1891 / 279 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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“billeis a eben. Vormerkungen auf Billets für die Feft- En Abend werden bereits jet im Theaterbureau und an der Kasse entgegengenommen. Aus Anlaß des Tages if eine bumoristishe Mevue in Vorbereitung, in welcher der Jubilar in fünf seiner Repertoirerollen auftreten wird.

Morgen Abend 8 Ubr findet in der Sing-Akademie das Concert der Sängerin Fräulein Eleanor Burnett ftatt, in dem Fräulein Magdalene Voigt die pianiftishe Mitwirkung mit Beet- boven's Cis-moll-Sonate und Chopin's Phartasie-Impromptu und G-moll-Ballade übernimmt. Der gleichfalls mitwirkende jun e Geizer Herr Pick-Steiner wird zwei Säße aus dem Mendelsfobn's{en Violinconcert und fleinere Stücke spielen. Das Programm des Klavierabents, den Felix Dreyvshock am Sonnabend in der Sing-Akademie veranstaltet, bringt u. A. auch eine Reibe eigener Werke des Concertgebers, und zwar Intermezzo und Etude aus op. 20, Barcarole und Arietta aus op. 21 und Serenade und Walzer aus op. 22. Das Programm des Concerts, das die Sängerin Fräulein Adele Sennhausen unter Mitwirkung der Pianistin Fräulein Martha Hornig und des Concerimeisters Herrn Beermann am Sonnabend im Saal des Hôtel de Rome ver- anstaltet, bringt von Vokalwerken eine Arie aus Herold's „Zwei- kampf“, die Rosen-Arie aus „Figaro's Hochzeit“ sowie Lieder von Mozart, Gluck, Hildad, Bungert und Breslaur. Marcella Sembrich ist nach ihrem kürzlih stattgehabten Auftreten im Hof- Concert in Wien von Seiner Majestät dem Kaiser von Oefter- reich zur K. K. österreihishen Kammersängerin ernannt worden.

Auf Befehl der Königin Victoria findet, wie die „A. C“ meldet, beute Nackmittag im Schlosse Windsor eine Privat- vorstellung von Mascagni's ,Cavalleria rusticana“ vor Ihrer

Majeftät ftatt. Jagd.

Morgen, Freitag, den 27. d. M,, findet Königliche Parforcejagd statt. Stelldichein: Mittags 129/, Uhr Jagd- {loß Grunewald, 11// Uhr am Saugarten.

Mannigfaltiges.

Die urter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehende Segensfirche, deren Grundstein vor einigen Monaten in Reinickendorf gelegt wurde, erhebt si, wie der „N. Pr. Ztg.“ gemeldet wird, bereits als stattliher Bau. Man hofft, daß der erste Gottesdienst darin am 1. Oktober nächsten Jahres werde abgehalten werden können. |

Das Privatmuseum des verstorbenen Geheimen Medizinal- | Raths, Professors Dr. Liman, das in cinem besonderen Zimmer des Leichenshauhauses Aufstellung gefunden hat, ist, wie die „N. A. Z.“ erfährt, nach den leßtwilligen Bestimmungen des Verblichenen dem forensishen Institut zugefallen.

Der wegen des Ankaufs verschiedener Guts- und Bauernlände- reien Zwecks Erweiterung und bezw. besserer Abrundung der ssttädti- {chen Rieselfelder von der Stadtverordneten-Versamm- lung niedergeseßte Aus\chuß hat si, nach einer Mittheilung der „Nat.-Z.*, in seiner am Dienstag unter Vorsiß des Stadtverordneten Geheimen Ober-Regierungs- Raths Spinola und im Beisein der Magistrats - Kommifjarien Stadtrath Marggraff, Stadt - Bauratb | Hobreht und Stadtrath Struve abgehaltenen Sitzung dabin \chlüssig | gemacht, den Ankauf des Ritterguts Ruhlsdorf mit sämmtlichem i

Sonnabend: Opernhaus. 249, Vorstellung. Ca-

lebenden und todten Inventar, sowie mit allen Vorräthen und Be- ftänden für den Preis von 800000 #4 und ferner die Ecwerbung ver- schiedener in den Gemeindebezirken Franzöfisch Bucbholz und Blankenfelde belegenen Parzellen mit einem Gesammiflächeninhalt von 56 ha 54a 70gqm für ¡usammen 101537 Æ zu empfehlen.

Den fünften und vorleßten Vortrag im diesjährigen, zum Besten des Heimathhauses für Töchter höherer Stände veranstalteten Cyklus hielt in der Aula des Königlichen Real- Gymnasiums geftern der Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Swhneider über: „Ein schlesischer Liederdichter (C. von Holtei)*. Der Vortragende entwarf ein _lidt- und leben8- volles Bild von Carl von Holtei, dem natürlichen Typus schlesishen Wesens, dem letzten Vertreter des fahrenden Sängerthums. Seine Passion gebôörte von Jugend an (er war* geboren am 24. Jas nuar 1798) dem Theater, sein an Wesel und Verirrungen reihes Leben schilderte der Dichter selber in seinem „Vierzig Sabre aus meinem Leben“. Als 22 jähriger Jüngling durMzieht er als Deklamator die deutshen Städte; Ludwig Tieck hört ihn in Dreéden lesen und redet ibm ins Gewissen, sodaß er seine Wander- saft nah seiner Verlobung und Vermählung mit Luise Rocher avf furze Zeit aufgiebt und einige Monate als Schauspieler, Theater- dichter und Theatersekcetär in Breélau seßhaft wird; aber nit lange. Nach dem Tode seiner Gattin stürzt er si in den Strudel der wildesten Zerftreuungen, er wandert wieder. In Weimar bei Goethe findet er erft wieder sittlich feïten Boden. In Berlin, wo er im Ganzen fünf Mal gewesen, lernt er in der Mittwoh-Gesellshaft Chamisso kennen, dana entstanden feine s{lefishen Gedite, 1830 in erster Auflage ; jet auch beginnt seine dramatif heThätizkeit. Nach dem Ab- leben seiner zroeiten Frau, Julie Holzbehher, fängt jene Vorleserichaft der Shakespeare'schen Werke an ; 1844 kommt er wieder na Breslau als Direktor des dortigen Theaters, jedo nur auf ein halbes Jahr. Seine 1848 erschienenen „Stimmen des Waldes“ dihtet er in Trachenberg beim Grafen Haßfeldt; 1850 „kauft er sich den ersten Schreibtish“, es beginnt seine Thätigkeit als Romanscriftsteller. Nachdem er eine Zeit lang in Glaß bei feiner an einen böberen Be- amten verbeiratbheten Tocter gelebt, wird er im Jahre 1864 dauernd in Breslau wohnhaft, bis er am 12. Sa 1880 im Kloster der Barmberzigen Brüder stirbt Unvergefssen aber bleiben seine Lieder und seine Eigenart als s{lesisher Dichter.

Die an 90000 Seelen zählende Elisabeth-Gemeinde ist durch die Arbeitslosigkeit vieler Armen genöthigt, ihren Beschäf- tigungs- Verein wieder zu empfehlen, um namentli Wittwen und den Frauen, deren Männer krank liegen, einigen Verdienst zu verschaffen. Der Verein mußte wegen Mangels an Hülfskräften klein anfangen; er beschäftigt jedoch bereits 26 Arbeiterinnen und kat für Stoff und Löbne über 1209 #4 v-rauëgabt. Zum Verkauf der angefertigten Sachen soll, wie der „N. Pr. Z.* gemeldet wird, am Montag und Dienstag nähster Woche von 10 bis 4 Übr im Pfarr-

! hause, Invalidenstraße 4, I1, ein Bazar stattfinden, für den eine

zablreihe Theilnahme erwünsckt ift.

Spandau, 25. November. Ueber den in Nr. 278 des „R.- u. St.-A.* kurz gemeldeten Brand der Stearinlicter-, Olein- und Glyzerinfabrik von Motard u. Co. in Paulésftern be- rihtet die „N. A. Z“: Das große Etablissement, das mebrere bundert Personen beschäftigt, zählt zu den bedeutendsten derartigen Anlagen und i in der Nähe der Puiver- und Gewebr- fabrik von Spandau gelegen. Gestern Morgen gegen 3 Uhr explodirte in dem unweit von den Vorraths\peihern gelegenen Maschinenhause

Belle-Alliance-Theater.

ein Dampfkefiel. Die Arbeiter vermohten sich noch rechtzeitig zu flüchten und versuchten die Flammen, die alsbald aus dem Kessel- haufe emporshlugen, zu löshea. Dies gelang ihnen jedoH nicht, vielmebr theilte sih der Brand den Fabrikcäumen mit, sodaß, als die Spandauer Berufsfeuerwehr ankam, fie bereits das Fabriketablifsc- ment in Flammen stehend antraf. Erft mit Hülfe der telegraphi!ch benacri{tigten Berliner Feuerwebr, die einen Dampffprißenzug gegen 4 Uhr früh entsandte, gelang es, des Feuers geaen 1 Ubr Mittags Herr zu werden. Der Schaden soll wie die „Vofs. Ztg.“ erfäz.t, dur Versitherung gedeckt sein.

4+ Stade. In der Stadt Verden ift mm mit den Vor- bereitungen für die Arlage einer Wasserleitung beschäftigt, diz noŸH riht zum Abshluß gekommen find; dagegen ift die Vollendung der Anlagen zur Versorgung der Stadt Geestemünde mit Leitung8waser aus Tiefbrunnen noch vor dem Winter zu erwarten. Zur Gatwisse- rung von Geestemünde und Lehe dur einheitliche Kanalsyîteme sind Projekte von einem mit derartigen Anlagen vertrauten Civilingenieur theils fertig gestellt, theils noch in der Vorbereitung begriffen.

Rom, 24. November. Während eines orkanartigen Sturmes is nach ciner Meldung der „D. B.-H.* ein Luft- ballon ohne Korb mit einigen, die Namen von französishen Kricgs- beamten tragenden, an eine Kordel angebundenen Visitenkarten nach Avroëcia, Provinz Porto Maurizio, vershlagen worden. Nach eiwaigen Veranglückten wird gesucht.

Kopenhagen, 25 November. Auf dem vor dem biesigen Hafen ankernden Schooner „Therese“, mit Kokes von Bremen nah Königsberg bestimmt, wurde, wie der „N. A. Z.“ telegraphirt wird, beute der Kapitän Namens Fritsch, in Barth wohnhaft, von dem Koch des Schiffes mit Arthieben niedergeschlagen und über Bord geworfen. Der verbaftete Ko gab im Verhör an, daß er nah einem entstandenen Wortstreit im Notbwehrfalle gebandelt habe. Der Leichnam ift noŸ niht gefundea worden. Das Shiff wird polizei- liccerseits nah Bremerhaven übergeführt.

Kalkutta, 21. November. Der indishe Marinedampfer „Buide“, welcher au8gesandt wurde, vm na dem feit dem legten Cyclon ver- mißten Lootsendampfer „Coleroon“ zu fahnden, ift, wie dem R. B.* gemeldet wird, nah Kalkutta zurückgekehrt, ohne das Schiff gefunden zu haben. Der Kapitän des „Guide“ berihtet aber, daß er so viele Sciffstrümmer aaf dem Meere gesehen habe, daß fein Zweifel mebr bestebt, daß der Lootsendampfer untergegangen ist Die Besaßung bestand aus fünf Europäern und ahtunddreißig Eingeborenen.

Nach Shluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

New-York, 26. November. (W. T. B.) Das Mitglied des republifanishen Nationalcomités Hyde erklärte bei Gelegenheit eines Jnterviews, die Wahl der Stadt Minneapolis für die Abhaltung der Konvention sei ohne jede Bedeutung, da vollkommenes Einverständniß darüber herrshe, daß Blaine als Präsidentschaftskandidat ernannt werde, falls er nicht vorher die Kandidatur entschieden ablehne. Jn diesem leßteren Fall werde Harrison wieder zum Präsidentschaftskandidaten ernannt werden.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Freitag: Er- | künstler Zum Séluß der Vorftellung : Da „Auf

Wetterbericht vom 26. November, j i 8 Uhr Morgens. valleria rusticana (Baneru-Ehre). Oper | „5 intri ! 7 ü _| Helgoland Fg oder: Ebbe und Flutb*“, 2 s - | in 1 Aufzug, nah dem gleichnamigen Volksstück von mia Mit R e UbmEtee große bydrologiiche Ausstattungs - Pantomime in 2 SZE | | E ZSS | Verga. Musik von | ay: Mascagni. In Scene | Ausstattung von Dekorationen, Kostümer, Ballets, Abtbeilungen H ala Tegen e S, S 2E |ESD | geseßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kapell- | Waffen, Requisit-n, Beleuchtungseffekten 2c. Jung- Sten e “oar: A f i E Lichtesfekten 2c Stationen. | #28 | Wind. | Wetter. |2S ll meister Weingartner. Vorher: Prometheus. Musik | Deutschlaud zur See. Großes Ausftattungs-Zeit- | [äen t E g A I Dir E. Renz. Kunft- SB E Eo 1 | von Beethoven. Nach einer mythologishen Tanz- | hild mit Gesang und Tanz in 4 Akten (6 Biidern) | arrans ri und nscenirt tom E S fnioe j. Sblnks 28A S =ck | dihtang E. Taubert's in 2 Akten von Emil Graeb. | von Ernst Niedt. Musik vom Kapellmeister G. R. \{wimmerinnen drei Geschr s es, E i S | Dirigent : Musikdirektor Hertel. Anfang 7 Uhr. Kruse. : ris ves S Dée vou T R r Es 80 Fuß Mullaghmore| 751 |[WSW s Regen 3 Schauspielhaus. 260. Vorstellung. Wohlthätige | Sonnabend : Dieselbe Vorftellung. G A l A Y a U beo, : af nis S in A O R Nawmittags 3# Uhr: Kigder Dns D be- | Fäglich: „Auf Helgoland“. iansund | ¡wolkig O E O E S deutend ermäßigten Preisen. Zum 121. Male: Jung- | Senntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr Kopenhagen . | 759 |DSD 4/Dunit 2 | Max Grube. Anfang 7 Uhr. Deutschlauv zur See. Auf vielseitiges Verlangen: „Die lustigen Heidel- Stodtholm . 766 |SO 2\bedeckt 7 berger“. Abends 74 Uhr: Auf Helgoland“ I \ j —1 : R E Ï O a 774 S 1 Sihnee =11 Theater itag: Der bl Adolph Ernsi-Theater. Freitag: Zuim C ————— Moskau. .. | 777 |S 1bededt | —13 E heater. Ksreitag: Der blaue | „Male: Der große Prophet. ¿Metan S j rief. L in 4 Akten von Leon Qreptow. ouplets von C: a9 ° Cork, Queens- | Sonnabend: Goethe - Cyclus. 6. Abend. | Gy5 s Steff i Familien-Nachrichten. 1 | / F uftav Görß. Musik von Guftav Steffens. „Mit Cherbourg. : 757 BSW 3 balb bed 5 Ines T Tiand Los img A E e S U Mi G Da Vormittag verschied nah längerem \{werem e S | * ; . d aus dem Atelie r ler «un : 1ag lt ; s 767 S 1 Dunst f: 1 - Butar, E Scene geseßt von Adolph Ernst. An- S loeltear und Chef er Rémónticonds-Ablieiltng Hamburg . . | 757 |SO 2 Nebel 2 Berliner Theater. Freitag: 13. Kbonn.-Vorst, ans n: Dieselbe Vorstellung. im Kriegs-Ministerium, Ritter vieler Orden e s N N __ 5 | Die Jungfrau vou Orleans. Anfang 7 Ubr. ——————— Herr Heuning von Arnim. Died | 76) (SSD d bet |— 4 | Sonrabend Esther. —, Dex Ege. _ Der | _Thomas-Theater. Alte Zalobiirabe 30. Fimec und inebesordere dem Kriegs-Ministerium Ds. I DED Ibededt | B F Geizige. 9 bats 74 Ubr: Der Hüttenbefitzer. S E Mama. Gerl Dank seiner unermüdlichen acsoläeihen Thrhgeit S | son. ; ; : - : : 6 ; l” Karlórube - | 766 |NO 2Nebl | 4 S Q Bacillus. Novität? Pose in 4 Akten von Rudolf | onben Gigenschaften des Charakters, welche ihn Wiesbaden . | 756 |NO 1bedeck | 4 E : reitag: Die Groß: | Kneisel. In Scene gesegt vom Ober-Regifseur Adolf | uszeichneten, ein dauerndes ehrenvolles Andenken Lesfi Theater. Freitag München .. | 755 |N 1Nebel [49 T &wank in 4 Akten von Oscar Blumen- Kurz. (Igelfish: Emil Thomas.) Anfang 7f Uhr. | F Hern. Chemniß .. | 757 |SO 1'halb bed. | 9 I iee Kezeibura Anfang 7 Ubr Sonnabend: Dieselbe Vorftellung. Berlin, den 25. November 1891. Berlin | 758 D 2ibedeckt 2 Son tend: Die Grof:stadtlust. h Der Kriegs-Minister : D E ABOA 7 | Sonntag: Die Grofstadtluft. Concerte. von Kalienborn, reslau. .. ebe Á ; / E E R i Ile d'Aix M ONO 2shalb bed. 1 U E ca I as Sing - Akademie. Freitag, Anfang 8 Uhr: | Verlobt: Frl. Cläre Iohn mit Hrn. Gerichte- Nizza .…..| 755 SW 1Nebell | 11 j | Concert der Concertsängerin Eleanor Burnett. Affseffor Friy Bennbold (Breslau). it .+ «l A0 stillibedelt | 14 _ S Geboren: Ein Sohn: Hrn. Karl von

Uebersihi der Witterung.

Gine Depression liegt nordmestlih von Schottland und entsendet südwärts nah dem Kanal hin einen Ausläufer, welcher ostwärts fortshreite. Am böch{- sten ist der Luftdruck über dem Innern Rußlands, wo ziemlich strenge Kälte herrs{@t. Bei {waer südöftliher bis nordöstliher Lustströmung und durch- \chnittlich nahezu normalen Wärmeverkbältnissen ist das Wetter in Deutshland vorwiegend trübe und vielfa neblig, stellenweise sind sehr geringe Regen- oder Schneemengen gefallen. Im nordwestlichen Deutschland sowie in der Gegend von Paris herrs{t Froftwetter. Nizza meldet 24, Triest 30 mm Regen ; an leßterer Station fanden auch Gewittersheinungen

und Gondinet.

Hanufi lacht.

Freitag : 2, Male:

ftatt.

Wuallner-Theaëier. Jmmer zerstreut!

Hierauf, neu einstudirt: Die Hanui weint der

Jacques Offenba. Anfang Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellurg.

Friedrich - Mit Polnische Wirthschaft.

in 3 Akten von H. West und Rich. Genée. von Hermann Zumpe : Für das Friedrih - Wilhelmstädtishe Theater be-

Freitag: Zum 11. Male:

Pofse in 3 Akten von Barrière

Franz Wallner Arfang 7 Uhr.

Bearbeitet von

Komishes Singspiel in 1 Akt von | N 6 von Brabms.

von Servais (Herr Smit). Wilhelmslädtishes Theater. | (ne? von oper. neuer Ausstattung: Zum Operette Musik

(Komponist d:s „Farinelli*). | Geöffnet von 12—11 Ubr.

wißenshaftlihen Theater.

Concert-Haus. Freitag: Karl Meyder-Concert.

Ouv. „Leonore Il.* von Beethoven. „Das NaŸt- lager in Granada“ von Kreugzer. Phantasie a. d. Op. „Don Juan* von Mozart. Phantasie a. d. Op. „Cavalleria rusticana“ von Maécagni. „Le Desir“ für Cello „Streublumen“, Walzer

Urania, Anstalt für volkstbümliche Naturkunde Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). i Vorftellung im

Tâà Näheres die Anschlag!

Scarfenberg (Berlin) Hrn. Hauptmann Kurt Kreuzwendedih von dem Bornc (Magdeburg).

Hrn Major Weste (Göttingen). Eine Towbter: Hrn. Kreis - Shulin|pektor Heisig (Hultschin).

Unzariiüe Le Gestorben: Hr. Re(tsanwalt Hermann Bolten

(Roftok) Hr. Kronanwalt a. D. Fromme (Hameln). Fr. Sophie von Qualen, geb. Gräfin von Reventlow (Lübeck) Hr. Gch. Ober-Re- gierungs Rath a. D. Dr. jur. Friedrih Wilhelm Leopold von Gerla& (Rohrbeck). Fr. Amtsgerichts- Rath Bertha von Dafsel, geb. Freiin von Minni- gerode (Bremen). Hr. Sterer-Raih Hartmann (Liegnitz). Fr. Kanzlei-Rath Marie Strähler, geb. Müller (Striegau) Hr. Rittergutsbesiger Julius Meyen (Brodek per Sohrau). Fr Wanda

Deutsche Seewarte.

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Theater-Anzeigen.

Königliche Schauspiele. 248. Vorstellung. (So machen es Alle! Oper in 2 Akten von W: A. Mozart. In vom Ober-Regifseur Teglafr, Dirigent : meister Suer.

Schauspielhaus. 259. Vorftellung. Zauber-Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. von S@élegel’'s Uebersetzung. von Wilbeim Taubert. Mustkalische Direktion: Hr. Steinmann.

haus. Fan tutte.

7 Ubr.

Anfang

Freitag: Neu einftudirt :

Uhr.

Tanz von Emil

Opern- Così Komische cene geseht Kapell-

Der Sturm. Musik

Graeb. Anfang

arbeitet von Louis Herrmann. In Scene geseßt von Jul. Fritßzsce. Dirigent: Kapellmeister Federmcnn. Die neuen Dekorationen aus dem Atelier Falk. Die neuen Kostüme vom Gardcrobe- Inspektor Venzky. Anfang 7 Uhr.

Sozxnabend: Dieselbe Vorstellung.

Refidenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten- burg. Freitag: Dr. Jojo. Schwark in 3 Akten von Albert Carré. Deutsch von Karl Lindau.

Regie: Emil Lessina. Anfang 7+ Ubr. Sonnabend : Zum 1. Viale: Madame Mougodin.

zettel.

Circus Renz. Karlstraße. Freitag, Abends 7} Ubr: Große Kcmiker-Vorsteüung. Auftreten der Clowns 3 Gebrüder Briatore, Gebrüder Dianta u. Warne, Paul und William, C Godlewsky, - Gebr. Kronemann, Veldemann und Rose, Vêisco 2c. in tbren höht komishen Entré:s und Intermezzos. Avfßerdem: Prin; Carneval und sein Gefolge, fom. equestr. ürrançement mit 12 Freiheitépferden, vorgefüert von Herrn Franz Renz. Beautiful, geritten von Frl. Clotilde Hager. Kandelaber, geritt:n von Herrn Ernst Renz (Enkel), Eine Bergnügungéfahrt mit Hindernissen von der neu

von Damnigtz, geb. Brader (Dom. Jacobsdorf bei Winzig).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutsen Buchdruckerei und Verlags Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32,

Fünf Beilagen (einshließlich Börsen - Beilage),

uud eiu Prospekt des Verlags von Jul. Hoff- mann in Stuttgart, betreffend Hoffmanu's

S@wank in 3 Aften von Ernst Blum und Raoul Todté. -

engagirten Elton Troupe (5 Perfonen). Auftreten der vorzüglihften Reitkürstlerinnen und Reit-

Hanshaltuugsbncch für das Jahr 1892.

M die Aufhebung der Karenzzeit vorzunehmen.

M 279.

2

Deutscher Reichstag. 126. Sigzurg vom Mittwoch, 25. November, 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Staatssekretär Dr. von Boetticher.

Die zweite Berathung des Geseßentwurfs, C die bei & l 8 der Krankenversiherung, wird fortgeseßt

ei 8. 21.

Nach §. 21 können die Ortskrankenkassen eine Erhöhung und Erweiterung ihrer Leistungen beschließen; zu den zulässi- gen Erweiterungen gehört u. A., daß das Krankengeld {hon vom ersten Tage ab und auch für die Sonn- und Festtage

ezahlt werden kann. Die Regierungsvorlage wollte eine

7 olhe Erweiterung abhängig machen von der Zustimmung der x Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeiter; die Kommisfion F hat nur die Bedingung aufgenommen, daß der Reservefonds Í den gesezlih vorgeschriebenen Betrag erreiht haben muß.

' Die Abgg. Hitze und Spahn beantragen, die Zustim-

mung der Vertreter der Arbeitgeber alternativ neben der Vorschrift bezüglih des Reservefonds einzufügen, während Abg. Möller die Vorlage wieder herstellen will.

Abg. Dr. ffel will nur in dem Falle, daß die Krank- heit länger als vier Wochen dauert, das Krankengeld für die drei ersten Tage und für die Sonn- und Festtage zahlen lassen.

Nach §. 21 kann ferner die Leistung der Krankenkasse ausgedehnt werden dahin, daß die Unterstüßung statt 13 Wochen 52 Wochen lang gewährt wird, daß das Krankengeld und das Sterbegeld erhöht wird, daß die freie ärztlihe Be- handlung auch den Familiengliedern gewährt wird ohne oder mit Zahlung eines besonderen Beitrags.

Abg. von Strombeck will genau feststellen, was unter Familienangehörigen zu verstehen ift, nämli die Ehefrau und die niht erwerbsfähigen Kinder.

Abg. Dr. ffel: Dur die Befugniß der Kafsenvrorftände, das Krankengeld auch für die ersten drei Tage der Krankheit zu bewilligen, würde der Simulation Thür und Thor geöffnet werden. Der beste Arzt sei niht im Stande, während der erften drei Tage in zweifel- haften Fällen er erinnere nur an den chronisen Rheumatiëmus die Krankheit genau zu erkennen. So würde denn f{ließlich die dreitägige Karenzeit mit der Zeit ganz verschwinden. In manchen Fällen wöze die Zablung des Krarnkengeldes für die erften drei Tage notbwerdig sein. Diese Fälle müßten aber genau fesigestelt werden. Er kate deëbalb beantragt, daß die Karenzzeit nur dann fortfalle, wenn die Krankheit länger als vier Wochen dauere und wenn eine äußere Verlegung vorliege.

Abg. Hitze: Die Gefahr der Simulation fei nit so groß, daß man es niät der saßungs8mäßigen Regelung überlassen könnte, von der Karenzzeit abzusehen. Zahlreiche Kassen bätten keine Karenzzeit und führen gut dabei. Gerade der Antraa Höffel könnte die Simulation befördern. Ein Kranker, der nur 34 Wochen krank gewesen sei, werde sich noch einige Tage drücken, um für die ersten drei Tage das Krankengeld zu bekommen.

Abg. Möller: Er möchte nach Mösögli®keit die Karenzzeit auf- re@t erbalten und dafür anderweitige Erleihterungen gewähren. Für beute môödte er die Wiederherstellung der Regierungsvorlage empfehlen, welche die Möglichkeit der dreitägigen Karenzzeit an die Zustim- mung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer knüpfe. Die mechanische

* Grenze, welche die Kommission setze, halte er niht für zweckmäßig. Bei der großen Mehrzahl der Kassen werde der Reservefonds in einigen Jahren gefüllt sein. Dann trete das politis&e Bedenken ein, daß eine Agitation für den Fortfall der drei Karenztage eintrete. Er befürhte dies namentlich für die großen Städte, wo die Sozialdemokratie in den Kassen das absolute Regiment babe. Die Beseitigung der dreitägigen Karenzzeit müsse von der Zustimmung der Arbeitgeber abbängig agemachbt werden, damit nicht die in der Mehrheit befindlihen Arbeiter obne Weiteres einen Beschluß faßten, der erbeblihe finanzielle Folgen habe.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Fch babe mich selbstverftändlih in erfter Linie für die Wieder- Lerstellung der Regierurgévorlage zu interefsiren und timme demgemäß dem Antrage des Herrn Abg. Möller zuz; aber ih würde auch glauben, daf, wenn das Haus geneigt sein sollte, den Bes&luß seiner Kom- mission binsihilich des leßten Pafsfus in der Ziffer 1a aufrecht zu erbalten, dann ein Bedenken vorliegt, dem Antrage der Herren Hitze und Spahn zuzustimmen. Meine Herren, ich habe aus den Ausfüh- rungen des Herrn Vorredners entiommen, daß es wesentlich politische Bedenken sind, welche ibn hindern, die Abschaffung der Karenzzeit auch dann zuzulassen, wenn der vorgeschriebene Reservefonds bei der Kasse er- reiht ift, Ich mö@te glauben, daß dieses politishe Bedenken, welches darin gipfelt, daß, wenn der Reservefonds die vorgeschriebene Höbe erlangt hat, eine Agitation auf Abschaffung der Karenzzeit fch in un- angenehmer Weise fühlbar machen könnte, ebenso auh den in der Regierungsvorlage enthaltenen Vorshlag und den von den Herren Hitze und Spabn gemachten Vorschlag trifft. Es wird in jedem Falle wöôglih sein, die Agitation gegen die Arbeitgeber darauf zu rihten, daß man die Karenzzeit abschaffen möge, und ih sehe darin gar keine veränderte Lage dieser Frage, daß auch dann, wenn der Reservefonds die vorgeshricbene Höbe errci&t bat, die Agitation mögli wird. Unter allen Umständen ist ja ein Beschluß der Kassen- vertretung nothwendig, um überhaupt zur Abschaffung der Karenzzeit überzugehen, und dieser Beschluß oder die Hinwirkung auf denselben unterliegt naturgemäß der Agitation. Ich mötte aber glauben, daß es fi unter allen Umständen empfiehlt, das, was die Regierungs- vorlage vorgesehen hat, und was von der Kommission gestrichen ift, wiederberzustellen. Denn, meine Herren, diese Vorschrift des §. 21 gilt auch für Betriebskrankenkassen, und es würde, wenn die Vor- \hrift so stehen bleibt, wie Ihre Kommission sie proponirt, unmöglich sein, von vorn herein bei der Errichtung einer Betriebskrankenkasse Man würde vielmehr erst dann dazu übergehen können, wenn der Reservefonds die vor- \chriftsmäßige Höhe erreiht hat. Dies würde ih als einen Uebel- ftand betrahten und zwar umsomehr, als die Ansammlung des Re- servefonds doch nicht so schnell sih uollzieht, wie der Herr Vorredner in seinen Ausführungen annimmt. Nas der uns vorliegenden Statistik für das Jahr 1889 haben si damals erft 33% aller Krankenkassen im Besigze des vorgeschriebenen Reservefonds befunden, und die ver- gleihende Uebersicht mit den Vorjahren, die in dieser Statistik ent- balten ift, ergiebt, daß die Zunahme derjenigen Kassen, die den vollen

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Erste Beilage

Berlin, Donnerstag, den 26. November

Reservefonds angesammelt baben, do eine verbältnißmäßig geringe ift. Also ich resümire mich. Prinzipaliter bin ih für die Wieder- herstellung der Regierungsvorlage, die ih ja zu vertreten habe, und eventuell würde ich auch nichts dagegen zu erinnern baben, wenn nah dem Vorschlage der Herren Hitze und Spahn die Regierungsvorlage und der Zusay der Kommission alternativ in die Ziffer 1a ein- gefügt werden.

Für den Artrag Höffel kann auch ich mich nit aus\pre{en, denn, meine Herren, ih sehe es als eine nicht gebotene Härte an, wenn man die Karenzzeit nur denjenigen Personen gegenüber auf- beben will, welwe mindestens eine Krankheit von vierwötentlicher Dauer erleiden. Ih eremplificire da wieder auf die Betriebskrankenkafsen. Ih kann mir denken, daß in einem Betriebe die Arbeiterschaft eine fo zuverlässize, ehrliwe und aufrihtige ift, daß eine Simulation der- selben niht vorkommt. Weshalb man nun diesen Leuten auch bei kürzerer Krankbeitésdauer, wenn die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Aufhebung der Karenzzeit übereinstimmen, die Zuweisung des Krankengeldes für die ersten drei Tage versagen will, ist in der That nicht abzusehen. Ih möchte Sie deshalb bitten, den Antrag Höffel abzulehnen,

Was nun endli die Anfrage des Herrn Abg. von Strombeck anlangt, fo is mir außer Zweifel, daß die Kassen nah 8. 21 urter Nr. 5 au die Befugniß haben, die Für- sorge auf folhe Familienangehörigen auszudehnen, welche nicht unter die Kategorie der Edzefrauen und niht erwerbsfähigen Kinder fallen ; denn darüber kann meines Erahtens kein Zweifel sein, daß, wenn von Familienangebörigen im Allgemeinen gesprochen wird, damit der ganze Kreis der Familie begriffen wird. Aber es wird natürlich Sa@e einer vorsi@tigen Kassenverwaltung sein, dafür zu forgen, daß in dem Beschluß felbst kein Zweifel darüber ofen gelassen wird, wele Familienangebörigen von der Fürsorge betroffen werden und welche nit,

Aba. von der Schtulenbüurg: Er sei auch dafür, die Re- gierungsvorlage alternativ mit dem Kommifsionsvors{lag anzunehmen, doc balte er dann eine redafktionelle Aenderung in dem Sinn für nôtbia, daß diese Bestimmung sich auf den ganzen Paragraphen ausdehne; wenn Niemand fonst, werde er zur dritten Lesung einen dabingebenden Antrag einbringen. Außerdem meine er, daß eine Be- stimmung doppelt im S. 21 enthalten sei, nämli die, daß die Kafsen- leistungen auch auf die selbst nicht versicherten Familienangehbörigen ausgedehnt werden könne. / : :

Abg. Dr. Hirs ch: Er empfeble die Aufrehterhaltung der Kom- missionévors{läge. Ueber die Karenzzeit gingen die Ansithten der Arbeiter selbs auseinander, aber da es unter gewissen Umständen wünschenswerth sei, die Karenzzeit zu beseitigen, sollte man dies nicht von anderen als finanziellen Rücksichten abhängig machen, und in dieser Beziehung fei die Erreichung der geseßlichen Reservcfondeböhe keine bloß mechanische Grenze. Die Zustimmung der Arbeitgeber zur Ab- schaffung der Karenzzeit, wie sie der Abg. Dr. Hitze beantrage, be- kämpfe er deêwegen, weil dadur eine itio in partes, eine Schaffung von Gegensäßtzen zwischen den Bestrebungen der Arbeitgeber und Arbeit- nehmer, bewirkt würde, die er vermieden sehen möchte.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath von Woedtke: Die Ab- \chafung der Karenzzeit von der Erreihung des vollen Reservefonds abbängig zu machen, sei darum untbunlih, weil viele Krankenkassen auch schon vor dieser Zeit die vermehrte Leistung finanziell ertragen könnten, und weil manche Kassen, z. B. Bau- und Betriebskranken- kassen, einen sol@en Reservefonds überhaupt niemals erreichten. Eine itio in partes zwischen Arbeitern und Arbeitgebern werde, wo die Neigung dazu vorhanden sei, auch ohne den vorliegenden Paragrapben nicht vermieden werden können, weil § 31 die Er- böhung der Beiträge von der Zustimmung der Arbeitgeber abhängig mache. Die s{einbare Doppelbestimmung im §, 21 sei eben nur eine \{einbare, weil einmal von den statutarish zu gewährenden Leistungen die Rede sei, das andere Mal von den gegen einen besonderen Beitrag zu gewährenden.

Abg. Dr. Hir\ch: Wenn die Karenzzeit auch obne die Erreihung des vollen Reservefonds zulässig sei, brauGte man ja überhaupt keine finanzielle Grenze zu s{afen, andernfalls aber könnte man für die Bau- und Betriebskafsen eine Sonderbestimmung treffen. Die Ab- bängigkeit der Erhöhung der Beiträge von der Zustimmung der Arbeitgeber dürfte darum keine itio in partes veranlafsen, weil eine etwaige Versagung dieser Erböhurg immer den Beifall der Arbeiter haben dürfte. L

Abg. Molkenbuhr: Er stelle fest, daß die Beseitigung der Karenzzeit nit allein ron den Sozialdemokraten angestrebt werde. Er sei seit den sech{ziger Jahren Mitglied von Krankenkassen, aber nirgend sei diese Karenzzeit vorhanden gewesen. Wo die Karenzzeit wegen finanziell ungünfliger Lage der Kasse eingeführt werden solle, da würde es doch beffer sein, die Kassenverhältnisse durch Beitrags- erhöhung zu verbessern und so die Lasten auf Alle gleiGmäßig zu vertheilen, statt gerade die Kranken allein, also die wirthscaftlich S@{wähhsten, die durch die finanziellen Kafsenshwierigkeiten entstan- denen Lasten tragen zu lassen. Wenn man die Karenzzeit beibebalten wolle, um Siznuulationen zu vermeiden, dann sollte man sie doch in solchen Fällen, wo keine Simulation vorliegen könne, z. B. bei einem gebrohenen Bein, ausschließen.

Abg. Freiherr von Mün: Er sei für Annahme des Kommis- sionêvorshlages mit dem Antrag Hitze.

Abg. Dr. Höffel zieht seinen Antrag zurück, der Antrag Möller wird abgelehnt, die Kommissionsfassung mit dem Antrag Hie angenommen.

S. 24 bestimmt, daß das Kassenstatut der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde bedarf.

Abg. von Strombeck beantragt, daß bei Errihtung einer neuen Kasse, in welche Mitglieder bestehender Ortskrankenkassen oder einer Gemeindekrankenversiherung übertreten müßten, der Vorstand der be- theiligten Kaffen und die Verwaltung der Gemeindekrankenversiherung vorher gehört werden müssen. Jn den Kommissionsverhandlungen sei zwar von den Regicrungsvertretern bemerkt worden, daß die bethei- ligten Kassenvorstände selbstverständlid gehört werden würden, aber es sei doch besser, dies ausdrücklich im Gefeß auszusprechen.

Abg. Dr. Hir\ch: Für den Fall der Annahme dieses Antrages halte er es für gut, die Bestimmung nicht auf die Gemeindekranken- kassen anzuwenden, denn die Tendenz des Geseßes gehe do dabin, an Stelle der Gemeindekcankenversiherung mögli{ft die Ortskafsen

treten zu l , und dies sollte man nit erschweren. y Abg. Men E Ee E Diesen Einwand halte er für richtig

und ziehe deshalb seinen Antrag, soweit er sih auf Gemeindekranken- kassen beziehe, zurüd. :

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

F hatte nur die Absicht, meine Freude darüber aus8zufprechen, daß ih mit dem Herrn Abg. Dr. Hirsch durchaus einverstanden bin,

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1891.

und meine noch größere Freude darüber, daß der Herr Abg. von Strombeck den Anstand, den Herr Abg. Dr. Hirs gefunden hat, nun- mehr beseitigt hat. Ih kann für meine Person das Einverständniß zur Annahme des nunmehr modifizirten Antrags von Strombeck aussprechen.

L 24 wird mit dem Antrag von Strombeck angenommen. eim §. 26, der u. A. die Bestimmung enthält, daß das Kassenstatut für gewisse Kategorien von Versicherten eine Karenzzeit von längstens sce{chs Wochen festsezen kann, ehe ein Recht auf Unterstüßung aus der Kasse erworben wird, bemerkt

Abg. Dr Buhl: Man babe im §. 21 die Leistungen der Kasse auch dabin erweitert, daß auf die Dauer cines Jahres nach Beendi- gung der Krankenunterstüßung eine Fürsorge für Rekonvales8zenten gewäbrt werden könne. Aus Interefsentenkreisen werde er darauf auf- merksam aemacht, daß diese Mehrleisturg für die Kassen ein uner- träglihes Risiko mit sich bringen würde, wenn man bierfür die Ka- renzzeit dieses Paragraphen nit verlängern wolle. Er btebalte sich vor, nah genauerer Prüfung dieser Frage einen Anirag in der dritten Lesung zu stellen.

S. 26 wird angenommen.

Nath §. 26a soll den Kafsenmitgliedern, die au ander- weitig gegen Krankheit verfichert find, das Krankengeld soweit gekürzt werden, als es mit der anderweiten Entshädigung zusammen den dur{schnittlihen Tagelohn der Versicherten übersteigt. L

Diese Vorschrift wollen die Sozialdemokraten streichen.

Das Kassenstatut foll ferner (ebenso wie bei der Gemeinde- krankenversiherung) beftimmen können, daß das Krankengeld entoaen werden kann bei selbstvershuldeter Krankheit.

Auch diese Bestimmung wollen die Sozialdemokraten streichen, ebenso die Vorschrift, wonach die Ortskankenkassen Be Kranken auf bestimmte Aerzte und Apotheken 2c. verweisen Oonnen. i

Abg. v. Strombeck meint, daß an hier wieder die Bestim- muna, wona nur denjenigen Kassenmitgliedern das Krankengeld entzogen werden könne, welhe die Kasse durH Betrug geschädigt bâätten, mit der Gerechtigkeit nit vereinbar sei, denn danach würde ¿. B, ein Mitglied, das die Kasse durh einen Diebstahl am Reserve- fonds in grozem Betrage geshädigt habe, noch Anspruch auf Krankengeld haben, während ein anderes, das die Kasse dur Betrug nur um 20 s{âdige, sein Anrecht verliere. Man solle den Ver- lust des Anrehts in den Fällen aus\prehen, wo nab dem Siraf- gesezbuch mit der Strafe eine Aberkennung der bürgerlichen Ehren- E verbunden sei, und möge diese Frage noch bis zur dritten Lesung prüfen

Abg. Dr Hirsch: In der Kommission habe er beantragt, die Kürzung des Krankengeldes im Falle der Ueberversfiherung auf alle be- theiligten Kassen zu vertheilen. Nach der Erklärung des Regierungs- fommifsars, daß au jede Hülfsfkafse das Krankergeld eines auc in einer Ortskasse versicherten Mitgliedes kürzen könne, habe er den Antrag zurückzezogen Der Kommentar zum Geseß vom Geheimen Ober- Regierungs-Rath von Woedtke enthalte jedoch die gegentheilige Auffassung, wie die in der Kommission ausgesprochene. Eine authentische Erklärung der Regierung darüber würde wichtig sein, sonst könnten Kon- flikte über die Zahlung des Krankengeldes zwischen den Zwangs- und den freien Hülfskafsen hervortreten, indem die Zwangskafsen die Zahlung den Hülfskassen ganz überließen. Eventuell müsse er seinen Antrag aus der Kommission wiederholen, Was auch hier wieder das V-rbot der freien Aerztewahl betreffe, so seien ihm seit der leßten Behandlung dieser Frage viele Zuschriften von Aerzten zugegangen, worin die Scädigung der Aerzte dur das Monopol der Kassenärzte na&- gewicfen werde. Es sei wünschenswerth, bis zur dritten Lesung cinen Weg zur Beseitigung dieser Mißstände zu finden, Von einer Zu- friedenheit der Aerzte könne sonft keine Rede sein.

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath Lohmann weist na, daß seine Erklärung in der Kommission derjenigen in dem Kom- mentar des Geheimen Ober - Regierungs - Raths von Woedtke nicht widersprehe.

_ Auf Antrag des Abg. Dr, von Dziembows ki wird die Diskussion über die Aerztefrage, die fih bei den Bestimmungen über die anderen Krankenkassenarten wiederholt und im §. 55a ihren Abschluß findet, aufgeshoben bis zum §. 55a.

_ Die Debatte über die übrigen Bestimmungen des §. 26a wird fortgeseßt.

Abg. Grillenberger: Der Staatssekretär Dr. von Boetticher babe neulich geäußert, daß das Krankenversicerungsgeseßz die meiste Anerkennung im Volke gefunden habe. Seine (des Redners) Partei meine aber, daß gerade dieses Gesey von allen Ver- sicherurg8geseßzen am Schle{testen ausgefallen sei, besonders wegen der Härten für solche Gegenden, wo die Krankenversicherung bisher weit besser geregelt gewesen sei. Gerade die Bestimmungen über die Ueberversicherung hätten eine allgemeine Anerkennung des Gesetzes verhindert, denn es sei darin der Grundsay aufgestellt, daß in Krank- beitsfällen der Arbeiter unter keinen Umständen eine Höhere Unterstüßung erhalten dürfe, als sein durchs{nittliter Tage- lohn betrage. Man habe Front gema§t gegen die Ueber- versiherung und den Arbeitern das Mifßtrauen ausgesprochen, daß sie damit Geschäfte machen und simuliren könnten. Die ärztliche Fürsorge sei von dem Staatssekretär als die eigentlihe Grundlage des Gesetzes bezeihnet worden. Die Kranken lebten aber nicht allein von Medika- menten und Mixturen; vor allen Dingen müßten sie und ihre Famen während der Arbeitsunfäbigkeit etwas zu essen haben.

erade während der Krankheit müsse der Erkrankte mehr baben,

als wenn er arbeitsfähig sei, sonst gehe das ganze Hau®wesen zurüd, Die Frau, die sonst in der Fabrik noch verdient habe, müsse darauf verzihten, um den kranken Mann

pflegen zu fönnen. Zur Beseitigung dieser Ungerechtigkeit aus dem Gesetz genüge die Erklärung der Regierung nit. Man weise zur Begründung auf die Simulation hin. Simulanten werde es jederzeit und in allen Bevölkerungsshihten geben. Aber in keinem anderen Geseß sei so viel davon die Rede. Nur in den Arbeiter- gesezen glaube man besondere Schußmaßregeln dagegen haben zu üffe, Redner verliest einen längeren Brief eines Magiftrats- beamten aus einer großen Stadt des Ostens, worin dieser fich gegen den § 2a und dessen unklare Faffung ausspriht und meint, daß man sich gegen Simulanten anderweitig süßen könne Besonders unangenehm sei der § 26a für den Süden und Südwesten, wo das Krankenkassenwesen son seit Jahr- zehnten in Blüthe ftehe, wie besonders in seiner Heimath die Lokal - Krankenkassen auf Grund der Landesgeseßgebung. Diese Kassen umfaßten nicht nur die Arbeiter, sondern auch das Kleinbürgerthum, die kleinen Beamten und selbständigen Leute. Lange vor dem Reis-Krankenkafsengeseß babe man dort dafür gesorgt, daß in Krankheitsfällen möglichst für die Familie gesorgt werde. Dort gebe es sehr wenige Arbeiter, die nicht in zwei Lokalkafsen ver- fithert seien, und ¡war sammt und sonders böber, als ihr durhs{chnitt- lier Arbeitslohn betrage. Zur Versorgung mit ärztli@er Be-

bandlung und mit Medikamenten hätten außerdem noch besondere Nebenkafsen gebildet. Alle diese Kafsen seien durch das