1909 / 147 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Jun 1909 18:00:01 GMT) scan diff

dauere nur, daß Mens Müller in Zukunft mit den Sozialdemokraten muß.

M Miiemer (frs. Volksp. ): Meine politishen Freunde haben

ih allerdings 1906 gegen eine Ausdehnung der Erbschaftssteuer er-

Flárt, aber, wie ih damals ausd1ücklih betont habe, nicht aus grund-

säglihen Bedenken, sondern aus Zweckmäßtgkeitsrücksichten.

Die Gesamtabstimmung über S8 9a der _ Regierungs- vorlage ist auf Antrag Bassermann und Singer eine

namentliche. i

s großer Aufregung des Hauses verkündet der Vize- präsident Paashe das Ergebnis dieser Abstimmung: Es sind 383 Stimmzettel abgegeben, davon mit Ja 187, mit Nein 195, ein Abgeordneter hat K der Stimme enthalten.

9a ist also abgelehnt. : : er Abg. von Gamp zieht darauf seinen Antrag zurü.

Die übrigen Anträge Müller-Meiningen u. Gen., Raab u. Gen. und Bassermann u. Gen. werden gleichfalls abgelehnt, ebenso die Anträge Albrecht u. Gen., darunter auch ein An- trag auf Streichung des S 13 des seitherigen Gesetzes, der die Steuerbefreiung der Landesfürsten enthält, nachdem Abg. Singer es als nobile officium der Landesfürsten erklärt hat, daß diese auch ihrerseits durch einen solchen Verzicht dazu beitragen müßten, das Deutsche Reih aus seiner Finanznot u retten. / G Für diesen Ane außer den Sozialdemokraten die Freisinnigen und Nationalliberalen, dagegen außer den übrigen Parteien auch die Polen. :

Die Vorlage wird in allen Einzelheiten abgelehnt, ebenso auch die Einleitung und Ueberschrift des Gesetzes. Damit ist die Vorlage endgültig gefallen. Nizepräsident Dr. Paasche teilt mit, daß sich bei dem Sit ea brs über Vie | namentlihe Abstimmung eine Un- regelmäßigkeit herausgestellt habe, es haben zwei Abh- geordnete doppelte Zettel abgegeben, von den beiden zu viel ab- gegebenen Zetteln habe einer “auf. Ja und der andere auf Nein gelaute. Es hätten tatsählich mit Ja gestimmt 186, mit Nein 194 Abgeordnete. Weiter bemerkt der Vizepräsident, er habe den Grafen Mtelzynski zur Ordnung gerufen, weil dieser den Ausdruck „Kapuzinade“ gebraucht habe. Er, der Präsident, habe \sich nahträglich überzeugt, daß der frühere Präsident Graf Ballestrem diesen Ausdruck als parlamentarish zugelassen habe, weil die Kapuziner auch anständige Leute seten, infolgedessen ziehe er den Ordnungsruf zurück. /

Unter wiederholten Zurufen: Wo bleibt Bülow? s{lägt der Vizepräsident darauf vor, die nächste Sizung Freitag, 2 Uhr, abzuhalten mit der Tagesordnung: Zweite Lesung des Reichsstempelgeseßes und des Wechselstempelgesezes und Fort- sezung der zweiten Beratung des Entwurfs wegen Aenderungen

im Tarifwesen. Damit ist das Haus einverstanden.

Schluß 68/4 Uhr.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 17. Sißung vom 24. Juni 1909, Mittags 12 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Es erfolgt zunächst eine nohmalige Abstimmung über einen zu dem Gesehentwurf, betreffend die Schul- versäumnisse im Gebiete des vormaligen Herzog- iums Nassau und der vormaligen Saab arafiwafi von dem rafen Yorck von Antrag, der in der gestrigen Sißzung noch niht gedruckt vorlag, nah dem h die Geltung des Geseßzes auch auf die Gebietsteile er- strecken soll, die früher zum Großherzogtum Hessen gehört haben und 1866 an Preußen abgetreten worden sind. Der Antrag wird angenommen.

Ueber den Gesehentwurf, beireffend die Landwege im Regierungsbezirk Cassel, referiert

Berichterstaiter Fürst zu. Ysenburg und Büdingen und beantragt einige redaktionelle Aenderungen.

Unterstaatssekretär Dr. Freiherr von Coels von der Brügghen bemerkt, daß diese Aenderungen allerdings eine bessere Fafsung her- itellten, aber doch nichts anderes erreichten, als was in der Vorlage bereits stehe, daß es sid deshalb niht empfeh!e, sie anzunehmen. Die Vorlage sei in der vorliegenden Form aus der Initative des Provinziallandtag3 hervorgegangen, und es sei niht angebracht, sie noch mit Aenderungen zu beschweren. 5

Berichterstatter Fürst zu Vsenburg und Büdingen zieht nah dieser Erklärung seinen Antrag zurück, da sonst die Vorlage wegen der Geschäftslage des Landtags vielleicht nicht mehr im anderen Hause erledigt werden könne, und empfiehlt die unveränderte Annahme on bloc.

Die Vorlage wird darauf unverändert en bloc angenommen.

Ueber den Gesezentwurf über die Ausführung

des Staatsvertrages Sen Pteußen und Hamburg vom 14. November 1908, betreffend die Verbesserung des Fahrwassers der Elbe und andere Maßnahmen

zur Förderung der Seeshiffahrt nah Hamburg, Altona und Harburg, sowie über die Aenderung der Landesgrenzen gegen Hamburg (sog. Köhlbrand- vorage) referiert : Berichterstatter Graf von derSchulenburg-Grünthal dem Gesetentwurf und dem anliegenden Staatsvertrag zuzustimmen. Der Berichterstatter bemerkt, mit diesem Vertrage könnten heide Teile zufcieden sein, Hamburg habe zwar den größten Teil der Kosten zu tragen, aber es habe au den Löwenanteil an den Vorteilen. Die Vertreter Preußens bâtten mit großem Eifer an dem Zustandekommen des Vertrages ge- wirkt, sie hätten ih niht von kleinlihen Gesihté punkten, sondern von großzügigem WVerständnis für die deutschen Interessen gegen- über der Konkurrenz von Rotterdam und Amsterdam leiten lassen. So bilde nunmehr der Vertrag ein Kulturwerk ersten Ranges für

Deutschland. Herr Trawm- Hannover: Im Ab eordnetenhause wurden en, weil die Interessen

anfangs gegen die Regierung Vorwürfe erho t der Stadt Harburg ntt genügend berücksichtigt seien, und es wurde ferner bemängelt, daß die Sache ziemlich eiltg betrieben fei, sodaß der Provinziallandtag von Hannover nicht genügend hätte Stellung nehmen können. Die schließlihe Annahme des Vertrages im Abgeordnetenhause hat aber gezeigt, wie unberehtigt alle diese Vorwürfe gewesen sind. Wr haben sogar immer erfahren, daß die preußischen Unterhändler gute Geschäftsleute find und die preußishen Interessen stets wahrzunehmen wissen. Fh möchte eher meinen, daß die Unterhändler die fiskalishen Inter- essen zu sehr berücksihtigen. Auch die Vorwürfe, die in der ersten Lesung im Abgeordnetenhause gegen die Stadt Harburg erhoben wurden, waren unberechtigt. Allerdings hat Harburg seinen Hafen vertieft, ohne zu wissen, ob auch die Zufahrtsstraße, der Köhlbrand, vertieft werden würde. Aber die Stadi hat dies in Fühlung mit der preußishen Regierung getan; man muß anerkennen, daß die Stadt mutpoll vorgegangen ist. Hätte sie nicht dieses fait accompli ge-

Felsen - Homburg, artenburg gestellten

und beantragt,

bat das Abgeordnetenhaus in)ofern vorgenommen, als der Rechtsweg für die Entschädigun 8ansprüche für Schädigungen der Anlieger durch diese Hafenbauten festgelegt worden ist. Dec Provinztallandtag von Hannover hat mit großer Ueberstürzung diese Vorlage prüfen müssen, sie ging erst Vormittags 10 Uhr ein und mu te sofort in der um 1 Uhr beginnenden Sizung beraten werden. Diese Eile mag in diesem Falle nötig gewesen sein, um die p dia 10 noch in dieser Session des Landtags vorlegen zu können, aber in Zukunft wäre es doch wünschenswert, wenn den Provinziallandtagen hin- reichende Zeit zu folhen Beratungen gelassen würde. Ich \chließe mi den Worten des Referenten an, daß durh die Vorlage ein Kulturwerk ersten Ranges geshaffen wird. Falls eine Höherlegun

der Bahn erforderlich werden sollte, soll die Stadt Harburg nur na

„Billigkeit zu den Kosten herangezogen werden. Diese Höherlegung der Bahn würde aber lediglih dem Interesse Hamburgs entsprechen, die Heranziehung Harburgs dürfte also nur eine minimale sein. Jch bitte die Regierung, der Stadt Harburg bei dieser Gelegenheit tunlihst entgegenzukommen. Die Stadt foll ferner für die Vertiefung des Köhlbrands eine Zinsgarantie über- nehmen; auch dabei bedarf die Stadt der möglihsten Schonuna. Die ebenfalls hier in Frage kommende Gemeinde Wilhelmsburg ist cine notleidende Gemeinde; die Regierung hat \sich bereit finden lassen, den Gemeinden Wilhelméburg und Altenwärder zwar keine bestimmte Entschädigungssumme, wohl aber eine jährliche Beihilfe von 10000 46 für die Schullasten zu gewähren. Ih bitte die Regierung auch für diese Gemeinde um mözlihstes Entgegenkommen.

Minister der öffentlihen Arbeiten von Breiten bach:

Namens der Königlichen Staatsregierung habe ih wie im andern Hause zu erklären, daß gegen die von der Kommission dieses hohen Hauses empfohlenen Resolutionen keine Bedenken bestehen. Es ist vom Herrn Referenten und auch vom Herrn Vorredner darauf hin- gewiesen worden, daß es sich um den Abschluß eines Werkes handelt, welches die beiden Staaten Preußen und Hamburg shon seit langen Jahren beschäftigt hat. Für Preußen war der Ausgangé punkt legiglih das Interesse Harburgs, dem eine sür Seeschiffe von größerem Tiefgang zugängl!ch? Schiffahrts\traße geshaffen werden sollte; für Hamburg war es der Wunsch, auf der linken Elbseite neue Häfen anzulegen. Aber die Verhandlungsgrenzen sind im Laufe der Verhandlungen ausgedehnt worden, man hat es für angezeigt erahtet, die gesamten Verhältnisse an der Unterelbe um- fasiend zu regeln. Es gereiht mir zur hohen Befriedigung, daß hier ausdrücklich anerkannt worden ist, es handle sich um den Abschluß eines großen Kulturwerks. So ift es auch. Durch den Abschluß dieses Staatsvertrages wird die deutsche Seeschiffahrt eine außer- ordentliche Begünstigung erfahren und damit unser Welthandel. Es ist chwer abzusehen, auf welher Seite die größeren Vortelile des Ver- trages liegen, Beide Teile sind bemüht gewesen, die mittlere Linie einzuhalten. Von preußischer Seite darf aufgesprochen werden, daß im großen und ganzen das errelcht worden ist, was im Interesse des preußishen Staats, in erster Linie Harburgs, erstrebt werden mußte. Es“ sind für Harburg dkejenigen Tiefen für die Zukunft im Köhlbrand festgestellt worden, auf Grund deren der Hamburger Hafen das gewo1den ist, was er zur Zeit bedeutet. Herr Stadtdirektor Tramm hat niht mit Unreht bemängelt, daß dem Hannoverschen Provinziallandtage die Möglichkeit, in eine Er- wägung der Materie einzutreten dadur erschwert wurde, daß die Vorlage an ihn zu \pät gelangte. Ich bitte aber zu berücksihtigen, daß hier niht nur die preußischen Ressorts unter einander verhandelt haben, sondern mit Hamburg. Nachdem die Verhandlungen abs geschlossen waren, hatten wir den lebhaften Wunsch, dem Landtage {on in dieser Session den Vertrag zu unterbreiten. Daraus erklärt ih die kurze Frist für den Provinztallandtag; im Provinzialaus\{chuß war man ja bereits früher informiert über das, was geschehen sollte: Herr Stadtdirektor Tramm hat weiter darauf hingewiesen, daß die Abmachungen, obwohl sie ja im großen und ganzen inhaltlih be- friedigen, doch eine Lücke darum enthalten, weil die harburgischen Interessen niht voll gewahrt seien. Bezüglich der Abmachungen über die Vertiefung des Köhlbrands scheint ja auch bei ihm Zufriedenheit zu bestehen. Aber in bezug auf die Anshlußbahn von den neuen Hamburger Häfen nah Harburg ist das nicht der Fall. Es ist voraus- geseßt worden, daß, wenn diese Anschlußbahn gebaut wird der Zeitpunkt steht ja noch nit fest eine Hoclhlegung der Linie durch Harburg stattfinden müsse, und es ist gefordert, daß das keinesfalls unter einer Kostenbeteiligung der Stadt Harburg geschehen dürfe, Jch habe mir erlaubt, bereits in der Kommission darauf hinzuweisen, daß eine solhe Auffassung dem Vorgehen der preußishen Staats- regierung in allen gleiha1tigen Fragen vollständig widersprechen würde. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß, wenn einer Gemeinde sehr wesentliche verkehrlihe Vorteile zugewendet werden, daß sie dann auh nach Maßgabe thres Interesses zu den Kosten beizutragen hat. Vors- liegend würden der Gemeinde Harburg durch Hochlegung der Linte wesentlihe Vorteile zufallen. Denn die heutige Niveaubahn \cheidet das Stadtgebiet vom Hafengebtet der Stadt Harburg und bildet eine Ershwernis des ftädtishen Verkehrs. Diese würde weg- geräumt werden, wenn die Linie hochgelegt wird. Dadurch ergibt sich die Berehtigurg, von Harburg einen Beitrag zu erlangen. Dieser soll in Form von Naturalleistungen beansprucht werden. Unter Naturalleistungen versteht man eine Aptierung der Straßen- züge, unter Umständen auch einen Beitrag zum Grunderwerb. Jeden- falls wird diese Frage ebenso wohlwollend behandelt wie die weitere, wie Harburg zu den Kosten der Verbesserungen im Köhlbrand beizu- tragen hat. Es ift bereits im diesjährigen Bauetat festgestellt, roelche Forderungen dieserhalb an die Stadt Harburg gestellt werden. Es ist zweifellos, daß die Vertiefung des Köhlbrands für Harburg ganz ungewöhnliche Vorteile hat, weil Schiffe yon demselben Tiefgang, wie sie nah Hamburg kommen, demnähst nah Harburg gelangen können Diese Vorteile seßen sch in Werte um, und deshalb ist es am Plate, von Harburg einen Beitrag zu rerlangen, der in Form einer Ka pitalabfindung oder Garantieleistung geschehen kann. Wir haben nicht die Absicht, Harburg zu drücken, im Gegenteil, wir wünscken, daß Harburg erheblih konkurrenzfähiger wird, als das heute der Fall ist. Ich darf angesihts der Befürwortung des Staats- vertrags durch die Kommission und der so freundlihen Beurteilung dur den Herrn Vorredner s{hließen und nur noch mitteilen, daß die Hamburgische Bürgerschaft jüngst den Staatsvertrag ohne Debatte in ersler Lesung angenommen hat.

Darauf wird ‘der Feseieneuri mit dem Staatsvertrag auf Antrag des Herrn Dr. Struckmann- Hildesheim en bloc angenommen. : |

Die zur Vorlage eingegangenen Petitionen der Ge- meinde Neuhof, von Speicherbesißern in Altona und vom

Berichterstatters für erledigt erklärt; einige Punkte der lkeßt- genannten Petition werden jedo der Regierung als Material bezw. zur Erwägung überwiesen, andere durch Uebergang zur

Tagesordnung erledigt.

Berichterstatter Graf von der Schulenburg be-

antragt shließlih folgende Resolution:

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen :

1) falls mit Rücksicht auf den Verkehr, der dur die Gisenbahn Finkenwärder-Hamburg dem Hauptbahnhof in Harburg zu- geführt wird, die Hochlegung der unterelbishen Cisenbahn im Meichbilde der Stadt Harburg notwendig werden sollte, die Stadt Harburg mit tunlihster Shonung und, soweit angängig, nur mit Naturalleistungen zu den Kosten der Hochlegung; heranzuziehen, i a. eine dem § 53 des Kommunalabgabengeseßes entsprehende: reihsgeseßlihe Regelung der Beziehungen zwischen Wohnsiß- und Betrieb#gemeinten in Anregung zu bringen, b. darauf hin- zuwlrken, daß die in der Nähe Hamburgs belegenen preußischen Orte gegen Nachteile geschüßt werden, welche ihnen als Wohn- gemeinden solcher Arbeiter erwahsen, die auf Hamburger Gebiet beschäftigt werden, der Stadt Altona zur Verbesserung und Ecweiterung ihrex Hafenanlagen eine erheblihe Staatsbethilfe zu gewähren, bei der Aufnahme des Strominventars die Wünsche der An- lieger tunlihst zu berücksihtigen und zu veranlassen, daß audp unterhalb Brunöhausens der gegenwärtige Zustand der beider- seitigen Ufer und Deiche, der vor dem Ufer vorhandenen: Wossertiefe sowie der Nebenflüsse, soweit es die Interessen der Anlieger erfordern, festgestellt wird.“

Die Resolution wird angenommen.

Ueber den im Abgeordnetenhause auf Antrag des Abg. von Woyna angenommenen Geseyentwurf, betreffend den Grunderwerb am Rhein-Weser-Kanal und am Großschiffahrtswege Berlin - Stettin (Verlängerung der Frist, innerhalb welher der Staat von seinem Ent- eignungsreht für Gelände neben dem Kanal über den dauernden Bedarf hinaus Gebrauch machen muß, bis zum 1. Juni 1912), referiert Berichterstatter Herr Becker und empfiehlt die Annahme. Herr Tramm - Hannover meint, daß die Fassung des Gesetz's nit ganz klar sei; im Abgeordnetenhause habe jedoch die Regierung erklärt, daß jedenfalls vom Staate keine übertriebene Bodenspekulation ge!rieben werden soll. Die Privaispekulation sollte ausgeschlossen werdea, aber es heine doch der Hintergedanke vorhanden gewesen zu sein, daß der Staat den Nutzen aus der Steigerung der Bodenpreise durch den Kanal ziehen wolle. Der Staat möge nun bei dem Verkauf von Hafengeländen an Ge- meinden möglichst entgegenkommend sein. Die Stadt Hannover habe am Endpunkt des Kanals einen großen Umschlaghafen bauen wollen, und diese Absicht scheine dunch die Eisenbahapolitik des preußischen Staates verhindert zu werden ; der Hafen sei von vornberein tot- tarifiert worden, und die Stadt sei nun in einer ganz bösen Situation, Die ganzen Schwierigkeiten bei dem Bau des Kanals {ienen weniger beim Bautenministerium als beim Finanzministerium zu legen. Die Rheinprovinz und die Provinz Hannover hâiten {ih gemeinsam mit der Provinz Westfalen an dem Grunderwerb beteiligen wollen, aber Westfalen habe leider eine Beteiligung abgelehnt. j Unterstaats\ekretär Dr. Freiherr von C oels von der Brügghen: Der erweiterte Grunderwerb soll nur dazu dienen, das Kanalwerk zu fördern, und wir werden den Gemeinden, welche sh beteiligen wollen, bilfreihe Hand bieten. Allerdings wird der Staat auf Gewinne nit verzihten wollen; wenn Gewinne erzielt werden, so werden die garantieleistenden Kommunalverbände daran teilnehmen. Es ist der Wunsch der Staatsregierung, gemeinsam mit der Stadt Hannover einen Hafen zu schaffen, der den Interessen der Stadt wirklich dient und für Umschlagszwecke geeignet ist. Sollte die Provinz Westfalen nachträglich wünschen, daß die Frist für den gemeinsamen Grund- erwerb der Garantieverbände verlängert werden möge, so weiß id noch nit, welchen Erfolg das haben würde, aber es wird den An- regungen des Vorredners nah Möalichkeit gefolgt werden.

Der Geseßentwurf wird angenommen.

Der Geseßentwurf, durch den die Bewilligung weiterer 16 Mill. Mark Staatsmittel zur Verbesse- rung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlihen Betrieben beshäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten gefordert wird, wird auf Antrag des Berichterstatters S Becker ohne Debatte angenommen. Die Denkschrift über die Ausführung der früheren gleichen Gesehe wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt.

Den Geseßentwurf, betreffend das Höferecht in der Provinz Hannover, hat das Abgeordnetenhaus in einigen unwesentlichen Punkten geändert; Berichterstatter Dr. Graf von Wedel-Gödens empfiehlt die Zustimmung zu diesen Aenderungen.

Herr Dr. Struckmann bedauert, daß die Abänderurgen des Abgeordnetenhauses wiederum zugunsten der Anerben und zuungunsten der Abfindungen , die der Anerbe zu zahlen hat, ausge- fallen sind. Es set erfreulih, daß es nicht über dem Herrenhaus noch eine andere Inslanz gebe; sonst bestehe die Gefahr, daß diese Bestimmung noch weiter vershlehtert werde.

Justizminister Dr. Beseler:

Namens der Staatsregierung habe ich zu erklären, daß sie mit den Aenderungen, welche das Abgeordnetenhaus zu dem Gesetzentwurf beschlossen hat, einverstanden is. Zwei dieser Aenderungen berühren Fragen, bei denen die Verbesserung klar zu Tage liegt. Der Herr Berichterstatter hat auch hon darauf hingewiesen. Ebenso ist es bei: 8& 16 e; auch hier verdient die vom Abgeordnetenhaus beschlossene Fassung den Vorzug vor der früheren. Namens der Staatsregierung. kann ih also nur befürworten, den Antrag des Herrn Berichterstatter®-

anzunehmen.

Auf Antra Geseh mit den angenommen. ; i i j

Die Denkschrift über die Ausführung des An- siedlungsgeseßes für die Provinzen Westpreußen und Posen beantragt Herr Knobloch - Bromberg dur Kenntnisnahme für erledigt zu erklären.

Herr Dr. Struckmann: Im Anschluß an den vorjährigen Städtetag in Königsberg haben ungefähr 30 Bürgermeister, namentlich solhe, die Mitglieder dieses Hauses sind, au Einladung des Oberbürgermeisters Wilms-Posen die Ansiedlungen während etner dreitägigen Reise durch die Ansiedlungsdörfer de» sichtigt. Wir haben zwar nit. in alles hineinsehen können, aber wir hatten sämtlich den Eindruck gehabt, - daß hier ein Kulturbild allerersten Ranges geboten ist, Wir sind meilenweit gefahren dur blübende Gefilde mit gutem Bestand. Wir haben die Häuser der Ansiedler besucht und mit den Ansiedlern gesprochen, und wir haben von allen den Ausdruck der größten Zufriedenheit gehört ; die Leute fühlen ih zufrieden und glücklih. Wir haben faubere Häuser, saubere Ställe und saubere Felder gesehen, und zwar meilenweit ; otemfinshe Dörfer waren das nicht, es war Wahrheit. Wo keine nsi-dlungen find, haben wir Segenden gesehen, die gänzlich anders ausfahen, wm das Unkraut herrschte; das waren die mit Polen durhseßten Gegenden-

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

des Herrn Tramm-Hannover wird das bänderungen des Abgeordnetenhauses en bloc

fa wer weiß, ob dann der Vertrag, über den 7 Jahre ver- Handelt ist, heute hon zustande gekommen wäre. Eine Verbesserung

Magistrat der Stadt Altona werden nah dem Antrage des

; Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, 20 4 tragen

zum Deutschen Reichsan

M 147.

(Schluß aus der Grsten Beilage.)

ilnser Herz hat si gefreut, daß alles das durch die Ansiedlungen ; geschaffen ist. Nette, hübsche Kirhen und Schulhäuser haben wir gesehen, die Genossenschaften sorgen für billigen Bezug der Bedarfs- M mittel. Dem Staat ist es gelungen, eine zufriedene deutshe Bevölke- A ung dort niederzuseyen, die dauernd dem Deutschtum gesichert ist. Bir haben auch den Eindruck gewonnen, daß die Ansiedlung kleiner Besißer fruhtbringender ist, als die Erhaltung großer deutscher Güter. Auf den großen Gütern findet man noh heute polniscke Beamte und Arbeiter, niht weil es den Besißern an deutscher Gesinnung fehlt, sondern weil es unmöglich ist, deutsche Arbeiter zu finden. Man geht ¿ht au mit der Änsiedlung von Arbeitern vor; gelingt das, so werden auch die großen Güter wieder deutshe Arbeiter bekommen fnnen. Wir haben jedenfalls bei unserer Reise den Eindruck ge- wonnen, daß diese Politik der preußishen Regierung richtig ist. Von M den 100 Reisen in meinem langen Leben ist mir diese Reise die er- M freulichste gewesen. y Berichterstatter Herr Knobloch: Ich kann aus eigener Kenntnis M ur bestätigen, was der Vorredner ausgeführt hat. Um die Wirkung ser Woite nicht abzushwächen, will ih von weiteren Bemerkungen absehen. 2 Die Denkschrift wird durch Kenntnisnahme für erledigt erflärt, ebenso auf Antrag desselben Berichterstatters das neue Regulativ für den Geschäftsgang der Ansiedlungskommission für Westpreußen und Posen. Es folgen dann noch Kommissionsberichte über Petitionen. Auf Antrag der Kommunalkommission, Berichterstatter Herr Dr. Oehler, werden zwei Petitionen um Verleihung des Stadtrehts an die Landgemeinde Stegliß der Regie- rung zur Erwägung überwiesen. Die Petition des Danziger Mietervereins um Beseiti- qung des Vorrechts der Hausbesißzer bei den M Stadtverordnetenwahlen (S 16 der Städteordnung) M wird auf Antrag derselben Kommission der Regierung als Material überwiesen. i Auf Antrag der Petitionskommission, Berichterstatter Herr Ä von Puttkamer, wird die Petition von Marie Stritt- Dresden und Anna Pa, namens des Bundes deutsher Frauenvereine, um Abänderung des Unterstühungs- wohnsißgeseßes zwecks Heranziehung der Väter un- echeliher Kinder und |chärferer Heranziehung arbeits\cheuer Pflichtiger zur Erfüllung einer Unterstüßungspfliht der Regierung als Material über-

wiesen. Schluß 3 Uhr. Nächste Sißgung Freitag 111/45 Uhr. e orgees: kleinere Vorlagen; MeGnulaiadn:

etitionen.)

Haus der Abgeordneten. 99. Sigßung vom 24. Juni 1909, Vormittags 10 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Beratung des Y vom Herrenhause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Y Gesezentwurfs, betreffend die bänderung des Y Stempelsteuergeseßes vom 31. Juli 1895. E Das Herrenhaus hat den Stempeltarif in folgender Y Weise geändert: 4 In Tarifstelle 11a für die Automaten und Musikwerke ift N die Abstufung der Besteuerung nah dem Ertrage erseßt worden dur J eine Abstufung nah der Anzahl der Warenbehälter bei den Automaten A und nach dem Anschaffungspreis bei den Musikwerken. Bei den F Automaten soll die Steuer 14 bei einem oder zwei Warenbehältern, Y 2,6 bei drei und vier Warenbehältern, 3 #4 bei mehr als vier Waren- N behältern betragen; Stereoskop-, Schau- oder Scherzautomaten sollen A 3,46 tragen; bei Musikautomaten, mehanishen Musikwerken, Grammo- A vhonen, Phonographen und ähnlichen Apparaten soll die Steuer bei einem Anschaffungs8preis von unter 100 4 mit 2 4 beginnen und bis auf 50 6 bei einem Anschaffungspreis von über 4000 46 steigen ; Automaten anderer Art sollen 1 46 tragen. Unter die Steuer- F befretungen hat das Herrenhaus auch die Gas- und Elektrizitäts- H automaten für kleingewerblihe Zwedcke aufgenommen. 1 In Tarifstelle 25 (Gesellschaftsverträge) sollen nach dem

À Herrenhausbeschluß die Gesellschaften des bürgerlihen Rech1s, die

lediglich vorübergehende Zwecke verfolgen (Gelegenheitsgesell- A haften), nur einen Fixstempel von 10 #4 tragen, während nah A dem Abgeordnetenhausbeshluß auch diese g lp wie die übrigen ollten. In ae 48 (Pacht- und Mietverträge) hatte das Abgeordnetenhaus den Mietsstempel bei einem Mietspreis von 400 6 mit 2/10 9/9 beginnen und bis zu 29/9 bei einem Mietspreis über 22000 4 steigen lassen. Das Herrenhaus hat zwet untere Stufen eingefügt mit 2/16 9/0 bei einem Mietspreis von mehr als 300 bis 400 6 und 2/10 bei mehr als 400 bis 500 4; der Stempel von

A 215 9% soll dann erft bei mehr als 500 6 Mietiins erhoben werden.

Für die Jagd pachtverträge hatte das Abgeordnetenhaus den Stempel mit | 9/6 bei einem Pachtzins von mehr als 300 bis 700 46 beginnen und bis auf 6% bei mehr als 5000 4 steigen lassen. Das Herrenhaus hat die Stempelgebühren, wie folgt, festgeseßt: bei mehr als 300 bis 1000 46 39/0, bei mehr als 1000 bis 4009 M 5 9/0,

Y über 4000 4 74 9/0.

Die Anpachtung gemeinschaftliher Jagdbezirke soll bei einem Pachtzins bis 1000 46 L U 1500 6) einem Stempel von F 0/6 (Abgeordnetenhaus: 1/16 9/0) unterliegen.

i Die vom Abgeordnetenhause angenommene Fahrrad steuer hat das Herrenhaus ganz gestrichen. ierzu liegen folgende Kompromißanträge der Kon- ervativen, Freikonservativen, des Zentrums und der National- iberalen vor:

Die Warenaut omaten sollen bis zu vier Warenbehältern 1 46, bei mehr als vier Warenbehältern 2 4 tragen.

Bei den Mietsverträgen soll der Stempel bei mehr als 360 bis 400 6 Mietzins mit 49 beginnen und auf 29/9 bei einem Mielpreise von über 20000 4 {teigen.

Bei den Jagdpachtverträgen wird folgende Skala hbe- antragt: bei etnem Pachtzins von mehr als 300 46 bis 500 M 2 9/0, bîs 1500 6 3 9/0, bis 3000 6 5 9/0, bis 6000 6 7 9/0, bis 8000 „6 90%, über 8000 4 1009/0. Die Anpachtung gemeinschastliher Jagd- bezirke soll bis zum Pachtzins von 1500 3/16 9/ tragen.

Abg. Dr. von Kries (kons.): Gestern sind eine Anzahl Ver- trauensleute verschiedener Parteien des Hauses zusammengetreten, um zu erwägen, ob ein einheitliches Vorgehen ee Parteien gegenüber den Beschlüssen des Herrenhauses mögli und angängig set Leider

Zweite Beilage

Berlin, Freitag, den 25. Juni

Anträgen vereinigt. Die Beschlüsse des Herrenhauses sind zum Teil als direkte Verbesserungen aufgefaßt worden. An dem Stempelsteuer- geseß hat das Herrenhaus nur redaktionelle Aenderungen vor- O Die materiellen Aenderungen des Tarifs haben aber Bedenken

eryvorgerufen. Jn bezug auf die Warenautomaten s{chlagen wir eine Ermäßigung des Stempels vor; wir hoffen, daß Let diefer Aenderung die Automatenindustrie die neue Auflage wird tragen können. Was den Mietsftempel anbetrifft, so haben wir zwischen den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses und des Herrenhauses einen Mittelweg vorge- \chlagen insofern, als wir den Stempel bei Micten von 360 46 beginnen lassen. Die Befreiung bis zu diesem Betrage empfiehlt sich deshalb, weil es ih dabei um die Wohnungen der kleinen Leute handelt. Unser Vorschlag vermeidet eine Belästigung weiter Schichten der Bevölke- rung. Die 360 46 Miete entspricht der üblihen Zehntalermonatsmtiete. Dagegen {lagen wir vor, die Luxuêmieten s{@on bei 20000 46 mit 2 9/0 zu treffen. Meine politishen Freunde sind weiter der Auffaffung, daß die Beschlüsse des Herrenhauses bezüalich des Stempels auf Jagdpachtverkräge die kleinen Grundbesißer nicht ausreickchend berücksihtigen. Wir haben die betreffenden Säße entsprechend geändert. Mit der Freilassung der Fahrräder können wir uns ein- verstanden erklären, da der Ausfall durch höhere Erträge aus dem Automatenstempel gedeckt werden dürfte. Wir können nur hoffen, daß mit den von uns vorgeschlagenen Aenderungen auch das Herrenhaus einverstanden sein wird.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) kann sich mit den Kompromiß- anträgen, namentlih soweit sie die Besteuerung der Jagdpachtverträge betreffen, nit einverstanden erklären.

Abg. Leîinert (Soz.): Ih kann mich mit den jeß!gen Vor- {lägen bezüglich der Besteuerung der Automaten nah der Zahl der Warenbehälter nicht einverstanden erklären, am allerweniasten aber mit dem Beschlusse, die untere Grenze für steuerfreie Mieten bei 360 6 Mietzins festzulegen. Man kann es auf der Nechten den kleinen Leuten gar nicht nachfühlen, wie s{chwer diese Steuern drücken. Wir kennen Ihre (zur Rechten) SBefühle; Sie haben die Macht, die Sie sich durch Ihren unvershämten Terrorismus bet den Wahlen verschafft haben. (Präsident von Kröcher: Der Vor- wurf der Unvershämtheit gegen Mitglieder dieses Hauses ist nicht zu- lässig; Herr Abg. Leinert, ich rufe Sie zur Ordnunz.) Der Finanz- minister hat selbst gesagt, daß dem Volke erst die Augen aufgehen werden über die neue Steuerbelastung.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Die Aeußerungen des Herrn Vorredne1s hätten mir keine Veranlassung gegeben, meinerseits das Wort zu nehmen (Sehr richtig! rechts). IchH halte es aber für rihtig, daß ih mich namens der Negterung äußere, weil es für die Reden der nach- folgenden Redner au vielleiht von Bedeutung ist, kennen zu lernen, welchen Standpunkt wir einnehmen.

Ih möchte mich nur gegen eine Ausführung meines Herrn Vor- redners wenden, die ja eine Mißdeutung meiner Worte enthält. Meine Herren, wenn ih gesagt habe, daß den Steuerzahlern noch die Augen übergehen werden über die Leistungen, so betraf das nicht den Fleinen Mann, fondern ich habe es erwähnt in bezug auf die Bes \{lü}sse über die Einkommensteuer. Jch habe hier schon nachge- wiesen, daß das ganze Plus an Einkommensteuer ganz überwiegend auf die besißenden Kreise fällt (sehr richtig! rechts); denn diese besißenden Kreise werden die Kosten der Maßnahmen zu tragen haben, die wir für die Beamten, Lehrer und Geistlichen vorgenommen haben. Also au hier is der Gesichtspunkt vor dem hohen Hause durhaus gewahrt worden, baß die Laften von denjenigen zu tragen sind, die sie zu tragen imstande sind, nicht aber von den Kreisen,“ von denen Herr Abg. Leinert eben gesprochen hat. (Sehr richtig! rets.)

Aber, meine Herren, ih gehe zum Gegenstande selber über. Jch hätte mich sehr gefreut, wenn es dem hohen Hause genehm wäre, den Beschlüssen: des Herrenhauses beizutreten, Zunächst darf ih darauf hinweisen, daß an sh die Differenzen gar nicht erheblich sind, daß aker jeder Tag, den wir in der Sache verlieren, die Möglichkeit, das Geseß zum ersten Juli einzuführen, erschwert. Wir müssen das Geseß der Sanktion des Staatsministeriums unterbreiten, wir müssen es der Allerhöchsten Sanktion unterbreiten, wir müssen es drucken lassen furz, jeder Tag, den wir verlieren, läßt die Möglichkeit, das Gese zum ersten Juli in Kraft treten zu lafsen, in weite Ferne rücken. Auch kostet uns jeder Tag 48 000 4, und, wenn wir das Gesey nicht zum ersten Juli zustande bringen, würden wir es wahrscheinlich um einen ganzen Monat verschieben müssen, was einen Ausfall von annähernd 1} Millionen ausmachen würde. Ich frage wirkli, ob die Differenzen zwischen dem Abgeordnetenhause und dem Herrenhause so erheblih sind, um die Sache noch einmal an das Herrenhaus zurück- gelangen zu lassen.

Unter allen Beschlüssen, die ih in den früheren Lesungen be- kämpft habe, standen in erster Linke diejenigen, die \sich auf die Er- mäßigung des Jagdpachtstempels beztehen. Ih habe ein Bedürfnis nicht anerkennen können und bin nah wie vor der Meinung, daß der höhere Jagdpachtstempel das Richtige ist und daß die Gefahr, daß er auf die Gemeinden abgewälzt werde, nicht besteht. Diesem Gesichts- punkt hat au das Herrenhaus meiner Ansiht na in dankenswerter Weise Rehnung getragen. Nah dem Beschlusse des Herrenhauses würde sich aus dem Jagdpahtstempel cine Summe von etwa 617000 4 ergeben, während nach dem früheren Beshlufse des Abgeordnetenhauses nur 267 000 46 erzielt werden sollten gegenüber unserem Regierungsvorschlage, der ein Aufkommen von 1 400 000 4 vorsah. Das Herrenhaus hat also, wie ich meine, in richtiger Würdigung der Verhältnisse das Aufkommen aus dem Jagdpaht- stempel wesentlih gesteigert. Ziehen Sie davon die Begünstigungen für die eigene Jagd gemeinschaftliche Jagd würde richtiger sein um mich dieses kurzen Ausdrucks zu bedienen, mit etwa 30 000 6 genau kann man das nihcht \{chägen ab, so ergibt sich eine Summe von 587000 6 Wenn Sie das Ergebnis des bisherigen Stempels von 1/16 vom Hundert mit 14 000 6 abziehen, so ergibt sich eine Summe von 573 000 6. Meine Herren, ih habe einen kleinen Fehler gemaht; die Summe die ih eben angab, bezieht ih auf den vorliegenden Kompromißantrag, der insgesamt 573 000 46 ergeben würde, während der Beschluß des Herrenhaujes eine Summe von 597 000 46 ergeben würde, sodaß die Vorschläge, die uns jeßt

hat sich eine völlige Einigkeit nicht erzielen lassen, immerhin hat die große Mehrzahl der Parteien sich zu gemeinschaftlichen

hier unterbreitet sind, einen Ausfall von ca. 24 000 4 bedeuten, also an {ih keine sehr erhebliche Summe. Aber, wie gesagt, die Möglich-

zeiger und Königlih Preußishen Staatsanzeiger.

1909. us et keit, J Gese zum 1, Juli in Kraft zu sehen, wird in weite Ferne gerüdt.

Nun, meine Herren, möchte ich vor allem noch auf zwei Punkte, was die Jagdpacht1verträge betrifft, eingehen. Ih roürde großen Wert darauf legen, daß man dem Herrenhause auch darin folgt, den Jagd- stempel für die gemeinschaftlihen Jagden jedenfalls auf F 9% zu seßen und nicht nur auf 3/10 %/, an sch au kein erhebliher Differenzpunkt. Bekanntlih hatte das Herrenhaus beschlofsen, den Jagdftempel für diese gemeinschaftlihen Jagden auf 29/9 festzusetzen, und um nah Möglichkeit eine Verständigung mit dem Abgeordnetenhause herbeizuführen, bin ich im Herreahause nachdrücklich dafür eingetreten, diesen Say von 2% wesentliGh zu ermäßigen, und das Herrenhaus i|st in dankenswerter Weise dem gefolgt und hat s{ließlich den Saß von 2 9/9 auf 1/z 9%, also auf ein Viertel, ermäßigt. Nun halte ih die Differenz von /,4 und !/2 9% in der Tat nit für so erheblich, um deshalb die ganze Sache noh- mals an das Herrenhaus zurückgelangen zu lassen. Meine Herren, was macht das aus? Nehmen Sie eine Jagt paht in gemeinschast- lihem Bezirk von 500 46 an, so hat man nah den Beschlüssen des Herrenhauses 1/4 °%/4 zu zahlen, also sage und schreibe 2,50 46 im Jahre. Ift das wirklich ein Objekt, um dethalb die Sache an das Herrenhaus zurückgelangen zu lassen? Ich lege aber Wert darauf, die Summe nicht allzu klein zu bemessen, weil ih fürchte, daß, wenn man die Grenze zu niedrig seßt, dann Umgehungen des ganzen Jagd- stempels Tor und Tür geöffnet werden. (Sehr richtig! links.) Es ist zu verführerisG, daß der auswärtige Pachtlustige sich hinter eine vorges{hobene Person in der betreffenden Gemeinde steckt, diese die Jagd anpachtet und der betreffende Jagdliebhaber also einfach auf diese Weise den hohen Jagdstempel spart. Deshalb, meine ih, ist es niht richtig, hinsichtlich dieser Summe alizu weit herabzugehen. Wir würden mit 1/2, % \chon eine große Ermäßigung gegenüber den sonstigen Jagdpachten vorsehen.

Ebenso möchte ich vorschlagen, noch einem Beschluß des Herren- hauses zu folgen, der die Begrenzung der Begünstigung bei diesen gemeinschaftlißen Jagden niht auf 1500 4, sondern auf 1000 46 festsezt. Wenn jemand in der Lage ist, sich auf einem gemeinschaft- lichen Jagdbezirk eine Jagd zu pahten und dafür mehr als 1000 #4 zu zahlen, so sehe ich wirklich niht ein, warum man da noch eine besondere Nachsiht walten lassen soll. (Sehr richtig ! links.) Ich glaube, eine Jagd über 1000 46 is {on ein ziemlihes Luxusobjekt, und da braucht man nicht eine steuerlihe Vergünstigung eintreten zu lassen.

Was dann die Mietsteuer betrifft, so würde der Ausfall, wenn Sie hinter den Beschlüssen des Herrenhauses zurückbleiben, das be- kanntlih die Grenze auf 300 4 festgeseßt hat, und Sie die Grenze wieder auf 360 4 heraufrüdcken, etwa 75 000 4 betragen. Wir würden also zuzüglich der 24000 46 bei den Jagdpachten immerhin einen Ausfall von insgesamt 100 000 4 erleiden. Und nun muß ih sagen : au hier {eint mir das Objekt so gering, daß man oÿne irgend eine Mehrbelastung der minderleistungsfähigen Schultern ihnen diese Steuer, glaube ich, zumuten könnte. Nehmen Ste eine Miete von 360 46 an, so würde das bet 1/15 %/0 36 S und abgerundet 50 4 im Jahr ausmachen. Liegt darin wirklich auch für die minderleistungsfähigen Klassen ein Druck, wenn sie 50 Z im Jahr dafür zu entrihten haben ? Ich vermag das meinerseits niht anzuerkennen.

Was endlich den Automaten betrifft, so ist hier nah den Vor- {lägen, die uns jeßt, unterbreitet sind, eine weitere Vergünstigung für die Automaten vorgesehen. Meine Herren, hier stehe ih wieder auf dem Standpunkt, daß mir dazu kein Bedürfnis vorzuliegen scheint. Ich halte die Automaten, die Waren pretsbieten, im allgemeinen für kein dringendes öffentlihes Bedürfnis; im Gegenteil, die Automaten verführen die Kinder vielfah zum Naschen, und ein Grund zu einer besonderen steuerlihen Bevorzugung liegt meines Erachtens niht vor. In dem Kompromißvorschlag ist aber eine solhe Bevorzugung enthalten, indem Ste die Grenze von 3 4 gestrihen haben und {hon bet Automaten von 1 bis 4 Warenbehältern nur 1 F erheben wollen. Ein Automat, der 4 Warenkategorien enthält, kann, glaube ih, sehr wohl, wie wir es vorgeshlagen haben, 2 4 bezahlen und niht blos 1 4. Ih meine, hier liegt wiederum kein Grund vor, die Automaten günstiger zu behandeln, als das Herrenhaus vorgeshlagen hat.

Ih resümiere mich dahin: ich würde dankbar sein, wenn es möglich wäre, den Beshlüfsen des Herrenhauses beizutreten und uns dadurch die Möglichkeit zu geben, das Geseß noch zum 1. Juli in Kraft treten zu lassen, was nah allen Richtungen erwünscht wäre. Ist das niht mögli, so würde ih bitten, zu erwägen, ob nicht bei den sogenannten gemeinschaftlichen Jagdbezirken die Mindestgrenze auf X 9% festgeseßt werden kann, und die Grenze der Summe auf 1000 statt 1500. Gegen die Beshlüsse des Herrenhauses, den Mietstempel {hon bei 300 46 beginnen zu lassen, würde ih meinerseits keine Bee denken haben und au befürworten, hinfihtlich der Automaten den Beschlüfsen des Herrenhauses beizutreten, die Vergünstigung also nicht statuieren zu wollen, wie hier in dem Antrag des Abg. von Richt- hofen und Genossen vorgesehen worden ift.

Abg. Fleuster (Zentr.): Der Abg. Leinert hat so maßlos ge- \sprochen, daß es niht verlohnt, ihm darauf zu antworten. Jh muß mich aber gegen den Vorwurf wenden, als folle mit unseren Kompromißbvor Gigen der ländliche Grundbesiß ungereht begünstigt werden zum Schaden des ftädtishen Besitzes. Allerdings liegt eine gewisse Begünstigung des ländlichen Grundbesißes vor, aber diese ist auch begründet, weil der ländlihe Grundbesitz niht. so gut verwertbar ist wie der städtische Besitz, und weil er mit allerlei Steuern prägraviert ist, namentlich mit Ge- meindezushlägen. Von einer Benathteiligung des Mittelstandes kann hier keine Rede sein. In der Regelung des Stenpens auf die Jagd- pachtverträge tragen wir den Bedürfnissen des kleinen bäuerli N Rechnung. Daß wir einen Mittelweg eingeschlagen baben, entspriht durhaus der Billigkeit, die Staffelung qeut von 2 bis 10 9%/. Mit unserem Se, den Mietsstempel bei 360 #4 beginnen zu lassen, wollen wir dem Wohnungsbedürfnis der Minder- bemittelten, der Arbeiterkreise entgegenkommen. Ich bitte Sie, die

Kompromißanträge anzunehmen.