1890 / 99 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Se. Majestät der Kaiser verließ alsdann die Börse und begab Sich zu Fuß na dem alten Börsenplaß zur Grund- steinlegung bür das Denkmal Kaiser Wilhelm's I. Se. Majestät wurde hier von dem Präsidenten des Comités, dem Präsidenten der Bürgerschaft Heinrich Claussen mit folgender Ansprache empfangen:

„Kaiserlihe Majestät ! Eine größere Freude konnte uns Bremern nit bereitet werden, eine größere Ehre nicht widerfahren, als daß Ew. Majestät huldvoll geruhen, den Grundstein des Denkmals zu legen, durch das Bremen seiner Liebe für das Vaterland und das Kaiserhaus Ausdru geben will. N

Dies Denkmal joll die Grinnerung an die Persönlichkeit unseres allgeliebten Kaisers Wilhelm I, des verehrten Herrschers, des bewun- derten Helden, von dessen Tugenden und Thaten das deutsche Volk nie müde werden wird, zu erzählen und erzählen zu hören, in der Bremischen Bevölkerung für immer lebendig erhalten. A

Zugleich aber soll es sein ein Zeihen zum ewigen Gedächtniß der großen, durch ibn herbeigeführten Ereignisse, die, gleich gewaltigen weltaeshichtlihen Grenzmarken, zwei Zeiten von einander scheiden.

Denn mit Kaiser Wilhelm \chließt für Deutschland ein Zeitalter ab, es beginnt ein neues und, so Gott will und wie wir vertrauen, ein besseres und glücklicheres. : i

Wohl hat Deutschland auch vordem gute und \{chlimme Zeiten erlebt ; aber die guten waren selten und kurz, der bösen waren viele und ibre Dauer war endlos. i

Mehr als einmal konnte es scheinen, als ob Deutschland dem Untergange verfallen sei und auf deutschem Boden nur noch ein Denkmal zu erriGten übrig bleibe, mit der Inschrift: „Hier war einft Deutschland.“

N Und De Ursache von all diesem Unglück war alle Jahrhunderte hindur immer die gleiche: die Unfähigkeit der Deutschen, zu einer festen, dauernden staatlichen Einigung zu gelangen. i

Deshalb verzehrte sich Deutschland in inneren Zwisten; deshalb trêinten sich wichtige Glieder vom Körper des Reichs, um ein ge- sondertes Dasein zu führen; deshalb wurde es die Beute seiner Feinde ; deshalb verlor es Rang, Ansehen, Unakthängigkeit und Wohl- stand; nur seine gesunde Natur hat dem deutschen Bolke die Kraft gegeben, alle diese Drangsale zu überstehen und sich nach allen Ein- bußen doch wieder empor zu arbeiten. :

Zwar ist die Ursache dieser schweren Leiden nie ganz verkannt worden, niemals hat cs an mahnenden Rufern gefehlt.

Aber in dem unaufhörlih lärmenden Streite der Einzelinteressen verhallte die Stimme des nationalen Gewissens, und Zeiten auf Zeiten mußten vergehen, bis das deutsche Volk ihr Gehör s{enkte und end- li Preußen es unternehmen konnte, den alten Flu zu lösen, den Kampf um Deutschlands Einigung zu wagen. i

Dann kam die glorreiche Zeit, in der jeder Widerstand gebrochen, die Feinde Deutschlands in unvergeßlichen Siegen niedergeworfen, alte Grenzlande zurückgewonnen, das Deutsche Reih auf festen Funda- menten neu begründet wurde, die Zeit, als deren Sinnbild Deutsch- land das herrlichste aller Denkmäler errichten konnte, hoh auf den Bergen am Rhein, die Siegerin Germania, in der Hand die wieder errungene Kaiserkrone. :

Der Held aber, der alles dies vollendet hat, der, als die Zeit si erfüllt hatte und es nothwendig geworden war, den leßten ent- scheidenden Schritt zu thun, nicht zögerte, das Schwert zu ergreifen, um die unwürdigen Banden, tie Deutschland so lange umstrickt hielten, zu zerhauen ; der es herausgeführt hat aus dem Sumpf der Niedrigkeit auf die lihten Höhen, wo es sich seines Daseins freuen darf, der es zum Herrn des eigenen Geschicks gemacht hat, sodaß es stolz der Welt zurufen kann: „Ih will den Frieden, aber ih fürchte keinen Feind!“ das ist Kaiser Wilhelm. O /

Mit ihm beginnt für Deutschland die neue Zeit, die Zeit der Reife, des Vollbringens; die Zeit, für welche die ganze vorhergehende deutsche Geschichte nur eine Vorbereitung, nur eine harte, lange, will's Gott nun abgeshlossene Lehrzeit gewesen ist. i

Daher erblicken die Deutschen in Kaiser Wilhelm die Verkörperung der erneuten Größe des Vaterlandes; er ist der Bezwinger der Feinde Deutschlands, der Bändiger der inneren Zwietracht, der Einiger des deutshen Volkes, der Wiederhersteller des Reichs. /

Dieser selbe mächtige Herrscher aber ift zugleich der edele, pflicht- treue, \{chlichte Mann von goldenem Herzen, von tiefer, echter Fröms- migkeit und wahrer Seelengröße, der die gewonnene Macht nur an- gewandt hat, um Deutschland und der Welt den Frieden zu sichern und Segen zu verbreiten. E

Ein Vorbild seines Volkes in jeder Mannestugend, vereinigte er alles in sh, was deutsche Herzen zu Bewunderung, Verehrung und begeisterter Liebe hinreißen kann. 1

Daher erheben \sich aller Orten Denkmäler, um der spätesten Nachwelt zu bekunden, wie das deutsche Volk der Gegenwart si [üdlich preist, einen solchen Herrscher sein Eigen genannt, eine solche

eit erlebt zu haben. E

Die Nachwelt aber wird sagen, daß nie ein Fürst Größeres für sein Volk gethan, ihm ein köstliheres Vermächtniß hinterlassen hat, als Kaiser Wilhelm I. gesegneten Andenkens!

An Ew. Majestät aber, die geruht haben, durch Allerhöchstihre Anroeseuheit und Mitwiikung der Feier, die wir jeßt begehen, die höchste Weihe zu verleihen, richte ih im Namen des hier versam- melten Comités, das nur aus freiwilligen Spenden der Bürger das Denkmal errichten läßt, die Bitte, durch die altüberlieferte Form der Hammerschläge auf den, die Urkunden über die heutige Feier um- schließenden Stein den Grund des Denkmals zu legen.“

Se. Majestät that hierauf die Hammerschläge mit dem Spruch: „Den Heimgegangenen zum Gedächtniß, den Lebenden zur Erinnerung und den kommenden Geschlehtern zur Nacheiferung !“ :

Präsident Claussen fuhr alsdann fort:

„So ersuche ich denn nunmehr den hohen Senat, diesen Grund- tein des Kaiser Wilhelm-Denkmals in seine Obhut zu nehmen und naa I das wir freudig unternommen, seinen Schuß a gedeihen zu lafjen.“

Nunmehr erbat sich der Bürgermeister Dr. Pauli Namens der Stadt das Wort:

„Im Namen des Senats erkläre ih, daß derselbe mit Dank und Yreute dieser Aufforderung entspricht. Dieser Stein wird in sicherer

ut bleiben bis zu dem Lage, wo, wenn die Hülle von dem vollendeten Werke gefallen, hoch zu Roß der Heldenkaiser auf eine jubelnde Menge ‘hinabblicken wird. Dort, auf dem Markte, zur anderen Seite unseres Rathhauses, steht altersgrau, in Stein gehauen, der Held Roland, der sagenumwebte Paladin des gewaltigen Begründers des alten Kaiserrei{hs. Er wurde mit dem Niedergange des Reichs dem Volke zum Sinnbild des freien, selbständigen Gemeinwesens. Mit dem Denkmal aber, das über diesem Stein sich erheben soll, wird das neue Reich uns vor die Seele treten. Es wird unserem Volke \tets ins Bewußtsein rufen, daß es nicht genug gethan ist mit Selbständigkeit und Freiheit des Gemeinwesens, sondern daß nur die feste Zugehörigkeit zu einem großen Ganzen, die freudige Unterordnung unter die Führung eines maht- vollen Hauptes der Nation die volle Gewähr ihres Wohlergehens geben tann. Daran foll uns und die künftigen Geschlechter dieser Stadt das Standbild mahnen, das hier dem Unver- geßlihen erstehen sol, ein Symbol der Einheit, ein Symbol von Kaiser und Reich, denen freiwillig und freudig auh unsere alte Hansestadt die Treue gelobt. Damit zu- gleih aber soll für alle Zeit die Erinnerung fortleben, daß der Enkel es war, unser erhabener Kaiser Wilhelm 11, der des Standbildes Grundstein weihte: er, der das Werk des großen Ahnen fortführend, in kraftvoller Hand das Szepter des neuen Reiches hält, und dem mit der gesammten Nation auch die Bevölkerung dieser Stadt die innigste ‘Verehrung und Liebe entgegenbringt. Des zum Zeugniß fordere ih Sie insgesammt auf, mit mir einzustimmen in den Ruf : Lange lebe unser allergnädigster Kaiser !*

Unter unausgeseßten stürmischen Hochrufen begab Sih Se, Majestät der Kaiser dann auf kurze Zeit in den Raths-

keller und fuhren!von da, überall begeistert begrüßt, nah Seinem Absteigequartier zurü.

ährend des Festmahls im Rathhaussaale erhob fih der Bürgermeister zu folgendem Trinkspruch:

„Die Halle, in der wir die Ehre haben, uns um Ew. Kaiserliche Majestät versammelt zu finden war Jahrhunderte lang der Mittel- punkt des politischen Lebens dieser Stadt, zumal in den Aa behuibezten, wo Hader und Zwietracht deutsches Land zerrütteten und feindlice Kriegsvölker es verwüsteten. Auf diesem dunklen Hintergrunde hebt sh leuhtend das Bild ab, welches die politishe Gegenwart uns bietet. Aus dem Wirxrsale jener trüben Zeiten unserer Geschichte treten zwei Namen hervor, welche die Wendung zum Besseren vorbereiteten und dieselbe unter Gottes Beistand in unseren Tagen glücklich und glorreih durchgeführt haben. Diese Namen sind Brandenburg und PRcdaue Mit diesen Namen ist alles Große und Herrliche ver- unden, was in stetem Fortschreiten die neue Zeit hat heranreifen sehen, was das heutige Geshlecht mit Stolz und Freude erfüllt. Bremen hat im Jahre 1866 ohne Zaudern sich der Seite an- ges{lofsen, welhe zum Norddeutsben Bunde leitete, es ist in den denkwürdigen Monaten 1870/71 mit nie irre werdender Zuversicht den Begebenheiten gefolgt, welhe auf feindlihem Boden den erhabenen Hohenzollern-König mit der Kaiserwürde umkleideten. So ift cs denn nur die Bethätigung oft bewährter treuer Gesinnung, wenn der Jubel der Begeisterung, welcher vor 21 Jahren dem hohen Schirmkberrn des Norddeutschen Bundes in dieser Stadt und in dieser Halle entgegenbrauste, heute voll uad kräftig wieder ershallt. Gilt es doch, Ew. Kaiferlihe Majestät, in Höchst- dessen fester Hand nurmehr die hohe Wacht des Reiches sicher ruht, zu feiern. Die Reihe der Bildnisse Deutscher Kaiser, welche die Decke dieser Halle {mücken, endet mit dem des Kaisers Sigis- mund. Und an diesen Kaiser knüpft sih- cine grade in der gegen- wärtigen Stunde bedeutsame Erinnerung. Aus seinem Besiß gingen die Brandenburgischen Marken mit der Kurwürde über an den Burg- grafen von Nürnberg, Friedri VI. aus dem Hause Zollern! In dem Jubel, welcher beute die Straßen unserer froh erregten Stadt dur- wogt, huldigt Bremen Ew. Kaiserlichen Majestät, dem mächtigen Krieasherrn zu Lande und zu Wasser, dem Hort des Friedens nah Außen, der friedlihen Entwickelung im Innern. Gott segne Ew. Kaiserlihe Majestät in den Arbeiten für die Wohlfahrt des Reiches! Eine köstlihe Ehre ist es mir, diese Versammlung auf- fordern zu dürfen, die Gefühle, von denen Ew. Kaiserlihen Majestät gegenüber Senat und Bürgerschaft Bremens und alle Anwesenden beseelt sind, zum gemeinsamen Ausdruck zu bringen. Die Herren wollen sich mir anschließen in dem Rufe: Se. Majestät, unser R O Allergnädigster Kaiser, Kaiser Wilhelm I1., Er ebe hoch !“

Se. Majestät der Kaiser richtete in Seiner Er- widerung zunächst herzliche Dankesworte für den Fhm Seitens der Bevölkerung Bremens bereiteten Empfang an den Bürger- meister Buff:

Er habe wohl empfunden, daß dieser Empfang aus warmem Herzen gekommen sei, und der Jubel der Bevölkerung haben Seinem Herzen wohlgethan. Vor 21 Jahren sei Er in Bremen gewesen; diese festlihe Halle habe {hon damals einen unauslö\s{chlihen Ein- druck auf Ihn gemacht. Bürgermeister Buff habe in freundlicher Weise Seiner Familie Erwähnung gethan, das habe Ihn bescnders gefreut. Die Tradition Seines Hauses sei immer die gewesen, daß der Herrscher sein Amt von Gott erhalten und daß er dessen Willen auszuführen habe. Als Er damals in diesem Saale geweilt- habe Er nit geahnt, daß Er einmal als Deutscher Kaiser hier stehen würde. Die höchste Pflicht des Herrschers sei, für die Erhaltung des Friedens zu sorgen. Im Inlande fühle man sich hingezogen zu den Seestädten. Er könne sagen, man habe großen Respekt vor Bremen, wo Solidität unter den Hande!sßerren und treuer deutscher Bürgersinn wohne. Davon hätten auch der Ihm heute bereitete Empfang und die heute gehörten Reden von Neuem Zeugniß abgelegt. Was an Ihm liege, so wolle Er dafür sorgen, daß Bremens Ent- wicklung \ich ungestört vollziehen könne. Er erhebe Sein Glas, gefüllt mit deutschem Wein, auf das Blühen, Wachsen und Gedeihen Bremens, Er wiederhole, daß Er Alles einseßen werde, den Frieden zu erhalten. In dieser Gesinnung leere Er das Glas und rufe: „Die Stadt Bremen und ihr Senat, sie leben hoh!“

Nachmittags 41/2 Uhr verließ Se. Majestät der Kaiser Bremen mittels Sonderzuges und traf um 6 Uhr in Bremer- haven ein. Allerhöchstderselbe schritt die Front der als Ehren- Compagnie vor dem Bahnhofe aufgestellten Matrosen-Artillerie- Abtheilung ab und erwiderte auf die Ansprache des Stadt- Direktors Gebhardt, daß Er der Entwicklung Bremerhavens mit nteresse folge. Unter dem Jubel der Bevölkerung fuhr Se. Majestät alsdann dur Bremerhaven und Geestemünde nach den Hafenanlagen. Allerhöchstderselbe trug Marine- Uniform.

Bremerhaven, 22. April. Bei dem an Bord der „Fulda“ gestern Abend 7 Uhr stattgehabten Diner erwiderte Se. Majestät der Kaiser auf die Ansprache des Vorsißenden In N aas des „Norddeutschen Lloyd“ etwa Fol- gendes :

„Gr danke und spreche Seine Freude darüber aus, daß cs Ihm ver- gönnt sei, das Treiben, Schaffen und Wollen des Lloyd kennen zu lernen; jeder Erfolg des Lloyd erfülle Ihn mit Stolz, denn defsen Sie, welche von dem großen Emporium nach allen Windrichtungen ausgingen, seien Gegenstand nicht nur unserer, fondern auch fremder Bewunderung, sie seien Zeugen der tüchtigen Leistungen in der Schiffsbautehnik der Handelsmarine, überall könnten sie sih mit Stolz blicken lassen. Selbstverständlich sei Sein Streben auf den Frieden gerichtet, Handel und Wandel könnten nur blühen, wenn dur den Frieden der sichere Geschäftsgang verbürgt wäre. Als Freund des Seewesens verfolge Er die Erscheinungen der Natur. Als Er zum ersten Male die Ostsee mit einem Geschwader befahren, habe es si um einen Kurswechsel gehandelt. Derselbe habe stattgefunden, aber die Schiffe seien dabei im Nebel getrennt worden; mit einem Male sei aus dem Nebel hoch über den Wolken die deutshe Flagge auf- getauht cin überrashender Anblick, welher Alle zur Bewunderung der Naturerscheinung hingerissen habe; später sei das ganze Geschwader, tadellos den neuen Kurs fteuernd, aufgetauht, nachdem der Nebel si zerstreut : Dies sei Ihm als Bild ershienen. Welch dunkle Stunden au über unser Vaterland kommen möchten, wir würden dennoch in rüstigem Vorwärtsstreben unser Ziel erreichen nah dem \{chönen Grundsaz: „Wir Deutsche fürhten Gott, son Niemand auf der Welt.“ Wenn in der Presse und dem öffentlihen Leben Anzeichen von Gefahren hervorträten, so solle man getrost denken, vaß es lange nicht immer so s{limm sei, wie es aus- sehe. Man solle Ihm vertrauen, daß Er den Frieden {ügen werde, und wenn in der Presse mitunter Seine Worte anders gedeutet würden, so solle man des alten Worts eingedenk sein, das einst auch ein Kaiser gesprohen: „Ein Kaiserwort soll man nicht drehen noch deuteln.“ Er bitte die Anwesenden, auf das stete Vor- wärtsstreben und das Gedeihen des Lloyd ein Hoch auszubringen.

Die Worte Sr. Majestät des Kaisers riefen stürmische Begeisterung hervor.

Mit Rücksiht auf die eingetretene Besserung des Gesund- heitszustandes der Schweine in Dänemark hat der Reichs- kanzler auf Grund des Ln der Kaiserlihen Verordnung vom 29. November 1887 (Reichs-Geseßblatt Seite 529) die Einfuhr lebender Shweine aus Dänemark auf dem Seewege zum Zwecke dec Schlahtung in den Ankunftshäfen unter bestimmten Vorsihtsmaßregeln gestattet.

Die Regierungs-Präsidenten der preußischen Küstenbezirke find angewiesen, die Bedingungen, unter welchen die Einfuhr der Schweine erfolgen darf, zur öffentlichen Kenntniß zu

4 bringen.

Die Personenwagen der Berliner Stadtbahn erfreuen sih ihrer zweckmäßigen Einrichtung wegen einer all- gemeinen Beliebtheit beim Publikum; besonders angenehm wird das Sigzen in den geräumigen, lichten Coupés au zwar etwas s{chmalen, jedoch weit von einander gerückten Bänken, das verhältnißmäßig ruhige Fahren in den Wagen und vorzugsweise das bequeme “Ein- und Aussteigen empfunden. Es sind daher auch s{chon öfters Wünsche laut geworden, daß die für den Fernverkehr bestimmten Per- sonenwagen eine ähnliche Einrichtung, durch welche das Ein- und Aussteigen erleichtert würde, erhalten möchten, indem dabei ange- nommen wird, daß eine solhe Einrichtung sih ohne Weiteres über- tragen lasse. So brachte vor Kurzem auch eine hiesige Zeitung zu- treffende Mittheilungen über die Einrichtung der Stadtbahnwagen und sprach dabei die an si richtige Ansicht aus, daß, da durch die tiefe Lage des Fußbodens und des ganzen Wagenkastens auch der Schwerpunkt tiefer gelegt sei, derartige Wagen in Schnellzügen jedenfalls ruhiger gehen würden, als die ge- wöhnlichen Personenwagen, und daß fie deshalb wahrscheinli auch betriebssicherer sein würden.

Wie uns von sachverständiger Seite mitgetheilt wird, liegen jedoch sehr gewichtige Bedenken vor, bei den gewöhn- lihen Personenwagen den Fußboden eben fo tief zu legen wie bei den Stadtbahnwagen. Bei der Wahl der Bauart für diese Wagen mußte auf die eigenthümlichen Betriebs- verhältnisse der Stadtbahn Bedacht genommen werden; es kam vor allen Dingen darauf an, den Wechsel der Personen auf den Stationen zu beschleunigen, um die Auf- enthalte auf den vielen Stationen möglichst abzukürzen. Da es aus andern Gründen nicht angängig erschien, zum Zweck des leihteren Ein- und Aussteigens hohe Perrons an- zuwenden, so mußte man sich entschließen, von der in der ganzen Welt gebräuhlihen und bewährtén Bauart der Personenwagen abzuweichen und den Fußboden tiefer zu legen. Hierbei haben die Räder nicht mehr Plaß unter dem Fußboden, trelen vielmehr unterhalb der Sih- bänke in den Wagen und sind nur durch eiserne Radkasten verdecktt. Da für die Buffer und Zug- haken durch internationale Vereinbarungen bestimmte Höhenmaße über Schienenoberkante festgeseßt sind, so wird durch die Tieflage des Fußbodens eine besondere, sehr schwere Konstruktion erforderlih, um die Buffer in genügend sicherer Weise anbringen zu können, die Tragfedern haben über den Achsbuhsen keinen Plaß und müssen n tief unterhalb derselben angebraht werden, ebenso ist die Anbringung der Bremsen fehr erschwert. Die für die Wagen des allgemeinen Verkehrs vorgeschrie- benen sogenannten durchgehenden Zugapparate, welche für die Betriebs sicherheit von der größten Bedeutung sind, lassen ih niht anbringen, und endlih liegen alle Theile des Unter- gestells, der Achsen, Räder, Federn, Ahsbüchsen u. st. w. so versteckt, daß die Revision dieser Theile überaus schwierig ist.

Alle diese Uebelstände mußten mit der Tieflage des Fuß- bodens bei den Stadtbahnwagen in den Kauf genommen werden, doch konnte dies auch unbedenklih geschehen, weil bei der mäßigen Geschwindigkeit der Stadtbahnzüge und ihrer geringen Zugstärke keine Gefährdung der Be- triebssicherheit zu erwarten war. Anders würde es jedoch sein, weun derartige Wagen in die s{hnellfahrenden schweren Züge eingestellt werden sollten; bei dem Fehlen der durchgehenden Zugapparate würden fi Stöße während der Fahrt und besouders beim Anfahren sehr unangenehm fühlbar machen; die Erschütterungen des Wagens durch die Buffer, welhe niht wie sonst direkt durch das fkräftige Untergestell aufgenommen werden können, würden schr heftig sein und könnten schon bei leichten Unfällen zu einer Zerstöruna des Wagenkastens führen; bei NRadreifenbrüchen ist die Gefahr sehr groß, daß ab- gelöste Reifenstüdle in das Wageninnere geschleudert werden, auch würde es bei den kurzen Aufenthalten niht möglih sein, die versteckt liegenden Theile am Untergestell so sorgfältig zu revidiren, wie dies bei den Sthnellzügen unbedingt erforderlih ist. Es ist daher leider niht mögli, au bei den gewöhnlihen Personenwagen den Reisenden die Annehmlichkeit des erleichterten Ein- und Aus- Pagen, wie auf der Stadtbahn, zu bieten, da diese Annehm- lihkeit nur erkauft werden könnte durch eine nicht zulässige Verringerung der Betriebssicherheit.

Der ruhige Gang der Stadtbahnwagen ist übr igens nux zum geringsten Theil auf die Bauart derselben zurückzuführen, von wesentlicherem Einfluß hierauf ist die geringe Zug- geshwindigkeit, sowie die vielfah gekrümmte Lage der Stadt- bahn. Bekanntlih nehmen auch in den Schnellzügen Wagen, die im geraden Geleise s{chlecht laufen, alsbald einen ruhigen Gang an, wenn der Zug durch Krümmungen fährt.

Die unausgeseßten Bemühungen, durch verbesserte Bauart und Anwendung besonderer Einrihtungen die Personenwagen in den Schnellzügen und besonders die Shlußwagen zu einem ruhigen Lauf zu veranlassen, haben bisher nur theilweisen Erfolg gehabt; hoffentlih wird dur die in Aussicht genommene Einführung von vierachsigen Personenwagen eine wesentliche Besserung in dieser Beziehung herbeigeführt werden.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich portugiesischen Hofe Freiherr von Waecker-Gotter ist von dem ihm Allerhöhst bewilligten Urlaub nach Lissabon zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Kaiserlihe Gesandte in Teheran Freiherr Schen ck zu Schweinsberg hat einen ihm Allerhöhst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben fungirt der Legations-Sekretär von Portatius als Ge- schäftsträger.

Der General-Lieutenant von Teihman und Lo- gischen, Jnspecteur der 1. Fuß-Artillerie-FFnspektion, hat sich zur Musterung des Fuß-Artillerie-Regiments von Dieskau (Schlesischen) Nr. 6 zunächst nah Neisse begeben.

Der General-Major Prinz Albert von Sachsen- Altenburg, Herzog zu Sachsen, Durchlaucht, Commandeur der 3. Garde-Kavallerie-Brigade, is nach Beendigung seines Urlaubs von Dessau hierher zurückgekehrt.

S. M. Kreuzer- Korvette „Ariadne“, Kommandant Kapitän zur See Claussen von Finck, ist am 19. April cr. in Vans eingetroffen und beabsichtigt, am 24. dess. Mts. die Reise nähch Norfolk fortzusetzen.

Das Uebungs-Geschwa der, bestehend aus S. M. Panzer- schiffen „Kaiser“ (Flaggschisf), „Deutschland“, „Preußen“, „Friedrihder Große“ undS.M. Kreuzer-Korvette „Fren e“, Geschwader-Chef Contre-Admiral Hollmann, sowie S. M. Aviso „Pfeil“ sind am 20. April vor Dover eingetroffen und haben noch am Vormittag desselben Tages die Reise nah Wilhelmshaven fortgeseßt.

S. Fahrzeug „Lorel ey“, Kommandant Korvetten- Kapitän von Henk, ist am 21. April c. in Syra eingetroffen und E am 22. des\. M1s. nah Alexandrien in See zu gehen.

S. M. Kanonenboot „Fltis“, Kommandant Korvetten- Kapitän Ascher, beabsichtigt, am 23. April c. von Hongkong uach Amoy in See zu gehen.

Wiesbaden, 21. April. Jhre Kaiserlihe und König- liche Hoheit die Erzherzogin Valerie ist heute aus Pots- dam hier wieder eingetroffen.

Vayern.

München, 21. April. Die Fnthronisation des Erzbischofs Thoma hat heute Nachmittag stattgefunden. Die Straßen, durch welche sich der Zug bewegte, waren festlich geschmüdckt, Die Cinseßzungs-Ceremonien wurden im Dom von dem päpstlichen Nuntius Agliardi elebrirt.

Die heutige „Allgemeine Ztg.“ {reibt aus diesem Anlaß: „Mit der Jnthronisation und dem Ein- zug des neuen Erzbischoss von München-Frei- fing hat sich gestern und heute ein für die katholische Kirche in Bayern wichtiges Ereigniß vollzogen. Der seit dem Tode des Erzbischoss Dr. von Steichele verwaiste erste erz- bischöflihe Stuhl des Köni:. reichs ist durch den bisherigen Bischof von Passau Anton von Thoma mit einem neuen Oberhirten beseßt, welhem niht allein der Landesreaent und der Papst durch vertrauensvolle Nomination und Bestätigung ein ehren- volles Zeugniß seiner besonderen Befähigung für die Leitung der Erzdiözese ausgesprochen haben, sondern dem auch die Zu- neigung und Hochachtung seiner Diözesanen von vornherein in reihem Maße gesichert! ist. Hr. von Thoma hat si namentlich in München selbst durch seine frühere Wirksamkeit in Pfarramt, Lehre und Seelsorge in weitesten Kreisen, in den höchsten Ständen wie beim s{hlichten Volk, warm empfundene Ver- ehrung erworben, und wie seine Abberufung in die Provinz viel- feitigem lebhaften Bedauern begegnet war, so hat jeßt seine Zurückberufung und Erhebung zur leitenden Stellung als oberster kirhliher Würdenträger bei Allen, denen die Pflege wahrhaft religiösen Lebens und ein iets Verhältniß zwishen Kirche, Staat und Gesellschast am Herzen liègen, ungetheilte Befriedigung und freudige Hoffnung für die ZU- kunft hervorgerufen. Jn diejem Sinne begrüßen den neuen Oberhirten zum Antritt seines hohen, verantwortungsvollen Amtes allerseits aufrichtige Glück- und Segenswünsche, denen S Des zum Wohle Bayerns eine segensreiche Erfüllung zu

eil werden wird.“

Die Kammer der Reichsräthe hat, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, das Geseß wegen der Vereinigung der psälzishen Brandversicherung mit den diesrheinischen ohne Erörterung genehmigt. Fn der allgemeinen Berathung des Kultus- Etats erklärte der Fürst Löwenstein, die Regierungsents{hließung vom 15, März betreffs der Alt- katholiken habe enttäuscht dur die starke Betonung der Auf- rechterthaltung des Placets. Der Minister Freiherr von Crails- heim bemerkte, wenn der Fürst Löwenstein die damaligen Grörterungen genau verfolgt habe, habe er etwas Anderes nicht erwarten können. Die scharfe Betonung des Placets bei jener Ent- schließung sei hervorgerufen worden durch die Auslassungen der Presse, welche die entgegenkommenden Aeußerungen der Regierung als Rückzug und pater peccavi auszulegen ver- suhte, Dr. Buhl stellte fest, daß der Reichsrath, allerdings unter Widerspruch des Bischoss Stein, fast einhellig den Standpunkt der Regierung gutgeheißen habe.

Der Finanzauss\chuß der Kammer der Abge- ordneten hat für den Neubau des Justizgebäudes in München 5990000 #4 bewilligt; für Hausteinverkleidung und Eisenkonstruktion wurden der Regierungsforderung 300 000 M zugeseßt; eleftrishe Beleuchtung bleibt vorbehalten.

Sachsen.

Dresden, 21. April. Aus Mentone wird dem „Dresd. E berichtet, daß Jhre Majestäten der König und die önigin mehrfach Ausflüge nach Cannes und Nizza unter- den daselbst zur Zeit weilenden ürsilihkeiten Besuche abzustatten; das Wetter hatte ih in den lezten Tagen regnerisch und kühl ge- staltet. Mit Einladungen zur Tafel bei Fhren Königlichen Majestäten waren beehrt worden: der Gouverneur von Nizza, dessen Generalstabs - Chef, der Garnisons - Kommandant von Mentone, der Königlih württembergishe Gesandte Baron Soden, der ehemalige Königlich bayerishe Staats - Minister von Neue Fabrikbesißer Zschille aus Großenhain u. A. ie Abreise Jhrer- Majestäten von Mentone nah Turin ist auf heute Vormittag, die Rückkehr nah Dresden bis zum 28. d. M. in Aussiht genommen.

Hefen,

Darmstadt, 22. April. (W. T. B.) Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog sowie JFhre Großherzoglichen oheiten die Prinzessinnen Victoria und Alix und der Prinz Heinrich von Hessen sind heute Mittag zum Besuch Fhrer Majestät der Kaiserin Friedrich nah Homburg abgereist.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 21. April. (Th. C.) Jhre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin sind gestern von Kassel wieder hierher zurückgekehrt.

nommen haben, um

Schwarzburg-Sondershausen.

Sondershausen, 19. April. (Neg.- u. Nachr.-Bl.) Se. FRNAGE der Fürst kehrte heute von Gehren hierher zurü.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 21. April. (W. T. B.) Jm Abgeordneten - hause wurde heute bei der fortgeseßten Sp 2zialdebatte über das Budget zunächst der Titel „Ministerraths-Prä- si dium“ angenommen. Zu dem Titel „Dispositions- fonds“ erklärte der Minister-Präsident Graf Taaffe, der Dispositionsfonds sei keine Vertrauenspost. Die Behauptung, der Ausgleih sei ers in die Wege geleitet worden, nach- dem eine Allerhöhste Willensäußerung vorgelegen habe, sei ungenau ; denn {hon damals, als er mit der Bildung eines Kabinets betraut worden sei, habe er gleichzeitig den Austrag erhalten, eine Verständigung zu ermöglichen und zur Wahrheit zu machen. Schon damals habe die Re- gierung sofort Schritte unternommen, um mit den Deutschen eine Verständigung zu erzielen. Dieses Ziel habe die Regierung stets im Auge behalten, jedoch sei die Erreihung desselben gar nicht von ihr allein abhängig gewesen, vielmehr hätte sie ein Entgegenkommen auf beiden Seiten abwarten müssen; auch handele es sich um zwei große Parteien, be- züglih deren man sich ers überzeugen mußte, ob sie eine Verständigung unter einander wünschten. Solche Versuche seien früher gemaht und jeßt wieder ausgenommen worden. Noch sei man nicht am Ziel, werde jedoch mit Gottes Hülfe dahin gelangen. Gegenüber der Behauptung, die Regierung stüße sich auf eine Partei, welhe niht einig sei, warf Graf Taaffe die Frage auf, welhe Partei im Hause denn überhaupt einig sei. Die Zusammenseßung Oesterreichs sei anders als die anderer Staaten, in ODesterreih gebe es nicht politishe, sondern nationale Parteien, in denen allen sich konservative Männer befänden; auch auf der Linken gebe es feine aroße einige Partei. Der Ausgleich werde im böh- mischen Landtage zur Erledigung kommen; die Regierung sowohl als ein großer Theil des Hauses wünschten, daß dies recht bald geschehe, deshalb wäre es sehr wünschenswerth, daß die Verhandlungen des Hauses beschleunigt würden. Hierauf wurde der Dispositionsfonds in namentlicher Abstimmung mit 154 gegen 130 Stimmen genehmigt.

Großbritannien und JFrland.

London, 21. April. (A. C.) Der Prinz von Wales kehrte am Sonnabend Nachmittag vom Festlande nah London zurüdck und begab sih bald darauf mit seiner Gemahlin und Familie nah Sandringham, seiner Besißung in Norfolk, wo ein längerer Aufenthalt in Aussicht genommen ist. Gleich- zeitig ist der Marquis von Salisbury von der Niviera im besten Wohlsein nach London zurückgekehrt.

Der „Morning Post“ zufolge wird die Vorlage zur Reform der Lokalverwaltung in Jrland noch vor A der gegenwärtigen Parlaments-Session eingebracht werden.

Frankreich.

Ajaccio, 22. April. (W. T. B) Der Präsident Carnot traf unter Glocckengeläute gestern Vormittag 10 Uhr hier ein und wurde von den Behörden und den angesehensten Persönlichkeiten der Stadt begrüßt. Eine zahlreiche Volksmenge hatte sich eingefunden. Aus allen Gemeinden Korsikas waren Abord- nungen, mit den Bürgermeistern an der Spige, hier eingetroffen, um den Präsidenten zu begrüßen. Alle Reden athmeten den patriotischen Geist der Korsen, überall wurde der Präsident mit Begeisterung empfangen. Nah dem Frühstück auf der Präfektur besichtigte der Präsident verschiedene Sehenswürdig- keiten der Stadt, namentlich das Hospital und das Bonaparte-Haus, und unternahm später eine Nundfahrt durch die Umgebung der Stadt, auf dem Wege überall von der Bevölkerung freudigst be- grüßt. Die Frauen streuten ihm als Zeichen des Willkommens Reis und Weizen auf den Weg. Nach dem großen Diner im Präfekturgebäude war im Stadthause glänzender Empfang, an welchen sich eine Abendunterhaltung anschloß. Heute be- giebt sih der Präsident nah Bastia.

Ftalien.

Neapel, 21. April. (W. T.. B.) Jn der Rede, welche der Deputirte (frühere Finanz-Minister) Magliani bei dem heute hier abgehaltenen Programm - Banket hielt, gab derselbe der lebhaftesten Zustimmung zu der von Kaiser Wilhelm zum Wohle der Arbeiter ergriffenen FJnitiative Ausdruckl. Was das Budget- Gleichgewicht angehe, so würde dasselbe wiederherzustellen sein mit 20 bis 30 Millionen, die man aus einer Re- form der Geseßgebung über die Spirituosen und den Tabac gewinne, und mit 30 bis 40 Millionen Erspar- nissen, die sih in den Ausgaben für die Armee und die Marine machen ließen, ohne der Kraft und Festigkeit der militärishen Organisation zu haden. Das Land befinde sih in einer Krisis, noch aber sei Nichts verloren. Die wirk- samen Mittel zur Abhülfe lägen in den Händen der Regierung und des Parlaments, denen er seine ehrlihe Miiwirkung leihen werde, wenn die öffentlihe Meinung ihn unterstüge.

Turin, 22. April. (W. T. B.) Der König und die Königin von Sachsen sind gestern Abend hier einge- troffen und auf dem Bahnhofe von den Herzoginnen Elisabeth und JFsabella von Genua, dem Herzog von Aosta und den Spißen der Behörden empfangen worden. Die Majestäten haben im Palais des Herzogs von Genua Wohnung genommen.

Schweiz.

Bellinzona, 21. April. (W. T. B.) Die Regierung des Kantons Tessin befürchtet, daß heute anläßlich des Zusammentretens des Großen Raths Unruhen statt- finden könnten. Sie hat daher eine Compagnie Fnfanterie aufgeboten und die Direktion der Gotthardbahn ersucht, heute keine bewaffneten Leute zu transportiren.

Belgien.

Brüssel, 21. April. (W. T. B.) Dem heute von Lambert de Rothschild zu Ehren Stanley's gegebenen Dejeuner wohnten außer Stanley noch bei: der Ober-Hofmarschall Graf John Oultremont, der Chef des Kabinets des Königs, Graf Borchgrave d’'Altena, der General van der Smissen, Haupt- mann Reyntiens und Lieutenant Liebrehts, welhe während Stanley's Aufenthalt ihm attachirt sind, sowie mehrere Per- sönlichkeiten aus der Gesellshaft und der Kunstwelt.

Dänemark.

(F) Kopenhagen, 19. April. Fn der gestern ab- gehaltenen Staatsrathssizung hat der König, wie die „Nat.-Tid.“ berichtet, die Minister autorisirt, auf Grund der von ihnen vorgelegten Ausstellungen die Budgets der resp. Ministerien auszufertigen. Dies geschieht unter Bezug- nahme auf das provisorishe Gesez vom 1. April d. J, be- treffend dieEinnahmen- undAusgabenbewilligung, bis das Finanz- geseß sür das Finanzjahr vom 1. April 1890 bis 31. März 1891 erlassen is. Die ordentlihen Ausgaben des Kriegs- Ministeriums sind zu 10286 309 Kronen und die außer- ordentlichen zu 5678 800 Kronen veranschlagt; unter den leßteren befindet sich auch die erste Rate von 3 500 000 Kronen zur Erbauung eines Forts auf dem Mittelgrunde im Sund, dessen Gesammtkosten zu 9000000 Kronen veranschlagt sind. Das Budget des Marine-Ministeriums zeigt 6 620611 Kronen ordentlihe und 1820500 Kronen außerordentlihe Ausgaben; von den leßteren find 541 000 Kronen zu Schiffsbauten (außerdem sind hierzu 1200 000 Kronen in das ordentliche Budget eingestellt), 348 500 Kronen zu Seeminen, 260 000 Kronen zur Anschaffung von Geschüß- material u. \. w. bestimmt. Jn das Budget des Finanz- Ministeriums ist die erste Rate für die Anlage eines Freihafens bei Kopenhagen mit 400 0009 Kronen eingestellt,

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 19. April. (Times.) Die Kongreßausshüsse zur Berathung der Silberfrage haben ihre Bemühungen, sih über eine Vor- lage zu einigen, aufgegeben. Die Fürsprecher der freien Silberprägung werden jeßt eine Vorlage ausarbeiten, welhe die Ausgabe von Silbernoten auf den Betrag des in den Vereinigten Staaten gewonnenen Silbers beschränkt und die Noten in „geseßlichem Gelde“ einlösbar macht. Sie erwarten, der Präsident werde die Vorlage billigen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heuligen (46.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach und der Finanz-Minister Dr. von Scholz beiwohnten, stand an erster Stelle auf der Tages- ordnung die Fortseßung der zweiten Berathung des Gesezentwurfs, betresfend die Erweiterung und Vervollständigung des Staatseisenbahnnegzes.

Ohne Debatte wurden bewilligt die Ausgaben für folgende neu zu bauende Lin!en: von Preßsh nach Eilenburg, von Zeiß nach Kamburg, von Deuben nach Korbetha, von Schlettau nah Schasstädt mit Abzweigung von Lauchstädt nah Merse- burg, von Herbsleben nah Tennstädt, von Langensalza nah Gräfentonna, von Döllstädt nah Walschleben, von Georgen- thal nach Friedrichroda und von Flsenburg nach Harzburg.

Bei der Bahnlinie von Hagenow nah Oldesloe mit einer Zweigbahn von Sterley nah Mölln sprach der Abz. Nickert jeine Verwunderung aus, daß die früher als selbstverständlich ¿betrachtete Führung der Linie über Mölln aufgegeben sei, und wünschte die Fortseßung der Bahn von Mölln nach der Wandsbec-Oldesloer Bahn.

Abg. Peters empfahl die Bewilligung der geforderten Linie, weil dadurch die Verbindung zwischen Berlin und Kiel und der gesammten Provinz Schleswig-Holstein erheblich ver- kürzt werde.

Die Linie wurde hierauf bewilligt.

Bei der Bahn von Tondern nah Hoyer wies der Abg. Francke (Tondern) darauf hin, daß die von dem Flecken Hoyer verlangte Summe für Grunderwerb von der Gemeinde nicht aufgebracht werden könnte. *

Der Regierungs - Kommissar Geheime Ober-Regierungs- Rath Dr. Mie bemerkte, daß die Bahn auf der Strecke von Hoyer nah Hoyer-Schleuse auf dem dem Fiskus gehörigen Damm gelegt und Grund und Boden von den Jnteressenten nicht beansprucht werde.

Abg. Hansen machte darauf aufmerksam, daß die Bahn nur provisorish angelegt und durch eine Bahn von Hoyer nach dem Hafen bei Emmerleff erseßt werden solle, und fragte, ob den FJnteressenten bei Kassirung der Strecke von Hoyer nach Hoyer-Schleuse das niht mehr gebrauchte Terrain zurügegeben werden werde.

Der Minister der öffentlihen Arbeiten von Maybach glaubte, daß das Haus ruhig die Bahn bewilligen und ab- warten könne, was weiter komme. Die Regierung habe aller- dings die Absicht, dem sehr empfindlihen Mangel eines größeren Hafens an der Westküste von Schleswig-Holstein abzuhelfen, und die Vorarbeiten hätten bis jeßt die Geeignetheit von Emmerlef} ergeben, zugleih aber, daß der Hafen nicht unter 6—7 Millionen Mark herzustellen sein würde. Würde der Hafen eingerichtet, so werde die Bahn von Hoyer nah Emmerleff geführt und das freiwerdende Terrain dann den Eigenthümern zurüdck- gegeben werden.

Die Linie wurde bewilligt, ebenso nah einer Empfehlung dur den Abg. Jürgensen die Linie von Tönning nah Garding, die Verbindung von Geestemünde nach Curhaven mit Abzweigung nah Bederkesa, die Linien von Detmold nach Sandebecke, von Lage nach Hameln, von Homburg v. d. H. nach Usingen, von Langenshwalbach nah Zollhaus, von Fröndenberg nach Unna, von Norden nah Norddeich, von Remscheid nah Solingen, von Ohligs nah Hilden.

Bei der Linie von Hermeskeil nah Wemmetsweiler be- antragten die Abgg. Limbourg, Mosler u. Gen., die Staatsregierung aufzufordern, nohmals in eine Prüfung ein- zutreten, ob nicht die Linienführung durch das Primsthal der- jenigen durch das Lösterthal im Junteresse der betheiligten Kreise vorzuziehen sei.

Die Abgg. Lehmann und Knebel befürworteten die Führung durch das Lösterthal, für die auch der Minister der öffentlihen Arbeiten von Maybach und der Regierungs- Kommissar, Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Mie ein- traten, während die Abgg. Mosler, Olzem und Vopelius empfahlen, die Linie dur das Primsthal zu legen.

Die Linie jelbst wurde bewilligt, der Antrag Limbourg abgelehnt, und die die Linie betreffenden Petitionen der Bürgermeistereien Oßenhausen, Hermeskeil und Tholey und des Bürgermeisters Müller von St. Wendel der Regierung als Material überwiesen.

Zur Beschaffung von Betriebsmitteln wurden ohne Debatte 18 559 000 M. bewilligt. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten Beilage.)