1870 / 403 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Den zum Dienst in den Garnison-Bataillonen eingestellten Civilbeamten sind rücksichtlih ihres Civilverhältnisses dieselben Vergünstigungen zugebilligt, wie den zur Landwehr eingezogenen Civilbeamten. | :

Die Offiziere tragen für die Dauer beregter Formation die Armce-Uniform, insoweit dieselben niht zum Tragen einer anderen Uniform berechtigt sind. A

Demgemäß werden alle inaktiven , ehemals der Linie oder Landwehr angehörigen Offiziere, welche ihre Dienste zur Dis- position zu stellen gesonnen sind , ergebenst ersucht , ihre bezüg- liche Erklärung baldigst , soweit angängig persönlich , dem hei- mathlichen Landwehrbezirks - Kommando bezw. dem nächstgele- geen Garde-Landwehr-Bataillons-Kommando zukommen zu a} en.

Desgleichen ergeht an die zum freiwilligen Eintritt in Ein- gangs erwähnte Garnison-Bataillone für die Dauer des mo- bilen Zustandes bereiten, niht mehr dienstpflichtigen Individuen des Unteroffizier-, bezw. des Mannschaftstandcs die Aufforde- rung, sih unter Vorlegung ihrer Militärpapiere s{hleunigst bei vorbezeichneten Kommandobehörden zu melden.

Berlin, den 20. Dezember 1870.

Der Kriegs-Minister. In Vertretung: J. Klog8.

Berlin, 21. Dezember. Se. Majestät der König

haben Allergnädigst geruht: den nachbenannten Offizieren und Mannschaften des 1, Westfälischen Husaren-Regiments Nr. 8 zur Anlegung der von des Königs von Bayern Majestät ihnen verliehenen Jnsignien, und zwar: des Comthurkreuzes des Militär-Verdienst-Ordens: dem Oberst-Lieutenant Arent, Commandeur des Regiments; des Ritterkreuzes erster Klasse desselben Ordens: dem Rittmeister von Schüß, dem Rittmeister Freiherrn von Lilien, kommandirt als Adjutant beim General-Kommando des VIII. Armee-Corps ; des Ritterkreuzes zweiter Klasse desselben Ordens: dem Premier-Lieutenant Grafen von Jthenplißt, den Seconde- Lieutenants von Bassewiß und Stumm; der goldenen Militär-Verdienst-Medaille: dem Wachtmeister Greil; der silbernen Militär-Verdienst-Medaille: dem Unter- offizier Ulrich; sowie des Militär-Verdienstkreuzes: den Husaren Vorweg und Gärner; ferner den nach- benannten Offizieren des Stabes Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Preußen zur Anlegung der von des Groß- herzogs von Baden Königlicher Hoheit ihnen verliehenen Jn- signien, und zwar: des Ritterkreuzes des Militärischen Carl Friedrih-Verdienst-Ordens: dem Major Mischke, à la suite des Generalstabes der Armee, persönlichen Adju- tanten Sr. Königlichen Hoheit; des Commandeu rkreuzes erster Klasse mit Schwertern des Ordens vom P Ee Löwen: dem Hauptmann von der Reserve des 1. Garde-Regiments zu Fuß Grafen zu Eulenburg, Hof- marschall Sr. Königlichen Hoheit; sowie des Ritterkreuzes erster Klasse mit Schwertern desselben Ordens: dem Rittmeister Freiherrn vonSchleiniß, à la suite des 2. Schle- sischen Dragoner-Regiments Nr. 8, persönlichen Adjutanten Sr. Königlichen Hoheit; ferner den nachbenannten Offizieren des 7. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 96, und zwar: dem Oberst-Lieutenant und Commandeur von Redern, dem Oberst-Lieutenant von Bangels, den Hauptleuten Hencke, von Beulwißl. und dem Seconde-Lieutenant Freiherrn von Ketelhodt Il. zur Anlegung der von des Großherzogs von Mecklenburg - Schwerin Königlicher Hoheit ihnen verlichenen Militär-Verdienst-Kreuzes; sowie endlich dem zur Stab8wache des großen Hauptquartiers kommandirten Rittmeister Grafen von Galen, aggregirt dem Magdeburgischen Dragoner-Re- giment Nr. 6, zur Anlegung des ihm verliehenen Johanniter- Maltheser-Ordens, und dem Scconde-Lieutenant von Jagow vom Westfälischen Dragoner-Regiment Nr. 7 zur Anlegung des von des Königs von Sachsen Majestät ihm verliehenen Ritter- kreuzes des Albrechts-Ordens mit der KriegSsdekoration, UAller- höchstihre Genehmigung zu ertheilen.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 21. Dezember. die Königin war Hospital anwesend.

Ihre Majestät gestern in den Baracken und im Augusta-

_— Se. Königliche Bürgermeister Grafen Handschreiben gerichtet :

Hoheit der Kronprinz hat an den v, Nellessen in Aachen das nachstehende

i »Aus den von Jhnen unterm 24. September resp. 18. Novem ber c. an Mich gesandten Eingaben habe Jh zu Meiner lebhaften Li ersehen, das Sie mittels einer von der Victoria-Nationg|,

nvaliden - Stiftung zu verwaltenden, Jhren Namen führen, den Spezial - Stiftung die namhafte Summe von zehn tausend Thalern zum Besten der Hinterbliebenen der in dem

Kriege von 1870 gefallenen Streiter bestimmt haben. Inden Ich Ihnen für dieses wahrhaft patriotische, großartige Geschenk , daz an und für sich s{chon im Stande is, manche Noth zu lindern, gere Meinen besonderen Dank und Meine Anerkennung aus!pree , h, merke Jch gleichzeitig , daß Jch den geschäftsführenden Aus\Huß de Victoria-National-Jnvaliten-Stiftung zu Berlin mit der weiteren Regelung dieser Angelegenheit in dem von Jhnen gewünschten Sinn beauftragt habe. »

Hauptquartier Versailles, 25, November 1870. ____ Jhr wohlgeneigter Friedrich Wilhelm, Kronprinz.«

Die h eu ti g e (3.) Plenarsißung des Herrenhause wurde von dem Präsidenten Grafen Eberhard zu Stolberg: Wernigerode um 114 Uhr eröffnet.

Am Ministertische befand sich der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und ein Regierungs-Kommissar.

Der Präsident machte nah geschäftlichen Mittheilungen dem Hause die Erö nung, daß der Fürst zu Putbus ihn au die desfallsige Benachrichtigung telegraphisch in Kenntniß geseh habe, daß er bereit sei, die auf ihn gefallene Wahl als erster Vize-Präsident des Hauses anzunehmen, daß er jedoch wegen

A OeS Geschäfte um Gewährung eines längeren Urlaube itte

Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung, deren ersten Gegenstand die Schlußberathung über die Verordnung vom 17. Gu d. J. für die Hohenzollernschen Lande zur Ausführung der Gesetze über die Kriegsleistungen und die Unterstühung hülfs. bedúrftiger Familien der zum Dienst einberufenen Mannschaften der Reserve, Landwehr und Ersaßreserve bildete. Der Referent Hr, v. Bernuth beantragte, der Verordnung die verfassungsmäßige Genehmigung zu ertheilen, und befürwortete kurz diesen An- trag, dem das Haus auch ohne weitere Debatte beitrat. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der Antrag der Herren von Below, von Bernuth , Dr. Dernburg, von Kleist-Reyow , von Ploeß, Herzog von Ratibor und Genossen, den Erlaß einer Adresse an Se. Majestät den König betreffend, __ Der Antrag ward einstimmig angenommen und demgemäß die unmittelbar nach dem Schlusse der Sißung zu bewirkende Wahl der Adreß-Kommission, so wie deren sofortiger Zusammen- tritt behufs Berathung des vorgelegten Adreß - Entwurfs be- schlossen. (S. den Wortlaut desselben in der gestrigen Nummer des »Staats-Anzeigers«,)

Der Präsident {loß die Sizung um 11: Uhr und be- raumte die nächste Sißzung auf heute Nachnittag 2 Uhr an, indem er auf die Tage®dordnung die Berathung des vorliegen- den Adreß-Entwurfs seßte. (Die Kommission zur Vorberathung des Adreß - Entwurfs besteht aus folgenden Herren: Grf. zu Münster, v. Waldaw-Steinhövel, v. Meding, Otto Grf. zu Stolberg, v. Kröcher , v. Kleisi-Reyow und öOrhrn. Senfft v. Pilsach.)

In derheute Nachmittag stattgehabten zweiten (4.) Sizung des Herrenhauses, welche der Präsident Graf Eberhard zu Stol- berg um 2 Uhr eröffnete, empfahl zunächst der Referent der Adreßdeputation Hr. v. Kröcher Namens der Deputation die unveränderte Annahme des Entwurfes der Herren v. Below, v, Bernuth, Dr. Dernburg, v. Kleist-Reßow, v. Plöt, Herzog v. Ratibor und Genossen. An der Diskussion betheiligten sich die Herren Graf Brühl, Dr. Dernburg und von Kleist- Regyow, Leßterer als Antragsteller. Der Referent {lug vor, das Präsidium zu ersuchen, die Ueberreichung der Adresse auf geeignete Weise zu veranlassen. Das Haus nimmt hierauf einstimmig den Entwurf an und erkärt sih mit dem Vorschlage der Kommission in Betreff der Ueberreichung einverstanden. Die Adresse wird zur Unterschrift im Präsidentenzimmer aus- gelegt. Schluß der Sißung 2 Uhr 50 Minuten. Nächste Sigzung unbestimmt.

Die heutige (5.) Plenarsizung des Hauses der Abgeordneten wurde vom Präsidenten v. S Ender um 94 Uhr eröffnet. |

Am Miünistertische befanden sich der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten Graf v. Ivenplig, der Minister der geistlichen, Unterrichts - und Medizinal-Angelegenheiten Dr. v. Mühler, der Minister für landwirthschaftliche Angelegen- heiten von Selchow, der Minister des Innern, Graf zu Eulen-

v. Brandt,

burg, der Justiz - Minister Dr. Leonhardt, der Finanz- Minister Camphausen und mchrere Regierungs-Kommi jare.

v, Bernutb, v, d, Marwiß,

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Vor Eintritt des Hauses in die Tagesordnung überreichte der G eiter Camphausen einen Gesehentwurf, betref- fend die Besteuerung der Reis - Stärke, sowie die all emeine Rechnung Über den Staatshaushalt für das Jahr 1867. Die erstere Vorlage wurde an die Finanz- Kommission, die leßtere an die Budget-Kommission verwiesen.

Auf der Tages-Ordnung stand: 1. Die Vorberathung des Staatshaushaltê-Etats für das Jahr 1871 im ganzen Hause.

In der allgemeinen Besprechung hierüber nahmen das Wort gegen die Regierungs-Vorlage die Abgg. Eug. Richter, Dr, Löwe , für dieselbe die Abgg. von Wedell (Malchow), von Benda. E

Der Finanz-Minister Camphausen griff in die: General- Debatte cin und erklärte:

Beim Eingange der Debatte ist auf das Talent hingewiesen wor- den, welches die Finanz-Minister besäßen, um die Zustände \o darzu- stellen , wie es ihren Interessen und. ihren Wünschen am meisten ge- nehm sei. Es ist darauf hingewiesen worden , daß bald Schwarzfär- hecei betrieben würde und bald Schönfärberei. Jch hoffe, meine Herren, daß Sie an mir die Ecfahrung machen werden, daß ich weder das Eine neh das Andere zu treiben gedenke , daß ih mich vielmehr stets bemühben werde, die Thatsachen klar f erkennen, sie besonnen zu würdigen und sie unparteiisch mcinem Lande und meinem Könige vorzutragen. i

‘Es ist dann , indem der Ausgangspunkt von der Vergangenheit eninommen wurde, bemerkt worden, daß das Defizit des Jahres 1868 immer mehr zusammengeshrumpft sei. Es i} darauf hingedeutet worden , als wenn cs eigentlih so recht viel nicht zu sagen gehabt bätte. Insoweit daran exinnert worden is , daß das Defizit in einer Denkschrift vom Jahre 1869 vielleiht etwas grell geschildert sei , so darf ih meinerseits daran erinnern, daß ih hon im vorigen Jahre erklärt habe, jene Denkschrift gehöre nicht zu den Nachlaßgegensiänden, mit denen ih die Erbschaft angetreten habe.

Meine Herren, das Defizit des Jahres 1868 ist aber troy allem Zusammenschrumpfen, sollt ich meinen doch immer ein respek- tabeles geblieben. Nach dem Geseßentwurfe, der Jhnen vorliegt, wird es darauf anfommen, dasselbe zu fixiren auf die Summe von 9,869,639 "Thlr. 8 Sgr. 8 Vf. :

Nun, meine Herren, diese Summe isst denn doch in der That wohl recht ansehnlih, und die Summen würden in der That nicht vollständig ausreichen, um das Defizit des Jahres 1868 zu deken, wenn man nicht, wie das im vorigen Jahre in der Jhnen vorge- legten Uebersicht ausgesprochen und seitdem auch praktish gehandhabt worden ist, gar manche Ausgaben, dic der Restverwaltung angehörten, dec laufenden Verwaltung des Jahres 1869 zugewiesen hätte, Der Umfang dieser Ausgaben war ein recht ansehnlicher. Was folgt daraus für das Jahr 1869? Daß allerdings seine Resul- tate eher noch günfliger zu nennen sind, als sie ihren Aut druck in der Zahl gefunden haben, wonach 2,538,000 Thlr. an Ucberschüsse zur Deckung des Defizits von 1865 haben verwandt werden können. Es würde dem Hohen Hause, glaube ih7 nit genehm sein, wenn ih in diesem Augenblick auf die detaillirte Auseinanderseßung in welhem Umfange das Resultat noch etwas günstiger gewesen sei, ein- gehen wollte. Bei den Resultaten des Jahres 1869 bitte ih nun aber doch auch vor Allem sich gegenwärtig zu halten, daß cin Kapital- betrag von 5,140,000 Thlrn. in Einnahme gestellt war, daß auf diesen Kapitalbetrag 5,128,000 Thir. vereinnchmt worden sind, und daß man den Saßy es sind an Uebershüssen des Jahres 1869 2,538,000 Thlr. verwendet worden pro 1868, auch so ausdrücken könnte: das Jahr 1869 hat eines Kapitalzuschusses von ungefähr 2,600,000 Thlr. bedurft. Wenn nun versucht wird, die Behauptung durchzuführen , daß {on im vorigen Jahre und namentli zu der Zeit, als es mir oblag, mitten während einer Session des Landtages die Leitung der Finanzen zu übernehmen, habe schon flar vorgelegen, daß von einem Defizit gar nicht die Rede sein würde und nicht die Nede sein könne, so habe ih zunächst auf die tbenerwähnte Thätsache hinzuweisen, ih habe dann aber auch ferner darauf hinzuweisen, daß, was die günstige Gestaltung unserer Finanz- verhältnisse betrifft, man doh auch nicht davon ausgehen möge, daß der Kreis der Ausgaben, wie er in den Budgets gezogen is, ein un- veränderlicher sei und vor Allem nicht, daß er ein solcher sei, wobei die billigen Wünsche des Landes überall Befriedigung finden können.

Wenn der verehrte Redner, der zuleßt sprach, darauf hingewiesen hat, man möge die Bahn von Memel nach Tilsit bauen, so hat er sch doch au wohl vergegenwärtigen müssen, was das heißt; daß es heißt, den Staat mit einer neuen dauernden Ausgabe belasten und daß wir zu dieser neuen Ausgabe nicht schreiten können , wenn wir nicht auch die Mittel, sie zu besriedigen, zu unserer Verfügung haben.

Uebrigens, meine Herren, hat die Maßregel, die im vorigen Jahre ergriffen worden wegen der Konsolidation der Staatsschulden, und von der ih ursprünglich geglaubt habe, daß sie ihren wärmsten Anhänger in dem ersten Redner finden würde, völlig unabhängig von dem Defizit ihren Werth gehabt und sagen Sie si selbst, ist es denn heute niht cin Glü, daß wir in diesem Augenblick nicht genöthigt sind, 3,593,000 Thlr. auf die Tilgung der Staatss{hulden zu verwen- den, während wir in der Lage sind, mit {weren Opfern Kricgs- anleihen zu maten und während wir in der Lage sind, für die Fort- eung von Eisenbahnbauten wiederum 10,000,000 neue Anleihe in Aussicht zu nehmen. J} es nit ein wahres Glü, völlig unab- dängig von der Defizitfrage ;

__ Dann, m. H , ist Jhnen im vorigen Jahre vorgeschlagen worden, vie Ueberschüsse des Staatsschaßes zu den laufenden Staatsausgaben u veuwenden und es ist in dieser Hinsicht an Aeußerungen erinnert vorden , die darüber getban worden seien, auf wie hoch denn diese einnahmen des Staatsschaßes zu veranschlagen scien. Es i} für

mich im Allgemeinen ein mder Ding, daß ich mich so vielfa mit Aeußerungen beschäftigen soll, die nicht ih getvon habe, sondern die in eine frühere Zeit fallen; aber das bin ih doch auch meinem Amtsvorgänger s{chuldig, daran zu erinnern, daß na ch Aufstellung des Etats der Verkauf jenes bekannten Hüttenwerkes stattgefunden hat, welcher die Einnahme des Staatsschaßes um eine sebr beträchtliche Summe höher hat ausbringen lassen, als wie es vorher angenommen worden ist. Dann, meine Herren, ist nun die Rechnung zugelegt worden, als habe der Staatss{aß für die Zwecke tes Jahres 1870 cinen höheren Betrag zu verwenden, als wie in den Jhnen vorgelegten Uebersichten ange- nommen worden ist. Hierbei sheint mir nun, daß dexr Herr Redner sich in einen Widerspruch verwickelt hat. Er bat bei der Verwen- dung des Staatsschapes im Juli 1870, die, wie ih glaube, keine Re- gierung , ohne sih des Verraths am Lande sckchuldig zu macher, einen Augenblick lang verzögern durfte, darauf hingewiesen, daß doch die Genehmigung der Landesveztreturg nöthig sei. Js denn diese Ge- nehmigung nicht nöthig, wenn es sich darum handel, "über die Ueber- {üsse des Staatéschates zu disponiren? is sie nit ausdrüclih in dem Geseße vom 28. September 1866 vorgesehen è _Und wenn nun ferner hervorgehoben worden is, daß die Einnahmen nit allein den Betrag von 83,140,000 Thalern erreicht, sondern noch wesentliÞ überstiegen hätten, so is das richuig; aber, meine Herren, aus den Uebersichten, die Jhnen vorliegen, werden Sie entnehmen, daß cs sich dabei um die Einnahmen aus den Jahren 1869 und 1870 handelt, daß von jenen Einnahmen cin Betrag von mehr als 1,600,000 Thaler schon auf das Jahr 1869 gefallen i}, Ein- nabmen, die im September 1869, als man den Etat vorlegte, in diesem Maaße noch nicht bekannt waren, daß in der That für das Jahr 1870 nicht allein über die eigenen Ucberschüsse des Staatêschapes in jenem Jahre disponirt worden, sondern daß man die Jntraden von zwei Jahren dabei ins Auge zu fassen hatte. S Meine Herren! Es is dann darauf hingewiesen wo1den, während ausdrüdcklih die glüliche Lage dcr Finanzen des Staats betont wurde, daß man si do vielleicht eincr IUusion überlassen haben möchte in Bezu; auf die Einnahmen aus den direkten Steuern für das Jahr 1571, Nun, meine Herren, es is \{chwer, unter dem Wechsel der Ver- hältnisse gerade eine Zahl auszuwählen, die nun als die unbedingt richtige anzuerkennen wäre, und ih will nit leugnen, daß zu der Zeit, wo dieser Etat aufgestellt wurde, man weniger Opfer für den Krieg erwartet hatte, als wie sie seitdem eingetreten sind. Desscn- ungeachtet, meine Herren, da ih mir hier zur Aufgabe _stelle, Ihnen unbefangen das Thatsählihe vorzutragen, muß ic doch erflären, daß ich auch in diesein Augenblick noch nicht die Hoffnung aufzugeben brauche, daß der Steuer - Anschlag für das Jahr 1871 Kb verwirklichen werde. Es is bei der Aufstellung dieses Anschlages theils das gewohnte Verfahren ungeände.t bei- behalten, theils hat man aus Vorsicht Einnahme - Erhöhungen , die nah dem regelmäßig:n Laufe der Dinge in Auësiht zu nehmen wären, nicht eintreten lassen. Dieses leßtere ist geschehen , wie dem geehrten Herrn Vorredner entgangen ist, in Bezug auf die Gewerbe-

“steuer. ‘Man hat bei ihr nit einen höheren Betrag ausgebracht,

während na dem regelmäßigen Laufe der Dinge die Gewerbesteuer alljährlich zunimmt. Ebenso hat man es in Bezug auf die Klassen- steuer gehalten und es handelt sich dabei niht etwa um eine ganz geringe Summe, die man weniger ausgebracht hat, sondern diese Summe is ganz erheblich, Wenn wir - die Klassensteuer in der gewohnten Weise veranlagt bätten, also ohne Rücksicht darauf, daß wir uns im Kriegs8zustande befinden, dann würde der Ansaß um 184,000 Thaler höher haben ausgebracht werden müssen , als es gee

schehen is. Jn wie weit die Zukunft alle Ansäße des Etats erfüllen

Tann oder nit, dafür vermag ich natürli irge-d eine G .rantie nicht zu übernehmen; aber es wird dem Hohen Hause vielleicht inter- essant sein, wenn ich anführe, wie \sich die Wirkungen des Kriegcs seither in Bezug auf die direkten Steuern gestaltet haben.

Wir können in. diesem Augenblick Auskunft darüber abgeben, wie die Einnahme an direkten Steuern in den. ersten eilf Monaten des Jahres 1870 s\ich stellt zu der Einnahnu:e an direkien Steuern in den ersten eilf Monaten des Jahres 1869. Daß das kein unbedingt zuverlässiger Maßstab ist, brauche ich wohl nicht erst zu erwähnen ; cs fommt darauf an, wie die Einflüsse im Monat Dezember und in dem Zeitraum, der zum Abschluß èer Rechnungen bekanntlich noch gewährt wird, stattfinden werden.

Nun, meine Herren, in den ersien 11 Monaten des Jahres 1870 hat sich gegen die ersten 11 Monate des Jahres 1869 bei den direkten Steuern eine Mehreinnahme von 494,520 Thlrn. 12 Sar. 11 Pf. herausgestellt. Junshbesondere beträgt diese Mehr- einnahme bei der fklassifizirten Einkommensteuer Über 200,000 Thlr. Bei der Klassensieuer, meine Herren, hat sich eine Minder- einnahme herausgestellt, welches ganz natürlih und auch nicht anders erwartet worden isff/ aber diese Mindereinnahme wird Jhnen doch, wie ich glaube, überraschend klein erscheinen, denn sie beträgt nur 65,397 Thlr.

Nun, meine Herren, leg.-n wir uns die Frage vor: was führte zu diesem Resultate? Dann meine ich, haben wix uns die Antwort zu geben: der Krieg, während dessen Lauf das eigene Vaterland vom Feinde kaum hat betreten werden kön- nen, dessen Verlauf vom exsten Beginn an ein glücliher war, der die ganze Nation vom ersten Zeitpunkt an mit der Zuversicht er- füllt hat, er werde siegreich zu Ende geführt werden Und es werde ihm ein dauernder Friede folgen dieser Krieg hat eine viel geringere Störung in allen Geschäften hervorgebracht, als es \onst bei einem so gewaltigen Kriege der Fall hätte scin müssen. Daher erklärt sich die Erscheinung, daß die Einnahmen lange nicht in der Weise, wie befürchtet wurde, zurückgeblieben sind Und daf, soweit sie bei verschiedenen Betriebsverwakltungen zurückbleiben mußten, auch auf der anderen Seite Ersparnisse bei den Betrieb8ausgaben eintraten, und so glaube

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