1890 / 183 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Jul 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Kiel, 31. Juli. (W. T. B.) Dem Vernehmen nah wird die Manöverflotte Se. Majestät den Kaiser am 14. August auf Seiner Reise nach Reval begleiten: Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Dänemark traf heute früh auf dem Posidampfer „Danneskjold“ hier ein und seßte um 7 Uhr die Reise nah Gmunden fort.

Bayern.

München, 30. Juli. Die von Seiten auswärtiger Höfe an den Prinz-Regenten anläßlih des glücklichen Verlaufs des Unfalls in Neuhausen eingelaufenen Glück- wunschtelegramme hat Se. Königlihe Hoheit sämmtli dankend beanwortet. Prinz Rupprecht hat gestern Berlin verlassen und wird heute an dem militärishen Fest des Kadetten:Corps Antheil nehmen, welchem, der „Allg. Ztg.“ zufolge, auch Se. Königlihe Hoheit der Prinz-Regent, umgeben von den hier anwesenden Prinzen des Königlichen Hauses, anwohnen wird.

Der Prinz-Regent j | Staatsregierung zur Verfügung vorbehaltenen Gewinnantheil der Aachen-Münchener Mobiliar-Feuerversichezungsgesellshaft vom Jahre 1889 Unterstüßungen im Gesammtbetrage von 30 920 F bewilligt. Auf Oberbayern treffen 4600 F, Niederbayern 2100 #Æ, Pfalz 6500 #, Oberpfalz und Regensburg 2900 #, Oberfranken 3350 #Æ, Mittel: franken 2100 M, Unterfranken 4520 M und Schwaben und Neuburg 4800 # Bereiis früher wurden (wie seiner Zeit mitgetheilt) aus dem der Allerhöchsten unmittelbaren Verfügung vorbehaltenen Gewinnantheil genannter Gesellschaft vom Jahre 1889 Unterstüßungen im Gesammtbetrage von 32 450 M. bewilligt. i

Aus Bad Kissingen wird dem „W. T. B.“ gemeldet : Fürst Bismarck wird am nähsten Sonnabend Nachmittag hier eintreffen und seine alte Wohnung in dex oberen Saline bezichen. Die ihm zur Verfügung gestellten Königlichen Equipagen sind- heute aus München angekommen. Auch sind für den Fürsten dieselben telegraphischen Einrihtungen ge- troffen wie früher.

Sachsen.

Dresden, 30. Juli. Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg traf, dem „Dresd. Journal“ zufolge, mit hoher Familie vorgestern Abend in Schandau ein und übernachtete in Sendigs Villa Quisisana. Gestern früh fuhren die hohen Herrschaften nach den Hinterhermedorfer Schleusen; gegen Abend wurde das Diner im Jagdsalon der Villa Quisisana eingenommen, an welchem auch Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich August, welher von Dresden gekommen war, theilnahm.

Medcklenburg-Strelitz.

Neustrel ig, 29. Juli. (Meckl. Ldsnachr.) Jhre Hoheit die Herzogin von Anhalt, welche einige Tage zum Besuch am Erbgroßherzoalichen Hofe in Prillwig weilte, hat si heute in Begleitung Fhrer Königlichen Hoheit der Erbgroß- herzogin, Höchstwelche Fhrer erlauhten Mutter bis Berlin das Geleite giebt und von dort heute Abend hierher zurück- kehrt, nah Dessau zurückbegeben.

Oesfterreich -Ungarn.

Wien, 31. Juli, Die gestrige „Wiener Abendpo st“ feiert in einem längerem Artikel die Vermählung der Erzherzogin Marie Valerie mit dem Erzherzog Franz Salvator. Es heißt darin:

Das Herz des Volkes {lage dem bohen Paar entgegen, ganz Oesterrei segne es. Das Feit im Kaiserhause sei ein Familienfest für das ganze Reih. Ein Beweis dafür seien die unzähligen Huldigungen von allen Seiten, von allen Gemeinden und Korporationen des Landes. Die Familienfeste des Kaiserhauses würden nach dem Beispiel des Kaisers selbs stets durch Werke der Weßhlthätigkeit gefeiert; die Erzherzogin Marie Valerie babe vom Kaiser als besondere Gunst erbeten, die reiche Brautgabe der Stadt Wien zur Erweitecung des Spitals für arme Kinder beslimmen zu dürfen. Selten set ein jugendlihet Fürstenpaar unter herzliheren allc:meineren Glückwünsben zum Ebebunde ge- \{riiten als Erzber;cg Franz Salvator und Erzherzogin Marie

Valerie. schreibt das „Prager

Aus derselben Abendblatt“:

Es ift ein wciheroller Tag, den mit dem Allerhöchsten Kaiser- hause alle Völker Desterreihs feiern. Die zahlreiten Stämme, welche das Szepter der Habsburger zu einem mättigen Reiche ver- einigt, vergessen Alles, was fie trennt und unterscheidet; in der alten Ankbängli§hkeit, Liebe und Treue, welhe sie ihrem angestammten Herrsherhause entgegentragen , \ch{lag:n Aller Herzen zusammen. Ein mätizer Zug innigster Theilnahme, freudigster Empfindungen webt dur das ganze weite Reih. Das ist ein warm aufquellendes, aus der Tiefe der Voltsseele empordrinaendes Fühlen, das ist ein Ausfluß der irnigen Ucberzcugung, daß die Völker des Reiches auf ewig eins sind mit dem Kaiserhause.

Auch sämmtliche heutige Wiener Morgenblätter ent- halten anläßlih der Vermählungsfeier der Erzherzogin Marie Valerie Festartikèl und heben hervor, alle Völker Oester- reihs, verbunden in Liebe und unbegrenzter Verehrung für das Kaiserhaus, sendeten ihre Glückwünshe nah Js{chl. Die Völker empfänden alle Schicksale der Dynastie wie ihre eigenen, und daher werde das Hochzeits- fest in Js{hl wie eine nationale Angelegenheit empfunden, * obwohl politishe Zwecke bei diesem Bunde keine Rolle spielten, sondern nur gegenseitige Neigung maßgebend gewesen sei. Die „Presse“ weist insbesondere auf den Dank hin, welchen die Stadt Wien dem Kaiser für seine Fürsorge zu Gunsten Wiens schuldig jei, und verzeihnet alle betreffenden Regierungsakte des Kaisers. Sämmtliche Blätter {ließen mit Segens- wünschen für das Brautpaar und das Kaiserhaus.

In JF\chl trafen, wie „W. T. B.“ meldet, bereits im Laufe des gestrigen Tages zahlreihe Mitglieder des Kaiserlihen Hauses und viele Gäste ein. Se. Kaiser- lihe und Königliche Hoheit der Erzherzog Franz Sal- vator, welher Vormittags ankam, begab ih fofort nah der Kaiserlihen Villa. Nachmittags erfolgte die Ankunft Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten des Erzherzogs Karl Ludwig mit seiner Gemahlin und der Kronprinzessin-Wittwe Stephanie mit ihrer Tochter, welche Se. Majestät der Kaiser und König am Bahnhof auf das Herzlichste begrüßte. Die dichtgedrängte Menschenmenge brahte dem Kaiser enusianiswe Ovationen dar. Als der Kaiser den Bahnho verließ, erblidckte er den Minister - Präsidenten Grafen Taaffe, welcher wie die meisten Erzherzoge und Erzherzoginnen und der Minister Graf Szapary im Laufe des Nachmittags

Veranlassung

hat aus dem der Königlichen |

eingetroffen war. Der Kaiser ließ sofort halten,

verließ seinen Wagen, begrüßte den Grafen auf das Huld-

vollste und unterhielt fich einige Minu:en mit demselben.

Ferner trafen Se. Königlihe Hoheit der Prinz Leopold von Bayern und Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Prinzessin Gisela mit ihren Kindern, Se. Hoheit der Herzog von Nassau und andere Fürstlihkeiten ein. Die Kaiserin und das hohe Brautpaar statteten sofort der Prinzessin Gisela einen Besuch ab.

__ Js\chl selbst ift festlih geshmüdckt, namentli die Kirche ist reih mit Orangenbäumen, Palmen und anderen tropischen Gewälhsen dekorirt. Jm Anschluß an die kirhlihe Feier findet im Kursaal ein Déjeuner zu 53 Gedecken statt. An der Tafel wird dasselbe Service in \{werem Golde ver- wend:t, welhes bei der Monarthen-Entrevue in Kremsier gebraucht wurde.

Bei der gestrigen Festvorstellung im Theater wurde nach dem Prologe die Volkshymne intonirt, welhe von den Anwesenden stehend angehört wurde. Abends fand eine prachtvolle Erleuchtung sämmtlicher die Stadt um- gebenden Berge, sowie beider Ufer der Traun und der Brücke über die Traun stait. Auf der Zimniz und dem Ramsauer Gebirge brannten vier Feuer. Außer- dem wurden noch auf folgenden Bergspizen mäh- tige Bergfeuer angezündet: auf dem Rettenkogel , auf dem Sonntagkamm, auf dem Loskogel, dem Katterinkogel, dem Hainzenkogel und dem Feuerkogel, auf dem Dachstein, auf dem Predigtstuhl, auf der Rheinpfalzalpe, auf der Kolowrat-Höhe, auf dem Loser, auf der Breuning, auf dem Mitterdrachbera, auf der hohen Schroit und auf dem Rosen- stadenkogel. Die Stadt selbst war glänzend illuminirt. Jn den Straßen, namentlich in der Nähe der Kaiserlichen Villa, bewegte sih eine zahlreihe Menschenmenge.

Heute herrshte in den Straßen seit früher Morgenstunde reges Leben. Um 7 Uhr nahm das Spalier der Feuerwehr- leute, Salinenarbeiter und Veteranen Ausstellung. Sämmt- liche Häuser sind beflaggt und zahlreich mit Jnschriften ver- sehen. Eine große Menschenmenge wogt in den Straßen. Um 91/2 Uhr trafen mehrere Erzherzöge, der Herzog von Cumberland, die Prinzessin Marie von Hannover, die Herzogin Maria Theresia von Württemberg, der Herzog Nobert vonWürttemberg und die Herzogin Jsabella von Württemberg ein. Die hohen Herrschaften fuhren vom Bahnhofe direkt zur Pfarrkirhe, um dort den Brautzug zu erwarten.

Die Vermählung wurde Vormittags 10 Uhr feierli vollzogen. i

Aus allen Theilen Ungarns liegen Berichte über bereits gestern veranstaltete Feierlichkeiten aus Anlaß der Vermählung vor. Die meisten Städte sind fefstlich geschmüdckt, in vielen Orten fanden Abends Jlluminationen statt, während Militär- fapellen mit flingendem Spiele die Straßen durchzogen.

Jn Budapest waren heute sämmtliche öffentlihe und zahlceihe Privatgebäude, die Konsulate der fremden Mächte jowie die vor Anker liegenden Schiffe zur Feier der Ver- mählung der Erzherzogin Marie Valerie reih beflaggt. Die gesammte Presse gedenkt in s{chwungvollen Artikeln der Liebe und Verehrung, welche die ganze Nation mit der Dynastie verbinde.

Großbritannien und Frland.

__ London, 31. Juli. Die „Times“ drückt ihre Be- friedigung über die deutshe Denkschrift zum deuts\ch- englishen Abkommen aus; dieselbe athme einen überaus freundlihen Geist England gegenüber, erweise dem Verhalten Englands während der Unterhandlungen Gerechtigkeit und würdige die Zugeständnisse in ihrem wahren Werthe, habe aber auch indirekt einige der gewöhnlihsten Einwände gegen die Politik der britischen Regierung wirkungsvoll beseitigt.

Wie das „Reuter'she Bureau“ meldet, wären die Ver- handlungen zwischen England und Portugal, wenn auch weit boracidritión: doch noch nit auf dem Punkte an- gekommen, um ein Datum für die Unterzeihnung des Ab- tommens festsegen zu können; ' man hoffe jedo in nicht allzu ferner Zeit ein günstiges Resultat zu erzielen.

Die Parlamentsverhandlungen bieten nah der Erledigung der Helgoland-Bill nur wenig von hervorragendem Interesse. Obwohl den Abgeordneten im Hinblick auf den Wiederzusammentritt d:s Parlaments im Spätherbst ein bal- diger Schluß der Session nur erwünscht sein muß, nimmt die Kommissionsberathung der Lokalbesteuerungsvorlage, welche Bestimmungen über die Verwendung des Erträgnisses des Zuschlagszolles auf Bier und Spirituosen betrifft, nur einen sehr langsamen Verlauf.

In Pembroke lief am Dienstag der neue gedeckte Kreuzer „Pearl“ vom Stapel. Das Stif, welches 2575 Tonnen Wasserverdrävgung und Maschinen von ins- gesammt 7000 Pferdekräften besißt, wird mit 8 36-Pfündern und 8 3pfündigen \s{hzaellfeuernden Geshüßen und sonstigen Maschinenkanonen ausgerüstet werden.

Der Gemeinderath der City hat beschlossen, die Gehälter der City-Polizisten um 15 Proz. zu erhöhen. Die Schußmannschaft der City zählt §49 Offiziere und Mann- schaften. Das Polizeibudget der City steigt durch diese Be- waurg von 74589 Lstrl. auf 85 777 Lstrl. Zum Chef der City-Polizci wurde, an Stelle des wegen Alters in den Rube- stand getretenen Obersten Sir James Fraser, der bisherige Ober-Superintendent Oberst Henry Smith, welcher shon seit einiger Zeit die Funktionen des Chefs wahrgenommen hat,

gewählt. Frankreich.

Paris, 31. Juli. (W. T. B.) Der Senat hat die Berathung des Zuckersteuergeseßes auf nähsten Sonn- abend festgeseßt.

Das Manöver-Geshwader is, wie der „Temps“ meldet, gestern in Cherbourg aufgelö # worden. Eine Abtheilung des Mittelmeer-Geshwaders soll sich nah Spezzia zur Begrüßung des Königs Humbert begeben.

Rußland und Polen.

St. Petersbu rg, 30. Juli. Zur bevorstehenden An- kunft des Kaisers Wilhelm in Reval werden sih, wie die „Now. Wr.“ berichtet, das große Uebungsgeschwader der Ostsee, das Skärengeshwader, das Geschwader der Marine- schule und mehrere neue, auf Probefahrt befindlihe Schiffe auf der dortigen Rhede versammeln.

Spanien.

(W. T. B.) Der diesseitige Bot- raf Rascon hat seine Entlassung

Madrid, 30. Zuli. schafter in Berlin eingereicht.

Belgien.

_ Brüssel, 30. Juli. (W. T. B.) Der Senat hat mit 53 Stimmen den Geseßentwurf, etreffend die Congo- Konvention, angenommen. 3 Mitglieder enthielten fichG der Abstimmung. f

Ganz Belgien rüstet sih, wie man der „Wes.-Ztg.“ schreibt, dem Deutschen Kaiser einen ebenso glanz- vollen wie herzlihen Empfang zu bereiten. „Der König wünscht ausdrücklich einen grandiosen Empfang und leitet selbst alle Maßnahmen. Schon heute darf man sagen, daß keinem ausländishen Monarchen bisher Seitens Belgiens so große Ehren erwiesen worden sind. Der Bahnhof, alle Schleusen und Landungs- stellen werden neu bemalt; ganz Ostende und beide Estacaden werden mit deutschen und belgischen Fahnen geshmüdckt. Zwei festlih geshmüdckte Postdampfer begleiten des Kaisers Yacht „Hohenzollern“. Der König selbst hat sein altes Schloß bezogen und überläßt das ganze Königliche Landhaus am Strande dem Kaiser, dem Prinzen Heinrich und dem Kaiserlichen Gefolge. Das Landhaus ist prächtig ausgestattet worden. Nachmittags findet im Kurhause unter Mitwirkung der Kapelle des Guiden-Regiments und des Brüsseler Gesangvereins „Artisans Réunis“ ein Concert statt. Nach Beendigung des Dae im Stadthause, an welchem die Bürgergarde die Wacht hat, findet eine glänzende Beleuchtung, ein Feuerwerk am Strande und ein Zapfenjtreih statt, an welhem die Militärkapellen aus Ostende, Brüssel, Antwerpen, Brügge, Gent, Tournai und Ypern mitwirken werden kurz, es wird Alles aufgeboten, um den Erlauhten Gast würdig zu feiern und von den freundschaftlihen Gefühlen Belgiens für Deutschland beredtes Zeugniß abzulegen. Der belgishe Staat, der König und die Stadt Ostende tragen die Kosten des Empfanges, aber mit frohen Herzen.“

Schweden und Norwegen.

(F) Stockfholm, 29. Juli. Der Kronprinz reist am Donnerstag Abend von hier nah Deutschland, um seiner Familie einen Besuch abzustatten ; die Rückehr Sr. Königlichen Hoheit dürfte Mitte nächsten Monats erfolgen.

__ Marine - Direktor Pihlgren und Major Gagner sind gestern von Malmö nach Trelleborg abgereist, um als Delegirte der {wedishen Regierung in Gemeinschaft mit den deuts hen Delegirten Geheimem Baurath Oberbeck und Baurath Dresel die Trelleborgbahn Behufs der beabsichtigten Verbindung zwischen Trelleborg und Saßnißt auf Rügen zu besichtigen.

Dänemark. _ Kopenhagen, 30. Juli. (W. T. B.) Der Kronprinz ist heute Abend nah Gmunden abgereist.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 30. Zuli. Präsident Harrison ließ, wie „W. T. B.“ meldet, dem Kongreß eine Botschaft zugehen, in der er auf die Vortheile hinweist, welhe den Lotterie--Agenten dur die Pos geboten werden. Der Präsident bezeihnet die Benugßung der Post zu so!hen Zwecken als eine Herabwürdigung der Verkehrsanstalt, welhe nur geseglihen Handelszwecken zu dienen bestimmt sei. Er beantragt geseßgeberische Ma regeln, durch welche die Postverwaltung in den Stand gesetzt werde, die Lotteriekorrespondenz von der Postbeförderung auszuschließen.

Senat brahte Plumb gestern bei der Tarif- debatte ein Amendement ein, welches bestimmt, daß in allen Fällen, wo die Fabrikation einheimishcr Artikel, die mit importirten Artikeln derselben Art konkurriren, von einer ein- zelnen Gruppe oder Firma beherrscht wird und diese somit ein willkürlihes Vorrecht besißt, die Jmporteure solcher kon- kurrirender Artikel und Waaren nur die Hälfte des geseßlih festgeseßten Einfuhrzolles entrichten sollen.

Argentinien. Buenos Aires, 31. Juli. Jn Folge der Unterdrückung des Aufstandes dur die Regierung ist, wie „W. T. B.“ meldet, überall Beruhigung ein- getreten. Die Börse sowohl wie die Geschäfte haben ihre ge- wohnte Thätigkeit wieder begonnen. Nach einem Telegramm des „R. B.“ wären auf Beshluß der Kammer alle Zah- lungsverpflihtungen für die Dauer eines Monats suspendirt worden. -

Nach einer bei Lloyds in London eingetroffenen Depesche aus Buenos Aires haben die Schiffe im Hafen durch das Bombardement keinen Schaden erlitten.

Jubiläumsfeier der Königlichen Thierärztlichen Hochschule.

Heute Mittag um 12 Ubr fand in der Aula der Thierärztlihen Hochschule die offizielle Feier des hundertjährigen Bestehens der Anftalt ftatt. Der prächtig renovirte festliGe Raum war reich geschmüdckt. Ueber der Rednertribüne hing, mit Purpur noch verhängt, das Bild des Kaisers, das, von Seemann’s Kürstlerhand gemalt, die Jubelgabe Sr. Majestät bildet. An der Langwand hatte die gleihfalls noch verbüllte Ehren- tafel der preußischen thierärztlihen Vereine ihren Play gefunden. Auf einer langen Tafel zu Füßen der Tribüne war ein Theil der Ekbreygaben ausgestellt, die aus Anlaß der Feier aus allen Theilen der Welt eingegangen waren. Be- sondere Beachtung fanden jene herrlihen japanischen Vasen, welche mit einer japanischen, von Dr. Katouschima unterfertigten Adresse von der Kaiserlich japaniscen Landwirthschaftée- und Forstakademie zu Tokio eingegangen waren. Von verschiedenen Gelehrten, die der Jubel- anstalt nahe stehen, waren die neuesten Werke gewidmet und auf der Tafel ausgelegt. Zu Seiten der Tribünen hatten die Studenten mit ihren Fahnen und Bannern Aufstellung genommen. Eine zablreihe hoc&ansehnlihe Gesellschaft hatte sich zur Theilnahme an der Feier eingefunden: voran der Staats-Minister Dr. Freiherr Lucius von Ballbausen mit dem Geheimen Ober-Regierungs- Rath Beyer, für tas Kultus-Ministerium der Ministerial-Direktor de la Croix mit dem Geheimen Ober-Regierungs-Rath Althoff, für das Kriegs-Ministerium der General-Major von Treskow; für das Militär-Medizinalwesen war der General-Stabs zt Dr. von Coler, für die militärärztlihen Bildungsanstalten der Generalarzt Graßnick, iúr die Universität der Rektor Professor Hinshius und der Dekan der medizinishen Fakultät, Professor Bardeleben, er- shienen. Au die übrigen Hochschulen waren vertreten. Die Stadt batte die Stadträthe Marggraff und Schäfer und die Stadtverordneten Spinola und Mießner entsandt. Dec Kirchenchor von St. Nikolai und Marien unter Leitung des Musik-Direktors Krause eröffnete den weibevollen Akt mit dem Gesang des 90. Psalms in der Mendels- sohn’\chen Komposition.

Dann betrat der derzeitige Rektor der Anstalt, Professor Schü d als Festredner die Tribüne. Wir ftehen, so begann er, am Slusie eines Arbeitsjahrs ; in nähfter Nähe winken uns die Som- merferien mit ihren Ausflügen, die uns an die Gestade des Meeres, auf hohe Bergesgipfel führen. Auch wir befinden uns heut auf stolzer Höhe, wir, die wir in gehobener Festesstimmung

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L E u A ald cut bie dr Sg der Thierärztlihen Ho e, un en zurück auf die ein Jahr- hundert dabaffende Entwicklung dieser Pflegstätte der Veterinär- medizin. Auch wir können, wie der Wanderer im Gebirge, Strecken wahrnehmen, wo nur ein mübsames Fortschreiten stattfand, andere, wo das Gedeihen der Anstalt geradezu gehemmt war, wo es mit ihr abwärts ging, Zeitläufte, wo den sie leitenden Persönlibkeiten ein rechtes Zielbewußtsein fehlte, Perioden endli, wo sie ras, fröhlich, stetig emporblühte. Ein solher Rückblick erweckt naturgemäß in Allen, die an dieser Entwicklung mitgearbeitet, ein freudiges Gefühl stolzer Genugthuung, aber er enthält auch eine Aufforderung zu dankbarer Ergebenheit gegen den Höchsten, der sichtbar seine segenspendende Pans über unsere Anstalt gehalten, und zugleich eine renge Mahnung

uns vereinigt haben zur

ür Lehrer und Lernende, nicht im Streben nachzulassen, sondern weiter zu wirken, im Trachten nach Erkenntniß der Wahrheit, in ange- strengter, wifsenschaftliher Arbeit. „Nur dem Ernst, den keine Mühe bleihet, rauscht der Wahrheit tiefversteckter Born.“ Der Redner gab nunmehr eine eingehende Uebersiht der Hauptpunkte in der Entwickelung der Thierarzneishule, der jegigen Thierärztlihen Hobshule: „Mit zwei Professoren ward die Anstait eröffnet, heute wirken daran 10 ordentlihe und 6 Hülfslehrer. 1809 war die Zahl der Zöglinge bis auf 14 herabgesunken, in diesem Sommer wies das Album 289 Civilstudirende, 112 Militäreleven und 30 Hospitanten, im Ganzen also 531 Namen auf. Nicht eine ungesunde, unnatürlihe, durch künstlihe Mittel ins Leben gerufene Entwickelung ist es gewesen, fondern eine gesunde, normale Aus- und Weiterbildung der id möôcte sagen angeborenen Anlagen, eine raturgemäße Pflege ursprünglih vorhandener Keime, ein Aufblühen, das mit ge- rechtem Stolz und freudiger Genugthuung erfüllt.“ Der Redner gedachte dann anerkennend der Männer, die Gärtnern glei „voll Hoff- nung vertrauten der Erde den goldenen Samen“, die das Gedeibßen des zarten Pflänzchens Üüberwachten und zur Blüthe brachten. «Allein eins dürfen und wollen wir nit vergessen: Wie die Pflanze niht gedeihen kann ohne des Himmels Segen, so bedurfte au die Thierärztlihe Hobschule zu so glänzender Entwickelung einer von höherer Stelle kommenden Unterstüßung. Zu allen Zeiten haben die Hoberzollern ihren Stolz darein gesest, die Wissenschaft und ihre Pflegstätten nah Msglichkeit zu fördern und zu heben und die Thierärztlihe Ho&schule, wie sie dem Gnadenakt eines Hohenzollern ibre Entstebung verdankt, so hat sie fort und fort im Laufe des jctzt verflossenen Jahrhunderts bis auf den heutigen Tag si einer besonderen Fürsorge und des lebendigsten Interesses aller unserer Herrscher ohne Ausnahme erfreuen dürfen. In dem lebhaften Gefühl unterthänigen Dankes, welches in diesem Augenblick unser aller Seelen in gleiher Weise erfüllt, fordere ih Sie auf mit mir einzustimmen in den Ruf: Unser Allergnädigster Kaiserlicher Herr, König Wilhelm der Zweite lebe boch! und abermals hoch! und zum Fac Male hoch!* Begeistert fimmte die Versammlung in den uf ein,

Nachdem der patriotishe Jubel sih gelegt batte, ergriff der Minister Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen das Wort: Die Thierärztlihe Hochschule hat si, so ungefähr führte der Minister aus, wie wir soeben gehört haben, aus bescheidenen Anfängen im Laufe eines Jahrhunderts zu der bedeutenden, alle Zweige der eins{chlagenden Wissenschaften umfafsenden Anstalt entwickelt, deren Jubelfeier wir heute begehen. Ursprünglih bestimmt, ein ärztlihes Personal zu erziehen, welches die Schäden der im Lande wüthenden Thierkrankheiten heilen, welches insbesondere den Pferdebestand des Königlichen Marstalls und der Armee mit tüchtigen Hufshmieden versehen sollte, hat die Anftalt nicht nur das Studium der Heilung von Krankheiten gepflegt, sondern vor Allem auch die Ergründung der Ursachen ihrer Entstehung sih zur Aufgabe gemacht, um den Aus- brüchen und der Weiterverbreitung \{ädliher Epidemien zu begegnen. Man sieht überhaupt heut zu Tage den wirksameren Theil der ärztlichen Wissenschaft und der öffentlihen Gesundheitspflege für Mens und Thier nit sowohl in der Heilung, als in der Verhütung des Entstehens und der Weiterverbreitung von Krankheiten. Wenn auch gerade dieser Zweig der prafktischen und wissenschaftlihen Thätigkeit der Heilkunde weniger bemerkbar und offenkundig in die Erscheinung tritt, wenn wir auch noch weit davon entfernt sind, diese Ziele immer sicher zu er- reihen, wie die weite Ausdehnung von Seutben gerade in den leßten Jahren darthut, so sind wir doch in der Lage, auf positive téatsächlihe Erfolge in dieser Beziehung hinweisen zu können. Obschon in unferem östlihen NaWbarlande an der über 100 Meilen langen Grenze Rinderpest, Schafpocken, Follwuth kaum jemals erlöschen, so sind wir doch, Dank der energischen Durchführung veterinär-polizei- liher Maßregeln, seit einer langen Reihe von Jahren von größeren Invasionen von Rinderpest ganz verschont geblieben, und vereinzelte Einshleppungen sind mit Erfolg lokalisirt und unterdrückt worden. Die Swafpocken find erloschen, seitdem troß des Widerspruchs der einhcimishen Anhänzer der Shuß- impfung dieselbe verboten is. Die Tollwuth kommt, wie die statistishen Erhebungen nahweisen, in immer mehr verringertem Grade vor und vereinzelter, je weiter von der Oftgrenze. So \&üßt Deutsch- land nit nur si, fondern auch die westlihen Nachbarstaaten, als eine Art Sicerheits8zone, vor jenen gefährlichen Invasionen. Wenn man sich vergegenwärtiat, we!che ungeheuren Werthe in den heimischen Viehbeständen repräsentirt find, so wird man zugeben, daß die Verdienste, welche Wissenshaft und Praxis hier leisten, niht un- bedeutende sind, daß die darauf verwandten Kosten eine verhältniß- mäßig niedrige Versicherungéprämie darstellen und daß die Belästi- gungen, welche dur den öffentlihen Veterinärdienst dem Viehbesiger auferlegt sind, füglih ertragen werden müssen. Die Bedeutung der Thierhecilkunde is daher auch in Preußen \chon frübzeitig und in steigendem Maße anerkannt worden, Wie König Friedrich Wilhelm 11. die Thierarzneishule, seiner Zeit wvoraneilend, begründet, so haben seine Nachfolger auf dem Throne diese Anstalt mit immer reiheren Mitteln ausgestattet und ihre Privilegien er- weitert, so daß jeßt die Thierärztlihe Hochschule als eine fast gleich- berechtigte Schwester neben der medizinischen Fakultät der Universität steht. Dieselben Professoren wirken zum Theil an beiden Instituten, und neuerlich fteht in Ausficht, daß au die Studirenden dieser Hoch- \chule zum Besue der Vorlesungen der Universität zugelassen werden. Auch des jetzt regierenden Kaisers und Königs Majestät interessirt Sih, wie Seine erlauchten Vorfahren lebhaft für die Hohschule, und hat Allerhöchstderselbe mih zu beauftragen geruht, Seine warmen Glückwünsche zur heutigen Feier zu über- mitteln und ihr ferneres Gedeibhen und Blühen zu wünschen. Um auch ein sihtbares Zeihen Seiner Huld und Gnade zu gewähren, hat Se. Majestät geruht, Sein Bildniß der Anftalt zuzueignen, das biermit zu überreihen ih die Ehre habe (die Hülle fällt), Se. Majestät haben ferner geruht, fol-

ende Gnaden- und Chrenbeweise an Professoren und Beamte der nstalt zu verleihen: dem derzeitigen Rektor, Professor Dr. Shüt den Kronen-Orden dritter Klasse, dem Professor Müller den Charakter als Geheimer Regierungs-Rath, den Professoren Dr. Munk und Dr. Möller den Rothen Adler-Orden, dem Portier Neue und dem Hausdiener Gottschalk das Allgemeine Ehrenzeichen. Indem ich diese wohlverdienten Auszeihnungen und Gnadenbeweise bekannt gebe, bin ich gewiß, daß sie ein weiterer Antrieb sein werden für die Anftalt und für die jeßigen und künftigen Träger dieses müßevollen Berufs, zum Nutzen des Vaterlandes thatkräftig, selbstlos und treu ihre Pflicht zu erfüllen.“ : E

Nachdem der Rektor, Professor Shüÿ dem Minister mit tiefgefüblten Worten gedankt hatte, folgten die Ansprachen der Deputationen. Für den Kriegs-Minister sprach General-Major von Treskow, für die Stadt Berlin Stadtrath Marggraff, für die Technische Deputation für das Veterinärwesen Professor Virhow, für das Reichs-Gesundheitsamt Regierungs-Rath Roeckl, für die Charité Geheimer Ober-Regierungs- Ratv Spinola. Die Glückwünsche der Akademie der Wissenschaften überbrahte der ständige Sekretar, Geheime Rath Curtius, die der Universitä: proiefor inshius. Für die Technishe Hochshule über- reihten die Professoren Hauck und Dobbert, für die hiesige Landwirth- \chaftlihe Hochschule der Rektor Professor Wittmack, und der Depar- tements-Thierarzt Scheel Adressen; au die Berg-Akademie und die

Forft-Akademie zu Eberswalde geda{ten dts Tages. Es folgten nun- mehr die Ansprachen der Deputationen der LThierärztlihen Hochs(ulen. Dänemark wurde dur die Professoren Bang und Kragge, Frankrei durch Chauveau-Paris und durch Rocard und Arloin aus Alfort, Oesterrei durch Professor Kayser-Wien, Rußland durch Professor Semmer-Dorpat, die Schweiz durch Professor Berdez-Bern, Japan durch Dr. Katoushima vertreten. Für die hannoverishe Hochschule überbrahte Geheimer Rath Damann, für Dresden die ne Ellenberger und Siedamgroßki, für München Professor Feser, für Stuttgart Rektor Frier und für Gießen Professor Eihbaum Adressen.

Im weiteren Verlauf der Feier sprachen noch die Vertreter des deutshen Veterinärraths, die Delegirten der niht preußischen Vereine, Professor Efser-Göttingen, der Namens der Central- vertreturg der preußishen Vereine die {on erwähnte Gedenk- tafel überreichte, sowie Stud. veterin. Marks als Wortführer der Studentenschaft. Jknen Allen erwiderte der Rektor mit kurzen Worten Dann \{loß der Gesang des 100. Psalms die Feier, der au der Polizei-Präsident von Richthofen, Professor Anton von Werner, Profefsor Meyerheim u. A. beigewohnt hatten.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Das gesetzliche Pfandrecht des Vermiethers an den Illaten des Miethers wegen Forderungen aus dem Miethsvertrage erstreckt sich, nah einem Urtheil des Reich8gerihts, 111. Strafsenats, vom 28. April 1890, in den Geltungsbereihen des Preußishen und des Gemeinen Retts und insbesoudere im Hamburger Rechtsgebiete au ch auf die eingebrahten Sachen des Miethers, wel ce nach §8. 715 C. -P.-OD. der Zwangsvollstreckung niht unterworfen sind

Sind in einem Wohnungs-Miethsvertrage neben der Ver- miethung noch Leistungen anderer rechtlicher Art (beispiels- weise bei der Vermiethung eines möblirten Zimmers auch tas Früh- stück für einen Gesammtpreis) übernommen, so geht, nah einem Urtheil des Reich8gerichts, II1Î. Strafsenats, vom 28. April 1830, deshalb der Vermiether seines geseßlihen Pfandrechts an den Illaten des Miethers nicht verlustig.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenbahn- Verwaltungen.

Bu der, wie {on telegraphisch kurz gemeldet, am 30. d.,, Vor- mittags, in der Aula der Technishen Hochschule zu Dresden be- gonnenen Generalversammlung des Vereins deutsher Eisenbahn- Verwaltungen war der Staats-Minister von Thümmel, welcher s gegenwärtig auf Urlaub befindet, zur Begrüßung der Mitglieder nah Dresden gekommen. Die betheiligten Eisenbahn: Verwaltungen, zu welchen außer den deutshen Staats- und Privatbahnen und den österreihish - ungarishen auch niederländishe, belgische und l[luxemburgishe Bahnen gebören, sind, dem „Dresd. Journ.“ zufolge, zahlreid vertreten. Die Präsenzliste führt 45 Per- sonen auf. Von den preußishen Staatsbahnen mögen die räsidenten Dieck aus Elberfeld, v. Guérard aus Frankfurt a. M.,,

bpermann aus Köln, Kranold aus Breslau, genannt sein ; ferner sind anwesend Oberst Frhr. von Rössing, Commandeur des 2. Eisenbahn- Regiments, der General-Direktor der bayerishen Staatsbahnen Swhnorr von Karolsfeld, der Präsident der österreihishen Staats- eisenbahnen Freiherr von Czedik 2c, während von der General- Direktion der sächsischen Staatseisenbahnen die Hrrn. General-Direktor Hoffmann und Geheimer Finanz-Rath von der Planiß an den Kon- ferenzen theilnehmen. Die reichhaltige Tagesordnung umfaßt

Punkte, meist geschäftlißer und technisher Natur; von allgemeinem Interesse sind für das reisende Publikum: a. Punkt 2: Antrag der vormaligen Direktion der I. ungarisch-galizishen Eisenbahn auf Uebertragung der bei der Mebrzahl der ungarischen Bahnen bestehenden Einrichtung der Kilometer-Werthmarken auf den Verein. Die Ksniglibe Eisenbahn-Direktion Frankfurt a. M. ist berihterstattende Verwaltung. Ferner sei hervorgehoben Punkt 4) Antrag der General-Direktion der Großherzogli badischen Eisen- bahnen auf Aenderung der Bestimmungen über die Ausgabe von zusammenstellbaren Fahrscheinheften, Fahrtunterbrechung betr. (Bericht- erstattung: die Antragstellerin) und endlih Punkt 14) Autrag der Direktion der Königlich ungarishen Staats-Eisenbahnen auf Ein- führung einer einheitliGen Eisenbahnzeit im Bereiche des Vereins aier Eifenbahn-Verwaltungen. (Berichterstattung: die Antrag-

ellerin.

Wie „W. T. B.* von heute meldet, wurde die Einführung einer einheitlihen Eisenbahnzeit im Bereich des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen von der Generalversammlung auf Antrag der Direktion der ungarishen Staatseisenbahnen angenommen. Die Einführung erfolgt mit dem nächsten Sommerfahrplan. Im weiteren Verlauf der Berathungen wurde der Entwurf neuer Grund- züge für den Bau und die Betriebseinrichtungen der Nebeneisen- bahnen und Lokaleisenbahnen genehmigt und bis Mittag die Tagesordnung erledigt. Als Ort für die nächste ordentlihe Vereins- versammlung ist Hamburg bestimmt worden.

Internationaler Binnenshiffahrts-Kongreß.

Die vier Abtheilungen des in Manchester tagenden Internatio- nalen Binnenschiffahrts- Kongresses begannen am 29. d. ihre Arbeiten. Es wurden Abhandlungen über verschiedene Kanäle in England und auf dem Kontinent verlesen und diskutirt, In Sektion B schilderte Hr. Franzius aus Bremen gewisse Verbesserungen, die gegenwärtig in der Weser zwishen Bremen und Bremerhaven vorgenommen werden. In Sektion C legte Professor S@&lichtirg aus Berlin den Beritt der von dem Kongreß, welcher 1888 in Frankfurt a. M. tagte, ernannten internationalen Kommission für die Verbesserung der Binnen- \hiffahrts-Statistik vor. Ungeachtet verschiedener Einwürfe Seitens Mr. Bateman's, Chefs der Handelsabtheilung des Handels- amts, wurde der Bericht im Prinzip mit 33 gegen 1 Stimme genehmigt.

Land- und Forftwirthschaft.

Die jeßt im Gange befindlihe Untersuchung der Wein- berge in der Lößniy hat, wie dem „Chemn, Tgbl.“ aus Dresden geschrieben wurde, leider die Thatsache ergeben, daß die Reblaus keineswegs vershwunden ift; man hat dieselbe neuerdings in solhen Bergen gefunden, welche bisher davon frei waren. Außerdem ist die Reblaus in andecen Bergen von Neuem angetroffen worden, in denen sie bereits früher hauste, wo man sie aber beseitigt zu haben glaubte. Sämmtlihe Reblausheerde sind mit Einzäunungen versehen und von dem Betreten abgesperrt worden. Auch in den Weinbergen bei Vallières ift, wie die „Köln. Ztg.“ aus Metz erfährt, die Reblaus wieder aufgefunden worden. bwohl die Ge- hülfen des Reblaus-Kommissars dort erst seit acht Tagen wieder in Thätigkeit sind, ift es ihnen doch \{on gelun en, die Phylloxera auf 4 Rebstöcken nachzuweisen. Die angesteckten Hläcen a hart an jene Felder, welche in den vergangenen Jahren desinfizirt worden

sind, weil die Reblaus auf ihnen sich angesiedelt hatte.

Erntebericht des österreihishen Ackerbau-Ministeriums nah dem Stande vom 24. Juli 1890.

Die Roggenernte kann im Allgemeinen als eine gute in den Ländern der mittleren und südlihen Zone und als eine gut mittlere in den Ländern der nördlichen Zone bezeihnet werden. Besonders befriedigt die Strohmenge, dann auch die Qualität der Körner, ob- wohl es sehr viel Lagerfruht giebt. Minder befriedigend dürfte wegen des ziemlich häufigen Vorkommens s\{hartiger Aehren die Scüttung ausfallen, welcher Uebelstand aber durch die Länge der

Aehren und die gute Entwickelung der Körner theilweise auf- ehoben erscheint. Weizen, dessen Ernte in der mittleren one bereits im Zuge is, in der nördlihen demnächst be-

vorsteht, hie und da auh \{on begonnen wurde, verspricht im Allge-

meinen etwas weniger als Roggen, immerbin jedech ebenfalls Ernten über dem Mittel, speziell in den Alpen- und Karstländern min- destens gute Mittelernten. Lagerfrubt war noch Häufiger als beim Roggen, und die Qualität der Körner wurde ziemlich häufig durch Roft, weniger häufig durch Brand geschädigt. Doch gilt dies keinesfalls für die Mehrzahl der Ernten. Die gelbe Halm- fliege (Chlorops taeniopus) und die Af ensege (Cecidomyia destruc- tor) shadeten in einigen Gegenden Böhmens, erstere au in S(lesien und West-Galizien. Die Gerstenernte, mit jener des Weizens durchschnittlih ziemlih gleihen Schritt baltend, liefert, beziehungs- weise verspriht im großen Durchschnitt in demselben Grade be- friedigende Ernten wie der Weizen ; Lagerfrucht und Rost kamen auch bei der Gerste bäufig vor, und demna zeigen sich auch bezüglich der

Qualität der Körner große Verschiedenheiten, immerhin aber sind die

Klagen über geringe Qualität verhältnißmäßig nicht zahlrei. Hafer,

dessen Ernte nur in der südlihen und in sehr wenigen Gegenden der

mittleren Zone begonnen wurde, hat si zumeist etwas gebessert und sind die Ernteau®ssihten kaum geringer als jene bei der Gerste, somit ebenfalls mittlere bis gut mittlere Ernten in der nördlichen Zone, ut mittlere bis gute in den Alpen-' und Karftländern zu erwarten.

Nur die Unterschiede im Stande sind beim Hafer größer als bei ‘dem

übrigen Getreide, indem häufigeren Nachrichten über vorzüalichen

Stand auch sole über ganz s{lechten gegenüberstehen. Dem Mais

kamen die heißen Tage besonders zu ftatten, und Hat derselbe

endli entsprehende Fortschritte gemaht, nachdem er wenigstens in den Alpen- und Karstländern lange zurückgeblieben war.

In leßterem Lande is der Kolbenansaß zumeift reihlich und kräftig. Sein Stand befriedigt ziemlich allgemein, theilweise in hohem Grade,

mit Ausnahme von Tirol, in dessen nördlibem Theile der am 12. und

13, d. M. gefallene Snee und in dessen südlichem Theile die Etsch-

Üeberschwemmung bedeutend s{adetcn. Ueber den Stand der Hülsen -

früchte liegen beinabe auës{ließlich recht erfreulihe Nachrihten vor ;

Betreffs Hirse sole über guten und mittleren Stand aus Mähren, über mittleren aus Böhmen. Der Abdrush der Rapsernte liefert sehr erfreulihe Ergebnisse, so daß die Ernte mit wenigen Aus- nahmen als eine gute in den Nordwestländern, als eine gute bis sehr gute in den Nordostländern bezeichnet werden kann. Die Kartoffeln stehen im Allgemeinen sehr s{chön, doch zeigen sch \chon an vielen Orten die Spuren der Peronospora infestans. Ueber den Stand der Zucker- sowie der Futterrüben ift fast nur Erfreulihes zu berihten. An sehr vielen Lagen läßt deren Stand kaum etwas zu wünschen übrig. An manchen Orten i jedoch Wurzelbrand. Die Heu - Ernte in den Ebenen und Tiefthälern ist beendet; das Ergebniß war quantitativ großentheils sehr befriedigend, qualitativ, soweit nur die Berichtsperiode in Betracht kommt, häufiger gut als \{chlecht. Aus der Znaimer Gegend wird berichtet, daß die Heu-Ernte als die beste in diesem Jahrhundert bezeichnet werden darf. Das Grummet wächst freudig nach und wird in der mittleren und südlihen Zone theilweise {hon gemäht. Die Alpenweide geftaltete sich bis circa 14. d. M. im Allgemeinen fehr un- günstig, der Auftrieb konnte auch zumeist erst später als gewöhnli stattfinden. Dem Hopfen {eint der rasche Temperaturwec{sel nicht günstig gewesen zu sein. Derselbe zeigt sich nun in manchen Gegenden Böhmens, ebenso wie in Galizien von Insekten und Krankheiten be- fallen. Au die im Zuge befindlihe Ernte des Frühhopfens in Steiermark befriedigt wenig. Die Aussihten bezüglih der Wein- lese erscheinen was herabgestimmt, theils wegen häufigen (Ausêreißens) Abfallens der Beeren, theils wegen Ueberhandnahme der Tortrix uvana, endlich wegen Ausbreitung der Peronospora und des Oidiums, welche aber in den Südländern sowohl wie auch in Böhmen und Niederöfterreih, wo die Peronospora ebenfalls aufgetreten ist, durch Besprizung mit Kupfervitriol fleißig und großentheils mit Erfolg bekämpft wurden. Ein großer Theil der Nachrichten lautet jedo immer noch erfreulih, und ist eine mittlere oder gut mittlere Lese, mit Ausnahme Böhmens, noch immer zu erhoffen. In Triest er- wartet man eine fehr gute Lese. Bezüglih der Obsternte müssen die bisherigen ungünstigen Nachribten aufrecht erhalten werden. Nur einzelne Gegenden in den verschiedenen Ländern erfreuen sch guter oder doch mittlerer Obsternten oder Aussichten auf solhe, und auch dies meistens nur in Betreff einzelner Obstgattungen. Unter diesen erscheinen die Nüsse am meisten begünstigt.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Portugal.

Dur eine in Nr. 160 des „Diario do Governo“ vom 18. Juli 1890 veröffentlihte Verfügung des Königlich portugiesischen Mini- steriums des Innern ift der Hafen von Pernambuco seit dem 29. Juni d. I. für „rein“ vom gelben Fieber erklärt worden. (Vergl. Reichs- Anzeiger Nr. 151 vom 24, Juni 1890.)

Handel und Gewerbe.

Die „S{hles8w. Nachr.“ berichten über die Entdeckung eines größeren Braunkohlenlagers in der Nähe des Dorfes Kuden im Süderdithmarschen. Entgegen anderen Meldungen theilt das Blatt mit, dieser Tage würden bereits 50 Bergleute aus dem Westfälischen eintreffen, um die Vorarbeiten für einen regelmäßigen Bergbaubetrieb in Angriff zu nehmen. Das Lager soll eine Mäthtig- keit von 4 m haben und sich etwa eine halbe Meile weit erstrecken ; die Beschaffenheit der Kohle soll gut sein.

Leipzig, 30. Juli. (W. T. B) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr August 4,77} 4, pr. September 4,775 #, pr. Oktober 4,77} 4, pr. November 4,75 4, pr. Dezember 4,677 #. pr. Januar 4,60 4, pr. Februar 4,55 H, pr. März 4,55 #, pr. April 4,55 #, pr. Mai 455 #6. Umsay 170 000 kg. Fest. /

“_ London, 30. Juli, (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen- ladungen angeboten. i

31. Juli. (W. T. B.) Die Bank von England hat beute den Diskont von 4 auf 59% erhöht. i

Rom, 31, Juli. (W. T. B.) Ein Konsortium, „an welchem die Internationale Bank in Berlin, die Cassa di Risparmio in Mailand und die Banca Unione Italiana betheiligt sind, hat von der italienishen Regierung die für die Sanirung von Neapel be- stimmte IV. Serie der 5 % amortisablen Rente des Königreichs Italien im Betrage von 8617500 Lire übernommen, Die Emission ist für nächsten Monat in Ausfiht genommen. :

New-York, 29, Juli. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 6 646 256 Doll. gegen 6 025 670 Doll, in der Vorwoche.

Verkehrs - Anstalten.

mburg, 31. Juli. (W. T. B.) Der Poft dampfer ieland“ der eee Packetfahrt- iengesellschaft ist, von New-York kommend, gestern Abend

uf der Elbe eingetroffen. Der Postdampfer „Gothia*® derselben esellschaft ift, von Westindien kommend, heute 8 Uhr Morgens in avre eingetroffen.

London, 30. Juli, (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Merxican“ is heute von Madeira, der Castle - Dampfer „Havarden Castle“ auf der Ausreise von London abgegangen. Der Caftle-Dampfer „Warwick Caftle* hat heute auf der Ausreise die Kanarischen Inseln passirt.

Theater und Musik.

Wallner-Theater. Gestern Abend trat für das plötlich erkrankte Frl. Glöckner, welches an Stelle der bîs zum 12. August beurlaubten Therese Biedermann die „Nitouche“ spielen sollte, Frl. Emma Frühling, Chormitglied