1890 / 257 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Oct 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Das Packetboot „Sydney“ ist mit dem japanischen Prinzen Hirsyatovo, dem Neffen des Mikado, an Bord in Marseille eingetroffen. Wie es heißt, beabsichtigt der Prinz, in Deutschland eine Marineschule zu besuchen. N

Der Führer einer fra nzösishen Handelsexpedition, Mizon, welche von Akassa in einer Schaluppe mit einem Waarentransporte den Niger hinauffuhr, wurde in der Nacht vom 15, d. M. von Eingeborenen 1n der Nähe der Mündung des Stromes angegriffen und erhielt zwei Verwundungen. Ein arabischer Arbeiter wurde gleichfalls verwundet. Die Schaluppe mußte nach Akassa zurückehren. Da die Ver- wundungen Mizon's nur leichte sind, gon derselbe, seine Reise gegen den 10. November wieder au nehmen zu können. Mizon war von einem französischen Syndikat von dem oberen Benito gesandt, sollte den Niger und Venue hinauffahren, den Tsad-See zu erreichen traten, um über den Congo zurüczukehren. Das französische Syndikat verlangt von der Royal-Niger-Company eine Entschädigung für den erlittenen Nachtheil, sowie freie Fahrt auf dem Fluß, für dessen Sicherheit die englische Gesellschaft zu sorgen habe.

Rußland und Polen,

St. Petersburg, 25. Oktober. Nach dem gestrigen, in Alupka (Krim) ausgegebenen Bulletin hatte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch der Aeltere einen Krampfanfall, worauf Gedächtnißshwäche und Zittern der Zunge sowie der Gesichtsmuskeln eintrat. Die Herzthätigkeit wurde geringer; die Temperatur betrug 38, der Puls 90.

Dur Frage der Bekämpfung des Wuchers meldet die „Now. Wr.“: es sei im Ministerium des JFnnern ein neues Geseßprojekt bezüglih der Regulirung des Leihkassen-Wesens ausgearbeitet worden. Fn dem Projekt sei es ausdrücklich verboten, Leihkassen in der Nähe von Fabriken und industriellen Anlagen zu eröffnen; heimlihe Wuchergeschäfte werden mit drakonischer Strenge verfolgt, wobei alle bei heimlihen Wucherern verpfändeten Sachen ohne Weiteres den ursprünglichen Besißern zurückgegeben werden sollen u. \. w. Leihkassen dürfen ferner nur von Personen orthodoxer Kon- fession eröffnet werden, und die Höhe der Zinsen für Geld- vorschüsse ist vom Geseÿß genau normirt.

Ftalien.

Nom, 24. Oktober. Das amtliche Blait veröffentlicht das Dekret, betreffend die Auflösung der Kammer, sowie in Betreff der Wahlen, welche (wie schon unter den lezten Nachrichten der Nr. 256 d. „N. u. St.-A.“ gemeldet) auf den 23. und resp. 30. November anberaumt sind. Das Parlament ist zum 10, Dezember einberufen.

, Schweiz, ;

Das Fnfanterie-Bataillon Nr. 28 (aus der Stadt Bern) ist, dem „W. T. B.“ zufolge, zum nächsten Dienstag aufgeboten, um nah dem Kanton Tessin befördert zu werden. Die im Tessin stehenden Jnfanterie - Bataillone Nr. 40 und 42 kehren am 24. d. M. nah Bern zurück und werden am 31. entlassen. Die Bereithaltung der Bataillone 29 und 30 dauert fort.

Dänemark,

(F) Kopenhagen, 23. Oktober. Das Folkething berieth in seiner gestrigen Sißung über die von dem Kriegs - Minister vorgelegte Novelle zu dem Gesetz, betreffend die Organisation der Armee vom 6. Juli 1867 und dem Nachtrage zu diesem Geseg vom 25. Juli 1880. Abg. Trier beantragie, die erste Lesung dur eine motivirte Tagesordnung abzubrechen und zur nächsten Sache überzugehen. Die Abgg. Bojsen und Berg wollen dem Kriegs-Minister nichts bewilligen, da er sich schon so oft über das Votum des Thinges hinweggeseßt habe. Abg. General Thomsen betont, daß die schließliche Drdnung des Vertheidigungswesens von vielen Seiten ge- wünscht werde. Die vorgeshlagene Tagesordnung werde dazu beitragen, die Thinge von einander zu entfernen. Eine Ver- handlung werde von großem Nutzen fein, wenn man nur den guten Willen dazu habe. Abg. Hörup griff den Kriegs- Minister mit großer Heftigkeit an. Die Vorlage gehe nur darauf hinaus, der Befestigung Kopenhagens eine Erweiterung zu verschaffen. Das Thing werde aber niemals auf eine Forderung eingehen, die eine solche Voraus- seßung habe, denn die Befestigung Kopenhagens sei eine Gefahr für das Land und ein Ausdruck der abenteuerlichsten Politik, die jemals von dänischen. Staatsmännern getrieben worden sei. Das Volk wünsche die bestmögliche Verständigung mit allen seinen Nachbaren. Kriegs-Minister Bahnson entgegnete, daß die Anschaffung von Festungs-Artillerie durch- aus nôthig sei; ein diesbezügliher Antrag habe dem Thinge schon vorgelegen, bevor noch an die Befestigung Kopenhagens ge- dacht worden sei. Er begreife die Ausführungen des Abg. Hörup nicht, daß die Befestigung Kopenhagens eine Drohung gegen Deutschland sei. Gegen tine solhe Schlußfolgerung müsse er protestiren. Die Befestigung sei rein defensiver Natur, und sei er davon überzeugt, daß Niemand mehr als Deutschland die Befestigung von Kopenhagen wünschen könne. Jn deutschen Blättern seien wohl in anderer Richtung gehende Ausführungen zu finden, aber man wisse schr wohl, woher diese kämen. Er sei überzeugt, daß ein großer Theil des dänischen Volkes lieber fallen wolle, als sich alle möglichen Bedingungen vorschreiben zu lassen ; er habe nur das Juteresse des Vaterlandes vor Augen. Jm weiteren Verlauf der Ver- handlungen cntwickelte der Kriegs - Minister noch die Be- deutung eines eventuellen Artillerieangriffs auf Kopenhagen, der gut vierzehn Tage und noch länger dauern könne, wenn man die Vorbereitungen mitrehne. Er protestirte sließlih nochmais gegen jede Andeutung, daß die Regierung besonders an einen Angriff auf Deutsch- land denke, Abg. Hörup wies wiederholt auf die Folgen hin, welche die Kriege in den Jahren 1807 und 1864 für Dänemark gehabt hätten; nur durch eine friedliche Politik könne solhen Schlägen vorgebeugt werden. Jn namentlicher Abstimmung wurde \ch{ließlich die motivirte Tages - ordnung mit 66 gegen 21 Stimmen angenommen. Alle übrigen Vorlagen des Kriegs-Ministers wurden alsdann ohne Verhandlung zur zweiten Lesung und an einen aus 15 Mit- gliedern bestehenden Ausschuß verwiesen.

Amerika.

__ Brasilien. Ueber den Ausfall der ersten Wahlen in der Republik Brasilien heißt es in einem Bericht der „Polit. Corresp.“: Alle von der Regierung aufgestellten Kan- didaten, darunter sämnmtlihe Minister, sind durchgedrungen.

Von Senatoren des Kaiserreihs, die sich jedoch heute zur Fahne der Republik bekennen, wurden nur Antonio Prado und J. A. Sargiva gewählt. Eine Gruppirung der Par- teien dürfte jedoh erst nah dem Zusammentritt dec Kammer und der endgültigen Konstituirung der Republik erfolgen, deren erste That in der Wahl des Präsidenten bestehen wird. Voraussihtlich werde der gegenwärtige Chef der pro- visorishen Regierung, Marschall Deodoro da Fonseca, der erste Präsident der Vereinigten Staaten von Brasilien sein. Die katholische Partei, die sich shon jeßt als eine oppositionelle kennzeichnet, ist bei den Wahlen unterlegen. Dieselbe hat in einer vom Erzbischof Antonio de Macedo Costa dem Präsi- denten überreichten Note gegen die Trennung von Kirche und Staat und insbesondere gegen nachstehende Punkte Ein- spruch erhoben: gegen die Entziehung des Wahlrechts, die über den nationalen Klerus verhängt wurde; gegen die Aus- weisung der Jesuiten; gegen das Verbot der religiösen Orden in Brasilien (wiewohl der Präsident versicherte, daß die Güter der geistlihen Orden niht angetastet werden würden); endlich gegen die Ausschließung des religiösen Unterrichts von den öffentlihen Schulen und gegen die obligatorishe Civilehe. Falls man diesen Beschwerden nicht Rechnung trage, werde die Geistlichfeit alle ihr zu Gebote stehenden geseßlihen Mittel M bringen, um die Rechte der Kirche geltend zu machen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Soest bra, wie der „Dortm. Ztg.“ geschrieben wi:d, am Sonnabend Abend ein allgemeiner Strike der in der Hutfabrik von Gebr. Stern & Co. beschäftigten Hutmacher aus. Die Hut- macher verlangen 10 stündige Arbeitszeit und, da die Arbeit von den jeßt Strikenden in Akkord übernommcn war, das Recht, nöthigen- falls Arbeiter zu engagiren und wieder entlassen zu können, je nachdem es ‘die zu bewältigende Arbeit erheishe. Gegen den crfsten Punkt hatte der Fabrikbesißer nihts einzuwenden, da thm eine zehn- stündige Arbeitszeit bei Akkordarbeit keine Nachtheile bringen konnte, die zweite Forderung wurde von ihm kurzer Hand abgelehnt und so- gleih alen Strikenden gekündigt.

In Leipzig wurde vorgestern eine Versammlung der Maler- und Lackirergehülfen abgehalten, in der nah einem Vortrag über die Bedeutung der Lrganisation von der zu Pfingsten gewählten Strike - kommissionBericht über dic Unterhandlungen mit denArbeitgebern erstattet wurde. Die Innung hat darnach niht nur die anfänglih von den Gehülfen aufgestellte Forderung (9stündige Arbeitszeit bei 50 „4 Mindeststundenlohn) rundweg abgelehnt, sondern ist bei dieser Ablehnung auch verblieben, als die Gehülfen die täg- lihe Arbeitszeit auf 10 Stunden einschli-ßlich einer ¿{stündigen Früh- 1üds- und Vesperpause herabgeseßt und sich mit einer mäßigeren Lohnerhöhung begnügen zu wollen erklärt hatten Die Nicht- innungsmeister sollen sfich den Forderungen gegenüber zugänglicher gezeigt haben Die Versammlung beschloß, des kommenden Winters halber zur Zeit von einer Ar beitseinstellung abzusehen, aber den Strikefonds zu stärken, um im nächsten Jahre genügende Mittel zur Verfügung zu haben.

Die Sozialdemokraten in Hamburg benußten am Mon- tag das Begrähniß des auf dem Parteitage in Halle plößlich verstor- benen Delegirten Heinrich Baumgarten (vgl. Nr. 251 d. Bl) zu einer Kundgebung, indem etroa 20 000 Personen dem Verstorbenen das Geleit nah dem Ohlsdorfer Centralkirchhof gaben. Es kamen, wie wir der „Voss. Ztg.“ entnehmen, keinerlei Aus\{hreitungen vor.

Aus Berlin berichtet dasselbe Blatt, daß man an leitender Stelle der Arbeiterpartei cifrig bemüht sei, die nach dem leßten Bäckerausftand zersprengten Berliner Bäckergesellen wieder zu fammeln. und zu organisiren. Diesem Zwecke soll besonders eine Ver- fammlung dienen, wel&e am nächsten Donnerstag stattfinden wird und in welchcer der Neichstags-Abgeordnete Bebel, welher unlängst cine Broschüre über die Lage der in Bäckereien beschäftigten Arbeiter veröffentliht hat, einen Vortrog halten wird über das Thema: „Was thut den Bäderetarbeitern noth?* Der „Köln. Ztg.“ wird aus Berlin geschrieben: Auf cinem neuen Gebiete haben #sich die Sozialdemokraten eine centralisirte Organisation geschaffen : ein sfozialdemokratischer Arbeitersängerbund ift ins Leben ge- treten. Es giebt in Berlin eiwa 80 Gesangvereine, deren Mitglieder aus- \chließlich oder fast aus\chlicßlich zur Sozialdemokratie gehören; insge-

sammt werden diese Gesangvereine 2000 Mitglieder stark scin. 40,

Gesangveceine mit 1090 Mitgliedern haben sich nun zu einem Arbeiter - Sängerbund vereinigt; in \oziald emokratischen Kreisen erwartet man den Anschluß der andern Gesangvereine. In ciner sozialdemokcatishen Volksversammlung für den ersten Reichstags-Wahlkreis wurde, wie das „Berl. VBolksbl,* be- rihtet, am Mittwoch Bericht erstattet über den Parteitag in Halle. Der Berichterstatter Metzner sagte u, A.: Die Berliner Genoffen seien leider auf dem Parteitage etwas mitgenommen wor- den, doch liege dies nicht daran, daß sie nicht verstanden seien, son- dern daran, daß dort etwas zu Tage getreten, was man, objektiv betrachtet, nicht mit „\{chs8n“ bezeihnen könne. Es wurde im Anschluß an die Diskussion folgende Resolution gefaßt: Die Versammlung erklärt, sich den iu Halle gefaßten Be- schlüssen unterorducn und verspriht mit allen Kräften im Sinne dieser Beschlüsse thätig sein zu wollen. Außerdem erklärt die Versammlung ihr vollstes Einverständniß mit der am Schlusse des Pazrteitages von den Berliner Delegirten ab- gegebenen Erklärung. Nach dem Schlußwort Mebner's wurde das Bureau von der Versammlung beauftragt, eine weitere öffentliche BVolksversammlung im 1. Wahlkreise einzuberufen, in welcher ein Vertrauensmann gewählt werden foll. Am Donnerstag Abend beschäftigte sih eine öffentlichze Volksversammlung in Rix- dorf, in welher der Buchdrukereibesißer Wilhelm Werner Bericht erstattete, mit demselben Gegenstande, Nachdem der Becicht- critatter seine Beshwerden gegen die Fraktion und den Parteitag vor- gebracht hatte, beklagte, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, ein Hr. Gäbel sich in der Diskussion über Bebel. Seine überlaute Phrafen- macherei habe {on viele Genossen in der Achtung der Genossen herabgeseßt. Ebenso sei es Werner ergangen. Dem Redner wurde das Wort entzogen, Auh Steinmar erklärte i mit Werner einverstanden Er begreife nicht, wie der Partei- tag die Enthüllung der eisernen Maske, die doch der Spigel der Partei sei, verweigern könne. Die Fraktionsmitglieder müssen si auch Kritik gefallen lassen und dürfen nicht als Hecren der Lage gelten wollen. Hr. Junghans bemerkte, die persönlihen Reibereien unter ein paar Genossen dürften nicht zur Parteisache gemacht werden. Werner äußerte weiterhin, er stehe {on seit 1882 in der Bewegung, als an Herrn Singer noch nicht zu denken war. Ja Singer kam erst 1884, Hr. Hübner meinte; Bebel habe bei Lips gesagt, die Reibereien unter den Berliner Genossen würden auf dem Parteitag geschlichtet werden. Aber gerade das Gegen- theil sei erfolgt. Bl: Meyger, ein Berliner Delegirter, wunderte sich, daß erner nicht mehr auf die Reibereien eingegangen sei. Die Berliner Delegirten hätten in Halle die schlechtesten Pläße bekommen, wo sie fich von Anderen anrempeln lassen mußten, Der Vorsißende Friß Krüger kenn- zeichnete die Handlungsweise des Parteitages als nihtswürdig. Man wollte die „Jungen“ und die Opposition todt machen, habe es aber niht geschafft. Die Versammlung nahm schließlich gegen 30—40 Stimmen eine Resolution an, in welcher sich die Versammlung zu Gunsten Werner's aussprach. : l Wie ein Wolff’\{ches Telegramm aus Paris meldet, hat eine

Versammlung von 1009 A rbeitern in Firminy beschlossen, dex Strike fortzuseßen. : Aus Calais wird telegraphis{ mitgetheilt, daß ein kleiner Theil der strikenden Tüllarbeiter die Arbeit wieder begonnen hat; im Uebrigen sind die Verhandlungen der Arbeiter mit den Dele- girten der Fabrikanten neuerdings wieder aufgenommen, j

Fürsorge für Arbeiter.

Anläßlih der Vollendung der ersten Million Tonnen Thomas- stahl hat der Hütten-Aktienverein „Rothe Erde“, ie „W. T. B.“ aus Aachen meldet, seinem im Jahre 1884 gestifteten und 120000 betragenden „Kronprinz Friedrich Wilhélm -Fonds zur Unterstüßung von Arbeiterinvaliden, Arbeiterwittwen und Arbeiter- wai sen* weitere 150 000 4 überwiesen und fernere 50 000 M für Errichtung von Schulen zur Verwahrung, Erziehung und Fort- bildung von Arbeiterkindern bestimmt.

Kurzsichtigkeit in den Müncener Volksschulken.

„_ Na einer Zusammenstellung des städtischen ftatistiswen Bureaus über die Schulen der Stadt Müachen im Jahre 1889 waren in diesem Jahre in den hiesigen Schulen 2327 Kinder sehsckchwach, nämlih 996 Knaben und 1331 Mädchen, d. i. 7,58, 7,64 beziehungsweise 8,29 9/0. Die Steigerung, welche bei der Aus\cheidung nah einzelnen Klassen vor si geht, is fehr lehrreih. Von je 1000 Knaben find in der ersten Klasse 36 sehs{chwach, in der zweiten 49, ‘in der dritten 70, in der vierten 94, in der fünften 108, in der sechsten 104, in der siebenten 108, Die Zahl der Sehshwachen mehrt si also von der ersten bis zur siebenten Klasse um das Dreifache. Und bet den Mädchen geht die Steigerung von 37 auf 119,

Kunst und Wissenschaft.

X Die Kur sthandlung von Honrath und van Baerle | : Unter den Linden.

Die Gemälde-Ausstellung von Honrath und van Baerle ist wieder recht reich beseßt. In derartigen Gemäldesammlungen moderner Werke, wie sie hier vertreten sind, finden wir meist das Streben, nicht nur fleißig durchgeführte Darstellungen in fleinerem Format zu bieten, wie sie die meist niht übergroßen Stuben der Städte bedingen, sondern auch dekorativ zu wirken. Solche Themata dürfen einfahster Natur sein, wenn sie es nur möglich machen, jenen Bedingungen durch sie gerecht zu werden. Uebrigens wird diese Ausstellung fleißiger von der Münchener Schule beschickt, als die andern und bietet den VBerlinern daher eine erwünshte Abwechselung. Gleih beim Eintritt fällt uns ein rect h übs gemaltes Thierstück von A. Braith in die Augen. An dem- elben ist fleißiges Studium in der freien Natur unverkennbar, und das Ganze ist aus einem Guß, indem der Luftton überall gewahrt ist, Von F. Adam sehen wir ein miniaturartig Éleines Militär-Genre, in welhem der Künstler uns zeigt, wie man selbst in so kleinem Format kräftig und dabei harmonish in der Farbe arbeiten kann. Von E. Niczky sehen wir eine höchst jauber durchgeführte Dame in mittelalterlicher Tracht, en Thema welches sih übrigens nicht zu erschöpfen scheint. Von Vinea sind eine ganze Anzahl von Bildern vorhanden, und kann man diesen Künstler gerade hier ret studiren und liebgewinnen. In dem einen kleinen Bilde schildert uns der Künstler zwei junge Viädchen in der freien Natur, müde hat sih die eine ins Gras gelegt und läßt sich von der lachenden Freundin beide Hände reichen, um aufzustehen. Das ist gewiß ein reht einsahes Thema, aber wie ist es gegeben! Mit welcher Freudigkeit die an einen Rubens erinnert ist das Alles gemalt, welche feine Harmonie liegt in dem ganzen farbenreihen und farbenprähtigen Bildchen! Vinea's Wahr- sagerin ist vielleiht niht ganz mit derselben Liebe gemalt, dafür aber in flotter Weise durchgeführt. Ferner hat derselbe Künstler noch eine lebensgroße Halbfigur, ein junges Mädchen, welches einen Vogelbauer trägt, ausgestellt. P. Thumann sandte eine Sylphide voll Duft und Poesie. Die edlen Formen

- sind theilweise diskret in schleierartigen Stoff gehüllt und das

liebliche: Gesicht erzählt von nichts wie Liebe. Ettore Tito \chickte ein höchst lebendiges Genrebildhen. Von Franzijszek Ejsmond sehen wix ein in Helldunkel und Lon sehr sein durhgeführtes Bauern-Genre. Fm Gegensaß zu dem Münchener Professor Seiyß ist hier mehr Werth auf die Stimmung als auf das Kolorit gelegt. Ein größeres Rococo-Genre von Haniza enthält, besonders in Bezug auf Kolorit, viel Lobens- werthes, doch will uns scheinen, als ob die duftige von Parfum geshwängerte Hof - Atmosphäre der Rococo - Zeit hier nicht ganz zur Geltung gebraht ist. Das See- gestade von Kurzwelly is vortrefflich fein und eigenartig in Stimmung und Kolorit, Ein Muster für winterliche Stimmung ist die Landschaft von A. Windmayer. Der behäbige holländische Naucher von Claus Mayer will uns für das Thema im Format eiwas zu groß gewählt scheinen. Die Niederländer waren unerschöpflich in ähnlihen Thematen, doch vermieden sie das Leere, welches solche Schilderung, die weiter gar keinen geistigen Fnhalt hat, leiht an sih hat, in- dem sie kleines Format wählten, wenn sie wenig zu sagen hatten. Folgt ein Künstler dieser Maxime niht, dann wird er shließlich mit etwas Beigaben bergerihtete Studien als Bilder geben. Von A. Schreyer sehen wir einen vollgepackten Lastwagen von kerittenen Bul- garen ge!eitei; der nasse Weg scheint von echter Unergründ- lichkeit zu sein, wie sie jener Gegend E zu sein pflegt. Ein bedeutenderes Genrebild, zum Besten von dem gehörend, was die Ausstellung bietet, ist „das Früh! ück“ von M. Gaisser. Nach beendetem materiellen Genuß giebt sih die Gesellshast dem Genuß der Töne hin, die ein Mitglied des heiteren Kreises einer Mandoline entlockt. Dies Bild ist ganz im Geiste dex modernen Münchener Malershule gedaht und gemacht, Die Technik ist überaus geschickt und bei allem Fleiß die nöthige Breite und künstlerische Freiheit gewahrt. F. Gaksgoz giebt uns éin Vorzimmer Sr. Emincnz. Dies Bildchen ist äußerst pikant in der Behandlung und nicht ohne koloristishe und sogar psychologishe Reize. F. von Defregger ist nur mit einem Mädchenkopf vertreten, der bei monoton - bräunlicher Schattengebung an etwas steiser und hölzerner Zeihnung krankt. Viclleiht haben wir ein s{chwächeres Machwerk aus einer früheren Zeit des geschäßten Künstlers vor uns. A. Ricci schickle eine Bauern - Hochzeit. Bei guter Gruppirung und lebendiger“ Zeichnung, auch sonst vortreffliher Färbung thut dem Bilde ein gewisses jüßlihes Schminkroth in den Fleishpartien' wehe. Ein ret anspruhsloses Bildchen, welches jedoch bei längerer Betrach- tung - viel an Reiz gewinnt, ist das Landmädchen auf der Veranda (oder Laube, wie sie es im bayerishen Gebirge nennen). Der Beschauer bekommt auf cinen Blick den richii- en Eindxuck von Land und Leuten, denn Figur und Land- N wirken ganz gleihwerthig, ohne ih gegenseitig Abbruch zu thun.

Der Vorstand der HistorisGen Gesellschaft für die Provinz Posen hat (wie {hon in Nr. 246 d. Bl. gemeldet) beschlossen, das Preisausshreiben vom 12, September 1888 zu wiederholen und als leßten Ablieferungstermin für die cinzusendenden Arbeiten den 1. Oktober 1891 zu bestimmen. Es wird also ein Preis von 1900 # ausgeseßt für die beste in deutsher Sprache geshriebéne, einen Gegen- stand aus der Großpolnischen bezw. Posenschen Provinzial-Geshihte behandelnde Arbeit, welhe 1) noch nit durch den Druck veröffentliht ist, 2) einen - wesentlichen Fort- \chritt der histocishen Erkenntniß auf dem bezeihneten Gebtete darbietet, 3) bis zum 1. Oktober 1891 hei dem Vorstande der Historishen Gesellschaft für die Provinz Posen zu Posen eingereiht worden ist. Zur Bearbeitung empfohlen werden G:genstände aus der Geschichte der Kolonisation in Großpolen mit besonderer Berük- sichtigung der deutshen Einwanderung, über das Verbältniß des Deutschthums zum Polenthum im städtishen Leben Großpolens, aus der Geschichte der deutschen Adelsgeshlehter in Großpolen, aus der Geschichte ter Reformation in Großpolen.

Die Kirche von Siena, deren Heimsucung dur eine Feuers- brunst in Nr. 251 des ,R.- u. St.-A.* gemeldet worden, gilt mit Recht als eins der herrlichsten Vauwerke Italiens. Die ersten An- fänge ter Kirche reichen bis in das Jahr 1012 zurück, ihre heutige Gestalt empfing sie aber erst im dreizehnten Jahrhundert. Ursprüng- lih war der Dom noch grandioser geplant, aber die verheerende Pest des Jahres 1348 trat hindernd dazwischen. Troßdem ist die. Kirche ein fo außerordentlihes Bauwerk geworden, daß sie den Namen einer „Galerie der Künste“ mit Recht führen darf. Denn in diesem Gotteshause sind sowohl die Werke der eben erwathenden Kunst zu finden, wie diejenigen, welhe ihre höchste Blüthe be- zeihnen. In der Kirche, die eine Länge von 115,80 m hat, giebt es nit einen Winkel, der niht dur Künstlerhand veredelt wäre. Vom Fußboden des Schiffes bis hinauf zu dem jeßt leider zerstörten Kuppelbau ziehen sich die Kunstwerke großer Meister vergangener Fahréunderte, unter denen wir Namen begegnen wie Nicola und Giovanni Pisano, BVernini u. A. Obwohl das Feuer glücklicherweise nur die Kuppel und die Hâlste des Daches zerstört hat, so ist, wie der „B. Börs. C.“ berichtet, der Schaden do ‘ein unberecenbarer. Nor Allem sieht man mit Bangen dem Einsturz der Kuppel ent- gegen, welche unter thren Trümmern unfehlbar viele Säße begraben würde. Die Kirche ift ringëum abgesperrt, damit bei dem zu er- wartenden Niedersturz kein Menschenleben gefährdet wi:d.

Literatur.

Siaatsrecht auf Erundlage des deutsden Staatêëreckch;ts. Dargestellt von Dr. Herrmann von Schulze-Gaefernitz, ‘Großherzoglih badisher Geheim-Rath und ‘Professor des Staatsrehts an der Universität zu Heidelberg.- Zweiter Band. Zweite Abtheilung. Zweite Auflage. Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel, 1890. Er. 8. S. RI. u. S. 283 bis 734. Die erste streng wissenshaftlich-:systematishe Bearbeitung des preußischen Staatsrech's liegt mit dieser Schlußabtheilung des zweiten Bandes jetzt vollständig ror. Dem Verfasser war nicht ver- gönnt, die zweite Auflage seines verdienstvollen Werkes zum Abschluß zu bringen, denn nah beendeter Revision von 282 Seiten des zweiten Bandes (1888) wurde er dem Beruf als Lehrer in der juristishen Fakultät zu Heidelberg wie der Thätigkeit als ‘Mitglied der ersten badischen Ständekammer dur einen plößliwen Tod cm 27. Oktober 1888 entrissen. Der Nachfolger auf dem akademischen Lehrstuhle, Profeffor Georg Meyer, hat auf den Wunsch der Hinter- bliebenen die Herausgabe der zweiten Abtheilung des zweiten Bandes übernommen; er hat fi darauf beschränkt, die neuere Litecatur sorg- fältig nachzutragen und alle diejenigen Aenderungen vorzunehmen, welche durch die fortschreitende Gescßgebung beding“ waren. Ohne irgend welhe Aenderung an den in dem Buche enthaltenen \taats- rechtlichen Anschauungen vorzunehmen , is der Herausgeber vielmehr bestrebt gewesen, dem Werke die Eigenart des Verfassers vollständig zu erhalten. Die dem ersten Bande in dem Reichs: Anzeiger Nr. 150 vom 12. Juni 1888 gewidmete Anerkennung gebührt gleichfalls im vollen Maße der Fortseßung. Schulze hai bei Bekbandlung der staats- und Tirchenrechilihen Funktion auch hier twwiederum die alte würdige Eigenart des preußishen Staatslebens mit gewissenhaster Lreue hervorgehoben und den neuen Zufammenbang mit dem gesammten Staatsrecht Deutschlands durch juristishe Schärfe und überzeugendes Wohlwollen aufcefaßt, Zur Bekundung der allgemeinen deutschen Grundlage sind bei wichtigeren Vorschriften aus den Verfassungsurkunden und Geseßen anderer deutshen Staatea bezüglihe ParaUelstellen herangezogen Sn dem vorliegenden Bande werden behandelt als Fortseßung des dritten Kapitels innere Verwaltung, das MRechtsver- häliniß des Staates zur Kirche, Verhältniß des preußischen Staates zum Deutschen Reiche. endlich im vierten Kapitel der Rechts- {uß auf dem Gebiete des doffentlihen Rechts. Die Lehre der ge- schichtlihen Rechtsscule beachtend, die Gegenwart in ihrer Genesis aus der Vergangenheit zu verstehen, hat Schulze jeder Institution die geschichtlihe Entstehung und Fortbildung wvorangeschickt. Gestüßt auf cine umfassende Kenntniß der Quellen und Literatur is das durch gewissenhafte Forschung gewonnene reich- haltige Material umsichtig und in Elarer Darstellung wver- werthet, Die Anordnung is maßvoll und logisd, das Urtheil vorwiegend selbsiändig. In maßvroller Kritik versucht der Bcrscasjer jeder zweifelhaften Frage auf Grund geschickt gewählter Unterlage cine angemessene Lösung zu geben, Bei dieser Anerkennung sind do die nachfolgenden Zusäge geboten. Lie Bestimmung, daß îin größeren Städten die Verwaltung der örtliden Polizei besonderen vom Könige ernanxten Beamten mit dem Titel Polizet-Direktoten, bez, Polizei-Prâsidenten Übertragen werden kann, ist S. 310 nicht erwähnt Zu S 361 hâtte das wichtige und ehrenvolle Amt des Rektors einer Universität genauer nach Vorre{ten und Pflichten spezialisirt werden müssen, namentlich, daß die von allen ordentlichen Mitgliedern der 4 Fakul- täten vorzunehmende Wahl der Bestätigung des Königs bedarf. Gesc;ichtlih konnte daran erinnert werden, daß als erster Rektor der im Jahre 1810 gegründeten Universität zu Berlin vom König &riedrih Wilhelm 111. der Professor in- der juristishen Fakultät Swmalh ohne jede Mitwirkung der Universität ernannt wurde. Auh der von den ältesten Universitäten noch P errührende Titel für das höchste akademishe Amt „Magnificus*“ ist niht erwähnt. Die neun preußishen Universitäten hätten S. 362 wohl nach dem Jahre ¿orer Stiftung aufgezählt sein können, also Greifswald 1456, Marburg (die erste protestantische Uni versität Deutschlands) 1527, Königsberg 1541, Kicl 1665, Halle 1694, Breslau 1702, Göttingen 1737, Berlin 1810, Bonn 1818. Zweifel- hast bleibt do, ob das beste Korrektiv gegen die Mißbräuche der agakavemishen Lernfreiheit ein wohlgeordnetes, wahrhaft wissenschaftlides Prüfurgewesen sei (S. 361) Rücksichtlih der Frage nah Bere@tigung der konfessionellen Schule folgt &chulze (S. 349) auëschlieflich den Ausführungen von Gneist und meint, daß das Wesen der preußishen Bolkssckule aus der eigenthümlichen Ge- \chichte des preußischen Staats und den Anforderungen des deutschen Geistes an das Unterrichtswesen heraus8gewachsen sei (S. 351). Nur hâtte die schwierige Frage des Verhältnisses der Gemeindelehrer kommunalen Patronats zum Staat (S 347) näher erörtert werden müssen. Lagegen erachtet es der Verfasser als cinen unver- lierbaren Gewinn unseres modernen MRechtsbewußtseins, daß die Selbständigkeit der beiden evangelischen und katholischen Lebensordnungen erkannt sei; denn nur eine Kirhe, welhe aus sich selbst heraus cin eigenes geistiges Leben entwickelt und durch ein aus dem Organismus der Kirche hervorgegangenes Kirchenregiment geleitet wird, könne ihrer hohen Aufgabe entsprewen (S. 480). Ein genaues Register über den Inhalt der beiden Bände erleihtert den Gebrauch des Buches, dessen Bedeutung au bereits im Auslande dur Ueber- seßungen, welhe Rechtsgelehrte in Italien und Japan ausführten, anerkannt wurde.

Das Preußische

Swule auf Grundlage der an W. Pfeiffer’s 12 Wandbikder. - Herausgegeben von Dr. C. Kehr, Schulrath und Seminar-Direktor in Erfurt. Dritte Auflage. Gotha,

=_ „Der Anschanuungsunterriht®" für Haus und Dry Sypeckte-:’sch{chèn Fabeln in Anschluß

riedri Andreas Perthes, 1890. Die Dinge richtig sehen und ören lehren und dadur zu einem klaren Denken zum richtigen Sprechen

anzuleiten, ist Aufgabe des Anschauunasunterrihts, auf dessen breiter

Grundlage der ganze Bau einer gediegenen Menscenbildung ruhen

soll. Als das beste Lehrmittel dieses „Stammunterrichts“ haben #ich längst die Hey-Speckter' schen Fabeln erwiesen. Mit ihrer epischen Einfachheit, innigen Natursinnigkeit und \sittlihen Reinheit haben sie für die vorschulpflihtige Jugend ungefähr dieselbe Bedeutung, wie für die Erwachsenen die Dramen Lessing's, Goethe's oder Sciller?s und dürfen recht eigentlich die Klassiker der Kinderwelt ge- nannt werdey, deren Werth und Nuzbarkeit sch noch bedeutend er- höht und gesteigert, seit ihr Inhalt dur einen unserer ersten deut-

schen Thiermaler, W. Pfeiffec in München, in großen Wandbildern

für schülerreihe Klassen in künstlerisher Schönheit und feinem päda- gogischen Takt zur Darstellung gebracht ist. Das Interesse an den Hcy'schen Fabeln und das Bestreben, die 12 großen Wandbilder

Pfeiffer's für weitere Kreise nußbar zu machen und dem Hause wie der Schule dur) einen Beitrag zur Lösung der Frage des Anschauungs- unterrichts im Anschluß an jene Bilder zu dienen, haben den Ver- fasser, den bereits heimgegangenen großen Meister der neueren Unter- richtskunst zur Herausgabe des vorliegenden Buches angeregt. In demselben bietet er den deutshen Müttern wie auch der Lehrerwelt den Versuch, den Anschauungsuterriht auf einer einfa- kindlihen, poetis{-=reichaltigen Grundlage aufzubauen, die nicht allein den Verstand bildet, sondern auch das Gemüth befcruchtet den Willen veredelt und das Kinderherz für das Wahre und Schöne, Gute und Ewige begeistert. Dementsprehend ist jeder in Bild und Wort gebotenen Fabel unter A. eine „Beschreibung“ beigegeben, welcbe das der Besprechung zu Grunde liegende Anschauungématerial in aller Vollständigkeit bereit stellt, unter B, eine „Uebersicht“, um zu zeigen, wie bei dieser Art des Anschauungsunterrihts nit allein die Gemüths-, sondern auch die Verstandes- und Sprachbildung zu ihrem vollen Rechte fommen, und unter C. „Fragen“ mit Anhoaltsypunkten, welche besouders bei Repetitionen zur zweckmäßigen Verwendung ge- bracht werden können. Das Ganze is eine pädagogishe Muster- anweisung, welhe Müttern, Lehrerinner, Kindercärtnerinnen, Lehrern zeigt, wie der köstlihe Zweck einer harmonischen Vorbildung zu erreichen ist.

_— Im Verlage des Geographishen Instituts zu Weimar er- schienen zwei neue Karten, welche in hohem Grade zeitgemäß genannt werden dünfen, ‘Eine derselben, die „Handkarte von Deuts ch- Ost-Afr ika“, bildet die erste abgeschlossene zuglei eingehende und übersihtlihe Darstellung unseres ganzen ost-afrikanishen Vesitzes, wie er durch das Abkommen mit England begrenzt ist. Jn detaillirtem Maßstab 1:3 Millionen nah den neuesten Fors{chungen bearbeitet, vereinigt diese Karte ein handlihes Format mit niedrigem Preise (1 4) und wird daher in weiten Kreisen will- kommen geheißen werden. Die zweite Karte steht ebenfalls mit dem deutsch-englishen Abkommen in Zusammenhang ; unter dem Titel „Berlin-Helgoland“ enthält sie ein Kärthen von Helgoland und den benachbarten Meerestheilen, welchem in rother Farbe ein Theil des Stadtplans von Berlin in gleihem Maßstab aufgedruckt ist Die Karte (Preis 20 Z) ermögliht so einen interessanten anschaulichen Größenverglei.

* Was läßt sih im Rahmen unserer Kirchenordnung zur Lösung der sozialen Frage thun? Von Ewald Dres- ba ch, evangeliswem Pfarrer in Halver (Weslfalen). Düsseldorf, Ver- lag von Felix Bagel. Von der Ueberzeugung ausgehend, daß die soziale Frage, soweit fie überhaupt zu lösen ist, nur dur das Christenthum, d h. nur auf Grund der christlichen Welt- und Lebens- anschauung gelöst werden könne, zeigt der Verfasser an der Hand der Kirchenordnung für Rheinland und Westfalen vom v. März 1835, wie {hon ducch eine bessere Befolgung der darin enthaltenen Vor- \chriften, als es bisher der Fall gewesen ist, mit einem gewissen Erfolge dem Ansturm der Sozialdemokratie entgegen getreten werden könne. In erster Linie müßte der Paragraph, welcher bestimmt, daß ein Jedex, welcher eine Gemeinde verläßt, gehalten sein soll, zuvor bei dem Pfarrer ein Kirchenzeugniß zu begehren und dem Pfarrer der Gemeinde seines neuen Wohnorts dasselbe einzureichen, mit aller Strenge durchgeführt werden, um dadurch das Gemeindegefühl, das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu wecken und neu zu beleben. Ferner müsse das Presbyteriat wieder auf scine ursprüngliche Höhe erhoben werden und dessen Mitglieder sh voll und ganz ihrer Auf- gabe bewußt sein, mit Rath und That den Mitgliedern der Ge- meinde zu dienen, sie in freundschaftliher Weise vor Abwegen zu warnen und auf Mittel der Hülfe für die Armea bedaht zu sein. Was den Pfarrer selbst betrifft, so sollte dieser cinmal in der Predigt durch eine kräftige und lihtvolle Hervorkehrung des pesitiv Christlihen auf die Ueberwindung des Bösen hinwirken, neben der Predigt aber die spezielle Seelsorge pflegen und dabci auf die einzelien Gemeindemitglieder ermahnend, warnend und tröstend einwirken, Allerdings sei dazu nöthig, daß der Pfarrer sämmtlihe Personen seines Wirkungskreises nicht nur ober- flächli, sondern gründlich) kenne. Ein weiteres wichtiges Moment sei der Katehumenen-Unterriht. Die Konfirmanden müßten mit eincm größeren Fonds von Ethik als bisher ausgerüstet werden und mit klaren und festen Grund!äßen ins Leben treten. Viel, nicht vielerlei sollte die Regel dabei sein. Werde die Kirchenzucht in dieser Weise ausgeübt, so werde der Erfolg bald sichtbar werden. Allen evan- geli\chèn Geistlihen sowie den Mitgliedern der - Presbyterien und Kirchenvorstände ist die Schrifi dringend zu empfehlen.

* Die Kriegswaffen von Emil Capitaine und Ph. von Hertling. Rathenow, Verlag von Max Babenzien, Band IV, Heft 6—8, Die vorliegenden Hefte dieses, eine fortlaufende über- sichtlih gecrdncte Zusammenstellung der gesammten Schuße, Hieb- und Stichwaffen un» Instrumente seit Einführung der Hinterlader sowie der Torpedoë, Minen und Panzerungen bringenden Werks, ent- halten wie die früheren viel Interessantes vortreffliße Zeichnungen illustrirten Artikeln heben wir die nah: stehenden ganz besonders hervor: „Mörser ohne Bodenstück für flach- gehende Wasserfahrzeuge“; „Minimalscharte mit federnder Dichtungs- hülse für Revolverkanonen“, konstruirt von Gruson-Magdeburg ; „Drebbare Rahmenlafette mit hydraulisher Bremse“ von de Bange in Paris; „Fahrbarecr Panzerschild“ von Böttger und Albrecht in Chemniß und „Naben-Reibungsbremse für Geshüße“ von Gruson- Magdeburg. Erwähnenswerth sind ferner die zahlreichen Mittheilungen über neue Verschlüsse bei Hinterladungsgeshüten und neue Kon- struktionen von Repetirgewehren.

* Unitformkunde. Lose Blätter zur Geschihte der Ent- widelung der militärishea Tracht in Deutschland von Nichard Knötel. Rathenow, Verlag: von Max Babenzien. Von dem vor- genannten Werk liegen jeßt die Hefte 2, 3 und 4 vor, in welchen aus der Zeit Friedrichs I. die Uniformen der (weißen) Füsilier-Leibgarde, aus der Friedri Wilhelm's T. die des Königs-Regiments, aus der Friedrih's des Großen die des Husaren-Regiments von Zieten, des Kleist’shen Freicorps und der Jnfanterie-Regimenter „Prinz Heinrich von Preußen“ und „von Schwerin“ zur Anschauung gebraht werden. Das Ende des vorigen Jahrhunderts ift durch die Abbildungen von badishen Gardes - du - Corps, kurhessishen Leib - Dragonern und Husaren, - des schwäbis{chen Kreis - Kürassier - Regiments Hohenzollern und des {chwäbischen Kreis-Dragoner-Regiments Württem- berg, der Beginn des jeßigen Jahrhunderts dur die des bayerischen Dragoner-Regiments Nr. 2 und des preußischen braunen Grenadier- Bataillons von Losthin vertreten. Von Uniformen aus der Zeit der Befreiungskriege sind die aller drei Waffengattungen der hanseatishen Legion, der Frankfurter freiwilligen reitenden Jäger, des sächsischen Kürassier-Regiments von Zastrow und des ostpreußtschen f ational- Kavallerie-Regiments abgebildet. Da die Mehrzahl diesec Uniformen nur selten dargestellt worden sind, so dürften die vorliegenden Hefte vor: üglih zur Benußung Seitens bildender und dramatischer

Künstler geeignet erscheinen.

Von den zahlreihen dur |

Die „Deutsche Kolonialzeitung “, Oraan der Deutschen Kolonitalgesellshaft unter Redaktion von Gustav Meinecke, hat in Nr. 22 des 3. Jahrgangs der Neuen Folge folgenden Inhalt: Die Umwandlung der „Gefellschaftskolonien“ in „Kronkolonien“. Die Swasiland-Konvention. Die Mc Kinley Bill. Die Wan- jamuesi. Von Paul Reichard. Aus Südwest-Afrika, Mit- theilungen aus der Gesellshaft. Kleine Mittheilungén. Ein- gänge für die Bibliothek.

Aus dem reichen aat des 9. Hèftes der „Monats- \chrift für Deutsche Beamte“ (Verlag von Friedr. Weiß Nachfl. [Hugo Söderstrôm] in Grünberg i. Swhlef.) beben wir Fol- gendes hervor: Verordnungen, Erkenntnisse. Die Aufbesserung der Beamtengehälter. Beamte der Chemie. Welche Aufgabe stellt die wachsende Arbeiterbewegung den Bürgern unseres Staates, na- mentlich den Beamten? (Schluß.) Wirthschaftliße Rechte und Pflichten der Beamten. Beruf und Berufsftellung der Väter der im Sommer-Semester 1887 auf den preußischen Universitäten studi- renden Preußen. Unteroffizier-Prämien, Ausbildung der Regie- rungs-Refcrendare. Vergünstigungen für Beamte in Norderney. Zur Regelung des Besoldungswesens. Zur Geschichte des Beamten- thums unter Ars dem Großen. —. „Gründung von Arbeiter- heimen. Das Verhältniß des Königlichen Rentmeisters zum Kassenkurator.

Die „Zeitschrift für Gerichtsvollzieher“, Spezial- Organ über Vollstreckungsrecht und Zustellungswesen, herausgegeben von deutschen Rechtsgelehrten und Fahmännern (Redaktion und Verlag: Siemenroth u. Worms in Berlin 8W.), hat in Nr. 20 des 4. Jahrgangs folgenden Inhalt: Ueber die Einwirkung der Forderungs- Pfändung auf die Zwangsvollstreckung wegen der gepfändeten Forderung. Von Hen. Amtsgerichts-Rath Voß in Bergen a. Rügen. Er- stattung der Kosten einer Zwangsvollstreckung, welhe im Auftrage einer armen Partei von dem derselben gemäß §. 107 Ziffer 3 der Civilprozeßordnung beigeor»neten Gerichtsvollzieher vorgenommen wird. Von Hrn. Gertihts-Assessor Meves in Zeiß. Pfändung von Geldbriefen Zeitschriften- und Bücherschau. Personal/MaB» rihten. Sprechfaal.

__— Die im Verlage Friese & von Nuttkamer in Dresden ersheinende Zeitschrift „Das Pferd“ enthält in allen Fragen, Zucht, Haltung, Dressur und Wartung des Pferdes betreffend, manche prak- tishen Rathschläge, sodaß fie Liebhabern der Pferdezucht empfohlen werden kann.

—, 7 In „Engelhorn's allgemeiner Nomanbibliothek" (Stuttgart, Verlag von J. Engelhorn) sind neuerdings als leßte Nummern des 6. Jahrgangs erschienen: „Mr. Potter aus Texas“, Roman in 2 Bänden von A. C. Gunter und „Ein gefährlihes Werkzeug“, von D. C. und H. Murray. Der amerikanische Autoc des erstgenannten Romans bekundet sich darin als ein Erzähler von großer Kühnheit der Erfindung und reicher, gestaltungskräftiger Phantasie. Der andere Roman bietet eine spannende Kriminal- geschichte mit sehr geschickt erfundener Handlung, in welcher neben den anderen treffend gezeihneten Charakteren vor Allem ein gewandter, faltblütiger Detektiv das Interesse des Lesers anzieht. Der 7. Jabrgang der Bibliothckk beginnt in sehr glück- licher Weise mit dem zweibändigen Roman „,Preisgekrönt“, von Alexander Baron von Roberts. Es if entschieden das beste Werk des in kurzer Zeit bekannt und beliebt gewordenen Autors. Gr entrollt darin ein von frischem gesunden Leben erfülltes Bild aus der Gegenwart, dessen Ernst er dur einen feinen Humor geschickt zu erhellen verstanden hat. Das neueste Bändchen enthält einen fesseln- den Roman von Georges Obnet mit dem mystishen Titel „Die Seele Pierre’'s , Demselben liegt ein ganz originelles, romantisch ausgestaltetes und mit großem Geshick durhgeführtes Motiv zu Grunde. Mit dem Werkchen wird der berühmte Verfasser des „Hüttenbesißer gewiß noch neue Verehrer gewinnen. Von der Gngelhorn'shen Romanbibliothek erscheint alle 14 Tage ein Band zum Preise von 50 (in Leinwand gebunden 75 .4).

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Dänemark.

Durch Bekanntmachung des Königlich dänisGen Justiz-Ministe- riums vom 15. Oktover 1890 sind die geseßlichen A, über die gesundheitspolizeilihe Untersuhung in Kraft geseßt worden für diejenigen Schiffe, welche von Aleppo und Lissabon tommen oder mit von diesen Pläßen kommenden Schiffen auf der Reise Verkehr gehabt haben. Gleichzeitig ist die Cinfuhr von gebrauchter Leibwäsche, gebrauchten Kleidungsstücken, gebrauhtem Bettzeug (soweit diese Gegenstände nicht Reifegut sind, welches lediglich einer Reinigung unter öffentliher Aufsicht unterlieg*), Lumpen gebrauchter Watte, Kraßwolle und Papierabfällen aus denselben Piigen verboten O :

Das dur Bekannkmahung vom 21. Juni d. ch Einfuhrverbot (R.-A. Nr. 159 vom 3. Juli 1890) if ruf Gde und Grüngewächse ausgedehnt, welche in oder unmittelbar an der M 14 evt

ie unterm 14, September 1889 getroffene Anordn die gesundheitspolizeilichen Maßtegeln N Peru (M Mea vom 8. Oktober 1889), ist aufgehoben, E i.

Auftralien.

Dur Verordnungen des Gouverneurs zu Sydney vom 2. Sep- tember 1890 ift bestimmt worden, daß alle Schiffe welche von Egypten oder aus Häfen des Mittelmeeres, sei es direkt sei es über Zwischenhäfen nah der Kolonie Neu-Südwales kommen, oder welche Passagiere oder Ladung. aus jenen Häfen im Durchgangs8verkehr führen so lange in Quarantäne gehalten werden sollen, bis sie von dem zu- ständigen Gesundheitsbeamten zum freien Verkehr zugelaffen werden.

Kachrichten über Verbreitung von Thierkrankheiten im Auslande. Rußland. Im Juli 1890, Ninderpe st. Gebiete: Zabl des des getödteten gefallenen ( Viehs: S 275 19 Kuban (Kaukasus) . -. 3243 58 Terek (Kaukasus) . 627 91 Gouvernements: Stawropol (Kaukasus) 2858 90 Oeiterrel Laut der am 7. September 1890 vorliegenden Meldungen. Lanb: Zahl der infizicten U j Orte: Höfe:

Maul- und Klauenseuch e. Nieder-ODestertech (18 91 Ua C A 1 6 NUmnIand E N 1 8 Sitrol-Borarlberg «5 o) 8 Dome. «c C O 345 Dare ee E O BD 348 Ca E 41 Walken E 1273 Bukowina 20 70

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Böhmen . ._, Mrt R 16 Le: 11 et A 2 3

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