1870 / 398 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Thal des Loir , dessen Nordrand mit einer großen Zahl alter Schlösser und Ruinen gekrönt ist. Vendôme hat fast 10,000 Einwohner und is Siß der Unter - Präfektur und eines Civil- Tribunals; bemerkenswerth find die Kirche de la Trinité, eine Kavallerie - Kaserne, Bibliothek und Theater. Beträchtlich sind die Lederhandschuh-, Watten- und Papierfabriken , sowie Ger- bereien und Färbereien. :

Longeau 1} ein kleiner Ori von 450 Einwohnern an einem Zusluß der Vingeanne, etwa 900 Fuß hoh, im Departe- ment Haute-Marne und 15 Meilen südli der Festung Langres gelegen. Diese selbs, mit 8300 Einwohnern, liegt zwischen der Marne und der Bonnelle; hat eine Citadelle und Wälle von fast %&“Meilen Umfang. Sie deckt die Bahn von Vesoul nach Chaumont, mit roelchec einige Meilen südöstlich der Festung die Bahnlinie von Basel-Besangon und die pro- jektirte Bahn von Dijon sich vercinen.)

Die I. Armee von Meh bis Rouen.

Die Arméëee hat am 5. Dezenibéx Rouen , die alke Haupt- stadt der Normandie , beseßt und damit in ihren Operationen einen gewissen Abschluß erreicht. |

Man mag sih im Vaterlande «in Tehter Zeit gewundert haben , so wenig oder gar nichts von dieser Armee zu hôren, von deren Dasein man ‘erst wieder durch ihr Auftreten bei Amiens und Rouen erinnert ‘wurde. Diese Stille und Ver- borgenheit war nothwendig, um dem Feinde über diesseitige Absichten keine Fingerzeige zukommen zu lassen , ihn in Unge- wißheit Über das Verbleiben dieser Armee zu erhalten, dadur zur Theilung seiner ‘Kräfte zu zwingen, wenn ‘er größere Land- striche ‘beseht halten wollte, und so wésentlih zu den Erfolgen beizutragen , welche jeßt die erste Armee unter Führung des ey ny der Kavallerie , Freiherrn von Manteuffel , errun- gen hat. :

Mar? wird die Schnelligkeit ‘der Operationen zu würdigen wissen, wenn man die Märsche verfolgt, welche die Armee seit dem 7. November zurückgelegt hat.

Nach dem Fall von Mey am 27. Oktober bestand die I. Armee aus dem 1. (General von Bentheim), VII, (General von Zastrow) und VIIL Armee-Corps (General ‘v. Goeben), dén Truppen des Generals von Senden (1. Jnfanterie- und 1.

Kavallerie: Brigade) und der 3. Kavalleric-Division unter Gene- |

ral Graf von der Gröben.

Qunäcbhst hatte diese Armee die schwierige und zeitraubende |

Aufgabe, die Evakuirung und den theilweisen Rücktransport der- 150,000 Gefangenen aus Met zu bewirken; der Traäñbport wurde schließlich in der ‘Art geregelt, daß die Landwehr - Trup- pen ‘der bisherigen Division Kummer den Transport in die Tien bewirkten, woselbst fie zur Bewachung verbleiben mußten.

Die fernere Aufgabe der Armee war nun: Mey fest zu halten, Thionville, Longnoy, Montmédy, Mézières und ‘theil- * weise Verdun zu belagern, resp. zu beobachten und dann gegen das nordwestliche Frankreich vorzurücken, um dort die fich von Neutem bildenden Streitkräfte der Gegend niederzuwerfen ; auch fand fich, daß die kleine Festung La Fère (4 Meilen nördlich von Soissons) die Eisenbahnen, die nur nüßlih werden konn- ten, derartig sperrte, daß ‘eine Wegnahme derselben durchaus erforderlich wurde, und auch diese Aufgabe fiel der L. Armee zu.

Diese umfassenden Aufgaben sind ‘in 28 Tagen (vom 7. November bis 5, Dezember) der Art gelöst worden, daß die

estungen. Thionville, La Fêre genommen, Montmédy cernirt, ongwy und Mszières “noch beobachtet , -ein Marsch von 60 Meilen zurückgelegt, die feindlichen Streitkräfte bei Amiens total’ geshlagen und auf Lille geworfen, der Feind vor Rouen in Folge der Niederlage seines überrcsschend angegriffenen linken &lügels nah allen Richtungen hin auSeinander gesprengt, Amiens mit seiner Citadelle, sowie Rouen beseht wourden, wo- durch der größte Theil deè-Picardie und Normandie, sowie alles Land zwischen Mosel und Somme längs der belgischen Grenze in deutschen Besiß gekommen is; außerdem wurden sämmtliche Ortschaften , welche von unseren Truppen passirt wurden, ‘nah Waffen abgesucht und dieselben vernichtet, so daß ein bewáffneter Aufstand im Rücken der Armee nicht zu be- sorgen bleibt. “Dem General von Tresckow fiel mit dem VII1. Armee-Corps, mit den Truppen des ‘Génerals- von Senden speziell die Auf gabe zu, Mey festzuhalten, Thionville zu belagern, #0 wie die genannten kleinen Festungen an der belgischen Grenze zu beob- achten resp. zu cerniren. : : Ferner mußten die Truppen des Generals von Gayl, welcher Verdun belagerte, verstärkt werden. Die Brigade Qgli- nigki (Regimenter 5 und 45) nebst einer Escadron ‘und eiñer Batterie wurden per Eisenbahn nach Soissons zur Belagerung von La Fère vorausgesendet.

Es blieben also zur Operation im freièn Felde nur zw unvollständige Armee-Corps und eine Kavallerie-Division übri von denen einige Tage darauf noch. die erste‘Division (Genergl v, 0 l zur Cernirung von Mé6zières ‘entsendet werden mußte.

Am 7- November trat die Armee- yon . Meß aus den Vor. marsch gegen Westen auf zwei Hauptstraßen an. Das erste Armee-Corps auf dem rechten Flügel verfolgte: dié Linte Bricy Spincourt - Damvillers- Dun sur Meuse -Buzertcy- Vouzièret. Rethel-Laon-Noyon. Das ate Armee- Corps auf. dem linken Flügel nahm seinen Rheims-Soissons-Compiègne.

Die 3. Kavallerie-Division, verstärkt durch Infanterie und Artillerie, wurde einige Tagemärsche- vorausgesandi, um die Gegend von Varennes und Clermont (den Argonner - Wald) aufzuklären und zu- beseßen, da dort Francs-tireurs-Banden die Gegend unsicher machen sollten; als das Gros der Armee heran: gekommen, marschirte die Division in engerer Vereinigung mit demselben weiter vor. Mit der“ Ankunft der Armee an der Maas traf auch der Fall von Verdun zusammen, womit ein schr wichtiger und shwer zu umgehender Straßenknotenpuntkt in unsere Hände fiel. i :

__Am 20. November errcihken die Têten dex Armee die

Oise-Linie bei Nöyon und Compiegne, während. gleichzeitig die Brigade Zaglinißki die Cernicung von La Före atiLgeführt hatte und im Begriff stand, die Festung zu bombardiren.

Während hier ‘die Armee zum Theil cinen Rasttag hielt, streifte die : Kavällerie-Division, verstärkt durch zwei Jäger: Bataillone und “Artillerie, gegen St. Quentin und Amiens, wodurch das Vorhandensein bedeutender Streitkräfte bei Amiens konstátirt wurde; auch lágen anderweitige Nachrichten vor, daß bei Rouen auch eine bedeutende feindliche Streitmacht vorhanden war. Um eine Vereinigung der- feindlichen Streitkräfte zu hintertreiben, wurde am 23. der Vormarsch auf Amiens Über Montdidier und Roye angetreten, während desselben fanden bereits fleine Gefechte dur unsere Vortruppen in der Gegend von Quesnel und Mézières statt. Am 26. wurde durch eine Avantgarde des VIII. Corps bei Thennes am Abschnitt -der Luce die Anwesenheit starker feindliter Kräfte ‘konstatirt, welche A Entschluß der . Gégnex Tündgäb@, fih vor Amiens zu

agen.

. Es ‘wurden daher zum 27. die nöthigen Anordnungen zum Angriff getroffen. Man wußte, daß der Feind Vorbereitungen zur. Vertheidigung dahin getvoffen hatte, daß er die Wege ver- hauen, ‘die Dorfschaften zur Vertheidigung eingerichtet Und mehr- fache - Feldbefestigungen angelegt hatte, die genaue Lage und Beschaffenheit indeß nicht genau békannt war... .- |

Während am 26. das VIIL Armee-Corps vollzählig war, bestand das I. Armee-Corps nur aus einer Infanterie-Brigade, einem Kavallerie-Regiment und der Corps-Artillerie, da die gegen M&zières detachirt gewesene 1, Infanterie - Division, welche dort durch das Detachement des Generals v. Senden inzwischen abgelöst worden war, erst in Begriff: siand, heran zu kommen, indem sie von Mézières über Reims nach Laon per Eisenbahn transportirt wurde, den weiteren Marsch ‘von dort aber über Noyon und Roye zu Fuß zurücklegen mußte; am folgenden Tage trafen zum Kampfe das Regiment Kron-

prinz und Nr. 41, sowie Kavallerie und Artillerie noch recht-

zeitig ein. Scchlacht von Amiens.

Am 27. Morgens trat auf dem linken Flügel das VIII, Armee - Corps den Vormarsch direkt auf Amiens in nördlicher Richtung an, warf den Feind, welcher hauptsächlich mit Jn- fanterie auftrat, von einem Abschnitt zum anderen zurück, wo-

bei mehrfachz Positionen durch unsere Truppen mit-dem Bayonnet

genommen wurden, auch das 9. Husaren-Regiment Gelegenheit fand, ein feindliches Marine-Jnfanterie-Bataillon zusammen zu hauen, und stand Abends mit seiner Tête eine halbe Meile vor Amiens, welcher Ort am folgenden Morgen beseßt wurde, nachdem der Feind seine Verschanzungen unter Zurücklassung des schweren Geschüßes verlassen und hauptsächlich in nördlicher Richtung zurückgewiesen war.

Das I. Armee-Corps auf dem rechten Flügel hatte die Höhen von Gentelles und Villiers Bretonneux zu nehmen, cs wurde bei seinem Vormarsch von cinem feindlichen Corps an- gegriffen, welches zur Deckung von Corbie, resp. der Eisenbahn auf Arras und Lille aufgestellt war; der Feind schlug sich sehr brav und leistete, als später auch hicr unsere Truppen zur Offensive Übexgingen, energischen Widerstand. Auch er zeigte vorherrscheid Jnfanterie, einige 20 Geschüße, aber keine Ka- vallerie, welche hier in dem mehr ebenen Terrain sehr gute Dienste hätte leisten können. _ Langsam und mit nicht unbe- deutenden Opfern schritten unsere Truppen siegreich vor; Nach- mittags, als der Kampf. \ch zum Ende necigte, fänd das brave

Regiment Nx. 44 Gelegenheit, eine starke feindliche Schanze

eg: über Etain-Verdun-Varenneêë-Suippes.

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bei Villers Bretonneux mit dem Bayonnet zu nehmen, wo- durch der Kampf hier entschieden wurde. Die 3. Kavallerie: Division unterstüßte das 1. Corps auf dessen rechtem Flügel durch einen kräftigen, umfassenden Angriff, wobei namentlich

Mrg,

die Jäger-Bataillone und die Artillerie in Thätigkeit waren.

Der Feind hatte also in hiesiger Gegend zwei Corps auf- gestellt gehabt, cines südlih Amiens, eines vor Corbie , deren Gesammtstärke über 40,000 Mann betrug; seine Truppen be- anden aus vielen Linien-Bataillonen, Mobilgarden und eini- en modbilisirten Nationalgarden. Er verlor durch diesen Kampf nachweislich über 3000 Mann, worunter 800 unverwundete Gefangene, so wie neun Geschüße und zwei Fahnen; in völi- ger Auflösung beweckstelligte er seinen Rückzug auf Arras und Lille. Der diesseitige Verlust betrug 1300 Mann und 79 Offiziere. 4

Am 28. zog sich die Armee näher an Amiens zusammen, die Stadt wurde beseßt; da indessen die Citadelle vom Feinde noch gehalten wurde, so mußte fie angegriffen werden. Ein kurzes Jnfanteriegefeht gegen dieselbe, wobei der Kommandant getödtet wurde , hatte den Erfolg, daß die Besaßung am fol- genden Morgen fkapitulirte; 11 Offiziere, 400 Mann, 30 Ge- hüge und bedeutendes Krieg8material fielen in unsere Hände.

Die Einwohner von Amiens, roelche Jeugen der Auflösung ihrer aus dem Kampfe zurükkehrenden Truppen gon waren, verhielten sih im Allgemeinen ziemlich entgegenkommend; nur cinige Beamte waren etwas störrisch und mußten erst durch energishe Maßregeln zur Vernunft gebracht werden. Der Präfekt, ein durch Gambetta oktroyirter, ehemaliger Hand- lungs - Commis, hatte fich ausF dem Staube gemacht. An seine Stelle wurde durch den General von Manteuffel der Armee - Intcndant Geheimer Rath Sulzer als Präfekt des Somme-Departements vorläufig eingeseßt.

Während dcs 29, und 30. wurde der. Feind durch stärkere Detachements in der Richtung auf Arras und Abéville ver- folgt und gleichzeitig die Armee zum Vormarsche auf Rouen formirt. Es ergab—\ich, daß der Feind- mit etrva 40,000 Mann noch die -Gegend östlich Rouen beseßt hielt; sofort bescbloß der General v. Manteuffel, ihn hier aufzusuchen, aus dem Felde zu chlagen und auch die Hauptsiadt der Normandie in Besiß zu nehmen, « Am 1. Dezember seßte die Armee ihren Marsch fort, nacbdem sie sich gegen die am 27. November ges(hlagene feind- lide Armee im Nücken durch Truppenaufstellungen sowie durch gründliche Zerstörung der zuführenden Eisenbahnen gesichert hatte. Das VIIIL. Armee-Corps nahm jet den rechten Flügel ein und ging über Poix , Forges und Buchy gegen Rouen vor; das l, Armee-Corps, welches inzwiswen den größten Theil sciner bisher fehlenden Truppen von Mézières und. La Fère her an sh gezogen hatte, bildete den linken Flügel und ging über Ailly , Breteuil, Marscille (Flecken im Departement Oise , süd- westlich von Amiens) und Gournay. Die äußersten Spißen des Feindes zogen bei unserer Annäherung eiligst aus Grand- villers und Songeons ab; wollte der Feind Rouen vertheidigen, s0 durfte man ihn hinter der Epte oder auf den Höhen von Buchy und südlich davon erwarten, wo ex vor sich ein tiefes, shwer zu forcirendes Thal hatte,

Am 4. erreichte der rechte Flügel , General v. Göben, zwischen Forges und Buchy ein feindliches Corps von etwa 30,000 Mann, welches hier zur Beobachtung aufgestellt war; ed versuchte Widerstand zu leisten, wurde aber mit diesseiiigem ganz geringem Verluste sofort aus mehreren Positionen gewor- sen und büßte außer vielen Todten und Verwundeten noch 11 Offiziere, 400 Mann unverwundete Gefangene ein. Unsere

Artillerie {oß eine feindliche Proße in die Luft, avancirte-und

nahm das zurückgelässene Geschüß weg. Um zu fonstatiren, ob der Feind ferner Widerstand leisten wolle und um den er- {öpften eigenen Truppen wenigstens cinige Ruhe zu verschaf- fen, wurde zum 5. eine Rekognoszirung angeordnet / das VIIT. Armee - Covps hatte dabei den Höhenrücken zu verfolgen, während das I, s{wierige Defilden vor sich hatte und. in dem bedeckten und ofkfkupirten Terrain vordringen durfte, Da General v. Göben den Feind schon in vollem Abzuge fand, so folgte er {nell , legte troß der Ermüdung der Truppen einen Rae Marsch zurück und besezte noch an demselben Tage

ouen, | Ï

Das 1. Armee-Corps rückte ebenfalls vor, indem es die weichenden feindlichen Abtheilungen gegen die Seine oberhalb Rouen hin verfolgte. D ,

Am 6. Dezember ‘wurde von beiden Armee-Corps eine siarke Besaßung nach Rouen gelegt. General von Manteuffel hielt Nachmittags seinen Einzug. Ae __ Die Einwohner verhielten sich auch hier ziemlich entgegen- Tlommend, man hört nichts von Zwistigkeiten oder Gewalt- thaten. An Stelle des hier- ebenfalls ‘entflohenen Präfekten

hat General von -Manteuffel den “Justiz-Rath Cramer ,. Corps- Auditeur des I- Armee-Corps, dazu ernannk.

Die weitere Bestimmung der Armee entzieht sih für jeßt der Mittheilung; einige Tage wohlverdienter Ruhe wird man ihr aber nah dem ununterbrochenen vierwöchentlichen Marsche wohl. gönnen müssen, Dann aber wird sie vielleiht Gelegen-

- heit finden, neue Lorbeeren zu erringen.

_ Weiter liegen vom Kriegs8schaguplaß folgende Nach- richten vor: i i “l

Ueber den unweit Sinn bei Herborn niedergefallenen pariser Luftballon ist der »Köln. ZJtg.« folgende Mittheilung aus Sinn zugegangen:

Gegen 1 Uhr sahen woir den etwa 80 Fuß hohen und 40 Fuß im Durchmesser großen Ballon in einer Höhe von einigen 100 Fuß über uns nach sltdlicher Richtung fliegen. Hoch erfreut, diesen erjteu Fang auf Deutschlands Boden hier einheimfen zu können, eilte ih mit circa dreißig Arbeitern aus der Maschinenfabrik der Herren Döring und Hoffmann, nah dem in der Flugbahn des Ballons 7 Stunde von hier gelegenen sogen. Mühlberg (Wald), - wo richtig. der Ballon mit seinen zwei Insassen auf einer Waldblöße zwischen hohen Bäu- men landete: Troß der größten Eile und nachdem wix nur noch 200 S(hritte von der Stelle entfernt waren, hatten die Franzosen die Gondel schon abgeschnitten und der Ballon ging vor uns wieder in die Höhe, Jh dachte sicher, einen Herrn der pariser Regierung in Empfang nehmen zu könner, doch so glüc- [ih sollten wir nit sein. Es waren zwei gewöhn!iche: pariser Kinder: der Luftschiffer und sein Gehülfe, etwas hungrig und frierend. Die Fracht bestand aus einem circa 5 Fuß langen, 2 Quadratfuß halten- den Briefsak mit Tausenden von Briefen, einem Handkoffex;, Scchwimmgürtel, Decken, einem Korb für Brieftauben, ihr Proviant aus einem Brod und einer Flasche Cognac und einigen Jastrumenten, Chronometern 2c. Unsre Arbeiter kamen einige Schritte früher, und als jene eine deuts{he-Antwort auf ihre Frage erhielten, nahm ihre Miene einen traurigen Ausdruck an. Den Briefsack hatten sie unmittelbar vor dem Niederfallen ausgeworfen; wodurch er aufplaßte, und war deshalv unsere nächste Arbeit, die gefangenen Boten aufzulesen, dann das Gepäck der Luftschiffer zu Übernehmen und diese selbst in mein: Haus zu esfkortiren. Sie waren 4 Uhr Nachts in Paris aufgestiegen, hatten wegen des Nebels8, wohl auch, weil sie sih auf. ihrer eigenen Karte nicht einmal gut zurehtfinden konnten, keine Ahnung davon, in Preußen zu sein, und waren schr exstaunt; als ih ihnen den Lan- dungspunkt andeutete. Eine Tasse Kaffe, die fie sih mit ihrem Cognac würzten, nahmen sie dankbar an, und nachdem sie sih eiae Stunde ausgeruht haiten, geschah die Ablieferung. an das Amt Herborn. QAwei cbenso große Briefsäke hatten die Luftschiffer \chon zwei - Stunden früher au8geworfen und werden- wohl \chon aufgefunden sein. Auch auf den Feldern sind Bündel Briefe aufgelesen worden. ! Hierbei die Ueberseßung eines Briefes: ;

Paris, 13. Dezember 1870. Es. lebe die: Republik! - r

Meine-guten und armen Freunde! Denkt an uns und beklagt uns , seit drei Todesmonaten leben wir nicht mehr, wir sind einge- \cklossen von diesen barbarischen Preußen. Dahin hat uns der Vex- räther von Sedan geführt. Zehn Seiten müßte ich haben , um alle unsere. körperlichen und geistigen Leiden zu \childern Unser armer Garten und unser armes Haus ist, wie-man uns sagt, geplündert und verwüstet, welh' Unglück betrifft uns! Da wollten wir in un- seren alten Tagen ausruhen. Wird diese Depesche Euch erreichen, ich übergebe sie der Ballonpost , möge Gott ihn beshüßen und die Lüfte auch , möge er nicht in die Krallen unserer grausamen Feinde fallen. C. ist freiwilliger Mobilgardist. Was wird aus uns noch werden? Es vergeht kein Tag, wo ich nicht: an Euch denke. Die Hungersnoth naht. Paris ist sehr traurig, aber voll Muth und Energie. Die Loire-Armee naht. Gott {üße Frantreih! Es lebe die Republik!

Französischerseits sind vom Kriegs8shauplay fol- gende Nachrichten eingegangen : i |

Gambetta hat die Bildung eines Regiments Gens®8d'armerie bei jeder Armee angeordnet. Der Chef der Gens®d'armerie steht unmittelbar unter dem Kriegs-Minister und ist gleichzeitig per- manenter Vorsitzender eines Kriegsgerichts, vor welches jeder Fliehende oder der Absicht zu fliehen verdächtige Soldat, sowie jeder Soldat, welcher die Rufe: „Zauvye qui peut! Nous s0mmes Pperdu !“ ausftößt.

Außer dem General en chef der Loire-Armee, Aurelles de Paladine, sind folgende Generale ihrer Stellungen enthoben worden: General Mazure wurde seines Kommandos und seiner Freiheit in Marseille beraubt, General Barral nach Grenoble zurückberufen, General Gudròè nah Rouen, General d’Agemort nach Valenee, General de Noue nah Perpignan, General Valson-Estèrhazy in Algier, die Generale Combriels, Michel, v. Kersolan, Bourbaki uyd Keratry sind durch Ju- triguen, S{chmähungen und Verleumdung gezwungen , ihre

- Entlassung einzureichen, und Gambetta's leßter Lagerbesuch

hatte den Qweck, zu sehen, ob Fiereck, Malherbe und Marie noch seines Vertrauens würdig wären,

Brüssel, 16. Dezember. (W. T. B.) Die »Indépendance« meldet aus Toulon vom 11 d,

daß das Mittelmeergeschwader unter dem Kommando des Ad-

“l mirals’ Jurien de la Gravière reorganisirt wird. 63739