1909 / 140 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Jun 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Gemeindesteuern und anderseits die Staatssteuern betrahtet, au weiter die Einkommensteuern der Aktionäre in Betracht zieht, sagen, daß die gesamten Einkommensteuern, die auf den Einkommen aus . den Alktiengesellshaften lasten, etwa 20- bis 30%/ der gesamten Dividende betragen, während sie in Frankreih nah den neuen Vor- schriften fich rur auf 12 0/6 belaufen.

Würden Sie nun weiter daneben noch eine solche Kotierungs- steuer, die wieder auf die Aktionäre, wieder auf die Aktionäre und Obligationäre abgewälzt wird, einführen, dann würden Sie nah der Meinung der verbündeten Regierungen den Aktionären und Obligationären mehr Schaden tun, als sich verantworten läßt, und die Kapitalassoziation, auch soweit sie wirtshaftlich nötig ist, er- \{chweren. Es wäre doch wirklich eine Ironie des Schicksals, wenn in dem Augenblick, wo die Pariser Börse sich von dieser Last befreit, das deutshe Reichsgeseß sie den Börsen Deutshlands und der in Berlin auferlegen wollte. (Sehr richtig! links.) Da würde \fich niemand anders ins Fäufthen lachen als die Franzosen.

Fh glaube, bei der ganzen Tendenz dieser Vorschriften i} eine gewisse instinktive Abneigung gegen das, was man Börse nennt, gegen die Kreise, die den Geldyerkehr vermitteln, wie er sih an der Börse und im Zusammenhang mit thr vollzieht, zum Teil vielleiht un- bewußt, das leitende Motiv. (Sehr richtig ! links.) Aber berechtigt ist sie darum nicht. Man trifft damit nicht bloß diese Börsen, nicht bloß die Leute, die die Geldbeschaffungsgeschäfte dort wahrnehmen, nein, man trifft viel mehr noch Gewerbe und Handel, d. h. diejenigen Erwerbszweige, die, und zwar in Deutschland ganz besonders, bei der verhältnismäßigen Kapitalschwach- heit zur Betätigung threr Unternehmungslust auf die Ver- mittlung der Börse angewiesen sind (schr rihtig! links), und das ift ein weiteres entsheidendes Bedenken, das die verbündeten Regierungen dieser Kotierungssteuer entgegenbringen.

Es wird niemand das hat ja schon der Herr Reichskanzler angedeutet der Gesetzgebung des leßten Jahrzehnts einen Vorwurf machen, daß sie in der Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Landwirtschaft niht weit genug gegangen sei. Sie hat, in der Ueber- zeugung von der Notwendigkeit des Shußes der landwirtschaftlichen &Fnterefsen vom volkswirtshaftlihen, vom sozialen und vom ethischen Standpunkte aus, für ihre Förderung alles getan; auch die jeßigen Gesetze lassen das erkennen. Beim Branniweinsteuergeseß und auh beim Erbschafts\teuergeseß ist in gerehtem Maße auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft Rücksiht genommen. Aber auf der anderen Seite müssen die verbündeten Regierungen darauf Wert legen und darauf bestehen, daß auch Handel und Gewerbe zu ihrem Nechte kommen, dabei keinen dauernden Schaden erleiden. So wenig es zu wünschen wäre und so unzuträglich es wäre, wenn Deutshland ein reiner JIndustriestaat, ein reiner Handels\staat wäre, fo nôtig es ihm ist, auch ein Landwirts\chafts\staat zu sein, so sind wir auf der anderen Seite dringend genötigt, nicht die Quellen des Wohlstands zu verstopfen, die uns aus Handel und aus Industrie

fließen. Handel und Industrie beschäftigen bei uns Millionen fleißiger Hände. Wir würden die großen Ausgaben, die uns zufolge unserer geographischen Lage unsere \{chwere militärische und Flottenrüstung kostet, nit bestreiten können, wir würden uns nicht in kulturellen Fragen ih denke dabei besonders auf dem Gebiet der Sozial-

politik in der ersten Linie halten können, in die uns der Stand unserer Gesittung und Bildung weist, wenn zur Förderung des Wohl- standes, zur Mehrung des Volksvermögens Handel und Jn- dustrie niht ebenfalls beitragen würden. (Sehr richtig! links.) Und ich muß sagen, vom Standpunkt der verbündeten Regierungen ist es eine bedenklihe Erscheinung, wenn jeßt die drei für den Wohl- stand Deutschlands wichtigen Erwerbszweige, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft, gegen einander gehen, oder wenn gar dieses Gegen- einander ein dauerndes werden follte. Aus allen diesen Gründen sind die verbündeten Regierungen durhaus abgeneigt und müssen es unter allen Umständen ablehnen, eine Steuer wie die Kotierungssteuer hier mit der Finanzreform zu verbinden.

Dasselbe Bedenken grundsäßliher Art, daß nämlich Handel und Industrie in gewissen Zweigen in einer Weise geshädigt werden, daß diese Zweige niht weiter bestehen können oder doch {weren Schaden [leiden würden, gilt gegen die Mühlenumsaßzsteuer und gilt auch gegen die Kohlenausfuhrsteuer. Ih behalte den verbündeten Regierungen vor, auf die Bedenken gegen sie im einzelnen einzugehen, sobald diese Projekte zur Erörterung kommen. Jch will nur kurz andeuten, daß das nach Meinung der verbündeten Regierungen zwet Vorschläge find, die, wie sie durch wirtshaftlihe und niht durch finanzielle Rück- fihhten veranlaßt sind, so. auh nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten in erster Linie beurteilt werden wollen. Die Mühlenumsaßhzsteuer würde nach der Meinung der verbündeten Regierungen nicht den Zweck erreichen, die kleinen Mühlen zu {üßen; fie würde zwar als eine Erdrofselungssteuer gegenüber den großen Mühlen wirken, würde aber den Lohnmühlen wegen des allgemeinén und in anderen Verhältnissen liegenden Rückzangs der Lohnmüllerei nicht helfen. (Sehr richtig! links) Sie könnte aber den Erfolg haben, den mittleren Mühlen die Produktion etwas zu verteuern und dadurch zu etner Steigerung der Mehlpreise beizutragen, einer Steigerung, die besonders bedenklich wäre in der jeßigen Zeit der ohnehin hohen Getreidepreise und der Aussicht auf keine gute Ernte. Schließlich@ würde diese Steuer den ausländishen Mühlen zugute kommen, indem sie den Import des Mebls erleihtern und die großen Mühlen, nahdem sie deren Kapital im Inlande vernichtet, nötigen würde, thren Betrieb ins Ausland zu

verlegen.

Was den Kohlenausfuhrzoll betrifft, so sind auch hier die ver- bündeten Regierungen nicht zu der Ueberzeugung gekommen, daß der Zweck, dadur die Kohlenförderung im Inlande zu verbilligen, damit würde erreiht werden. Die Gruben müssen, zum Teil wegen der Be- \chäftigung ihrer Arbeiter, zum Teil um durch Ausnußung threr Ein- rihtungen die Betriebskosten möglichst niedrig zu halten, unter Um- ständen, besonders wenn die Industrie im Inlande nit stark im Schwunge ist, für den Export arbeiten, müssen exportieren. Der Preis im Auslande aber bestimmt sih dur den Weltmarktspreis und dur die Konkurrenz im Auslande. Beim Export würden die Kohlen- bergwerke diesen Zoll im wesentlihen einzelne besondere Verhältnisse ausgenommen auf sich nehmen müssen; sie würden aber dann den Verlust auf. den Inlandspreis aufshlagen und, da fie in der Lage sind, dies zu können, auf die Verbraucher abwälzen. Der Ausfuhrzoll würde also nicht wverbilligend, sondern verteuernd auf den inländischen Kohlenverbrauch wirken. Das würde vor allem die {were Industrie treffen, die 40 2/6 aller Kohlen abnimmt

und die jeßt ohnehin nit in einer günstigeu Lage ift und es wohl au niht sobald sein wird, die au, wenn ein Aufschwung kommen sollte, durch manhes Wettergewölk am wirtschaftspolitischen Himmel des Auslandes bedroht ist und der dur die neue Reichsversicherungs- ordnung eine Reihe erheblicher Lasten bevorsteht. Unter diesen Um- ständen lehnen es die verbündeten Regierungen ab, einem Kohlenauss fuhrzoll, der solche Wirkungen haben würde, zuzustimmen.

Ueber die von der Kommission beschlossene Umsaßsteuer auf Grundstücke werde ich mich nachher äußern. Jn dieser Beziehung sind die verbündeten Regierungen unter gewissen Einschränkungen bereit, den Wünschen des Reichstags entgegenzukommen.

Nun aber möchte ich“mich zunähst noch zu der Wertzuwachs- steuer für Grundstücke wenden, die ja in dem Steuerprogramm der Kommission au eine Rolle spielt. Die Kommission hat unter teil- weise wohl zu wörtliher Uebernahme der Cölner Gemeindesteuer- ordnung s{chnell einen Gesetzentwurf festgestellt, der die Frage für das ganze Neich, für Stadt und Land, zu ordnen unternimmt. Die Regierungen \ind ja leider nicht in der Lage, ihrerseits so {nell zu arbeiten. Man würde es ihnen im Reichstage verdenken. Sie müssen Begründungen geben, man verlangt auch, daß sie vorher Sachverständige gehört haben. (Sehr richtig! links.) Obwohl nun die verbündeten Regierungen grundsäßlih einer solhen Steuervorlage nit ablehnend gegenüberstehen, obwohl sie anerkennen, daß auch das Reich zur Förderung des Werts von Grund und Boden beiträgt, und daß es wohl erwägenswert wäre, ihm auch einen Anteil an der Gewinnsteigerung, die chsich daraus für die Grundstücksveräußerer ergibt, zuzubilligen, find sie doch nicht in der Lage, jeßt hon einer geseßgeberischen Regelung für das ganze Reich zuzustimmen. Auch die Beratungen in der Kommission haben erkennen lassen, obwohl sich der Entwurf infolge der zweimaligen Beratung und infolge einiger Kritik nah vielen Nichtungen hin verbessert hat, daß es noch eine Reihe sehr zweifelhafter wichtiger Fragen gibt, die der Vertiefung bedürfen, ehe die Regelung für das ganze Reich erfolgt. Die wichtigste Frage ist immer die: wie is der Anteil, den die Gemeinden an der Steuer haben müssen, zu vereiaigen in einer praktis möglihen Weise mit dem Anteil, der dem Nei gewährt werden soll. Es muß da den Gemeinden eine gewisse freie Hand gelassen werden, um ihren be- sonderen Interessen nah Maßgabe der örtlichen Verhältnifse Rechnung zu tragen. Es muß aber auf der anderen Seite auch für Reich und Gemeinde eine gewisse Einheitlichkeit in den Hauptpunkten gewahrt werden ich denke z. B. an die Frage der Feststellung des Wertes —, um zu verhüten, daß zwei ganz heterogene Veranlagungsverfahren für dasselbe Objekt nebeneinander herlaufen, Cine Lösung dieser und anderer Schwierigkeiten ist nach meiner Ueberzeugung noch nit ge- funden, weder in der Frage der Rückwirkung, d. h. in der Frage, bis zu welhem Zeitpunkt der Wert, der vor dem Inkrafttreten des Ge- seßes liegt, bei der ersten nach dem Inkrafttreten des Gesehes stattfindenden Veräußerung in Betracht gezogen werden soll, noch bei der Frage, wie die abzugsfähigen Verbesserungen, besonders auf dem Lande, berechnet werden sollen, die abzugsfähig find auf dem Lande spielt ja die Arbeitskraft des Eigentümers für die Werts steigerung eine ganz andere Rolle wie in der Stadt —, noch wie man den mannigfachen Versuchen der Umgehungen des Gesehes mit Erfolg entgegentreten kann. Für alle diese Fragen fehlt es noch an der hinreichenden Vertiefung und Erfahrung. Dur eine vorzeitige ge- seßzgeberische Regelung für das ganze Reich wäre es wohl möglich, die Gntwicklung in den Kommunen zurückzuhalten und zu hemmen, abe? wahrsheinlich würde man damit der ganzen Entwicklung Abbruch tun. Nun kommt noch die Rücksiht dazu auf die finanziellen Interessen derjenigen Kummunen, welche bereits im Besitz einer solhen Steuer sind, und von denen manche durch die Aufhebung des städtischen Oktrois vom 1. Oktober nächsten Jahres ab ohnehin in eine s{chwierige Lage gebraht werden.

Endlich ist noch ein Bedenken hinzuzunehmen aus den s{chwanken- den Erträgnissen der Steuer. In den Städten Frankfurt am Main und Cöln haben fie in den Jahren 1906 bis 1908 so gewechselt, dan B, in Frau Win in dem einen Jahre 632000, im folgenden 295000 und im dritten nur 95000 erzielt wurden. Aehnlih is die Schwankung in Cöln von 287000 6 über 385000 6 auf 69000 4. Das macht es bedenklich, die Steuer mit einem festen Betrage bei der Finanzreform einzustellen. Wenn man sie einführen will, wird man gut tun, ihre Ergebnisse auf Ausgaben, bei denen man eine gewisse freie Hand hat ih will z. B. sagen, auf die Schuldentilgung —, anzuweisen, Die Schhäßzungen, die wir gemacht haben, lassen in der durch die Denk- {rift nachgewiesenen Weise für normale Zeiten zunächst keinen höheren Betrag als allerhöchstens 20 Millionen Mark jährli erwarten

Die verbündeten Negierungen sind bereit, der Frage der Ein- führung einer Reihswertzuwachssteuer näher zu treten, halten es aber, um Gesetze zu vermeiden, die nacher der Anwendung die größten Schwierigkeiten bereiten und praktisch anderen Erfolg haben als beabsichtigt, für nötig, dazu eine Zeit von zwet bis drei Jahren zu erhalten.

Scheiden hiernah aus dem Programm der Kommission vom Standpunkte der verbündeten Negierungen die Erträgnisse der Kotierungssteuer, der Wertzuwachssteuer, der Mühlen- umsaßsteuer, des Kohlenausfuhrzols aus, so bleibt eine Lüdke von etwa 140 Millionen zwishen dem Bedarf von 500 Millionen auf der einen Seite und den von der Kommission bewilligten Konsum- fleuern auf der andern Seite. Diese 140 Millionen Mark greifen also hinüber über die 100 Millionen, die auf Besißsteuern zu rehnen sein sollen, und um die Deckang dieser 140 Millionen Mark handeit es ch bei den Vorlagen, die die verbündeten Regierungen Ihnen zu unterbreiten die Ehre haben.

Wie Sie wissen, sind die Regierungen in erster Linie auf die Besteuerung der Nachlässe, der Erbanfälle an Deszendenten und Ehe- gatten zurückgeklommen. Die verbündeten Regierungen halten an der Ueberzeugung fest, daß es keine Steuer gibt, die in gleiher Weise alle Arten des Besitzes trifft, in gleicher Weise die Leistungsfähigkeit be- rüdsihtigt, ja, daß sie, da Einkommensteuer und Vermögenssteuer dem Reiche niht zur Verfügung stehen, die einzige für das Reich möglihe allgemeine Besißsteuer ift. Auf der andern Seite haben die Regierungen, in der Hoffnung, badurch das Zustandekommen des Geseßes zu erleihtern, nah Möglichkeit die Einwendungen berüdsihtigt, die dem Nachlaßsteuergeseß, wie es bisher vorlag, aus

dem hohen Hause au seitens dex Parteien entgegengebracht wurden,

die an sich mit einer Besteuerung der Deszendentenanfälle und der Anfälle an Ehegatten einverstanden waren.

Der Unterschied der Vorlage gegenüber den früheren Geseßen liegt hauptsählich in folgenden Punkten. Es wird nicht die Steuer von dem Nahhlaß als -solhem erhoben, um dem Einwand zu begegnen, daß darnah die Steuer dieselbe wäre, ob der Nachlaß în mehrere Teile, an mehrere Kinder geht oder nur einem Kinde zufließt. Es ist ferner, um das Eindringen in die Familienverhältnifse nach Möglichkeit zu beschränken, das Nachfor|chen nah dem Werte von mindex erheblichen Gegenständen zu vermeiden, das gesamte Mobiliar, die gesamte fahrende Habe freigelassen. Es is von der Steuer der Erbanfall an den überlebenden Gatten in beerbter Ehe ausgenommen worden, weil in solhen Fällen meist ja normaler Weise die häusliche Gemeinschaft vom überlebenden Ehegatten mit den Kindern fortges führt wird, und es da wünschenswert ist, nicht mit fiskalischen Maßregeln einzugreifen. Und um endli dem Einwand zu be- gegnen, daß sich das mobile Kapital leiter der Steuer entzieht wie der Grundbesig, sind die Bestimmungen verschärft worden, welche eine sichere Feststellung der der Steuer unterliegenden Nachlaß- gegenstände ermöglihen. Es ist die eidesstattlihe Versicherung des Nachlaßverzeichnifses vorgesehen worden.

Ein Haupteinwand, der von den Gegnern der Steuer immer

wieder erhoben wird, ist der, daß die Steuer den Grundbesiß ver-

hältnismäßig s{ärfer belaste als das mobile Kapital. Je mehr ih mich mit der Frage der Erbschaftssteuer befaßt habe, desto stärker ist in mir die Ueberzeugung von dem Gegenteil geworden. Wenn man sih fragt, wer denn die Erträgnisse der Erbschaftssteuer aufbringt, fo muß man sich klar machen, wie die vershiedenen Arten des Besißes an unserem gesamten nationalen Vermögen beteiligt sind. Ih habe hier die preußische Veranlagung zur Ergänzungssteuer für die lehten Jahre in der Hand. Wenn die Zahlen auch niht als absolute zu verwenden sind, so ist das Verhältnis der einzelnen Gruppen zueinander doch sehr lehrreich und zu beachten,.

Bei einem Gesamtvermögen von 85} Milliarden kamen in Preußen auf Kapitalvermögen 38 Milliarden Mark, auf Grund- vermögen eins{hließlichÞ des Betriebskapitals 35, davon aber 21} auf die Städte und nur 13x Milliarden auf das flahe Land. (Hört, hört! links.) Der Wert des Anlage- und Betriebskapitals in Handel, Gewerbe und Bergbau if mit 12 Milliarden angegeben. Unter den mobilen Kapitalien versteht man im allgemeinen das Kapitalyermögen und das Betriebskapital. Beides zusammen machte in Preußen 50 Milliarden aus von 854, Für das Grundvermögen bleiben 35 Milliarden, und davon wieder nach ganz anderen Gesichtspunkten zu beurteilen in den Städten 213, auf dem Lande nur 13F Milliarden. Also {hon hiernach, da bei der Vermögenssteuer ja dieselben Gesichts- punkte in Betracht kommen, wie bei der Erbschaftsfteuer, wird die Hauptlast der Erbschaftssteuer nicht von dem flachen Lande getragen.

Es kommen dazu aber die besonderen Bestimmungen, die der Entwurf, wie sein Vorgänger, das Nachlaßsteuergesez, zugunsten des Grundbesites in Würdigung seiner besonderen Eigenheiten trifft. I will sie hier niht wiederholen; ich darf nur darauf hinweisen, daß weil jeßt die Grbquoten maßgebend sind und Crbquoten unter 10 000 4 niht in Betracht kommen, die Befreiung bei dem durhschnitilihen Vorhandensein von 3 oder 4 Kindern zum großen Teil bis in Nach- lässe hinaufreiht, die zwischen 30—40 000 4 betragen. (Sehr richtig! links.)

Wenn früher von dem preußishen Herrn Finanzminister bei der Nahhlaßsteuer, die nur Nachläfse unter 20 000 4 freiließ, mitgeteilt wurde, daß unter 1200000 landwirtshaftlißen Betrieben nur 220000 das ist ein Fünftel von der Steuer be- troffen wurden, so wird jeßt die Zahl der Betriebe- die die Erbanfallsteuer für Abkömmlinge und Ehegatten trifft, Ah auf 120- bis 130 000 das ist nicht viel mehr als ein Zehntel vermindern. (Hört, hört! links.) Da kann man doch wahrhaftig nit behaupten, daß durch die Nachlaßsteuer die Axt an die Wurzeln des Bauernstandes gelegt werde. (Schr wahr! links.)

Da die Quoten ih vermindern, mußten die Steuersäße etwas erhöht werden. Wie Sie wissen, sind an Stelle der Sätze von F bis 39% folhe von 1 bis 49/6 getreten. Das Minimum ist von 20 000 auf 10000 herabgeseßt mit der Maßgabe, daß, wenn der gesamte Nachlaß nicht 20 000 4 übersteigt, die vom Nachlaßsteuergeseß vor- gesehene Steuerfreiheit bleibt. Scheinbar sind die Säße mit 40/6 ja höher als mit 3 0/0, in der Wirkung sind sie niedriger. Im großen und ganzen bringt die Erbschaftssteuer 16 Millionen Mark Belastung weniger, als es die Nachlaßsteuer getan hat. Man hat die Regierung in der Presse deshalb bereits angegriffen, weil sie angeblich {chwächli zurückgewichen sei und den früher auf 100 Millionen vorgesehenen Reinertrag auf 55 Millionen vermindert habe. Das trifft nit zu, ein Teil des Ausfalls liegt daran, daß die Wehrsteuer fortfällt, für die in der vorgeshlagenen Form, ih sage leider aber zweifellos, bei der großen Mehrheit dieses hohen Hauses keine Sympathien zu finden war. Ein weiterer Teil des Ausfalls hängt mit dem Gesetze wegen des Erbrechts des Staats zusammen. Aus der Umwandlung der Nachlaßsteuer in eine Erbanfallsteuer ergibt sich nur eine Verminderung des Erträgnisses um etwa 16 Millionen. Höher zu gehen mit den Säyen als auf 49/0, mußten wir Bedenken tragen, weil in der Tat, wenn nur ein Erbe ist, dann die Belastung des Grundbesißes zu stark werden könnte, und besonders auch aus den Gründen, weil wir annehmen müssen, daß für eine hohe Staffel in diesem hohen Hause eine Mehrheit nicht zu finden sein wlirde.

Alle Bedenken, welche gegen die Erbschaftsfteuer geltend gemaht .worden sind, sind hier {hon öfters erörtert worden. Wir halten sie nicht für zutreffend, wir glauben weder, daß der Familiensinn darunter leiden würde, und berufen uns dafür auf den Vorgang in den Hansastädten, in Elsaß- Lothringen, in England, in Frankreich und Oesterrei, noch sehen wir in ihr eine soztalistishe Maßregel. Sie nimmt das Ver- mögen nicht anders in Anspruch, als es bet Lebzeiten die Vermögens- steuer und in gewissem Sinne auh die Einkommensteuer tut. Und wenn \chließlich gesagt worden ist, daß die Steuer in einem Zeitpunkte einseße, in dem unter Umständen die wirtschaftlihe Leistungsfähigkeit der Betreffenden ges{chwächt fei, so halten wir das auch nit für durh- \{lagend. Dazu sind die Säße zu gering, um einen wesentlichen Effekt zu mahen. Wenn wirklich von einem Erbanfall von 10 000 46 ein Betrag von 100 #4 fortgenommen wird, so verringert das die Rente des Empfängers nur um 4 #, und er bleibt mit dem Rest noh bedeutend viel besser gestellt als eine Menge anderer Leute, die beim Ableben ihrer Eltern ein geringeres oder gar kein Erbe erhalten.

Es ist gar nicht zu leugnen, daß in weiten Kreisen der Bevölkerung eine Bewegung zu Gunsten der Erbanfallsteuer sich geltend macht, andererseits aber au nicht, daß der Widerstand gegen sie hauptsächlich in den landwirtshaftlichen Kreisen liegt. Nun meine i, es i} doch eine eigene Sache, baß, während der landwirlshaftlidße Grund- besi zu diesen 68 Millionen nur mit 10 oder 12 Millionen beitragen soll, die anderen Kreise, die bereit sind, diese Steuer in ihrem Haupt- teile zu tragen, hierzu sozusagen nicht zugelassen werden, sondern stait dessen in der Form der Kotierungssteuer oder in der Form einer anderen Abgabe mit einer Steuer belegt werden sollen, die sie geradezu für perniziós für die Entwicklung der Quellen ihres Wohlstandes halten.

Neben der Erbanfallsteuer {ligen Ihnen die verbündeten NRe- gierungen eine Steuer auf die Prämienquittungen der Feuer- versicherungsgesellschaften vor. Um diese Steuer unter dem richtigen Gesihtswinkel zu betraten, muß man sie nicht als eine Besteuerung der Versicherungsgesellshaften, sondern als eine Besteuerung der Objekte der Versicherung betrahten. Ste will und soll eine Steuer auf den Besiß sein, und zwar auf den Besiß, der bei der Feuerver- siherung deklarient wird, gewissermaßen auf Grund einer Selbst- einschäßung der Besißer. Sie trifft in ihrem Rahmen die ver- schiedenen Arten von Besiß gleihmäßig, sie trifft Mobiliar- und Immobiltarbesiß, Stadt und Land. Wenn man sich fragt, wieviel von der Feuerversiherung auf beweglihes, wie viel auf unbeweglihhes Vermögen entfällt, so ergibt eine Statistik, die man aus einzelnen Bundesstaaten besißt, daß fast derselbe Prozentsaß auf die cine und auf die andere Art des Besizes fällt. In vier größeren Bundesstaaten und in der Stadt Berlin verhält fich die Summe der gegen Feuer versiherten Immobilien zu der der gegen Feuer versicherten Mobilien wie 50,82 : 49,18 9/0. Nun ist ja gar nit zu leugnen, daß der Sah von einem Viertel vom Tausend, wenn man ihn mit der Feuer- versiherungsprämie vergleiht, hoh erscheint. Aber der rihtige Ver- gleih ist nicht der mit der Prämie, sondern der mit dem Werte des Objekts, und da erscheint er niedriger. Wenn man annimmt, daß ein Haus in Berlin mit einem Wert von 300000 46 mit einem Viertel pro Mille besteuert wird, so mat das eine Summe von 75 M, die für den Besißer zu tragen nicht {wer ist.

Ich weiß wohl, daß die Besorgnis geäußert ist, es könne diese Steuer zu einer Beschränkung in der allgemein wünshen8werten Aus- dehnung der Feuerversiherung führen. Jch glaube nit, daß diese Besorgnis zutrifft. Die kleinen Versicherungen bis zu 5020 4 sind frei, und bei Leuten mit geringem Vermögen könnte man zuerst die Besorgnis hegen, daß sie die allgemeinen wirishaftlihen Grundsätze der Notwendigkeit einer Versiherung gegen Feuersgefahr aus Ersparnisrücksihten vernahlässigen. Die Grundbesißer müssen hon wegen der Hypotheken, die sie ja meistens auf ihrem Besiß haben, eine Feuerversiherung nehmen, und soweit die Vorräte in Landwirt- haft, Industrie und Handel in Frage kommen, wird die Intelligenz der Unternehmer wohl bald erkennen, daß die Gefahr, die sie laufen würden, wenn sie keine Versiherung nähmen, zu groß ist, als daß thr gegenüber die Zahlung einer Summe von einem Viertel pro Mille ins Gewicht fiele.

Außerdem hat die Steuer den Vorteil, daß sie eine Reihe von Gegenständen, Mobiliargegenstände im engeren Sinne, trifft, die zum Teil dem Luxus angehören und von keiner anderen Steuer berührt werden. Sie hat ferner den Vorteil, daß ihre Erhebung außer- ordentlih einfach ist, wenig Schwierigkeiten mat, und daß ihre Ein- nahmen von Jahr zu Jahr wachsen werden. Die Feuerversicherung in Deutschland hat in den Jahren 1905 bis 1907 um 15 Milliarden an Werten zugenommen. Das kommt nalürlich mit der Zeit au dieser Versicherung zu gute. Bei der Schäßung is als sicher die Zahl anzunehmen, daß die Gefamtheit der tn Deutschland gegen Feuer versiherten Werte 200 Milliarden ausmacht. Zweifelhafter ist die Frage, wieviel davon auf die: kleinen Versicherungen bis zu 5000 46 enifällt. Nah Sachverständigengutachten ist die Summe mit 30% wohl als annähernd rihtig anzusehen, sodaß also 140 Milliarden dem Stempel von einem Viertel pro Mille unterliegen werden.

Wenn ich vorhin gesagt habe, daß alle Arten des Besißes von der Steuer getroffen werden, so erleidet das eine Ausnahme : Weripapiere, Hypothekenforderungen und dergl. werden davon nit ergriffen. Das ift zuzugeben. Aber sie sind das Objekt anderer Be- steuerungen. Die Wertpapiere und Hypotheken werden mehr als die Gegenstände, um die es sih bei dieser Steuer handelt, von den einzel- staatlichen direkten Steuern getroffen, die Wertpapiere außerdem dur die Reichsbörsensteuer, die augenblicklichß 35 Millionen Mark bringt und deren Erhöhung um 10 Millionen Ihnen die verbündeten Ne- gierungen vorshlagen.

Ich glaube, daß ih mich bei dem Vorschlag, den Effektenstempel bei Aktien von 2 auf 2# 9/0, bei den Obligationen von §©/15 9/6 auf 1 9/9 zu erhöhen, im allgemeinen kurz fassen kann. Ich nehme an, daß diese Steuer verhältnismäßig am wenigsten Widerstand in diesem hohen Hause finden wird. Sie ist das wird man nicht bestreiten können eine rihtige Besißsteuer; denn sie wird von dem Vermögen der neugegründeten Aktiengesell haften bezw. von dem Vermögen derer- die die Werte in die Aktiengesellshaft hineinbringen, bci Obligationen von dem Vermögen der Unternehmer, die darlehnsweise aufgenommene Kapitalien für ihre Zwecke verwerten wollen, getragen. So haben wir neben der Erbschaftssteuer mit 55 Millionen Mark und der Prämienquittungssteuer bei der Feuerversiherung mit 35 Milltonen noch 10 Millionen aus dem Effektenstempel, das sind im ganzen 100 Millionen Mark Besißsteuer.

Die Steuern, die die verbündeten Regierungen außerdem noch vorshlagen : die Grundwechselabgabe, der erhöhte Wechselstempel und der Scheckstempel, können Anspruch auf die Bezeihnung einer reinen Besißsteuer nicht machen (sehr rihtig! links), sie werden auch nit von uns als solhe ausgegeben; es sind Umsaßsteuern, die in gewisser Beziehung zum Besiß stehen. Sie gehen über die 100 Millionen, die durch Besißsteuern aufgebraht werden sollen, heraus und follen nur den Ersay bilden für andere indirekte Abgaben, die die verbündeten Regierungen Jhnen vorgeschlagen hatten. Ih will mich noch kurz zu ihnen wenden.

Was zunäthst den Stempel auf den Umsaß in Grundstücken be- trifft, so weiht er von dem' Vorschlag der Kommission vor allem darin ab, daß er niedriger gehalten ist, er beträgt ein Drittel statt ein Halb vom Hundert, zweitens darin, daß die steuerfreie Grenze, die die Kommission vorsah, 5000 46 bei unbebauten, 20 000 4 bei be- bauten Grundstücken, aufgegeben ist. Sie ist niht berechtigt. Da die Sqhulden nit abgezogen werden, kann man hier mit einer Minimal-

grenze nihts anfangen. Nach dem Vorschlag der Kommission würde ein s{huldenfreies Grundftück im Werte von 20 000 46 frei bleiben, während ein Grundstück, das 100 000 4 wert ist, aber mit 80 000 46 Squlden belastet is, die Umsaßsteuer zu zahlen hätte. Dafür fehlt die innere Berechtigung. Es kann sogar vorkommen, daß die wirt- \{hafiliche Lage des Beji5ers des leyten Grundstückes s{chlechter ist als die des ersten. Au von einer besonderen Abgabe von dem rechtliÞ gebundenen Besiy, wie sie die Kommission vorsah, glaubten wir absehen zu können, da ja die Erbanfallsteuer auch den rechtlich gebundenen Besiß wenigstens beim Erbüber- gang trifft. Es ift vielleiht von Interesse, sich klar zu maten, auf welhe Arten von Besit# die Grundwechselabgabe hauptsählih wirkt. Nach den Zahlen, die ich vorhin vorzutragen die Ehre hatte, beträgt der Wert an Grundvermögen in Preußen in den Städten 21} Milliarden Mark, auf dem Lande 137 Milliarden, demna kommen also von dem ganzen Werte etwa ?,7 auf die Städte, ?/7 auf das Land. Dazu tritt, daß der Besißwechsel in den Städten häufiger wie auf dem Lande erfolgt ; man nimmt an, daß auf dem Lande ein Besitwechsel alle 25 Jahre im Dur(hschnitt \tatlfindet, in den Städten dagegen alle 10 Jahre, sodaß alfo hier das Verhältnis wie 5: 2 steht. Kombiniert man die beiden Zahlen, \o ergibt sihch daraus, daß voraus\ihtlich von dem jährlihen Aufkommen der Besißwechsel- abgabe etwa ‘/; auf städtischen Besiß und !/; auf ländlichen Besiß fallen werden. Daß die Form der Besißzwechselabgabe an si eine rohe Steuerform ist, bestreite ih niht. Sie ist allerdings auch ein Mittel, den Wertzuwachs zu fassen, aber {on weil sie niht wie die eigentlihe Wertzuwachssieuer progressiv ist, steht sie hinter dieser zurück, außerdem hat sie gegen andere Besißabgaben, besonders gegen die Erbanfallsteuer den Nachteil, daß die Schulden bei ihr nicht ab- gezogen werden können.

Die beiden anderen Vorschläge sind die Erhöhung des Wechsel- stempels für Wechsel, welche länger als 3 Monate laufen, und die Einführung eines Sheckstempels. Die Begründung des Wechsel- stempels an sich braucht hier wohl nicht geführt zu werden. Ein Wechselstempel annähernd in der Höhe von F pro Mille zieht sch durch die ganze Welt. Wenn man nun davon ausgeht, daß die normalen Wechsel etwa drei Monate Ziel haben, und daß in vielen Fâllcn, wo ein Dreimonatsztiel sich nachher als niht ausreihend erweist, der alte Wechsel prolongtert, d. h. durch ein-n neuen von gleicher oder längerer Dauer ersetzt wird, so kommt man von selbst auf die Frage, ob denn nicht in den Fällen, in denen der Wesel von vorn- herein auf die Dauer von mehr als drei Monaten ausgestellt wird, eine Besteuerung in höherem Maße nah Verlauf der drei Monate eingeführt werden könnte. Jn der Tat haben Oeslerreih-Ungarn und Jtalien derartige Bestimmungen, und wir haben uns genötigt gesehen, diesem Beispiel zu folgen, um aus diesem Verkehr noch eine Elnnahmequelle zu ershließen. Vor allem beahb- sichtigen wir aber damit, die Avalwehsel zu treffen, welhe bei den Versicherungsgesellshaften, bei den Banken und an anderen Stellen hinterlegt werden und oft viele Jahre laufen. Diese Bürgschaftswehsel werden meist zugunsten ver- mögender Leute gegeben. Um fie aber voll zu fassen, mußten wir dazu übergehen, die Stempelpfliht zu erstrecken nicht bloß auf ih möhte sagen: formvollendete Wechsel im Sinne des Wechselgesetzes, sondern auch auf Wechselblanketts, die vollzogen und einem anderen mit der Ermächtigung gegeben sind, nun seinerseits die nötigen Er- gänzungen einzutragen. Es kann ]ein das will ih gar nicht leugnen —, daß man in einzelnen Fällen auch bei der Nachversteuerung der über drei Monate laufenden Wechsel einmal die Kreditschwachen trifft; im großen und ganzen ist das aber nach der Meinung der Sachverständigen, die wir gehört haben, niht der Fall. Es wird aus dieser Steuer keine Belastung erfolgen, welhe den Handel und Vers kehr oder die Landwirtschaft und die darin Arbeitenden in thren Kreditbedürfnissen irgendwoie nennenswert beeinträchtigte. Wir s{chäten die Einnahme daraus auf 7 bis 8 Millionen. Es hat sich durch eine Umfrage der Reichsbank ergeben, daß bei den Banken etwa 30 9/6 Wesel liegen, welhe länger als drei Monate laufen, und die Aval- wechsel würden etwa mit 1 bis 2 Millionen hinzukommen.

Endlich wende ich mich zu der Vorlage wegen Einführung eines Scheckstempels. Es ist Jhnen allen bekannt, daß die Regierungen vor einem Jahre, bei Vorlegung des Schelkgesetzes, erklärten, daß sie die Einführung eines Scheckstempels nit beabsihtigten. Diese Absicht hatten sie auch noch im vorigen Herbst. Aber Not bricht Eisen ; nachdem dieses hohe Haus, seine Kommission, eine Reihe von den Steuervorlagen der verbündeten Regierungen abgelehnt hat, haben sie i, um die Lücke auszufüllen, dazu entshließen müssen, auch zu diesem Projekt ¡u greifen. Sie tun es in der Ueberzeugung, daß sie dadur dem legitimen Scheckverkehr keinen Abbruch tun. Es ist bekannt, daß fast alle ausländishen Staaten in Europa, au die mit dem ent- widckeltsten Scheckverkehr England, Frankrei, Oesterreih-Ungarn, Belgien, Jtalien, die Schweiz wenigstens in einigen Kantonen einen Fixstempel auf Schecks eingefüh1t haben. Um einen solchen Fixstempel handelt es sih auch hier. Die Frage ist, ob der Verkehr diesen Stempel tragen kann ohne Schaden, d. h. ohne daß in einem übermäßigen Maße wteder zum Barverkehr an Stelle der Scheck- zahlung zurückgegangen wird. Ih bin, in Uebereinstimmung mit dem Herrn Retisbankpräsidenten, der Meinung, daß eine solhe Gefahr niht besteht. Das Ausgleichsverfahren durch Giro wird dadurch nicht berührt; das ist der Kern der Sahe. Es wird nur der weiße Scheck getroffen, der ja im Verhältnis zu dem sogen. roten Scheck, zu dem Giroüberwei¡ungsverfahren, die wirtshaftlich unvolllommenere Form bildet, und er wird so mäßig getroffen, daß er in den Fällen, in denen er zweckmäßig ist, troß der 10 &Z wohl nach wie vor wird angewendet werden. Wenn wir aber hier eine Schecksteuer einführten, so müßten wir zugleih die Quittungen über Zahlungen aus dem Guthaben eines Kontoinhabers an einen andern oder auch an ihn selbst mit einer Steuer belegen ; denn sonst wäre die ganze Maßregel ein Schlag ins Wasser gewesen, der Inhaber des Guthabens würde statt des Schecks dem, der das Geld erheben soll, einfach eine Quittung geben, und damit würde die Maßregel wirkungslos gemacht werden.

Meine Herren, ich bin mir volllommen bewußt, daß all diese Steuern, die wir Ihnen jetzt bringen, mit Ausnahme der Erbschafts- steuer, erhebliGen Einwendungen unterliegen. Es sind sozusagen Steuern zweiter Wahl. Was wir in erster Linie für richtig hielten, das haben wir Ihnen im vorigen Jahre vorgelegt. Aber ih bin ebenso der Meinung, daß keine Steuer unter ihnen ist, die den berehtigten Interessen irgend eines Erwerbszweiges wesentlihen Schaden tut, !

Unbequem werden sie natürlich, wie jede andere Steuer, für jeden sein, den sie treffen. Die Kritik über diese Steuern hat ja shon mit aller Energie eingeseßt und wird ja wohl auch in den nähsten Tagen hier nit ausbleiben. Ich bitte aber , dabei zu bedenken, daß wkr vor der Frage stehen, ob wir an die Stelle dieser Steuern etwas Besseres, Geeigneteres stellen können.

Meine Herren, wenn ich auf die Wirrnisse zurückblicke, die die Beratung der Finanzreformvorlagen in den leßten 7 Monaten dur- gemacht hat, so muß ich sagen, daß manchmal das Zustandekommen der Reform am Präyalieren parteipolitischer Gesichtspunkte scheitern zu sollen schien. Aber eins is auh bei dem Nückblick erfreulich: daß nämlich bei allen Parteten jeyt die Ueberzeugung zum Durhbruhch gelangt ist, daß der Bedarf, den die verbündeten Regierungen an- gemeldet haben, um die RNeichsfinanzen in-Ordnung zu bringen, richtig und nicht zu hoch bemessen ist, und ferner, daß eigentli auf allen Seiten des Hauses der ernste Wille, zum Ziele zu kommen, besteht. Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß auch in der \{chwierigen Frage des „Wie ?" das Gefühl von der Notwendigkeit siegen wird, daß sahlihe Nücksichten für die Entscheidung maßgebend sein werden, und daß es gelingen wird, die Reform mit Steuern zustande zu bringen, die mögen sie auch hier und da als unbequem oder lästig empfunden werden doch im Grunde gerecht sind und die wesent- lihen Interessen unserer großen Erwerbsstände: der Landwirtschaft, des Handels und der Industrie, niht verletzen. (Bravo!)

Abg. Bassermann (nl.): Der Reichskanzler hat heute einige Grundltnien für die Erledigung der Neichsfinanzreform festgestellt. Er hat die Heranziehung des Besißes in allen seinen Formen für not- wendig erklärt und hinzugefügt, daß das Suchen nah solchen all- gemeinen Besißsteuerquellen dahin geführt habe, daß nach Meinung der verbündeten Regierungen ledigli die Heranziehung der Erbschaften unter Ausdehnung auf Deszendenten und Chegatten ein gangbarer Weg ist. Durch diese Erklärung ist die Befürchtung beseitigt, daß zunächst die indirekten Steuern verabschiedet werden könnten und die Besitz- besteuerung dann Schwierigkeiten begegne. Damit ist dem Lande Klarheit gegeben und gezeigt, daß die verbündeten Regierungen nicht der Börse vergleihbar sind: heute fest, morgen flau, übermorgen wieder fest. Der Neichskanzler hat heute den Parteien Vor- haltungen gemaht. Er hat die Mitwirkung der liberalen Parteten als wünschenswert bezeihnet. Das ift erfreulih, aber bei der politishen Gesamtlage wohl au selbstverständlich. Daß er die Ver- dienste des Liberalismus bei und nah Errichtung des Reiches hervors gehoben hat, danken wir ihm ebenfalls. Diese Verdienste sind mit ehernen Lettern in die Geschichte des Deutschen Reiches eingegraben. Selbstverständlih is die nattonalliberale Partei bereit, die Finani- refoim mit zu erledigen, aber nur wenn sie für liberale Anshauungen annehmbar is und den Forderungen der Gerechtigkeit entspricht, wie wir sie verlangen. Der Kanzler hat von einem doktri- nären Zuge der Liberalen gesprohen. Der nationalliberalen Partei gegenüber kann dieser Vorwurf nicht erhoben werden. Sie hat von jeher auf dem Standpunkt gestanden, den sie auch unter der Blockpolitik aufrecht gehalten hat, daß man im politischen Leben nur durch die Politik der Kompromisse weiterkommt, niht durch das Festhalten am Einzelnen. (Zuruf rechts: Erbschaftésteuer !} Die nationalliberale Partei war von vornherein bereit, auf den ver- \chiedensten Gebieten Konzessionen zu machen, nicht nur auf dem Gebiete der Erbschafts\teuer, sondern beispielsweise auch bei der Branntweinbesteuerung, Wir wollten die Interessen des landwirt- \hafilihen Gewerbes in vollem Umfange berücksihtigen und wollten für das Branntweinmonopol stimmen. Das vorübergehende Aus- heiden meiner politishen Freunde bei den leßten Sihungen der Finanzkommission erfolgte einmal, weil sie das Einfügen der neuen Gesetzentwürfe für der Geschäftsordnung nit daiiitöbrnd erachteten, da die ersten Lesungen dadurch umgangen wurden, und weil früher nur dann so verfahren ist, wenn kein Widerspruch erfolgte.

weitens weil die Abmachungen des Sentorenkonvents damit dur. rohen waren, denn dort war au?gemacht, daß die Vorlagen über den Kaffeezoll und die Besteuerung der Zündwaren von der Regierung eingebraht werden follten. Dazu karm, daß das NReichsshazamt sein Material nur den Herren von der Rechten zur Verfügung gestellt hatte. Das Verhalten der nattionalliberalen Kommissions- mitglieder ist in der Fraktion besproGßen und hat deren einmütige Billigung gefunden. Die wichtigste der Ersatz- vorlagen ist die über die Erbanfallsteuer. Auf Einzelheiten dieser und der anderen Entwürfe werden Fraktionskollegen von mir eingehen. JIch will nur erwähnen, daß wir das Prinzip einer Heranziehung auch des mobilen Kapitals als richtig anerkennen. Bei dem politishen Streit um die Erbanfallsteuer ist vielleicht mancher sachlihe Gesichtspunkt außer aht gelassen. Den Standpunkt meiner Partei habe ich {on im März klargelegt, ih habe gesagt, daß wir uns auf die Rei(seinkommensteuer geeinigt hätten, uns aber, da sih hierfür keine Mehrheit fände, auf den Boden der Erbanfall- steuer stellten. Diese leßtere ist zweifellos in welten Kreisen volks- tümlih geworden. Wir sehen selbst in konservativen Kreisen Wider- spruch zu der Haltung der konservativen Fraktion. Es find ret zahlreiche konservative Anhänger dieser Steuer im Lande vorhanden. Auch im Zentrum finden fich viele Anhänger dieses Gedankens. Vor allen Dingen in den süddeutshen Staaten. Jm bayerishen Finanzauss{chuß hat ein hervorragendes Mitglied der Zentrumspartei \ich für die Gatten- und Deszendentensteuer ausgesprochen, und warum sollten die Arbeiter, die zum Zentrum stehen, dieser Steuer widerstreben? Unser verehrter Kollege Gröber hat 1900 \sich dahin ausgesprohen, daß die Erbschaftssteuer auf die Deszendenten und Ehegatten ausgedehnt werden müsse. (Der Nedner verliest diese Ausführungen.) Handel und Industrie find în anerkennens8werter Weise bereit, die Steuer auf si zu nehmen, troßdem sie am meisten von ihr getroffen werden. Die nationalliberale Fraktion wird geschlossen für die Ausdehnung der Grb- \hafts\steuer auf Kinder und Ehegatten tin unbeerbter Ehe stimmen. Die Kotierungssteuer lehnen wir ab, sie ist nur eine partielle, keine allgemeine Vermögensf\teuer. Daß diefe Steuer abgewälzt werden wird, darüber ift man sich auch in weiten Kreisen der Konservativen klar. Man kann ja wohl nah außen mit dem Worte krebsen gehen, daß Böse und Banken dîe Steuer zahlen werden, diese sind aber doch nur Durchgangsftellen, und das Publikum wird die Zeche bezahlen... Man kann doch nicht sagen, daß nur die Reichen dur die Heranziehung zu dieser Steuer ges{ädigt werden. Es handelt sich hier auch um eine ganze Reihe von kleinen Kapitalisten, die einen Teil oder ihr ganzes Vermögen in \solhen Wertpapieren angelegt haben. Belastet würden auch diee jenigen, die Hypotheken haben oder aufzunehmen genötigt sind. Die Maßregel is deshalb auch vom Standpunkte der Landwirt- haft sehr bedenklih, Der Abg. Graf Kaniß und andere haben die lebhaftesten Klagen geäußert über den hohen Zinsfuß. Diese Steuer führt gerade zu einer Verteuerung des Geldes. Wir haben aber auch in Deutschland notleidende Industrien, Solche Maßregeln treiben unsere Industrie in das Ausland. Ich kenne zwet Gesellshaften, die statt in Baden oder in Frankfurt a. M. in der Schweiz errichtet worden sind, weil dort die Belastung dieser Ge- sellschaften erheblih niedriger ist als bei uns. Das ist ohne weiteres ein Verlust von Steuerzahlern und ein großer Nachteil für die deutshen Arbeiter, denen lohnbringende Arbeit entzogen wird. Wenn man genötigt ift, durh die Finanzlage des Neiches dem Volke 400 Mil- lionen Konsumsteuern aufzulegen, dann sollte man nicht gleichzeitig eine Maßregel vorschlagen, die zu einer Beschränkung, Beläftigung und Be- lastung der Industrie führt ; das sollte man im sozialen Jnterefse vermeiden. Einer der wichtigsten Gesichtspunkte ist hierbei die Frage des Aus- landsgeshäfts. Wir sind in Deutschland aus der kontinentalen Macht- \sphäre herausgewachsen; wir waren genötigt, für unsere watsende Bevölkerung etnen Nahrungs)pielraum zu suchen, uns nit auf das JInlandsgeshäft zu beschränken, sondern auch zu exportieren, Wir

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