesischen Weiken vorzugsweise nah Niederschlesien , in geringeren Mengen auch nah Oesterreich und Polen Absatz. Jn Niederschlesien würde es bei billigeren Frahtsäten der Konkurrenz der leihtflüssigen englischen

4