1869 / 111 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

1994

mit 95 gegen 88 Stimmen vom Hause angenommen und laute hiernach folgendermaßen :

»Jeder Abgeordnete wird in cinem besonderen Wahlkreise gewählt Jeder Wahlkreis wird zum Zwecke der Stimmabgabe in kleinere Be, pre getheilt, welche möglichst mit den Ortsgemeinden zusammenfallen

nach ihrer Wahl, entweder zu GerichtLassessoren oder zu Advokaten ernannt. F. 12, Die Bestimmungen dieses Geseßes treten am 1. Januar 1870 in Kraft. Denjenigen Juristen, welche an jenem Tage auf Grund bestan- dener Prüfung bercits zum praktishen Justizdienste zugelassen sind, soll die zurüdctgelegte Zeit der Beschäftigung in demselben auf die vor- geschriebene vierjährige Vorbercitungszeit (§. 6) angerechnet werden. Es bleibt der Bestimmung des Regulativs (§. 14) überlassen, die e Vorbereitungszeit im Sinne der Bestimmung des Y. 8 zu regeln. F. 13. Alle diesen Vorschriften entgegenstehente Bestimmungen werden aufgehoben. F. 14, Der Justiz-Minister wird die zur Ausführung dieses Ge- seßes erforderlichen Anordnungen, namentlih alle zur Ergänzung nothwendigen Grundsäße über die Art der Prüfungen, die Zusammen- seßung der Prüfungskommissionen, die Vertheilung der Beschäfti- gungszeit, sowie Über die wiederholte Zulassung nach nicht bestan- dener Prüfung in einem Regulativ festseben. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Berlin, den 6. Mai 1869.

(L... N) Wilhelm. Gr. v. Bismarck-Schönhausen. Frh. v. d. Heydt. v. Roon.

Gr. v. Jßenpliß. v. Mühler. v. Selchow. Gr. zu Eulenburg. i Leonhardt.

Berlin, 14. Mai. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den nachbenannten Personen die Erlaub- niß zur Anlegung der von des Sultans Majestät ihnen ver- liehenen Jnsignien des Medschidje - Ordens zu ertheilen, und zwar: der zweiten Klasse: dem Geheimen Kommerzien- Rath Alfred Krupp zu Essen, der vierten Klasse: dem Kaufmann und preußischen Unterthan Ferd. Küstner zu Cairo, und der fünften Klasse: dem Bevollmächtigten des A Kommerzien-Raths Alfred Krupp, Albert Pieper zu Essen.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 14. Mai. Jhre Majestät die Königin empfing in Baden-Baden den Besuch Ihrer König- lichen Hoheit der Großherzogin von Baden. Jn diesen Tagen hat Jhre Majestät auch den Prinzen von Wasa, die Söhne des Großherzogs von Oldenburg und den Fürsten von Fürsten- berg empfangen.

In der am 11. d. Mts. stattgehabten (20.) Sißung des Bundesrathes des Norddeutschen Bundes führte der Bundeskanzler den Vorsiß. Die Mittheilungen des Präsi- denten des Reich8tages über a) die Zustimmung des Reichstags zu dem Geseßentwurfe, betreffend die Telegraphen-Freimarken ; b) den vom Reichstage beschlossenen Geseßentwurf, betreffend die Abänderung des Art. 4. Nr. 13 der Bundesverfassung; c) den Beschluß des Reichstags, betreffend denErlaß v lem enan des Fest- seßungen zur Ausführung der Art.41—47 der Bundesverfassung ; d) den Beschluß des Reichstags über die Beschwerde der Redaktion des »Freishüß« in Hamburg; e) den Beschluß des Reichstages Über mehrere Petitionen, betreffend die Doppelbesteuerung ; so- wie die Vorlage des Präsidiums, betreffend den Entwurf einer Instruktion für den Rechnungshof des Norddeutschen Bundes, wurde den betreffenden Ausschüssen Überwiesen. Es folgten Auss\{ußberihte über die Vorlagen des Präsidiums, betreffend die Geseßentwürfe 1) wegen Besteuerung der Schlußscheine U. st. w., 2) wegen Besteuerung des Leuchtgases, 3) wegen Be- steuerung des Braumalzes. Eine an den Bundesrath gerichtete Eingabe ging an den betreffenden Nuss{huß.

Die Ausschüsse des Bundesrathes des Nord- deutshen Bundes für Joll- und Steuerwesen sowie für Handel und Verkehr traten heute zu einer Sißung zusammen.

__— Das Staats-Ministerium trat gestern unter Vorsiß des Minister - Präsidenten Grafen von Bismarck- Schönhausen zu einer Sißbung zusammen.

,_— Die Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Civilprozeß-Ordnung für das Gebiet des Norddeutschen Bundes hat heute ihre leßte Sißung vor dem Pfingstfeste ge- halten, nahdem im Mai der handelsgerichtlihe Prozeß erledigt und die Berathungen über den Exekutiv- (unbedingten Mandats-)

Prozeß begonnen worden sind. Die : 19. d. M. statt. \ le nächste Sißung findet am

Im Verlaufe der gestrigen Sißung des Reichstages des Norddeutschen Bundes wurde die dritte Berathung Über den Entwurf eines Wahlgeseßes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes fortgeseßt. §. 6 wurde mit einem Ab-

ollen, sofern nicht bei volkreichen Ortsgemeinden cine Unter-Abtheilung erforderlich wird. Mit Auss{luß der Exklaven müssen die Wahlkreise so wie die Wahlbezirke, räumlih abgegrenzt und thunlichst abgerundet sein. Ein Bundesgescß wird die Abgrenzung der Wahlkreise bestimmen Bis dahin sind die gegenwärtigen Wahlkreise beizubehalten, mit Aus. nahme derjenigen, welche zur Zeit nicht örtlih abgegrenzt und zu einem räumlih zusammenhängenden Bezirke abgerundet sind. Diese müssen zum Zwecke der nächsten allgemeinen Wahlen gemäß der Vor. schrift des dritten Absaßes gebildet werden«

§. 7 wurde ohne Debatte genehmigt. Zu §. 8 beantragte Abg. Dr. Baechr, an Stelle des zweiten Alinea zu seßen:

»Bei einzelnen Neuwahlen, welche innerhalb eines Jahres nad der leßten allgemeinen Wahl stattfinden, bedarf es einer neuen Auf. stelung und Auslegung der Wahllisten nicht. «

Mit diesem Antrage wurde §. 8 nach kurzer Debatte vom Hause angenommen. Die §§. 9, 10 und 11 wurden nach einem An- trage des Abg. Dr. Harnier redafktionell abgeändert, im Uebrigen aber genehmigt. §. 12 wurde unverändert angenommen. Abg, Lasker beantragte, hinter F. 13 nachstehenden neuen Parag- graphen einzuschalten:

_ »Ueber die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahlzettel entscheidet mit Vorbehalt der Prüfung des Reichstages allein der Vorstand des Wahlbezirkes nah Stimmenmehrheit seiner Mitglieder. Die ungül- tigen Stimmzettel sind zum Zwecke der Prüfung durch den Reichstag dem Wahlprotokoll beizufügen. Die gültig befundenen bewahrt der Vorsteher der Wahlhandlung in dem Wahlbezirke so lange versiegelt, bis der Reichstag die Wahl definitiv gültig erklärt hat.«

Auch dieser Antrag wrourde vom Hause angenommen; ebenso §. 13 unverändert. §. 14 wurde mit einem QZusaß-Amendement des Abg. Lasker angenommen. §. 15 wurde nur in seinem ersten Alinea, welches sich auf die Kosten des Wahlverfahrens bezieht, aufrecht erhalten, das zweite Alinea war bereits dur die redaktionelle Aenderung des §. 9 erledigt. §. 16 lautet:

_»Die Wahlberechtigten haben das Recht, zum Betrieb der den Reichstag betreffenden Wahl-Angelegenheiten Vereine zu bilden und in geschlossenen Räumen öffentliche Versammlungen zu veranstalten «

Abg. Dr. Friedenthal beantragte, -diesen Paragraphen von dem Wort »Räumen« folgendermaßen zu fassen:

__ »unbezvaffnet öffentliche Versammlungen zu halten. Die Be- stimmungen der Landesgeseße übcr die Anzeige der Versammlungen sowie über die Ueberwachungen der Vereine bleiben unberührt. «

Mit diesem Zusaß wurde §. 16 nach kurzer Debatte an- enommen; ebenso der folgende §. 17 unverändert, und odann das ganze Gesch nebst Titel und Ueberschrift. Es folgte der dritte Gegenstand der Tagesordnung: Dritte Berathung Über den Geseßentwurf, betreffend die Be- shlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes. Bei der Spezial- debatte stellte Abg. Reichensperger zu §. 1 einen Abänderungs- antrag, welcher nah kurzer Debatte vom Hause angenommen wurde. Mit dieser Abänderung lautet nunmehr §. 1 wie folgt: »Die Vergütung (Lohn, Gehalt, Honorar u. \. w.) für Arbeiten oder Dienste, welche auf Grund eines Arbeits- oder Dienstverhält- nisses geleistet werden , darf, sofern dieses Verhältniß die Erwerbs- thätigkeit des Vergütungsberechtigten vollständig oder- hauptsächlich in Anspruch nimmt , zum Zweke der Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers erst dann mit Beschlag belegt werden, nachdem die Leistung der Arbeiten oder Dienste erfolgt und nachdem der Tag, an welchem die Vergütung geseßlih, vertrags- oder gewohnheitsmäßig zu entrichten war, abgelaufen ist, ohne daß der Vergütungsberechtigte dieselbe eingefordert hat.«

Die übrigen Paragraphen der Vorlage bis zum Schluß wurden hierauf wie sie aus der zweiten Berathung hervorge- gangen, unverändert, und sodann das ganze Geseh definitiv angenommen. Eine Reihe zu dem vorstehenden Gesehßentwurfe vorliegender Petitionen wurden hierauf durch die vorstehende Beschlußfassung vom Hause für erledigt erklärt und über eine Petition des Tobias Wehr und Genossen , insoweit sich dieselbe auf Aufhebung eines gegen die Petenten verfügten Arrestes be- zieht, zur Tagesordnung übergegangen. Den fünften Gegenstand der Tagesordnung bildete dritte Berathung Über den Geseßentwurf, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofes für Handelssachen. Bei der Spezialdebatte wur- den die §§. 1- 9 unverändert, §. 10 mit einem Amendement des Abg. Dr, Baehr angenommen; ebenso die folgenden §§. 11 bis 25 unverändert. Di ÿ. 26 beantragte Dr. Harnier, dem leßten Absatz desselben folgende Fassung zu geben:

__ »Das Verfahren bestimmt sich nah den in der Anlage veröffent- lichten Vorschriften der §F. 56—63 des preußischen Geseßes, betreffend die Dienstvergehen der Richter 19d die unfreiwillige Verscßung der- selben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand, vom 7. Mai 4007, Die Verrichtungen des Staatsanwalts und des Untersuchungs- richters werden von je einem Mitglied des Vundes-Ober-Handels- gerichts, welches der Präsident ernennt, wahrgenommen.«

Mit diesem Antrage wurde bei der Abstimmung §. 26 und

änderungS8antrag des Abg. Lasker bei namentlicher Abstimmung

sodann die §§. 27 und 28 unverändert angenommen. Da-

1995

mit war die dritte Berathung über den vorliegenden Gegenstand beendet. Vor Schluß der Sizung gab der Präsident einen furzen Ueberblick über die noch vom Hause zu erledigenden Gegenstände und zeigte an , daß vom Bundesrathe zwei neue Steuergesecße eingegangen seien und zwar die Besteuerung der Schlußscheine 2c. und des Braumalzes betreffend. Die nächste Sißung wird Donnerstag, den 20. Mai, Vormittags 12 Uhr, stattfinden. : Schluß der Sißung 4 Uhr 30 Minuten.

Nach den beim Ober - Kommando der Marine einge- gangenen Nachrichten ist S. M. S. »Victoria« am 22sten April cer. von Havana nach Vera-Cruz in See gegangen.

Aus Swinemünde 13. Mai wird der »Ostseez.« tele- graphirt : »Das Dock seit 7 Uhr s{hwimmend.« i

Schwarzburg. Sondershausen , 12. Mai. (Weim. J.) Die Vermählung des Erbprinzen findet am 12. Juni d. J. statt.

Hessen. Darmstadt, 13, Mai. Jn der zweiten Kam- mer wurden bei der heutigen Berathung des Hauptetats der Militärverwaltung für die Finanzperiode 1869 bis 1871 die betreffenden Beschlüsse der ersten Kammer zu Grunde gelegt. Das Haus beschloß bei den das Kriegs-Ministerium betressenden Tit. 1, 2 und 3 mit allen gegen 9 Stimmen, dem Beschlusse der ersten Kammer (Verwilligung einer runden Summe von 25,000 Fl.) beizutreten. Bei Tit. 4 »Krieg8zahlamt« wurden die geforderten 4035 Fl. in Uebereinstimmung mit der ersten Kammer gegen 14Stimmen verwilligt, und war dieser dem früheren entgegen- geseßte Beschluß hauptsächlich durch die Erwägung veranlaßt, daß die Beamten dieser Behörde nach dem neuen Pensions- geseße auf die preußischen Pensionen angewiesen sind und dem- gemäß auch die preußischen Gagen und Servissäße beziehen müssen. Bezüglich der Tit. 9 und 10 »Militärjustizverwaltung-« befinden sich beide Kammern ebenfalls in Uebereinstimmung. Qu Tit. 12 und 13 » Besoldung des Kommandanten und Plaßÿ- majors der Residenz Darmstadt« beharrte die Kammer gegen 14 Stimmen auf ihrem früheren Beschlusse (Berwilligung von nur 1400 Fl. und Servis füx einen Plaßmajor und von 525 Fl. für sachliche Ausgaben). |

Hesterreich-Ungarn. Wien, 13. Mai. Das R eihs8- geseublatt veröffentlicht heut das Gese vom 27. März 1869, be- treffend den Abschluß von Vergleichen mit den Landesvertretun- gen von Böhmen , Schlesien, Ober-Oesterreihh, Steiermark und Krain in Betreff der denselben bisher gezahlten Subventionen und die Kapitalisirung der den Ländern Tirol, Salzburg und Kärnten jährli gebührenden Dotation8beträge; ferner das Gescß vom 8. Mai 1869, betreffend die Bemessung, Borschrei- bung und Einhebung der Erwerb- und Einkommensteuer von Eisenbahnunternehmungen. : A

Das Herren haus beendete gestern die Spezialdiskussion über das Grundsteuergesez und berieth in einer Abendsizung die Eisenbahnvorlagen. : :

Das Abgeordnetenhaus verhandelte gestern in ver- traulicher Sißung über den einzuschlagenden Vorgang bei der Wahl der Mitglieder des Reichs8gerichtshofes und wurde nach einer kurzen Berathung der Beschluß gefaßt, das Haus möge seine Vorschläge nach 6 Gruppen machen. Die von den ein- zelnen Gruppen Ae Vera Gebrachten würden dann

1 ganzen Hause gewählt werden.

A (W. T. 5 In der heutigen Sißung des Abgeordneten- hauses erklärte Graf Potocki Namens der Polen bezüglich der neulich vom Präsidenten abgegebenen Erklärung, die galizische Resolution nicht mehr auf die Tage8ordnung stellen zu fönnen, daß die Polen vollständig die Ueberzeugung des Präsidenten theilen, diesen so wichtigen Gegenstand nicht unter dem Drucie des Schlusses der Session berathen zu sollen. Dieselben erken- nen es als ihre Vflicht, mit Vermeidung jedes Umsturzes zur allgemeinen Versöhnung zu gelangen, sie betlagen die unter- lassene Berathung der galizischen Resolution und lehnen hier- für jede Verantwortlichkeit ab. A S

Pesth, 13. Mai. (W. T. B.) Die »Pesther Corre]pon- denz«e schreibt: Sämmiliche Parteien des Unterbau es haben ihre Adreßentwürfe vollendet. stimmt im Allgemeinen nchel 1 L : bei und betrachtet die Verfassung von 1867 als Aus8gangSpunkt und Basis des Reformwerkes. Der Entwurf legt einen beson- deren Nachdruck auf die Erhaltung des U" J den in der Thronrede nicht enthaltenen Wunsch nach Einführung der Verfassungin das Gebiet der Militärgrenze aus. Jn gemäßigter Form wird ferner die Wiedereinverleibung Dalmatiens in den Verband der Länder der Stephanskrone gefordert. Der Adreß- entwourf der gemäßigten Linken betonk die Nothwendigkeit vere schiedener Abänderungen dec Geseße von 1867 und erklart fich im Uebrigen mit den Reformplänen der Krone einverstanden. Die äußerste Linke erklärt in ihrem Entwurf jede Reform auf der gegebenen staatsrehtlichen Grundlage für unmöglich und

Der Entwurf der Deakpartei- den Reformwünschen der Thronrede | s / il i . Ic 1 | für würdig, euer Abgeordneter zu sein, und ih verspreche, den Ver-

des Friedens und spricht |

entwielt die staatsrehtlichen Ideen, welche sie für die Zukunft verwirklicht zu sehen wünscht.

Belgien. Brüssel, 13. Mai. Die Repräsentanten- kammer seßte gestern die Generaldiskussion über das Miliz- geseß fort. Der Finanz-Minister überreichte einen Geseßentwurf, die Rückzahlung der 4prozentigen Anleihe von 30 Millionen und die Herabsezung der Amortisat on der 4:prozentigen An- leihe auf # Prozent betreffend. Durch diese Finanzmaßregel soll das Defizit im Budget (8,250,000 Fr.) beseitigt werden; außerdem werden dadurch die Mittel für 11,010,000 Fr. neuer Kredite, welche der Minister nachfuchte, flüssig. Der dann noch verbleibende Ueberschuß der Finanzmaßregel (3,650,000 Fr.) soll zur Verminderung der s{hwebenden Schuld verwendet werden, die sih durch die Rückzahlung der 4prozentigen Schuld auf 7,250,000 Fr. steigern wird.

Großbritannien uud Jrland. London, 12. Mai. Ihre Majestät die Königin hielt gestern ein Drawing- Room im Buckingham-Palaste ab. Außer den in England eben anwesenden Mitgliedern des Königlichen Hauses (der t von Wales und Gemahlin werden erst heute Abend erwartet befanden sich in unmittelbarer Umgebung der Monarchin der Prinz Hassan Pascha, Sohn der Vizekönigs von Egypten, und der Nabob Nazim von Bengalen mit seinen beiden Söhnen. Das diplomatische Corps war rc vertreten.

Im Unterhause kündigte Candlish gestern an, er werde am 8. Juni Einseßung eines Ausschusses beantragen zur Untersuhung, warum die abyssinischen Kriegsfkosten so weit über die Voranschläge hinau8gegangen seien. Darauf verlas der Schriftführer des Hauses die Ordre für zweite Lesung der Bill, welche den Mayor von Cork, O’'Sullivan, für unfähig erklärt, das Amt als Mayor oder Friedensrichter in Zukunst zu bekleiden. Der Attorney-General theilte mit, er habe die nöthigen Zeugen und Rechtsbeistände zur Stelle, um den Thatbestand, auf welchem die Vorlage ruhe , festzustellen. Die Bill wourde auf 4 Wochen zur zweiten Lesung vertagt.

In der Abendsißung des Unterhauses trug Mc. Cullagh Torrens auf Einsezung eines Sonderausschusses an, der zu untersuchen habe, ob das Unterhaus geseßlih die Vollmacht habe oder ob ihm andernfalls die Vollmacht nöthig sei, bei Vorlagen, wie die gegen den Mayor von Cork, eidlich Zeugen zu vernehmen, Die Regierung zeigte sih dem Antrage günstig und derselbe wurde schließlich ohne Abstimmung genehmigt.

John Crampton, der bisherige Gesandte in Madrid, hat seine Entlassung eingereicht. :

Aus Dublin meldet der Telegraph den Tod des

Unterstaatssekretärs für Jrland, Generals Edward ÆWetherall.

Frankrei. Paris, 12. Mai. Aus den zahlreichen Wahlmanifesten theilen wir nachstehend Dasjenige mit, welches der Advokat Lachaud in Paris an den 8. Wahlbezirk daselbst gerichtet hat, wo er als unabhängiger, aber regierungsfreundlicher Kandidat auftritt: / d E

Meine Herren! Jh bewerbe mich um Jhre Stimmen. Die Kan- didatur ist mir von mehr als 800 Wählern Jhres Bezirks aus freien Stücken angetragen worden und ih habe sie angenommen. J bin unabhängig vermöge meines Berufs, so wie vermöge meines Charak- ters. Da ih keine politische Vergangenheit habe, so bin ih Jhnen die Darlegung meiner Ansichter. s{huldig: Jh weise mit Entschiedenheit die Revolution von mir. Jch erkläre mich laut für die Freiheit.

Ich verlange ihre vollständigste Entwickelung: Freiheit der Presse, FFreiheit der Versammlungen, Freiheit der Genossenschaften. Eine starke Regierung hat nichts von ihr zu fürchten. Frankreich wird, wenn es frei und glücklich is, den Frieden erzwingen und die Reduktion der Armee wird leicht sein. Jch will die genaueste Kontrole der Finanzen. Ich habe meine Hingebung für die arbeitenden Klassen {hon bewiesen; sie wissen, daß ich ganz ihren Jnteressen angehöre. Jh wünsche, daß der Unterricht, welcher von einer so gebieterischen Nothwendigkeit ist, Allen zugänglich gemacht werde. Mein politisches Programm y liebe Mitbürger, faßt sich also in wenigen Worten zusammen: Die Regie- rung stärken, indem wir von ihr verlangen: die Ausdehnung der Frei- heiten, Ordnung und Sparsamkeit) Verbesserung des Looses der arbei- tenden Klassen, 8

Diejenigen von Euch, welche einen Vertreter wünschen, der obne Diensifertigfkeit, aber auch ohne Feindseligkeit gegen die Regierung, den Volksinteressen ergeben ist, werden ihn in rir finden. Jh halte mich

pflihtungen, welche ih übernehme, treu zu bleiben.

y L achaud/, 5 Advokat am Kaiserlichen Appellhofe. Spanien. Madrid, 13. Mai. (W. T. B.) Die Cortes beginnen heute die Berathung des auf die künftige Staatsform bezüglichen Verfassung8artikels (Art. 34.) | _ Italien. Florenz, 13. Mai. (W. T. B.) »Gazzetla uffiziale« meldet die erfolgte Konstituirung des Kabinets. Die Liste der Mitglieder desselben entspricht der gestern gemeldeten. Die CEidesleistung der neuen Minister halt heute Nachmittag

stattgefunden, Der König reist demnächst nach Turin,

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