1892 / 49 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Mitbenußung von Rüstungen.

Die von dem Unternehmer hergestellten Rüstungen sind während ihres Bestebens auch anderen Bauhandwerkern unentgeltlich zur Be- nußung zu überlassen. Aenderungen an den Rüstungen im Interesse der bequemeren Benußung seitens der übrigen Bauhandwerker vor- zunebmen, ift der ius. ve: Ma nicht verpflichtet.

S 11: Beobachtung polizeiliber Vorschriften. Haftung des Unternehmers für seine Angestellten x.

Für die Befolgung der für Bauausführungen bestehenden polizei- lichen Vorschriften und der etwa besonders ergebenden polizeilichen Anord- nungen ist der Unternehmer für den ganzen Umfang feiner vertrags- mäßigen Verpflichtungen verantwortlich. Kosten, welche ihm dadurh erwachsen, können der Staatskasse gegenüber nicht in NRechnung gestellt werden.

Der Unternebmer trägt insbesondere die Verantwortung für die gehörige Stärke und sonstige Tüchtigkeit der Nüstungen. Dieser Ver- antwortung unbeschadet ist er aber auch verpflichtet, eine von dem baulecitenden Beamten angeordnete Ergänzung und Verstärkung der Rüstungen unverzüglich und auf eigene Kosten zu bewirken.

Für alle Ansprüche, die wegen einer ihm felbst oder seinen Be- vollmächtigten, Gebilfen oder Arbeitern zur Laft fallenden Rernach- lässigung polizeilicher Vorschriften an die Verwaltung erhoben werden, bat der Unternebmer in jeder Hinsicht aufzukommen.

Ueberhauvyt baftet er in Ausführung des Vertrages für alle Handlungen seiner Bevollmächtigten, Gehilfen und Arbeiter versönlich. Er bat insbesondere jeden Schaden an Person oder Eigenthum zu vertreten, welcher dur ihn oder seine Organe Dritten oder der Staatskasse zugefügt wird.

Krankenversicherung der Arbeiter. Der Unternebmer ist verpflichtet, in Gemäßheit des Gesetzes über ie Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 (R.-G.-Bl. S. 73) die Versicherung der von ihm bei der Bauausführung be- \chäftigten Personen gegen Krankheit zu bewirken, soweit diefelben nit bereits nachweislich Mitglieder einer den geseßlihen Anforde- rungen entsprechenden Krankenkasse sind.

Auf Verlangen der bauleitenden Behörde hat er gemäß § 70 des

genannten Gesetzes gegen Bestellung auéreichender Sicherheit eine den

Vorschriften dieses Geseßes entsprehende Baukrankenkasse entweder für feine nicht bereits anderweitig versicherten versicherungspflichtigen Arbeiter und Angestellten allein, oder mit andern Unternehmern, welcen die Ausführung von Arbeiten auf eigene Necchnung übertragen wird, gemeinsam zu errichten.

Wird ibm diese Verpflichtung nicht auferlegt, errichtet jedoch die bauleitende Behörde selbst eine Baukrankenkasse, so hat er seine nicht bereits anderweitig versicherten versicherungspflichtigen Arbeiter und Angestellten in diefe Kasse aufnehmen zu lassen und erkennt das Statut derielben in allen Bestimmungen als verbindlih an. Zu den Kosten der Rechnungs- und Kafsenführung der Baukrankenkasîje bat er in diesem Falle auf Verlangen der bauleitenden Bebörde einen von der- selben festzusezenden Beitrag zu leisten.

Unterläßt es der Unternehmer, die Krankenversiherung der von ibm beschäftigten versiherungépflichtigen Personen zu bewirken, so ift er vervflitet, alle Aufwendungen zu erstatten, welche etwa der bau- leitenden Behörde binsibtlih der von ihm beschäftigten Personen dur Erfüllung der aus dem Neichsgesetze vom 15. Juni 1883 fich ergebenden NRerpflichtungen erwachsen. :

Etwaige in diesem Falle von der Baukrankenkasse statutenmäßig geleistete Unterstüßungen sind von dem Unternehmer gleichfalls zu erseßen.

“Der Unternehmer erklärt hiermit ausdrücklich die von ihm gestellte Caution auch für die Erfüllung der sämmtlichen vorstehend bezeich- neten Vervflihtungen in Bezug auf die Arbeiter-Krankenversicherung haftbar.

S 11a. Haftpflicht des Unternehmers bei Cingriffen desfelben in die Rechte Dritter.

Für Beschädigungen angrenzender Ländereien, insbesondere durch Entnahme, durch Auflagerung von Erd- und anderen Materialien außerhalb der schriftlih dazu angewiesenen Flächen, oder durch unbe- fugtes Betreten, ingleichen für die Folgen eigenmächtiger Versperrungen von Wegen oder Wasserläufen haftet aussc{ließlih der Unternehmer, mögen diese Handlungen von ihm oder von seinem Bevollmächtigten, Gehilfen oder Arbeitern vorgenommen sein.

Für den Fall einer solchen widerrechtlichen und nach pflihtmäßiger Ueberzeugung der Verwaltung dem Unternehmer zur Last fallenden Beschädigung erklärt sich derselbe damit einverstanden, daß die bau- leitende Behörde auf Verlangen des Beschädigten durch einen nah Anhörung des Unternebmers von ihr zu wählenden Sachverständigen auf feine Kosten den Betrag des Schadens ermittelt und für feine Nechnung an den Beschädigten auszahlt, im Falle eines retlichen Zablungsbindernisses aber hinterlegt, sofern die Zahlung oder Hinter- legung mit der Maßgabe erfolgt, daß dem Unternehmer die Rück- forderung für den Fall vorbehalten bleibt, daß auf feine gerichtliche Klage dem Beschädigten der Ersaßanspruh ganz oder theilweise ab- erkannt werden sollte.

Aufmessungen während des Baues und Abnahme.

er bauleitende Beamte ist berechtigt, zu verlangen, daß über alle sväter nit mebr nachzumessenden Arbeiten von den beiderseits zu bezeihnenden Beauftragten während der Ausfübrung gegenseitig anzuerfennende Notizen geführt werden, welhe demnächst der Be- rechnung zu Grunde zu legen find.

Von der Vollendung der Arbeiten oder Lieferungen bat der Unter- nebmer dem bauleitenden Beamten durch eingeschriebenen Brief Anzeige zu machen, worauf der Termin für die Abnahme mit thunlichster Beschleunigung anberaumt und dem Unternehmer schriftlich gegen Behändigungëschein oder mittelst eingeshriebenen Briefes bekannt gegeben wird.

Neber die Abnahme wird in der Regel eine Verhandlung auf- genommen ; auf Verlangen des Unternebmers muß dies geschehen.

Die Verbandlung is von dem Unternehmer bezw. dem für den- selben etwa erschienenen Stellvertreter mit zu vollziehen.

Von der über die Abnahme aufgenommenen Verhandlung wird dem Unternehmer auf Verlangen beglaubigte Abschrift mitgetheilt.

Erscheint in dem zur Abnahme anberaumten Termin, gehöriger Benachrichtigung ungeachtet, weder der Unternehmer selbst noch ein Bevollmächtigter desselben, so gelten die durch die Organe der bau- leitenden Behörden bewirkten Aufnahmen, Notirungen 2c. als anerkannt.

Auf die Feststellung des von dem Unternehmer Geleisteten im Falle der Arbeitsentziehung 9) finden diese Bestimmungen gleich- mäßige Anwendung. S

Müssen Theillieferunagen sofert nach ihrer Anlieferung abgenommen werden, !o bedarf es einer besonderen Benachrichtigung des Unter- nebmers biervon nicht, vielmehr ist es Sache desselben, für seine An- wesenbeit oder Vertretung bei der Abnabme Sorge zu tragen.

B L. : NRechnungsaufstellung.

Bezüglich der formellen Aufstellung der Rechnung, welche in der Form, Ausdruckéêweise, Bezeichnung der Bautheile resp. Räume und RNeibenfolge der Positionsnummern genau nach dem Verdingungs- anschlag einzurichten ist, hat der Unternehmer den von der bauleiten- den Bebörde bezw. dem bauleitenden Beamten gestellten Anforderungen zu entfprechen. :

Etwaige Mehrarbeiten sind in besonderer Nehnung nachzuweisen, unter deutlidem Hinweis auf die s{riftlihen Vereinbarungen, welche bezüglich derselben getroffen worden sind.

Tagelohbnrechnungen.

Werden im Auftrage des bauleitenden Beamten seitens des Unter- nebmeré Arbeiten im Tagelobn ausgeführt, so ift die Liste der hierbei beschäftigten Arbeiter dem bauleitenden Beamten oder dessen Vertreter bebufs Prüfung ihrer Nichtigkeit täglih vorzulegen. Etwaige Aus- stellungen dagegen sind dem Unternehmer binnen längstens 8 Tagen mitzutbeilen.

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Die Tagelohnrechnungen sind längstens von 2 zu 2 Wochen dem bauleitenden Beamten einzureichen.

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Zahlungen.

Die Schlußzahlung erfolgt auf die vom Unternehmer einzu- reihende Koftenre{nung alsbald nah vollendeter Prüfung und Fest- stellung derselben. M

Abschlagszablungen werden dem Unternehmer in angemef}jenen Fristen auf Antrag nah Maßgabe des jeweilig Geleisteten bis zu der von dem bauleitenden Beamten mit Sicherheit vertretbaren Höhe gewährt.

Bleiben bei der Schlußabrechnung Meinungsverschiedenbeiten zwischen dem baulcitenden Beamten oder der bauleitenden Behörde und dem Unternehmer besteben, so soll das dem leßteren unbestritten zustehende Guthaben demjelben gleihwobl nicht vorenthalten werden.

Verzicht auf spätere Geltendmachung aller nicht aus- drücklich vorbehaltenen Ansprüche.

Vor Empfangnahme des von dem bauleitenden Beamten oder der bauleitenden Bebörde als Restguthaben zur Auszahlung angebotenen Betrages muß der Unternehmer alle Ansprüche, welche er aus dem Vertragsverbältniß über die behördlicherseits anerkannten hinaus etwa noch zu haben vermeint, bestimmt bezeihnen und fi vorbehalten,

widrigenfalls die Geltendmachung diefer Ansprüche später ausge-

{losen ift. i Zablende Kasse.

Alle Zahlungen erfolgen, sofern niht in den besonderen Be- dingungen etwas anderes festgeseßt ist, aus der Kasse der bauleitenden Behörde.

S 15. Gewährleistung.

Die in den besonderen Bedingungen des Vertrages vorgesebene, in Ermangelung solcher nach den allgemeinen geseßlichen Vorschriften ih bestimmende Frist für die dem Unternehmer obliegende Gewähr- leistung für die Güte der Arbeit oder der Materialien beginnt mit dem Zeitpunkt der Abnahme der Arbeit oder Lieferung.

Der Einwand nicht retzeitiger Anzeige von Mängeln gelieferter Waaren (Art. 347 des Handelsgeseßbuches) ist nicht statthaft.

8 16. i Sicherhbeitsstellung. Bürgen.

Bürgen haben als Selbstschuldner in den Vertrag mit einzutreten.

Cautionen.

Cautionen fönnen in baarem Gelde oder guten Werthpapieren oder sicheren gezogenen Wechseln oder Sparkafsenbüchern bestellt werden.

Die Schuldverschreibungen, welche von dem Deutschen Reich oder von einem deutshen Bundesstaat ausgestellt oder garantirt sind, sowie die Stamm- und Stamm - Prioritäts - Actien und die Prioritäts- Obligationen derjenigen Eisenbahnen, deren Erwerb dur den preußischen Staat geseßlich genehmigt ist, werden zum vollen Curs- werthe als Caution angenommen. Die übrigen bei der deutschen Neichsbank beleihbaren Effecten werden zu dem daselbst beleihbaren Bruchtheil des Curswerthes als Caution angenommen. -

Die Ergänzung einer in Werthpavieren bestellten Caution fann gefordert werden, falls infolge eines Cursrücganges der Curêwerth bezw. der zulässige Bruchtheil desselben für den Betrag der Caution nicht mehr Deckung bietet.

Baar binterlegte Cautionen werden nicht verzinst. Zinstragenden Wertbpapieren sind die Talons und Zinsscheine, insoweit bezüglich der letzteren in den besonderen Bedingungen niht etwas Anderes bestimmt wird, beizufügen. Die Zinsscheine werden so lange, als nit eine Ver- äußerung der Werthpapiere zur Deckung entstandener Verbindlichkeiten in Aussicht genommen werden muß, an den Fälligkeitêterminen dem Unternehmer auêgehändigt. Für den Umtausch der Talons, die Ein- lösung und den Ersaß ausgelooster Werthpapiere, sowie den Ersaß abgelaufener Wechsel hat der Unternehmer zu forgen. :

Falls der Unternebmer in irgend einer Beziehung seinen Ver- bindlichkeiten niht nachkommt, fann die Behörde zu ihrer Schadlos- haltung auf dem einfachsten geseßlih zulässigen Wege die hinterlegten Werthpapiere und Wesel veräußern bezw. einfkassiren.

Die Rückfgabe der Caution, soweit dieselbe für Verbindlichkeiten des Unternehmers nit in Anspruch zu nehmen ist, erfolgt, nachdem der Unternehmer die ibm obliegenden Verpflichtungen vollständig erfüllt hat, und insoweit die Caution zur Sicherung der Garantieverpflichtung dient, nahdem die Garantiezeit abgelaufen ist. Jn Ermangelung anderweiter Verabredung gilt als bedungen, daß die Caution in ganzer Höbe zur Deckung der Garantieverbindlichkeit einzubehalten ift.

S T. : Uebertragbarfkeit des Vertrages.

Ohne Genebmigung der bauleitenden Behörde darf der Unter- nehmer seine vertragsmäßigen Verpflichtungen nicht auf Andere übertragen.

RVerfällt der Unternebmer vor Erfüllung des Vertrages in Concurs, so ift die bauleitende Behörde berechtigt, den Vertrag mit dem Tage der Concurseröffnung aufzuheben.

Bezüglich der in diesem Falle zu gewährenden Vergütung sowie der Gewährung von Abschlagszablungen finden die Bestimmungen des § 9 finngemäße Anwendung.

Für den Fall, daß der Unternehmer mit Tode abgehen sollte, bevor der Vertrag vollständig erfüllt ist, hat die bauleitende Behörde die Wahl, ob fie das Vertragsverbältniß mit den Erben desselben fort- seßen oder dasselbe als aufgelöst betrachten will.

8 18. Gerichtsstand.

Für die aus diesem Vertrage entspringenden Iechtsstreitigfeiten hat der Unternehmer unbeschadet der im § 19 vorgesehenen Zu- ständigkeit eines Schiedsgerichts bei dem für den Ort der Bau- ausfübrung zuständigen Gerichte Necht zu nehmen.

S 19: Schiedsgericht.

Streitigkeiten über die dur ‘den Vertrag begründeten Rechte und Pflichten sowie über die Ausführung des Vertrages find zunächst der vertragsc{ließenden Behörde zur Entscheidung vorzulegen.

Die Entscheidung dieser Behörde gilt als anerkannt, falls der Unternebmer -nicht binnen 4 Wochen vom Tage der Zustellung der- selben der Behörde anzeigt, daß er auf schiedsrichterliche Entscheidung antrage. l

Vie Fortführung der Bauarbeiten nah Maßgabe der von der Verwaltung getroffenen Anordnungen darf hierdurch nicht aufgehalten werden. 1 vit e ftfr A

Auf das schiedsrichterliche Verfahren finden die Vorschriften der deutschen Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 88 851 bis 872 Anwendung.

Falls über die Bildung des Schiedsgerichts dur die besonderen Vertragsbedingungen abweichende Vorschriften nicht getroffen sind, ernennen die Verwaltung und der Unternehmer je einen Schiedsrichter. Dieselben sollen nicht gewählt werden aus der Zahl der unmittelbar Betheiligten oder derjenigen Beamten, zu deren Geschäftskreis die Angelegenheit gehört hat. j

Falls die Schiedsrichter sih über einen gemeinsamen Schiedsspruch nicht einigen können, wird das Schiedsgericht durch einen Obmann ergänzt. Derselbe wird von den Schiedsrichtern gewählt oder, wenn diese sih nicht einigen können, von dem Präsidenten derjenigen benach- barten Provinzialbehörde desselben Verwaltungszweiges ernannt, deren Siß dem Siße der vertragschließenden Behörde am nächsten belegen ift.

Der Obmann hat die weiteren Verhandlungen zu leiten und

darüber zu befinden, ob und inwieweit eine Ergänzung der bisherigen Verhandlungen (Beweisaufnahme u. \. w.) stattzufinden hat. Die Entscheidung über den Streitgegenstand erfolgt dagegen nah Stim- menmehrheit. : __ Bestehen in Beziehung auf Summen, über welche zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, so wird die für die größte Summe abgegebene Stimme der für die zunächst geringere abgegebenen hinzu- gerechnet.

Ueber die Tragung der Kosten des schiedsrihterlihen Verfahrens entsceidet das Schiedsgericht nah billigem Ermessen.

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Wird der Schiedsspruch in den im § 867 der Civilprozeßordn ezen HEREL aufgehoben, so bat die Entscheidung des renumg im ordentlichen Rechtswege zu a:

F 20. E: Kosten und Stempel.

Briefe und Depeschen, welche den Abs{luß und die Ausführung des Vertrages betreffen, werden beiderseits franfirt.

Die Portokosten für solche Geld- und sonstige Sendungen, welche im aus\schließlihen Interesse des Unternehmers erfolgen, trägt der Leßtere.

Die Kosten des Vertragsstempels trägt der Unternehmer nah Maßgabe der geseßlichen Bestimmungen. :

Die übrigen Kosten des Vertragsabschlusses fallen jedem Theile zur Hälfte zur Last.

Vorstehende Bedingungen werden hiermit öffentlich bekannt gemacht. Berlin, den 19. Februar 1892.

Königliche Ministerial-Baucommission.

Deutscher Reichstag. 179. Sißung vom Mittwoch, 24. Februar. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Malgtahn.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Be- rathung des von den socialdemokratishen Abgg. Auer und Genossen vorgelegten Geseßentwurfs, betreffend die Abände- rung des Zolltarifgeseßes vom 15. Juli 1879 (Auf- hebung der Zolle für Getreide, Fleisch und Vieh).

_ Abg. Bock (Soc.): Seine Partei habe für die Handelsverträge gestimmt, weil sie eine Ermäßigung der Kornzölle und andere Ver- kehrserleihterungen gebraht hätten. Troßdem könne fie den unaus- geseßten Kampf auf Beseitigung aller Zölle auf Nahrungsmittel nicht aufgeben und müsse daher auch bei der gegenwärtigen Lage ihren An- trag aufrechterhalten. Noch vor einem Jahre habe es ausfihtslos ge- schienen, an den Zöllen rütteln zu wollen: der Reichskanzler habe ge- sagt, er werde gegen den Strom s{wimmen, er babe es aber mit geringem Erfolg gethan, wie es jedem gehe, der gegen einen starken Strom [{chwimme. Seine Partei sei darauf ge- faßt, von der rechten Seite des Hauses dieselben Gründe gegen die Aufhebung der Zölle zu hören, die {on gegen ihre Er- mäzigung vorgebracht worden seien. Sogar der Reichskanzler babe damals einen Nothstand geleugnet und der Ober - Bürgermeister Dr. von Forckenbeck habe ihn unterstüßt. Der Abg. Freiherr von Huene aber habe gesagt: nur niht ängstli, noch haben wir die Macht, und wir werden von ihr Gebrauch zu machen wissen. Das sei offen und ehrlich, und er wünschte, daß seine Freunde im Lande diesen Machtstandrunkt vertreten möchten: seine (des Redners) Partei erfenne ihn an, babe aber für ibren Antrag. Wahrheit und Recht auf ibrer Seite. Ein wirkliher, graufamer Nothstand sei in vielen Gegenden vorhanden und im Zunehmen begriffen, wie zahlreiche unver- dâächtige Zeitungsberichte bewie)en. Deshalb tei seine Partei vollberectigt, ibren Antrag aufrecht zu erhalten, auch troß des Einwandes, daß sie die Wirkung der Zollermäßigungen erst hätte abwarten follen. Wenn seine Partei von Nothstand sprehe, nenne man das social- demokratishe Heße. Aber auch Gegner, auch Landräthe, die, wie z. B. der für den Kreis Johannisburg, Aufrufe erließen, gäben ibn und grauenhaftes Elend zu. Die Getreidezölle hätten der Landwirthschaft und ihren Arbeitern nicht geholfen, und in ge- werblichen Kreisen sei es nicht besser. Im Gothaischen Wablkreise seien Löhne von 5—7 A für die Woche bei vierzehn- bis fünfzehn- \tündiger Arbeitszeit festgestellt worden, und zwar von national- liberaler Seite. Mit den Getreidepreisen stiegen auch die der anderen Nahrungsmittel, besonders der Kartoffeln. In den leßten Berathungen hätten die Agrarier {on nicht mehr die alten Redensarten vorgebraht, wie: das Ausland trägt den Zol, oder: die Bâcker sind an der Vertheuerung s{chuld. Der Zoll vertheuere vielmehr die Lebensmittel genau um den Betrag, der an der Grenze erboben werde. Das bewiesen die Klagen und Petitionen der Bäcker und Fleischer von der böhmischen Grenze: der Staat solle dagegen einschreiten, daß die armen Leute in den Grenz- ras ih das billige Brot und Fleisch von jenseits der Grenze volten. Der Unterschied betrage, nah einem niht socialdemo- fratishen Blatte, für fechs Pfund Mebl 30 4, für scchs Pfund Brot 20 „, für zwei Kilo Speck oder Fleis 40 „Z. Eine weitere Folge der Schußzölle sei die Zunahme des Pferdefleishconsums. Zwar hätten si die Herren vor vier Monaten das Vergnügen gemaht, in Berlin ein großes Noßfleischessen zu veranstalten. Allerdings, die Speisekarte sei au dana gewesen. Der Champagner habe aub seine Wirkung gethan, und wenn das arme Volk das alle Tage zu Mittag hätte, so könnte scine Partei heute zum Theil auf ihren An- trag verzihten. Eine Reihe s\tadtisher Behörden lasse sich von den Gemeinden hobe Credite bewilligen, um die Noth zu lindern. In Dresden bätten zwei neue Gerichtsvollzieher angestellt werden müssen, weil die Zahl der Pfändungen sich um 7000 vermehrt habe. Ver- schiedene Lebrer hätten in ibren Schulen festgestellt die Nachricht stamme nit aus sfocialdemokratischer Presse —, daß von sechckzig Schülern fünfzebn bungrig in die Schule geschickt würden. Die Zu- nahme der Eigenthumeverbrechen, der Verrobung, stehe mit den hohen Lebensmittelpreisen im engsten Zusammenhange. Noth sei immer die Mutter der Verbrechen, und es fei lehrreich für die Agrarier, daß gerade in ihrer Domäne, in Ost- und Mest- preußen, Pommern und Schlesien, in den leßten Jahren der größte Procentsaß an Diebstählen vorgekommen sei, bis zu 50 9/9, während er im Westen bis auf 10 % in Westfalen falle. Die Gefängnisse fönnten die Gefangenen gar nicht mehr fassen. Bei der Landwirtb- schaft sei am wenigsten von einer Nothlage die Rede. Man erinnere ib wobl noch der Bauernhochzeit im Brandenburgischen, von der leßthin die Zeitungen berichtet hätten. Ueber die beiden morali) verunglückten Pastoren in Schleëwig - Holstein habe der „Reichsbote" geschrieben: Beide Pastoren wurden durch das üppige Leben der reihen Bauern ihrer Gemeinden in Versuchung geführt. Das zeuge au nit von grausamer Noth der Bauern. Vor kurzer Zeit sei durch die Presse die Schilderung einer Bauernhochzeit gegangen, auf der 170 Theilnehmer ein Rind, mehrere Schweine und viele Centner Karvfen verzehrt hätten. Der Pachtertrag der preußischen Domänen habe sich in den leßten dreißig Jahren um das Dreifache erböht: beweise das alles einen landwirthschaftlichen Nothstand? Die Lage der Arbeiter aber sei durch die landwirl?* schaftlichen Zölle in keiner Weise verbessert worden, wie man 1 Aussicht gestellt habe. Der Reichskanzler Graf von Cayvrivi habe esonders betont, daß der Staat an der Familie des landwirtbscas\t- lien Arbeiters einen festen Untergrund habe: aber wen? man mit eigenen Augen zusehe, werde man finden, day diese Familien nicht geeignet seien, die Zukunft des Staates zu gewährleisten. Im Gothaishen und dem angrenzenden Bezirk der Provinz Sachsen betrage der Tagelohn [Ur verheirathete Leute 40 und die Kost, in einem Vorse n ‘30. A Und Kost. In der Ziegenhalfer Gegend werde den Knechten der Lohn von 66 4 für das Jahr gezahlt, außerdem noch einige Mark zu Fleisch und Butter. Man habe früher tin Aussicht gestellt, daß, wenn die Socialdemokraten auf das ran? gingen, die Bauern sie {hon heimleuhten würden. Aber begriffen sehr gut, daß ihre Lage durch die angewendeten Mitte nit nennenswerth verbessert werde. Gerade die fleinen Vauerl hätten ihm obne Unterschied erklärt, daß sie von den Getreidezöllen feinen Nutzen bâtten, weil sie kein Getreide verkaufen könnten. Ein Bauer, der 28 Aer Land bewirthschafte, theile ihm mit, daß er nur bei günstiger Ernte einige Centner Getreide zu verfause habe. Die Zahl der Bauern in Deutschland, die 28 Aer Lan

besäßen, sei aber verschwindend klein. Die Einfuhr von ausländischem Getreide habe on der Zölle niht ab-, sondern zugenommen, die Fornerzeugung in Deutschland trete immer mehr in den E. Für die Zölle auf amerifanishen Speck, auf Fett, Käse, Butter, Del abe man dieselben Gründe ins Feld geführt wie für die Getreide- lle. Fürst Bismarck habe die deutschen Arbeiter vor dem “merifanishen Speck bewahren wollen, weil der deutshe Speck {madckhafter sei. Er habe es dahin gebracht, daß der deutsche Arbeiter iberhaupt feinen Speck mehr habe essen können. Das Verbot der Einfubr amerikanishen Specks sei in neuester Zeit auf- ehoben, aber nicht der Zoll auf Leinöl und Rüböl, das im rzgebirge,_ in Thüringen und Oberbayern ganz besonders als Zusaß zur Kartoffel diene. Dort könnten die armen Leute sih über- haupt nur no Kartoffeln anschaffen und vielleicht für 5 z Rüböl zu der Mahlzeit für eine ganze Familie. In Berlin seien in leßter Zeit wiederholt Leute plößlih Hungers gestorben, und eine große Zahl von Leuten \terbe langsam Hungers, weil fie infolge der euren Nahrungémittel thatsächlich jeden Tag Hunger leiden müßten. Der Abg. Richter habe auêgeführt, daß die Mißernte in Kartoffeln fo aroß sei, daß vielfah Kartoffeln zum Consum kommen würden, die sonst nur als Schweinefutter Verwendung fänden. Diefer vom Aba. Richter erst befürchtete Zustand bestehe seit einer Reihe von Jahren: in zablreihen Familien, die troß des Nothstandes noch_ ein Sdwein zu halten bemüht seien, würden aus dem Topf Kartoffeln, der die Mittagsmahlzeit der Familie bilde, die kleinen für das Schwein bherausgesuht. Industrielle Unternehmungen freilich, die bis ¡u 40 9/9 Dividende gäben, ließen die Betheiligten feine Noth leiden. Schutzzöllnerishe Blätter selbst schrieben, die Handelsverträge tönnten feinen Schaden bringen, 1879 habe man sein Schäfchen ins trockene ¿ebraht. Das arme Volk leide aber sebr unter den Zöllen, z. B. die Nothleidenden, die von der Gemeinde Magdeburg täglich 1 4 40 bezögen. Die Regierung erkläre immer, für die Besserung des Samilienlebens eintreten zu wollen; sie könne es am besten dur Abschaffung der Lebensmittelzölle. Alle, die ein Herz für das Wohl des Volkes hätten, bitte er dem Antrage zuzustimmen. ;

Abg. Freiherr von Manteuffel (conf.): Er bitte mit Rück- t darauf , daß die Angelegenheit bei der Berathung der Handels- verträge genügend erörtert und alles, was der Abg. Bock beute vor- gebracht habe, damals schon widerlegt sei, den Antrag Auer abzu- lehnen. Der Abg. Bo habe bei den meisten seiner Ausführungen die Angabe von Quellen unterlassen, um fo leihter föônne man ibnen entgegentreten. Wenn der Reichskanzler in den Handelsverträgen die Getreidezôlle von 5 auf 3,50 A herabgeseßt habe, so habe er sich damit niht dem Strom überlassen, gegen den er vorher schwimmen ¿u wollen erflärt babe; denn bei jener Erflärung habe er son wegen der Handelsverträge unterhandelt und gewußt, daß eine Zollberabseßung nöthig sein werde. Er (Redner) glaube auch nicht, daß in den Handelsverträgen die Beseitigung der Schuß- :¿llnerei vorgesehen sei, sondern er sei überzeugt, daß die Neichs- regierung bei dem Zoll von 3 50 4 stehen bleiben werde; ohne diesen Schutz der Landwirthschaft würde das deutsche Volk bald in ihwere Bedrängniß gerathen. Den Fall, wo die Nahrung einer

T A T 2 Q SEO 5 ganzen Familie für den vollen Tag nur Mehlbrei im Werthe von 10 4 gebildet habe, balte er für apofryph; sollte die Familie wirklich nidt mehr an ibre Nahrung wenden können, fo müßte die Armen- unterstüßung helfend eintreten: und {ließli was mache bei 10 Mebl der Zoll aus! Der vom Landrath des Johannisburger Freises proclamirte Nothstand sei nicht auf die Zölle zurückzuführen ; das behaupteten die Einwohner dieses Kreises, die sehr eifrige Schuß- ¿éllner seien, am wenigsten. Der Nothstand, unter dem einige Theile Deutschlands litten, komme nit von den Zöllen, fondern von der idlechten Ernte: das beweise die Noth in Nußland, einem sonst Getreide ausführenden Land. Durch die Beseitigung der Zölle würde nur eine Verschlechterung der Lage eintreten. Daß mit der größeren Woblfeilheit des Getreides das Brot nicht billiger werde, folge wobl aus der Thatsache, daß, während Roggen, der vor der Verab- shiedung der Handelsverträge 246 notirt habe, heute 211 stehe, das Gewicht des Brotes sicher nicht im gleichen Verhältniß zugenommen habe. Der größere Roßfleishconsum sei nicht als Zeichen der Noth aufzufassen, sondern dem Wirken der NRoßfleischgourmands zuzu- ihreiben, die das Roßfleish zum Volkénahrungsmittel machen wollten, gerade so gut, wie es Vegetarier gebe, die für ihre Ansicht auch Propaganda maten. Die hoben Preise für Kartoffeln, die übrigens nicht mit Zöllen belastet seien, stammten nicht aué den Zöllen auf die übrigen Nahrungsmittel, sondern aus der {lehten Kartoffelernte: die vorige Kartoffelernte sei sehr gut gewesen, und da habe man, troß der hohen Getreidezölle, fo niedrige Kartoffelpreise gehabt, wie seit zwanzig Jahren niht. Die Anstellung von zwei neuen Gerichtévollziehern im Dresdener Bezirk, der von 300 bis 400 000 Leuten bewohnt sei, könne doch feinen Beweis für die Vertheuerung der Lebensmittel durch die Zölle abgeben. Was die angeblih durch die hohen Lebensmittelpreise veranlaßte und dur die Verbrecherstatistik nachgewiesene Verrohung des Volkes an- lange, so werde alles das dadur binfällig, daß die größte Zunahme an Verbrechen der Osten aufweise, wo die Lebensmittel am billigsten seien, und die geringste der Westen, wo sie am theuersten seien. Die zum Beweis der guten Lage der Landwirthschaft berangezogene Bauernhochzeit mit ihrem Massenverbrauh an Fleis müsse apokryph sein; denn wäre sie wahr, so müßte jeder Theilnehmer außer dem Schweine- und Rindfleish noch 3 Pfund Karpfen vertilgt haben und das sei doch wohl unglaublich. Die Höbe der Löhne sei nicht seit zwanzig Jahren unverändert geblieben, sondern der Grund- lohn sei wohl fast durchgehends vermehrt, die Nebenlicferungen, Tan- tièmen u. \. w. bätten \ich daneben überall vermehrt, der Werth der Naturalleistungen \teige fortwährend, sodaß die Löbne seit zwanzig Jabren si inégesammt um mindestens 509/69 vermehrt hatten Die Beseitigung der Zölle würde in der That nicht nur der Landwirth- idaft, sondern damit auch den Handwerkern und Kaufleuten {weren Schaden bringen. Er bitte, den Antrag abzulehnen.

Abg. Dr. Buhl (nl.): Um die Ausführungen des Abg. Bo zu widerlegen, brauche er nur auf seine Rede bei der Berathung der Handeléverträge hinzuweisen. Dort habe er au einen Bauern er- wähnt, der 36 Morgen Land besitze, also ungefähr in den öfonomi- schen Verhältnissen lebe, wie der Bauer mit 28 Ackern, von dem der Abg. Bock gesprochen, und er wisse sicher, daß jener Mann, dem sein Land das ganze Brotkorn für die aus neun Mitgliedern bestehende Familie liefere, noch 101 Centner Korn verkaufe; danach sei also die Zabl derjenigen, die von den Kornzöllen Nutzen hätten, doch viel pr Ber, als der A g. Bock zugebe, auch viele kleinere und mittlere Bauern ätten Vortheil davon. Der in mehreren Theilen Deutschlands ein- getretene Nothstand sei um so bedauerlicher, als jene Gegenden häufig in Noth geriethen, aber mit den Zöllen habe das nichts zu thun ; namentli die boben Kartoffelvreise seien eine Folge der schlechten Ernte. Er gehe nit so weit, jeden Zusammenhang zwischen Roh- productenpreis und Nahrungsmittelpreis zu leugnen; aber der Ver- gleih ¿zwischen den Großfleischpreisen und den Marktpreisen zeige doch, daß unverhältnißmäßige Unterschiede durch den Zwischenhandel ver- anlaßt scien. Er werde mit seinen Parteigenossen gegen den Antrag stimmen, und während er früher gegen die Einführung der Zölle ge- stimmt habe, hoffe er, nachdem die Verhältnisse sich einmal so ent- wickelten, wie sie jetzt seien, daß die Regierung den Worten des Reichs- fanzlers entsprechend die Getreidezölle auf ihrer jeßigen Höhe halten werde.

Abg. Graf von Behr (Rp.): Was wollten denn die Social- demokraten eigentlih mit ihrem Antrage erreichen ? Der Antrag, der do, wie sie selbst zugestehen müßten, keine Aussicht auf Erfolg abe, sei {on früher von ibrer Seite besser und eindringlicher vor- getragen worden als heute. Es seien immer wieder dieselben Behaup- tungen, die {on bundertmal widerlegt seien. Was folle man dazu lagen, wenn sie behaupteten, die Löhne seien niht gestiegen ? ckas lei einfa eine Verneinung, die dur die Thatsachen widerle t sei. Er wolle nicht sagen, daß das überall im Deutschen Reiche utreffe, aber in seiner Heimath z B. seien die Löhne um 50 °/0 gestiegen.

enn die Socialdemofraten meinten, nur ein kleiner Kreis von Groß- grundbesizern babe Interesse an den Kornzöllen, so sei das auch nicht

ritig; au die mittleren und kleineren Grundbesitzer und selbst die Arbeiter, die auf Naturallöhne gestellt seien, hätten ein Intereffe daran. Daß die Zölle das Korn vertheuerten, sei ebenfalls unrichtig, denn man habe früher bei höheren Zöllen niedrigere Getreidepreise gehabt. Diese Behauptungen seien also sämmtlih widerlegt. - Die Socialdemokraten wollten nur die landwirtbhschaftlihen Zölle aufheben; wenn fie aber consequent sein wollten, müßten sie doch auch die Aufhebung der industriellen Zölle beantragen. Entweder beides oder feins. (Zu- stimmung bei den Socialdemokraten.) Dann möchten sie do einen dahin gebenden Antrag einbringen. Seine Partei stehe nah wie vor auf dem Standpunkt, den sie eingehend bei früheren Gelegenheiten dargelegt babe, und halte es niht für nöthig, beute näher auf die Be- gründung einzugehen.

Abg. Dr. Bamberger (dfr.): Im Namen feiner Partei erkläre er, daß sie dem Antrage Auer zustimmen werde, und zwar zunächst, um feinen Zweifel darüber auffommen zu lassen, daß sie nah wie vor auf dem Boden dieses Princips stehe. Andererseits glaube er an- nehmen zu dürfen, daß den focialdemokratishen Abgeordneten felbst dieser Antrag nicht so dringend sei, daß sie ibn jeßt eingebracht hätten, wenn er nit infolge der Geschäftsordnung heute zur zweiten Lesung stände, nachdem er vor beinahe zwei Jahren eingebracht worden sei. Er hoffe übrigens, daß dies das leßte Mal sei, daß sich dieselbe Session über zwei Jahre ausdehne, und daß fie endli Ostern zu Grabe getragen werde. AIs vor ungefähr einem Jahre dieser Antrag zur ersten Lesung gestanden habe, sei gleichzeitig ein von seiner Partei eingebrachter Antrag in Form einer Resolution berathen worden, die darauf binausgelaufen lei, eine gewisse Aenderung in Bezug auf den Zolltarif herbei- zuführen, und die von der Mehrheit des Hauses abgelehnt fei. Der focialdemefratishe Antrag sei in Gestalt eines Geseßentwurfs ein- gebraht und müsse daber drei Lesungen durchmachen. Wenn seine Partei beute für den Antrag Auer stimme, könne sie sich doch der Erwägung nit verschließen, daß er niht einen gangbaren Weg für eine Regierung zeige, selbst wenn sie auf dem Boden des An- trages steben sollte. Seine Partei habe niemals angenommen, daß bei der beutigen Lage der Dinge man einfach bei einer Reibe von Artikeln sämmtliche Eingangszölle wegstreichen könne, ohne zuglei für Uebergangëmaßregeln zu sorgen. Seine Partei wolle daher au nicht, indem sie heute für den Antrag stimme, damit erklären, daß sie ibn in dieser Gestalt für annehmbar balte, behalte sih vielmehr vor, bis zur dritten Lesung auf die Modalitäten wieder zurückzukommen, die sie in ibrem Antrag vom 6. Mai 1890 ausgesprochen babe. Heute wolle sie nur bekunden, daß nach ihrer Auffassung eine gerechte und rationelle Wirthschaftspolitik nit denfbar sei, wenn man nicht zur gänzlihen Abschaffung der Zölle auf nothwendige Lebenêmittel komme.

Abg. Bebel (Soc.): Seine Partei habe in diefer Frage von Anfang an eine conseguente Haltung angenommen. Das Verwundern des Abg. Grafen von Behr verstehe er daher niht. Auch der Abg. Dr. Bamberger habe Unrecht, wenn er glaube, die socialdemokratische Partci würde diesen Antrag niht von Neuem gestellt haben, wenn er nicht {hon durch die ganze Dauer der Session bingesleppt worden wäre. Sie würde ihn in jedem Falle gestellt haben. Sie halte die Getreidezölle für ein Unglück: von ihnen habe die große Mehrbeit des Volkes Nachtheil, und nur eine kleine Minderheit Vortheil, müsse ihn aber mit den Industriezöllen wieder be- zahlen. Die sch{lechte Ernte der Kartoffeln habe freilich zu ihrem hohen Preise beigetragen, dieser bänge aber noch von anderen Factoren ab. Die Löhne im Osten seien heute noch an vielen Stellen Hungerlöhne, daber die starke Sachsengängerei und übersceishe Auswanderung. Seit geraumer Zeit habe man in Deutsch- land einen Nückgang der Ernährung, wodurch das Volk mebr und mebr einer allgemeinen Degeneration verfallen werde. Der Durh- schnittsverbrauch von Brotgetreide für den Kopf fei von 213 auf 165 kg zurüdgegangen. Wenigstens hätten das Brennen und die Ausfuhr der Kartoffeln von Staatswegen untersagt werden follen. Dis Nori ils ck So «+5 Cr D D E PTA Tie S d ç # À Die Verschlehterung der leßten Jahre zeige sich in den Angaben über den Fleischverbrauh der großen Städte, z. B. für Berlin, Breslau, Görliß. Der - Verbrau von Pferdefleish \teige dagegen, weil es billiger sei. Wen ex mt irre, habe die Siadt Berlin bereits 1 Million Mark ausgegeben, um dem - Noth- end n Der leben SOE cvas zu [euen eder, der mit den Massen in Berührung komme, wisse, wie sehr gerade in diesem Winter der Nothstand gestiegen sei. Daß die hohen Lebensmittelpreise doppelt und dreifach gefühlt würden, könne Nie- mandem zweifelhaft sein. Daß die Zollermäßigung eine Ertnäßt- gung der Getreidepreise herbeiführe, bewiesen die jüngsten Er- fahrungen mit den Handelsverträgen \c{chlagend. Die Getreide- preise seien jeßt sogar noch bedeutend mebr gefallen, als die Zoll- ermäßigung durch die Handelsverträge betrage, weil naturgemäß die Sveculanten die Getreidezufuhren bis zum 1. Februar zurückgebalten 'hätten und danach viel größere Mengen als unter natürlichen Ber- bältnifsen ins Land geströmt seien und den Preisdruck ausgeübt hätten. Aber im Frühjahr, namentlich wenn die Ernteaussichten so ungünstig blieben wie jeßt, würden die Preise wieder ganz erheblich in die Höhe gehen. Und wenn die Ernte au noch so günstig ausfalle, so würde man doch, wenn nicht au die russishe Ernte sehr günstig werde und das werde sie nicht, sie werde im Gegentheil noch |chlechter werden feine Preiéverbefserung zu erwarten haben, weil die russishen Zu- fubren ausbleiben würden. In dem Maße, wie die Getreidezöolle sänfen, müßten selbstverständlih auch die Industriezölle fallen. Seine Partei bedauere das Cartell zwishen der Industrie und dem Agrarier- thum, und würde sih freuen, wenn die weitere Entwickelung der Dinge dieses Verhältniß stören würde und die Agrarier einsähen, daß sie ih auf ihre alten Freunde der Industrie niht mehr verlassen könnten. Der Reichskanzler habe bei der Berathung der Handelsverträge gesagt: solange die Verbältnisse so blieben wie jeßt, werde die Regie- rung sich an die gegenwärtigen Getreidezölle für gebunden erachten, aber eine bestimmte Erklärung für die Zukunft könne er nicht abgeben. Das sei richtig, denn wenn die Nothlage noch s{limmer werde als jeßt, werde die Regierung doh eine weitere Zollermäßigung herbei- fübren müssen. Allerdings kämen bei einem Einnahmeausfall an Ge- treidezöllen für den Reichssäckel noch andere Interessen in Frage, namentlich die Frage, woher die Regierung die Mittel zur Auf- rechterbaltung der Wehrkraft hernehmen solle. Jeßt handele cs si nur um Abbilfe für den Nothstand und Beseitigung der Einrich- tungen, welche diesen Nothstand bestärkten, also der ungerechten Steuern, die am hbärtesten die Klassen träfen, die am wenigsten leisten könnten.

Abg. Graf von Holstein (cons.): Alle Landwirthe vom Groß- grundbesißer bis zum Tagelöhner und Drescher hätten ein Interesse an möglichst hohen Getreidepreisen, denn Tagelöhner und Drescher erbielten ibren Lohn in natura und verkauften das Getreide. In den dreißiger Jahren habe in feiner Nachbarschaft der Doppelcentner Weizen 6—8 A. gekostet. Nach der Theorie der Socialdemokraten hätte das ein berrlihes Leben sein müssen, und wie fei es gewesen ? Gutsherren und Tagelöhner hätten in zerfallenden Häusern gewohnt, bauen babe man nit fkönnen, dazu habe das Geld gefehlt. Zer- lumpt seien die Leute herumgegangen, und wie hätten die Kinder auêgesehen! Auch in den kleinen Städten sei nichts für die Schulen, auch nihts für Bauten geschehen. In einem \{lechten dumpfigen Hause werde die Frau unordentlih und dadurch der Mann zum Trunk verführt. Erst als die Preise in die Höhe gegangen seien, sei es besser geworden. Es seien die Löhne gestiegen und auch der Handwerker habe wieder Arbeit gehabt. Seine Tagelöhner wobn- ten heute in wahren Palästen im Vergleih zu den Wohnungen, in denen die Arbeiter des Ostens, die ihre Heimath verlassen hätten, hier in Berlin in der „Freiheit“ zu hausen gezwungen seien. Das wüßten denn auch die ländlichen Arbeiter sehr gut und würden den focialdemekratischen Agitatoren die Thür weisen.

Abg. Bo ck (Soc.): Die deutsche Reichsstatistik selbst bringe die Höbe der Lebensmittelpreise mit der zunehmenden Criminalität in Zusammenhang. Allerdings bekomme der Tagelöhner auf dem Lande auch Kost, aber sie sei Gin danach, höchstens 60 -& werth, sodaß der Tagelöhner täglih 1 4 verdiene. Er bestreite dem Abg. Grafen

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von Holstein, daß der Tagelöhner auch nur eincn Scheffel Getreide verkaufen fönne. Er verbrauche alles selbst.

Darauf wird der Antrag abgelehnt.

Es folgi die erfte Berathung des Antrages der social- demokratishen Partei auf Annahme folgenden Gesezentwurfs :

& 1. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen des Geseßes

gegen die gemeingefährlihen Bestrebungen der Social- demofratie, sowie Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund desselben Gesetzes erlassenen Anordnungen von Behörden find nicht mebr strafbar. Die wegen derartiger Zuwiderhandlungen s{hweben-

den Strafverfahren sind einzustellen.

L 2. Die auf Grund des § 7 oder des § 14 des Gesetzes gegen die gemeingefährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie beshlag- nahmten Gegenstände (Vercinska}sen, für Zwecke des Vereins be- stimmte Gegenstände, Druschriften, Platten und Formen) find, soweit diese Gegenstände nit vernichtet sind, den Personen, aus deren Besiß oder Gewahrsam diefe Gegenstände entnommen sind, oder deren Rechténacfolgern auf deren Verlangen zurück- zugeben.

8 3. Die auf Grund der 88 23 und 24 des Geseßes gegen die gemeingefährlihen Bestrebungen der Socialdemokratie ausge- sproenen Beschrärkuñgen der Gewerbefreibeit werden aufgehoben.

Abg. Stadthagen (Soc.): Der Antrag feiner Partei könn nit alles Elend wieder gut machen, das durch das Socialistengef herbeigeführt sei: die Summe von Haß und Erbitterung, dadurch beraufbes{woren sei, fönne man unmöglich beseitigen. Partei wolle nur die großen Ungerechtigkeiten abschwächen, die das Gesetz veranlaßt seien. Für den Geseßentwurf müßten fei achtens alle diejenigen stimmen, die wünschten und wollten, daß da sistengeseß, nachdem es begraben sei, nun auch todt bleiben folle. das Socialistengeseß habe si cine eigenthümliche Interpretationslust der Justizbehörden herausgebildet, das Neichégericht habe selbst aus- gesprochen, daß die Verbreitung von Flugblättern im Sinne des Socialistengeseßzes anders aufzufassen sei als fonst. ine Partei wolle darüber nit rechten, aber fie verlange wenigstens, daß nach dem Tode des Socialistengeseßes nit Personen in Berfolgung ge- seßt würden, die nah allgemeinen NRechtëgrundsäßen nicht verfolgt werden dürften. § 1 des Geseßentwurfes verlange, daß Zuwider- handlungen gegen die Bestimmungen des Socialistengescßes nit mehr strafbar sein sollten. Das erscheine auf den erften Blick als etwas Selbstverständliches, aber gegenüber der Auélegung, die jeßt bei den Gerichten üblich sei, müsse dieser Paragraph. geschaffen werden. Seine Partei spreche hierbei durchaus nicht domo. sondern auch zu Gunsten der anderen Parteien, \owohl“de

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amten, die vielleiht noch beute bestraft werden müßten, Bestimmungen des Soctialistengeseßzes nicht richtig a:

In den Gebieten des kleinen Belagerungszustandes feien, entgegen den Bestimmungen des Soctialistengeseßes, Flugblätter vertheilt worden von allen Parteien, aber nur der Socialdemokrat sei angeklagt worden. Was von Socialdemokraten zu fassen gewesen se hätten die Behörden Dank ihrer Verfolgungssuht zur V antwortung gezogen. Viele von diesen Socialdemokraten ?eie

niht abgeurtheilt. (Präsident von Leveßow: Die Behörder haben niemals Verfolgungssucht.) Es schlage dem Rechtsbewußtsein ins Gesicht, eine Handlung zu bestrafen in demselben Augenblick, wi wan dieselbe Handlung straflos begehen fênne. Auch der § 2 des Geseßentwurfes komme nicht allein der Socialdemokratie zu gute; er gebe dahin, die Heiligkeit des Eigenthums als etwas Wirkliches hinzustellen, und verlange, daß beschlagnahmte Gegenstände den Personen, aus deren Besiß oder Gewahrsam diese Gegenstände ent- nommen seien, oder deren Rechtsnafolgern auf thr Verlangen zurück- gegeben würden. Es seien Drukschriften, Kassen von Vereinen u. f. w. besblagnahmt worden, obne daß ein Vergehen vorgelegen habe. Eine große Anzahl von Behörden, namentlih in Sachsen, habe erklärt, daß nie diese Gegenstände nicht herausgäben. Man könne doch nicht einen be- s{chlagnahmten Gegenstand plößlich aus dem Eigenthum des einzelnen in das Eigenthum des Staats übertragen. Wer auf dem Stand- punkt stehe, daß das Eigenthum unverleßlich fei, daß niemand sein Eigenthum verlieren könne als auf Grund des Geseßes, der müsse hier den Eigenthümern wieder zu ihrem Eigenthum verbelfen. Auf Grund des Geseßes habe man auch Beschränkungen der Gewerbe- freibeit eintreten lassen, man babe Bibliotheksinhabern u. \. w. die Genehmigung für thren Betrieb entzogen. Die Aufrechterhaltung dieser Maßregeln nah Ablauf des Socialistengeseßes, dieses Schand- gesetzes, set ein Unreht. Es widerspreche dem Rechtsbewußtsein des Volkes, jemanden zu bestrafen, der feinerlei Unrecht begangen habe.

Präsident von Leveßow: Der Vorredner hat ein vom Kaiser, Bundesrath und Reichstag genehmigtes Gesey ein Schandgeseßz ge- nannt. Ich rufe ihn deswegen zur Ordnung.

Abg Klemm - Sachsen (cons.): Er meine, eine Kritik, wie sie der Vorredner an dem RNichterstande geübt habe, gehöre nit in dieses bohe Haus. Er sci mit seinen politishen Freunden genöthigt, gegen den Antrag Auer zu stimmen, wenn er auch die bumane und mildthätige Gesinnung anerkenne, die diesem Entwurf zu Grunde liege. Er sei eben in diesem Punkt durchaus Jurist und werde sich von die?er Bahn nit entfernen. Man dürfe nicht verwechseln die Zeitdauer, auf die ein Gesct, das überhaupt von Hause aus nur auf Zeit gegeben worden sei, Geltung habe, und die Dauer der Folgen : die auf Grund dieses Gesetzes rechtskräftig ergangen feter beiden Dinge bingen nur fehr oberflächlich zusammen, so, daß sie mit einander stehen und fallen müßten. listenge]eß sei nicht aufgehoben worden, es fei von Hause aus

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eine bestimmte Zeit gegeben und auf eine bestimmte Zei C

längert worden, und als die leßte Verlängerungsfrist abgelaufen fei, hätten ih die Factoren der Geseßgebung und die Parteien nit darüber verständigen können, ob es noch einmal zu verlängern fei oder nicht, und so sei das Gesetz erloschen. Damit seien die Fol- gen der Handlungen, die während der Dauer des Geseßes rechtsfräftig und rechtmäßig verhängt worden seien, niht außer Kraft geseßt. Es handele sid niht darum, ob das Gesetz rückwirkende Kraft habe, fon- dern nur, ob gewisse Formen strafbarer Handlungen aufg en werden sollten oder nicht. Diese Aufhebung könne n im Wege einer Gnade erfolgen oder auf Grund eines ne den Factoren der Geseßzgebung zu beshließenden selbständigen Ge?eßes. Dazu fönne seine Partei ihre Hand nicht bieten. Es darin nit

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mit Unrecht das Anerkenntniß liegen, daß sie das Socialistengeseß für ein unrichtiges halte oder gehalten habe. Sie halte noch heute daran fest, daß das Socialistengeseß nüßlih und nothwendig gewesen sei. Ebenso wie sie stets für eine Verlängerung des Socialistengesetzes gewesen sei, ebenso stimme fie au beute gegen den Antrag des Abg. Auer. Die Consfequenz nöthige zu dieter ab- lehnenden Haltung.

Abg. Spahn (Centr.): Das leßtere müsse er bestreiten. Das Socialistengesez fei ein Strafgesez, es sei abgelaufen, gelte nicht mebr, und die Folge davon fei, daß jedenfalls folhe Handlungen, die auf Grund des Socialistengeseßzes verurtheilt worden ieten, beute nidt als strafbar angesehen werden fönnten. Seine Partei ver- balte sid also gegenüber dem Antrag niht ablehnend, glaube aber, daß die §8 1 und 2 des Antrages etwas treffen wollten, was kaum nech nothwendig sei. Die beschlagnahmten Kassen seien nidt vorbanden, die beshlagnabmten Bücher und Drucksachen feien wobl alle zu Grunde gegangen oder vernihtet worden. Anders liege die Sache bei & 3. Seine Partei halte es für richtig, eine Amnestie geseßlich auszusprehen, wenn wirkli praktische Fälle vorlägen, wo auf Grund des Socialistengesezes jemand die Befugniß zur Schank- gerechtigkeit oder zur Verbreitung von Druckschriften entzogen et. Sie werde deshalb § 3 annehmen, und den ganzen Geseßentwurf, wenn er ihrer Anschauung gemäß gestaltet werden sollte. _ :

- Abg. Dr. von Bar (dfr.): Die Frage, ob Verstöße gegen ein Geset, das nur auf eine _ bestimmte Zeit erlassen sei, troß des Nb- laufes dieser Zeit noch Strafverfolgung nah sih ziehen könnten, sei controvers. Wenn es sh um eine Aenderung der Rechts-

überzeugung handele, wie bei dem Socialistengeseß, von defsen Wirk-

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