1909 / 148 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Jun 1909 18:00:01 GMT) scan diff

das hat Herr Direktor Kühn Ihnen schon gefagt niht daran ge- dacht, einzelne Fabriken auszunehmen, etwa die großen, und die kleinen dafür zu belästigen, sondern man will einzelne Kategorien von Be- leuWtung8gegenständen von der Banderolierung ausnehmen und unter Buhkontrolle stellen, und dann kann weder der Kleine noh der Große eine Schikane erleiden, sondern es wird beim Fabrikanten kontrolliert

Und wenn ich noch darauf zurückkommen darf, was Herr Dr, Weber gesagt hat, die Exportartikel betreffend, so wird im allgemeinen nah den Erkundigungen, die ih eingezogen habe, von den Händlern die Ware, die exportiert werden soll, bereits als Exportware bestellt, Dann beschränkt sich die ganze weitere Buchkontrolle darauf, ob der Händler auch wirkli die bezogene Ware exportiert. Diese Kontrolle kommt überall vor, wo wir eine Steuer im Exportfalle erstatten.

Abg. Dr. Pichler (Zentr.) verwahrt seine gattel gegen den Vorwurf der Mittelstandsfeindlichkeit. Im bayerishen Landtage habe es sih um die elektrishe Energiesteuer gehandelt; jeßt handele es sich nur um einen Teil der Steuer, um die Glühkörper.

Wi Mens Dr. Paasche erklärt die Diskussion für ge- ofen. è

Abg. Müller-Meiningen (fc. Volksp.) eilt zu dem Präsidium, um das Wort zu erbitten. (Ohrenbetäubender langandauernder Lärm rechts und im Zentrum, stürmishe Rufe: Raus! und Schlußrufe.)

Aba. Müll er- Meiningen (fr. Volksp.) zur Geschäftsordnung: Fch wollte nur eine persönlihe Bemerkung machen, möchte mir aber an den Herrn Präsidenten die Frage erlauben, ob es unter der neuen Konstellation gestattet ist, das Wort „Jesuit“ auszusprechen, ohne dafür gestraft zu werden.

Abg. Dr. Heim (Zentr.): Ih möhte den Herrn Präsidenten fragen, ob es gestattet ist, zu zitieren, wie es der Kollege Müller so oft tut. In Guykows Rittern vom Geiste heißt es: „Wenn man einen minoren Mienen rasch erkennen will, brauht man nur die Rede auf Jesuiten zu bringen.“ j

Jn namentlicher Abstimmung wird § 1, der die steuer- pflichtigen Gegenstände aufführt, mit 185 gegen 160 Stimmen und 2 Stimmenthaltungen angenommen.

Zu S 2, der die Steuersäßge enthält, liegt der Antrag Weber vor, dieser wird abgelehnt und der § 2 unverändert angenommen, ebenso der Rest des Kommissionsantrages.

Schluß 7 Uhr. Nächste Sißung Mittwoch, den 30. Juni, 1 Uhr. (Jnterpellation Albrecht, betreffend die zeitweilige Auf- hebung der Getreidezölle.)

Ein Antrag des Abg. Singer, shon morgen eine Sißung abzuhalten, wird gegen die Stimmen der Linken abgelehnt.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 18. Sißzung vom 2. Juni 1909, Vormittags 111/2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Das Haus verhandelt zunächst wiederum über den Ent- wurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Stempelsteuergeseßes vom 31. Juli 1895, der vom Ab- geordnetenhause in abgeänderter Fassung an das Herrenhaus zurückgelangt ist.

Berichterstatter Graf von Reihenbach-Goschüß beantragt, die gestern vom Abgeordnetenhause beshlossenen Abänderungen des Stempeltarifs (zum neuen Stempelsteuergeseß) gutzuheißen. Nach neueren Nachrichten werde die Automatensteuer mehr einbringen, als man vermutet habe; deshalb habe das Abgeordnetenhaus eine Milderung in der Weise beschlossen, daß bei Warenautomaten bis zu 4 Warenbehältern 1 4 jährli erhoben werden folle.

Herr von Buch: Jh kann in den Abänderungen des Abge- ordnetenhauses keine Verbesserungen sehen. Wie kann man z. B. beim Mietstempel eine Grenze bei einer solhen Zahl wie 360 machen, warum nicht runde Zahlen? Es {eint nur darauf angekommen zu sein, die Beschlüsse des Herrenhauses wieder abzuändern. In leßter Zeit nahm das Abgeordnetenhaus mehrfach eine derartige Haltung ein. Ich würde es bedauern, wenn es auf dieser Bahn fortfährt.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Ich bin Herrn von Buch sehr dankbar für die Anregung, den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses beizutreten, möchte aber doch das aus\sprecken, daß ih mich keineswegs im Abgeordneten- hause mit den dort gefaßten Beschlüssen einverstanden erklärt habe; im Gegenteil, wie der Herr Graf von NReichenbech die Güte hatte aus- zuführen, habe ich die Beshlüfse des Herrenhauses nahdrücklich im Abgeordnetenhause vertreten. Aber ich bin allerdings der An- sicht, daß die Differenzpunkte, die geblieben find, {ließlich fo un- bedeutend sind, daß sie in der Tat nicht dazu Anlaß geben sollten, die Sache abermals an das andere Haus zurückgelangen zu lassen. Ich darf den Ausführungen des Herrn von Buch gegen, über doch das hervorheben, daß das Abgeordnetenhaus \sich in sehr wichtigen Punkten den Beschlüssen des Herrenhauses akkommodtiert hat. Zunächst hat das Abgeordnetenhaus den Beschlüssen des Herrenhauses gemäß den Fahrradstempel fallen lassen. Zweitens hat das Abgeordnetenhaus das Ergebnis aus den Jazdpachtverträgen, ganz konform der Beschlußfassung des Herrenhauses, wesentlich gesteigert. Fch kann {hon hier aussprehen, daß ich die Beschlußfassung des Herrenhauses für außerordentlich rihtig und glüdcklich hielt, die dahin ging, mehr aus den Jagdpachtverträgen zu erzielen, als das Abgeordnetenhaus beschlossen hatte, und also die Stempel den Säßen anzunähern, die wir beantragt hatten. Nach den früheren Beschlüssen des Abgeordnetenhauses sollte aus den Jagdpachiverträgen eine Summe von nur 267 000 # erlöst werden; nah dem jeßigen Beshluß wird eine Summe von 732000 erzielt. Also weiden die Jagdpachtverträge ein Mehr von 465000 A ergeben. Lie Beschlußfassung des Abgeordneten- bauses weiht von dem Beschlusse, den dieses hohe Haus gefaßt hat, nur um einen Betrag von etwa 24000 # ab, Also das Abgeordnetenhaus hat dem Bestreben des Herrenhauses, etnen höheren Ertrag aus der Jagdyachtbesteuerung zu erzielen, doh in der Hauptsache Rechnung getragen.

Was \{ließlich den Stempel für die Mieten betrifft, meine Herren, so war es im Herrenhause der Wunsch, bei 300 46 anzufanzen, im Abgeord- netenhause bei 400 6. Nun hat das Abgeordnetenhaus eine mittlere Linie gezogen und vorgeshlagen, die Besteuerung bei 360 46 be- ginnen zu lassen. Es hätte eigentlich, um die mittlere Linie genau zu treffen, noch 10 4 abziehen und 350 4 nehmen müssen. Aber, meine Herren, das sind, wie gesagt, doch niht Differenzpunkte so erheblicher Art, um deswegen eine erneute Beschlußfassung eintreten zu lassen, und dies zu umgehen, bewegt mich wiederum der finanzielle Gesichtspunkt, der doch hier in diesem Hohen Hause wiederholt Aner- kennung gefunden hat. Meine Herren, wir stehen kurz vor dem 1. Juli. Nur mit der äußersten Anstrengung wird es mögli sein, das Geseß noch bis zum 1. Juli in Kraft treten zu lafsen. Findet eine weitere Verzögerung statt, so ist es nicht mehr mögli, den

Termin des 1. Juli innezuhalten. Alsdann würden wir das Geseß, da wir es nicht mitten im Monat in Kraft segen können, voraus- sictlid erst am 1. August in Kraft seyen. Das würde einen Verlust von 14 Millionen Mark mit \sich bringen. Ich glaube, eine Differenz von 90000 46 zwischen dem Abgeordnetenhaufe und tem Herrenhause so stellt sich die Sache ungefähr ift es niht wert, daß wir ihretwegen 14 Millionen aufs Spiel seßen. Da die Differenz nicht so erheblih i und da sich das Abgeordnetenhaus in den von mir bejeichneten Punkten den Wünschen des Herrenhauses akkommodiert hat, kann ich mich in Uebereinstimmung mit Herrn von Buch nur dahin aussprechen, daß das hohe Haus neigen wolle, den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses seine Zustimmung zu erteilen.

Fürst von Lihnowsky sieht in der Art, wie die Jagdpacht-

verträge besteuert werden, die Bekundung einer ganz \chiefen Auf- fassung soztalpolitisher Pflichten.

Herc Ehlers - Danzig: Ih muß Herrn von Buch durchaus bei- stimmen. Das Abgeordnetenhaus fängt an, uns nah dem Rezept zu behandeln: Wir wollen uns verständigen ; wenn wir derselben Meinung sind, sollt du recht haben, wenn wir vershiedener Meinung sind, joll ih recht haben. Ich finde, daß das Herrenhaus sih neben den anderen BULENA immer noch sehen lassen kann. Hätten wir z. B. die

eihsfinanzreform zu machen, so würde das Herrenhaus sie jedenfalls \{neller mahen, und wahrscheinlich würde sie niht chlechter werden, als es geschehen wird.

Darauf wird das Stempelsteuergeseß in der lezten Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen.

Der Geseßentwurf, betreffend den Anschluß des Lehrpersonals an öffentlichen nihtstaatlihen mitt- leren Schulen an die Alterszulagekasse der Volks- schullehrer, wird unverändert ohne Debatte angenommen.

Vizepräsident Herr Beer teilt darauf dem Hause mit, daß das Abgeordnetenhaus heute den Geseßentwurf, betreffend die Haft pfliht des Staats Ur Jene Geamten 26, bereits beraten und den 8 5, der nah den Beschlüssen des Herrenhauses dem Staate die Haftpfliht auch für die Lehrer- schaft auflegen wollte, gänzlih gestrichen hat.

Da kein Widerspruch erfolgt, so wird die Beratung des V VRREs Gesehentwurfs sogleih auf die Tagesordnung geseht.

Als Berichterstatter für diesen Gesegentwurf fungiert Graf von Behr-Behrenhoff, der die Annahme empfiehlt.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Die Staatsregierung hatte, wie ih bei der leßten Sitzung die Ehre hatte zu erklären, an dem Standpunkt festgehalten, daß das Gesetz, wie es hier verabshiedet war, für sie unannehmbar sei. Herr Graf Behr hat erwähnt, daß ih mich gegen den damals in Aussit gestellten Antrag, den § 5 zustreihen, ausgesprochen habe. Meine Herren, damals hatte ih eine Enischeidung dieses Hohen Hauses noch nit, und ih hegte die Hoffnung, daß das Geseß verabschiedet werden würde, wie es vom Abgeordnetenhause gekommen war. NaŸ- dem sih diese Hoffnung aber nicht erfüllt und nachdem das Haus der Abgeordneten nurmehr den Beschluß gefaßt hat, den §5 zu streichen, ift auch die Stellung, welche ih einzunehmen habe, eine wesentli andere geworden. Wenn der Weg, den das Abzeordnetenhaus eingeschlagen hat, um das Gesetz, wenngleich mit einer Lücke behaftet, zustande zu bringen, auch hier betreten wird, so wird der große Gewinn gegenüber dem jeßigen Zustande immerhin bestehen bleiben, daß für die allerweitesten Beamtenkeise die Wohltaten des Gesehes, wie es von der Königlichen Staatsregierung gedaht ist, eintreten werden. JInbetreff der Streichung des § 5 will ich auch hier kurz folgendes erklären: In der Re, gierungêvorlage war unzweideutig zum Ausdruck gebracht, daß die Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlihen Volksshulen weter als unmittelbare Staatsbeamte noch als Gemeindeb:amte anzusehen seten ; gerade deshalb sind in dem Gesetzentwurf besondere Bestimmungen über die Haftung für Amtspflichtverleßungen der Lehrer auf- genommen worden, Sollten diese Bestimmungen nunmehr ge- strichen werden, so würde das vorliegende G'seß die Haftung für die Lehrer, abgesehen von den Lehrern an staatlichen An- stalten, ungeregelt und insoweit den bisherigen Rechtszustand bestehen lassen. Also, meine Herren, es würde eine Lücke in dem Geseye sein. Aber sie wird sh meines Erachtens ertragen laffen, so sehr ih be- dauere, daß sie eintreten wird, weil die Lehrershaft. von ihrem Stand- punkte aus eine Zurücksezung darin finden könnte. Andererseits sind die Vorteile des Geseßes so weitgehend, daß die Bedenken, die ih früher gegen diese Behandlung der Frage vorgebraht habe, voa mir nit aufrechterhalten werden. Jh bitte Sie daher, den Geseßentwurf in der Form, wie er im Abgeordnetenhause jeßt angenommen worden ist, auch Ihrerseits anzunehmen, und ich werde voll dafür eintreten, daß die Königliche Staatsregierung ih diesen Beschluß dann aneignet.

Nach kurzer Debatte wird die Vorlage, mit Ausnahme des vom Abgeordnetenhause gestrihenen § 5, angenommen.

Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Auf- hebung der Generalkommission in Bromberg, wird nah einem Bericht des Herrn Knobloch-Bromberg eben- falls in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung an- genommen. j Für verschiedene Rehnungen der Staatsverwaltung wird Entlastung erteilt.

Präsident Freiherr von Manteuffel unterbricht die Ver- handlungen mit der Verlesung einer Einladung der Regierung zu einer gemeinschaftlichen otha beider Häuser des Land- tags, um eine Allerhöchste Bot chaft entgegenzunehmen.

Ueber den Antrag der Herren Graf von Haeseler und Dr. Zorn, betreffend das Fortbildungsschul- wesen, berihtet namens der Unterrichtskommission Herr Dr. Klein-Göttingen. Die Kommission hat dem Antrag im wesentlihen zugestimmt und beantragt die An- nahme in folgender Fassung: eine g P age n Die ege zu leiten, durh welhe der Besuh der Fortbildungs- shule nah der Entlassung aus der Elementarschule bis zum vollendeten 18. Lebensjahre für obligatorisch erklärt wird.

ri Graf von Haeseler bittet kurz, dem so geänderten Antrage zu- zujUmmen.

Herr Dr. Hillebrandt- Breslau {ließt sich dem an und betont die Bedeutung des Fortbildungs\{hulwesens. Er ist der Meinung, daß eine geteilte Leitung dieses Unterrihts unter den Ministerien des Unterrichts, der Landwirtschaft und des Handels kein “Fehler set. Man kônne dos Fortbildungsshulwesen n'cht von Memel bis zum Rhein einheitlih gestalten.

Herr bon Puttkamer weist auf die SMwierigkeiten hin, die der Einführung des Apanage Eu wesens auf dem platten Lande ent- gegenständen. uch müsse eine UÜeberlastung mit Gedächtnizskram vermieden werden.

Der Antrag wird angenommen.

Ueber eine Petition der Stadtverwaltung zu Kirchhain (Bezirk Cassel) um Abstgndnahme von der geplanten Reichs-

steuer für Gas und Elektrizität wird zur Tagesordnung über-

gegangen, ebenso über eine Petition des Apothekers Sauer zu

Berlin um Aufhebung einer auf sein Fabrikat Haemacolade

Cd oe öffentlihen Warnung des Polizeipräsidenten von annover.

Verschiedene Petitionen aus Hannover um kommunal- politishe Gleichstellung der Provinz Hannover mit den anderen preußischen Provinzen werden nah dem Referat des Herrn Dr. Struckmann der Regierung als Material überwiescn.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Nachdem der Präsident Freiherr von Manteuffel eine Uebersicht über die vom Hause verabschiedeten Vorlagen ge- geben hat, erstattet Herr Dr. Koh ihm den Dank des Hauses für seine umsichtige Geschäftsführung, den der Präsident au für die Schriftführec in Anspruch nimmt.

Die Sizung \{chlißt mit einem dreimaligen begeisterten Hoch auf Seine Majestät den König. Schluß 2 Uhr.

Haus der Abgeordneten. 100. Sißung vom 25. Juni 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Es steht zunächst wieder der Geseßentwurf über die Haftung des Staats und anderer Verbände Ir _Amtspflichtverlcßungen von Beamten bei

usübung der öffentlichen Gewalt zur Beratung, der vom Herrenhause in abgeänderter Fassung an das Abgeordneten- haus zurüdgelangt ist. :

Das Herrenhaus hat die Beschlüsse des Abgeordneten- hauses dahin geändert, daß für die Amtspflichtverleßzungen von Lehrern und Lehrerinnen der Volksschule nicht der Schul- verband, sondern der Staat haften soll.

Der Abg. Boehmer (kons.) hat mit Unterstüßung von Mitgliedern aller Parteien den Kompromißantrag ein- gebracht, den darauf bezüglichen § 5 ganz zu strcihen, sodaß die Lehrer aus dem Geseh überhaupt Ss eid:

Abg. Boehmer (kons.): Die Stellung meiner Freunde, die wir bei der früheren Beratuny darg?le„t haben, hat sih nicht geändert. Wir find au heute eigentlih no% nit von rer Notwendigkeit und Nüßlich- keit dieses Gesetzes überzeugt; auh im Herrenhause ist von eirem Redner die Meinung ausgesproh?n worden, daß dieses Gef y niht einem Verlangen des Volkes, sondern nur etnem solchen der Juristen entspricht. Die Regierung hat nun im H:rr-nhause den § 5 mit der Beslimmung über die Haftung des Staais für Amttpflichtverleunyen von Lehr- personen für unannehmbor erklärt. VDeéeh2lb haben wir den Kom- promißantrag gestellt, den § 5 ganz zu streichen.

Abg. Reinhard (Zentr.): Die Regierung will das Gese, wenn die Fassung des Herrenhauses nicht abzeän? ert wird, überhaupt fallen lassen, und das können wir nit verantworten. Wir haben aber au die Ueberzeugung, daß die Majorität des Her:er hauses ihre Meinung nicht äadern wird, und da bleibt nihts anderes übrig, als auf den Boden des Kompromißantrags zu treten. Es ift ja sehr peinlich, auf diese Weise eine Lücke in dem Gese zu hafen; aker bei der Zwangslage, in der wir das Uebuige retten wolle, müssen wir dem Antrage zustimmen.

Abg. Bo isly (nl.) spricht sich gleichfalls für die Annahme des von ihm unterstützten Kompromißartrags aus.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Der Not gehordend, nicht dem eigenen Triebe, werden meine Freunde gleichfalls für die Streichung des § 5 stimmen, um das Gesetz zu verabscieden. Die in das Gesetz gerissene Lücke sehen wir cls fehr mißlich an; wir halten den Herrenhausbes{luß für allein rihtig sowobl für die Lehrer und die Schule wte für die Schulverbände und die Geshädigten, aber das ganze Gese würde fallen, wenn wir diesen Be- {luß annehmen würden. Hoffentlih bekommen wir in der näd sten Session von der Negieruna einen Vorschlag, der dem Standpunkt des Herrenhauses Rehnung tägt; das wird hoffen!lich um so eher der Fall fein, als wir dann einen Unterrichtswinister haben werden, Wenn die Regterung einen solchen Geseßentwurf 1 iht vo:legt, so werde ih thn felbst einbringen.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Der abändernde Beschluß, welchen das Herren- haus zu dem vorliegenden Gesetzentwurf gefaßt hat, ist von mir namens der Staatsregierung für unannehmbar erklärt. Auf diesem Standpunkt muß die Regierung nah wie vor stehen bletben ; dern e ist nah ihrer Ansicht unmöglich, die Frage bcs Verhältnisses der Schule zum Staat in einem Sondergesez gewissermaßen nebenher, wenigstens in einer Hinsicht, zu regeln; und das würde geschehen, wenn der Beschluß -des Herrenhauses zum Gese erhoben würde. Die Regierung ist sih aber auh darüber klar, daß das Herrenktaus feine Stellung zu ändern niht geneigt sein wird. Das haken die kürzli dort stattgefundenen Verhandlungen klar ergeben. So kann die Ne- gierung nach meiner Auffassung den jeyt vorgeshlagenen Weg zur Sicherung des Geseyes nur begrüßen, wenngleih au sie aufrichtig beklagt, daß, wenn der heute ge- stelte Antrag angenommen wird, eine Lücke im Geseh entsieht, Die Folge der Streichung des § 5 würde meines E: aht- ns die sein: Fn der Regierungsvorlage ist unzweideutig zum Ausdrvyck gebradt worden, daß die Lehrer an öffentlih-zn Volkss{chulen weder als unmittelbare Staatsbeamte, noH als Gemeindebeamte anzusehen seien- Gerade deshalb sind in dem Entwurf die besonderen Bestimmungen über die Haftung für Amtspflichtverlezungen der Lehrer auf, enommen worden. Sollten diese Bestimmungen nunmehr gestrihen w-rden, #0 würde das vorliegende Gesey die Haftung für die Lehrer, abgesehen von den Lehrern an staatlihen Anstalten, ungeregelt und infoweit den bisherigen Rehtszuftand bestehen laffen.

Fch will damit unzweideutig meiner Re§tsauffassung dahin A uße druck geben, daß, wenn der Antrag angenommen wird, die Haftpflicht in bezug auf die Lehrer so fortbesteht, wte ste bisher war, d. h, daß dann ein ungleihhartiger Rehtszustand in unserem Staat bestehen bleibt insofern, als sowohl im Rheinland wie im übrigen Staatt- gebiet die bisherigen Grundsäße in Geltung bleiben, Das Gesez, wie es dann zur - Verabschiedung kommen wird, wird mit anderen Worten keinen Einfluß auf die Fälle ausüben, wo ein Volks\{ullehrer eine shuldhafte Handlung in Ausübung seines Amtes begeht, Das ist, wie ich bemerkt habe, eine Lücke, und zwar auch nach Meinung der Regierung eine sehr empfindlihe- Lücke. Ih werde aber, wenn das Haus den jut gf stellten Antrag annimmt, entschieden dafür eintreten, daß d!e Staats- regierung ihm zustimmt. Das halte ih für eine Notwendigkeit, da- mit das Gesez überhaupt zustande kommt, ein Geseß, welches lange gewünscht worden it, und für welches die Regierung mit vollem Nadh- druck eingetreten ist. Die Wirkungen des Geseßes würden au mit dieser Lüdte so bedeutsam sein, daß diese in Kauf genommen merden muß (Bravo!) :

(S@luß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichsan

M 148,

(Schluß aus der Esten Beilage.)

Abg. C ass el (fr. Volksp): Es ift ja eine eigentümlihe Situation, wenn von allen Beamten gerade die Lehrer von der Wohltat des Ge- seßes ausgeschlossen werden sollen. Es ist auch zu bedauern, daß der G-\chädigte für Amtepflihtverlegungen des Lehrers ih wie bisher lediglih an den Lehrer soll halten können. Wir stimmen dem Gesetze gleihwohl zu, weil sein Zustandekommen sons unmöglih wäre, auch weil wir glauben, daß die Bedeutung der Frage außerordentlich über- trieben worden ist. Die Fälle, wo infolge von Amtspflichtverlezungen des Lehrers eine erheblihe Schädigung von Gesundheit und Vermözen vorliegt, sind glücklicherweise nur sehr selten; durch Uebernahme einer Versicherung kann die Belastung auf ein Minimum reduziert werden. Allerdings beläßt es die Erklärung des Justizministers bei der bisherigen Ungleichheit des Rechtszustandes in Preußen, und wir begrüßen daher die Erklärung des Abg. von Zedlitz, eventuell in der nächsten Session zur

eseßgeberishen Regelung der Sache die VFnitiative zu ergreifen. Der us\ührung des Abg. Boehmer, der au keute dabei blieb, daß es {h bier um ein Bedürfnis nicht des Volkes, sondern nur der Juristen handle, muß ih entschieden entgegentreten. Wir verkennen nit, daß das jeßige Gesez, welches eine alte Forderung unserer Partei bver- wirklicht, niht alle Wünsche erfüllt. Aber es kann dem ganzen Lande nur zum Segen gereichen, wenn der einzelne Staatsbürger weiß, daß und wo er bei Ueberschreitung der obrigkeitlihen Amtsgewalt für die erfolgte Schädigung Ersaß finden kann.

Abg. Peltafohn (fr. Vag ): Auch wir werden dem Kompromiß- antrage zustimmen. Daß das Geseß unter diesen Umständen für die Lehrer von überhaupt keiner Bedeutung wäre, wie der Minister meinte, bestreite ih. Notwendig ist auch, ganz abgesehen von diesem Gesetz, die endliche Fixierung der staatsrehtlihen Stellung der Lehrer ; die jeßige Unklarheit führt in mannigfachen Beziehungen, wie z. B. in der Frage der Berehnung der Zeugengebühren, täglih zu unlieb- samen Differenzen.

Damit schließt die Generaldiskussion. L

Eine Spezialberatung findet niht mehr statt; Z 5 wird einstimmig gestrihen und in dieser Fassung die Vorlage, die somit nohmals an das andere Haus gehen muß, einstimmig angenommen.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Schulversäum- nisse im Gebiete des vormaligen Herzogtums Nassau, der vormaligen Großherzoglich hessischen Gebietsteile und der vormaligen Landgrafschaft Hessen-Hombur g, der gleichfalls in abgeänderter Fassung von. dem Herrenhause zurücckgelangt ist, wird in der vom Herrenhause beschlossenen Fassung ohne Debatte endgültig ge- nehmigt.

Wegen einer Beleidigung des Hauses der Abgeordneten, enthalten in zwei Artikeln der „Erfurter Tribüne“ vom 9. und 99. Mai 1909 über den „Mandatsraub im Dreiklassenhause bezw. im preußischen Abgeordnetenhause“, ist die Ermächtigung zur strafrechtlihen Verfolgung des Redakteurs Pegold und des Nedakteurs Dahl nachgesucht worden. Die Geschäftsordnungs- fommission beantragt, die Ermächtigung nicht zu erteilen. Ohne Diskussion wird demgemäß nah den Referaten der Abgg. Dr. Zimmer (Zentr.) und Schaube (freikons.) beschlossen.

Eine Reihe von Petitionen, welhe den Bau von Eisen- bahnen in den preußischen Gebietsteilen auf dem linfen Rhein- ufer befürworten, überweist das Haus ohne Debatte der Regie- rung als Material.

Abg. von Pappenheim (kfons.) beantragt zur Ge- s{äfteordnung, die demnähst auf der Tagesordnung stehende Beratung der Petition des Magistrats zu Schöneberg bei Berlin um Erhaltung des Grunewaldes (be- züglich deren die Agrarkommission mit Rücksicht auf die frühere Verhandlung des Hauses über diese Angelegenheit Uebergang zur Tagesordnung beantragt, während der Abg. von Brandenstein (kons) die Ueberweisurg der Petition an die Negierung zur Grwägung beantragt) von der Tagesordnung abzuseßen, da fie cine lange Diskussion hervorrufen würde, diese aber bei der Geschäftslage des Hauses nicht mehr anhängig sei. Er beantragt ferner, auch de später auf der Tagefordnung stehenden Antrag des Abg. Dr. Gottschalk - Solingen (nl.), betreffend geseyliche Regelung der Dauer der Schulpflicht und der Straf- bestimmungen bei ungerehtfertigten Schulversäumnissen, von der Tagesordnung abzusfeyen, da er gleihfalls eine längere Diskussion ver- anlafsen würde.

Abg. Wallenborn (Zentr.) stimmt diesem Antrage zu und bemerkt, daß die Petition wegen des Grunewaldes nicht so wichtig sei.

Abg. Cass el (fr. Volksp.) widerspricht dieser Auffassung ; gerade weil die Sache wichtig sei, könne sie bei der Geschäftslage des Hauses nit mehr erledigt werden. Dagegen müsse sie, sobald tas Haus wieder zusammenkomme, alsbald von neuem behandelt werden.

Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (freikons.) meint gleihfalls, daß die Sache wihhtig sei; er felbst würde Bemerkungen über den Zw! ckverband Groß-Berlin machen müssen, und darüber ließe {ch nicht mehr diskutieren. i

Abg. Dr. Gott \{chalk (nl.) widerspricht der Abseßung seines An- trags ; nahdem die Kommission dem Antrag zugestimmt habe, müsse er auch vom Hause erledigt werden.

Das Haus beschließt die Absezung beider Gegenstände von der Tagesordnung.

Es folgt eine Reihe von Petitionen aus Hannover um Aenderung der Städteordnung für die Provinz Pans und eine Petition der Reichs-, Staats- und

ommunalbeamten in Hannover und Linden um Ablehnung der Aufhebung des Privilegs der Königlichen Beamten bezüg- lih der freien Be ennung in Hannover.

R Die Gema L En, diese Petitionen der egierung zur E:wägung zu überweisen.

O Abg Leinert (Soz) erklärt es für eine große Gefahr, daß die Beamten in Hannover das Bürgerrecht und damit das Wahlrecht unentgeltlih erwerben könnten, während alle anderen dafür zahlen müßten, Die Zahl der Beamten in der Stadt Hannover sei so aroß, daß es einmal dahin kommen könne, daß die Beamten die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung beberrshten. Keine andere Städteordnung habe eine so!he Bestimmung. Die Hausbesitzer seien ge- zwungen, das Bürgerreht zu erwerben, selbst wenn sie Idtoten seien, die anderen Bürger hätten aber vielfa nicht das Geld dazu, das Bürger- recht zu erwerben. Die Regierung möge das allgemeine, gleicbe, direkte und geheime Wahlreht auch für die Stadtyerordnetenwahlen ein- führen. Ungeheuerlih sel es auch, daß der Magistrat infolge der eigentümlihen Wahlbestimmung in Hannover ih eigentli selbst er- oânze, anstatt von den Bürgervertretern gewählt zu werden. Alle Steuerzahler in Hannover müßten glei behandelt werden, das Haus môge deshalb dem Kommissionsantrag zustimmen.

Das Haus beschließt nah dem Kommissionsantrage.

Zweite Beilage zeiger und Königlih Preußishen Staalsanzeiger.

1909.

Berlin, Sonnabend, den 26. Juni

Eine Petition von stud. phil. Eberbach u. Gen. in Stegliß wünsht Neuregelung der studentishen Rehtsverhältnisse. Die Unterrichtsko@mission, Berichterstatter Abg. Strosser- Breslau, beantragt Uebergang zur Tageso1dnung.

Die Abgg. Fle ch (fr. Volksp.) u. Gen. beantragen Ueber- weisung zur Erwägung, die Abgg. Leinert (Soz.) u. Gen. Ueber- weisung zur Berücksichtigung.

Abg. Qr. von Liszt (fr. Volksp.): Wir haben Ueberweisung zur Erwägung beantragt Wenn wir niht mit den Sozialdemokraten Veberweisung zur Berülksichtigung beantragen, so geschieht es nicht deshalb, weil wir diese Berücksichtigung nicht wünschten, sondern weib wir über den Rahmen der Kommissionsverhandlungen niht hinaus- gehen wollen. Man hat den Petenten die Kompetenz bestritten ; auh der Regierungsvertreter hatte das in der Kommission getan. Die Petition is hervorgegangen aus einer Akademikerversammlung im Anschluß an die Auslösung der nene, Inzwischen ift durch das Entgegenkommen des jeßigen Rektors die Finkenschast reaktiviert worden. Im übrigen kann doch jeder Staatsbürger petitionieren ; was gefordert wird, ist eine zeitgemäße Reform der akademischen Disziplinarordnung, eine Forderung, die au der verstorbene Althoff als berechtigt anerkannt hat. Jeßt hat der Universitätsrektor das Recht, jede Studentenversammlung zu verbieten, z. B. wenn er meint, es dürfe eine Frau in einer solhen Versammlung nit redend auftreten, oder wenn er meint, daß Geshlechtskrankheiten nicht zum Thema der Verhandlung einer solhen Versammlung gemacht werden dürfen. Ferner wird die Herstellung eines geordneten Sistänzens weg?s mit Recht für notwendig erklärt, man verlangt also nur eine zeitgemäße Reform, niht eine Aufhebung der Disziplinarbefugnisse. Fh bitte das Haus dringend, die Petition der Regierung zur Er- wägung zu überweisen. Es wäre die Erseßung des jeßigen patriarchalishen Systems dur eine zeitgemäße Reform im íInteresse aller Beteiligten gelegen. S

Abg. Dr. Liebkneht (Soz.): Wir sind auf diesem Gebiete gegenüber anderen Kulturstaaten weit zurück. Es ist fast unglaublich, daß unsere akademische Jugend genötigt ist, sich die staatsbürgerliche Gleichberehtigung auf dem Wege der Petitionen zu vershaffen. Man spricht immer davon, daß die Studenten ein privilegierter Stand seien. Nichts falscher als das! Sie haben das einzige „Privileg“, daß fie aus ihrer Minderjährigkeit keinen Einwand gegen ihre Verpflichtung, die Kollegienhonorare zu zahlen, herleiten dürfen. Disziplinarish haben sie aber gleih drei Instanzen über ih: den Rektor, den Richter und den Senat; für sie besteht noch die wirklich unzeitgemäß ge- wordene Karzerstrafe, die sonst nur noch beim Militär vorkommt. Der Universitätsrektor kann bis zu drei Tagen dieses Arrestes ver- hängen; ein solches Privileg sollte doch endlih vershwinden. Selbst beim Militär gilt das Rechtsmittel; bei den Studenten ist jealihes MBerufungsreht ausgeschlossen, abgesehen von der Relegation und dem Consilium abeundi; er fann nichts maden, auch wenn 14 Tage Karzer verhängt \ind, es bleibt ihm nur die Beschwerde beim Unterrichtsminister. Das Disziplinarverfahren gegen Studenten entbehrt also jeder Garantie. Die akademische Disziplin entbehrt auch jeder festen rehtlihen Basis, da der Unterrichtsminister und die. Universitätsbehörden hier ganz nach Be- lieben \{chalten können. Man hat also nicht von Sonderrechten, sondern nur von Sonderpflichten, und zwar von unwürdigen Sonder- pflihten der Studenten zu sprehen. Von der gerühmten akademischen Freiheit ist bei solcher diskretionären Gewalt der Behörden nicht viel zu merken. Aus dem Tempel der freien Wissenschaft der die Universität sein soll, ist leider ein kapitalistischer Markt gemacht worden. Bei den leßten Retichstagswablen hat man auch die akademishe Jugend und selbst die Gymnasiasten zur poli- tishen Agitation herangezogen, man hat fie für den Flottenverein zu interessieren versucht ; für Sie (rets) ist das ja nicht „Politik“ im landläufigen Sinne des Wotts, sondern Betätigung einer nationalen Gesinnung. Eine wirkliche akademische Freiheit wünschen Sie nit ; für die \prudelnde Frishe der Jugend haben Sie kein Verständnis. Sie möchten die Universitäten zu Drillanstalten mahen. Wir Sozialdemokraten freuen uns über jede freie Regung auf dem Gebiete der Wissenschaft, weil alles, was \ih frei bewegen kann, nur der Sozialdemokratie zugute kommen wird.

Abg. S tull (Zentr.): Die Universität soll der Vorbereitung auf den Beruf dienen ; daneben bleibt dem Studenten Zeit, sich wissenschaft- lid im allgemeinen zu bilden. Er kann sich auh politis bilden dur das Hören von \taatswissen|haftlihen Vorlesungen usw. So- bald er wahlmündig ift, kann er auch seine staatsbürgerlichen Nechte ausüben. Wir meinen deshalb, daß es niht angebraht sei, dem Studenten weitere Rechte zu geben. Bei den leßten Wahlen follen nicht nur Studenten, sondern sogar Gymnasiasten in die politische Bewegung hineingezogen worden sein. Jm Interesse der Studenten selbst brauchen wir die Disziplinarbefugnisse; wir wollen nicht, daß die Studenten durch eine politishe Betätigung von der Vor- bereitung für ihren Beruf abgezogen werden. Der Berufscharakter bildet sich am besten in der Stille des Hörsaales und des Labo- ratoriums. (Abg. Dr. Liebknecht: Konfessionelle Verbindungen !) Die konfessionellen Verbindungen sind etwas anderes; für die politische Betätigung ist der Student noch nicht reif, aber seine Konfession kann man in jedem Alter zum Ausdruck bringen. Wir stimmen für den Uebergarg zur Tagesordnung.

Damit {ließt die Diskussion. ;

Berichterstatter Abg. Stro sser- Breslau wendet sich in seinem S{hlußwort gegen die Ausführungen des Abg. Dr. Liebknecht ; die politishe Bildung solle den Studenten nicht beshränkt werden, wohl aber die politishe Betätigung. Die russishen Studenten wollten hier in Deutshland ihren Unfug weitertretben, den sie auf den russishen Universitäten gelernt hätten. Die Universitäten sollten nicht Tummelpläte der politischen Agitation werden, sondern Stätten der Wissenschaft. ;

Das Haus beschließt nach dem Antrage der Kommission den Uebergang zur Tagesordnung. 4

Eine Petition des Präparandenlehrers Torbrügge in Osna- brück um Gleichstellung der Seminarpräparanden- anstaltslehrer mit den Lehrern an Königlichen Präparandenanstalten wird nah dem Antrag der Unter- rihtskommisfion der Regierung als Material überwiesen.

J an erledigt das Haus noch einige Petitionen persönlichen nhalts.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Präsident von Kröcher teilt mit, daß von dem Ministerpräfidenten die Einladung zur gemeinschaftlihen Schlußsißung beider Häuser des Landtags auf heute nahmittag 5 Uhr eingegangen ist; er teilt ferner mit, daß der Abg. von Ditfurth (kons.), gewählt in der Grafschaft Schaumburg im Regierungsbezirk Cassel, d Mandat niedergelegt s E E sodann, daß das Haus am Ende sciner Geschäfte an-

elangt fet. : Abg. Freiherr von Zedliy und Neukirch: Meine Herren, gestatten Sie mir, ehe wir schließen, da ih Sie bitte, mich zu er- mächtigen, dem verehrten Herrn Präsidenten unseren aufrichtigen Dank dafür auszusprechen, . daß er auch in dieser Session die hundert Sizungen \o unparteiisch und fo getreu geleitet hat. Sie haben sih zum Zeichen dessen erhoben. Y rôsident von Kröcher: Ich danke dem Herrn Redner für seine freundlihen Worte und. Jhnen allen für den Beifall, mit dem Sie

diese Worte aufgenommen haben. Ich glaube, in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich Sie bitte, den Dank, den der Aba. von Zedlitz ausgesprochen hat, auch auf die Herren Vizepräsidenten und Schriftführer mit ausdehnen zu dürfen. Im Namen der Vize- präsidenten, der Schriftführer und in meinem Namen sage ih Ihnen verbindlihsten Dank. Ich Que die Sißung mit dem Rufe, mit dem wir unsere Sißungen begonnen haben (die noch anwesenden Sozialdemokraten Leinert und Liebknecht verlassen unter der Heiterkeit des Hauses eiligst den Saal): Seine Majestät der Kaiser, unfer Allergnädigster König und Herr lebe hoch! :

Das Haus stimmt dreimal begeistert in den Ruf ein. Schluß 18/4 Uhr. ? M

Ee Sitzung beider Häuser des Landtags im ißungssaal des Abgeordnetenhauses

vom 25. Juni 1909, Nachmittags 5 Uhr.

Der Präsident des Herrenhauses Freiherr v on Man- teuffel eröffnet die Sißzung und ernennt u Schriftführern die Mitglieder des Herrenhauses Graf von Arnim-Boißenburg und Dr. von Burgsdorff sowie die Abgg. Holtshke und Graf

Praschma.

Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Fürst von Bülow:

Fh habe den beiden Häusern des Landtags eine Allerhöhfte Botschaft zu verkünden. (Die Versammelten erheben sich.) Die Bot- schaft lautet :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw., haben auf Grund des Artikels 77 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 den Präsidenten Unseres Staatsministeriums, Fürsten von Bülow, beauftragt, die gegenwärtige Sißung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie am 25. Juni d. I. in Unjerem Namen zu \{chließen.

Gegeben Kiel, an Bord M. J. Hohenzollern, den 24. Juni 1909.

Wilhelm.

Gegengezeichnet von dem KöniglihenStaatsministerium.

Fh habe die Ehre, dem Herrn Präsidenten die Urkunde zu über- geben. Auf Grund tes mir erteilten Allerhöchsten Auftrags erkläre ih die Sitzungen des Landtags für geshlossen.

Präsident Freiherr vo n Manteuffel: Meine Herren! Che wir aus- einandergehen, vereinigen wir uns in dem Rufe: Unser Allergnädigster Kaiser und König, Wilhelm 11.,, König von Preußen, lebe hoh! (Die Versammelten stimmen begeistert dreimal in den Ruf ein.) Ich schließe die Sihung.

Schluß 5 Uhr 5 Minuten.

Handel und Gewerbe.

Nah der Wochen übersiht der Reihsbank vom 23. Juni 1909 betrugen (+ und im Verglei zur Vorwoche) : Aktiva: 1909 1908 | 1907 Metallbestand e E | M ftand ‘an fkurs- | fähigem deutschen | Gelde und an Gold | in Barren oder aus- | [ändishen Münzen, | |

das Kilogr. fein zu | |

2784 46 berechnet) | 1 152 264 000 | 1117 819 000 967 739 000

x h (+ 28 717 000)|(+ 40 649 000)|(+ 13 605 000) arunter

Gold

875 820 000 Bestand an Reichs- kafsensheinen . .

Bestand an Noten anderer Banken .

Beftand an Wechseln

Gestand an Lombard- forderungen

Bestand an Effekten

Bestand an sonstigen M «69

Passtva: Grundkapital

Reservefonds .

69 364 000 87 359 000

641 000) 30 918 000

72 976 000 | (+ 354000)|(+ 1 033 000)|(+

31 030 000 32 254 000

(4+ 5788 000)|(4+ 6 149 000)((+ 8 088 000) 881 242 000 902 108 000 998 533 000 (4+ 1 834 000)|(— 16 096 000)|(+ 5 082 000)

84246000 | 63542000 | 74224000 919 000)|(— 10 001 000)|(— 9 686 000)

195 087 000 | 52704 000 | 54406 000 (— 11 290 000) |(4- 28 275 000)|(+ 13 852 000)

169 012 000 176 760 000 96 350 000 (— 41 000)|(— 13 392 000)|(+ 86 000)

180 000 000 (unverändert) 64 814 000 (unverändert) | (unverändert) | (unverändert)

1 442 568 000 | 1 396 275 000 | 1 382 898 000 (4+ 30 645 000)|(+ 15 973 000)|(+ 183 003 000)

866 732 000 730 516 000 | 640 848 000 (— 5 687 000)|(+ 19 833 000)|(+ 17 374 000) 31 743 000 42 946 000 40 969 000

(4- 18323 000)|(4+ 811 000)|((+ 1291000)

180 000 000 (unverändert) 64 814 000

180 000 000 (unverändert) 64 814 000

Betrag der um- laufenden Noten .

sonstige täglich fällige Verbindlichkeiten .

sonstige Passiva . .

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrihten für Handel und Industrie “.)

Deutsches Reich.

Veredelungsverkehr mit ausländishenShmudckgegen- ständen aus Gold oder Silber und aus vergoldeten unedlen Metallen sowie mit ausländishen goldenen Taschenuhren und ausländisbem Mineralöl. Der Bundes- rat hat in seiner Sißung am 21. Mat 1909 beshlofsen, gemäß 8&5 der Veredelungsordnung anzuerkennen, daß hinsichtlich der Anträge,

für ausländische SHhmugckgegenftände aus Gold oder Silber Tarif-Nrn. 771 und 776 und aus vergoldeten unedlen Metallen Tarif-Nr. 884 —, die teils auf Karten aus Pappe genäht, teils in entsprehend geformte, im Inland hergestellte Etuis ein- gelegt werden sollen, und sür ausländische goldene Taschenuhren Tarif-Nr. 929 —, die in solhe Etuis eingelegt werden sollen, sowie für ausländishes Mineralöl bis zu 0,812 Dichte bei 15% 0. Tarif-Nr. 239 —, das im Inland durch Vermischen mit Kreide,