1891 / 38 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Gut!&eidung na den im §. 5 enthaltenen Vorschriften. Der Bescheid ist fowobl dem Unternehmer wie dem Widersprehenden zu eröffnen. 8. 7. Gegen den Bescheid ist die Bes&werte an die Landes- Centralbebörde zulä sig. Die Beschwerde muß zur Vermeidung des Verlustes binnen zwei Wowen eingelegt und gerechtfertigt werden. Der Bescheid über die Besbwerde ift den Parteien {riftli ¿4 eröffnen und muß mii Gründen verseben scin. Ist die Reichs-Telegraphenverwaltung bei dem Verfabren betheiligt, so steht ihr gegen die Entscheidung der Landes-Centralbehördz binnen zwi Wochen die Best werde an den Bundeêrath zu. Der Bundesrath entscheidet nach Ankbörung der Landes-Centralbehbörde. ; L

S. 8. Die dur unbegründete Einwnendunzen erwachsenden Kosten fallen dem WiderspreGenden, alle übrigen Kosten, welhe dur das Verfabren entstehen, dem Unternehmer zur Last. Jn den Bescheiden übcr die Zulässigkeit der neuen Anlage wird zuglei die Vertheilung der Kosten festae’ett.

E 9, Die E eian der im §. 3 bezeihneten Anlagen bleibt folange in Kraft, als feine Veränderung derselben vor- gencwumen wird, und bedarf unter dieser Vorauësezung auch darn, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, der Er- reuerung nicht, Jede Abänderung der Anlage bedarf dagegen der vorgängigen Genehmigung nach Maßgabe der S8. 3 bis 8. Die vor- ‘ebenden Bestimmungen finden auf die im §. 3 Absaß 2 kezeihneten Anlagen Anwendung.

E "10. Anschlüsse einzelner Grundstücke an eine der im § 3 be- ¿ecihneten Anlagen gelten nit als Abänderungen im Sinne des §,. 9 und bedürfen der Genehmigung nit, wenn die anzus{ließenden Grundstücke urmittelbar an den öoffentliten Grund und Boden, welcer für tie Anlage benußt wird, angrenien. Von der Ausführung folœer Anschlüsse ist der Orts-Polizeibehörde mintcstens eine Woche vorber Anzeige zu erstatten. Daéselbe gilt von der Anbringung von Beleuchturgskörpern an der Aufcnseite von Gebäuden und deren Zu- lcitungen. : :

§. 11. Die Bestiminungen der 8. 3 bis 10 finden keine Anwendung 1) auf eleftris%e Anlagen, für we!(we der Erund und Boden von Eiscnbabn-Verwaltungen benutzt wird, soweit für sie nit auch anderer öfentliher Grund und Boden berugßt wird; 2) auf elektris&e Anlagen der Neichs- und Staatét-Télegraphenverwaltu»g. Die im §. 4 Absay 2 bezeiwneten Verwaltungen und Urternehmer sind berebtigt, gegen die von der Neihs- oder Staatës-Telegraphenverwaltung ausgeführten eleftrishen

Anlagen biznen vier Woben, nabden deren Auéfüßhrung zu ibrer Kenntuiß gelangt ift, bei der hôberen Verwaltungsbehörde Widispruch zu e: beben. Wird ein folher Widerspru erboben, fo entscheidet die böbere Veiwaltungébi hörde, sofern fie nit die erbobenen Einwendungen als unbegründet zurüdckweist, ob die Anlage zu beseitigen oder vorzuschrei- benden Abänderungen zu unterziebßen if. Auf das Verfahren finden die 88. 6, 7, 8 entsprehende Anwendung.

S. 12. Anlagen der im §. 1 bezeihneten Art für Räume, welche zur Abhalturg öffentliher Schaustellungen, Festlichkeiten oder Ver- sammlungen bestimmt sind, fowie für Räume, in welhen exvlodirbare Stoffe vera1beitet werden, lazern, si bilden oder ansammeln können, dürfen erst in Betrieb gefeßt werdex, nachtem ihre vorscriftswäßige Einrictung dur die Orts-Polizeibehörde festgestellt und bescheinigt worden ist, Í

S. 13, Mit Geldstrafe bis zu dreibundert Mark wird bestraft: 1) wer den auf Grund des §. 1 erlaffenen Vorschriften zuwiderbandelt; 2) wer eine elefirishe Anlage, deren Errichtung na §, 3 der vorgängigen Genehmigung bedarf, ohne diefe errichtet oder betreibt, oder dieBedingungen, unter denen die Genehmigung ertbeilt worden ift, nit inne- bält, oder an einer solchen Arlage ohne die vorgeschriebene Senchmigung Veränderungen vornimmt; 3) wer der Bor- {rift des §. 12 zuwiderbandelt. Die Polizeibehörde kann in den Fällen “41 und 2 die Bescitigung der Anlage oder die Herstellung des den Vorschriften oder Bedingungen ent- \sprechenden Zustandes, in dem Falle zu 3 die Einstellung des Be- tricbes anordnen.

§ 14. Wer es unterläßt, die im §. 10 vorgeschriebene Anzeige zu erstatten, wird mit Geldstrafe bis ¡u cinburdertfünfzig Mark bestraft.

S. 15. Welde Behörden als höhere Verwalturgsbehörden im Sinne dieses Gesctes gelten, wird von den Lardes-Centraibebörden befiimmt.

In dem allgemeinen Theil der Begründung heißt es:

Die Verwendung der E: ektrizität zu Beleubtungs- und anderen technischen Zwecken hat neuerdings einen so erbeblihen, im steten Watsen begriffenen Umfang gewonnen, daß sih das Bedürfniß heraus- gestellt hat, zur Abwendung der mit den elektrishen Anlagen ver- bundenen Gefahren geseßliche Bestimmungen über die Errihtung, die Ein- richtung und den Vetrieb diefer Anlagen zu erlassen. Es kommen dabei in Betracht: die Stromerzeugungs8anlagen, die Leitungen, die Inftallationsanlagen und die elíktrotehnischen Fabriken. Die mit diesen Anlagen verbundenen Gefahren bestehen in der Möglichkeit von Unfällen in Folge der Berührung mens&li{her Körper mit den elektrishen Apparaten und Leitungen, in der Feuersgefahr, in der inögliden Störung des öffentlihen Telegravhen- und Telévhon- veiriebes dur die für andere Zwecke bestimmten elektrishen Leitungen und in den Folgen des durch irgend einen Zufall berbeigeführten Zerreißens dier, stark gespannter, über Häuser und Straßen fort- geführter Drähte.

Zur Si@&erung gegen diese Gefahren muß Vorsorge getroffen werten, daß alle eleftris@en An!agen dicjenigz Einrichtung erhalten und wit denjenigen Vorkebrungen versehen werden, welce geeignet sind, die Gefahr für Menschen und die Feuersgefahr thunlibst aus- zuschließen und daß die Leitungen eine Einrichtung erhalten, durch welche die gegenseitige Störung der Betriebe vermieden und das Zer- reißen der Dräßte tbunlichst verhindert und eintretenderfalls unge- fährlih gemacht wird, :

Der Vors&lag, zu dem Ende alle el:kirote{nischen Anlagen dur Aufoahme in das Verzeichniß des § 16 der Gewerbeordnung von vorgängiger polizeiliher Genehmigung abhängig zu machen, ist bei näherer Ernrägung auf das Bedenken estoßen, daß das Verfahren, wcl§es in diesem Falle nah den Nöts@rifien der Gewerbeordnung eintreten würde, für eine große Zahl eliktrotebnischer Anlagen eine Crschwerung und Belästigung mit sich bringen würde, welche zu der damit verbundenen Gefabr und dem dabei in Betracht fommenden öffentlihen Irterefse nicht in richtigem Berbältriß stehen und auf die wünschenêweribe weitere Entwickelung der Elektrotechnik hemmend einwirken würde,

Dur den vorliegenden Gesctentwurf wird daher der Weg besonderer geseßlicer Regelung cingeschlagen, und zwar in der Weise, daß das gesetlihe und polizeilite Eingreifen für die verschiedenen in Frage kommenden Anlagen nah dem Maße der damit verbundenen Gefahr und des dabei in Betracht kommenden öffentlihen Interesses verschieden bem: sen wird, Z

Ueber die Einrichtung und den Betrieb der elektrischen Anlagen sollen urter Berücksi&tigung der verschiedenen Arten derselben allgemeine polizeiliGe Vorschriften erlassen werden, welche für alle Anlagen gleihmäßig verbindliG sind. Die Bífolgung dicser Vorscriften soil der Regel nah nur dadur ge- siWert werden, daß Zuwiderhandiungen unter Strafe geftellt werden. Eine Ausnahme von dieser Regel soli füc solche Anlagen eintreten, bei déren Einrichtung Interessen des öffentlichen Verkehrs und öffentlicher Betriebe, sowie die Verbütvng gegenseitiger Störung zu berücksichtigen ind, oder deren Betiieb mit Gefahren für weitere Kreise verbunden ilt. Im ersteren Falle soll die Ausfübrung der Anlage ven einer vor- gangigen polizeiliden Genehmigung abbängig sein, im leßteren soll vor der Inbetriebsezung die UÜeberzinstimmung der Anlage mit den allgemeinen polizeili{en Vorschriften amtlich festgestellt werden.

Nachdem die. Schußtruppe für Deutsh-Ofst: Afrika in Bezug auf militärishe Organisation und Disziplin dem Reichskanzler (Reihs-Marinecamt) unterstellt worden ist, hat das Auswärtige Amt (Kolonial-Abtheilung) die Bearbeitung der Personalien der Schußtrupp2 an das Reichs-Marineamt abgegeben. : E E :

Hierbei wird wiederholt darauf hingewiesen, daß auf Grund der bieher bei dem Auswärtigen Amt eingegangenen Gesuche um Einstellung in die Shußttruppe bereits eine so beträchtlihe Anzahl von Offizieren und Unteroffizieren vor- gemerkt worden ist, daß für abschbare Zeit ein Bedarf vor- aussihtlich niht eintreten wird.

Durch eine frühere Verfügung des Ministers des Fnnern war den Königlichen Regierungen und Landdrosteien empfohlen worden, auf die städtishen und die ländlihen Gemeinden in dem Sinne einzuwirken, daß sie für die Correspondenz unter Kommunalbehörden den Grundsaß, nah welchen bei portopflichtigen Sendungen von dem Absender in allen Fällen die Frankirung zu be- wirken und die Erstattung des Portos durch den Empfänger niht zu beanspruchen ift, annehmen und zu diesem Behufe der entspre&enden, unter einer großen Zahl von Ge- meinden geschlossenen Vereinbarung beitreten oder durch den bezeilhneten Grundsaß thatsählih anwenden möthten.

Nach einer Mittheilung des Magistrats von Berlin um- faßt der auf jener Vereinbarung beruhende Portoverband zur Zit bereits 25 000 Städte und Landgemeinden. Es sind aber in neuerer Zeit gegen die weitere Ausdehnung des Verbandes von einigen Seiten Bedenken auf Grund der Annahme, daß das erstrebte Ziel fich nur im Wege der Geseßgebung erreichen lasse, und auf Grund des Verlangens erhoben worden, daß zunächst ein Verzeihniß der dem Verbande angehörenden Ge- meinden mitgetheilt werden müße.

Weder die eine noch die andere dieser Einwendungen ist für durshlagend zu erahten. Allerdings würde die Aus- dehnung des Verbandes auf sämmtliche Gemeinden vor- aussihtlich nur durch ein Geseß herbeigeführt und eine volle Sicherheit dafür, ob im einzelnea Falle Reciprocität zu erwarten ist, nur aus einem, die Gemeinden des Verbandes nach: weisenden wegen des hohen Betrages der Herstellungskosten niht zu beshaffenden Verzeihnisse entnommen werden können. Aber auch wenn dem Verbande nit alle Gemeinden des Staats angebören und au ohne die volle Sicherheit für die Gewährung von Reciprocität, hat der Beitritt zum Verbande und, selbst ohne ausdrücklichen Beitritt, schon das Verfahren nach dem Verbandsgrundsaßze für jede Gemeinde den großen Vortheil, daß sie der Annahme ihrer Post- sendung Seitens des Adressaten si&er ist und der lästigen Weiterungen, welhe mit der Durführung eines Anspruches auf Portoerstattung verbunden sind, überhoben wird. Sollte in einem einzelnen Falle Reciprocität nit geübt werden, so ist der Verlust immer nur ein geringer, und das Vorkommen derartiger Fälle wird, bei einer weiteren Ausdehnung des Verbandes, immer seltener werden.

Demgemäß sind die Königlichen Negierungs- Präsidenten neuerdings von dem Minister des Jnnern ersuht worden, auch fernerhin angelegentlihst bestrebt zu sein, die Gemeinden zum Eintritt in den Portoverband oder doch zur Annahme des Verbandsgrundsaßzes für ihre Postsendungen an andere Ge- meinden zu veranlassen.

Die Distriktskommissarien haben nah einer Ver- fügung des Ministers des Jnnern bei der Wahrnehmung von Dienstgeschäften niht die Militär:Uniform, wenn sie auch zu deren Anlegung persönlih berechtigt sind, sondern die für ihre Dienststelung vorgeschriebene Civil-Dienst-Uniform an- zulegen, Die Allerhöchst wverlichene Erlaubniß zum Tragen der Militär-Uniform kann, wie der Minister im Ein- verständniß mit dem Kriegs-Minister bemerkt, auf solhe Fälle keine Anwendung finden, in denen das Interesse des Dienstes das Anlegen von besonders vorgeschriebenen Civil-Dienst- Uniformen erfordert, zumal wenn jolhe, wie im vorliegenden Falle, gleihfalls durch Allerhöhste Anordnung zur Einführung gelangt sind.

Auf Anordnung des Ministers jür Handel und Gewerbe werden demnächst Vorschläge zur Aufstellung von Orts- (Kreis-, Provinzial-:) Statuten für die auf Grund des Reich2gesetes, betreffend die Gewerbegerihte, zu errihtenden Gewerbegerihte, nebst Erläuterungen , ver- öffentliht werden. Sie erscheinen im Verlage von Fr. Kort- kampf, Berlin-Charlottenburg.

Se. Durchlaußt dzr Prinz Albert zu Sachsen- Altenburg, Commandeur der 3. Garde-Kavallerie-Brigade, hat einen 14 tägigen Urlaub nah Oesterreih-Ungarn an- getreten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem- bergische Ober-Finanz-Rath von Fischer ist hier angekommen.

S M S. „Carola“, Kommandant Korvetten-Kapitän Valette, ist am 10. Februar cr. in Port Said einge- troffen und beabsichtigt, am 13. die Heimrei!e fortzusezen.

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Danzig, 11. Februar. Der XIV. Westpreußische Provinzial-Landtag wurde heute durch den Ober- Präsidenten von Leipziger mit folgender Ansprache eröffnet :

Hochgeehrte Herren!

Als Königlicer Kommissarius habe ih die Ehre, den XIY. West- preußischen Provinzial-Landtag bei seinem Zusammentritt zu begrüßen.

Seitens der Königlichen Staatsregierung wird voa Ihnen eine Aeußerung über die Ausdehnung des für die Hobenzollern?cen Lande ¿rlòfenen Geseßes vom 29, Juni 1890, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere auf die Provinz Westpreußen, und eine Beschlußfassung darüber verlangt, ob der Provinzial-Verband bereit ift, sich der Förderung der von dem Landes-Oekonomie-Kollecium als dringendes Bedürfniß anerkannten Errichtung und Unter- haltung von Scäfer-Lebranstalten oder -Lehrkursea in Westpreußen anzuvehmen; im Uebrigen wird an Sie das Ersuben um Vornahme von Wablen gerichtet.

Den “Haupigegenstand Ihrer Verhandlungen bilden die Vor- lagen des Provinzial - Ausschusses über die kommu-:alen ‘An- gelegerh?iten, das Re{nurgswesen und den Haushalts - Etat des Provinzial-Verbandes; ars diesen Vorlagen bebe ich als besonders wichtig den Antrag auf Ankauf tes Gutes Gigel im Kreise Konig bervor, welder ten Zweck verfolgt, die Errichtung einer Arbeiter- Kolonie für die Provinz Westpreußen zu ermöglihen und zugleich die weitere Entwickelung der Korrigendenanstalt zu Konitz zu fördern.

Endlich werden Sie sih mit einem Gesuche des am 15. De- zember 1890 gegründeten Westpreußisden Prooinzial - Vereins zur Bekämpfung der Wanderbettelei zu beschäftigen haben, in welchem. zum Zweck der Einrichtung einer Arbeiter-Kolorie von dem Provinzial- Verbande die Ueberweisung eines ‘geeigneten Grundstücks, die Be- willigung ein:5 eirnmäligen Beitrag?:8 von 10009 4 zu den Ein- ribtungéfoften und die Gewährung einer Taufénden Beihülfe von 3009 Æ zu den Unterhaltungéfosten der Anstalt vom Jahre 1892 ab vorläufig auf drei Jatre erbeten wird.

Indem ich dem Wunsce Ausdruck gebe, daß Ibre Verhandlungen der Provinz zum Segen gereichen mögen, erkläre ich hiermit den XI1V, Westpreußis{en Provinzial-Landtag für eröffnet. :

Der Geheime Regierungs-Rath Engler (Berent) eröff- nete als Alterz-Präsident die Sißung mit einem Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König. , ;

Nach einer kurzen Geshäftsordnungsdebatte über die Zu- sammensezung des Wahlausshusses wurde der „Danz. Allg. Ztg.“ zufolge die Wahl des Vorsißenden des Provinzial-Land- tages vorgenommen, aus welcher der Abg. von Graß (Klanin) hervorging. S

Zum stellvertretenden Vorsißenden wurde von Gra- magfi (Danzig) mit 29 Stimmen ernannt. Zu Sghrift- führern wurden sodann per Akflamation die Abgg. Müller (Dt. Krone), Kaußt, Lörke und Dr. Kecsten gewählt.

Posen, 11. Februar. Jn der h?»utigen Sizung der Stadtverordneten-Versammlung if dem „Pos. Tgbl.“ zufolge der Stadtrath Witting aus Danzig mit 22 von 36 Stimmen zum Ersten Bürgermeister der Stadt Posen gewählt worden,

Hessen.

Darmstadt, 11. Februar. Die Finanz-Auss\{hüsse beider Kammern der Stände genehmiaten, wie der „Köln, Ztg.“ gemeldet wird, die Staatszushüsse zur Herstellung des Wormser Doms mit 300000 Æ, der Stadtkirche in Friedberg mit 100000 M

Anhalt.

Dessau, 11. Februar. Jhre Durhlauchten der Für | und die Fürstin von Reuß ä. L. sind, wie der „A. Sr. A.“ meldet, zum Besuch am Herzoglichen Hofe hier eingetroffen und gedenken sih von hier nah Rudolstadt zu begeben,

n der gestrigen Sißung des Landtages wurden zu Kandièaten für das Präsidentenamt die Abgg. Lezius, von Biedersee und Freiherr von Ende gewählt. Der Staats- Minister von Krosigk erklärte sofort, daß er von Sr. Hoheit den Herzog ermähtigt sei, dem Landtage Folgendes zu eröffnen: Se. Hoheit der Herzog wählt aus den drei Präsidentschafts- Kandidaten den an erster Stelle gewählten Abg. Lezius ¿um Landtags-Präsidenten der gegenwärtigen Landtageperiode. Zum Ersten Vize-Präfidenten wurde sodann der Abg. von Biedersee, zum Zweiten Vize-Präsidenten der Abg. Freiherr von Ende gewählt,

Oefterreih-:Ungarn.

Wien, 12. Februar. Wie die „Presse“ meldet, dürften die österreihish-ungarish-deutshen Handelsver- trags-Verhandlungen nunmehr rasche Fortschritte machen, sollen aber von beiden Seiten geheim gehalten werden, bis den Parlamenten eine bezügliche Vorlage zugeht und zwar schon deshalb, weil in der Zwischenzeit Verhandlungen mit anderen Staaten angeknüpft werden sollen, inzbesondere Seitens Deutschlands mit der Schweiz und Ftalien, Seitens Oesterreichs mit der Schweiz, Serbien und Rumänien. Es sei von Werth, daß diesen Staaten die ihnen vom Standpunkt der Meist- begünstigung zustehenden Positionen nicht bekannt seien.

Der „Neuen Freien Presse“ zufolge is die Frage der Frachttarife zwischen den Handels-Ministern von Desterreich und von Ungarn durh den Austausch von Erklärungen geordnet, in welhen eine vollstän- dige Reziprozität bezüglih der Frachttarife für den Eisen- bahn - Waarentraneport festgestellt wurde. Es sei daher eine einseitige Tarifpolitik künftig ausgeshlossen. Der ungarische Lokal-Tarif bleibe aufrecht erhalten, erlange aber durchweg für den Transport aus Oesterreich nach Ungarn Geltung; ebenso sien eventuelle Reformen des österreihishen Tarifs wirksam für die Provenienzen aus Ungarn.

Großbritannien und Frland.

Im Unterhause stellte am Dienstag der Erste Lord des Schagamts Smith den Antrag, daß die Zehntenvorlage den Vorrang vor allen anderen Geschäften des Hauses haben solle. Er erklärte, der Antrag sei nothwendig geworden dur den langsamen Fortschritt der Vorlage und den Wunsh der Regierung, der Opposition Gelegenheit zur Einbringung ihres Tadelsantrages in B ‘treff der Verwaltung Jrlands zu gewähren. Sir W. Harcourt bekämpfte Namens der Opposition den Antrag, der indeß shließlih mit 248 gegen 178 Stimmen angenommen wurde. Jm weiteren Verlauf der Sißung wurde der Bericht über die Amendements zur Zehntenvorlage genehmigt und die dritte Lesung des Entwurfs auf heute, Donnerstag, angesett. Jn feiner gestrigen Sigung hat das Unterhaus mit 202 gegen 155 Stimmen die zweite Lesung des Geseßentwurfs an- genommen, durch welchen die Ehe eines Wittwers mit der Schwester seiner verstorbenen Frau für geseßlih zulässig erklärt wird.

Die irishen Deputirten O’Brien und Dillon erließen, wie „W. T. B.“ aus Boulogne #\. M. meldet, ein Manifest, in welhem sie erklären, daß das unumgänglich nothwendige Einvernehmen für die irische Sache ein Einvernehmen, welches von der großen Mehrheit des Volkes und zahlreichen irishen Deputirten ersehnt worden gescheitert sei, und zwar in Folge von Bitterkeit der Be- theiligten und nubßlosen Streitigkeiten über Formfragen. O’Brien und Dillon weigern si, wie sie sagen, an dem häuslihen Zwist theilzunehmen, der in Jrland ausbrechen werde, Sie würden morgen nah England abreisen, um sih den Behörden zu stellen und ihre Gefängnißhaft anzutreten. Die beutigen Londoner Morgenblätter veröffentlichen ein Schreiben Parnell's an O’'Brien, in welhem Parnell den Abbruch der Verhandlungen damit erkiärt, es sei ihm unmöglih ge- macht worden, die nationalen Interessen als so sichergestellt zu

‘von ‘der ‘ikishen

betraten, daß er-ôhne Gefahr für die irishe Sahe die ihm Nation übertragene FührersBaft nieder- Legen Tönne.

Das gestern Per Se indte britische Armeebudget veranshlagt der „Mgdb. Ztg zufolge die Ausgaben für das Heer im Etatsjahre 189192 auf 17 545 000 Pfd. Sterl. gegen 17 657 300 Pfd. Sterl. im vorhergehenden Finanzjahre.

Admiral Hornby hat fi jegt ebenfalls zu Gunsten einer wesenilihen Verstärkung der britischen Kriegs-Marin'e ausgesprohen. Namentlih empfiehlt er, daß jährlih etwa 4500 Sciffsjungen ausgebildet werden sollen, welche nach sehs- jähriger Dienstzeit mit Reservesold in die Handels-Marine ein- treten könnten und eine tüchtige Reserve bilden würden. „Solche Leute“, schreibt der Admiral, „find in der Handels-Marine ebenso (wenn niht mehr) nöthig, als auf Kriegsschiffen. Gegenwärtig bildet unfere Handels-Marine keine zuverlässigen Leute aus. Die besten Leute in derselben sind Ausländer Dänen, Schweden, Deutshe und Holländer alle wohlaus- gebildete und zuverlässige Leute, während die Engländer un- wissend und ungehorsam sind. Wer meine Meinung über englische Handelsseeleute bezweifelt, befrage die großen Schiff3- ter in Liverpool oder London und höre, was sie zu sagen

aben.“

9 Auf der Staatzwerst zu Chatham lief gestern der für die britishe Kriegsmarine gebaute neue Kreuzer „Apollo“ vom Stapel. Das Schiff ist 300 Fuß lang, 43 Fuß breit und hat bei einem mittleren Tiefgange von 16 Fuß 6 Zoll ein Deplacement von 3431 t. Der Stiffskörper ist ganz aus Stah! erbaut. Die Armirung besteht aus zwei 152 Millimetergeshüßen, se{s 12 Centimeter-Synellfeuer- fanonen, drei auf jeder Bordseite; ferner 8 Sechspfündern, einem Dreipfünder und einem Neunpfünder. Außerdem sind 4 Torpedo - Lanzirrohre vorhanden. Nah dem Typus des „Apollo“ werden 29 Kreuzer gebaut, die zum größten Theil bei Privatfirmen in Bestellung gegeben sind.

Aus Pietermarißburg vom 10. Februar meldet „N. B.“: Der geseßgebende Rath von Natal nahm heute den Entwurf an, welcher der Kolonie eine verantwortliche Reaie- rung und eine Verfassung giebt. Danach wird die Kolonie künftighin cine einzige Kammer von 37 gewählten Mitgliedern und ein Kabinet von sechs der Kammer verantwortlichen Ministern haben.

Frankreickch.

Paris, 12. Februar. Die Blätter veröffentlichen ein offizióses Communiqué, wonach der Minister der öffentlichen Arbeiten Guyot im Einvernehmen mit der Nordbahn-Gesell- schaft die Durhgangstarife aufgehoben hat, welche leßtere seiner Zeit mit der englischen Bahngefellshaft vereinbart hatte. Ferner habe der Minister Guyot die Paris-Lyoner Bahnge}ellshaft, sowie die Eisenbahngisellshaften in Süd- frankreih aufgefordert, die Tarifvzrträge Betreffs der spani- he Weine abzuändern, und gleichzeitig die übrigen Gesell:

aften davon verständigt, daß dieselben einige von den Handelskammern bezeichnete Dur&gangstarife aufheben müßten.

Dem Höheren Arbeitsrath, welcher in der nätsten Woche zu seiner ersten Session zusammentritt, wird die Prüfung der nachstehenden Fragen obliegen: Schiedsgerichte Betreffs Differenzen zwishen Arbeitgebern und Arbeitern, Dienst- Vermittlungs : Bureaus der Arbeiter, die Lohnfrage, Aus- zaßlungêmodus für die Löhne und Unantastbarkeit der Arbeits- löhne.

Rußland und Polen.

Der Erzherzog Franz Ferdinand von Oester- rei-Este kehrte von dem Jagdauëflug nah ZJaschtsheri (an der Warschauer Bahn), den er mit dem Großfürsten Wladimir unternommen hatte, gestern nah St. Peteréburg urüdck und folgte darauf einer Einladung des Großfürsten Zaul zum Diner. Am Abend empfing der Erzherzog eine in St. Petersburg eingetroffene Deputation seines im Poltawa’shen Gouvernement fkantonnirenden Bug' schen Dragoner-Regiments.

Wie dem „Rishik. Westn.“ aus St. Petersburg ge’hrieben wird, gehen die Arbeiten der Kommission, welche die Reform der „Verschickung“ zu berathen hat, ihrer Beendigung ent- gegen. Die Kommi!sion hat diesen ihren Arbeiten ganz neue Gesichtspunkte zu Grunde gelegt, wona die Vershickung durch Kolonisation neuer Gebiete des Reihs erseßt werden soll. Außerdem soll in einzelnen Fällen, die jest Verbannung in europäishe Gouvernements oder nicht zu entfernt liegende Orte Sibiriens nach si ziehen, die Verbannung dur Freiheitsentziehung bis zu 8 Jahr, je nah der Schwere des begangenen Verbrechens, und Anhaltung zu Zwangzarbeiten auf die Dauer von 3 bis 8 Jahren erseßt werden. Man glaubt, daß dieses neu ausgearbeitete Projekt noch in der laufenden Session des Reichsrath3 bei der Kodi- fikationsabtheilung deëselben eingebraht werden wird.

__ Das Projekt der Städtereform, das von einer Kom- mission unter dem Präsidium des Geheimen Raths von Plehwe ausgearbeitet wurde, wird, wie der „Grashd.“ erfährt, noch im Februar an den Reichs rath gelangen.

Jtalien.

Wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Rom telegraphirt wird, bätte der Kriegs: Minister General Pelloux im Ministerrath eine Verminderung des Heeresbudgets um 10 Millionen Lire und der Minister des Jnnern Nicotera gleichfalls Er- spacrnisse angekündigt. Crispi werde Ende dieser Woche nah Neapel abreisen; er habe bereits wieder seine Anwalts- fanzlei eröffnet.

Spanien.

Nach einer der „Pol. Corr.“ aus Madrid zugehenden gu wird die spanische Regierung anläßlih der Feier des vierten Centennariums der Entdeckung Amerikas eine Weltausstellung in Madrid veran- flalten, wzlhe am 12, September 1892 eröffnet werden soll. Diese Ausstellung wird nur die Archäologie und Geschihte Amerikas zum Gegenstande haben und aus- JONeRti@ solhe Objekte in ihren Rahmen ziehen, welche ein

ild von dem ursprünglichen Kulturzustande der Völker Amerikas bei dessen Entdeckung, sowie von der weiteren kulturellen Ent- wickelung dieses Erdtheiles zu bieten geeignet sind. Die spanische Regierung ladet alle Korporationen und Privatpersonen, bei denen dieses Projekt Jnteresse finden kann, ein, an der Ver- wirklihung desselben durch Beschikung der Ausstellung mit Gegenständen, die in ihren Rahmen passen, theilzunehmen. Außer der Ausstellung werden, Seidgetg mit der Tagung des Amerikanisien-Kongresses in Santa Maria de la Rabida,

in Madrid, Pal os Und Quelva, vérschiedene Feéstlih- ]

keiten von der fpanishen Regierung veranstaltet werden.

Bei einem gestern unter dem Vorsiß Salmeron's ftatt- gehabten Bankett der Republikaner hielt dieser eine Rede, in welcher er si für die Herstellung der gemäßigten Re- publik aussprach; die Folge des allgemeinen Stimmrechts werde der Triumph der Republik in Spanien sein, nit durch eine Revolution, sondern dur eine friedlihe Entwickelung. Augh in den Provinzen fanden mehrere Bankette statt, die sämmtlih ohne Ruhestörungen verliefen.

Schweiz.

_ Der Berner „Bund“ s{reibt: „Jm Bundesërathhause weiß man, wie wir hören, was auf dem An arhistenktongreß P Capolago verhandelt worden ift. Der Bundesanmalt

at dem Bundesrath mehrere Berichte erstattet. Auf dem Kongreß

handelte es sih hauptsächlich darum, ein Programm zu firiren. Da im Kongreß verschiedene Strömungen sih geltend maten, scheint es zu einer Verständigung nit gekommen zu sein. Die Bewilligung der Abhaltung des Kongresses erweist sich jest als ein Vortheil, indem fie den Bundesbehörden ermög: lichte, schäßenswerthe Kenntnisse von der anarchistishen Be- wegung zu erlangen,“

Belgien.

Die dritte Sektion der Repräsentantenkammer ge- nehmigte, wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, den Antrag auf Verfassungsrevision mit 5 gegen 4 Stimmen : 7 Mitglieder enthielten si der Abstimmung, Der General- rath der Arbeiterpartei richtete eine Denkschrift an den belgishen Episkopat, in welcher dieser ersucht wird, si der Verfassungsrevision nicht zu widerseßen.

Die beiden Klassen der Miliztruppen, welche jüngît einberufen wurden und deren Garnison Brüßsel ist, sind gestern auf einen Monat in die Heimath entlassen worden.

Türkei.

Das Projekt der Errihtung von Heimstätten für be- freite Negersklaven, welhes dem Sultan vor einiger Zeit von dem englishen Botschafter vorgelegt und kürzli von dem Ministerrath gutgeheißen wurde, hat, wie „N. B.“ aus Konstantinopel berichtet, im Prinzip die Sanktion des Sultans erhalten. Die Regierung beabsichtigt, die An- legung solcher Heimstätten in Benghazi, Tripolis, Jedda und Konstantinopel. Sie sollen den befreiten Sklaven Schus gewähren, und es wird in denselben nah bereits in Kraft befindlichen Bestimmungen für sie gesorgt werden. Die Fürsorge des Staats wird fich au auf die Kinder der Neger erstrecken, welche, wenn Knaben, Aufnahme in die Handwerkerschulen oder Militärkapellen oder, wenn Mädchen, Stellungen als Diens- boten erhalten dürften. Jn Würdigung der Thatsache, daß die Kinder von Negern sich selten in gemäßigten Klimaten afktli- matisiren, sondern in diejen meistens sterben, hat der Sultan Befehl gegeben, verheirathete Neger nah den bei Smyrna zu errihtenden Heimstätten zu senden. Die nothwendigen Jn- stcuktionen zur Ausführung dieser Maßregeln sind bereits ec- theilt worden.

Dänemark.

Prinz Heinrih von Orléans, Sohn des Herzogs von Chartres, ist dem „W,. T. B.“ zufolge gestern Abend in Kopenhagen eingetroffen und am Bahnhof von seinem Schwager, dem Prinzen Waldemar und dessen Gemahlin, der Prinzessin Marie, empfangen worden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Das Kriegsdepartement beabsihtigt einem Kabeltelegramm der „A. C.“ aus Washington zufolge 2000 junge Jndianer für den Militärdien anzuwerben. Es jolle jedoch kein eigenes «Fndianer-Regiment gegründet werden, sondern die Jndianer würden compagnie- weise den im Westen liegenden Jnfanterie- und Kavalleri-- Regimentern zugetheilt werden. Zur Führung der Com- pagnien würden Offiziere, welhe die Sitten der Fndianer kennen, gewählt werden. General Miles befürworte den Plan lebhaft.

Afrika.

Egypten. Aus Suakim, vom 10. Februar, berichtet „R. B.“ : Oberst Holled Smith, der Generalgouverneur der Küste des Rothen Meeres, wird ih morgen an der Spiße von zwei Bataiklonen Jnfanterie, einer Ezcadron Kavallerie und einer Batterie Artillerie von hier nah Trinkitat begeben. Die Truppen werden am Freitag Teb beseßen und von dort auf Tokar vorrücken.

Parlameutarische Nachrichten.

In der heutigen (64.) Sizung des Reichstages, welher der Staatssekretär Dr. von Boetticher und der Staats-Minister Freiherr von Berlep s beiwohnten, erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung der Ahg, Dr. Mehnert, daß er von dem zur Zeit erkrankten Abg. Freiherrn von Friesen die Mittheilung erhalten habe, daß die Angabe des Abg. Bebel in der Sizung vom 9. d, M,, daß sein Vater, der Freiherr von Friesen, 1867 nah S@luß des fkonstituirenden Reichs- tages in die Werkstätte des Abg. Bebel in Leipzig gekommen sei und diesen zu seiner Rede gegen den Norddeutshen Bund beglückwünscht habe, bereits wiederholt als unwahr nahgewiesen sei. Der verstorbene Freiherr von Friesen habe den Abg. Bebel gar nit gekannt und fei 1867 überhaupt niht in Leipzig gewesen.

Abg. Bebel hält dieser Erklärung gegenüber seine Be- hauptung vollkommen aufret.

Darauf trat das Haus in die Tagesordnung ein: zweite Berathung des Geseßzentwurfs, betreffend die Ab- änderung der Gewerbeordnung, auf Grund des Berichts der VIIT. Kommission.

Berichterstatter ist der Abg. Hitze.

Der §. 105, welcher folgendermaßen lautet :

Die Festsezung der Verhältnisse zwisben den selbständigen Gewerbetreibenden und den gewerblichen Arbeitern ist, vorbebaltli der durch Reihsgeseg begründeten Beschränkungen, Gegenstand freier Uebereinkunft.

wurde ohne Debatte angenommen.

S. 105 a lautet:

Zum Arbeiten an Sonn- und Fefttagen können die Gewerbe- treibenden die Arbeiter niht verpflichten. Arbeiten, welche ra den Bestimmungen d'eses Gesezes auß an Sonn- und Festtagen vorgenommen werden dürfen, fallen unter die vorstehende Ve- stimmung nickt.

Welche Tage als ‘Festtage ‘gelten, bestimmen unter Berü- siétigung der örtlihen und konfessionellen Verbältniffe die Lande®- regierungen.

Hierzu lag folgender Antrag des Abg. Orterer vor:

Der Reichstag wolle beschließen: Den- Abs, 1 des S. 105a in folgender Faffung arzunehmen: Lum Arbeiten an Sonn- und Seittagen Tônnen die Gewerbetreibenden die Arbeiter nit ver- pflichten. Arbeiten, welhe rach der Natur des Gewerbebetricbe8 einen Aufsckub oder eine Unterbre{ung nit gestatten, fallen unter die vorstehende Bestimmung nitt.

Abz. Orterer begründete seinen Antrag.

Die Abgg. Freiherr von Stumm, Krause, Dr. Hart- mann, Böttcher erklärten sih gegen den Antrag, der Abg. Bebel für denselben.

Der Staats-Minister Freiherr von Berlepsch empfahl die Ablehnung des Antrags und bat um Annahme der Kom- missionsfassung. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (31.) Sizung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz-Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Einkommensteu'ergseze's fortgeseßt, und zwar wurde zunächst die Diskussion über Nr. 4 des s. 1 in Ver- bindung mit §. 16 der Kommissionsbeschlü}se und den dazu vorliegenden Anträgen wieder aufgenommen.

_Abg. Metzner begründete seinen Antrag Betreffs der Besteuerung der Konsumvereine. Dieselben machten große Umsäße, bis zu Millionen, und seien steuerf.ei, während die Éleinen Handwerker und Händler besteuert seien. Es sei un- rihtig, daß die Konsumvereine keine eigenen Einnahmen hâtten; sie seien gegründet zu dem Zwecke, ihren Mitgliedern Gewinn zu bringen. Einen Unter'chied zwischen eingetragenen und niht eingetragenen Genossenschaften wolle der Antrag niht machen.

Regierungékommissar, Geheimer Finanz-Rath Walla wandte ein, daß nur Konsumvereine, welche eingetragene Ge- nossenschaften seien, besteuert werden könnten: bei anderen Konsumvereinen jei das nicht möglich, da sie feine juristishen Personen seien.

Abg. Parisius meinte, daß der Gewinn, den die ein- zelnen Mitglieder aus dem Konsumverein hätten, doch leicht festgestellt und bei diesen besteuert werden fönnte. Die vor- geshlagene Besteuerung würde hauptsählih die kleinen Pro- duftiv: und Rohstoffaenossenschaften treffen. Den Handwerkern schade die kleine Anzabl von Konsumv-reinen niht. Zumeist seien tleine Handwerker selbs Mitglieder und würden dabei durch die Baarzahlung zur Sparsamkeit erzogen. Wenn nur eingetragene Genossenschaften besteuert werden könnten, so würden die Offizier: und Beamten-Kor.sumvereine steuerfrei autgehen ; die großen Konsumvereine würden demna steuerfrei sein, während die kleinen besteuert würden. Die Dividenden der Konsum- vereine seien niht mit denen der Aktiengesellschaften zu ver- gleichen, denn sie seien kein Verdienst, sondern ein Preis- aufshlag, der angesammelt und nachher vertheilt werde. Der Vertheilung einer Dividende durch Herabsetzung der Preise entgegenzuwirken, sei niht zu empfehlen, da hierdurch der Anreiz zur Baarzahlung verloren ginge. Die Konsumvereine hätten vielfah einen Theil ihres Uebershusses zu gemein- nüßigen Zwecken verwendet; davon wolle der Fiskus in Zu- kunft au seine Steuer abziehen.

Abg. von Tiedemann (Bomst) wies nah, daß es möglich sein werde, au die großen Konsumvereine heran- zuziehen und empfahl den Antrag Achenbah', der einer Doppelbesteuerung entgegenwirke,

Abg. Dr. Hammacher wollte ebenfalls eine Doppel- besteuerung vermieden wissen und meinte, daß dies dur den Antrag Achenbach am besten zu erreichen sei.

Abg. von Eynern legte den Nugzen der Aktiengesell- schaften gerade für die kleinen Kapitalisten dar, und meinte, daß die Regierung kein Gewicht darauf legen werde, wenn die ganze Bestimmung bezüglich der Besteuerung der Aktiengesell- chaften gestrihen würde.

Der Finanz-Minister Dr. Miquel bezeichnet? die- Frage als eine complexe, charafkterisirte die Vorzüge der Regierungs- vorlage und des Antrags Achenbah sowie die Sthwierigkeiten des leßteren, und gab s{hließlich die Entsheidung dem Hause anheim,

Abg. Goldschmidt sprah ih für die Steuerfreiheit der Aktienge sellschaften eventuel für den Antrag Achen- bach aus,

Abg. Pleß trat für die Besteuerung der Genoßen- schaften und Konsumvereine ein.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum war ifür den Kommissionébeschluß event. für den Antrag Achenbach.

Ein Antrag auf Shluß der Debatte wurde abgelehnt.

Abg. RNidckert erklärte, für den Antrag Achenbach stimmen zu wollen, während E

Abg. Dr. Windthorst bat, an den Beschlüssen der Kommission fesizuhalten.

Nah kurzen Bemerkungen der Abgg. Freiherr von Hammerstein und von Kardorff {loß die Diskussion.

Der Antrag Simon wurde zu Gunsten des Antrags Achenbach, über welhen namentlihe Abstimmung beantragt wurde, zurückgezogen. (Schluß des Blattes.)

Die Patentkommission des Reichstages sehte geftern die zweite Lesung bei §. 25 fort, und naëm einen von Kauffmann geftellten Eventualantrag mit 12 gegen 3 Stimmen an, daß der Antrag auf mündlide Verbandlung in der Beschwerdeinstanz ab- gelehnt werden fann, wenn vor der Anmeldeabtheilung eine münd- lie Verbandlung stattgefunden bat. Mit diesem Zusaß wurde 8. 25 nach den Besblüssen der Subkommission angenommen. 8, 26=44 wurden theils nach der Regierungêvorlage, theils nach den Vor- schlägen der Subkommission genebmigt, nur §. 39 wurde gestrichen, weil die betreffende Bestimmung bereits in der Civilprozeßordnung enthalten sei. Der Einführungêtermin wird auf den 1. Oktober - 1891 im Einverständr.iÿ mit den Negierungskommifssaren festgeseßt und das Geseß einstimmig angenommen. Die Kommission wird“ = am 16, d. M, zur Berathung des Entwurfs betr. die Gebrauhs- muster fch{reiten. L

Die Volksschul - Kommission des Hauses det Abgeordneten beschäftigte si gestern mit dem §. 118. Derselbe bestimmt die Vorausseßungen, unter denen die Schulaufsihtsbebörde die Trennung des mit dem Volks\{ullehreramt vereinigten kirh- lichen Amts anordnen kann. Abg. Dr. Brüel hatte versGiedene Anträge gestellt, von welhen der Antrag Annahme fand, daß die Trennung der nied¿ren Küsterdienste vem Volksfchullehreramt dann durhgefübrt werden soll, wenn die Gemeinde materiell für die Doti- rung der Küsterstelle auffommt. §. 118 wurde mit diesem Zusay genehmigt.