1891 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Hannover, 14. Dezember. Der Provinzial-Land- tag bewilligte in fein:r heutigen Sißung die Anträge des Aussc(usses auf Unter}tüßung einer Reibe von Krarkenhäusern und Kinderhospitalen sowie den Antrag, die Zinfen und Amartisations- fosten eines der Gemeinde Esterwegen gewährten Meliorations- darlehens so lange aus Mitteln des Landarmenfonds zu zahlen, bis die Gemeinte leistungëfähig genug geworden sei, diese Kosten zu übernehmen, und dieser Gemeinde außerdem 5000 M zum Zwede der Hebung der tortigen fozialen und wirthschaftlihen Zustände zu überweisen. Hierauf wurde der Haushalts: Etat für die Provinz in zweiter Lesung nach tinigen Erläuterungen des Schaßraths Müller ange- ncmmen. Schließlih wurden auh die Anträge des Rechnung2aus schusses, die Jahresrechnungen von Provinzial- anstalten zu den aus denselben sih ergebenden Entsummen festzustellen und das Landesdirektorium zu ermächtigen, Ent- lastung zu ertheilen vorbehaltlih der Erledigung der gestellten Erinnerungen, und die nahcewiesenen Ausgaben aus Dis: positionsfonds sowie die Uebersreitungen von Au8gabe- positionen als gerecktfertigt zu erklären, angencmmen.

Koblenz, 13. Dezember. Die Tagesortnung der am 17. d. M. im großen Saale der Königlichen Regierung hier- selbsi statifindenden Sißung der Rheinschiffahrts- Kom- anission is nach der „Köln. Ztg.“ nunmehr festgestelt und lautet wie folgt:

1) Eröffourg ter Sitßung tur den Oker- Präsidenten und Mit- theilurg, betrefferd dos Arlegen der Boote bei Afßmannéhausen vnd die Erböhung der Lobitser Kribbe. 2) Angaben des Strombau- Direktors über die im Jahre 1890 kbetriebencn und im laufenden Jakre in Angriff gçenowmencn Bauten. 3) Arfrage des Direktors Fettih über die wieder in Anregung aebrachte Senkung des Wasser spiegels im Bodensee. 4) Antrag der Kölner Handelékammer: die Königliche Strombauverwoltung wolle die Anlage des Sicherbeits- und Handelshafens am Scbnellert kei Köln-Deuß in möglichst großer Breiten- und Längenentwicklung thunli&ft bald genehmigen. 5) Antrag der Koblenzer Handelt kammer, betreffend die Verbisserung der Ein- fabrt in den Vallendarer Rheinarm.

Bayern.

München, 14. Dezember. Die Kammer der Abge- ordneten genehmigte heute das vorläufige Steuergescß sür das erste Vierteljahr 1892 und begann tann die Berathung des Militär-Etats. Der Referent Abg. Wolf stellte, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, die verschiedenen im Aus{chuß besprochenen Klagen zusammen, namentlich die Frage der Mißbandlungen. Gegenüber cinem an diè Kammer ge- richteten Schreiben des Vaters des wegen Mißhandlung ver- urthcilten Unteroffiziers Kißkalt, der seinen Soha in Schuß zu nehmen sucht, erklärten der Referent und der Abg. Walter, die Kammer könne nur tankbar sein, wenn Soldaten gegen mißhandelnde Vorgeseßte kräftig geshüßt würden. Der Abg. Weber wünschte, daß der Ernte:-Urlaub den örtlichen Verkbält- nissen angepaßt werde. Die Abag. Haug und Wagner besprahen den Mißhandlungsfal in der Garnison Kempten und die Mängel des Besäwerde- und An- zeigerehts. Der Abg. Wagner besragte die Regierung, welGen Standpunkt fie in der Frage der zweijährigen Dienstzeit und in der Aufrehthaliung der bewährten Grund- säße des bayerischen Militärstrafprozesses, insbesondere der Felbständigen Gerichte, einnehme. Der Abg. Dr. Schädléir ver- langte eine eifrigere Pflege des religiösen Lebens in der Armee nah dem Vorgange Preußens und bemerkte, viele Offizier s- pensionirungen würten vom Volke niht verstanden. Der Abg. Ott besprach die Garnisonverhältnisse in Ge1rmers- heim und wünschte, daß nicht noch weitere Ah- theilungen von do:t wegverlegt würden. _Der Abg. Hemmer- lein klagte über zu häufige Zurückstelungen Militär- pflihtiger von der Aushebung. Dec Abg. Hermann Beh brate eine Reihe Anregungen übec Mißhandlungen und Selbsimord von Soldaten, über Strasprozesse, Submissionen, Beschwerderecht und Bercchtigung der Wachen zum Feuern auf flühtige Verhastete vor. Nachdem sodann noch vier Redner vorgemerkt worden, wurde die Debatte auf morgen

vertagt. Sachsen.

Dresden, 14. Dezember. Jhre Mojestät die Königin ift, wie das „Dr. J.“ meldet, an einem katarrhalishen Fieber und leichter Mandelentzündung erkrankt. Allerhöcstdieselbe ist genöthigt, das Beit zu hüten. Das Fieber ist mäßig hoch, das Allgemeinbefinden zufriedenstellend.

Die Zweite Kammer überwies beute die Vorlage über einen Um- und Neubau zur Beichaffung von Hörsälen und Räumlicfkeiten für die Verwaliung und die akademischen Institute bei der Universität Leipzig an die Finanzdeputation A.

Metlenburg-Schwerin.

Schwerin, 14. Dezember. Das Befinden Seiner König- lichen Hoheit des Großherzogs ift, wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes gemeldet wird, ein gutes; das Gehen wird sicherer, nervöje Erscheinungen treten seltener auf.

Schwarzburg-Hudolftadt.

_ Rudolstadt, 14. Dezember. Seine Dur@(laucht der Fürsi hat, nah der „Schwzb.-Rud. Lds.-Ztg.“, das nach: stehende Dankschreiben erlassen :

Die Veweise treuer Anbänalichkeit und berzliGer Theilrabme, welde am Bermäktlungêtage in so überaus zablreiwer Weise Meiner geliebten Frau Gemahlin und Mir entaegengebradt worden sind, baben Urs mit inniger Freude erfüllt. Wir ermidern diese Licbe und Treue in dem Gefüble der festen Zusammengebörigkeit, mit wel@er von Tlters ber Unfer Haus mit Seinem Volke verbunden ist, und er- flehen Gottes Segen für cine glücklihe Zukunft.

Ich beauftrage dcs Minifterium, Allen in Stadt und Land, welche zur fesilihen Eeftaltunz Unseres Vermäblungêtages beigetragen ava Meinen und Meiner Frau Eemahblin kerzlihsten Dank aus- zuspreben.

Schwarzburg, am 19. Dezemker 1891.

Günther, Fürst zu Schwarzburg-NRudolfstadt.

LipÞppe-

Detmold, 12. Dezember. Jn der heutigen Sitzung des Landtags wurte, wie dem „Kann. Cour.“ gemeldet wird, der Etat in dritter Lesung mit 14 gegen 7 Stimmen ange- nommen ; die 7 Abgeordneten, welche dagegen stimmten, waren die Vertreter der dritten Klasse. Diese hatten vorher eine Ecklärung abgegeben : Der Landtaa wolle den Etat für 1892 nit eher genehmigen, bis die Regierung ernstlihe Schritte zur Einführung der dringend nothwendig-n Geseze, Land-

emeindeordnung, Volksshulgesez, Regentschaftsgesez, Ver- assungsgesct thäte, Diese Eckflärung warde mit 14 gegen 7 Stimmen abgelehnt.

Oefierreih-Ungarnu.

Wien, 15. Dezember. Der Erzherzog Sigismund, älterer Bruder tes vor Kurzem verstorbenen Erzherzogs Hein- ri, ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ nicht unbedenklich an Jnfluenza mit parlieller Lungenentzündung erkrankt.

In der gesirigen Sißung des o Ai E

citirte im Laufe der Budgetdebatte bei dem Kapitel „Bei-

trag zu den gemeinsamen Angelegenheiten“ der Abg. Luêger eine angeblihe Aeußerung des deutshen Reichekanzlers von Caprivi und verwahite sih dagegen, daß. die „Judenliberalen“ mit den Deutschen in Oesterrei identifizirt würden, sowie da- gegen, daß die Czehen, Slovenen und Slovaken als gentes minores behandelt würden und daß nur an Deutsche und Magyaren - gedacht werde. Dies: Nationen hätten, wie die öfsterreichishe Geschichte be- weise, ihr Blut für den österreihishen Thron ge- opfert. Der Nedner wandte sich im Laufe seiner Rede fodann gegen die Handeleverträge und äußerte, fie lauteten nur zu Gunsten der Juden. Der natürl he Zug des politishen Ein- flusses Oesterreits sei niht nah Deu!schland, Jtalien, der Schweiz oder Rußland gerichtet, sondern nah der Balkan- Halbinsel. Mit Bezug auf diese Aeußerungen nahm der Minister-Präsident Graf Taaffe das Wort zu folgender Er- flärung: Obwobl er nicht im Hause anwesend gewesen sei, sondern sich im Ministerzimmer bei einer Konferenz befunden habe, so si er doch auf die soeben gehaltene Nede des Abg. Lueger aufmerksam gemacht worden, Es sei ihm daher zwar unmöglich, auf die Details diefer Rede ein- zugehen, er sei aber in der sehr unangenehmen, er möchte fast sagen, traurieen Lage, nicht nur im Namen der Re- gierung, sondern Namens Oesterreichs sein tiefstes Bedauern darüber auszusprechen, daß in solher Weise in einem Mo- mente gesprohen werde, wo die Möglichkeit geschaffen worden, das politishe Bündniß, das zwischen den drei Großmätten bestehe, nicht nur in politisher, sondern auch in wirths{aftliher Beziehung zu festigen (leb- hafter Beifall) —, daß in einem solchen Momente niht nur einzelne Großmächte angegriffen und ihre her- vorragenden, offi:iellen Persönlichkeiten, wie der deutsche Reichékanzler, in solher Weise geschildert würden, in einem Momente, wo jeder gute Oesterreicher fühlen müsse, wie sehr er seinem Land und Reiche diene, wenn er dasjenige, was politisch abgemacht sei und was, wie er glaube, den Frieden Europas sichern dürfte, auch in wirthschastliher Beziehung festige. (Beifall.) Jn solhen Momenten so vorzugehen, si er wolle nicht das ärgste Wort gebrauchen : es sei nit patriotisch gewiß aber nit politis. (Lebhafter anhaltender Beifall.) Er wolle, wie bereits erwähnt, sich gar nicht in Details einlassen und könne es auch niht über das, was der Abgeordnete Lueger gesprochen, weil er niht gegenwärtig gewesen sei. Eins jedoch sei ibm aufgefallen, und das habe er gerade gehört, als er in das Haus eingetreten sei und wo der Vorredner gesagt habe: „Was hat Oesterreich si politisch oder wirthshafstlih mit Italien, mit Deutschland oder Rußlard zu beschäftigen ?“ „Meine Herren! Jst Oesterreich eine Großmacht oder nicht ? (Lebhafter Beifall.) Wenn sich Oesterrei weder politis noch wirthschastlih mit den anderen Großmächten aus: einanderseßzen darf, so ist es keine Großmacht mehr! (Leb- hafter Beifall); das möchte ih jedoech von der Minister- bank aus fonstatiren, daß ODesterreih, Gott sei Dank, noch eine Großmacht ist und es auh mit der Unter- stüßung der patriotischen Mitglieder dieses Hauses fernerhin bleiben wird.“ (Lebhafter, allseitiger langandauernder Beifall und Händeklatshen.) Der Minister-Präsident wurde allseitig bealückwünsht. Der Abg. Dr. von Plener bedauerte gleich- falls die Angriffe Lueger's und {loß sich vollständig den Ausführungen des Minister - Ptäfidenten an. Der Abg. Dipauli (konservativ) erklärte, daß er und seine Partei- genossen die Vorlagen ruhig und im JFnteresse der ockerbau- treibenden Bevöikerung prüfen würden. Der Abg. Lueger hob hervor, daß er den deutshen Reichskanzler von Caprivi nit beleidigt und nichts Unpatriotishes gesagt habe, und wies die Behauptung zurück, daß er ein Gegner des Deutschen Reichs sei. Der Abgeordnete Herbst erkannte dankbar an, daß Graf Taaffe so kiar und entschieden aus- gedrücdt habe, mas österreichischer Patriotièmus sei. Er bedauere lebhaft den Ton, der jeßt im österreiwischen Parla- ment angeshlagen werde. Der General - Berichterstatter Dr. von Biliné ki erklärte, von seinen Parteigenossen beauf- tragt zu sein, ganz entschieden gegen die Aeußerungen Lueger's zu protestiren. Die Polen gingen von dem Standpunkte aus, daß die Handelsverträge eines der größten Werke der zeitgenössishen Staatskunst und der gegenwärtigen Wirihscha\tépolitik seien. Der wirihscafilihe Friedensbund, der jeßt geschlossen sei, bringe die civilifirte Welt dem Jdeale des ewigen Friedens viel näher, als alle Beschlüsse der Frie- denskongresse. Die Polen seien mit aller Entschiedenheit für den Dreibund, wie er bestehe, weil sie darin eine Gewähr des Friedens und die größte Gewähr der Stärïe und Kraft Oester- reis erblickten. (Lebhafter Beifall.)

Der Volkswirthschaftsauss{chuß des ungarishen Unterhauses hat in der General- und Spezialdebatte die neu: Veterinärkonvention mit Deutschland ein- stimmig angenommen.

_Das Unterhaus hat b-s{lossen, die vom Volkewirth- schastsausshuß vorgelegten Berichte über die Handels- verträge, die Matrken- und Mustershußkonvention und die Veterinärtonvention mit Deutshland heute der Neihe nach in Verhandlung zu nehmen.

Großbritannien und Jrland.

Der Nationalverein der \hottishen Konser- vativen hielt am 9. d. M. in Go seine Sabres- versammlung ab, die zahlreih besuht war. Die Versammiung beschloß einsiimmig ein Vertrauenevotum sür diz Negierurg und gab zuglei ihrer Anerkennung der vorzüglichen Leitung der äußeren und inneren Angelegenheiten Auedruck, Am Abend hielt der Schaßkanzler Goschen vor einer 5009 Köpfe zählenden Vereinigung eine Ansprahe. Wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, worf er darin den Giadstonianern, mit Bezug auf ihre irische Polit:k, heimliche Zuhälterei ver, im Gegensaß zu den Unionisten, welche nicht besirebt wären, durch- Ve:heim- lihungen zum Ziel zu gelangen. Angenommen selbst, daß Gladsione bei der nächsten Wahl die Stimmen: mehrheit erlarge, fo müßte er doh nach Veröffentlihung seiner Vorschläge das Ergebniß ciner zweiten Wahl über fich entscheiden lassen. Ferner vertheidinte Goschen gegen seinen Gladstonianishen Kriiiker die Kostenausgaben, welche zur Verbesserung der Armee und der Marine nöthig

gcwesen, und erklärte, sie scien zur Sicherstellung des Neichs im Kriegsfalle unentbehrlid. Die Hauptsorge Britanniens, mit Bezug auf auswärtige Verhältnisse, müsse die sein, seine weitgehenden Jnteressen zu sichern, wobei der Minister einen bedeutungevollen Hinweis auf Jndien mate. Schließlich er-

theilte er den Rath, niht nur das Hauptaugenmerk auf die

inneren politishen Fragen, sondern das Jnteresse auf die tiefergehenden Angelegenheiten zu rihten, von welhen Groß- britanniens Gedeihen mehr abhänge ais voa den untergeordne- ten Tagesfragen.“ A

Die Stadt Waterford in Jrland war, wie man der „¿Mgdb. Ztg.“ meldet, am Sonntag der Schaupläßÿ ernster Wahlkrawalle. Die Anhänger. des Parnellitishen Kandi- daten John.Redmond versuchten die Abhaltung der Anti- parnelliten-Versammlung, bei der William O'Brien und Michael Davitt, die aus Dublin angekomniew waren, --sprehen follten, zu verhindern; sie ver- weh ten thnen den Üebergang über- eine Brüde wobei si ein hartnäckiger Kampf mit Knoteastöken ent- spann, in dem Davitt dur einen Knüppelschlag ernstlich an der Stirn verwundet wurde. Die Anti-Parnelliten stürmten \chließlih die Brücke und hielten nah weiteren Kämpfen am Flufquai das Meeting unter polizeilihem Schuß ab. D'’Brien kündigte an, Davitt werde als Protest gegen die Ausschreitung felber als antiparnellitisher Kandidat für Waterford auftreten, w3s er vorher béharrlih abgelehnt hatte.

Gilgit, wo, w'e gemeldet, vor Kurzem Kämpfe mit den Eingeborenen stattgefunden haben, liegt in der Nord- westecke von Kaschmir im Punjaub. Durch das Gilgit: Thak fließt der Gilgit, ein Nebenfluß des Jndus. Die Hunzas und Nagars find Bergsiämme, welche jenseits der Grenze des eigentlihen Kashmir wohnen. Nagar ift ein kleiner Staat, der im Nordwesten von Baltistan und südlih von Pamir liegt. Der Staat besteht fast auss{ließli aus einem drei Tagereisen langen Thal. Der durch dieses Thal fließende Strom ergießt sich_ in den Gilgit. Bei den Nachbarsiämmen heißen die Nagars Dungars. Ein Telegramm des „R. B.“ aus Fort Stilt vom 7. Dezember berichtet: „Die Truppen stehen noch hier. Ab und zu fallen Schüsse. Sonst aber hat sich nichts von Bedeutung ereignet. Die verwundeten Offiziere find nah Ctalt gebraht worden, wo eine Truppen- abtheilung liegt.

Zwischen den beiden britischen Kolonien Canada und Neufundland ist ein Zollkrieg ausgebrohen. Jn Folge der Weigerung der Regierung von Neufundland, dem Ulti- matum Canadas zu entsprechen, welhes die Zurücknahme des Verbots, den Canadiern Hzringe als Lockfjpeise oder zu Handelszw:cken zu liefern, forderte, hatte, wie die „A. C.“ be- rihtet, die Regierung Canadas eine Verordnung erlassen, die auf die Einfuhr von Fischen aus Neufundland nah Canada einen Eingangszoll versügt und die Privilegien, welche den in zollfreien Speicern lagernden Produkten Neufundlands, wenn sie si dort zum Transit nah Westindien und anderen Ländern befinden, gewährt wu1den, beschränkt. Die Regierung Neufundlands drobt nun mit Repressalien durch Einführung prohibitiver Zölle auf die Einfuhr von Nahrungsstoffen aus Canada. Die Behandlung canadischer Fischer Seitens Nezufundlands hat, nach Ansicht der öffentlichen Meinung, das Gouvernement von Canada zu seiner jeßigen Handlungsweise gezwungen.

Frankreich.

Paris, 15. Dezember. Der Senat nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern bei der weiteren Berathung des Zolltarifs die Zölle für Gewebe, Papier, sowie für Metall- und Holzarbeiten an. Die Deputirtenkammer genehmigte- die dem Budget beigefügle Vorlage über die Reform der Gerichtskosten.

Jn der Zollkommission der Deputirtenkammer legten gestern die Minister Ribot und Jules Rohe einen Gesegentwurf vor, durh welchen der Regierung: die Ermächtigung ertheilt wird, die gekündigten Handels - verträge oder Konventionen vom 1. Februar 1892. ab zu verlängern. Dieseêr Entwurf lautet :

Art. 1. Die Regierung is ermäcbtizt, provisorish im Ganzer oder theilweise zu verlängern: 1) die Handelsverträge oder Handels - und Sciffahrtskonventione-n, die in Folge der Kündigung am 1. Februar 1892 ablaufen, mit Ausnahme der Klauseln, betreffend Zolltarifkoniessio- nen für bestimmt aufgeführte Waaren; 2) die Konventionen bezügli des gegenseitigen Scußes des literarischen, künstlerisGen und industriellen Eigenthums, die in Folge der Kündigung ebenf:-lls am 1. Februar 1892 abgelaufen sind. Diese Verlängerung wird nur unter dem Verbehalt gewährt, daß der französishen Regierung das: Ret zusteht, die Wirkung diefer Konventionen durch eine einjährige Kündigung aufzubeben.

_Art. 11. Die Regierung ift ermätigt, im Ganzen oder tbeik- weise den Minimaltarif für die Produkte oder Waaren aus solchen. Ländern anzuwenden, die gegerwärtig den Konventionaltarif genießerr vnd welbe Frankreih das Meistbegünstigungkrecht gewähren. Dieses

Zugeständniß wird jedech nur unter dem am Ende des erften Artik-ls zugesetzten Vorbehalt bewilliat.

__Der Minister des Aeußeren Ribot, der in der Kom- misfion auch die jüngst von Deutschland abgeschlossenen Han- delsverträge vorlegte, erklärte dabei, es sei klar, daß schon durch das Zugeständniß des Minimaitarifss an eine Nation dieser Tarif sofort auf alle Länder Anwendu finde, welche bereits im Besige der Behandlung au dem Fuße der meistbegünstigten Nation seien oder über den 1. Februar 1892 hinaus in deren Besiß bleiben müßten. Nachdem die Minister den Berathungssaal verlassen hatten, beshloß die Kommission, die Berathung dieses Geseßentwurfs. ungesäumt nach derjenigen des Budgets zu beantragen, und nahm. ihn mit UiwéseitliGen Aenderungen an.

Jtalien.

_In der italienischen Deputirtenkammer hat der Abg. Vischi gestern einen von fünfzig anderen Abgeordneten unter- stüßten Antrag eingebracht, 1 welchem die Regierung auf- gefordert wird, die Anwendung des Geseßes, wegen Be- seitigung zablreiher Präfekturen, hinauszuschieben.. Der Wüinister-Präsident Marchese di Rudini s{hlug vor, erst na der Verhandlung über die Finanzmaßnahmen in die Berathung des Antrags cinzutreten. Vischi beantragte da- gegen, daß die Kammer sofort über dcn Antrag verhandele. Da die geheime Abstimmung die Beschlußunsähigkeit des Hauses ergab, wird die Abstimmung heute wir derholt werden.

Unter den im gestrigen päpstlihen Konsistorium p1ä- konisirten Erzbischöfen! befindet sich auch Dr. von Stablewsfki.

Spanien.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen wird, wie W. T. B.“ vernimmt, Die von Lissabon in Madrid erwartet, wo Höghstderselbe im König-

lihen Schlosse absteigen und vier Tage vcrweilen werde. Am:

indessen Widerstand.

Mitiwoch soll zu Eren d:s hohen Gastes ein Diner bei Hofe ftatifinden, zu welhem auch das Personal der deutschen Be schast geladen ist. : : i L Dem Pariser „Temps“ zufolge verlautet in Madrid, die \panish? Regierung wolle Frankreich die Verlängerung des gegenwärtigen Handelsvertrages bis zum 30. Juni 1892 vorshlagen, um Zeit zur Verhandlung über einen neuen Vertrag zu gewinnen. Dagezen wird der „Mgdb. Ztg.“ aus Madrid te!egraphirt, der Minister-Präsident Canovas have gegenüber einer Abordnung spanischer Jndustriellen erklärt, er halte die Möglichkeit eines Handels-Uebereinkommens zwi- {en Spanien und Frankceih für nahezu ausgeschloffen; Spanien müsse Ersaß durch Anlehnung an den mitteleuropäischen Zollverein suchen.

Portugal.

Der portugiesishe Finanz Minister Concha Castaneda hat, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Lissabon, gestern

der Kammer einen protektionistischen Zolltarif vorgelegt.

Schweiz.

Die Neuwahl eines Bundesrathsmitgliedes und die Wahl des Bundes-Präsidenten und Bundes - Vize- Präsidenten findet, wie hon mitgetheilt, Donnerftag, den 17. Dezember, in Bern siatt. Als Hauptgrund, weshalb der bisherige Bundes-Präsident Welti auf seinem Rüdcktritt be- barrt, bezeihnete der „Köln. Zta.“ zufolge der gegenwärtige Präsident des Sländeraths Göttiehzim aus Basel na eigener Angabe Welti's dessen Ueberzeugung, daß er nah der Ver- werfung des Centralbahnankaufes in seinem Departe: ment (Eisenbahnen) für die nächsten Jahre gänzlich lahm gelegt worden wäre, und sich in unfruhtbaren Kämpfen völlig aufgerieben haben würde. Auf der einen Seite die Eisenbahngesellshaften und ihre Hintermänner, für w:lhe die Weisungen des Eisenbahn-Departements soviel als niht vorhanden seien und denen gegenüber das Departement fast machilos dastehe, auf der andern Seite das Publikum, das vom Eisenbahn-Departement kcäftige Abhülfe verlange und ungeduldig und mißmuthig werde, wenn es fiets beim Alten bleibe. Diesen Kampf noch länger fortzuseßen, habe er si nicht im Stande gefühlt, und darum sei er zurüdck- getreten. Zur Uebernahme eines andern Departements sei er aber schon zu alt.

Bulgarien.

Sofia, 14. Dezember. Zu der bereits in der gestrigen Nummer des „R.- u. St.-A.“ erwähnten Meldung, daß der Vertreter Frankreichs in Sofia die Beziehungen zu Bul- garien für abgebrochen erfärt habe, bemaeitt die „Agence Balcanique“: die Ausweisung des fran- zösischen Beitungskorrespondenten Chadourne babe einen Notenwechsel zwischen dem französishen Ver- treter Lanel und der bulgarishen Regierung veranlaßt,

-Ecsterer habe gegen die Ausweisung als eine Vertragëverlezung

protestirt. Die bulgarishe Regierung habe geantwortet, die Ausweisung Chadourne's sei lange beshloîsen gewesen und erst erfolgt, als Chadourne niht aufgehört habe, falsche, bulgarenfeindlihe Nachrichten zu verbreiten. Sofort nach dem Empfang dieser Antwort habe sih Lanel zu dem Minister des Auswärtigen Grekow begeben und diesem mündli erklärt,

er habe Befehl, alle Beziehungen zur bulgarishen Regierung

abzubrech:n. Die „Agence“ konstatirt den peinlihen Eindrudck, den es in den höheren politishen Kreisen und in der öfsent- lichen Meinung Bulgariens hervorgebracht habe, daß Frank- rei sich so wenig wohlwollend gegen Bulgarien zeige, welches E sür die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung sorgen wolle.

Amerika.

Wie tem „W. T. B.“ aus Washington berichtet wird, ist im Senat der Vereinigten Staaten von dem Senator Galinger der Entwurf eines Geseßes eingebracht worden, durch welches die Entlassung aller gegenwärtig im Staatsdienst stehenden Ausländer angeordnet und für die Zukunft die Anstellung von Aueländern verboten wird. Nachdem im brasilianischen Staate Rio de Janeiro die Ruhe wiederhergestellt worden, ist nah einer Meldung des „R. B.“ am Sonntag in San Paolo eine aufständisheBewegung zum Ausbruch gekommen, die auch dort den Zweck hat, den Gouverneur zum Rücktritt zu zwingen. Die Lokalbehörden wurden bereits ihrer Posten enthoben, der Gouverneur leistete

Afrika.

Wie dem „Reuter'shen Bureau“ aus Kairo von gestern gemeldet wird, find Pater Ohrwalder und dieSchwestern Caterina Chincarini und Elisabeth Venturini, Mitglieder der österreihischen Mission im Sudan, welhe im Jahre 1883 zu Khordofan gefangen genommen und seitdem in Omdurman von dem Mahdi festgehalten worden waren, gesund und wohlbehalten aus Omdurman in Korosko eingetroffen.

Parlamentarische Nachrichten.

J: der heutigen (141.) Sißung des Reichêtags, welcher der Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Malhyahn, Freiherr von Marschall, sowie die Königlih preußishen Staats-Minister von Heyden und Thielen beiwolnten, ging dec Handels- und Zollvertrag zwischen dem Reih und der Schweiz ein.

Avf der Tagesordnung stand die Fortseßung der zweiten Berathung der Handelsverträge mit Oesterreic- Ungarn, Ftalien und Belgien. :

Die Berathung wurde fortg: t mit Arlikel 3 des erfien Vertrages.

Abg. Dr. Freiherr von Stauffenberag führte aus, daß die Ermäßigung der landwirthschaftlichen Zölle so gering und auch seit langer Zeit bekannt sei und daß die in der Besprechung darüber heroorgetretene Aufregung unbegründet sei. Die Landwirthe sollten sh zur Verbesserung ihrer Lage zu Genossenschasten zusammenschließen. Die Ansprüche der Gutsbesiger und Bauern an die Lebenshaltung seien so gestiegen, daß der früher ausreihende Grund- besiy ihnen zur Befriedigung ihrer Ansprüche nit mehr genüge. Einen großen Einfluß auf die Landwirthschaft werde die geringe Zollermäßigung nicht üben. Redner bestritt die Ausführungen des Abz. Luß über den Gerstenzoll. Bei dem

Wettbewerb der ausländischen Gerste handle es sich nicht

um einen Weltbewe:b des Preises, sondern der Beschaffenheit. Das Elend in der Oen sei so groß, daß es der ernstesten Fürsorge des Staats bedürfe; _freilich werde eine Zollermäßigung um 1,50 6 das menschlihe Elend nicht aus der Welt schaffen. Bei den Berathungen über den Vertrag solle man den großen politischen Gesichtspunkt der Annäherung an Oesterreih nit vergessen.

Abg. Graf von Mirb ah widersprah den Ausführungen des Vorredners über die Lebenshaltung der Bauern und be- zeihnete den Bauernstand als die sparsamste Klasse der Be- völkerung. Der Bauer im Osten könne die Valutadifferenz sehr gut beurtheilen, er kenne den Stand des Rubels ganz genau. ie Landwirthschaft bedürfe eines Zoll- sckuzes. Der nach den Verträgen verbleibende Schuß sei nit genügend und Angesichts der langen Dauer der Ver- träge sogar eine Gefahr. Der Reichskanzler möge prüfen, ob die Landwirthshaft nach Einführung des ermäßigten Zolls bei den jezigen Währungsverhältnissen noch weiter bestehen fönne, und dann die Jnitiative zur Aenderung der Währung ergreifen. Deutschland sei dazu verpflichtet, da es zuerst die Währungeverhältnisse gestört habe. Zwischen einem landwirthsckafilihen und einem industriellen Schußzoll sei ein niht zu untershäßender Unterschied. Als er 1879 die Verdoppelung des von der Regierung vorgeschlagenen Getreide- zolls von 50 Z auf 1 A beantragt habe, habe man durch Annahme diejes Antrags die Gleichberechtigung von Jndustrie und Landwirthshaft anerkannt, die heute einigermaßen verblaßt zu sein scheine. Damals sei ein Zoll von 1 allerdings eine rettende That gewesen, heute genüge er aber niht mehr. Er stimme gegen die Vor- lage, da er vit die Verantwortung für eine Bindung eines so geringen Zolls von 3,5 A auf zwölf Zahre übernehmen fönne.

Abg. Thomsen sprach sih für die Verträge aus.

Abg. von Kardorff bemerkte gegenüber dem Reichs- kanzler, daß er nie eine Erhöhung, sondern nur eine Revision des bestehenden Zolltarifs gewünscht habe, um die Fnkongruenzen in der Verzollung der Roherzeugnisse, Halb- und Ganzfabrikate zu beseitigen. Das sei bei den Verträgen niht möglich, der Ver- ziht des Reichstags auf sein verfassungsmäßiges Recht der Aen- derung sei bedauerlich. Die Verträge berücksichtigten dieJnteressen des fleinen Mannes, besonders auf dem platten Lande, nicht genügend, obwohl der Kampf gegen die Sozialdemokratie seit Eclöschen des Sozialistengeseßes auf dem Lande immer \{werer würde. Ein Gänsezoll, Bettfedernzoll u. st. w. hätten eine wirksame Hülfe gebraht. Eine Mitwirkung des Reichstags vor Abshluß der Verträge würde wünschenswerth ge- wesen sein. :

Reichékanzlcr von Caprivi erklärte, auf das Sozialisien- geseß niht eingehen zu wollen, da die Besprehung schon mit vielen Dingen belastet sei, die mit der Vorlage nichts zu thun hätten. Jn dem Bilde, das fih der Reichstag von den Verträgen mache, trete der Wer!h des Ganzen hinter den Einzelheiten allzu sehr zurück. Eine Mitwirkung des Reichstags vor

‘Abschluß der Verträge sei von der Verfassung nicht vorgesehen ;

wolle der Reichstag sie beschließen, so hätten die verbündeten Regierungen“ nichts dagegen. : ;

Abg. Dr, Witte beklagte es, daß die thüringer Spiel- waarenindustrie in den Verträgen nicht genügend berüdsictigt sei. (Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

Seine Königliße Hoheit der Prinz Heinrich bat, um Höthst- seinem . periönlihen Interesse an der Förderung der Zwecke des Vereins für deutshes Kunstgewerbe Ausdruck zu verleiben, befoblen, daß die Bibliothek Höchstdesselben dem Verein als immer- währendes Mitglied beitrete und Aufnahme in das Mitglieder- verzeihniß finde.

Sein fünfzigjähriges Doktor-Jabiläum feiert heute der Geheime Ober-Medizinal-Rath Professor Dr. Adolf von Barde- leben, Ordinarius der Chirurgie an der hiesigen Universität, der Senior der medizinisen Fakultät. Der Jubilar hat das Doktor- Diplom seiner Zeit bei der Becliner Universität erworben. Den beutigen Tag verbringt er in stiller Zurüdgezogenheit bei seinem Bruder in Celle. :

Die Ausstellung im Lihthof des Kunstgewerbe- Museums, die bis Neujahr geöffnet bleibt, hat now einige werth- volle Bereicherungen empfangen. Herr Maler Hendorf, der {on im vorigen Jahre bewerkenswerthe Aufnabmen und Studien an der- selben Stelle ausgestellt hatte, bringt jet die Ergebnisse einer Studien- reise in Franfrei, darunter rortrefflite JInnen-Ansichten aus S(loß Fontainebleau und vielerlei dekorative sowie landshaftlihe Aufnahmen. Die Firma Zahn u. Schwarz (Inhaber von Grovssilliers) in Berlin bat keramische Malereien ausgestellt, die einen bedeut- samen Fortsritt in dieser Kunflübung für Berlin bezeihnen. Die Farben auf diesen Platten sind eingebrannt, aber ftumpf, ohne jenen Glanz, ter bei der Dekoration an Außenseiten der Gebäude ftörend ift. Die beiden großen Felder enthalten je eine von den Malern Seegers und Coßmann nach den bekannten Entwürfen von Ehrmann gemalte fast lebensgroße Figur; diese Bilder find auf Platten von Porzellan aus der Königlichen Manufaktur von Char- lottenbura gemalt, biet:n also die grôößtdenkbare Sicherheit für Wetter beständigkeit. Ferner ift eine Figur in Blau unter der Glasur auf gewöhnliwtzen Steinguiplatten gemalt, also erbeblich woklfeiler im Material und überdies theilweise im Drukverfahren bergestellt. Herr Ciseleur Rohloff, der jet nah Lind's Austritt die Ciselir- flafse des Museums leitet, bat die Reibe der auêgeftellten Reliefbilder um ein Brustbild von Moltke in feinster Arbeit vermehrt. Die Nbtheilung der Neuerwerbungen bat ebenfalls wichtigen Zuwabs erbalten: einen silbernen vergoldeten Humpen, ein Meisterwerk des berühmten Nürnberger Goldschmiedes Hans Petoit um 1580, ferner zwei ornamentale Glasfenster, Porzellane und kleines Geräth.

Am Sonntag Morgen iît bier, wie die „N. A. Z.* beritet, nah kurzem Leiden der Wirklihe GSebeime Rath Dr. Gustav von Loeper, der bekannte Goethe - Forscher, gestorben. Am 97. September 1822 zu Wedderwill in Pommern geboren, studirte Loeper Jura, trat 1854 in das Ressort des Ministeriums des König- lihen Hauses cin. Im Jahre 1865 wurde er vortragender Rath, 1876 Direktor des Köriglihen Hausarchivs, das er bis zu seinem 1886 erfolgten Aus\heiden aus dem Amt leitete. Die Publi- fationen seiner Forsbungen auf literarhistorishem Gebiet begann Loeper 1869 mit der Herausgabe des „Faust“ in Hempel's „National- literatar*, ferner erläuterte er Goethe’s Gedichte und gab dessen Briefe an Sophie von Laroche und Bettina Brentano beraus. Die Goethe-Gesellihaft hat dur sein Hinscheiden einen schweren Verlust erlitten. Er gehörte, als nach dem Tode Walter von Goethe's der Handscriften-Nachlaß des Dichters in_das Eigenthum Jhrer König- lichen Hoheit der Großherzogin von Sachsen überging und nunmehr der literarishen Verwerthung zugänglich gemacht werden sollte, ¿zu den für diesen Zweck alsbald berufenen Kräften und hat an der Wei- maris{hen Goethe-Auta@te Ms Muttes due Jae A e

edaktions-Kollegiums hervorragenden j E E war ner der Begründer der Goethe- Gesellschaft,

die den Tod ihres Vize-Präsidenten beklagt.

Der Professor der Mineralogie, Geheime Das Dr. Fer- dinand Römer ift laut Meldung: des ;zW. T. B.“ geftern in Breslau am Herzshlag gestorben. :

Die Wettbewerbung8-Entwürfe für das Reiterstand- bild des Kaiser Wilbelm-Denkmals auf dem Kyffhäuser, nebs Nebenfiguren, im Ganzen 38, sind, wie die „N. Pr. Z.“ erfährt, von morgen ab bis zum 1. Januar im Autstellungsgebäude am Cantiarplay öffentli unentgeltlich ausgestellt und körnen täglih in der Zeit von 10 Uhr Vormittags bis 4 Ubr Na@Gmittags besichtigt werden. Dax zur Fertigstellung des großen National- Denkmals, des größten, das Deutschland besißen wird, noch mebrere bunderttausend Mark feblen, wird die au83geftellte Sammelbübse dem patrictishen Prblikum warm ewpfoklen. Fnzwishen ist nach einer Mittheilung der „N. A. Z.“ das Preis riGter: Kollegium bereits zur Entscheidung gelangt; es hat folgende Preise zuerkannt: 1. Preis: Bildkauer E. Hundrieser in Charlotten- burg, Nr. 27 (Kennwort: Kaiser und Reich 1870 A). 2. Preis e Prof. H. Volz in Karlêrvhe i. B., Nr. 14 (Kennwort: „Auferstan- ten“). 3. Preis: Herr Ernst Wenck in Berlin, Nr. 34 (Kenn- wort: Hie Deutshes Reih für imma). 4. Preis: Bildhauer Gustav Eberlein in Berlin, Nr. 28 (Kennwort: „Ewig“).

Die Astronomie verzeiGnet in diesen Tagen ein Forshungs- ergebniß von fundamentaker- Bedeutung: die Entfernung der Erde von der Sonne ist mit einer bisher niSt erreichten Ge- nauigkeit befliimmt worden. Da diese Entfernung oder der Erdbahn- halibmefser in einem Erdmaß au8gedrüdt, die Einheit oder der Maß- stab ift, mit dem die Entfernungen im Weltraum gemessen werden, so wurden zu allen Zeiten Anstrengungen gema@t, dieselbe mit möglichster Genauigkeit zu bestimmen. Die größten Hoffnungen fette man in der weiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auf die Beotachtung der Venuédurchgaänge, als eines sebr seltenen, aber sehr geeigneten Ereignisses, das Weltmaß genau zu bestimmen. So wurden von verschiedenen Staaten 1761 und 1769 Expeditionen in günstig gelegene entfernte Gegenden au8gesandt, und das Ergebniß dieser Beobactungen, welches der vormalige Direktor der Berliner Sternwarte Encke ableitete, hat Jahrzehnte lang als das genauestz Weltmaß gegolten. Das Prinzip, welches sceincn Beobachtungen zu Grunde lag, besteht darin, daß zwei BeobaWter, von denen der eine auf der Nordbalbkugel der Erde, der andere auf der Südbalbkugel stationirt sind, den Planeten Verus, wenn er si gerade zwischen Sonne und Erde befindet, auf verschiedenen Stellen der Sonnenschtibe projizirt sehen; der auf der Südbalbkugel befindlihe wird z. B. die Venus näher am Nordrande der Sonne, der auf der Nordhalbkugel befindlihe diese näher der Sonnermitte seben. Im erstzerea Fal wird V2nus einen kleineren Wez über die Sonnenscheibe zurückzulegen haben, als im leßteren. Beobathten run die Beiden die Zeitdauer, in welher Venus den Weg über die Sornenscheibe zurüdlegt, und kennt man die geographische Lage der Beobalhtungsorte, so findet si aus dem Unterschied dieser Zeiten der Unterschie) des scheinbaren Abstandes der Venus auf der Sonne, und daraus der Winkel, unter dem der Erdhalbmesser roa der Sonne gesehen ersheint, oder die Sonnenparallaxe. Gnade leitete zuerst 1824 aus den beiden Venusdurhgängen des vorigen Jahr- bunderts die Sonnenparallaxe zu 8“ 578 ab, und na einer Revision 1835 den genaueren - Werth 8“ 571. Diesem Werth entspricht cine lineare Entfernung der Sonne von 153 Millionen Kilometer. Nachdem dieser Werth nahezu dreißig Jahre Geliung behalten, ging aber aus anderen Ursachen bervor, daß er um etwa ein Dreißigstel seines ganzen Betrages zu êlein, die lineare Entfernung der Soane um ebenfoviel zu groß angenommen sei. Als Anfang der stebziger Jahre die beiden einzigen Venusdurhgänge dieses Jahrhunderts herannabhten, da entschlofsen si die hervorragendsten Kulturftaaten der Erde, Expeditioxen nah den günstig gelegenen Ecdorten autzurüsten, um das Phänomen vol für die Wissen\haft auszunugten. Amerikaner, Engländer, Franzosen, Niederländer \chickten ihre Gelehrten aus, und Deutschland besetzte bei- beiden Anläfsen günstig gelegene Stationen. 1874 waren die deutsden Venusstationen in Tschifa (China), Sspaban, Kerguelea und Insel Auckland. 1882 beim zweiten Venus- durhgang beobachteten die deutshen Astronomen in Hartfizld, Conn., Amerika, Aitken N.-Carol., Bahia Blanca und Punta Arenas. Die größten Hoffaungen seyte die gelehrte Welt auf die deutschen Heliometerbeobahtungen, von denen man die genauesten Werthe der Soanenparallaxe erwarten mußte. Jn diesen Tagen ist nun von Pco- fessor Auwers in Berlin, in dessen Händen si die Oberleitung ves ganzen Unternebmens befand, das Resultat aus den beliometrishen Mesfsungen bei beiden V?-nusdurhgängen in den „Atron. Nachr.“ be- kannt gemacht worden. Danach ift die Sonnenparallaxe 8“ 880 mit einem wahrscheinlihen Fehler von nur 3/100 Sekunden oder die Entfernung der Erde von der Soane 148 Millionen, genauer 148 138 009 km.

Land- und Forftwirthschaft.

Ernte und Saatbefstellung.

Der Stand der Wintersaaten im Reg.-Bez. Danzig ist, wie von dort gemeldet wird, mit geringen Au2nahmen ret befciedigend un) berechtigt bis jet zu den s{önsten Hoffaungen. _ i

Die diesjährige Kornernte im Reg -Bez. Stralsund wird als cine gute Mittelernte bezeihnet. Die Saatbestellung des Herbstes ift

- bei gunftiger Witterung regelrecht, wenn auch wegen der verzögerten

Ernte verspätet, von Statten gegangen. |

Die Bestellung der Wintersaaten im Reg.-Bez. Köslin hat bei günstiger Witterung erfolgen können; die jungen, Saaten stehen gut.

Die Weizenernte ist im Reg.-Bez. Stettin quantitativ und qualitativ recht befriedigend ausgefallen, der Ertrag des Roggens ist in einem Theil des Bezirks hinter den Erwartungen zurüdckgeblieben, indessen in mauen Kreisen zufriedenstellend. Die Saaten haben troy der verspäteten Bestellung im Allgemeinen ein gutes Aussehen.

Aufforstung.

Die Bestrebungen zur Echaltang und Vermebrung der Wald- bestände in den unfru(tbaren kassubishen Distrikten haben dur die Erwerbung des 2042 ha großen, bishcr dem Grafen Königs- mark gebörigen Waldgutes Alt-Laska für den Forstfiskus eine wesent- liSe Förderung erfahren. Das Gut liegt in Mitten derjenigen Oed- ländereien der Kassukei (der Kreise Koniß und Schlochau), deren Ankauf zu Aufforftungszwecken auf Rechrung des Fiskus 1heils {on früher erfolgt ist, tbeils für die nähste Zukunft angestrebt wird. Die Ge- sammiflähe der für den Staat erworbenen Oedländereien in jenen LENeS Betljen (außer Alt-Laska) betrug am 1. Oktober d. J. |on

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Verkehrs-Anstalten.

Der dur die Uferbabn ia Thorn vermittelte Umschlags- verkehr zwishen Eisenbahn- und Stromtranéport befindet sich in steigender Entwicklung; e3 wurden in den Monaten August, Sep- tember und Oktober d. J. 717 Wagen vom Schiff auf die Babn und 378 Wagen in umgekehrter Richtung verladen, während im Vor- jahre nur 433 bezw. 369 Wagenladungen in Betracht kamen. Der Ums(hlagsverkehr bezog si hauptsä&lih auf Rob;ucker und Holz.

Die Arbeiten iyi weiteren uan N ieten rie e Po

akel bis zur Regierungébezirksgrenze sind, nawdem bier ür ein be- us Fonds zur Verfüguag gestellt wordin, bereits kräftig in An- griff genommen.

Bremen, 14. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Sónelldampfer „Elbe“ bat vorgestern Nachmittag die Heimreise von New-York angetreten. Die Dampfer „Gera“, „Darmstadt“ und „Weser“ siad gestern und die Dampfer „Leip- zig* und „Ohio* heute in Antwerpen angekommen. Der Dampfer „Badern“ ift gestern von Antwerpen abgegangen. Der Dampfer "Stuttgart * is gestern in Colombo, der Dampfer „Sachsen" heute in Suez angekommen. Der Dampfer „Habsburg“ ist heute von Port Said abgegangen. Der Dampfer „Danzig“, mit der