1869 / 49 p. 8 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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der früheren Regierungsvorlage, war, wie ih glaubte, nicht annehmbar aus dem einfachen Grunde, weil die Verhältnisse nicht berücksichtigt waren, welche als Folge des Umstandes, daß inzwischen verschiedene neue Provinzen der Monarchie einver- leibt waren, eintraten. Die Sache Lai in der Kommission des Abgeordnetenhauses einen Verlauf genommen, daß das Ergeb- niß der Untersuchung, glaube ich, als ein durchaus annehm-

bares erscheint. e L : :

So, meine Herren, möchte ih Jhnen anheim zu geben mir erlauben, dem Geseßentwurf Jhre Zustimmung zu geben. Sie haben früher einen ähnlichen Gesehentwurf abgelehnt, aber wie die Verhandlungen mit gegan Bestimmtheit ergeben , aus dem Grunde, weil die Sache Jhnen noch nit genügend in- struirt erschien. Diese von Jhnen für erforderlich gefundene Instruktion hat stattgefunden; es haben sämmtliche gehörten Gerichte bis auf ein einziges fich dahin erklärt, daß die Sache so geregelt werden möchte, wie die srühere Vorlage und im Wesentlichen die jeßige besagt. - Dann aber kann ih Jhnen die Versicherung geben, daß ich die allgemeine Regelung der Eides- leistungen für einen Gegenstand ansehe, welcher der Beachtung der Königlichen Regierung im hohen Grade werth ist. Ich werde deshalb in dieser Beziehung das Erforderliche thun,

Die Rede des Regierungskommissars, Geheimen Ober- Justiz-Raths Herzbruch, auf welche der Minister vorstehend Bezug genommen hat, lautete:

Meine Herren! Seit achtzehn Jahren petitioniren die Juden um Abschaffung der jeßigen Eidesformel der Juden; diese Anträge sind nicht etwa vereinzelt vorgekommen, sondern von % sämmtlicher Sy- nagogen-Gemeinden des preußischen Staats gestellt. Alle diese-Petitio- nen fommen darin überein, daß der Judeneid mit voller verbindlicher Kraft nach jüdischer religiöser Ansicht geleistet werden könne und ge- leistet wird durch Anrufung Gottes zum Zeugen der Wahr- heit, daß alle übrigen Formalitäten überflüssig und zugleich kränkend sind für die Juden. Es is sowohl bei der Beräthung in dem andern Hause, als auch in der Kommission dieses Hauses von der Mehrheit anerkannt worden, daß dies allerdings richtig ist und daß bei der Beurtheilung der Frage, ob eine geseßliche Nenderung in der Weise eintreten solle, wie das aus der Jnitiative des andern Hauses hervorgegangene Geseß vorschlägt, es haupisächlich darauf ankomme, ob nach jüdisch-theolagischer Ansicht der Eid mit voller Wirkung in der Weise geleistet werden kann, wie ex vorgeschlagen wird, ohne daß für Jemand ein Schade daraus entsteht. Die Frage, ob nach jüdish - theologisher Ansicht der Eid in dieser Form gültig ist, kann Niemand besser beurtheilen als die Juden selbst. Nun haben die Synagogen - Gemeinden einstimmig behauptet, daß der Eid in der Form, wie er jeßt vorgeschlagen wird, vollständig bindend sei; es sprechen dafür auch die von dem Herrn Referenten angeführten

_Autoritäten von jüdishen Gelehrten. Es is deshalb meines Erach- tens eine durchaus unmotivirte Behauptung, wenn Herr von Senfft gesagt hat, daß die Juden nach der jeßigen Vorlage einen verstümmel- ten christlichen Eid leisten sollen, sondern es is die Form, die die Juden selbst nah ihren Petitionen verlangen. Nun ijt früher in diesem Hause der Geseßentwurf aus dem Grunde verwor- fen worden, weil er nicht genügend vorbereitet sei, und dieser Mangel is darin gefunden worden, daß nicht auch christliche Behörden darüber gehört worden seien, ob nit Christen durch Aenderung des Judeneides Schaden erleiden. Dieser Mangel is gehoben worden durch die gutachtenden Appellationsgerichte, die hierzu als besonders geeignet erscheinen, weil die Gerichte mit der Ableistung der Judeneide befaßt sind. Diese haben sih_ mit Ausnahme von zwei Gerichten dahin ausgesprochen, daß eine solche Schädigung von fremden Jnteressen durchaus nicht anzunehmen sei, und haben deshalb die Abänderung des bestehenden Judeneides befürwortet. Wenn nun als richtig anerkannt werden muß, daß die Abänderung des Eides einmal bindend für die Juden ist und zweitens die Jnteressen Anderer dadurch nicht geshädigt wer- den, so is! keine Veranlassung, die bisherige Eidesformel beizubehalten, sondern im Gegentheil. große Veranlassung, sie abzuändern. Die Re- gierung hat bereits im Jahre 1861 die Nothwendigkeit hierzu aner- ktannt, und wenn das andere Haus im Anschluß an diese frühere Vorlage jeßt eine neue Vorlage gemacht hat, jo is feine Veranlassung, den Juden ein lange gewünschtes Geseß blos aus dem Grunde vorzuenthalten, weil die T nicht von der Regierung ausgegangen sei. Unsere neuere Gesehgebung hat auch {hon damit begonnen; von dieser Formalität abzugehen. So ist der Eid auf die Verfassung und der Eid der Geschworenen an eine mindere Formalität gebunden. Man hat zwar gesagt, daß diese Eide promissorische,/ nicht aber Zeugen- und Parteieneide seien, indeß die Heiligkeit und Wirksamkeit des Eides verliert durch den Gegen- stand, auf den er si bezieht, durchaus nichts; es ist gewiß ebenso richtig, daß cin Eid, der von demjenigen geleistet wird, welcher das Land vertritt und welcher über Leben und Tod seiner Mitvürger entscheiden soll, nicht an niedere Formalitäten gebunden wird, als der Eid eines Zeu- gen Über die Richtigkeit einer Thatsache. Dazu kommt, wie schon in der früheren Regierungsvorlage ausgeführt worden ist, daß alle größeren Kulturstaaten die besondere Formalität des Judeneides niht mehr für nothwendig erachtet haben, und daß in neuerer Zeit zum preußi- schen Staat Provinzen hinzugetreten sind, in denen diese besonderen Formalitäten des Judeneides abgeschafft sind; das sind die Länder, welche zu der Provinz Hessen-Nassau gehören.

Nah diesen Präzedenzien glaube ih den Wunsch aussprechen zu können, daß Sie dem Antrage Jhrer Kommission beipflichten, den Geseßentwurf , wie er aus dem anderen Hause hervorgegangen ist, anzunehmen,

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4 Ueber den Gesehentwurf, betreffend die Anstellung iy

öheren Justizdienst äußerte. sich der Justiz-Minister Dr. Leon, hardt nah dem Berichterstatter Herrn Bloemer: s

Meine Herren! Ih möchte Sie bitten, beide Amendement j

dcs Abgeordnetenhauses anzunehmen und - so die Königlig, Staatsregierung in die Lage zu verseßen, den Entwurf

Geseß zu publiziren. Das erste Amendement enthält eine rein Fassungssache und is ganz unbedenklih. Das zweite Amend, méht-anlangend, so bin ich doch mit dem geehrten Herrn Y, richterstatter der Justizkommission niht der Meinung, daj man sich mitUeberzeugung diesem Amendement anschließen könnh Ich halte nämli noch immer dafür, daß die Begriffe der Anst, lungs8fähigkeitund der Verseßbarkeitzusammenfallen müssen daßd) Gleichheit vor dem Gesetze fordert, daß der Eine behandelt wer wie der Andere, daß es nicht wünschen8werth sei, in das Gese cine Inkonsequenz hineinzubringen und den Zufall entscheiden N lassen. Das ist aber entschieden der Fall. Wenn Sie einen’ rheinläh dischen Juristen nehmen, so würde ih den verseßen können nad Erlaß des Gesehes nach Jnsterburg oder nach einem anderen hy liebigen weit entfernten Orte, oder nicht, je nachdem er das ali ländische Examen in früherer Zeit gemacht hat oder nicht,

Den Mann, der zwei Examina gemacht, sich also besonde qualifizirt hat, trifft jeßt der Nachtheil, im weiterem Umfange ver seßt zu werden. Das is jedenfalls nicht richtig. Schon dic Erwägung allein verurtheilt meiner Ueberzeugung nah di Amendement. Aber, meine Herren, ih habe den Entwurf leh, haft vertheidigt in früheren Jahren- im Abgeordnetenhause, s wie in diesem Hause. Der Entwurf is wieder vorgelegt wor den in der Form, die er erlangt hat durch die Beschlüsse diese Hohen Hauses. Jch habe, als der Entwurf hier wieder vorgele wurde, gebeten, gegenüber dem Amendement des Herrn voi Bernuth., Sie möchten einstweilen jedenfalls stehen bleiben b dem früheren Beschlusse. Darauf ift die Sache in das geordnetenhaus gekommen. Jn diesem haben nun das mij man anerkennen die liberalen Fraktionen sich zu einer gan erheblichen Konzession herbeigelassen, wie das der Herr Bericht erstatter der Kommission zuleßt auSeinandergeseßt hat.

Ich habe mich im Abgeordnetenhause dahin erklärt , das ih, wenn auch ungern, mit diesem Amendement mich einver standen erkläre, nachdem ih mich nämlich versichert hatte, des die Geseße8vorlage im Abgeordnetenhause die Majorität nid! finden würde. Indem ih mich einverstanden erklärte, habe ih mich hierzu bestimmen lassen durch äußere Gründe , wenigt durch geschäftliche, als durch politische Gründe und diese polil \{hen Gründe sind Jhnen so eben näher entwickelt.

Es kommt insonderheit noch in Betracht, daß jeßt, wi früher, das Verhältniß besteht, wonach Juristen aus den alk Provinzen in die neuen verseßt werden können, nicht aber gui den neuen Provinzen in die alten. Praktisch ift das von keintt großen Erheblichkeit , prinzipiell aber sehr bedenklich, inden hierin immer ein Mittel für v Bord liegt. i

Jch glaube, daß man aus diesen äußeren Gründen sid wohl entschließen kann, auf das Amendement einzugehen, Gewi) ist so viel, und auch bereits betont worden, daß in Folge dieses Mittelweges die Sache praktisch ihre Bedeutung verlierl. Ein Justiz-Minister hat jeßt eine genügende freie Bewegung, welt Un nach dem früheren Amendement des Abgeordnetenhause ehlte. Nach dem früheren Amendement konnte zum Beispiel au? dem ganzen frankfurtischen Gebiet Keiner herausverseßt wer den, während jeßt die Sache so liegt, daß ein frankfurit Richter - vom Justiz - Minister, wenn er zur Strafver seßung verurtheilt ist, z. B. nah Tondérn verseßt wet den kann. Der einzige Fall, in welchem die Sache Schwit rigkeit haben kann, weil eine Strafversezun nicht aus (Ee werden kann; tritt ein, wenn eine trafversebun (l annt werden sollte gegen ein Mitglied des Appellhofes }? Cöln. Wenn ein solches Mitglied nicht, unglücklicherweise fü! ihn, das altländische. Examen gemacht hat, kann er nicht vet seßt werden, hat er das aber gemacht, so kann er nach jede beliebigen Appellationsgericht8ort verseßt werden.

Meine Herren! Es wird mir s{chwerer werden, das Oest zu unterschreiben, als Ihnen, für das Amendement zu stimmt". Ich bitte jedoch, aus den erwähnten äußeren, aber wichtig! politishen Gründen auch diesem Amendement Jhre Zustim mung zu schenken.

Im Hause der Abgeordneten nahm in der berathung über den Antrag des Abgeordneten Berger »die Königliche Staatsregierung -aufzufordern, so b möglich, spätestens aber zu Anfang der nächsten Session, Geseßentwurf über den Bau einer festen Brücke bei Tilsit i einer Eisenbahn von Memel nach Tilsit zum Anschluß a A EE Bahn dem Landtage vorzulegench«, der E dels -Minister Graf von Jyenpliy nah dem Referen® Abg. Miquel, das Wort: : | |

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Schluß

lihen Nachrichten, die ih in neuerer

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ch kann dem Herrn Referenten nicht genug danken für ründlihen und vollständigen Vortrag Über diese An- eit. Jch kann versichern, er hat mir Wort für Wort Seele gesprochen. Jch habe unausgeseßt mich bemüht, diese Bahn, die eine durhaus nothwendige ist, zu Stande zu pringen, i habe aber auch das, was 1ch véript0Wén habe, vollständig gehalten, ih habe Alles vorbereitet und bin am Ende auf. den üblen Umstand der augenblicklih unglülichen inanzen gestoßen. Gleichzeitig aber, meine Herren, erwuchs lw die Hoffnung, sowohl nach dem, was ih in diesem Hause gehört , - als auch nah dem, was ich anderweitig L ae habe, E jebt E zv fein «hte, die Bahn als eine Staatsbahn zu ande zu e und sobald mir dièse Ausficht erwuchs, sowohl hier wie anderwärts, da, meine Herren, hielt ih es für schr wün- henswerth, daß dieser Weg verfolgt und die Bahn bald môög- lichst als Staatsbahn ausgebaut werde. Darin liegt keine Jn- fonsequenz, denn erstlih habe ih den Antrag, die Garantie zu bewilligen, in den Gang gebracht; er stieß auf Schwierig- feiten, die Ihnen bekannt sind, und gleichzeitig habe ih das Mögliche gethan, um die Sache zu fördern, soviel es ging; ih fann sagen, daß diese meine Ansicht, die mit der des Herrn Referenten vollständig übereinstimmt, auch die des ganzen Staats-Ministeriums ist ; die Sache ist noch kürzlih im Staats- Ministerium zur Berathung gekommen. J bin also auch mit dem Antrage des Herrn Referenten oder vielmehr der beiden Herren Referenten, wie er hier unter der Tagesordnung gedruckt steht, ganz vollkommen einverstanden und gebe mih auch der Hoffnung hin, daß demgemäß prozedirt werden kann.

Ich kann aber noch hinzufügen, daß in einem Punkte die Sache nicht so übel liegt, wie die Rigaer Zeitung sagt. Jh habe, sobald mir diese Notizen zu Ohren kamen, amtliche Er- mittelungen aus Rußland mix zu verschaffen gesucht und habe sie erhalten. Danach liegt die Sache nicht ganz so, jondern diese Bahn ist -in der Liste derer aufgenommen (und auf der Karte der Linien verzeichnet), welche in Rußland gebaut werden sollen nämlich die Bahn Libau-Kowno —; das ist geschehen, die Konzession ist aber noch nicht ertheilt und auch der Garantiepunkt noch nicht erledigt. p B s ge:

eit erhalten habe; also eine so dringende augenblickliche Gefahr ist nicht vorhan- den. Außerdem ijt mir au noch dur dieselben Notizen kund geworden, daß der Handel von Libau, an dessen Hafen schon viel Geld gewandt worden ist, dadurch noch nicht viel besser eworden und der Handel von Libau noch nicht im Aufblühen, ea sogar im Zurückgehen begriffen ist. Endlich aber will ih doch noch sagen, um die Herren zu überzeugen, daß ich die Ansicht über die Lage der Sache in Memel, wie sie der Herr Referent uns geschildert hat, vollkommen theile, und nicht blos ha E R / O so Ain A R Be mit hal 46

ften zu thun habe. um eweise dessen will i inführen daß ich gleich im ersten Jahre meiner Amtsführung gesagt habe, es muß der Königs-Wilhelmkanal gebaut werden, um den ungeheuren Gefahren zu engen die der memeler Holzhandel erleidet, wenn die Hölzer aus Rußland um die-Win- denburger Ecke durch das Haff nah Memel gebracht werden, und als die Räthe sagten: »es geht nicht, es bleibt nichts übrige, da habe ih gesagt, »meine Herren, es soll gehen! « und da habe ih 100,000 Thaler ais erste Rate für den Bau des Kanals ausgeseßt. Die folgenden Jahre habe ih nicht ganz so viel geben können, aber noch pro 1869 habe ih 60,000 Thaler ge- gun, und dieser Kanal geht auch im nächsten Jahre seiner

ollendung entgegen. Also, meine Herren , ih glaube die Sachlage so erkannt zu haben, wie sie der Herr e aler 28 E und Gi: sie auf u g a Denn

n Sie ein Dreieck nehmen, an der Spiye oden eln Hafen , der troy seiner nördlichen Lage sehr selten zufriert, wunderbarerweise ja die Thatsache ist richtig wenn Sie dies nehmen und nun unter dem Dreieck erstlich cinen großen Strom haben, der oft im Frühjahr und Sommer wegen Hoch- wassers und im Winter wegen Eisgangs nicht zu passiren ist, und nun unter dem Strom noch eine Eisenbahn bauen, die von Eydtkuhnen nach Königsberg geht, die also alles das, was sons noch nach Memel ginge, nah Königsberg zleht das trägt natürlich zur Blüthe von Königsberg bei, und das freut mich aber es muß für Memel auch sejorgt werden, Also, meine Herren, geben Sie sih der Hoffnung

in, daß wenigstens meinerseits, (und ih habe schon gesagt, dic anze Staatsregierung is darüber mit mir einig), sobald die lnanzlage des Staats es gestatten wird, gebe 1lch mi der offnung hin, daß diese Bahn, und zwar als Staatsbahn, ge- baut wird. Der Qusaß: »sobald die Finanzlage es gestattek«, B purchaus sahgemäß. Kein Minister der Welt kann in die Sala hauen, und cs können immer Umstände eintreten, ‘he Dinge, die man durchaus haben will, doch für den

seinen

aus der

Augenblick unmögli machen. Jch gebe mih aber der Hoff- nung hin, daß solhe Umstände nicht eintreten werden.

_— Dem Abg. Berger (Witten) erwiderte der Handels- Minister:

_ Gegenüber den Worten des Herrn Abg. Berger möchte ib mir erlauben, mit einigen Worten daran zu erinnern, daß doch der Herr Finanz-Minister nicht blos ein warmes Herz, sondern auch eine offene Hand für alle industriellen Bedürfnisse des Landes hat. Es wird den Herren noch deutlich erinnerlih sein, daß ih vor zwei Jahren 24 Millionen und im vorigen Jahre 40 Millionen auf meinen Antrag bekommen habe; und daß das diesjährige Budget so ausfällt, daß derartige Anträge nicht durchgehen konnten, das, meine Herren, liegt im Wesentlichen an den Beschlüssen des Reichstages und des Jollparlamentes, welche dem Staat die Mittel nicht bewilligt haben, womit er etwas fürs Land thun konnte.

Die Generaldiskussion über den Geseh-Entwurf, be- treffend die Anlage einer Eisenbahn von Finnentrop über Olpe nach Roth:e-Mühle im. Biggethale, leitete der Handels-Minister Graf von Itenpligy wie folgt ein: j

Da der Herr Referent vorläufig auf das Wort verzichtet hat, so kann es, glaube ih, vielleiht zur Abkürzung der De- batte gereichen , Swenn ich gleich das Wort ergreife. Zunächst, meine Herren , habe ih der Majorität der Kommission meinen Dank abzustatten, daß sie sih für die Vorlage der Regierung- ausgesprochen hat, und namentlich dafür, daß sie anerkannt hat, wie dringend auch diese Bahn ist. Rücksichtlich der An- sichten der Minorität, welche in dem: Kommissionsbericht aus- geführt sind, gehe - ih auf das nähere Detail nicht ein. Jch erlaube mir nur eine Bemerkung. Es is da cinmal von einer »verschleierten« oder »versteckten« Garantie gesprochen. Ja, meine Herren, ich weiß nicht, wer sie verschleiert oder ver- \steckt hat, denn ih habe bei Ueberreichung des Geseßes gleich gesagt, daß es fich hier um cine Garantie handelt; das war ja der ganze Zweck der Vorlage. Wenn gar keine Garantie-nöthig wäre, so hätte ih ja das Haus gar nicht zu inkommodiren brauchen, sondern ich hätte die Konzession so ertheilt. Dann erlaube ih mir noch die Bemerkung, daß ih die Berechnung, die in dem Votum der Minorität der Kommission aufge- stellt ist und nah welcher ein Schade des Staates von 40,000 Thalern nach der Regierungsvorlage herauLgerechnet wird, nicht als richtig anerkennen kann. Das hat schon mein Kommissar in der Kommission entwickelt. Es is auch im Kommissions- bericht mit abgedruckt, ih will das hier nur bestätigen. '

Es drängt sich mir außerdem diese Betrachtung auf bei dieser an sih geringen Garantie, denn es handelt sih nicht um 12 Millionen, wie ein geehrter Redner gesagt hat, sondern um 2% Millionen und um eine theilweise Garantie dieser Summe, und da läßt sich nicht leugnen, daß diesmal die Kommission strenger in der Prüfung gewesen ist, wie sonst je. Darüber, meine Herren, beklage ih mi nicht. Jch kann nur dankbar ane.kennen, wenn gründlih geprüft wird und ih eventuell auf die Fehler, die ich vielleiht gemacht habe, auf- merksam gemacht werde. : E :

Sollte ich vielleicht aus dieser Bedenklichkeit, diese geringe Garantie zu bewilligen, zu dem Schlusse kommen müssen, daß überhaupt das Haus Bedenken trage, noh Garantie zu be- willigen, so würde ich das theilweise jeßt nicht mehr annehmen, wenn ih es auch heute Morgen noch geglaubt hätte, nah dem, was bei der Verhandlung Über die Memelbrücke bei Tilsit ge- sagt worden ist. :

würde übrigens mich mit dem Gedanken, daß es bedenflih sei , Garantien zu geben , sehr gern vertraut machen , wie ih dies auch früher son ausgesprochen habe. Wenn ich ein Prinzip habe , so ist es: erst Staatsbahn oder Privatbahn ohne Zuschuß, ohne Beihülfe des Staates, oder Privatbahn mit einem einmaligen Zuschuß à fonds perdu. Doch das bemerke ih nur beiläusig , denn sür diesen Fall würde das immer nicht passen. Wenn der Staat Geld und Mittel hat, um Staatsbahnen zu bauen, nun, meine Herren, dann haben wir zunächst, wie Sie eben gehört haben, die Bahn Tilsit - Memel; außerdem haben wir noch die Bahn Arns§- hausen-Bebra und dann die Bahn Harburg-Stade. Es wird sich in solchen Fällen immer darum handeln, die Staat8mittel zu schaffen; hier kann aber der Staat nicht eintreten, um selber den Bau dieser kurzen Strecke in die Hand zu nehmen, denn es ist dies nur eine Zweigbahn von einer Gesellschafts- bahn und diese Zweigbahn -kann nur ‘in diese Bahn einmün- den. Hier sind wir also an diese Gesellschaft gebunden. Ohne alle Garantie hat sie die Bahn nicht bauen wollen. Es ist mir bei früheren “Verhandlungen gelungen, ihr die Ver- pflihtung aufzuerlegen, bei Gewährung einer theilweisen Garantie zu bauen, das muß. sie also auch thun und dazu ist sie auch bereit. Es kommt also, meine Herren, auf alle diese

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