1891 / 284 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Handele- und Zollvertrag zwishen Deutschland und Belgien ist gestern im Auswärtigen Amt paraphirt worden. Die Paraphirung des Handels- und Zollvertrags zwishen ODesterreih-Ungarn und Belgien steht un- mittelbar bevor. ; : i

Aus Bern wird telegraphirt: Die Abreise der \chweizerishen Delegirten zu den Handelsvertragsunter- handlungen mit Deutschland und Desterreih-Ungarn nach Wien ist auf den 1. Dezember festgeseßt. Gutem Ver- nehmen nah haben die schriftliden Unterhandlungen zu einer vollständigen Einigung geführt.

Am 28, November isst in Pot2dam der General der Jnfanterie z. D. von der Mülbe gestorben. Jm Juni 1858 zum Commandeur der 2. Garde-Jnfanterie: Brigade, im SFanuar 1864 zum Commandeur der 2. Garde-Fnfanterie- Division ernannt, erhielt er, wie die „N. Pr. Ztg.“ mittheilt, in demselben Monat das Kommando der kombinirten mobilen Garde-Jnfanterie- Division, die er in dem Feldzuge 1864 gegen Dänemark in den Gefehten bei Gatrop, Friedericia und bei der Belagerung und dem Sturm der Düppeler Schanzen kommandirte. Jm Mai 1864 zur 1, Garde-Fnfanterie- Divifion verseßt, wurde er am 11, November 1865 zur Dis: position gestellt. Bei Ausbruch des Krieges gegen Oesterreich

1866 wurde General z. D. von der Mülbe mit Führung des ; Reservecorps, späteren I. Reserve::Armee: Corps, beauftragt, im j

Juni zum Gouverneur dcs Königreichs Sachsen ernannt und am 17. September von der Führung des I. Reservecorps und den Geschäften eines Gouverneurs von Sachsen unter Ver- leibung des Charakters als General der Jnfanterie entbunden,

Der Kapitän zur See a. D. Geiseler, der zuleßt mit Wahrnehmung der Geschäfte eines Kom: mandanten von Helgo-

land beauftragt mar, ist am 29, November in Berlin an einer Lungenentzündung verstorben.

Der General-Lieutenant von Leipziger, Commandeur der 9. Division, hat nah Abstattung persönlicher Meldungen Berlin wieder verlassen.

Breslau, 30. November. Die Shlesischen Malteser- Nitter hatten sih aus Anlaß der kirhenpolitishen Bewegung im Anfang der siebziger Jahre in zwei Linien gespalten, von denen eine von dem Herzog von Ratibor und

dem Grafen Frankenberg, die andere von den Grafen Praschma uud Ballestrem geführt wurde. Unter Ver- mittelung des Fürstbishofs Kopp haben \ich beide

Linien wieder vereinigt, An der am 2. d. M. vorgenommenen Einweihung eines von dem Vereine der Malteser-Ritter gegründeten Kinderhospitals in Breslau nahmen demgemäß Mitglieder beider Linien Theil. Bei dem der Feier folgenden Diner im Fürstbishöflihen Palais. wurde, wie die „Schweidn. Tägl. Rundschau“ mittheilt, das nah- folgende Telegramm Seiner Majestät des Kaisers

verlesen:

Dem Ehren-Vorsißenden des Vereins der Schlesiswen Malteser- Ritter, Herzog von Ratibor, Breslau.

Neues Palais, 26 November 1891.

Zu der heutigen Einweihung des von dem Vereine der Schlesischen Malteser - Ritter dort gegründeten Kinderbospitais spreche Jh dem Vereire Meinen Glückwunsch aus. Zugleich kann Ih es Mir nicht versagen, Meiner Befriedigung über die erfolgte Wiedervereinigung der so lange getrennt gewesenen beiden Gruppen Ausdruck zu geben. Die bochherzigen und friedlihen Bestrebungen des Vereins auf dem Gebiete christliher Liebesthätigkeit finden Meinen vollen Beifall und rersichere Ich den Verein gern Meiner Huld und Gnade,

Wilbelm.

Hannover, 1, Dezember. Der fünfundzwanzigste Hannoversche Provinzial-Landtag it heute N1h- mittag 3 Uhr durch den Königlichen Kommissarius, Ober- Präsidenten der Provinz Hannover, Wirklichen Geheimen Rath Dr, von Bennigsen mit folgender Rede eröffnet

worden : Hochgeehrte Herren !

Im Namen der Königlichen Siaatsregierurg habe ih die Ehre, Sie bet Beginn Ihrer Berathungen zu begrüßen.

Ihre Verhandlungen werden si in diesem Jabre im Wesentlichen auf die der Verwaltung dur die Organe der Provinz anvertrauten Gegenstände beschränken, bet der waWsenden Bedeutung und Aus- dehnung derselben aber Jhre Thätigkeit voraussihtlih etwas länger als in den lehten Jahren in Anspruch nehraen.

Aus dem Bericht über die Ergebnisse der Verwaltung für das Jabr 1. April 1890/91 und dem Haushaltsplan für das Iahr 1, April 1892/93 ergiebt sich wiederum ein erfreulihes Bild der regen Thätigkeit und des stetigen Fortschritts auf den verschiedenen Gebieten der Verwaltung, welde Ihren übergeben sind. Nicht gering sind freili® auch die finanziellen Schwierigkeiten, welche sich in Ihrer wie fast in jeder kommunalen Verwaltung gezeigt baben, ten vermehrten Bedürfnissen, gesteigerten Ansprücben und er- hôhten Preisen gerecht zu werden, Wie ih nicht bezweifle, wird es Ihrer einsibtigen Fürsorge für das Wobl der Provinz gelingen, ohne übermäßige Anspannung der Kräfte der Eingesessenen der provinzial- ständiscen Verwaltang diejenige Leistungt fähigkeit und erfolgreiche Thätigkeit zu erbalten, durch wel(e sie auf vielen Gebieten anderen Provinzen zum Vorbild gedient hat.

Viit besonderem Interesse hat die Staatêregierung die Be- mühungen Ihrer Verwaltungé organe verfolgt, Mittel und Formen der Verwaltung wie Geseßgebung zu finden, dem Wegebau einen weiteren energischben Fortgarg zu sickcern. Aus der großen Summe von rund 26 Millionen Mark, welde seit dem Beginn der Pro- vinzialvcrwaltung aus Provinzialmitteln allein für den Land- straßenbau den Wegeverbänden zugeflossen sind, ergiebt sib \ch{on, wie Bedeutendes für eine so wichtige Grundlage wirtbschaftli&er Entwidelung die Provinzialverwaltung argeregt und in das Leben gerufen hat. Noch ift aber das Landstrafenret in der Provinz keines: wegs ertsprebend dem so erfeblih gesteigerten Verkehr vollendet worden, und der nothwendige Anschluß vieler Gemeinden mit besteinten Wegen an die autgebauten Provinzialausseen und Landstraßen hartit nock sciner Durfübrung. Hier eröffnet sih au für die kommenden Jabre no& ein reiches Feld nütlider und dankbarer Thâtigkeit für ein riétig geordnetes Zusammenwirken dec Provinz mit den Kreisen und Wemetinben __ Irn Allerbö&ften Auftraze Seiner Majestät des Königs erkläre i orf Srurd des § 26 der Provinzialordnung ten fünfundzwanzigfsten Previnzial-Lardtag für eröffnet.

__ Nath dem S6lufse diescr Anjprate brate der bisherige Vorfigende des Provinzial-Landtags, Kaiserlicher außerordent-

lihér und bevollmächtigter Botschafter, Erblandmarschall Graf zu Münster-Derneburg ein dreimaliges Hoh auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in welches die versammelten Mitglieder lebhaft einstimmten.

Bayern.

München, 1. Dezember. Die Kammer der Abge- ordneten berieth heute den Etat der Straken-, Brüdcken- und Wasserbauten. Für die Umlegung des Kesselberges zwischen Kochel- und Walchensee mit einem Gesammtaufwande von 700000 M wurde die erste Rate von 200000 M be- willigt. Die Eingabe für eine Bahnlinie Wolfratzhausen- Kochel wurde der Regierung zur Würdigung überwiesen. Der Minister hatte jedoch im Ausschuß bereits erklärt, daß er diese Linie der Lokalbahn-Gesellshaft wegen des Wettbewerbes mit der Staatsbahnlinie München Penzberg niemals genehmigen werde; dagegen sicherte er die Erwägung einer staatlichen Lokal- bahn nach Penzberg zu.

Fm Finanzaus\chuß der Kammer erklärte heute der Minister-Präsident Freiherr von Crailsheim, die Negie- rung sei der Ansicht, daß zunächst keine Ermäßigungen der Eisenbahntatrife einzuführen seier. Die Retourbillets seien abzuschaffen und den Schnellzügen möglichst die dritte Klasse einzufügen. Den Zonentarif wolle er nicht, die Arbeiterkarten würden allgemein gebilligt. Eine endgültige Reaelung der Tarife sei erst möglih, wenn man wisse, was Preußen in dieser Hinsicht zu thun beabsichtige.

Sachsen.

Dresden, 1. Dezember, Die Zweite Kammer trat, wie das „Dr. F.“ berichtet, heute in die allgemeine Vor- berathung des Antrags der Abgg. Coldiß und Genossen auf Zurückziehung der militärischen Hülfs kräste aus der Teubner’shen Buchdruckerei ein. Nachdem der Abg. Geyer den Antrag begründet hatte, wobci er geltend machte, daß in der von der Regierung getroffenen

Maßregel eine Parteinahme gegen die _ausständigen Buchdrucker liege, stelle der Staats - Minister vou

Megtsch fest, daß an der Berechtigung der Staatsregierung, für die unverkürzte Herausgabe des „Dresdner Journals“ zu sorgen, von feiner Seite gezweifelt werde, daß die Regierung auf Grund des mit der Firma B. G. Teubner geschlossenen Vertrags nicht in der Lage sei, diese zur Gewährung höherer Löhne zu zwingen, sie sih also mit dem Versuch eines derartigen Zwanges niht nur eines Uebergriffes \{chuldig machen würde, fondern auch eines Eingriffes in die ge- seßlih garantirte Koalitionsfreiheit zu Ungunsten der Ar- beiter, wozu fih die Regierung nah dem gegenwärtigen Stand der Geseßgebung niemals verstehen werde. Nachdem die Abgg. Klemm und Dr. Schill für das Verhalten der Re- gierung eingetreten waren, die Abgg. Stolle (Gesau) und Liebkneht aber den Antrag befürwortet hatten, lehnte die Kammer mit großer Mchrheit jede weitere ge- schäftlih2 Behandlung des Antrags ab, womit dieser erledigt war. Die Kammer trat hierauf ein in die allgemeine Vorberathung des Antrags derselben Abgeord- neten auf Aufhebung der Verordnung vom 14, Juli 1849 über das Tragen republikanisher Abzeichen, Nachdem der Abg. Goldstein den Antrag im Juteresse der Rechtsgleichheit befürwortet hatte, erklärte der Staats: Minister von Metysch mit Bezugnahme auf den Wort- laut der Verordnung, die sich gegen republikanishe Be- strebungen richte, daß die Regierung der Annahme des Antrags ganz entschieden widersprehen müsse. Den Antrag bekämpfte ferner der Abg. Dr. Mehnert als einen Angriff auf den Eckpfeiler der Monarchie, ebenso der Abg. nisch, der darlegte, daß die heutigen republikanishen Demonstrationen, um die allein es si handle, keincswegs unschuldiger und harmloser seien als diejenigen von 1848, und daß diese Demonstrationen niht geduldet werden könnten. Aus denselben Gründen trat der Abg. Dr, Minckwiß dem Antrag entgegen. Nachdem dec Abg. Lieb- kneht für den Antrag gesprochen hatte, wurde auch bezüglich dieses Gegenstandes jede weitere geshästlihe Behandlung ab- gelehnt. Hessen.

Darmstadt, 1, Dezember. Der Zweiten Kammer ist nah der „Darmft. Ztg.“ ein Gesezentwurf über die nat- träglihe Aufnahme der von der früheren Oberhessischen Eisen- bahngesellschaft übernommenen Beamtea und Bediensteten in den Staatsdienst zugegangen.

Reuß ä. L.

(+) Greiz, 30. November. Bei Beginn der heutigen Sißung des Landtags theilte Präsident von Geldern dem Hause mit, daß das Landtagspräsidium die Trauertheilnahme des Landtags am Hinscheiden der ho{s-:ligen Fürstin Seiner Durchlaucht dem Fürsten unterbreitet, und daß Höchstderselbe ihn beauftragt habe, dem Hause seinen wärmsten Dank zu übermitteln.

Die sodann erfolgte Beschlußfassung über die kommissaris{ vorberathene Vorlage, betreffend den Staatsvertraa mit dem Königreih Sachsen wegen Aufnahme hierländischer Geistes- kranker in dortige Heil- und Pflegeanstalten, sowie über das Nachpostulat der Regierung von 3000 A zur Erbauung der Elsterbrücke bei Neumühle ergab die einstimmige Annahme, Dem Hause sind als weitere Vorlagen zugegangen: 1) ein Ge- seßentwurf w:gen Abänderung der Bestimmungen über die in erster Jnstanz sür die staatliche Beaufsihhtigung der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten auf dem platten Lande zuständige Behörde, 2) ein Postulat der Regierung von 11 400 4 zu Bewilligung von Theuerungszulagen an Staatsbeamte und Diätare und 3) die Rehnung über den Feuerlöshfonds auf die Jahre 1888/90. Die ersteren Vorlagen wurden der Gesetz: gebungsfommission, die leßtere der Finanzkommission über-

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wiesen. Deutsche Kolouien.

Am 22. Oktober wurde zur Feier des Allerhöchsten Ge- burtsfestes Jhrer Majestät der Kaiserin R wie das „Deutsche Kol.-Bl.“ berichtet, in sämmtlichen Garnison- orten an der deuts ostafrikanish:n Küste um 12 Uhr Mittags Parade abgehalten. Die Mannschaften wurden bei diesem Anlaß auf die Bedeutung des Tages hingewiesen. Auch fand Seitens der Bezickshauptleute eine Belehrung der eingeborenen Bevölkerung über die Feier des Tages statt. Um 12 Uhr Mittags feuerten sämmiliche Forts einen Salut von 21 Schuß. Die Beamten des Gouvernements erschienen im weißen Anzug mit Helm, Säbel in Stahlscheide, Schärpe und Dekorationen. Für die Truppe fand eine besondere Festlichkeit statt, für

welche der Betrag bis zu 1 Rupie für die shwarzen Mann- |!

haften und Unteroffiziere, bis zu 5 Rupien für die s{chwarzen Offiziere zur Verfügung gestellt war. i

Ueber Emin und Dr. Stuhlmann*) veröffentlicht das „Deutsche Kolonialblatt“ folgenden Beriht des Lieutenants Sigl aus Tabora unter dem 31. August:

„Der Wali von Karagwe hatte auf meine Veranlassung hin einige verläßlihe Boten mit Briefen an Emin Pascha demselben nachgeschickt, da ih mi über die Stellung und Lage des Paschas vergewissern wollte. Diese Boten verfolgten des Paschas Spur durch Mpororo bis an den Albert Eoward- See, fanden daselbst ein Boot des Sultans Kalaquansa von der Landschaft Mwamba vor und erfuhren von den Bootsleuten, daß der Pasha und Dr. Stuhlmann mit all ihren Leuten und Waaren bei dem Sultan Kalaquansa gelagert hätten. Die Landschaft Mwamba is am Nordwest- ufer des Sees gelegen, zwishen dem und 19 nördlicher Breite und dem 29 und 309% östliher Länge. Nach einer siebentägigen Fahrt erreihten meine Boten das Lager des Paschas. Der Sultan Kalaquansa benahm sih fehr freundlich gegen die Boten und gab ihnen Auskunft über des Paschas Marschrihtung. Dr. Emin und Dr. Stuhlmann find nach den Angaben Kalaquansa's Anfang des Monats Juli nach Kibiro (am Nordwestufer des Albert-Sees) weiter- marschirt, nachdem der Pasha sich mit Hülfe Kalaquansa's den Weg durch die großen Waldungen mit Geschenken an die Eingeborenen: erkauft und gesichert hatte. Der Pascha hat sämmtli&e noch übrig geblievenen Lasten mitgenommen und auf Anfrage dem Sultan Kalaquansa gesagt, daß er nitt auf demseiben Wege zurückzukehren beabsichtige.

Das über Dr. Stuhlmann im Umlauf gewesene Gerücht ist entschieden falsch. D.rselbe hatte im Vèpororo (nördli des Msumbiro-Bergee) ein kleines Gefecht, in welchem er vier Leute und vier G2wehre verloren hatte; die Veranlassung zu diesem Gefechte soll die Ermordung von einigen Trägecn ge- wesen sein, welhe bei Prooianteinkauf Streit mit den Ein- geborenen bekommen hatten. Die Eingeborenen desselben Ortes hatten sich dem fünf Tagemärsche vorauzeil?nden Pascha gegenüber freundliß benommen; es ist sona die Vermuthung begründet, daß die Wangwaner Träger Stuhl- mann's den Streit provozirt hstten. Der Bote Kapusffi konnte mit leeren Händen dem Paschz2 durch die Wälder nicht folgen und kehrte am 20. d. M. hierher zurück. Der Pascha hat in Mwamba k-ine Briefe zurückgelassen.“

Nach einer Mittheilung des Lieutenants Sig! aus Tabora sandte der Wangoni-Sultan Pangalala eiñe Gesandtshaft von über 150 Köpfen, um seine unbedingte Unterwerfung anzu- zeigen und Frieden zu erbitten. Pangalala hick:e gleichzeitig 26 junge Krieger, um diese als Soldaten einzustellen. Sie kamen im vollen Kriegs)hmuck und übergaben ihre Waffen nebst Kopfshmuck zum Zeichen der Unterwerfung. Dies ge- shah vor einer großen Mensheamenge und machte cinen gewäiltigen Eindruck auf die Bevö:kerung, Die Wangoni- Rekruten zeigten \sih bei der Ausbildung sehr anstellig.

Nach einem Bericht des Lizutenants Sigl sind die Kara- wanen der Katanga-Gesellshaft unter Lieutenant Stairs und der belgishen Antisklaverei: Gesellshaft unter Hauptmann Jacques am 7. September in Tabora eingetroffen und wollten am 13. September nach Karema aufbrehen. Die Herren haben dem Gouverneur brieflih ihren Dank für die ihnen ge- währte Unteritüßung ausgesprochen.

Mit dem am 24. d, M. Neapel verlassenden Dampfer der Ost-Afrika-Linie werden zwei Lieutenants, vier Unter- offiziere und ein Lazarethgehülfe nah Ost: Afrika abreisen, um in die Shußtruppe aufgenommen zu werden.

Ueber den Tod des Freiherrn von Gravenreuth im Gebiete von Kamerun liegen noch keine weiteren Berichte vor. Das „Deutsche Colon.-Blatt“ bemerkt, daß er auf fried- lichem Vormarsch vor Buea angegriffen wurde. Weiter schreibt das Blatt:

Ein Zusaz in dem Telegramm, wona die Erpedition si auf dem Wreitermarih von Îdea nah Balinga am Sannagg- fluß befinde, sowie di: Verstümmelung des Wortes Buea in Buca hatten zu der Annahme führen müssen, daß Gravenrecuth am. Sannagafluß im südliben Theil des Kamerungebietes gefallen fet. Es ist jedo demrä&st durch ein anderweit einaegangenes Tele- aramm festgestellt worden, daß cs si{ um das Vakwiri- (Bakwili-) Dorf Buea (Bwea) an der Ostseite des Kamerungebietes handelt. Der Orl1 liegt etwa 950 m hoh und erstreckt sh etwa 4 km im Bogen von WSW nachNO am Rande einer ziemli steil an1teigen- den Bergkette entiang. Buea enthält eiwa 1500 Einwohner, dar- unter 600 waffenfähige Männer, von denen 400 mit Gewehren ver- sehen sind, Es befinden sich dort Baulig&keiten der Baseler Mission, die dort eine Station ein;urihten beabsihtigt. Seit län- gerer Zeit ist in Buea der BVotaniker Dr. Preuß stationirt, der mebrfah über jenes Gebiet berictet hat. Ec bezeichnet die Buea-- Leute als ein rauhes, felbstbewußtes und unabhängiges Volk, von der Kultur fehr wenig berührt. „Sie beschäftigen si mit Vorliebe mit der Jagd und mit Palav:rn und führen gelegentlih Kricg mit ihren Nachbarn. Dem Weißen gegenüber sind sie dreist und unverschämt im Vertrauen auf ibre Ueberzahl und bereiten ibm fortwährend Aerger, jedo haben sie ihn ganz gern in ihrem Dorfe odr besser gesagt, seinen Taback und sein Zeug. Sine Macht baben se eben noch nie kennen gelernt * Troy ihrer maßlosen Habgier und Neigung zum F war es Dr Preuß bisher gelungen, sich mit ihuen ganz.

ut zu stellen. G Was die Weiterführung der Expedition betrifft, so wird die Leitung derselben dem bisherigen Compagniefübrer in der Kaiserlicen Scubßtruppe für Deutsch - Ostafrika Rohus Schmidt übertrazea werden. Second - Lieutenant von Brautitscb, à la suite des Grenadier-Regiments Graf Kleist von Nollendorf (1. Westpreußisches Nr. 6), sowie der Büchsenmacher Nilius sind bereits vor dem Tode Gravenreuth's am 5. v. Mts. zum Ersaß für die Expedition nah Kamerun abgegangen. :

Von Dr, Zintgraff ist unter dem 10. September aus Baliburg ein Bericht eingegangen, wona die Verhältnisse daselbst zufriedenstellende sind. Drei befreundete Stämme, die Bafrens, Bamundas und Bametas, haben reihe Gastgeschenke gesandt, und die umliegenden Stämme haben sih bisher ruhig verhalten. Mit Garëga, dem Häuptling der Balis, hat Dr, Zintgraff unter dem 26. August einen Vertrag abgeschlossen.

Oefterreich-Ungarn.

Wien, 2. Dezember. Die ungarische Delegation nahm einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge in ihrer gestrigen Sißung den Antrag des Präsidenten an, dem Bei- leid anläßlih des Ablebens des Erzherzogs Heinrich

___*) Nach einer im „Rei{s-Anzeiger* vom 19. y, M. veröffent- lihten Mittheilung Lieutenant Langbeld's batte ein Bote aus Karagwe unter dem 19, Juli in Bukoba gemeldet, daß Emin bis Usongoro im Norden des Albert Edward-Secs vorgedrungen sei und ih dort mit seinen früheren Leuten aus der Aequatorialprovinz vereinigt habe..

protokollarisch Ausdruck zu gebdea, und erledigte sodann das Armeebudget in der Generaldebatte. Die Spezial- berathung beginnt heute. Ein Antrag Beöthy's auf Rük- verweisang des Budgets an den Aus\{huß Behufs Vornahme verschiedener Streihungen wurde abgelehnt.

Im Abgeordnetenhause gedahte gestern der Präsident Smolka des Ablebens des Erzherzogs Heinrich und seiner Gemahlin, wodurch das Kaiserlihe Haus in tiefe Trauer versezt worden sei, die auch die Völker der Monarchie tief mit empfänden. Unter allgemeiner lebhafter Zustimmung wurde das Präsidium ermächtigt, dem Kaiser das tief gefühlte Beileid des Hauses zur Kenntniß zu bringen. Das Haus genehmigte im Fortgang der Sißung den Bericht des Ausschusses über die Ermähti- guig der Regierung zur provisorishen Regelung der No deldbezto hungen mit der Türkei, Bulgarien,

panien und Portugal. Der Handels-Minister Marquis de Bacquehem besprach sodann die beabsichtigte Subven- tionirung der Donaudampfschiffahrts-Gesellschaft, die ohne Staatshülfe den Personenverkehr an der oberen Donau, dessen Ergebnisse nur passive seien, einstellen müsse, und betonte das Junteresse des Staats an dem Güterverkehr auf der unteren Donau. Man müsse ver- hindern, daß die den Staat repräsentirende österreichische Flagge im Orient vershwinde, was einer Preisgebung der vitalen Jnteressen gleihkommen würde. Auch die Kriegs- verwaltung habe an der Erhaltung der Gesellschaft grofes Interesse. Hierauf theilte der Minister mit, daß die öster- reihishe Regierung trog der Handelspolitik Amerikas be- schiossen habe, sih offiziell an der Weltausstellung in Chicago zu betheiligen.

Frankreich.

Paris, 2. Dezember. Der Ministerrath beschäftigte sich, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner gestrigen Sißung mit der am 5. Januar 1892 in Venedig zusammentretenden internatio- nalen Konferenz zur Berathung der Reorganisation der Sanitätskommission in Alexandrien und zur Pirü- fuig der Bedingungen, unter denen die Durcfahrt durch den Suezkanal bei Quarantäne erfolgen kann. Die französishe Regierung wird auf der Konferenz in Venedig durch den Gesandten Barrère und die Doktoren Brouardel und Proust vertreten sein. Weiter beschäftigte sih der Ministerrath mit der Haltung der Bischöfe.

Im Senat brachte gestern der Ackerbau Mini?ec De- velle einen Gesegentwurf über die Förderung der Leinenkultu- und anderer Zweige dieser Jndustrie ein, Bei der fortgesezien Berathung der Zolltarifvorlage befämpfteder Handels-Minister die ZölleaufOelsamen, welche verschiedene Jndustriezweizge zu Grunde richten, die franzöfischen Häfen treffen und in Genua, Liverpool, Ant- werpen und Hamburg freudig begrüßi werden würden. Der Berichterstatter Dauphin trat für di: von der Kommission vorgeschlagenen Zölle ein, Der Senat lehnte sie indessen mit 129 gegen 127 Stimmen ab.

Die Deputirtenkammer bewilligte gestern zunächst eine Staatssubvention von 50 000 Frcs. an die Bergarbeiter, die bei Monthieux (Loire) eine Kohlenmine käuflih erworben haben, und nahm darauf die Berathung über den Kolonial- Etat wieder auf. Der Unter-Staatssefretär Etienne trat in längerer Rede für die Positionen des Budgets ein ; die gegenwärtige Periode der Schwierigkeiten würde sofort ihr Eate finden, fobald die Ueberzeugung in den Kolonien allgemein geworden sei, daß zwischen der Regieruna und dem Parlamente ein vollklommenes Éinv-rnehmen in Bezug auf die Kolonialpolitik bestehe. Der Unter-Staatssekretär ging sodann auf die Lage jeder einzelnen Kolonie ein und hob zum Schluß die Nothwendigkeit hervor, kommerzielle Absatz: gebiete in den Kolonien zu suchen und dazu große Kolenial- gesellschaften zu gründen. Die Kammer nahm mehrere Artikel des Etats an.

Der Bischof von Seze hat si, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, in einem Briefe an den Kultus-Minister der Er- klärung des Erzbischofs von Aix nah ihrem ganzen Umfange angeschlossen. Ec fügt hinzu: „Könnte dot diese Verurtheilung die Katholiken Frankreichs endlich dazu bringen, ihren Muth und ihren Glauben zu entfalten und sie zur un- beugsamen Vertheidigung des Glaubens zu begeistecn !“ Jn Bayonne äußerte dem „W. T. B.“ zufolge ein Jesuitenprediger in der dortigen Kathedrale, dec Papst billige die Haltung des Erzbischofs von Aix. Der anwesende Bischof unterbrach den Prediger und verbot ihm, weiter zu sprehen; der Papst habe dem Klerus untersagt, sih in politishe Dinge zu mishen. Der trômishe Korrespondent des „Temps“ schreibt dem genannten Blatt, daß nach jeinen Jnformationen der päpstlihe Stuhl die Angelegenheit des Erzbischofs von Aix als einen vereinzelten Zwischenfall betratte, der niht die Bedeutung besiz2, um in der Haltung der Kuzie in ihren Beziehungen zu der französishea Regierung eine Aenderung eintreten zu lassen.

Rußland und Polen.

Der Minister des Auswärtigen von Giers machte, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, alsbald nah seiner Rückehr nach St. Petersburg dem deutshen Botschaster von Shweinißtz einen Besuch und verweilte bei ihm länger als eine Stunde.

n einem Berliner Blatt war der Erlaß eines Pferde- ausfuhr-Verbots als bevorstehend angekündigt worden ; wie die „Nord. Tel.-Ag.“ in St. Petersburg nah von ihr an maßgebender Stelle eingezogenen Erkundigungen mittheilt, wird an einen solchen Erlaß nit gedacht.

Jtalien.

In der Deputirtenkammer hat nunmehr gestern Nach- mittag der Schaßz-Minister Luzzatti das lang angekündigte Exposé über die finanzielle Lage erstattet. Sein Vor- trag dauerte von 3 bis 51/, Uhx und sämmtlihe Minister waren dabei zugegen. Der Schay - Minister führte dem Bericht des „W. T. B.“ zufolge in seinem Exposé aus : Das abgeänderte Budget für 1891/92, in welchem das Kabinet begonnen habe, die Hauptfehler der früheren Budgets abzu- stellen, in Folge deren die Ausgaben die Einnahmen über- stiegen, werde mit einem Defizit von nur einer Million abschließen. Dieses Defizit würde durch die mit den neuen finanziellen Maß- regeln erzielten Ersparnisse bequem gedeckt werden, Das Budget für 1892/93 werde das erste sein, das mit einem wirklichen Ueber- {usse abschließen werde. Die effektiven Einnahmen deckten alle effektiven Ausgaben, alle Pensionen, die gesammten auf 30 Millionen herabgeseßten Ausgaben für Eisenbahnbauten und die 11 Millionen für Amortisirung der Schuld, Es

verbleibe noch ein Uebershuß von mehr als 9 Millionen. Es sei das erste Mal in der Geschichte der italienishen Finanzen, daß ein derartiges Resultat erreiht worden. Aber hierzu sei es erforderlih, alle von der Regierung vorgeshlagenen Ersparungen und Einnahme - Erhöhungen zu bewilligen. Der Minister kündigte sodann an, in welcher Weise er die in diesem Budget nicht aufgeführten Ausgaben für die Patrimonialkassen, die E.senbahnen, die Maßregeln zu Gunsten der Stadt Rom und die Umbildung der Schaß- \{uld zu decken beabsihtige. Ec erklärte, die Regierung ver-

pflihte sich, der Kammer niemals eine neue Ausgabe zu unterbreiten, ohne eine entsprehende Erhöhung der Einnahmen. Luzzatti fügte hinzu, seine Vor- anshläge seien weder optimistsh noch pessimistish,

sondern von der Vorsicht eingegeben, die eine Rückehr zu früheren Enttäushungen unmöglih mache. Nach Beseitigung des Defizits müsse der Staat den Schaz regeln, den Geld- umlauf in Ordnung bringen und di: nationale Sparsamkeit neu beleben. Die Nation müsse ihrerseits das Defizit durch all- gemeine Sparsamkeit decken. Ec verwerfe die Viethode seiner Vorgänger, die Schuld des Schaßes, die heute 450 Millionen betrage, durch Umwandlung in Rente zu entlasten. Das große Schuldbuch, das für das Budget geschlossen

sei, müsse auch für den Scha unerbittliG geschlossen sein. Er schlage die Schaffung von Schaßbons mit

71/5 jähriger Verfallfriit vor, die im Jnlande placirt und im Verlauf von zwei oder drei Finanzjahren zu tilgen seien. Die Sparkasse in Mailand, die Nationalbank und andere Spar- und Kreditinstitute hätten sih verpflichtet, diese Bons zu über- nehmen. Diese Operation werde dem Parlament nicht unter- breitet werden, bevor es die Gewißheit erlangt haben werde, das Budget sei derart, daß diese Bons in einigen Jahren getilgt werden können. Die Operation werde sich vollitändig im Fnnern vollziehen, denn Ftalien sei entshlossen, das volle Vertrauen des Ausland:3 wieder zu gewinnen und die kleinen Schaßoperationen nur in enzem Kreise vorzunehmen. Luzzatti wies sodann nach, daß die um- laufenden Noten der Emissionsbanken sich vermindert und die Metallre)erven fih vermehrt hätten. Die neue Vorlage wzrde cine weitere Erhöhung der Metallreserven von 331/, auf 40 Proz. bewirken. Ec habe seine Pflicht erfüllt, die darin bestanden habe, das Budget so auszustatten, daß es allen An- forderungen gewachsen sei und niht mehr der Emittirung neuer Anleihen bedürfe. Die Regierung, die vom Aus: lande kein Geld mehr verlangen werde, würde es zu günstigeren Bedingungen angeboten erhalten. Wenn die ganze italienishe Rente in Jtalien unterg:e-braht wäre, würde sie sich ungefähr auf Pari halten. Es sei nöthig, die italienishen Anleihe-Titres nah Jtalien zurückehrten, nicht durch das Mißtrauen des Aus!andes getrieben, fondern von der wirthschaftlihen Produktivität und Leistungsfähigkeit Ztaliens angezogen, Da die Einfuhr sfich in den leßten 10 Monaten um 133 Millionen Lire vermindert, dagegen die Ausfuhr gegenüber der gleichen Periode des Vo: jahres um 361/, Mil- lionen vermehrt habe, müsse der Wechselcurs sinken. Der Minister {loß mit der Mahnung, sih nit mit halben Maß: regeln zu begnügen, sondern männlihe Entshlüsse zu fassen, damit jene Schwierigkeiten überwunden würden, deren Quelle mehr im Lager der Gegner des Vaterlards als in der Un- gunst der Zeit zu suchen sei. Nach Beendigung seiner Rede wurde der Schag- Minister Luzzatti von seinen Kollegen urd vielen Deputirten beglückwünscht. Schwe:3.

Der vom Eisenbahn-Departement mit der U ntersuhung der Eisenbahnbrücken beauftragte Kontrol - Ingenieur Löhle in Zürich hat, wie der Berner „Bund“ miitheilt, zwei Brücken beanstandet und ift in dieser Angelegenheit telegraphisch nach Bern berufen worden.

Griechenland.

Die Deputirtenkammer hat in ihrer gestrigen Sigzung beshlossen, den Antrag, der darauf abzielt, das leßte Kabinet Trikupis in den Anklag-zustand zu verseßen, erst nach der Erledigung des Budgets 1in Berathung zu ziehen. Das Budget für 1892 wzist an Einnahmen 984//9 Millonen Drachmen (gegen 1891 18/4 Millionen mehr) uno an Aus- gaben 981/, Millionen Drachmen (gegen 1891 um 19/0 Millionen weniger) auf. Das Defizit beträgt demnach nur noch 156 720 Drachmen. Alle Ressorts zeigen eine Verminderung der Ausgaben.

Rumänien.

Bukarest, 1. Dezember. Der Minister des cFFnnern Catargi, der Kriegs-Minister Jaques Lahovary und der Miaister für öffentlihe Arbeiten Olanesco haben laut Melöung des „W. T. B.“ heute ihre Demission gegeben.

Dänemark.

Kopenhagen, 1. Dezember. An Stelle des verstorbenen Abg. Berg ift heute Rasmus Claussen (von der Partei der Moderaten) zum Präsidenten des Finanzausshus}ses des Reichstags gewählt worden.

Amerika.

i Die Republiken Chile und Bolivia stehen im Begriff, den Friedensvertrag einer Revision zu unterziehen. Der Vertrag bestimmt, wie dem „R, B.“ über Panama ge- meldet wird, in seiner neuen Form Folgendes: Bolivia ge- steht Chile die aus\ließlihe und ständige Souveränetät über das Seenufer der Provinz Cobija zu. Chile seinerseits räumt Bolivia freien Waarentransit durch den Hafen von Antofa- gasta ein und erkennt glei{hzeitig das Souveränetätsrecht Bolivias an, Zollhäuser an der Grenze zu errichten, die nur den Beschränkungen des im Jahre 1885 geschlossenen Ab- kommens unterworfen sind.

Nach einer in London ein gangenen offiziellen Depesche aus der brasilianishen Provinz Rio Grande do Sul haben die Theilnehmer an der dortigen Erhebung die Waffen niedergelegt, sobald durch den Rüdcktritt des Marschalls e die geseßmäßigen Zustände wiederhergestellt waren; eitdem sei in Rio Grande Alles ruhig.

Asien.

Eine in Brüssel eingetroffene Depesche des belgischen Bevollmächtigten in China bestätigt die Zerstörung der Missionen in Takow. Die meisten belgischen Missionare konnten jedoch flüchten, namentlich die Patres Vandyck, Penys und Brulant. Die Wuth der erstörer richtete sich hauptsählich gegen die einge- orenen Christen. Laut Meldung des „R. B.“ aus

Peking beträgt die Zahl der Hingeshlahteten niht weniger als 300. Der Vice-Kötig Li-Hung-Chang habe mehrere Tausend Reichstruppen nach der Front entsandt, um die Hauptpunkte, wo die Rebellen durch die große Mauer dringen könnten, zu halten. Zur größeren Schnelligkeit der Truppenbewegungen habe der Vize-König Befehl er- theilt, die Eijenbahnen zu benußen, wodurch drei Tage Zeit gewonnen würden. Die protestantischen Missionare in Tsun Hoa, in der Nähe der großen Mauer, nordöstlih von Peking, hätten diese Station aufgegeben, da die lokalen Behörden jih außer Stande erklärt hätten, ihnen irgend welchen Schutz zu gewähren.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (132.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Dr, von Boetticher beiwohnte, theilte der Präsident die Mandatsni-derlegung des Abg. Müller (Pleß) mit. E A L

Auf der Tagesordnung standen Anträge aus dem Hause, und zwar zunächst die erste Berathung des von den Abgg. Dr. Hirsch, Eberty, Dr. Hänel, Dr. Schneider (Nordhausen) und Schrader cingebrachten Geseßentwurfs, betreffend die eingetragenen Berufsvereine.

Abg. Dr. Hirsch betonte in seiner Begründung des An- irags an der Hand der geschihtlihen Entwicklung die Be- deutung des Vereinsweseas. Die nothwendige Ergänzung der wirthschaftlihen Arbeitsfreibeit sei das Koalitionsrecht, und die Ergänzung des Koalitionsrechts sei die Or- ganisation der Arbeiter, deren Vereine nit rechtlos und der Polizeiwillkür überlafsen bleiben dürften. Dem Uebel der Arbeitslosigkeit könne der Staat niemals abhelfen, wohl aber könnten die Berufsvereine auf diesem Gebiete

durch Unterstüßung der Arbeitslosen segensreih wirken. Schon wegen dieser einen Wohlthat müsse man den

Berufsvereinen einen besonderen geseßlihen Shut angedeihen lassen, nah dem sie immer gestrebt hätten. Die englischen Gewerkvereine nähmen einen ganz anderen Rang ein, als die unsrigen. Dem Drange der Arbeiter nach einem festen Zusammenschluß gegenüber sei die einzig ritige Volitik, dafür zu sorgen, daß dieje Bewegung in die rihtigen Kanäle geleitet werde. Gäbe man den Arbeiterve-reinen das Recht der Persönlichkeit und Vermögensrehte, daun würden au die Unterschleife und Betrügereien wegfallen; durch die jeßige Rechtlosigkeit der Vereine werd: dagegen die Ahtung vor dem Gese untergraben. Alz Muster für den vorgelegten Geseß- entwurf hätten das bayerische Vereinsgesez und das Genossen- schaftsgeseß gedient, und so könne wohl die Vorlage als eine geeignete Grundlage für die kommissarishe Berathung an- gesehen werden. Der Einwand, daß eine gesezlihe Or- ganisation der Arbeitervereine nur der Sozialdemokratie in die Hände arbeite, sei unverständlich, da die Sozialdemokratie andere Pittel habe, um ihre Zwecke zu erstreben. Redner bat zum Schluß um wohlwollende und vorurtheilsfreie Prüfung jeines Antrags und empfahl seine Ueberweisung an eine Kommission.

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. von Keudell das Wort.

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgez ichts.

Ein nur privatrechtlich wirksamer Vertrag, durch welchen fi eine unter das Gefeß vom 16. April 1889, betreffend die Heran- ziehung von Fabriken u f. w. mit Präcipuallcistungen für den Wegebau (Geseß-Samml, S. 100), fallende Unternehmung verpflichtet hat, einer Gemeinde zu den Unterhaltungskosten eines öffentlichen Weges, welchen sie erheblich durch ihren Betrieb abnußt, cinen be- stimmten Beitrag zu zahlen, kann nach cinem Erkenntniß des Ober-Verwaltungsgerihts, IV. Senats, vom 16. Ofk- tober 1891 (IV 953) für den Verwaltungsrihter keinen Grund abgeben, einen Anspruh der Gemcinde aus dem genannten Geseßze auf Leistung eines Präcipualbeitrags zurückzuweisen, auch nit etwa die Klage der Gemeinde so lange auszuschließen, bis im Wege des Civilprozesses die Rechtsungültigkeit des Vertrages festgestellt sei. Dagegen giebt das Gese selbst die Handhabe, um der offenbaren Unbilligkeit, daß die Unternehmung zweimal nämli einmal aus dem Vertrage und dann aus dem genannten Geseße zu derselben Wegebauleistung herangezogen werde, vor- zubeugen, indem s bezüglih der Abmessung des Präzipual- beitrags dem Verwaltungsrihter die Stellung eines Schiedörichters zuweist, welcher unter Abwäzung aller für die fragaliße Wegeunter- haltung in Betracht kommenden Verhältnisse \{äten foll, ob event. in welWer Höhe der Unternehmer zu den Kosten in angemessener Weise beizutragen hat, und ihn dadur ermächtigt, die Verurtheilung des Unternehmers von dem Vorbehalte abhängig zu machen, daß der Wegebaupflitige bei Erhebung dieses Beitrages bis zur Höhe des- selben auf den ihm gegen den Unternehmer etwa vertragsmäßig zu- stehenden Anspruch Verzicht leiste.

Land- und Forstwirthschaft.

Wie uns aus Rumänien mitgetheilt wird, ist daselbst vor etwa zwei Wochen ein Umshwung in der Witterung ein- getreten, der, wenn die Wärme noch einige Zeit andauert, e i add aat von den günstigsten Folgen zu werden verspricht. i

Jagd.

Morgen, Donnerstag, findet Königliche Parforce- jagd statt. Stelldihein: Mittags 123/ Uhr Jagds{hloß Grunewald, 11/4 Uhr am Saugarten.

Theater und Musik.

Residenz-Theater.

„Madame Mongodin*, ein S{wank von Ernest Blum und Raoul To ché, erlebte gestern Abend fcine erste Aufführung im Residcnz-Theater und fand einen lauten Heiterkeitserfolg. Die eigentlihe Hauptrolle im Stück spielt niht die Titelheldin Madame Mongodin, sondern Herr WMongodin, der vor der lucrezien- haften Tugend seiner Frau seit zwanzig Jahren zittert und demüthig sih allen Forderunzen der strengen Gattin beugt, der in der Angst, um ihrem Zorn zu entgehen, die unmözlihften Dinge mö,lich zu machen suht, Thüren einrennen will, den Mondsühtigen spielt, und doch endlih nah zwanzigjähriger Knechtschaft erkennen muß, daß Madame's ftrenge Tugend nicht ganz makellos ist.

Da komische Einfälle und lustige Situationen in dem Stück sch wie eine ununterbrochene Kette ohne Pause aneinanderreihen, so bleibt dem

Zuschauer und Zuhörer keine Zeit, die Scherze mit verständiger Ueber-