1891 / 259 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

tägli na dem heiligen Fluß, um Waffer zu {öpfen; bei dieser Gelegenheit entbrennt sie in sinnliher Liebe zu einem hehren Jüng- ling, der sich ihr genaht. Der Gatte, der ihr Vergehen entdeckt, verhängt über sie die üblihe Strafe der Enthauptung, und als der Sobn, der \sih Anfangs selbs in das rächende Sch{wert stürzen will und dann an der Unglüdcksftelle zwei Frauenkörper findet, in Begriff ist, die Mutter dur Rees des Hauptes auf den Rumpf wieder zu beleben, vergreift er sich und seßt der Mutter Haupt auf den Körper der anderen Frau. Die Quelle, äus welcher Goethe ge\chöpft, enthält nun nichts von der Vertaushung der Köpfe, die au in der That nicht zur Sage gehört, und der Dichter hat dieses Moment nur eingefügt, um einen wunderbaren und geistvollen Schluß zu erhalten. Einen ähnlichen Inhalt, wie die Goethe'sche Legende, hat eine deutsche Sage, die zu Eisenberg im fähsisben Erzgebirge \pielt. Hier wird dem fsündigen Mädchen nach erfolgter Enthauptung ein Rasen- stück auf den Rumpf gelegt und, nachdem das Haupt si wieder mit dem Rumpf vereinigt, wird die Leiche dem Sceiterhaufen überantwortet. Da der Feuertod die Ehebreherin in Wirklichkeit niht zu treffen hatte, diese vielmehr enthauptet oder, wie später die Hexen, ertränkt wurde, so handelt es ih hier in der Sage um eine dur das Bedürfniß nach einem außerordertlihen Ziele veranlaßte Zuthat. Was die Verwendung des Rasenstücks anlangt, so wohnt dem leßteren in der Sage eine geheimnißvolle Kraft bei. Die Wand- lung, die durch die Berührung mit dem Rasen in dem Menschen herbeigeführt wird, stellt si als eine Art symbolisher Wiedergeburt dar. Der Feuertod unmittelbar nach der Wiedergeburt in der bezeichneten Sage erscheint aber sinnlos ; vielmehr entspriht dem Volkêglauben die Vorstellung, daß die Götter das sündige Weib, das seine Strafe verbüßt, begnadigen, indem sie ihm in dem Rasenstück ein Mittel der Wiedergeburt verleiben. Dieser Glaube reiht bis in ein ganz frühes Zeitalter zurück, und wenn wir es somit hier în der That mit einer uralten arischen Mythe zu thun haben, so werden wir erkennen, welch einen S@aß wir in den alten Volksfagen besißen ; man muß nur die Wünschelruthe zur Hand haben, die ihn zu heben im Stande ist, Alsdann sprach noch Bankier Alexander Meyer Cohn unter Hin- weis auf eine stattlihe Sammlung von Kleidungsftücken und Produkten der Hausindustrie über Tracht und Geräthe der Huzulen in Galizien. Diese kleine, etwa 30000 Seelen zählende, cine Mischung zwischen Slaven und Mongolen repräsentirende Völkerschaft im Often Galiziens hatte si, auf den heimishen Bergen in völliger Abgeschiedenheit hausend, ihre nationalen Eigenthümlichkeiten mit großer Zähigkeit bewahrt, bis im Jahre 1887 gelegentlich der galizisden Landesausftelung in Krakau auch die Erzeug- nisse der huzulishen Hausindustrie, die hauptsähliG Holz- schniterei, Weberei, Töpferei und Lederarbeiten zu Gegenstande hat, in die Strömung des großen nivellirenden Verkehrs hineingezogen wurden. Der Vortragende gab seinem lebhaften Bedauern darüber Ausdruck, daß, seitvem die Huzulen nun Über den eigenen Bedarf binaus für den großen Verkehr produzirten, der nationale Charakter ihrer hausindustriellen Erzeugnisse immer m-hr verloren gehe, und stellte im Interesse der Volkskunde anheim, die vorhandenen Samm- lungen der in nationaler Hinsicht so charakteristishen Produkte der huzulishen Hausindustrie für Deutschland zu erwerben.

Aus Anlaß der leßten Münchener Kunstausstellung hat, wie die M. „A. Ztg.“ mittheilt, Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent an die Mitglieder der Jury folgende Auszeich- nungen verliehen: dem Ersten Vorsißenden der Jury Professor von Ubde den Verdienst-Orden vom heiligen Michael dritter Klasse ; dem Zweiten Vorsitzenden Professor Freiberrn von Schmid, den Malern Marc und Pößtelberger denselben Orden vierter Klasse, dem Bildhauer J, von Kramer den Titel eines Königlichen Professors ; den übrigen Mitgliedern der Jury wurde die Allerhöchste Anerkennung ausgesprochen.

__— In London fand am Sonnabend in na einer ge- wählten Gesellschaft die Enthüllung der dem verstorbenen großen Kri-

tiker Matthew Arnold in der Wesiminster-Abtei gesezten Büste durch den englishen Lord-Oberrihter Lord Coleridge statt.

Mannigfaltiges.

Die gemishte Deputation für die sogenannte Rothstands- angelegenheit hielt gestern unter Vorsiß des Ober-Bürgermeisters Dr. von Forckenbeck eine Sitzung ab, in der die Deputation na einem Bericht der „N. A. Z.* bes@loß, den Absaß 1 der Anträge des Stadt- verordneten Singer: „S{hleunige Inangriffnahme städtisher Ar- beiten Hoch- und Tiefbau, Straßenpflasterung; Vermehrung der bei der Straßenreinigung beschäftigten Arbeiter in großem Umfange, um der Arbeitslosigkeit zu steuern“, mit Rücksiht darauf abzulehnen, daß ein Nothstand niht ar- erkannt werden könne, und weil theils eine Beschleunigung der Aus- fübrung von städtischen Bauarbeiten u. \. w. vorgenommen set, theils, sofern es noch möglich fein sollte, eine noch größere Bes{bleunigung (ntLeten würde, wie zum Beispiel bei der Herstellung des Hafens am

rban.

Die „Deutsche Frauen:Erwerbs-Genossenschaft e. G. m. b. H.* Berlin, Prinz Albrechtstraße 3 is gerihtlich cin- getragen worden und hat ihre, der sozialen Noth steuernde Thätigkeit begonnen. Innerhalb weniger Tage sind Hunderte von Frauen der Einladung, der Genossenschaft beizutreten, gefolgt, baben mehrere be- deutende Firmen u. A. Francke u Co. in Gnadenfrei, F. V. Grün- feld in Lanteshut Schl., I. B. Hipp in Elberfeld Arheit über- wiesen, [und ist einer, wenn auch noch bescheidenen, Anzahl Frauen lohnende Arbcit gegeben worden. Allen edeldenkenden Menschen- freunden wird empfohlen, ein Unternehmen zu unterstüßen, das dem bedürftiesten Theil des Menschengeschlechts, den ihres Ernährers und Führers beraubten, unversorgten Wittwen und Waisen gebildeter Stände kbelfen will. Familien in gesicherten Verhältnissen können dur Bestellungen thres Bedarfs, ihrer Ausfsteuern u. #. w. die Genossenschaft unterstüßen und werden gut und billig bedient werden. Die Genossenschast bittet alle Menschenfreunde, ein so zeitgemäßes Unternehmen sozialer und religiöser Versöhnlichkeiis- bestrebungen werkthätig zu unterstüßen, entweder durch Arbeits- überweisung, durch eine feste Beihülfe oder durch Zeihnung eines oder mehrerer Antheilscheine von je 100 f Der gezeihnete Antheil bleibt gefeßlich ges{chüÜßtes Eigenthum des Zeichners und wird bei Kündigung saßungs8gemäß zurücLgezahlt. Weitere Auékunft ertheilt bereitwilligst der Vorstand der „Deutschen nossenschaft“,

Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues veranstaltet, wie die „N. A. Z.* mittheilt, vom 12. bis 15, November feine dritte Chrysanthemum-Ausftellung in den Prachtsälen des Kaiser- hofs am Wilhelmsplaß. Die Auéëstelung verspricht nah den einge- gangenen Anmeldungen sowohl in den Scaupflanzen und abgeschnittenen Blumen, als au in der Binderei ganz Vorzüglihes zur Anschauung zu bringen. Aus Deutschland werden sich die größten Spezialfirmen, sowie die Königlihen Gärten und die Karl Spindler’she Gärtnerei in Spindlersfeld betheiligen. Aus England hat die hier {hon be- kannte Firma Reid u. Bornemann, Sydenham, allein 12 qm Tisch- fläche für abgescnittene Blumen bestellt; außer ihr wird auch eine neue Firma, A. I. Manda in Herxtable (Kent), erscheinen.

Wie die „Wes.-Z.* berichtet, haben vor cinigen Tagen zwei junge Leute von hier, Schüler einer hiesigen höheren Lehranstalt, ein Bubenfstück begangen, indem sie absihtlid ein Eisenbahnunglück herbeizuführen suchten, Zu diesem Zwecke hatten fie kurz vor dem Herannahen des von Fulda noch Gießen fahrenden Personenzuges, der Fulda fahrplanmäßig um 1 Uhr 42 Minuten verläßt, an der Maberzellerstraße mehrere

Frauen-Erwerbs-Ge-

Fulda, 1. November.

siven

Wetterbericht vom 3. November,

e

Oper in 3 Akten von R. Wagner. N Emil Graeb. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur

Ballet von

Belle-Alliance-Theater. Mittwoh: Zum

dicke Steine auf die Schienen des Bakbnkörpers gelegt und sib dann in der Nähe in Hinterhalt begeben, um die eintretende Katastrophé abzuwarten und mit anzusehen. Glücklicherweise hat die Maschine die Steine vor sih weggeschoben oder theilweise zermalmt, sodaß ein Unglück nicht eingetreten ist. Die Thäter sind ermittelt und die Untersuchung ift eingeleitet, :

Offenbach. Durch die gecenwärtig unter Verwendung von mehbrphasigem Wecselstrom in Betrieb befindlihe Energie- übertragung von Offenbach a./M. nah dem Plage der elektri- \hen Ausstellung ¿zu Frankfurt a./M. ift das sehr wihtige Er- gebniß festgestellt, daß die neue Art des Wechselstroms im Gegen- saß zu der Wirkungsweise des alten einphasigen Wechselstromes auf benachbarte Telephorleitungen rur in sehr geringem Moaße störend wirkt. Von der Lahmeyer schen Fabrik in Offen- bah a. M. ist über die ganze Strecke von etwa 10 km bis zum Aus- stelungésplaye auf denselben Stangen mit den Drebstromleitungen in etwa 1 m Entfernung von den leßteren ein Telephondraht ges zogen. MWährend vollen Betriebes der Energieübertragung mit Strom für 600 Glühlampen ift es nun ohne Schwierigkeit möglih, sh durch diesen Telephondraht _zwischen der Lahmeyer’ schen Fabrik in Offenba a. M. und der Station auf dem Ausftellungsplate zu verständigen. Daß somit die glei@en Stangen für Fernsprehleitungen wie sür Mehrphasenstromleitungen zu ver- wenden sind, ist außerortentliG bedeutungsvoll, und es wird dieser Umstand der Einführung elektrisher Energieübertragung über weite Strecken sehr förderlich sein.

Warschau, 2. November. Im Forsthause O sowiec, Gou- bernement Grodno, wurde, wie der „Voss. Ztg.“ telegraphirt wird, der reihe Holzhändler S. Apfelbaum mit seiner Familie, im Ganzen zwölf Personen, darunter vier Männer und zwei Frauen, Nachts von Räubern überfallen und durch Arthiebe grausam er- mordet. Nah Mitnahme einer bedeutenden Geldsumme steckten die Raubmörder das Forsthaus in Brand Die Gendarmerie hat sechs des Mordes verdächtige Individuen verhaftet; die ganze Bande soll aus mindestens zwanzig Personen bestanden haben.

Nach Shluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 3. November. (W. T. B.) Jm Abgeord- netenhause legte die Regierung Geseßentwürfe vor, betreffend die provisorishe Regelung der Handelsbeziehungen mit der Türkei, Bulgarien, Spanien und Portugal, ferner betreffend Ergänzungen bezw. Aenderungen des Gesetzes über Unfallversicherung der Arbeiter, denen zufolge die Ver- siherungspfliht sih auch auf Trans2port- und Theater-Unter- nehmungen erstrecken wird, sowie betreffend das Rekruten- kontingent pro 1892.

St. Petersburg, 3. November. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Nowosti“ meldet, in den Kreisen Zivilsk und Jadzinsk (Gouvernement Kasan) sei der Hungertyphus aufgetreten ; der Gouverneur habe die entsprechenden Maßregeln getroffen. Die „Börsenzeitung“ verzeichnet das Gerücht, daß Oelkuchen von Leinsamen, Hanfsamen und Sonnenblumen- samen mit jedesmaliger Genehmigung des Finanz-Ministers in solher Menge ausgeführt werden dürften, die von dem Bedarf für das Land selbst übrig bleibe.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in dex Ersten Beilage.) A R

Lichkfeffekten 2c., arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunslshwimmerinnen drei Geschwister

Morgens s Uhr. l |

Wind. Wetter. |

Meeres\p. red. in Millim

Stationen.

d in 9 Celfius

Bar. auf 0 Gr. R NILNOPRA E =40R.

Temperatur

Mullaghmore| 774 Aberdeen .. | 777 Christiansund 772 Kopenhagen . | 775 Stockholm . | 770

aparanda . | 750

t.Peters8burg| 764 3\bededt Moskau... | 769 1/bedeckt

Cork, Queens- | R L 6\wolg Cherbourg . | 768 5\wolfig E T D wolkenlos ylt | 755 Nebel!) amburg .. | ‘775 bedeckt winemünde | 751 wolfta Neufahrwasser 775 Dunst Memel . 774 balb bed. Ms R Bo wolfenios ünster. . 773 wolkenlos Karlsruhe . 769 halb bed. Wiesbaden | 771 wolkenlos

u

ONO wolkenlos 1/bedeckt

6 Regen 1/Nebel 2'wolkig 4'heite:

=- e. m

767 wolîig

774 halb bed.2) 775 wolkenl.3) | 773 balb bed. | 775 bededckt |

wolkenlos |

I N O D O C ÚS A O i A i M OMAVIIAO O l

Breslau le d’Aix . Izza .

N pr bs 20 i j O U d I I D D pi

| 764 | i 764 4 heiter Lriest .. 766 |ONO 7lbedeckt

1) Dichter Nebel. 2) Rebel, Reif. 2) Reif.

Uebersicht der Witterung.

Auf dem ganzen Gebiete hat der Luftdruck abge- nommen, am Stärksten im Nordosten. Eine breite Zone hohen Luftdruckes mit ruhiger, vielfa heiterer Witterung erstreckt sich von Nordwest- nah Südost- Europa, während im hohen Norden und über dem Mittelmeere Depressionen lagern. In Deutschland ist das Wetter durch\chnittlich kälter, im Nordwesten trübe, in den übrigen Gebietstheilen vorwiegend heiter. Niederschläge werden niht gemeldet. Jm deutsden Binnenlande bis zu Linie Hannover- Müncckcn herrs&t Frostwetter. In Hanunver Münster und Kassel liegt die Temperatur um d, in Breélau um 6, in Chemniß um 7 Grad unter dem Mittelwerthe, dagegen in Memel um 3 Grad über

demselben. Deutsche Seewarte.

4 t . . . . . . . « .. ..

Theater-Anzeigen.

Königlîhe Schauspiele. Mittwoch: Opern- baus, 225. Vorstellung, Tannhäuser und der

Sängerkrieg auf der Wartburg. Romantische !

E i Dirigent: Kapellmeister Suer. Anfang r.

Schauspielhaus. 236. Vorstellung. Die Jour- nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. Regie: Herr Plaske. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag : Opernhaus. 226. Vorstellung. Der Freischütz. Oper in 3 Akten von C. M. von Weber. Text zum Theil nach einem Volksmärchen: „Der Freischüß“, von Friedri Kind. Dirigent : Kapell- meister Kahl, Anfang 7 Uhr,

Schauspielhaus. 237. Vorstellung. Wohlthätige Frauen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph L'Arronge. În Scene gesetzt vom Ober- Regisseur Max Grube. Anfang 7 Ubr.

Deutsches Theater. Mittwoh: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Donnerstag: Die Sklavin.

Freitag: Die Kinder der Excellenz.

Berliner Theaier. Mitiwoch: Die Blut-

bochzeii. Anfang 7 Ukr. Donnerstag: Efther. Der Geizige. Freitag: 10, Abonn.-Vorst, Montjoyc.

Tessing - Theater. Mittwoh: Die Grofß- stadtluft. S{wark in 4 Akten von Oscar Blumen- thal und Gustav Kadelburg. Arfang 7 Uhr.

Donnerstag: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann.

Freitag, Sonnabend und Sonntag: Die Grof- ftadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumen- thal und Gustav Kadelburg.

Wallner-Theater. Mittwoch: Zum legten M. : Gewagte Mittel. Lustspiel in 3 Akten von Francis Stabl. Hierauf, auf allgemeines Ver- langen: Cavalleria Bevreolina. L1nfang 7} Ubr.

Donnerstag: Zum 1. Male: Der fiille Associé. s in 4 Aktien ron Carl Laufs und Wilhelm

acoby.

XFriedrih - Wilhelmftädtishes Theater. Mitiwoch: Mit neuer Ausstattung und verstärktem Orchester: Zum 7. Male: Die Vasoche. Komiscbe Oper in 3 Akten von Carré. Deutsch von R. Genée. Musik von André Messager. In Scene geseßt von Julius Fritsche. Dirigent: Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag : Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten- burg. Mittwoch: Zum 5 Male: Das Hinderniß (L’Obstacle), Sauspiel in 4 Akten von Ulphonfe Dautet. In Scene gescßt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7# Uhr.

Donnerstag v. die folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

97. Male mit durchweg neuer glänzenter Ausftattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen-Requi- sfiten, BeleuHtungseffecten 2c. Fung-Deutschland zur See. Großes Ausftattungs-Zeitbild in 4 Akten (7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Wirk- lies Rennen auf der Bühne von lebenden Pferden. Anfang 7F Ubr.

Donnerstag: Jung- Deutschland zur See.

Die nähite Volks-Vorstelluna zu Volkspreisen (sämmtliche Pläye des Theaters 1 4) findet Sonn- tag statt. Zur Aufführung gelangt: Dex Ver- schwender.

Borverkauf von beute ab an der Kaffe.

Adolph Ernst-Theater. Miitwoh: Zum 65. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couvylets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll- ständig neuen Kostümen. Dice neuen Dekorationen find aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene gesezt oon Adolph Ernfîl. Anfang 7{ Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 830.

Direktion: Emil Thomas. Mitiwoch: Z. vorleßten M.: Uuruhige Zeiten, oder: Liegze's Memoiren. Posse mit Gesang in 3 Akten (8 Bildern) von Emil Pohl für das Thomas-Theater neu bearbeitet. Die neuen Couplets von A. Bender. Musik von A. Conradi und J. Doebber. In Scene geseßt von [B Thomas. Anfang 7ck Uhr.

Donnerstag : Dieselbe Vorstellung.

Freitag: Zum 1. Male: Der Kunft-Bacillus. Novität! Posse in 4 Akten von Rudolf Kneisel.

Concerte.

Sing - Akademie. Mittwoch, Abends 72 Uhr: Concert der Sopranistin Käthe Lenbach.

Concert-Haus. Mittwoh: Karl Meyder- Concert. Menadelsfohn-Feier. Anfang 7 Uhr.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglih Vorstellung irn D Gen Theater. Näheres die Anschlags zettel.

Circus Renz. Karlstraße. Mittwoh: Abents 7{ Uhr. „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Flutb“, große bydrologishe Ausftatturgs - Pantomime in 2 Abtheilungen mit National-Tänzen (60 Damen), Auf- zügen 2c. (eine neue Einlage: „Die Ulanen“, dar- gestellt von 4 Damen), Dampfschis{- und Boot- fabrten, Wafsscrfällen, Riesenfontänen mit allerlei

JIobnfon. Schluß: Tableau: Grande Fontaine Lumi- neuse, Riesen: Fontaine, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß auésftrablend. Außerdem: Die eisernen Ritter aus dem Mittelalter, dargestellt von 12 Herren mit eigens bierzu dres 12 Sculpferden. Schul- pferd Solon, geritten von Frl. Clotilde Hager. Horaz und Merkur, zusamm. vorgeführt von Herrn Ernst Renz (Enkel). Auftreten der Original- Ansleigh:Compagnie (1 Dame und 3 Herren) Sisters Lawrence am fl Trapez. Auftreten der Reitkünstlerinnen Mlle. Marie Chiarini und Mlle. Adele Briatore, sowie der Reitkünstler Herren Jules und Alex. Briatore 2c. Komishe Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns.

Täglich: „Auf Helgoland“.

An Wodwentagen bleibt die Kasse von 2 bis 4 Uhr Nachmittags ge\ chlossen.

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): Auf mehrfawen Wursh „Leben und Treiben auf dem Eise.“ Abends 7x Uhr: „Auf Helgoland“.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Anna Völckers mit Hrn. Prem - Lieut. Hans Friß von Rüxleben (Kiel). Frl. Nadine van der Hoeven mit Hrn. Prem.-Lieut. Burghard von Oven (Karlsruhe— Mannheim). Frl. Câcilie von Moers mit Hrn. Hauptmann Wilhelm Reinhart (Patschkau i. Schl.—Saar- gemünd i, L).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. von Oertzen (Dorow bei Regenwalde). Hrn. Rittmeister Paul Reimer (Danzia). Eine Tochter: Hrn. Hauptmann Bach (Insterburg)

Gestorben: Hr. Oekonomie-Rath Adolph Sorsche (Becrlia), Hrn. Prediger Ernst Hülle Tochter Dora (Berlin). Hrn. Pastor Ed. Walther Tochter Hildegard (Eberéwalde). Hrn. Oberst- Lieut. z. D. von Helldorff Tochter Katharina (Naumburg, Saale).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei Anstalt, Berlin E Be N g N

Sechs Beilagen (cins{ließlich Börsen - Beilage),

sowie cine Vekanntmachuug der Reichsschulden-

Verwaltung, betreffend die Niederlegung der

im Etatsjahre 1890/91 eingelösten Sehnldeu- dokumente des Deutscheu Reichs,

und die Juhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent-

lichen Auzeigers (Kommaunditgesellschaften auf

Uktien uad Uktiergefellschaften) für die Woche vom 26. bis 31. Oktober 1891.

V)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 299.

Statistik und Volks8wirthschaft.

íInvaliditäts- und Altersversiherung.

An Anträgen auf Gewährung von Altersrenten sind bei der Hanseati- \chen Versicherungs8anfstalt eingegangen seit Beginn des SFahres 1014. Von diesen entfallen auf das Gebiet der freien Hansestadt Lübeck 186, Bremen 213, Hamburg 615. Von den eingegangenen Anträgen sind bis Ende Oktober erledigt 993 Anträge, und zwar 860 durch Rentengewährung und 133 durch Ablehnung. Die Jahressumme der bis jeßt gewährten Renten mat insgesammt 136 319,40 A aus. Nach den Berufszweigen vertheilen sh die 860 Rentenempfänger auf folgende Gruppen: Landwirth\schaft und Gärtnerei 65 Rentenempfänger, Industrie und Bauwesen 345 Renten- empfänger, Handel und Verkehr 117 Rentenempfänger, sonstige Be- rufsarten 73 Rentenempfänger, Dienstboten 2c. 260 Rentenempfänger.

bd 2 tit Bier ce s x R ic Nr p Rz D S E

Cr E E L E N E E E rer: a0 a-m T E ET R L 9 Salzproduktion. :

Ueber das Salz im deutshen Zollgebiet veröffentliht die neueste Nummer der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs die \statistishen Nackweise sür das Etatsjahr 1890/91 und die neun Vor- jahre, Die Zahl der im Betrieb gewesenen Salzwerke betrug 1890/91 zusammen 91; darunter waren 14 Bergwerke, in denen Steinsalz ge- fördert wurde, 63 Salinen und 14 Fabriken, welhe Salz als Neben- ‘produkt gewonnen haben. Im Vergleih zum Vorjahre war, obgleich im Laufe des Etatsjahres 1889/90 zwei Salinen ihren Betrieb eingestellt hatten, nur ein Salzwerk weniger im Betrieb, weil im Juli 1890 eine neue Saline (bei Bernburg) eröffnet worden war. Erzeugt wurden 1890/91 im Ganzen 543 842 t Steinsalz (im Vor- jahre 500 090 t, im Durwschnitt der Jahre 1881/82 bis 1890/91 387 344 t) und 494462 t Siedesalz (im Vorjahre 486 281 t und im Durchschnitt der Jahre 1881/82 bis 1890/91 483 844 t). Die Ausfuhr aus dem deutschen Zollgebiet bezifferte sich auf 154264 t

_ Steinsalz und 42 323 t Siedesalz. Das Steinsalz ging hauptsächlich

nach British-Indien (57 476 t aus den Steinsalzwerken der Provinz Sachsen und des Herzogthums Anhalt), den Niederlanden und Bel- gien (zusammen 46466 t, fast aus\{ließlich aus den württem- bergishen Steinsalzwerken) und nah Oesterreih-Ungarn; das Siede- falz dagegen ging nah Großbritannien (9433 t, hauptsählich Neben- produkte aus chemiscen Fabriken), S{weden (9394t), den deutschen Zoll- aus\{chlüssen, Rußland und Dänemark. An ausländisGem Salz sind in das Zollgebiet eingeführt worden 26499 t, davon 23 228 t aus England und 1466 t aus Portugal. Zu Speisezwecken sind gegen Entrichtung der Steuer oder des Zolls in den freien Verkehr gefeßt worden 358 772 & einheimisches und 22431 t ausländises Salz, der Gesammtverbrauh an Speisesalz betrug demnach 381 203 t oder 7,7 kg auf den Kopf der Bevölkerung. Zu anderen als Speise- zwecken sind steuerfrei abgelassen worden 465 438 t Salz (oder 9,4 kg auf den Kopf der Bevölkerung), und zwar 275 508 t zur Verarbei- tung in Soda- und Glaubersalz-Fabriken, 105 713 t zur Biehfütte- rung, 31925 t an chemishe und Farbwaaren-Fabriken und der Rest zu verschiedenen anderen technischen Zwecken und zur Düngung.

Shiffsunfälle. -

Das dietjährige Septemberheft zur Statistik des Deutschen Reichs bringt eine Abhandlung über die Schiffsunfälle an der deutshen Küste während des Jahres 1890, d. h. über die- jenigen zur amtliben Kenntniß gelangten Unfälle, von denen Schiffe an der deutschen Seeküste selbst, auf dem Meere in einer Entfernung von nit mehr als 20 Seemeilen von der Küste oder auf den mit dem Meere in Verbindung stehenden, von Seeschiffen befahrenen Binnengewässern im Jahre 1890 betroffen wurden. Derartige Unfälle Find im Ganzen 251 gezählt, welche (bei 79 Kollisionen zwischen je 2 Schiffen) 330 Schiffe betrafen, Die Erhebungen der 4 vorher- gehenden Iabre hatten ergeben: für 1889; 180 Unfälle und 238 be- troffene Schiffe, für 1888: 193 Unfälle und 243 Swiffe, für 1887: ‘273 Unfälle und 338 Schiffe, für 1886; 162 Unfälle und 226 Stwiffe. Die verhältnißmäßig poeringe Zahl der Unfälle in den Jahren 1886, 1888 und 1889 ist hauptsäch- lih dur die besseren Witterungsverhältnisse in diesen fünf Jahren begründet, während die hohe Zahl in den Jahren 1887 und 1890 Fast lediglich als eine Folge der heftigen Frühjahrs- und Herbststürme zu betrachten ist, welche in diesen Jahren an der deutschen Küîte herrshten. Von den im Jahre 1890 vorgekommenen Unfällen sind 75 oder 29,9% gegenüber 15,6 %o, 23,8 %/0, 40,7 %/o und 10,6 °/o in den Jahren 1889, 1888, 1887 und 1886 ursächlich auf stür- misches Wetter zurückzuführen. Von den von Unfällen betroffenen Schiffen sind im Jahre 1890: 51 (18891 49, 1886 bis 1889 durch- \chnittlih 53) gänzlih verloren gegangen, 174 wurden theilweise be- schädigt, 101 blieben unbes{chädigt, und in Bezug auf 4 sind die Folgen der Unfälle nicht bekannt geworden. Der Verlust an Menschenleben (17) weit nur unwesentlich von dem des Vorjahres (16) ab (gegen- Über 23 im Durchschnitt der Jahre 1886 bis 1889) und berechnet si auf 0,6 9% aller an Bord gewesenen Personen (\2weit deren Zahl be- Tannt war) gegen 0,8 °/5 im Vorjahre oder 1,09 9/0, 1,52 °/0 uud 0,55 9/0 in den Jahren 1888, 1887 und 1886,

Unters(eidet man die Unfälle na ihrer Art, so sind im Jahre 1890 an der deutschen Küste 91 Schiffe gestrandet, 9 gekentert, 20 ge- \unken, 158 in Kollision gerathen und 52 von Unfällen anderer Art betroffen worden. Der Gattung nah bestanden die Schiffe, welche Unfälle erlitten, aus 135 Dampfschiffen (128 Schrauben- und 7 Räderdampfern) und 195 Sezelschiffen. Letztere setzten sich zu- sammen aus; 14 Barken, 5 dreimastigen Schoonern, 5 Briggen und Brigantinen, 19 Schoonern und Schoonerbriggen, 22 Geleassen und Galioten, 8 Gaffelshoonern und Sch{chmacken, 16 Kuffen und Tjalken, 73 Evern, Schaluppen und Jachten, Schniggen und ‘dergl, 12 Leichterfahrzeugen und Schuten, sowie 21 Haff- und

lußkähnen. Von der Gesamwtzahl der Unfälle entfallen 111 auf das

st\eegebiet (1,39 auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke) und 140 auf das Nordseegebiet (4,75 auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke). Von den von Unfällen betroffenen Schiffen fuhren 215 unter deutscher, 115 unter fremder Flagge, während von einem Schiffe die Nationalität nit ermittelt wurde. Unter den in Folge der Unfälle total verlorenen Schiffen befanden sich 37 deutsche und 14 fremde.

Tabadckbau.

Das Septemberheft der Monatshefte zur Statistik des Deutschen ‘Reichs enthält die Nachweise über den Flächeninhalt der innerhalb des deutschen Zollgebiets im Jahre 1891 mit Tabak bepflanzten Grund- {üke und dic entsprebende Zahl der CTabackpflanzer und Taback- pflanzungen. Die allerdings noch nicht endgültig feststehenden, aber ‘jedenfalls annähernd richtigen Zahlen ergeben, daß der Tabackbau im Zollgebiet gegen das Vorjahr wieder etwas zurücklgeaangen ist, da im Ganzen nur 18 486 ha mit Taback bepflanzt worden sind, gegen 20114 ha im Vorjahre. Nur in den Direktivbezirken Pommern, Swlesien, Hessen-Nassau, Württemberg und Medcklen- burg ift mehr Taback gepflanzt worden als im Vorjahre (für Schlesien, ‘wo 171 ha angepflanzt worden sind, berehnet sih die Zunahme gegen das Vorjahr auf 20 9%, in den anderen genannten Direktivbezirken ift sie nur gering). In Baden sind 7554 ha mit Taba bepflanzt worden (317 weniger als im Vorjahre), in Bayern 3217 ha (754

Berlin, Dienstag, den 3. November

1891.

weniger), in der Provinz Brandenburg 2025 ha (71 weniger) und in Elsaß-Lothringen 1483 ha (239 weniger). Für den ganzen Staat Preußen sind 4939 ha nachgewiesen, 189 weniger als im Vorjahre.

Zur Arbeiterbewegung. Die Lohnbewegung unter den deutshen Buch- drudckern bietet neue wesentlihe Entwickelung3momente nicht dar. Der in Nr. 256 d. Vl. nah dem „Vorwärts“ mit- getheilten Zusammenstellung von Firmen gegenüber, die die Gehülfenforderungen bewilligt haben sollten, theilt die Berliner „Volksztg.“ eine vom Bund der Berliner Buchdruckereibesißer her- rührende Zusammenstellung mit; danahwaren in jenem Zeitpunkt nur in 22 Druckereien 273 Gehülfen die Forderungen bewilligt worden. Jnzwischen liegen aber neuere Meldungen über die Zahl der Bewilligungen vor; der „Vorwärts“ führt 35 Firmen an, die bis Sonnabend bewilligt batten; am gestrigen Tage sollen folgende Firmen hinzugekommen sein:

Chasté mit 4 Gehülfen, Hermann 152, Ahrens 10, W. Meyer (Dresdnerstraße) 1 und Norddeutshe Buchdruckerei und Verlags8- Anstalt 125. Im Ganzen waren demna 634 Gehülfen die Forde- rungen bewilligt worden. Das Hülfspersonal, das sich in den meisten Fällen an der Bewegung betheiligte, ist in diesen Zahlen nicht einbegriffen. : i

Außer diesen Firmen hat sich, wie die „National-Ztg.“ mittheilt, die Buchdruckerei dieses Blattes gestern mit ihrem Personal verständigt, so daß die Kündigung zurückgenommen wurde. Die „Allg. Fleischer-Zeitung““ konnte gestern Abend nur zu einem Theil fertig gestellt werden, weil das Maschinen- personal der Druckerei es ablehnte, noh nah 5 Uhr zu ar- beiten resp. Ueberstunden zu machen, weil die vom Personal gestellten Forderungen Seitens der Druckerei nicht bewilligt worden sind.

Aus Leipzig beriGtet die „Lpz. Ztg.": Nah den Mitthei- lungen, die am Freitag Abend vor einer etwa 300 Personen zählenden Versammlung von der Tarif-Kommission über den Umfang des Buch drudcker -Aus standes in Leipzig gemacht wurden, hatten bis dahin in 34 Drucker-zien 575 Seter, 112 Drucker und Maschinen- meister und 206 Arbeiterinnen die Arbeit niedergelegt. In den A haben am Freitag 127 Gehülfen und 55 Arbeiterinnen

eiundigk.

Ï Lens hatten die Buchdrucker-Gehülfen, wie man der Berliner „Volk8ztg.* \chreibt, in voriger Woche noch die Kündi- gung abgelehnt, da Hoffaung auf Einigung mit den Prinzipalen vor- handen war. Nunmehr ist jedoch die Kündigung auf nächsten Sonn- abend einstimmig in ciner Versammlung beschlossen worden, in welcher der Vorsißende des Unterstützung®vereins Deutscher Buchdrucker Döblin aus Berlin eine Ansprache gehalten hat.

In Oldenburg nehmen die Buchdrucker, wie die „Weser- Ztg." berihtet, zu der über ganz Deutschland verbreiteten Buch- druckerbewegung eine abwartende Stellung ein. Sie hoffen, daß bis Sonnabend, den 7. November, die meisten Prinzipale die von den Gehülfen gestellten Forderungen ganz oder theilweise bewilligen werden. Anderen Falles ist es niht au8ges{lofen, daß alsdann eine Kündigung erfolgt.

Iun Krefeld beschloß eine Versammlung der Buchdrucker Krefelds und der Utmngegend, \sich den übrigen deuts(en Kollegen Behufs Erlangung der neunstündigen Arbeitszeit anzuschließen. Die Zeitbestimmung für den Beginn des Ausstandes überließ die Ver- fammlung den Führern. E e

Die sozialdemokratishe Opposition hatte in ihrer ersten Versammlung (Vgl. Nr. 249 d. Bl.) eine Kommission von sieben Mitgliedern eingeseßt, um die Vorbereitungen zur Gründung eines „Vereins unabhängiger Sozialisten“ zu treffen. Die Vorarbeiten sind, wie die „Nat. Ztg.“ be- rihtet, vollendet und die konstituirende Versammlung des neuen Vereins foll am Sontag, 8. November, erfolgen. Die Kommission hat in einer Auslage von 10000 Exemplaren (Nedaktion und Verlag: Wilhelm Werner) ein Flugblatt ver- breitet, das sich in scharfen Ausdrücken gegen den Partei- vorjtand wendet, der jede freie Meinungsäußerung innerhalb Der ae unmöglich mache und jedes selbständige Denken ersticke.

Die Chicagoer Weltausstellung im Jahre 1893.

Der Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes hielt gestern Abend unter der Leitung des stellvertretenden Vorsißenden, Unter-Staatsfekretäcs Magdeburg, eine gut besuhte Sizung ab. Nah Erledigung laufender ges{äftliher Angelegenheiten begann der deutsche Reihskommissar für die Chicagoer Weltausstel- lung, Geheime Regierunas-Nath Wermuth, seinen Vortrag über den Stand des Chicagoer Ausstellungs-Unternehmens _ mit einem Hinweise darauf, wie dankenswerth es im Interesse der Sache ersheinen müsse, wenu eine Körperschaft, die derartig innige Fühlung mit dem gewerblichen Leben besitze, wie der Verein, als dessen Gast er heute sprehen dürfe, Stellung zu der Ausstellungsfrage zu nehmen bereit sei, Nachdem der Reichskommissar in kurzen Zügen die Ge- \chihte der Entstebung des Chicagoer Ausstellungsunternehmeus vorgeführt hatte, dessen Zustandekommen nunmehr als gesichert angesehen werden dürfe, während auch die Betheiligung Seitens des Deutshen Reichs beschlossene Sache sei, er- wähnte er seiner im Herbst dieses Jahres in Gemeinschaft mit den beiden von der englishen Regierung beaustragten Auss\tellungs- Kommissarea unternommenen Reise nah Washington und nah Chicago, um nach Betonung des liebenswürdigen Empfanges und des bereitwilligsten Entgegenkommens, die man in Amerika überall an den betheiligten Stellen gefunden, die Plaßfrage zu erörtern, Was Chicago selbst anbetrifft, so befand sich wie der Redner aus- führte vor 100 Jahren an der Stelle, die gegenwärtig die mächtig aufblühende Stadt einnimmt, ein wüstes, sumpfiges Terrain, und die wenigen Ansiedler, die sih jeweilig in dessen Nachbarschaft nieder- ließen, sahen ihre Existenz jederzeit durch Angriffe der räuberishen Indianer bedroht. Cin im Jahre 1803 auf jenem Gebiete errihtetes Fort fiel im Jahre 1812 der Zerstörung durch die Sndianer anheim; um ein im Jahre 1814 erbautes neues Fort herum entwickelte sih dann vom Jahre 1833 ab eine stetig zunehmende An- siedelung, und darauf nahm. das Anwalhsea des Ortes einen wahrhaft rapiden Charakter an. Die Einwohnerzahl Chicagos stieg in dem Zeitraum von 1850 bis 1860 von 29000 auf 110000; im Sahre 1870 betrug sie 300000, im Jahre 1880 bereits 500 000 und m ; ite O endlich L

iese gewaltige Einwohnerza ließe nun kaum zum vier a N Aaritauer in ih; reihlich drei Viertel kommen auf den béibiedeniten Nationen angehörige Einwanderer aus Europa. N größte Bruchtheil fällt auf die deutsche G die etwa e n Drittel der Gesammtbevölkerung ausmacht; dann folgen Arta er, Sfkandinavier, Böhmen, Polen, Franzosen u. #. w. Ersftaunlich es,

zu beobahten, in welchem Umfange si dieses Gemisch von Natio-

nalitäten zu assimiliren und eine Fülle von Thatkraft und Energie zu entwickeln vermag, Auh das gewaltige Feuer, das im Oktober 1871 drei Tage lang Chicago beimsuhte und fast den ganzen westlihen Theil der Stadt in Asche legte, konnte dem Aufshwung des Orts keinen bemerkens8werthen Eintrag thun; denn bereits fünf Jahre darauf stand Chicago in böberer Blüthe da als zuvor, und zehn Iahre nach der elementaren Heimsuhung, die einen Gesammtschaden von 800 Millionen Mark angerichtet, w2ren kaum noch Spuren davon zu erblicken. Die außerordertliße Bedeutung Chicagos liegt in dem Umstande, daß man es bier mit der eigentlichen Kornkammer Nord-Amerikas, “fa in gewissem Umfange mit derjenigen der Welt zu thun hat. Die Haupthandelsgeschäfte, die sich auf Holz, Getreide und Vieh erstrecken , weisen einen jährlihen Umsaß von fünf und ciner halben Milliarde Mark auf, und die Stadt rühmt \ich, ein Gebiet, das nach Abzug Rußlands Europa gleihkommt, mit Nahrungs8mitteln zu versorgen. Für diesen großartigen Handelsverkehr bietet die Lage Chicagos an dem großen See und die Verbindung mit dem Michigan die allergünstigsten Chancen ; außerdem is Chicago einer der hauptsächbli@sten Eisenbahn-Knotenpunkte, in dem nicht weniger als 30 grôßere Bahnlinien zusammentreffen. NaGdem der Reichs- kommifsar noch darauf hingewiesen hatte, daß in Cbicago neben dem Handel au die Industrie sich zu immer größerer Blüthe entfalte, gab er ein Bild von den großartigeu Straßenanlagen und von den gewaltigen Dimensionen der riesenhaften, mit umfangreichen Fahrstuhl- systemen versehenen Hotels und glaubte, nah allen diesen thatsächlichen Ausführungen der Meinung Ausdruck geben zu dürfen, daß die Wahl Chicagos zum Orte der 1893er Ausftellung diejenigen Garantien für das Vorhandensein ausreihender Hülfsmittel jeder Art biete, die das Interesse der Aussteller und der Besucher erheische. Nachdem einmal die Entscheidung zu Gunsten Chicagos gefallen sei, erscheine diese Frage als erledigt. Immerhin aber sei es angezeigt, zu betonen, daß auf keiner Seite die Absicht bestehen könne, die belangreiten Handelsbeziehungen Deutshlands zu New - York, das anfänglih als Konkurrentin Chicagos in Betracht gekommen, lockern zu wollenz andererseits aber dürfe die deutsche Industrie die mit der Chicagoer Weltausstellung \sich bietende überaus günstige Gelegenheit zur Anknüpfung neuer Handelsbe;iehungen auf keinen Fall ungenüßt vorübergehen lassen. Es folgte nun eine ziffer- mäßige Uebersicht über den finanziellen Stand des AusstellungEunter- nehmens, die, da die Summe der Aufbringungen Seitens der führenden Gesellshaft und Seitcus sämmtliher Staaten Nord- Amerikas etwa 100 Millionen Mark Gewähr für einen günstigen Verlauf der Ausftelung zu bieten scheint, wie auch anzunehmen it, daß die noch nit erledigten baulihen und oraganisatoris@en Arbeiten bis zu dem in Aus\iht genommenen Zeitpunkte zum vollen Abs{chluß gelangen werden. Nach einem kurzen Ueberblick über den Ausstellungéplat, der Gelegenheit gab, die Mittheilungen über die den deutshen Aus- stellern gewährten günstigen Plaßbedirgungen zu wiederholen, und nah weiterer Betonung der vortheilhaften Tran8portbedingungen sowie der in sicherzr Aussiht stehenden annehmbaren Bedingungen für die Zollabfertigung wies der Reiskommissar den gegen die Betheiligung Deuts{lands an der Chicagoer Ausstellung geltend gema§hten Einwand des Vorhandenseins einer sogenannten Ausstellungsmüdigkeit als völlig unzutreffend zurück und forderte die deutsbe Industrie zur Theilnahme Beifoil) auétsihtsvollen internationalen Wettkampf auf. (Lebhafter eifall.

Eine längere Autführung des Professors Dr. Vogel über die ungünstigen Wirkungen der Mac Kinley-Bill für die deutsche Industrie gab dem MReichskommissar Veranlassung zu der Erklärung, daß, wenn auch vielleiht einzelne Industriezweige durch die Mac Kinley-Bill in verschiedenen Fällen statistisch noch nicht genügend festgestellte Schä- digungen erfahren haben möchten, doch die bloße Existenz der Vill unmöglich die Aufgabe der deutschen Handelsbeziehungen zu Amerika veranlassen dürfe, und daß gerade das eigenste Interesse der deutschen Industrie die Theilnahme an der Chicagoer Ausstellung erfordere. Nachdem darauf Stadtrath Dr, Weigert troy Mac Kinley- Bill und trotz ins Feld geführter Ausstellungsmüdigkeit lebhaft für die Beschikung der Ausstelluyg durch die deutsche Industrie cinge- treten war, erklärte au Professor Dr. Vogel, daß er keineswegs ein prinzipieller Gegner der Betheiligung der deutshen Industrie an dem Chicagoer Ausstellungsunternehmen sci, sondern nur auf die ein- zelnen Industriezweigen aus der Mac Kinlcy-Bill erwachsenden Schwierigkeiten habe hinweisen wollen.

ArbeitersGuß in Schweden.

Nath den Berichten der Gewerbe-Inspektoren für das Jahr 1890 haben diese die Erfahrung gemacht, daß ihnen die Arbeitgeber wohl- wollend entgegenkommen, wenn auch manchmal ein gewisser Mangel an Geneigtheit zur Ausführung der angeordneten S{uyvor- rihtungen zu bemerken war. Bei den Arbeitern dagegen hat die befohlene Anbringung von Schußzvorrihtungen wenig Anklang gefunden, außer wo es sich um die Beseiti- gung augenscheinliher Mißstände handelte. Die Schußvorrich- tungen bei den besonderen Arbeitsmaschinen hielten die Arbeiter oft für hinderlih, oder sie meinten, daß die Anbringung folcher Vorrichtungen cinen Zweifel an ihrer Geschicklichkeit andeute. Es ist auch nit selten vorgekommen, daß Arbeiter die Schußvorrichtungen entfernten; nachdem aber gegen diesen Unfug eingeshritten war, wurden die Schugvorrihtungen \{ließlich respektirt.

beträgt, die erforderliche

Ausländer in China. i

In der in Tientsin ersheinenden chinesishen Zeitung „Schibao“ wurden kürzlih Mittheilungen über die Zahl der in den offenen chine- sischen Häfen lebenden Ausländer veröffentliht. Dana lebten im Ganzen in den 21 für Fremde geöffneten Häfen 8107 solcher Perfonen in 552 Handlungshäusern, darunter 3317 Engländer in 327 Häusern, 1153 Amerikaner in 32, 883 Japaner in 29, 648 Deutsche in 80, 618 Portugiesen in 5 und 131 Russen in 12 Häusern; die übrigen 1357 Fremden, die sich auf 67 Handlungshäuser vertheilten, ge- hörten verschiedenen Nationalitäten an. Die Zahl der Fremden ift sehr gering gegenüber der chinesischen Bevölkerung der 21 Vertrags- bäfen, die auf rund 5630000 Köpfe angegeben wird, wovon 1 600 000 auf Kanton, 915 000 auf Tientsin, 800 000 auf Hankou, 630 000 auf Fu-tscho und 380 000 auf Schanghai entfale

An diese Zahlen knüpft die russische Zeitschrift „Wostotshnoje Obosrjenie“, welcher der „Globus“ die obigen Angaben entnommen hat, cinen interessanten Vergleich zwischen der Zahl der in China aus faufmännishen Rücksichten lebenden Russen (131) und derjenigen auf russishem Gebiete lebenden und handeltreibenden Chinesen. So haben z. B. in Blagovetstschensk am Amur mehr als 900 Chinesen ihren beständigen Wohnsiß; außerdem halten sih daselbft stets viele Vinesisde Kaufleute aus der Stadt Aigun und aus dem Dorfe Groß-Saalin auf. In allen Städten Éransbaikaliens, auch in den kleinsten Ansiedelungen, leben Bewohner des Reiches der Mitte; überall sind einige chinesishe Verkaufsläden vorhanden, deren Inhaber ungebindert Handel treiben. In China dagegen dürfen die europäischen Kaufleute nur in festgeseßten Orten bandeln und sind dabei in voll= kommener Abhängigkeit von den Chinesen.