1890 / 144 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Heute werden cs, wie die „Voss. Ztg.“ shreibt, 125 Jahre, seit die Preußische Hauptbank, jeßige Deutsche Reichsbank, durh König Friedrih den Großen begründet ward. Ihr erstes Heim befand sich in dem vor zwei. Jahrhunderten (1690) von Nering er- rihteten Vorderhause des ehemaligen Jägerhofs, Jägerstraße 35, auf dessen Grundflück in den Jahren 1869 bis 1876 vom Baurath Higia das jetzige stattlihe Bauwerk mit einem Fläcbenraum von 078 qm und mit einem Kostenaufwande von 43 Millionen Mark errichtet ward. _

Auf dem Dönboffsplayz sind jeßt, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, die beiden neu angelegten Springbrunnen in Thätigkeit gesetzt. Das Waffer sammelt sih in Becken von Tropfstein und rings berum find hübjsche Gewächse angepflanzt.

chlide Mittel nothwendig. Volk die dringende Bitte, dischen Dankes dur

Staatsmannes würdig werden s\oll, rei Wir stellen daher an das ganze bayerische Vol sich warmen Herzens an unferm Aft vaterlän Einzahlung von Geldbeiträgen zu betheiligen.“

i Aus der oberen sähsischen Schweiz, 15. Juni. (Dresd. Journ.) Das Unwetter der leßten Tage, welches erst heute früh endigte, bat im hiesigen und benahbarten böhmischen Gebirgsgebiete merklihe Spuren seiner Heftigkeit hinterlassen, Sämmtliche Gebirgs- bâche und #lüfse bringen gewaltige Wassermassen zu Thal und führen Gerölle, Sandmassen und Waldboden mit si. Die Kirnit\ch ift aus ibren Ufern. getreten und überfluthet stellenweise die Thalwie]en. Wild \ckäumend und überstürzend, führt die Kamniy ibre aus dem Rosen- und Kaltenberggebiete kommenden Fluthen der Elke zu, welche seit

Die Stadt Stralsund hat, wie die „Nat.-Ztg.“ berichtet, dem Staatssekretär des Innern, Vize-Präsfidenten des Staats- Ministeriums Dr. von Boetticher, und dem Ober- Präsidenten von Pcmmery, Grafen Behr-Negendank, das Ehrenbürgerreht verliehen. Die beiden bedeutenden, künftlerish auf Pergament vom Königlichen Hof-Lithographen C. Hater, Berlin, ausgeführten Urkunden zeigen die beraldishen, im gothishen Stil der hervorragendsten Stralsunder Bauten, dargestellten Wappen der Em- pfänger, umgeben von gleichfalls gothischem Maßwerk, in welchem bezüglihe Ansihten der Stadt nebst dem Situngésaale des Rath- hauses angebraht sind. Et silberne Kapseln nebst Einband mit Quastenschnüren in den Stadtfarben umgaben das große Insiegel der Stadt als Abschluß.

Scchwelm, 16, Juni. (Köln. Ztg.) Gestern feierte die hiesige Bürgerschaft das 400jährige Erinnerungsfest an den Tag, wo Sc{welm durch den Herzog Wilbelm TIT. von Jülich-Kleve-Berg zur Stadt erhoben tind ihr dadurch die Stadtprivilegien ge- währt wurden (16. Juri 1590). Zugleih fand die Einweihung des neuen Krieger- und Kaiser-Wilhelm-Denkmals tatt. Vei der Feier war auch der Regierungs-Präfident Winzer aus Arns- berg zugegen.

München, 16. Juni. Die „Allg. Ztg.“ veröffentlicht folgenden Aufcuf an das bayerische Volk zur Crrihtung eines Denkmals für den Fürsten von Bismarck am Starnbergersee: „Nach einer an Bedeutung und Erfolgen unerreihten Fülle des Schaffens ist der Reichskanzler Fürst von Bismarck in das heimishe Asyl der Ruhe und Ehre im ftillen Sachsenwalde eingezogen. Der Dank des deut- hen Volkes hat ihm das Geleite gegeben, nit um flüchtig zu ver- raushen, sondern um ewig mit dem Namen des größten deutschen Staatsmannes verbunden zu bleiben. Ihm, dem treuen Berather dreier Kaiser, dankt Deutshland Einheit und Gröôke, Frieden

gestern merklich gestiegen ist. Seit beute Mittag sind aber die höheren Felsengruppen und Berge den Wolken- und Nebelschleiern endlih wieder entrissen. Das Regenwelter war vom Freitag bis Sonnabend Abend so heftig, daß die Steinbruh- und Forstarbeiten vôlig ein- gestellt werden mußten. Die Steinbruhhalden der Postelwiter Brüche z. B. zeigen tiefe Risse und breite Funhen; _große Stein- und Schuttmafsen liegen am Elbufer, theilweise selbst im Strom- bette.

Darmstadt, 15. Juni. (Köln. Ztg.) Heute, am Geburtstage des Abtes Vogler geb. 15. Juni 1749 in Würzburg, gest. 6. Mai 1814 dabier wurde auf dem Mathitdenplay dessen Denk- mal enthüllt. Das Denkmal, entworfen und modellirt von Profeffor Robert Henze in Dresden, bestcht aus einer Bronze-Vüste des ge- feierten Tonkünstlers und Lehrers von C, M. von Weber und Meyer- beer auf einem 3 m hohen Postament von Meißener Granit.

Baden-Baden, 13. Juni. (Köln. Ztg.) Seit 40 Jahren ift es in diesem Sommer das erste Mal, daß die von der verewigten Kaiserin Augusta bewohnten Zimmer im Meßmer'shen Hause [leec steben. Die Großherzogin Luise hat nun diese Zimmer genau in der Einrichtung, wie fie die Kaiferin verließ, erhalten laffen und in denselben die Ausftellung einer größeren Anzahl von Biid- nissen der heimgegangenen Kaiserin veranstaltet, Der Besuch dieser Râume ist gegen ein mäßiges Eintrittsgeld gestattet, das zum Besten des a n Bau begriffenen Ludwig-Wilhelms-Pflegehauses verwandt werden ol.

Prag, 16. Iuni. (W,. T. B) Ars Reichenberg, Kraßau, Tarnwald, Friedland, Trautenau, Jungbunzlau, Pardubit fowie dem Abhange des Riesengebirges wird Ho chwasser gemeldet; in ein:elnen Städten sind Theile von Straßen überschwemmt und die verursachten Schäden groß. Das Wasser soll noch im Steigen fein. A

Q] St. Petersburg, 15 Juni. (Die Gefängniß-Aus-

i üte ausgestellt, und eine sehr {ône Abtheilung der e itelluas bildet diejenige der Anstalten für Minder- jährige. Dänemark weist Saen größter Einfachheit für die Be- dürfnisse der ärmeren Klassen auf. Der Plaß für S panien ist noch leer; die Gegenstände M 7 . heute On fingeirosen, Die j ichs ist eine tive, Auéstellung Frankre Sträflingsärbeiten keine Ver-

roben von FEEUGEG e E F in allen Arbeitsstadien vorhanden, dagegen liefert Frankreich in Wort und Bild eine vollkommene historische Ent-

i Strafsystems und der französischen Gefängniß- wiceung Fit dem Mittelalter bis zur neuesten Zeit. In Italien \ceint, der Ausstellung nah zu urtheilen, das Streben nach land- wirthschaftlichen Kclonien für die Gefangenen die Hauptrolle zu spielen; man ist offenbar bemüht, leßtere hauptsächli zu Arbeiten unter freiem Himmel zu verwenden. Japan brinzt \chöne Holzarbeiten, Inkruftationen und fkunstvoll gewirkte Teppiche ; Griechenland Kleibungsftücke, Flechtwerk, musikalische Instruwente; Norwegen und Schweden hauptsählih Holzarbeiten; die Schwe tz Handarbeiten u f. w. Die russische Ausstellung ist in ihrer Art, wenn au nit fo glänzend wie einige ausländische, do sehr interessant. Sie ist in 12 Klassen eingetheilt, in denen ih alle Gouvernements, mit Ausnahme Kur- lands, präsentiren; für die vorzügliche fkurländishe Abtheilung mit ibren ausgezeihneten Arbeiten ist ein eigener Pavillon errichtet. Den Sésluß des europäischen Rußlands macht Finland, welches ebenso vorzüglide Gefängnißeinrihtungen als Sträflingsarbeiten aufzu- weisen hat. Dann folgt die Abtheilung des fernen Ostens. Hier sieht man sorgfältig ausgeführte Modelle der großen für den Transport der Sträflinge auf den sibirishen Flüffen bestimmten Barken, des Damvpfers der „Freiwilligen Flotte“ mit feinen ingeniésen Eíin- richtungen zum Trankport nah Saali1, den Glanzpunkt der Aus- stellung, nämlich die Abtbeilung Nects\chinsk, die Modelle der Gold- wäscereien. Müblen 2c, Silber- und Goldpyramiden und eine Aus- stellung der I-sel Sachalin selbst. Dieser kurze Bericht wird genügen, um darzuthun, daß die Gefängniß- Ausstellung ein instruktives Bild der Einrichtungen in den einzelnen Ländern liefert.

New - Yor k. Im Sadavaga-See bei Whitingham im Staat Maine giebt es eine \chwimmende Insel. Die Infel hat einen Flächenraum von 150 Acres. Ihre Haupteigenthümli(keit besteht darin, daß sie jeden Tag ihre Lage ändert. Liegt sie z, B. heute in der Nähe des nördlichen Seeufers, so befindet sie sich morgen auf der entgegengeseßten Seite des Sees. Uebermorgen nähert sie si dann dem östliben und am Tage darauf dem westliben Ufer. Der Pflanzen- wuchs auf der Insel ist ein schr üppiger, es finden fi dort außer einem förmlichen Preißelbeerenwalde auch Bäume von 20—30 Fuß

Höhe. New- Yo rk, 11, Juni. (A. C.) In San Diego, Cali-

fornicn, wurden heute zwei leihte Er df 6 e verspürt. Cine Räube r- bande brate geftern einen Eisenbahnzug zwischen Camden und

sind in beson

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (18.) Sizung des Reichs- tages. Fortsezung der Zweiten G alen des Geseß- entwurfs, betreffend die Gewerbegerichte.

Nachdem §. 2 unverändert angenommen war, schreitet man zur Berathung des 8. 3.

8. 3 regelt die Zuständigkeit der Gewerbegerichte. Lettere sollen zuständig sein für Streitigkeiten über den An- tritt, die Fortseßung oder die Auflösung des Arbeitsverhält- nisses, über Leistungen und Entschädigungsansprühe aus dem- selben, über Berehnung der Krankenversicherungsbeiträge und über Ansprüche, welche auf Grund der Uebernahme einer ge- meinsamen Arbeit von Arbeitern desselben Arbeitgebers gegen einander erhoben werden. Auch ausbedungene Konventional- strafen sollen der Entscheidung der Gewerbegerichte unterliegen.

Die Abgg. von Cuny und Meyer (Berlin) beantragen, dem S. 3 folgenden Absatz hinzuzufügen:

„Streitigkeiten über eine Konventionalstrafe, welche für den Fall bedungen ist, daß der Arbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhält- nisses ein solches bei anderen Arbeitgebern eingeht oder ein eigenes Cet errihtet, gehören nicht zur Zuständigkeit der Gewerbe- gerihte.

Abg. von Cuny: Die Konventionalstrafen, welhe ih auf den Konkurrenzkampf zwischen den Arbeitgebern unter einander beziehen, unter dieses Geseß zu subsumiren, würde mit der Jdee des Geseßzes und auch mit Zweckmäßigkeits- QOOE im Widerspruch stehen. Konventionalstrafen dieser

rt werden erst wirksam nah Beendigung des Arbeitsverhält- Es handelt fich dabei überhaupt um sehr feine und erige Rechtsfragen, deren Entscheidung volle Un- parteilihkeit erfordert. Aus diesen Gründen gehören sie niht vor ein Geriht von Junteressenten, sondern

niffses. schwierige

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 144.

Berlin, Dienstag, den 17. Juni

für einen Bruchtheil der Arbeiter. Daß wir unsere Fürsorge au auf diese Fabrikanten, wie der Vorredner sagte, aus- dehnen, ist kein Widerspru ;_ denn wir betraten die Leute nit als Fabrikanten, und ferner ist nirgends in einem so- zialdemokratishen Programm der Saß aufgestellt, daß wir au für Arbeiter sorgen wollen; wir streben auch nah einer Besserstellung der gesammten Bevölkerung.

Abg. Eberty: Die Fassung des §. 3a durch die Kom- mission, so sehr deren Bemühen, die Hausindustrie in das Geseß hineinzuziehen, au anzuerkennen ist, giebt doch dur die Art der Definition zur Bemängelun Anlaß. Solche De- finitionen haben zum Gegenstand die Festlegung von That- sachen; das bewegliche Leben spottet aber jeder Festlegung und läßt ih nit in eine derartige geseßliche Definition einspannen. Deshalb wollen wir die Sache dem Statut oder den An- ordnungen der Landes-Centralbehörde überlassen. Der Theorie von dem mangelnden guten Willen, oder dem mangelnden Verständniß der Gemeinden muß ih entgegentreten. Die Ge- meinden haben ja auch das Jnteresse, soviel als möglich S der Kompetenz der ordentlichen Gerichte zu über- weisen.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Lohmann: Es liegt kein Interesse vor, dieHausindustrie \{lethin unterdasGeseßzu stellen, wenn das Gesey nur die Möglichkeit giebt, daß jeder Zweig derselben durch das Ortsstatut unter das Geseh gestellt werden kann. Man wird den Gemeinden vertrauen dürfen, daß sie das Rechte treffen, ob ein Zweig der Hausindustrie sich für das Gewerbegericht eignet oder niht. Der Begriff des Hausgewerbes ijt ein fließender, und im einzelnen Fall mag es zweifelhaft sein, ob eine bestimmte Art des Betriebes unter den Begriff „Haus- industrie“ fällt oder nicht. Wenn nun die Hausindustrie im Allgemeinen unter das Geseß fällt, so wird die Zuständigkeit des Gewerbegerihts im einzelnen e zweifelhaft bleiben, und dieselben Streitigkeiten würden bald von den ordentlichen, bald von den Gewerbegerichten entschieden werden, je nachdem

1890.

es der Kommission mag für die rheinishe oder T Jndustrie passen, für die anderen egenden paßt sie niht. Jh bin auf meinen Antrag gekommen dur eine Denkschrift der Handelskammer in Sonnenberg, welche sich vergeblih bemüht, eine Präzisirung dessen, was Haus- industrie ist, zu finden. Wenn man das nicht zu präzisiren vermag, so ist es besser, es dem Ortsstatut zu überlassen, welches jeder Zeit abgeändert werden kann. Die Lokalver- waltung wird mindestens ebenso gut ihre Schuldigkeit thun, wie die obere Verwaltungsbehörde und weiß in diesen lokalen E noch besser Bescheid. Jch bin begierig, wie der Abg.

iquel seinen Antrag formuliren wird. Bis auf Weiteres bitte ih, meinen Antrag, der das geringere Uebel ift, an- zunehmen.

Die Anträge Auer und Eberty werden abgelehnt und 8. 3a nah dem Kommissionsantrag angenommen.

Nach ? 4 kann die sahlihe Zuständigkeit der Gewerbe- gerihte auf bestimmte Arten von Gewerbe- oder Fabrikbetrieben und die örtlihe auf bestimmte Theile des L ici be- schränkt werden. Jm leßteren Falle sollen die betheiligten dat zuvor gehört werden.

Abg. Freiherr von Pfetten beantragt, dafür zu seßen: „Die betheiligten Ortsbehörden sind zuvor zu hören“ und be- gründet diesen Antrag damit, daß den Ortsbehörden ein Recht gegeben werden müsse, gehört zu werden.

Nachdem der Geheime Regierungs-Rath Hoffmann für die Ablehnung dieses Antrags eingetreten ist, der materiell keine Aenderung und redaktionell keine Verbesserung enthalte, wird 8. 4 mät dem Antrag von Pfetten ange- nommen.

Die 8. 5 und 6 werden ohne Debatte angenommen.

8. 7 bestimmt, daß das Gewerbegeriht aus einem Vor- sißenden, mindestens einem Stellvertreter desselben und min- destens vier Beisißern bestehen soll.

Die Abgg. Auer und Genossen beantragen, mindestens

und Wohlfahrt. Er hat das zerrissene Vaterland im Deutshen Meicbe geeinigt und mit unüberwindliwer Kraft gestärkt; er hat deutshe Chre und deutschen Fleiß in alien Theilen der Erde ges{ütt; er hat den Weltfrieden mit starker Hand gehütet ; er hat den Friedentarbeiten des deutswen Volkes einen sicheren Boden geschaffen, er hat ¿um Wohle der Shwachen und Armen neue große? Aufgaben an den Staat gestellt. Und wir Bayern fügen hinzu: Er hat im Deutschen Reihe Bayerns Rechte allezeit in Treue geactit und uns Freundschaft gehalten in allen Dingen, Wir Bayern wollen ihm darum ein Denkmal in unserem Lande seßen. Auf den Höhen, die den Starnbergersee umgeben, im Argesiht der großen Berge an den füdlihen Grenzen des Reis wollen wir cinen s{attenspendenden Hain {hafen und in seiner Mitte einen Thurm bauen, \o gewaltig wie der Mann, dessen Namen er tragen wird, ein weithin redendes Denkmal bayerischen Dankes, zuglei ein Zeichen ewiger Gemeinschaft von Süd und Nord im Deutshen Reih Hier sou den Deut)chen eine Weihestätte erstehen, wohin sie ziehen, um Stolz und Freude, Kraft und Klarheit, in {weren Stunden Aufrihtung der Herzen und Hingebung an das Vaterland zu \{chöôp)en aus des großen Kanzlers Leben. In dieser Absicht haben sid Männer aus allen Theilen unferes bayerishen Vaterlandes ver- einigt. Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent, Prinz Luitpold von Bayern, haben die Gnade gehabt, unter voller Zustimmung zu unseren Bestrebungen das Allerhöchste Protektorat zu

stellung) Die mit dem internationalen Kongreß sür Gefangniß- wcsen in Verbindung stehende und nunmehr in der Michael-Marége eröffnete Gefängniß-Ausftellung bietet viel Sehenswerthes. Gleich am Eingange hat Deutschland seinen Play gefunden und ficht man hier Preußen, Baden. Bayern, Württemberg und Hamburg ver- treten. Originell sind für Preußen die künstlihen Blumen aus Plögensee, für Württemberg die Hopfenanlagen aus Draht. Die von Deutschland ausgestellten Gegenstände zeihnen sich dur solide Arbeit und technis@e Vollkommenheit aus, und eine loben8werthe Einrichtung is dadur getroffen, daß man an der Farbe der Zettel an den Gegenständen fofort erkennen kann, ob die Arbeiten in Einzelhaft (weiß), gemeinsamer Hast (rosa), oder in Anstalten für Minderjährige (blau) angefertigt worden sind. Die richt offizielle kleine engli\che Ausstellung be- findet sich dit hinter der deutschen, und gleih nach dieser kommt Oesterreich, das sh durch schr hübsche Holzschnitzereien und Handarbeiten aus8zeihnet. Auffallend fondert ch Ungarn von Oesterreih ab. Die großartige belgische Anëstellung liefert den Beweis, daß die Gefängnißarbeit in Belgien hauptsählih für Staats- bedürfnifse ausgenüßt wird. In Belgien ist das System der Einzel- zellen das überwiegende. Stoffe aus Leinen, Baumwolle, Wolle werden in den Gcfängnissen angefertigt und aus denselben Kleider und Wäsche für die Sträfiinge selbst, sowie für das belgishe Militär hergestellt. Strohgeflehte, Schuhwerk 2c., billige Kleidung, Cartonnagearbeiten

übernehmen. Für unser Unternehmen sind, wenn es des großen

Texareara, Ärtansas, zum Sntgéietfen uno beraubie hterauf den Waggon der Expreß-Company. Die Räuber tödteten den Expreß- boten und entwendeten alsdann aus dem Zuge Werthsachen im Be- trage von 5000 bis 10000 Dollars. Die Passagiere wurden nit bebelligt.

Nah Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Madrid, 17. Juni. (W. T. B.) Der vom Gefund- heitsrath über die Krankheitsfälle in Puebla de Rugat erstattete Bericht spriht sich zwar niht mit Bestimmtheit für das Vorhandensein der Cholera aus, empfiehlt aber gleihwohl , . Vorsihtsmaßregeln gegen die Verbreitung der Krankheit zu treffen. Jn Folge dessen wurde die bereits gemeldète Fsolirung der infizirten Distrikte durch einen Truppenkordon von der Regierung an- geordnet.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

I R C E E E

Wetterberiht vom 17. Juni, M orgens 8 ühr.

Temperatur |: = [in ® Gelfius |!

4 R.

j

Wind. | Wetter. |

| !

Stationen.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red in Millim.

0 5°C.

vedeckt

Mullaghrmore| 760 |SW halb bed.

Aberdeen .. | 754 [WSW Cbristiansund 757 |OSO tovenhagen. 759 |[W Stodcholm .| 75% |S Haparanda . | 753 |[NO St. Petersbrg.| 755 |W Moskau... | 748 |\NNO Gork,Queens- town 763 3 Cherbourg . | 766 3 D: TGL 2\Nebel 759 |W 3\Regen 4 2 2|

wolkig Donnerstag: wolkenlos

bededt Wartburg.

bank duk D D O O Co N

bededt Vaterländisches

amburg . . | 762 bededt winemünde | 762 bedeckt Neufahrwasser| 760 bedeckt Memel .…. | 759 3 bedeckt

QBIS ic 4 ¡67 ünster... | 763 Karlsruhe. . | 767 Wiesbaden . | 766 München . . | 768 l1iteiter Chemnig .. | 765 | 3/heiter Berlin... .| 763 | 3|bedeckt

Wien ..….. | Breslau. .. | 764 3\wolkig

-_|

f

von Zalamea. Donnerstag:

6|bededckt onnabend :

?2Dunst \till\wolfkig

pfeil. (Friedr. Donnerstag :

L Freitag: 839. Zle d’Aix . 768 1\woolkig Probepfeil.

Nizza .…. 766 1 beiter

Uebersicht der Witterung.

Außer in Süd- und Südost-Europa hat der Luft- E I genor es : aus AN derselbe über Frankreih und Süd-Deutschland, am 4 niedrigsten nördlich von Schottlcnd und über West- und A. Millaud.

im Norden trüber, vielfach nebliger im Süden

liegt dieselbe allenthalben noch unter der normalen. Nennenêwerthe Nieders;läge werden aus Deutsch- land nicht gemeldet, Helgoland hatte Nachts Gewitter.

Deutsche Seewarte,

Anfarg Uhr. Donnerstag:

Theater - Änzeigen,. Königliche Schauspiele.

heiter Taunhäuser und der Sängerkrieg auf der

Große romantis{e Oper in 3 Akten

von Richard Wagner. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 153. Vorstellung. Die Quizow's.

Dunst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr,

Deutsches Theater. Mittwoch: Der Richter

1/wolkenlos s Sreitag: Faust's Tod.

Berliner Theater. Mittwoch: Der Probe-

766 | 2\wolkenlos d | Hut, (Friedr. Mitterwurzer.)

Wallner-Theater. Mittwoch: 12. Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in böhsten if S: un 12. Male: i

audeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac wissenschaftlichen Theater.

Rußland. Unter dem Einflusse {waer westlicher aae r: DBorstnüng, bei günstiger Witterung :

und südwestliher Winde ift in Central-Europa bei der Vorstellung 74 Uhr

heiterer Witterung die Temperatur gestiegen, indessen OIIENAR Mate Mute von Therese

Pictoria-Theater. Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern von Alex. Moszkowski und Richard Natharson. ufik von G. A. Raida. Ballet von G. Severint.

Concert-Park. Direktion:

Mittwoch: Opern-

Text frei nach H. von Kleist's

Trauerspiel in 5 Auf-

Opernhaus. 148, Vorstellung.

Drama in 4 Aufzügen von Ernft | Heink )

leuchtung des Sommergartens:

Faust, L. Theil. Der Unterstaatssekretär.

Mitterwurzer. Ludwi j ú S De We3pe, Pm rio treten sämmtlicher Spezialitäten.

Anfang 7F Uhr.

Friedrih-Wilhelmftädtisches Theater und Julius L f E Mittwoch: Zum 152 Male: haus. 147, Vorstellung, Das Käthchen von Jonathan. Overette in 5 Akten von Hugo Wittmann

Heilbronn. Romantishe Oper in 4 Akten von and Suliua- Baier,

Carl MReinthaler. Musik von Carl MillsXer.

; : i L In Scene ges Julius Frißice. aleichnamigem Schauspiel von H. Bulthaupt. Jn In e e getest Jou Jef et Scene gescßt vom Ober - Regisseur Li id Díri- (Dr. Kapellmeister Knoll Anfang 7 Ubr. e L R la n e J

auspielhaus. 152. Vorstellung. Don Carlo “E Jufant von Spanien, ! | mental-Künftler. Nebel zügen von Schiller. In Scene geseßt vom Direktor Dunst Dr, Otto Devrient. Anfang 7 Uhr.

Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Orientalises Laternenfest. Auftreten erster Gesangs- und Instru-

Donnerstag: Im Theater: Der arme Jouathan. Im Park: Großes Doppel-Concert. Frl.

Kroll's Theater. Mittwoch: Martha.

(Lady Harriet: Fr. Marcella Sembrich, als Gast.) Donnerstag: Orpheus. (Orpheus : Fr. Ernestine

Täglih: Bei günstigem Wetter vor und nah der Vorstellung, Abends bei brillanter elcktr. Be- Großes Concert. Anfang dt, der Vorstellung 7 Uhr.

Belle-Alliance-Theater. Mittwoh: Zur |S eboren: Ein Sohn: Tójährigen Jubiläumsfeier der Schlacht bei Belle- | (gem Oablinghausen). Alliance: Großes Volksfest zu halben Kassenpreisen Zum 109. Male: Der Nautilus.

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten : Großes Militär-Doppel-Concert mit S{hlahtenmusik. Auf-

Familien-Nachrichten.

Frißsche. | Verlobt: Frl, Sophie von Berge mit Hru. Der arme Landrath Haenel von Cronenthal (Großkölzig). Frl. Anna Zelle mit Hrn. Gotthold Lessing (Berlin—Meseberg b. Gransee). Frl. Lonny Beeck mit Hrn. Apotheker Marx von Treuenfels (Berlin). Frl. Martha Eschert mit Hrn. Georg SGmidt (Berlin—Stegliß). Frl. Elise Schäfer mit Hrn. Friedrih Jaenicte (Alerisbad— Berlin). Frl. Else Meinshausen mit Hrn. Kaufmann Fried. Spiita (Brandenburg a. H.). : Olga von Arnauld mit Hrn. Theodor Klose (Breslau—Alt-Jauernick bei Königs8zeit). fcl. Käthe Milner mit Hrn. Dr. Johannes ajetan (Groß-Liclterfelde—Bonn). Frl. Lina Wittig mit Hrn. Max Hofmann (Hilbersdorf— Niederlihtenau) Fri. Bella Ellinger mit Hrn. Eduard Speyer (München—Köln). Verehelicht: Hr. Oberst Loeser mit Frl. Eva Bollmann (Dresden). Hr. Hugo Topp mit Ful. Alma Hille (Hamburg). Hr. Bernhard Gradt mit Frl. Helene Kunze (Berlin). Hr. Paul Eckert mit Frl. Emma Schmidt (Potsdam). Hr, Oskar E. A. Wießner mit Frl. Johanne Margarethe Müller (New-York—ODresden). Hrn. Amtmann Leese- Hrn. H. Schmidt (Rostock). Hrn. Schiffbau - Ingenieur Bruno Heyn (Elbing), Zwillinge: Hrn. Revier- förster G. Karnat (Nossentiner Hütte). Eine Tochter: Hrn. Hauptmann Thelemann (Koblenz). Hrn. Apothekenbesizer R. Mattern (Stras- burg in Westpr.)

Dirigent :

Brillante Illu-

mination des ganzen Garten-Etablifsements. Anfang s : ; eurer Vorstellung. Der | des Concerts 6 Ubr, der Vorstellung 74 Ubr. Gestorben: Frau Adolfine Gräfin von Haeseler, Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

geb. von dem Knesebeck (Berlin). Hr. Dr. med. Friedrich Arndt (Stralsund). Hr. Theodor Sander (Hannover). Hr. Referendar Karl

Mamsell Nitouche. Geöffnet vor 12—11 Ühr. Musik von M. Hervé. zettel.

fang Jo Anfang. des Concerts 6#, (13804)

Mittwoch: Zum 302, M.: n. Chr. v, d. Kgl. P

Neu eröffnet.

Dieselbe Vorstellung. l

Urania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde. Am Landes-Ausfstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Täglich Vorstellung im Näheres die Ans(lag-

National-Panorama. Serwarthstr. 4, Königsplag.

Das alte Rom

mit d. Triumphzuge Kaiser Constantins i. J, 312 R rof. I. Bühlmann u. Alex Wagner in München. Täglich geöffnet v. Mor- | Und die Jnhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent: gens 9 Uhr bis zur Dunkelheit, Eintritt 1 46 | lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf

Taunus (Stralsund) Frl. Anna Herter (Mag- deburg). Hr. Gießereibesißer Karl Rößler (Berlin). Frau Louise Braaßt, geb. Stapelfeldt (Stettin). Frau Auguste Gabel, geb, Zimmer- mann (Berlin).

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

Verlag der Expedition (I. V.: Heidrich).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagi* Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (eins{ließli& Börsen-Beilage),

Aktien und Aktieugesellschaften) für die Woche vom 9, bis A Si ) 590.

vor die berufenen E Gerichte. Jm Ge- gensay zu der großen Mehrheit der Streitobjekte, welche zur Kompetenz der Gewerbegerichte gehören, handelt es sih hierbei häufig um sehr hohe Summen, die in die Tausende gen: Stellt man dafür die Zuständigkeit der Gewerbegerichte est, so würde die Garantie, welche Kollegialgerichte geben, den Parteien entzogen fein. Ébenso würde das Rechtsmittel der Revision beim Reichsgericht nicht anzubringen sein, weil die

Revision vorauss\eßt, daß das leßte Urtheil von einem Ober- Landesgericht gefällt ist, während bei der Kompetenz der Gewerbegerichte das Landgericht die Berufungsinstanz bilden würde. Aus diesen Gründen empfehlen wir die Annahme unseres Autrages.

__ Bundeskommissar Geheimer Regierungs-Rath Hoffmann giebt anheim, den Antrag von Cuny anzunehmen, womit der bestehende Rechtszustand aufrecht erhalten bleibe. Nach der Judikatur des Reichsgerihts sollen Streitigkeiten dieser be- sonderen Art zur Kompetenz der ordentlihen Gerichte gehören. Es handle sih auch niht um Dinge, welche besonderer Be- chleunigung bedürsten. Da außerdem oft recht hohe Streit- ummen in Betracht kämen, so sei es niht zweckmäßig, den

reitenden Parteien die Wohlthat mehrerer Jnstanzen zu be- shränken. i

. 3 wird mit dem Antrag von Cuny angenommen.

ah §. 3a sollen zur Zuständigkeit der Gewerbegerichte auch gehören Streitigkeiten zwishen Gewerbetreibenden und solhen Personen, welche außerhalb der Arbeitsstätten für die ersteren mit Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind (Hausgewerbetreibende), aber nur, wenn sie die Rohstoffe und Halbfabrikate geliefert erhalten; auch auf die Streitigkeiten Derjenigen, welche si Rohstoffe und Halb- lohn selbst beschaffen, soll die Zuständigkeit durch Orts- atut s werden können.

2 Die A (Auer und Saa beantragen, diese zuleßt bezeichneten Streitigkeiten auch unbedingt der Zu- ständigkeit der Gewerbegerihhte zu unterstellen, während Eberty und Genossen beantragen, la die Hausgewerbetreibenden überhaupt oder für gewisse Klassen derselben die Zuständigkeit des Gewerbegerichts auszudehnen durch das Statut oder durch Anordnung der Landes-Centralbehörde.

_ Abg. Schier: Die Hausgewerbetreibenden, welche selbst wieder Arbeiter beschäftigen, haben eigentlich zwei Seelen in ihrer Brust, je nahdem fie sich als Arbeitgeber oder als Arbeitnehmer fühlen, und es is daher mit Recht die Frage dem Orlsstatut überlassen, ob sie als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber wahlberehtigt sind. Viele Hausindustrielle be- schäftigen mitunter bis zu hundert Arbeiter und sind that- jählih selbst Großindustrielle oder mindestens Fabrikanten, und es ist mir nicht erfindlich, warum die Sozialdemokraten ihre menshlihe Nächstenliebe auf diese Fabrikanten aus- dehnen. Diese ar haben es au niht nöthig, die Wohl- thaten dieses Gefeßes zu genießen. Es handelt Es bei ihren Streitigkeiten mit ihren Auftraggebern auch um andere Objekte, als sonst zwishen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Bei der Unterstellung dieser Streitigkeiten unter die Gewerbegerihte wären auch nur zwei Jnstanzen, im ordentlihen Gerichts- verfahren dagegen drei vorhanden. Die Kommissionsfassung ist auch korrekter als der Antrag Eberty, zumal in §8. 1 be- {lossen ist, daß die Aufsichtsbehörde niht aus Zweckmäßigkeits-

ünden die Genehmigung eines Ortsstatuts versagen darf.

ie Kommissionsfassung schlägt zwischen den beiden Anträgen den richtigen Mittelweg ein.

Abg. Dreesbach: Die Kommissionsfassung wird zu Schwierigkeiten Anlaß geben. Diese Hausindustriellen sind keine selbständigen Fabrikanten, weil sie für bestimmte Gewerbetreibende industrielle Produkte fertigstellen; sie find also nur Arbeiter. Nach der Kommissionsfassung würden au sein kleine Hausindustrielle von diejem Gesey ausgeschlo}en

ein. Der Antrag Eberty is} ebenfalls niht genügend. Daß die Hausindustriellen zwei Seelen in ihrer Brust haben, ist das Gesey selbst überläßt ja dem Ortsstatut die Entscheidung der Frage, ob e bei den ea als Arbeitgeber oder Arbeit- nehmer zu betrachten seien. Die Streitigkeiten zwischen ihnen und ihren Auftra pen nd rein gewerblicher Natur. Shließen wir sie also vom Gesey aus, so gilt dasselbe nur

niht rihtig, und

diese oder jene angerufen werden und \sich für zuständig er- klären. Jch bitte Sie, den Antrag Eberty anzunehmen.

Abg. Porsch: Am sympathishsten ist mir der Antrag Auer. Wir wünschen au, daß überall die Hausgewerbe- treibenden in den Rahmen dieses Geseßes fallen. Der Ein- wand des Abg. Dreesbach aber, daß pur die Ortsstatuten Mißbrauch getrieben werden könne dadur, daß unter Um- ständen es in das Ermessen des Ortsstatuts gestellt sei, ob gewisse Streitigkeiten unter dieses Geseg fallen oder nicht, ist unberechtigt, denn diejenigen Hausgewerbetreibenden, welche nah §8. Za ohne Weiteres zur Zuständigkeit der Gewerbe-

erihte gehören, können durch fein Ortssiatut von der Zu- tändigkeit der Gewerbegerihte ausgeschlossen werden.

Abg. Miquel: Vom Standpunkt der Kürze empfiehlt sih niht der Antrag Eberty, sondern der Antrag Auer. Der Antrag R ist aber, sofern er nicht obligatorisch das Haus- gewerbe den Gewerbegerichten unterstellen will, für uns unan- nehmbar. Die Schwierigkeiten dieser ganzen Frage würden sih dadur beseitigen lassen, wenn man von der Charak- terifirung einer bestimmten Person als Hausgewerbetreibenden absähe und die Kompetenzbestimmung lediglich nach der objektiven Beschaffenheit des Streitgegenstandes normirte. Eine und dieselbe Person erscheint einem Dritten gegen- über bald als Arbeiter, bald als Arbeitgeber. Wir haben Tausende von Schuhmachern, die als Meister ein- getragen find, die auch theilweise für Kunden arbeiten, au dann und wann Gesellen haben, aber den Pen Theil des

ahres für einen anderen größeren Arbeitgeber oder für einen

chuhfabrikanten arbeiten. Es würde sehr peinlih berühren, wenn durch Ortsstatut Personen, die si selbst für Arbeitgeber halten, nun plöglich für Arbeitnehmer erklärt würden. Anders wäre es, wenn sie nach der Beschaffenheit des Streitgegen- standes einmal als Arbeitgeber und ein anderes Mal als Arbeitnehmer sich dem Geriht unterwerfen. Jch werde zunächst für den Kommissionsantrag stimmen und behalte mir vor, bis zur dritten Lesung einen formulirten Antrag ein- zubringen.

Abg. von Cuny: Für uns Rheinländer wäre der Antrag Eberty ein wahres Ünglück. Er ruinirt uns das, was bei uns seit langer Zeit in vortrefflicher rath eregelt ist. Jn den Rheinlanden und im Elsaß erstreckt sich die Zuständigkeit der Gewerbegerichte auch auf das Hausgewerbe. Jch habe außer- ordentlih bedauert, daß der Bundeskommissar nur auf die Ber- liner Verhältnisse exemplifizirt hat und die wihtige Seiden- und Samnmetindustrie in der Gegend von Krefeld und die ebenso wichtige bergishe Stahl- und Eisenindustrie mit keinem Wort erwähnt hat. Unsere rheinishen Fnstitutionen haben sih ganz vortrefflih bewährt, und ih hoffe, daß man in Zukunft auch auf den Rhein Nücsicht aauan wird. Das Ortsstatut haben Sie uns durch den unglü@lichen Beschluß zu §. 1 ret gründ- lih verleidet; Sie haben uns den Weg, ein unzweckmäßiges Ortsstatut von Aufsihtswegen zu beseitigen, abgeschnitten. Jh bitte Sie, den Kompromißantrag der Kommission anzu- nehmen.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath: Lohmann: Jh be- dauere sehr, den Unwillen des geehrten Vorredners dadurch erregt zu haben, daß ih die Rheinprovinz bei dieser Gelegen- heit mcht erwähnt habe. Jh habe übrigens den Antrag Eberty um deswillen empfohlen, weil er niht bloß die Berliner, Nürnberger und die rheinishen Verhältnisse berück- fihtigte, sondern die des ganzen Reihs. Die Fassung der Kommission dagegen berückfihtigt nur die- Verhältnisse der Rheinprovinz. Durch den Antrag Eberty würden die Gewerbegerihte am Rhein nicht ruinirt werden. glaube vielmehr, daß sie, wenn sie nah diesem Geseße um- gewandelt werden, in ihren Organen Weisheit genu esfißen werden, um das Hausgewerbe wiederum unter die Gewerbe: gerichte zu stellen.

Abg. Eberty: Jh habe an Berlin bei Einbringung des Abänderungsantrages gar nicht gedacht. V möchte ein für alle Mal feststellen, daß der zufällige Umstand, daß ich die Ehre habe, der Stadt Berlin und ihrer Verwaltung zuzu- ehôren, ¿gn nichts daran ändert, daß ih Abgeordneter des reises Waldenburg in Schlesien und Vertreter der ganzen Nation bin wie jeder Die De-

andere Abgeordnete.

aht Beisitzer festzusetzen.

Abg. Heine begründet diesen Antrag damit, daß der Möglichkeit vorgebeugt werden müßte, daß mehrere oder alle Beifiger am Erscheinen verhindert seien.

Ohne weitere Debatte wird der Antrag Auer abgelehnt, der 8. 7 unverändert angenommen. j

. 8 besagt, daß Mitglied eines Gewerbegerichts werden darf, wer das 30. Lebensjahr vollendet hat, im Jahre vorher keine Armenunterstüßung empfangen oder eine empfangene zurüerstattet hat, und seit mindestens zwei Jahren im Bezirk des Gerichts wohnt oder beschäftigt ist. Von dem Recht der Wahl zum Mitgliede eines Gewerbegerichts soll ausgeschlossen sein, wer niht Schöffe werden darf.

Abgg. Auer und Genossen beantragen, die Altersgrenze auf das 25. Lebensjahr festzusezen und die Worte bezüglich der Armenunterstüßung zu streichen.

Abg. Eberty beantragt gleihfalls das 25. Lebensjahr als Altersgrenze.

Abg. Eberty: Mein Antrag hat eine Erweiterung der Zahl der Personen zur Folge, die zu Mitgliedern des Schieds- gerihts berufen werden können. Mit diesem Antrage befinden wir uns auf dem Boden der thatsählihen Verhältnisse; denn die bereits durch Ortsstatut errichteten Gewerbegerichte in Hamburg, Leipzig, Frankfurt a. M. und anderen Orten haben bereits die N des 25. Jahres eingeführt, was sich ohne jeden Nachtheil air hat. Die Bestimmung des Entwurfs bedeutet einen Rücschritt, und die Arbeiter, von deren Vertrauen doch das Geseß getragen werden soll, würden dieselbe als eine Vershlechterung des jeßigen Zu- standes ansehen müssen. “Der Hinweis auf die Ältersgrenze von 30 Fahren für die Schöffen ist niht maßgebend, denn die Schöffen haben viel weitergehende Befugnisse und größere morali)che Verantwortung.

__ Abg. Dreesbach: Wo bisher die Wählbarkeit unter 29 Ggahren zugelassen ist, haben die Schiedsgerichte keine Ursache zur Klage gegeben. Jn Frankfurt sind die betheiligten Us sehr zufrieden. Wenn man die größere Lebenserfahrung für das 30. Lebensjahr geltend macht, so könnte man mit demselben Rechte au das 40. Lebensjahr als Altersgrenze fest seßen. Gar zu junge Leute wird man übrigens niht nehmen. Man muß den Arbeitern das Vertrauen entgegenbringen, daß fie wissen, was sie zu thun haben. Wenn man alle tüchtigen Leute unter 30 Jahre aus\{ließt, so wird es umso s{hwerer werden, die geeigneten Personen für die Schiedsgerichte zu finden. Bei den Kriegsgerichten wird jeder Lieutenant, der nur 19—20 Jahre alt ist, als Richter nit bloß in Streitig- eiten über ein paar Mark, sondern als Richter über Leben und Tod zugelassen. Die Forderung eines zweijährigen Aufenthalts am Ort beschränkt ebenfalls den Kreis der zu dem Amt Be- fähigten; 50 Proz. aller Arbeiter wohnen nicht 2 Jahre an demselben Orte, und zwar niht aus Lust am Wandern, sondern weil die geschäftlichen Verhältnisse sie dazu zwingen. Ein Rai! von einem Fahre genügt vollständig, um die Kenntniß der gewerblihen Verhältnisse am Ort zu erlangen. Die Armenunterstüzung wünschen wir Vat REs herausgelafsen, weil in der Bestimmung, welche auf die Wählbarkeit zum Schöffen Bezug nimmt, dieselbe bereits mitenthalten ist.

Abg. Porsch: Daß die Bestimmungen dieses Para- graphen nicht von Mißtrauen gegen die arbeitende Bevölkerung diktirt sind, geht schon daraus hervor, daß auch die Arbeit-

eber davon nit aus Meilen sind. An die Befähigung der

eisißer, welche durch direkte und geheime Wahl gewählt werden, werden besondere Anforderungen nicht gestellt. Sie funktioniren außerdem in Streitigkeiten über Beträge bis zu 100 M als Jnstanz, oßegen die es keine Berufung giebt; es muß alfo durch das Alter eine gewisse Garantie für die Qua- lififation geschaffen werden. Die Ziffer von 30 Jahren ist niht willkürlih herausgegriffen. ür die Zulassung zum Schöffen, zum Handelsrihter, zur Mitgliedschaft in kirhlichen Verwaltungsorganen wird dasselbe Alter verlangt. Daß in einigen Ortsstatuten gegenwärtig ein geringeres Alter gefordert wird, kann nicht aussdla gebend sein, um dasselbe für das ganze Reih zu generalisiren. Wir müssen vorsihtig sein,

wenn wir wollen, daß die Schiedsgerichte in der nöthigen Achtung stehen. L E E 9 a