1892 / 74 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Das wird heute Niemand - mehr wollen; die Unmöglichkeit licgt fo Far zu Tage, daß ih mi darüber nicht näher auszulaffen brauche.

Das, was in den Bestimmungen des jeßigen Entwurfs empfohlen wird, fist wesentlich nur das, daß die Berg-Revierbeamten dieselbe Stellung gegenüber dem Arbeitsverhältniß der Bergleute einnehmen follen, wie sie der Gewerbe-Inspector nah § 139b der Gewerbe- ordnung einnimmt. Ich kann nicht finden, daß dieser Schritt zu irgend welchen Bedenklichkeiten Veranlassung giebt, daß im Bergbau besondere Verhältnisse vorliegen, die uns nöthigen, von den Vor- schriften der Gewerbeordnungsnovelle in diefer Beziehung" abzugehen.

Eine Abweichung von leßterer findet auhZ?nicht statt, im Art. VIT. des Entwurfs der dem Revierbeamten die Befugniß zur Einstellung des Betriebs unter ganz bestimmten Vorausseßungen giebt. Auch diefe Bestimmung ist keine Besonderheit des Entwurfs; sie findet ihren Vorgang in dem § 147 Abs. 4 der Gewerbeordnungsnovelle. Meine Herren, follte in dieser Bestimmung ein Bedenken gefunden werden, sollten Sie es für nöthig halten, den Instanzenweg, der übrigens zweifellos vorhanden is, noch bestimmter zu gestalten, so lasse ih darüber jeder Zeit mit mir reden; ich bin ganz überzeugt, daß über diesen Punkt cine Differenz zwischen uns \{ließlich nicht mehr vor- handen fein wird.

Schr viel fragliher das muß ih zugeben ist die Bestim- mung in Art. V, in dem dem Ober-Bergamt die Befugniß zuge- \sprohen is, wenn durch Uebermaß von Arbeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, den Beginn, das Ende und die Dauer der Arbeitszeit zu reguliren. Ih mache darauf aufmerksam, meine Herren, daß wir auch hier einem Vorgange der Gewerbeordnungsnovelle ge- folgt sind, nnr mit dem Unterschiede, daß in der Gewerbe- ordnungsnovelle diese Befugniß dem Bundesrath zugesprochen worden is, hier dem Ober - Bergamt. Sollte das hohe Haus Bedenken tragen, diese Befugniß dem Ober - Bergamt zu übertragen, so bin ich durchaus bereit, eine Aenderung in dem Sinne vorzunehmen, daß diese Befugniß dem Minister oder, wenn Sie wollen, dem Staats-Ministerium übertragen wird. Es handelt sich *nur darum, daß derselbe Grundsaß auch in diesem Geseß zum Aus- druck kommt, der in der Gewerbeordnungsnovelle zum Ausdruck ge- kommen ist, daß nämli eine Möglichkeit für die Behörden vorliegen muß, wenn die Gesundheit der Arbeiter dur die Uebermäßigkeit der Arbeitszeit ges{hädigt wird, einzuschreiten. Gegen diesen Grundsaß hat meines Wissens bis jetzt keine politische Partei im Reichstag oder auch in diesem Hause ein Bedenken gehabt. Ich erinnere daran, daß fast von allen Parteien entsprechende Anträge gestellt worden sind; ja, sie gingen fehr viel weiter, "meine Herren; es sind sowohl von der Centrumspartei wie von der conservativen Partei Anträge im Reichstag gestellt worden, die ausdrücklich die Festseßzung einer Marimalarbeitszeit für sämmt: liche Industrien verlangten. Jch bin erfreut darüber, daß die Frage des Marximalarbeitstages heute von keiner Seite in Anregung gebracht worden ist: ih würde mih auch für den Bergbau ablehnend dagegen verhalten.

Dagegen bin ih der Meinung, daß das Ventil, welches die Ge- werbeordnung für die übermäßige Ausnußung der Arbeitskräfte gegeben hat, auch für den Bergbau in Anwendung kommen soll. Finden Sie es bedenklich, die Handhabung desselben dem Ober-Bergamt zu über- tragen, wie gesagt, meine Herren, über die Instanz lasse ih mit mir reden; fie is für mih vollkommen gleichgültig, ihre Anordnung ist ledigli cine Zweckmäßigkeitsfrage, und ih bin au heute noch der Ansicht, daß es zweckmäßiger ist, dem Ober-Bergamt, das den Ver- hältnissen näher steht, diese Befugniß zu übertragen, als einer weiter liegenden Instanz, wobei zu berüsichtigen ist, daß das Ober-Bergamt an die Anweisungen des vorgeseßten Ministers gebunden ist. Aber darüber werden wir ja in der Commission reden, und ih darf hoffen, daß wir auch in dieser Beziehung eine Verständigung werden erzielen können.

Nun, meine Herren, sind auch Erweiterungen des Gefeßes in Anregung gebracht worden, und da scheint mir besonders ein Wunsch von erheblicher Bedeutung zu sein; das ist der Wunsch des Abg. Stößel, die Lehrzeit der jugendlichen Arbeiter {hon in diesem Geseß des näheren zu reguliren. Ganz unbedenklich ist cine solche Regulirung nit: sie hat ihre Folgen für die Industrie; darüber müssen wir uns alle flar sein. Indessen kann ih Ihnen das aussprechen, daß ih mit dieser Frage mich bereits seit langer Zeit trage, und ih würde, wenn mir die Verhältnisse {on genügend geklärt erschienen wären, nicht gezögert haben, eine bezügliche Bestimmung in den Geseßentwurf auf- zunehmen, die den Wünschen des Abg. Stößel nahe kommt, also vor- schreibt, daß an gewissen Arbeitsstellen, namentlih an gefährdeten, nur Arbeiter beschäftigt werden dürfen, die eine bestimmte Zeit bereits im Bergbau zugebraht haben. So weit möchte ih jedenfalls diese Frage begrenzen. Eine allgemeine Anordnung, daß nur der als Häuer be- schäftigt werden darf, der hon einige Jahre unter Tage gearbeitet hat, erscheint mir nicht unbedenklich.

Fedenfalls wird es gerathen sein, in der Commission die ganze Materie einer eingehenden Erörterung zu unterziehen. Bisher war ih der Meinung, daß die Frage noh nicht \pruchreif und es vorzu- ziehen sei, fie durch Polizeiverordnungen des Ober-Bergamts zu regeln, wozu dasselbe, da es sih um Leben und Sicherheit der Arbeiter handelt, befugt ist. Ziehen die Herren aber {hon jeßt eine geseßliche Regelung vor, so werden wir darüber wohl ein Einvernehmen herbeiführen können.

Der Herr Abg. Letocha hat den Wunsch ausgesprochen, daß der Eisenerzbergbau in Oberschlesien den Bestimmungen des Berggeseßzes unterworfen werden möge. Auch das is ein Punkt, über den wir vielleiht eine Vereinbarung herbeiführen können, namentli, wenn man davon ausgeht, daß nur gewisse Bestimmungen des Berggeseßes auf den oberschlesishen Erzbergbau ausgedehnt werden follen. Ins- besondere dürfte es durchzuführen sein, daß die Aufsicht über denselben nicht mehr der ordentlichen Polizeibehörde und den Gewerbeaufsichts- beamten, sondern dem MRevierbeamten übertragen wird, weil dieser der Sachverständigere is. Uebrigens i} die Frage {hon früher vielfach erwogen und, foviel mir im Augenblick erinnerlih, nur deshalb nicht zum Austrag gekommen, weil bei ihrer Erörterung noch andere Ver- hältnisse des obershlesischen Eisenerzbergbaues herangezogen wurden. Jett kann man sih auf die Frage beschränken: is es wünschenswerth, die Bestimmungen über das Arbeitsverhältniß und über die Aufsicht durch den Revierbeamten, die in dem Gesetzentwurf getroffen sind, auf die Verhältnisse der Erzbergarbeiter in Oberschlesien auszudehnen ? Formell würde es sh unshwer machen lassen, indem man die Be- stimmung des § 210 des Allgemeinen Berggesezes, in dem bereits

auf den Braunkohlenbergbau der dritte Titel des Berggeseßes ausgedehnt worden ist, nach dem Wunsche des Herrn Letocha erweitert.

JIch muß mir die definitive Stellungnahme zu dieser Frage, die ih in diesem Augenblick nicht vollständig zu übersehen vermag, vor- behalten; indessen glaube ih, daß wir auch hierüber in der Commifsion uns verständigen werden (Bravo !), meine Herren, über eine volle Ver- ständigung in der Commission würde ih mihch um so mehr freuen, als ih mich bedrückt darüber fühle, daß ich nicht {hon früher mit diesem Geseß an den Landtag herantreten konnte. Denn die Nothwendigkeit zum Erlaß einés solchen, nah den eben entwickelten Grundsäßen, war, meines Erachtens, eine erhebliche seit nunmehr zwei Jahren. Es war aber nit mögli, -den Entwurf früher vorzulegen, weil inzwischen der Reichstag mit der Gewerbeordnungsnovelle befaßt war, und es nit angänglich war, vor Verabschiedung derselben ein preußisches Geseß zu machen und si dabei der Gefahr auszuseßen, dasselbe dem- nächst durch Bestimmungen eines Reichsgeseßes abgeändert oder gar in wesentlichen Theilen wieder aufgehoben zu sehen. (Bravo!)

Abg. Dr. Ritter (freicons.) erklärt, daß die Arbeiterausshüfse sich

t bewa Bei den Arbeiterentlassungen würden in erster Linie die Leute entlassen, welhe erst vor kurzem von der Landwirthschaft in die Gruben gekommen seien. Das sei zur Zeit des Ausstandes in Folge der hohen Löhne geschehen. Diese Arbeiter blieben nicht arbeitslos; sie könnten wieder zur Landwirthschaft über- gehen. Der Hinweis auf England treffe niht zu; man solle auch niht immer auf fremde Beispiele hinweisen. Daß die Gesetzgebung etwas versäumt habe, sei niht ganz richtig; man hätte nur früher nicht so viel einreißen sollen, dann hâtte man jeßt weniger aufzu- bauen. (Zustimmung rets.)

Abg. Graf Kaniß (cons.): Man könne niht umhin, die Vorschriften der Gewerbeordnung auch auf die Bergarbeiter zu übertragen. Ob die Gewerbeordnungsnovelle zum focialen Frieden führen werde, das könne man heute gar nicht voraussehen. Die Ge- werbeordnungsnovelle und die heutigen Vorlagen seien auf den Aus- stand von 1889 zurückzuführen. Damals sei man nicht der Ansicht T _daß die Fîage der Arbeitsordnung die Ursache des Aus- tandes sei, sondern das rasche Steigen der Kohlenpreise. (Be- wegung.) Er wolle darauf niht weiter eingehen. Er wünsche auch, daß die Vorlage zur Besserung der Verhältnisse zwischen Arbeiter und Arbeitgeber beitragen möge. Seien außer den Bergbehörden auch die Interessenten selbst zur Vorlage gehört worden? Beruhigend sei ihm die Erklärung des Abg. Ritter, daß die Arbeiterausshüsse sih be- währt hätten. Daß die Bergarbeiter heruntergekommen seien, müsse er bestreiten. Die Löhne seien sehr erheblich gestiegen. Die Entlassung alter Arbeiter - würde sehr bedauerlih sein. Wenn die englische Arbeitershußzgeseßgebung wirklih fo gut sei, so habe sie doch wenig zur Sicherung des socialen Friedens gethan, denn einen solchen Aus- stand, wie jeßt in England, habe man in Deutschland noch niemals erlebt. Bezüglich der Verkürzung der Arbeitszeit scitens der Berg- behörde sei er befriedigt über das Entgegenkommen des Ministers. Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Ber-

lep\ch Meine Herren, {hon der Herr Abg. Schul hat im Eingang seiner Bemerkungen die ih leider niht ganz gehört habe, weil ih erst in das Haus eintrat, als er eben in seinen Ausführungen begriffen war die Frage aufgeworfen, warum nicht die zunächst interessirten Grubenbesißer über diesen Geseßentwurf gehört worden wären, und dieselbe Frage is jeßt vom Herrn Grafen Kaniß wiederholt worden. Von mir ist eine Anordnung an die mir untergeordneten Behörden, die Vertretungen der Grubenbesißer über diesen Gesetzentwurf zu hören, nit ergangen, und ih glaube, daß ich dazu gute Gründe gehabt habe. Zunächst halte ih es für selbstverständlih, daß, wenn die Ober - Bergämter und die Revierbeamten über einen so ein- shneidenden Geseßentwurf zu berihten haben, sie ihr Urtheil an die Centralinstanz nicht eher abgeben, bis sie sih über die Stimmung der Betheiligten in den betreffenden Industriekreisen wenn auch nicht in officieller Form orientirt haben; ih zweifle niht, daß das aub im vorliegenden Falle geschehen ist, denn wenn man die betreffenden Be- richte durchliest, so findet man darin zum Ausdruck gebracht, ob diefe oder jene Bestimmung auf Zustimmung in den Kreisen der Betheiligten zu rechnen hat oder niht. Meine Herren, eine An- ordnung, die betheiligten Vertreter der Grubenbesißer über dieses Gesetz zu hören, ist aber meinerseits wesentli deßhalb nicht ergangen, weil ih dann verpflichtet gewesen wäre, die Ober-Bergämter anzu- weisen, die Vertretungen der Bergarbeiter ebenfalls zu hören. Organe der Bergarbeiter aber, die den Anspruch auf Vertretung derfelben nah allen Richtungen erheben können, existiren heute niht; darauf muß ih aufmerksam machen und Sie werden mir das, glaube ih, alle zugeben müssen —: Es wäre sehx s{chwierig gewesen, Vertretungen der Bergarbeiter, die als solhe anzuerkennen sind, herauszufinden und wenn alle bestehenden Vereine gehört worden wären, so würde kaum ein beruhigendes Moment zur Beurtheilung dieses Geseßentwurfs hin- zugekommen sein. Ich bin fest überzeugt: wer sih überhaupt um die vorliegende Materie kümmert, ift über sie nach den Vorgängen im Reichstag orientirt gewesen, ehe die Vorlage an das hohe Haus ge- langte. Daß die Kreise der Grubenbesißer, wenigstens zum großen Theil, sich über den wesentlihen Inhalt derselben klar gewesen sind, geht aus dem Umstand hervor, daß die Grubenbesißer in Rheinland und Westfalen heute bereits cine Arbeitsordnung vereinbart und, soviel mir bekannt ist, zur Ausführung gebraht haben, die, wenn auch mit einigen Abweichungen, doch im wesentlihen auf den Gesichtspunkten beruht, auf denen au diese Vorlage aufgebaut ist. __ Abg. Schmieding (nl.) stellt fest, daß bei Arbeiterentlassungen immer erst die Fremden und die unverheiratheten Männer ent- lassen würden ; der Abg. Stößel habe seine Behauptung wohl nur aufgestellt, weil er einen einzelnen Fall genecralisfirt habe. : a Hitze (Centr.): Solche Fälle dürften doch nicht ver- einzelt sein, wo ältere Arbeiter entlassen worden seten; gerade folhe Entlassungen machten aber einen sehr unangenehmen Eindruck. Für die Vorlage könne er der Regierung seinen Dank aussprechen, M mit der ausdrücklihen Beschränkung, daß die Vorlage das Mindestmaß dessen bringe, was für die Arbeiter geschehen müsse. Es handele sih hier um ein Arbeitershußgesey, nicht um den R Wenn von anderer Seite der Versuch gemacht werde, die Vorlage abzushwächen, so werde seine Partei den Versuch machen, sie noch mehr zu verstärken. Es müsse in Erwägung ge- zogen werden, ob die Arbeitsordnung nicht vom Ober-Bergamt zu pi Lt sein werde. Seine Partei habe im Reichstag davon ab- gesehen, weil die untergeordneten Ae ane niht die nöthige technishe Kenntniß hätten. Aber im Ober-Bergamt habe man eine fachtehnishe Behörde, welhe solche ae wohl beurtheilen könne. Abg. Ebert y (d\r.): Es handle sih nicht darum, Fremdes nach- zuahmen, sondern für unsere Arbeiter solhe Einrichtungen zu treffen, wie sie in England ed bewährt hätten nas dem Urtheil vieler deutshen Gelehrten. Daß wir an der Krankheit der Socialdemo-

fratie litten, liege daran, daß bei uns die Gese gebung zu spät eingegriffen habe, um die nothwendigen Zugeständnisse zu abei,

Die Vorlage wird darauf an eine Commission von

21 Mitgliedern verwiesen. Schluß nah 3 Uhr. Nächste Sizung Montag. Auf

sehr gut bewährt hätten.

der ufs zue E stehen: 1) Dritte Berathun

eniwurfs zur Ergänzung der Gesee, be E er emeritirten Geistlihen vom 15. 880 (Geseg:

amml. S. 216),. und betreffend die Fürsorge für is Wittwen und aisen der . Geistlihen der evangelischen E in den neun älteren Provinzen der Monargjie vom 15. Juli 1889 (Gesez-Samml. S. 139). 2) Erste und zweite Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die äußere ed armor, Bde Sonn- und Festtage in den Pro- vinzen Schleswig-Holstein, Hannover un De en-Nassau, sowie in den Hohenzollernshen Landen. 3) Erste und zweite Ve- rathung des Geseßentwurfs, betreffend die Aufhebung älterer in der Provinz* Hessen-Nassau geltender geseßliher Bestimmun- en über die h des Schlachtviehs uud die Aus- tellung von Beg undheitsscheinen. 4) Erste und zweite Berat ug des Gesetzentwurfs, betreffend die Entschädigung ür an Milzbrand gefallene Thiere. 5) Erste Verathung es Gesezentwurfs , betreffend die Aufhebung der Befreiung von ordentlichen Personalsteuern gegen Entschädigung.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperruugs- Makßregeln.

Konstantinopel, 24. März. (H. T. B.) Nah Mesldunge des he T. B." ist die Cholera in Mesched in P teldungen

i: l ersien aus- gebrochen, von wo fie nah Herat vershleppt worden ist. Dagege; ifi die Cholera im Vilajet Beirut im Erlöschen. it

Handel unv Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr find am 24. d. M. gestellt 10 012, nit reŸhtzeitig ames V 47 s find js M n er esien find am 23. d. M. gestellt 3324 ni rechtzeitig gestellt keine Wagen. M R

: __ Zwangsversteigexungen. Beim Königlichen Amtsgeriht 1 Berlin standen am 24. März 1892 die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung:

Pappel-Allee 89, dem Kaufmann H. A. Raabe hier gehörig; Minde t gebot 800 Æ; für das Meistgebot von 3500 s wurde der Artillerie- Lieutenant M. Schulenburg, hier, Ersteher. Crerzierstraße 3a, dem Maurermeister C. Kraus gehörig; Nußungswerth 9020 4; Mindestgebot 1419 46; für das Meistgebot von 127 000 Æ wurde der Maurermeister Eugen Kornfeld, Bülowstraße 105, Ersteher.

J Aufhebungen beim Königlichen Amtsgericht Il Berlin. Das zum Zweck der Auseinandersezung unter den Mit- eigenthümern des im Grundbuche von Friedrihsfelde Band § Nr. 326 auf den Namen der verehelihten Bauerngutsbesißer Pahl, M. F. A., geb. Sange, und Genossen eingetragenen Grundstücks eingeleitete Aan go en wird nah Zurücknahme des Antrages aufgehoben. Die Termine am 29. April und 2. Mai d. J. fallen fort. Ferner in Sachen der dem Bäermeister Emil Damerow gehörigen Grundstücke in Pankow Band 8 Nr. 347 und 348 wurden die Anträge zurückgenommen, das Verfahren der S gerung aufgehoben und fallen die Termine am 25. und 206 Ds « TOVT:

In der Generalversammlung der Preußischen Hpyotheken- Versicherungs-Actien-Gefellshaft vom 24. d. M. wurde der vorgelegte Jahresabschluß genehmigt, Vorstand und Aufsichtsrath einstimmig entlastet und die Vertheilung einer Dividende von 6 9%, die sofort zur Auszahlung gelangt, beschlossen. Herr Geheimer Ober- Regierungs-Rath Klein, Landes-Director der Rheinprovinz, wurde neu ün den Aufsichtsrath gewählt.

__— In _ der gestrigen Generalversammlung der Mecklenbur- E Sparbank machte die Direction über das Engagement vei der Kaiser-Bazar-Actiengesellshaft folgende Mittheilung: Das Kaiser-Bazar-Grundstück ist von der Konkursverwaltung dem Ge- schäftsinhaber der Firma „Mode-Bazar Gerfon u. Co.“, dem Herrn Philipp Freudenberg verkauft und bereits am 19. März auf- gelassen. Der Käufer hat zugleich die persönliche Haftpflicht für die Hypo- thek übernommen. Die Position der Bank ist dadurh eine völlig gesicherte, überdies sind vertragsmäßig starke Abzahlungen auf die Hypothek vorgeschen. Die Firma Gerson wird in eine N oumandib al mit Herrn Freudenberg als Geschäftsinhaber umgewandelt.

ie Gründung erfolgt mit einem Commanditkapital von 64 Millionen Mark dur die Deutshe Bank, Dresdner Bank und Berliner Handelsgesellshaft. Aus der Konkursmasse sind der Bank 200000 A gezahlt, von welher Summe nach Be- gla der rückständigen Zinsen und Kosten ein nicht un- eträhtliher Theil zur Verfügung der Bank bleiben wird. Auf Grund des von dem Aufsichtsrath über die Prüfung der Jahres- rechnung erstatteten Berichtes wurde dem Vorstande Entlastung aus der JIahresrechnung ertheilt und die Vertheilung des Reingewinnes von 399 094 A in der Weise beschlossen, daß der ggsevliche Reserve- fonds vorweg 60 370 Æ erhält, wodurch er auf die geseßlih vor- geschriebene Höhe gebraht wird, daß ferner zu Tantièmen und Dotirungen 47 744 M verwandt werden, die Actionäre eine Dividende von 10 9/6 mit 200 000 empfangen und der Rest von 90979 4 einem zu bildenden zweiten Reservefonds überwiesen wird. Die Dividende beträgt somit 100 Æ pro Actie und gelangt vom 2%. März ab zur Auszahlung. :

Na einem St. Petersburger Privattelegramm der „Hamb. Börsenh.“ ist vom St. Petersburger Börfencomité die nach- gele Administration für die Firma J. E. nzburg einstimmig ewilligt worden. :

Leipzig, 24. März. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. L Plata. Grundmuster B. per März 3,35 A, per April 3,371 #4, per Mai 3,375 4, per Juni 3,40 K, per Juli 3,40 #, per August 3,40 4, per September 3,423 A, per Oktober 3,424 M, per November 3,424 #4, per Dezember 3,423 4, per Januar 3,422 #, per Februar 3,42} 4A Umsay 30 000 kg. i

ien, 24. März. (W. T. B.) Die heute veröffentlichte Bilanz der Unionbank für 1891 weist einen Nettogewinn von 1049102 Fl. aus. Der Verwaltungsrath beantragt die Vertheilung einer Divt- dende von 79/0, gleih 14 Fl. per Actie, ferner 36 629 Fl. dem Reservefonds, 20 000 Fl. dem Pensionsfonds zu überweisen und 134 158 F1. auf neue Rechnun vorzutragen. Die erzielten Gewinne aus den Conversionen der Kaschau-Oderberger und der Carl-Ludwigs- bahn-Prioritäten sowie aus dem Verkauf der Pester Vaterländischen Sparkassen-Obligationen bleiben für das Geschäftsjahr 1892 vor- vorbehalten. i;

London, 24. März. (W. T. B.) An der Küste 6 Weizen- ladungen angeboten.

Bradford, 24. März. (W. T. B.) In Wolle ruht daë Geschäft, die Käufer warten den voraussichtlichen reisrückgang der Auction ab. Exportgarne matt, Stoffe geshäf\tslos.

Mailand, 24. März. (W. T. B.) Die E des Italienischen Mitte ime er Erlen a n Rees während der zweiten Dekade des März 1892 betrugen nah provisorischer EGr- mittelung im Personenverkehr 1189 274 Lire, im Güterverkehr 1 694 591 Ure, zusammen 2 883 865 Lire, im Vorjahre 3 017 577 Lire, mithin weniger 133 712 Lire.

New-York, 24. März. (W. T. B.) Nach säjwaier Er- aug blieb die Börse im weiteren Verlaufe bis zum Schlusse e Der Umsaß der Actien betrug 310000 Stück, Ver

ilbervorrath wird auf 3 400000 Ünzen geschäßt. Silbér- verkäufe fanden nicht statt.

_—

N

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staals-Anzeiger.

M 94.

Parlamentarische Nachrichten.

er dem Hause der Abgeordneten zugegangene R eines Gesetzes, betreffend die * ufhebung “" Befreiung von ordentlihen Personalsteuern egen Entschädigung, lautet: : 9 8 1. Die den Häuptern und Mitgliedern der Familien vormals mittelbarer deutscher Reichsstände sowie der gleihgestellten Familien Ls zustehenden Mechte auf Befreiung von ordentlichen 9 rsonalsteuern oder auf Bevorzugung hinsichtlih derselben den hierdurh aufgehoben, Die im § 4 des Einkommensteuer- resees vom 24. Juni 1891 (Gesez-Samml. S. 175) vorgesehene Leranziehung der bisher Befreiten und Bevorzugten zur Ein- mmensteuer erfolgt vom 1. April 1892 ab nah den Vorschriften des

Fn eseßes. angeben Lâr die Aufhebung des Rechts auf Befreiung oder Bevor- ugung 1 Abs. 1) wird den berehtigten R eine Ent- ädigung aus der Staatskasse dur einmalige Kapitalsabfindung nah Maßgabe der in den 88 3 bis 6 folgenden Bestimmungen ge-

währt. L i, A / 3, Entschädigungsberectigt sind: 1) der Fürst zu Bentheim- L 2) der Fürst zu Salm-Salm, 3) der frst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, 4) der Fürst zu Solms- Braunfels, 5) der Fürst zu Solms-Hohenfsolms-Lich, 6) der Fürst zu Wied, 7) der Graf zu Stolberg-Stolberg, g) der Graf zu Stolberg-Roßla, 9) der Fürst zu Isenburg- Kirstein, 10) der Fürst zu Isenburg-Büdingen in Wächters- bah, 11) der Graf zu Isenburg-Büdingen in Meerholz, 12) der Graf zu Solms-Rödelheim, zu 1 bis 12 für ihre Personen und die Mitglieder ihrer Familien, 13) der Fürst zu Stolberg- Wernigerode für seine Person und die am 1. April 1892 in der Grafschaft Wernigerode lebenden Mitglieder seiner Familie. Als Mit- glieder der Familie (Abs. 1) gelten diemännlichen und die unverheiratheten weiblichen ebenbürtigen Descendenten vom Stifter der Familie, soweit dieselben nicht auf ihre Standeévorrehte verzihtet haben, sowie die durh die Ehen zur reten Hand mit ebenbürtigen Agnaten in der Familie verbliebenen oder in dieselbe eingetretenen Frauen. j

& 4. Die Entschädigung wird für jedes der im § 3 bezeih- neten fürstlichen und gräflichen Häuser wie folgt berechnet: 1) Der Berechnung werden zu Grunde gelegt die auf das Familienhaupt, sowie auf die bisher befreiten, aber in Gemäßheit der Bestimmung & 1 Abs. 2 vom 1. April 1892 ab zur Einkommensteuer heranzu- ziehenden Familienmitglieder 3) für das Steuerjahr 1892/93 rechts- fräftig veranlagten Cinkommensteuersäße. 2) Von den veranlagten Ein- fommensteuersäßen (zu 1) werden in Abzug gebracht diejenigen Beträge, welche a. auf die bereits vor dem 1. April 1892 zur Einkommensteuer herangezogenen Cinkommenstheile, þ. auf das an Gehalt, Pension und ähnlichen Bezügen aus persönlichen Dienstverhältnissen veranlagte Einkommen nah dem Verhältnisse dieser Cinkommensêtheile (a. und b.) zu dem veranlagten Gesammteinkommen des betreffenden Steuer- pflichtigen entfallen. 3) Der dreizehn- und ein drittelfache Betrag des nah diesen Abzügen (zu 2) verbleibenden Theiles der für das Jahr 1892/93 rechtskräftig veranlagten Einkommensteuer (zu 1) wird als Entschädigung gewährt. : :

é 5. Innerhalb der vom Finanz-Minister bestimmenden Frist sind demselben von Seiten der im § 3 genannten Familienhäupter diejenigen Familienmitglieder unter Angabe des Wohnortes zu be- zeihnen, deren Einkommensteuersäße gemäß § 4 Nr. 1 be O der Entschädigung zu Grunde gelegt werden sollen. Die innerhalb der bestimmten Frist nicht bezeihneten Familienmitglieder bleiben bei der Berehnung außer Betracht. Für jedes entschädigungsberechtigte Haus (8 3) wird, nahdem die Veranlagung des Familienhauptes und der bei Berehnung der Entschädigung zu vert 959/93 Familienmitglieder zur Einkommensteuer für das Jahr 1892/93 retsfräftig erfolgt ist, die Entschädigung nah den im § 4 an- gegebenen Grundsäßen dur den Finanz-Minister in einer Summe festgeseßt. Auf Antrag eines Familienhauptes ist jedoch die Ent- shädigung für das Haupt, sowie für jedes einzelne gemäß Abs. 1 bezeichnete Mitglied der Familie nah den im § 4 A Grundsäßen besonders festzuseßen. Gegen jede. Entscheidung des Finanz-Ministers, durh welche ein für ein Familienmitglied er- hobener Entschädigungsanspruch (Abs. 3) zurückgewiesen wird, nicht aber wegen des Betrages der festgeseßten oder n E findet der Rechtsweg statt. Die Klage ist von dem betheiligten Familien- mitgliede binnen einer Frist von drei Monaten, von der Zustellung der abweisenden Entscheidung des Finanz-Ministers an gerechnet, bei dem zuständigen Gerichte einzureichen. E /

& 6. Die Auszahlung der festgeseßten Entschädigung erfolgt im Falle des § 5 Abs. 2 an das Familicnhaupt, im Falle des § 5 Abs. 3 an die einzelnen Familienmitglieder, welhe an der Ent- shädigung theilnehmen. Im übrigen erläßt der Finanz-Minister die wegen der Auszahlung erforderlichen Bestimmungen.

& 7. Der Finanz-Minister wird ermächtigt, zur Deckung des dur die Auszahlung der Entschädigung 6) entstehenden Bedürf- nisses Staats\huldverschreibungen auszugeben. - :

_ Wann, dur welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zins uße, zu welhen Bedingungen und zu welchen Cursen die Sqchuld- versd E verausgabt werden sollen, bestimmt der Finanz-

inister.

O übrigen fommen wegen Verwaltung und Tilgung der An- leihe, wegen Annahme derselben als pupillen- und depo italmäßige Sicherheit und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Geseßes vom 19. Dezember 1869 (Gesez-Samml. S. 1197) zur An-

endung. : e S g Der Finanz-Minister wird mit der Ausführung dieses Nleves beauftragt.

rkundlich u. f. w.

Jn der Begründung wird u. a. ausgeführt: n Einkommensteuergesep vom 24. Juni 1891 bestimmt

im § 4:

„Die Häupter und Mitglieder der Familien vormals unmittel- barer deutscher Reichsstände, welchen das Recht der Befreiung von ordentlichen Personalsteuern zusteht, werden zu der Einkommen-

euer von dem Zeitpunkt ab herangezogen, in welchem dur be- sonderes Gesetz die E Ma ung D die aufzuhebende Befreiung bon der Einkommensteuer geregelt sein wird.“ E E lea bweichend von der Regierungsvorlage, welche die bisher Privi- égirten jedenfalls vom 1. Veil 1894 ab zur Einkommensteuer her- anziehen wollte, mat das Geseß die Besteuerung derselben von der seihzeiti en Regelung der dafür zu gewährenden Entschädigung ab- dangig. Andrerseits lassen aber die bei Berathung dieser Vorschrift im Landtage geführten Verhandlungen keinen Prei darüber, daß Au Sinne des Gesetzes liegt, mit der in Aussicht genommenen a des bezeihneten Vorrehtes der Standesherren ungesäumt en,

emgemäß sind alsbald nah der Verabschiedung des Einkommen-

quergesehes die Vorarbeiten zu dem vorliegenden Geseßentwurf in "griff genommen, welcher sih die endgültige Lösung dieser Frage

¡ur Aufgabe stellt.

m¿e;În dem Wunsche, die Ablösung des zum theil auf vertrags-

nesggen Zusicherungen beruhendcn Privilegs womöglih im Einver- men mit den Berechtigten durchzuführen, hat die Staatsregierung

Vierte Beilage

Berlin, Freitag, den 25. März

zuvor den Häuptern der betheiligten fürstlihen und gräflichen Häuser Gelegenheit gegeben, sich ihrerseits über die in dem Entwurfe vor- geschlagenen Äbfindungsgrundsäte zu äußern. Hierauf haben der Fürst zu Stolberg-Wernigerode und der Graf zu Jsenburg-Büdingen in Meerholz in den wesentlichen O ihre Zustimmung erklärt.

Die seitens der übrigen Standesherren hinsichtlich der Höhe der Par bub ai erhobenen Ansprüche weichen fo weit von den Vor- {lägen der Staatsregierung ab, daß diese auf eine Verständigung als Es verzichten und mit der einseitigen geseßlichen Regelung dieser Angelegenheit vorgehen zu müssen glaubte.

Wie bereits in der Begründung zum Entwurf eines Einkommen- steuergeseßes (Nr. 5 der Drucksachen des Hauses der Abgeordneten Session 1890/91 S. 42, 43) dargelegt worden ist, liegen überwiegende Gründe des gemeinen Wohles vor, welhe die Beschreitung dieses Weges gemäß § 70 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht reht- fertigen. Nach dem dort aufgestellten und im §4 des Einkommen- steuergeseßes anerkannten Grundsaße is den bisher Bevorrechteten eine Entschädigung für die aufzuhebende Personalsteuerfreiheit zu ge- währen, insofern ihnen ein Recht darauf zusteht, welches sie als ein Privileg in Gemäßheit der §8 4, 79 Titel 14 Theil I1 A. L.-R. zu verfolgen in der Lage sind. :

Vorab ist daher festzustellen, auf welche cinzelnen Familien diefe Vorausseßung gegenwärtig zutrifft.

__ Als die ursprünglihe und für alle vormals unmittelbaren deut- schen Reichsstände gemeinsame Rechtsgrundlage für ihre Steuerfreiheit pflegt man anzusehen und führen auch die Standesherren überein- stimmend an den Art. XIV der deutschen Bundesacte vom 8. Juni 1815, welcher in dem hier in Betracht kommenden Theil lautet : „Um den im Jahre 1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichs8angehörigen in Gemäßheit der gegenrtioen Verhältnisse in allen Bundesstaaten einen gleihförmig bleibenden Rechtszustand zu verschaffen, so vereinigen sich die So O dahin:

X.

9) Sind die Häupter dieser Häuser die ersten Standesherren in dem Staate, zu dem sie gehören. Sie und ihre Fa- milien bilden die privilegirteste Klasse in demselben, insbesondere in Ansehung der Be- steuerung.

3)

204 Bei der näheren Bestimmung der angeführten Befugnisse sowohl wie überhaupt und in allen übrigen Punkten wird zur weiteren Begründung und Feststellung eines in allen deutschen Bundesftaaten übereinstimmenden Rechtszustandes der mittelbar gewordenen Fürsten, Grafen und Herren, die in dem Betreffe erlassene Königlich baverische Verordnung vom Jahre 1807 als Basis und Norm unterlegt werden. : Diese am 19. März 1807 ergangene bayerische Verordnung verhält sih über die Steuerverhältnisse unter Litt. H. und bestimmt hier unter Nr. 10: / S „Es hat in den mediatisirten Landen keine Steuerfreiheit statt“, während unter Nr. 12 den zu den Hausbedürfnissen der Standesherren erforderlichen Consumtibilien Zollbefreiung zugestanden wird.

Es fann dahingestellt bleiben, ob und in welhem Umfange durch diese Bestimmungen, welche in dem Artikel 63 der Wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 unter den Schuß der Bundesversammlung gestellt wurden, den Standesherren eine Persoualsteuerbefreiung überhauvt gewährleistet ist, und welhe Bedeutung diesen Vorschriften nah Auf- lósung des deutschen Bundes gegenwärtig noch beiwohnt. Die preußische Staatsregierung hat stets angenommen, daß die Standes- herren eine unmittelbare Berechtigung nicht aus dem Art. XI1V der Deutschen Bundesacte, sondern nur aus dem Landesre t her- leiten fönnen, auf dessen Gestaltung allerdings die bundesrechtlihen Vorschriften, so lange dieselben in Kraft bestanden, bestimmend ein- gewirkt haben. 2 :

Auf Grund der angeführten Bestimmungen der Bundesacte ist in den einzelnen Bundesstaaten die landesgeseßlihe Regelung der Rechtsverhältnisse der Mediatisirten in verschiedener Weise erfolgt, und deshalb sind auch die rechtlichen Grundlagen für die Personalsteuerfreiheit der dem preußishen Staat angehörigen Standesherren verschiedene, je nahdem die Leßteren den alten Provinzen oder den im Jahre 1866 erworbenen Landestheilen an- gehören.

Die Begründung untersuht alsdann die Rechtstitel für die Personalsteuerfreiheit in den alten Pro- vinzen und kommt dabei zu folgendem Er ebniß: : „Wird hiernah die Rechtslage der einzelnen in den älteren Landestheilen a en standesherrlichen Häuser einer Prüfung unter- zogen, so ergiebt h zunächst, daß ein Vorrecht insichtlih der Ina e s und somit au ein Entshädigungsanspruch nicht weiter in Frage kommen fann zu Gunsten der Häuser Arenberg- Meppen, Croy-Dülmen, Salm-Horstmar, weil diefe auf die Be- freiung dur rechtsbeständige Le ausdrücklih verzichtet haben, ebensowenig zu Gunsten der Häuser Bentheim-Tecklenburg-Rheda und Sayn-Wittgenstein-Berleburg, weil deren Privilegien bereits durch die Geseze vom Jahre 1878 aufgehoben find und deshalb gegen- wärtig niht mehr zu Recht bestehen. E

Andererseits ist unbedenklih für die Häuser Salm-Salm, Sayn- Wittgenstein-Hohenstein, Solms-Braunfels, Solms-Hohenfolms-Lich und Wied sowie für die drei Zweige des Hauses Stolberg ein Recht auf Befreiung von ordentlichen Personalsteuern im Sinne des § 4 Tit. 14 Th. 11 A. L.-R. begründet, weil lästige Verträge vorliegen, in welchen diese Befreiung den Häuptern und Mitgliedern der ge- nannten Familien jedo dem Hause Stolberg-Wernigerode in der Beschränkung auf die in der Grafschaft lebenden Mitglieder der Familie ausdrücklich eingeräumt worden ist.

Die früher gegen die Rechtsgültigkeit dieser Verträge erhobenen Zweifel und Einwendungen müssen als erledigt gelten, nachdem die Nerträge bei Erlaß des Geseßes vom 15. März 1869 na M wenigstens die mittelbare Genehmigung des Landtags erhalten haben. Steht hiernah den genannten acht Häusern ein wohlerworbenes Privileg zur Seite, so kann dasselbe in seiner rehtlihen Wirksamkeit auch dadurch nit ershüttert werden, daß die Steucrfreiheit der beiden Familien, mit welchen die Verhandlungen erst na ch dem Inkrafttreten des Geseßes vom 15. März 1869 zum Abschluß ge- langten, inzwischen ohne Entschädigung beseitigt wurde.

Abweichend liegen die Verhältnisse hinsichtlih des Fürsten von Bentheim-Steinfurt, da mit demselben auf Grund der Verordnung vom 12. November 1855 ein Vertrag nicht zu stande gekommen ist. . . Das in dem Edict vom 21. Juni 1815 zugestandene Recht auf Steuerfreiheit, welches in einer Entscheidung des Reichsgerichts vom 3. Februar 1887 (Entsh. in Civilsachen Bd. 17 S. 235) ausdrüdlih als ein im Rechtswege verfolgbares Privileg anerkannt wird, ist aber zu Gunsten des Fürsten Bentheim-Steinfurt wiederhergestellt und hieraus folgt, wie seither die Freilassung des Fürsten und seiner Manne von der Einkemmensteuer, so jeßt die Anerkennung eines Rechtsanspruches auf Entschädigung.“ :

Weiter werden die Rechtstitel für di Personal - steuerfreiheit in den im Jahre 1866 exworbenen Landestheilen geprüft : ; j L

Im Jahre 1866 erfuhr der Kreis der preußischen, Standesherren

eine Erweiterung.

1892.

Es wurden dem preußishen Staat einverleibt folgende \tandes- herrlihe Besißungen

1) mit dem Kurfürstenthum Hessen :

die Aemter Birstein und Langenselbold, sowie der Ort Nückingen

das Amt Meerholz des Grafen zu Meerholz, p /

das Amt Wächtersbah des Fürsten zu Isenburg-Büdingen in Wächtersbach

und der dem Grafen zu- Soltnë-Rödelheim gehörige Antheil am Marktflecken Praunheim; n

2) mit den vom Großherzogthum Hessen an Preußen abgetretenen Bezirken :

der pem Grafen zu Solms-Rödelheim gehörige Ortsbezirk Rödel- eim;

3) mit dem Herzogthum Nassau:

die Dla Westerburg des Grafen zu Neu-Leiningen-Wester- urg un

die r S (vormals Grenzhausen) und Runkel des Fürsten zu Wied;

4) mit dem Königreich Hannover :

das Herzogthum Arenberg-Meppen des Herzogs von Arenberg,

die Grafschaft Bentheim des Fürsten zu Bentheim-Steinfurt und

die Grafschaft Hohenstein, welche zum theil dem Grafen (jeßt Fürsten) zu Stolberg - Wernigerode, zum theil dem Grafen zu Stol- berg-Stolberg gehört, also nur standesherrlihe Gebiete folcher Familien, welche bereits in den älteren Landestheilen begütert waren.

Der hannoversche Antheil an Rheina-Wolbeck befand sich bei der Einverleibung ebenso wie der preußische nicht mehr im Besiß der standesherrlihen Familie Looz-Corswaren, war also aus der Reibe der standesherrlihen Gebiete ausgeschieden. A

In jedem der neuen Landestheile waren die Rechtsverhältnisse andere.

Als in den mit der Monarchie neu vereinigten Landestheilen das Klassen- und Einkommensteuergeseß vom 1. Mai 1851, welches eine Steuerfreiheit der Standesherren nicht erwähnt, durh die Ver- ordnungen vom Jahre 1867 eingeführt wurde, sah man doch von der Heranziehung der Standesherren zur Klassen- und Einkommen- steuer ab, wohl weil es rechtlich nicht für zulässig erachtet wurde, die Standesherren der neuen Landestheile hinsihtlih der Personalbesteue- rung ungünstiger als deren Standesgenossen in den älteren Provinzen zu behandeln. Zur Regelung dieset Ainteleaenbet erging am 15. Sep- tember 1867 eine nicht publicirte Allerhöchste Cabinetsordre an den Finanz-Minister, in welcher derselbe „ermächtigt“ wurkdg, die in den neuen Landestheilen „ansässigen“ vormals reihsunmittelbaren E d und Grafen, „infofern dieselben nicht auf Freiheit von per- önlichen directen Steuern auédrülih in rechtsverbindlichen Berträgen verzihtet haben, für ihre Personen und ihre Familien von der Entrichtung der auf dem in den gedachten neuen Landestheilen eingeführten Geseße vom 1. Mai 1851 beruhenden Klassen- und flasfificirten Einkommensteuer freizulassen." Theils auf Grund dieser Cabinetsordre, theils auf Grund ihrer altpreußishen Privilegien wurden die sämmtlichen oben erwähnten, in den neuen Landestheilen angesessenen Standesherren und ihre Familien von der Klafsen- und Einkommensteuer freigelassen. Eine Aenderung ist hierin seitdem zu- nächst bezüglih des Herzogs von Arenberg cingetreten, indem das „Gesetz, betreffend den Aer Nechtszustand des Herzogs von Arenberg wegen des Herzogthums Arenberg-Meppen“ vom 27. Juni 1875 nur die in dem Geseß ausdrücklich aufgeführten Vorrechte des Herzogs und seiner Familie aufrecht erhält, zu diesen aber die Personal- Heueetpeihait nicht gehört. ; :

Außerdem sind seit dem Jahre 1884 auf Grund einer damals stattgehabten Prüfung der Verhältnisse der Graf von Neu-Leiningen- Westerburg fowie der Graf zu Solms-Rödelheim der Leßtere jedoh unter Freilassung des Einkommens aus dem standeshberrlichen Besitz in Kurhessen zur Einkommensteuer herangezogen, indem an-

enommen wurde, daß auf die in den ehemals Nassauischen und Groß- keen h hessischen Gebietstheilen angesessenen Standesherrn mit Rücksicht auf den dortigen Nechtszustand vor der Einverleibung die Allerhöchste Cabinetsordre vom 15. September 1867 niht anwend- bar fei. e

Die Häuser Arenberg und Neu-Leininc en-Westerburg scheiden hiernah aus dem Kreise der hinsihtlich der Besteuerung bevorzugten Familien überhaupt aus, während für den Grafen Solms-Rödelheim niht mehr die gänzliche Befreiung von den Personalsteuern, fondern nur eine solche in Ansehung der im ehemaligen Kurfürstenthum Heffen belegenen standesherrlihen Besißungen in Frage E

Von den übrigen in den neuen Landestheilen ansässigen Standes- herren befinden sih in einer eigenthümlihen Rechtslage diejenigen, für welche wegen ihrer in den älteren preußischen Landestheilen be- legenen Besißungen ein Steuerprivileg anzuerkennen ist. Hierher gehören:

des Fürsten zu Isenburg- i Birstein, ; Isenburg - Büdingen in

die Fürsten zu Wied,

zu Bentheim-Steinfurt, zu E E En gene fowie der Graf zu Stolberg-Stolberg. i i

Denselben ist durch Vertrag oder Gesey allgemein „die Freiheit von den ordentlihen Personalsteuern" ausdrü lih zugesichert und dieses gun auch für das erweiterte Staatsgebiet wirksam.

Allerdings sind nah den Worten der Verordnung vom 21. Juni 1815 die darin bewilligten Vorzüge den Standesherren nur „wegen“ der bestimmten, namentli bezeichneten Besißungen in den alten Landestheilen eingeräumt. N soll indessen, wie auch die Fs stets angenommen hat, nur klar gelte t werden, daß jene Borrechte dur den Besiß der bestimmten Standesherrschaft bedingt L und mit dem Verlust dieses Besißes erlöschen. Mit diefem Vor-

ehalt ist die s D ohne Einschränkung zugestanden,

insbesondere ohne jede Andeutung, daß si dieselbe etwa nur auf das Einkommen aus der Standesherrschaft erstrecken solle. Wäre das leßtere beabsichtigt gewesen, so hätte eine solhe Einschränkung zum Ausdruck gelangen müssen, wie dies hinsichtlich der E von der GSiradstiruer und von der Erbschaftssteuer sowohl in der Instruction von 1820 als au in späteren Recessen geschehen ift.

Das auf bestimmte Einkommenstheile nicht beshränkte Recht auf Personalsteuerfreiheit {ließt seiner Natur nach die Dea des Privilegirten zur Einkommensteuer überhaupt aus. tit Necht sind taher die genannten vier Standesherren hon vor dem Jahre 1866 auch wegen des Einkommens aus ihren im damaligen Herzogthum Nassau bezw. Königreich Hannover belegenen Besißungen niemals zur

reußifhen Einkommensteuer herangezogen worden, und zwar ründete f die Freilassung dieser Einkommenstheile lediglich auf das Privileg, iht etwa auf allgemeine geseßliche Vorschriften. A

Denn vor Erlaß des Reichsgesetzes E Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 war bei Veranlagung der preußischen Staatsangehörigen gemäß § 18 des Geseßes vom 1. Mai 1851 grundsäßlih auch deren Einkommen aus dem in anderen deuts Dén Staaten belegenen Grundbesiß zum Me, zu bringen, wenn sie niht den Nachweis führten, daß sie wegen diefes Grund- eigenthums in den etreffenden Staaten ‘ciner der preuinen Einkommensteuer gleichartigen Besteuerung unterlagen.

iesen Nachweis würden die genannten Standesherren nit haben

führen können, da auch der Fürst von Bentheim, sowie der Graf zu